Von der Kirche und ihrem wahren Haupt –


Von der Kirche und ihrem wahren Haupt –

Vom Papsttum zu Rom wider den hochberühmten Romanisten zu Leipzig

Diese Schrift Luthers aus dem Jahr 1520 gegen eine von einem Leipziger Mönch gegen ihn gerichtete Schrift hat große Bedeutung als Grundlegung der biblischen Lehre von der Kirche und in der Auseinandersetzung mit dem Papsttum.

Die Grundfrage, der Luther in dieser Schrift nachgeht, ist die: Ist das Papsttum göttlicher oder menschlicher Ordnung? Rom behauptet ja, dass es mitsamt der römischen Hierarchie, und damit der gesamten äußerlichen römisch-katholischen Kirche von Gott geordnet sei. Deshalb folgt für Rom daraus, dass alle die, die nicht am Papst hängen, Ketzer sind. „Nämlich dieses ist die Sache: Ob das Papsttum zu Rom, wie es im Besitz der Gewalt ist über die ganze Christenheit, (wie sie sagen) von göttlicher oder menschlicher Ordnung hergekommen sei. Und wenn dem so wäre, ob man christlich sagen könne, dass alle andern Christen in der ganzen Welt Ketzer und Abtrünnige seien, ob sie schon dieselbe Taufe, Sakrament, Evangelium und alle Artikel des Glaubens mit uns einträchtiglich halten, ausgenommen, dass sie ihre Priester und Bischöfe nicht von Rom bestätigen lassen oder, wie jetzt, mit Geld kaufen und wie die Deutschen sich äffen und narren lassen. Als da sind die Moskowiter, Russen, die Griechen, Böhmen und viele andere große Länder in der Welt.“ (Luthers Werke. Hrsg. von Buchwald, Kawerau ... 3. Aufl. Erste Folge: Reformatorische Schriften I. Berlin 1905. S. 115) Ist es nicht vielmehr so, dass die römisch-katholische Kirche mit ihrer Haltung gegenüber den anderen Christen sich zum Ketzer macht?!

Luther betont dabei, was für damals sensationell war, dass man auch ohne den Papst Christ sein kann und damit doch kein Ketzer ist. „Nun habe ich dafür gehalten und halte noch, dass dieselben nicht Ketzer noch Abtrünnige sind und vielleicht bessere Christen als wir, zwar nicht alle, gleichwie wir nicht alle gute Christen sind.“ (ebd. S. 116) Er bestreitet damit auch, dass das Papsttum eine göttliche Ordnung sei und weist darauf hin, dass Rom sich um das, was wirklich von Gott geordnet ist, herzlich wenig kümmere, sondern das Hauptinteresse darauf richte, mit dem Glauben – damals auch dem Verkauf von Bistümern – Geld zu machen.

Luther weist auch darauf hin, dass das Papsttum, seit es besteht, über die Christenheit nur Verderben gebracht hat. Dennoch stößt Luther in dieser Schrift das Papsttum noch nicht völlig um, wenn er es auch schon in seinen Grundfesten erschüttert. Er weist auf die völlig unhaltbare Begründung Roms für das Papsttum hin, dass doch jede Gemeinde auf Erden ein leibliches Haupt unter Christus haben müsse, damit sie nicht zerfalle. Und dieses Haupt sei für die Christenheit der Papst. Zum einen zeigt Rom hier an, dass es die menschliche Vernunft über das göttliche Gesetz stellt. „Antworte ich nun auf diesen Grund, weil diese Sache darinnen steht, ob des Papstes Gewalt aus göttlicher Ordnung bestehe, ist es nicht ein wenig lächerlich, dass man die Vernunft, von zeitlicher Dinge Brauch geschöpft, anziehen will und dem göttlichen Gesetz gleichstellen, sonderlich da dieser arme vermessene Mensch mit göttlichem Gesetz wider mich zu handeln sich vornimmt? Denn was weltliche Ordnung und Vernunft anzeigt, ist gar weit unter dem göttlichen Gesetz. Ja, die Schrift verbietet, man solle der Vernunft folgen, 5. Buch Mose 12,8: ‚Du sollst nicht tun, wsas dich recht dünkt, denn die Vernunft strebt allezeit wider Gottes Gesetz.’; 1. Buch Mose 6,5: ‚Alle Gedanken und Sinne des menschlichen Herzens sind allezeit auf das Ärgste gerichtet’, darum, wenn ich mich unterstehe mit Vernunft Gottes Ordnung zu gründen oder zu schützen, sie sei denn vorher mit dem Glauben gegründet und erleuchtet, so ist es, als wenn ich die helle Sonne mit einer finsteren Laterne erleuchten wollte oder einen Fels auf ein Rohr gründen. Denn Jesaja 7,9 setzt die Vernunft unter den Glauben und spricht: Es sei denn, dass ihr glaubt, so werdet ihr nicht verständig oder vernünftig sein. Er spricht nicht so: Es sei denn, dass ihr vernünftig seid, werdet ihr nicht gläubig sein.“ (ebd. S. 120) Außerdem hebt Luther hervor, dass dieses Argument aber auch von der Vernunft her falsch ist, da die Fakten andere sind. So gab es viele Fürstentümer und gibt es viele Häuser, die mehrere Regenten, Vorsteher haben, und verweist dabei auf die Schweizerische Eidgenossenschaft und die alte Römische Republik. Und die gesamte Menschheit hat überhaupt kein einheitliches Haupt, sondern nur die Länder. Und die Gemeinde könnte sich auch mehrere zum Oberhaupt wählen. Und selbst wenn es in der Welt so wäre, dass da ein Oberhaupt wäre – warum sollte es darum auch in der Christenheit so sein? „Und so ich abermals dem Träumer zuließe, dass sein Traum wahr sei, dass keine Gemeinde ohne ein gemeinsames leibliches Haupt bestehe, wie soll daraus folgen, dass es also auch in der Christenheit sein müsse? Ich sehe wohl, dass der arme Träumer in seinem Sinn meinte, christliche Gemeinde sei gleich einer andern weltlichen Gemeinde.“ (ebd. S. 122) Daraus zeigt sich auch, dass Rom – und das gilt bis heute – ein völlig falsches Verständnis von Kirche hat, nämlich unter Kirche eine äußerliche Einrichtung versteht.

Was aber ist tatsächlich die Christenheit, gemäß der Bibel? „Die erste Weise nach der Schrift ist, dass die Christenheit eine Versammlung aller Christgläubigen auf Erden heißt, wie wir im Glauben beten: ‚Ich glaube an den Heiligen Geist, eine Gemeinschaft der Heiligen.’ Diese Gemeinde oder Sammlung besteht aus allen denen, die im rechten Glauben, Hoffnung und Liebe leben, also dass der Christenheit Wesen, Leben und Natur nicht eine leibliche Versammlung ist, sondern eine Versammlung der Herzen in einem Glauben, wie Paulus sagt, Epheser 4,5: Eine Taufe, ein Glaube, ein Herr. Also, ob sie schon leiblich von einander tausend Meilen geteilt sind, heißen sie doch eine Versammlung im Geist, weil ein jeglicher predigt, glaubt, hofft, liebt und lebt wie der andere.“ (ebd. S. 123)  Die Christenheit ist also tatsächlich im eigentlichen Sinne nichts anderes als diejenigen, die wirklich von Herzen an Jesus Christus als ihren Heiland glauben. Diese Gläubigen sind aber äußerlich nicht erkennbar, das heißt, niemand kann sagen, dieser und jene gehören dazu. Die wahre christliche Einheit ist also eine geistliche, keine leibliche, und besteht im Glauben. Eine andere ist auch nicht nötig. Das steht damit der römisch-katholischen Auffassung schnurstracks entgegen, die behauptet, die sichtbare, äußerliche römisch-katholische Kirche sei die eigentliche wahre Kirche, Gemeinschaft der Heiligen. Und dies steht auch gegen die völlig falsche Auffassung der Ökumeniker, die eine äußerliche Einheit errichten wollen, die aber weder möglich noch auch nötig ist, ja, die nicht einmal nützlich und gut wäre, da sie auf Kosten der Wahrheit ginge. Christi Reich ist eben nicht von dieser Welt, Joh. 18,36. „Das ist ein klarer Spruch, damit die Christenheit von allen weltlichen Gemeinden ausgesondert wird, dass sie nicht leiblich sei.“ (ebd. S. 123) Das heißt dann aber auch: Der Glaube, damit auch die wahre Christenheit, die Gemeinschaft der Heiligen, ist nicht an Rom gebunden. „Aus diesen versteht jedermann klar, dass das Reich Gottes (so nennet er seine Christenheit) nicht zu Rom ist, auch nicht an Rom gebunden weder hier noch da, sondern dort, wo da inwendig der Glaube ist, der Mensch sei zu Rom, hier oder da.“ (ebd. S. 123 f.) Rom, die römisch-katholische Kirche und das römische Papsttum sind damit auch in keiner Weise göttlicher Ordnung, sondern eine ungeheure Anmaßung. Geistliche und leibliche Einheit werden da absichtlich verwechselt. „Wie ist es möglich, welche Vernunft kann es begreifen, dass geistliche Einheit und leibliche Einheit ein Ding sei? Viele unter den Christen sind in der leiblichen Versammlung und Einigkeit, die doch mit ihren Sünden sich aus der innerlichen, geistlichen Einigkeit ausschließen.“ (ebd. S. 124) Das heißt: In der äußerlichen Christenheit gibt es viele Menschen, die tatsächlich gar nicht glauben, also gar nicht zur geistlichen Christenheit, zur Gemeinschaft der Heiligen, gehören. Auch daher können geistliche und leibliche Einheit gar nicht gleich sein. Das heißt dann auch: Wer nicht zu Rom gehört, der kann trotzdem ein Christ sein und ist eben kein Ketzer. „Daraus folgt und muss folgen, dass, ebenso wie unter der römischen Einigkeit zu sein, nicht Christen macht, so muss außerhalb derselben Einigkeit zu sein, nicht Ketzer noch Unchristen machen.“ (ebd. S. 125) Denn: Da die römisch-katholische Kirche mit ihrem Papsttum eben keine göttliche Ordnung ist, so ist auch niemand um des Gewissens Willen verpflichtet, zu ihr zu gehören. „Darum kann es auch nicht wahr sein, dass es göttliche Ordnung sei, unter der römischen Gemeinde zu sein.“ (ebd.)

Die christliche Einigkeit, wie die christliche Gemeinde überhaupt, ist also nicht etwas Äußerliches, Leibliches, sondern etwas Geistliches. (Das muss auch betont werden gegenüber den Dispensationalisten und Chiliasten, die gerade mit ihrer Endzeitlehre dem irdischen Land Israel und der irdischen Stadt Jerusalem eine ganz besondere Bedeutung beimessen.) Worauf es also ankommt, das ist allein der Glaube an Jesus Christus.

Weil die Christenheit eine geistliche und keine leibliche Größe ist, darum hat sie auch ein geistliches und kein leibliches Haupt – nämlich Jesus Christus. Wer aber dazugehört, wie schon gesagt, das kann niemandem angesehen werden, das ist nur Gott selbst bekannt. „Darum halte dieses fest, wer nicht irren will, dass die Christenheit eine geistliche Versammlung der Seelen in einem Glauben ist und dass niemand seines Leibes halber für einen Christen geachtet wird, auf dass er wisse, die natürliche, einige, rechte, wesentliche Christenheit stehe im Geiste und in keinem äußerlichen Ding, es mag beliebig genannt werden. Denn alle anderen Dinge kann ein Unchrist haben, die ihn auch nimmermehr zu einem Christen machen, ausgenommen den rechten Glauben, der allein Christen macht.“ (ebd. S. 127)

Luther weiß allerdings, dass es noch eine andere Weise gibt, den Begriff „Christenheit“ zu gebrauchen, nämlich indem man auf die äußerliche Versammlung sieht, womit Rom die römisch-katholische Kirche als „die“ Christenheit meint. Solch eine Versammlung, das betont der Reformator, ist aber ein gemischter Haufen und nicht gleichzusetzen mit der Gemeinschaft der Heiligen. Und im Blick auf die römisch-katholische Kirche mit ihrem Papsttum und ihrer Hierarchie und Ordnungen sagt er: „Von dieser Kirche, wo sie allein ist, steht nicht ein Buchstabe in der heiligen Schrift, dass sie von Gott geordnet sei. Ich biete allhier allen denen Trotz, die jenes lästerliche, verdammte, ketzerische Büchlein gemacht oder beschützen wollen mit allem ihren Anhang, ob auch alle Universitäten mit ihm hielten. Wenn sie mir anzeigen können, dass ein Buchstabe der Schrift davon spricht, so will ich alle meine Reden widerrufen haben. Ich weiß aber, dass sie mir es nicht tun werden.“ (ebd. S. 128) Es gibt allerdings in der äußerlichen Christenheit auch Christen – diejenigen aber in der äußerlichen Christenheit, die ohne Glauben an Jesus Christus sind, die sind tatsächlich geistlich tot und gehören nicht zur wahren, innerlichen oder geistlichen Christenheit. „Die aber ohne Glauben und ohne die erste Gemeinde in dieser andern Gemeinde sind, sind vor Gott tot, Gleißner und nur wie hölzerne Bilder der rechten Christenheit.“ (ebd. S. 129)

Da also die Christenheit eigentlich und tatsächlich eine geistliche Größe ist, so kann sie auch nur ein geistliches Haupt haben, eben Jesus Christus. Niemand anders kann von dieser geistlichen Größe das Haupt sein und sie regieren. „Aus dem allen folgt, dass die erste [geistliche] Christenheit, die allein die wahrhaftige Kirche ist, kein Haupt auf Erden haben mag und kann und sie von niemand auf Erden, weder von Bischof noch Papst, regiert werden mag. Sondern allein Christus im Himmel ist hier das Haupt und regiert allein. Das bewährt sich zum ersten also: Wie kann hier ein Mensch etwas regieren, das er nicht weiß noch kennt? Wer aber kann wissen, welcher wahrhaftig glaubt oder nicht?“ (ebd.) Luther unterstreicht das weiter damit, dass niemand den Glauben geben und Christi Willen in uns wirken kann als allein Christus. Der Papst und seine Bischöfe können es nicht. Darum können sie auch nicht das Haupt sein. „Nun vermag kein Mensch dem andern noch seiner eigenen Seele den Glauben und alle Sinne, Willen und Werke Christi einflößen als allein Christus. Kein Papst, kein Bischof vermag ja so viel zu tun, dass der Glaube und was ein christliches Gliedmaß haben soll, in eines Menschen Herzen entstehe.“ (ebd. S. 130) Ebenso aber kann Christus auch keinen Stellvertreter hier auf Erden haben (was ja der Papst von sich behauptet zu sein, vicarius Christi), denn auch ein Stellvertreter müsste ja die Werke tun können, die derjenige macht, den er vertritt – aber eben das kann ja kein Papst und Bischof, da es allein Christi Werke sind. „Aber der Papst kann nicht Christi seines Herrn, Werk (das ist Glaube, Hoffnung und Liebe und alle Gnade mit Tugend) in einem Christenmenschen machen oder einflößen, wenn er gleich heiliger wäre als St. Peter.“ (ebd. S. 131) In Eph. 4,15 steht es eindeutig, dass allein Christus das Haupt seiner Christenheit ist.

Darum betont Luther, dass der Papst nichts anderes ist als ein Bote (nämlich Pfarrer, Bischof) neben vielen anderen – und alle Bischöfe oder Pfarrer nach göttlicher Ordnung, göttlichem Recht gleich sind, auch wenn es nach menschlicher Übereinkunft Über- und Unterordnungen geben kann. „Darum, weil alle Bischöfe nach göttlicher Ordnung gleich sind und an der Apostel Statt sitzen, mag ich wohl bekennen, dass aus menschlicher Ordnung einer über den andern ist in der äußerlichen Kirche.“ (ebd. S. 133) Die Kirche Jesu Christi ist darum christlich, nicht römisch, unter Christus als dem Haupt, nicht dem Papst. Darum ist die Kirche auch nicht an Rom gebunden. Sie ist in ihrem eigentlichen Sinne eine geistliche, keine leibliche Versammlung, ist eine Sammlung der Heiligen im Glauben an Jesus Christus. „Das wird alles durch den Artikel bestätigt: ‚Ich glaube an den heiligen Geist, eine heilige, christliche Kirche, Gemeinde der Heiligen.’ Niemand spricht also: ‚Ich glaube an den heiligen Geist, eine heilige, römische Kirche, eine Gemeinschaft der Römer’, so dass klar ist, dass die heilige Kirche nicht an Rom gebunden ist, sondern so weit die Welt reicht, in einem Glauben versammelt, geistlich und nicht leiblich.“ (ebd.) Der Papst hat darum aus göttlicher Ordnung überhaupt keine Gewalt über andere Bischöfe und Pfarrer (vgl. a.a.O. S. 142).

Wo aber ist nun die Kirche? Wo kann ich wissen, wo die Kirche Jesu Christi zu finden ist? Dazu hat Gott Zeichen gegeben, Kennzeichenm wo solche Kirche in der Welt ist: nämlich das Evangelium Christi, also Wort, Taufe und Abendmahl. Auch das ist alles an keinen Ort gebunden. „Die Zeichen, daran man äußerlich merken kann, wo solche Kirche in der Welt ist, sind die Taufe, Sakrament und das Evangelium, nicht aber Rom, dieser oder jener Ort. Denn wo die Taufe und das Evangelium ist, da soll niemand zweifeln, dass Heilige da sind, und sollten es nur Kinder in der Wiege sein. Rom aber oder päpstliche Gewalt ist nicht ein Zeichen der Christenheit. Denn diese Gewalt macht keinenn Christen, wie die Taufe oder das Evangelium tut. Darum gehört sie auch nicht zu der rechten Christenheit und ist eine menschliche Ordnung.“ (ebd. S. 133 f.)

Rom behauptete (und behauptet) ja, dass seine Ordnung schon im Alten Testament vorgegeben sei, dass doch das Neue Testament ein Bild des Alten sei. Luther macht deutlich, dass die Tatsache, dass das Neue Testament ein Bild des Alten sei doch nicht in dem Sinne gemeint sein kann, dass alles gleich sein müsse, sonst müsse man ja leibliche Hohepriester haben wie im Alten Testament, Leviten, Opfer usw, wie auch Kolosser 2 verdeutlicht, dass es genau so nicht zu verstehen sei. Auch der Auszug aus Ägypten ist für uns als neutestsamentliches Gottesvolk geistlich zu nehmen als ein Bild unseres Auszuges aus dem Reich Satans, der Sünde, wie es auch Augustinus richtig verstanden hatte (vgl. a.a.O., S. 136) Schon deshalb kann das Papsttum gar keine Erfüllung irgendeines alttestamentlichen Bildes sein, etwa der Hohenpriester, weil Rom das nicht geistlich, sondern äußerlich versteht. Außerdem gibt es kein Schriftwort, das auf solch eine Auslegung hindeuten würde. „Also dass niemand anders das Bild auslege als der heilige Geist selbst, der das Bild gesetzt und die Erfüllung getan hat, auf dass Wort und Werk, Bild und Erfüllung und beider Erklärung Gottes selber nicht der Menschen seien, auf dass unsere Glaube auf göttliche, nicht menschliche Werke und Worte gegründet sei.“ (ebd. S. 137 f.)

Die immer wieder angeführte Stelle aus Matthäus 16,18 wird von Rom völlig falsch ausgelegt. Sie wird dagegen vom Heiligen Geist selbst gedeutet in Matthäus 18, nämlich dass die Gewalt der gesamten Gemeinde gegeben ist, ebenso auch Johannes 21. In Matthäus 16,18 geht es gar nicht in erster Linie um Petrus, denn es sind alle Apostel, alle Christen angesprochen. „Haben bisher bleiben lassen müssen, dass S. Peter im ersten Spruch Matth. 16 nichts besonders für seine Person gegeben sei, und also haben es viele der alten Väter verstanden. Auch weisen es aus die Worte Christi, ehe er die Schlüssel S. Peter gab, da fragt er nicht allein Petrus, sondern allesamt und sprach: ‚Was haltet ihr von mir?’ Da antwortete Petrus für sie alle und sprach: ‚Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.’ Darum muss man die Worte Christi, Matth. 16, nach den Worten im 18. Kapitel und Johannes am letzten verstehen und einen Spruch nicht gegen zwei stärken, sondern einen durch zwei recht erklären.“ (ebd. S. 145 f.) Alle Apostel haben daher die gleiche Gewalt. Petrus hat auch selbst nie einen Apostel eingesetzt, was ja hätte sein können, wenn er über ihnen gestanden wäre. Selbst Matthias und Paulus sind weder von ihm noch von allen Aposteln zusammen eingesetzt worden, sondern allein von Christus. Wie sollte dann Petrus Herr über sie alle sein? (vgl. a.a.O. S. 147) Rom hat aus der Schlüsselgewalt eine Regiergewalt gemacht – aber dafür gibt es kein Gotteswort. Es gibt damit auch kein Gotteswort, durch welches das Papsttum begründet werden könnte. (vgl. a.a.O. S. 148) Derjenige Schatz, der allen Christen gegeben wurde, wird von Rom auf eine Person, den Papst, bezogen, und dann dahingehend verfälscht, dass er eine Gewalt sei, alle anderen sich zu unterwerfen. (vgl. a.a.O. S. 149) Die Schlüssel aber sind, wie schon betont, der gesamten Gemeinde gegeben. „Also jetzt auch, die Schlüssel sind der ganzen Gemeinde gegeben, wie droben bewiesen ist.“ (ebd. S. 150) Matth. 16,18 spricht von keiner Obrigkeit, die eingesetzt worden wäre. „Darum muss der Fels nicht heißen Obrigkeit, welche nicht wider die Pforten der Hölle bestehen kann, sondern allein Christus und der Glaube, wider welche keine Gewalt etwas vermag.“ (ebd. S. 151) Matth. 16,18 spricht somit schon überhaupt nicht vom Papsttum, umso weniger, als viele, ja die meisten, Päpste voller Sünde und Ketzer sind, weshalb sie gegen die Pforten der Hölle gar nicht bestehen können (vgl. a.a.O.)

Auch in den Worten in Johannes 21 geht es nicht ums Herrschen, sondern ums Weiden. „Zum ersten müssen wir wissen, was sie unter Weiden verstehen. Weiden heißt auf Römisch, die Christenheit mit vielen menschlichen, schädlichen Gesetzen beschweren, die Bischofsmäntel aufs teuerste verkaufen, Annaten von allen Lehen reißen, alle Stiftungen zu sich ziehen, alle Bischöfe mit gräulichen Eiden zu Knechten machen, Ablass verkaufen, mit Briefen, Bullen, Blei, Wachs die ganze Welt schätzen, das Evangelium zu predigen verbieten, alle Welt mit Buben von Rom besetzen, allen Hader zu sich bringen, Zank und Hader mehren, kurzum, neimand zu der Wahrheit frei kommen zu lassen und Frieden zu haben.“ (ebd. S. 154) Rom aber macht so aus Weiden Obrigkeit sein, aus „geweidet werden“ werden „untertan sein“.

Wenn aber überhaupt ein Papst wäre (was aber nicht nur unnötig, sondern auch gefährlich und gegen die Schrift ist), so müsste er unter Christus sein, nicht sein Stellvertreter, und müsste nach der Heiligen Schrift gerichtet werden.

Luther hat also mit dieser Schrift eindeutig deutlich gemacht, dass die Einrichtung des Papsttums völlig schriftwidrig ist und ein Christ schon um seines Gewissens willen nicht unter dem Papst sein kann und darf.