J. H.
Hartenberger: Immanuel. Altkirchliche Episteln
Predigt zum Heiligen Abend ueber Matthaeus
22,42: Wie duenkt euch um Christus? Wessen Sohn ist er?
Epistelpredigt zum Epiphaniasfest
ueber Jesaja 60,1-6: Woran erinnert uns der Heiden Weihnachten?
Epistelpredigt zum
Verklaerungssonntag ueber 2. Petrus 1,16-21: Die Bibel, das Wort unseres Gottes
Epistelpredigt zum Palmsonntag ueber
Philipper 2,5-11: Die beiden Staende Christi
Epistelpredigt zum 13. Sonntag nach Trinitatis
ueber Galater 3,15-22: Das Testament der Verheissung
Aus Luthers Hauspostille:
Evangelienpredigten:
Evangelienpredigt zum ersten
Adventssonntag ueber Matthaeus 21,1-9: Jesu Einzug in Jerusalem
Evangelienpredigt zum dritten
Sonntag nach Epiphanias ueber Matthaeus 8,1-13: Das Gebet des Glaubens
Predigt zum Palmsonntag ueber Roemer
5,8-11: Christi stellvertretendes Leiden fuer uns
Evangelienpredigt zum
Auferstehungsfest ueber Matthaeus 28,1-10: Die Auferstehung Jesu Christi
Evangelienpredigt zum Sonntag
Rogate (Betet!) ueber Johannes 16,23-30: Beten im Namen Jesu
Predigt zum Pfingstfest ueber
Apostelgeschichte 2,1-13: Von dem Pfingstfest und dem Heiligen Geist
Predigt zum Fest der Heiligen Dreieinigkeit ueber 2.
Korinther 13,13: Die heilige Dreifaltigkeit
Evangelienpredigt zum zweiten Sonntag nach
Trinitatis ueber Lukas 14,16-24: Das große Abendmahl
Evangelienpredigt zum fuenften Sonntag
nach Trinitatis ueber Lukas 5,1-11: Der Fischzug des Petrus
Evangelienpredigt zum 11. Sonntag nach Trinitatis
ueber Lukas 18,9-14: Pharisaeer und Zoellner
Evangelienpredigt zum 12. Sonntag nach Trinitatis
ueber Markus 7,31-37: Die Heilung des Taubstummen
Evangelienpredigt zum 13. Sonntag nach Trinitatis
ueber Lukas 10,23-37: Der barmherzige Samariter
Evangelienpredigt zum 14. Sonntag nach Trinitatis
ueber Lukas 17,11-19: Der dankbare Samariter
Evangelienpredigt zum 15. Sonntag nach Trinitatis
ueber Matthaeus 6,24-34: Wem gehoert dein Herz?
Evangelienpredigt zum 20. Sonntag nach Trinitatis
ueber Matthaeus 22,1-14: Die koenigliche Hochzeit
Matthäus 21,1-9: Da sie nun nahe an Jerusalem kamen nach Bethphage an den
Ölberg, sandte Jesus seiner Jünger zwei und sprach zu ihnen: Geht hin in den
Flecken, der vor euch liegt, und bald werdet ihr eine Eselin finden angebunden
und ein Füllen bei ihr. Löst sie auf und
führt sie zu mir! Und so euch jemand etwas wird sagen, so sprecht: Der HERR
bedarf ihrer; sobald wird er sie euch lassen. Das geschah aber alles, auf dass
erfüllet würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht: Sagt der
Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem
Esel und auf einem Füllen der lastbaren Eselin. Die Jünger gingen hin und
taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und brachten die Eselin und das Füllen
und legten ihre Kleider darauf und setzten ihn darauf. Aber viel Volks breitete
die Kleider auf den Weg; die andern hieben Zweige von den Bäumen und streuten
sie auf den Weg. Das Volk aber, das vorging und nachfolgte, schrie und sprach:
Hosianna dem Sohn Davids! Gelobet sei,
der da kommt in dem Namen des HERRN!
Hosianna in der Höhe!
Die Juden hatten viele schöne und herrliche
Verheißungen von dem Messias oder Christus, wie er auf die Erde kommen, ein
ewiges Reich anrichten und sein Volk von allem Übel erlösen und ihm ewig helfen
sollte; wie man denn in allen Predigten der Propheten sieht, dass sie über die
Maßen herrlich von dem künftigen Reich Christi reden. Und solche Predigten sind
bei den Juden sehr wohl bekannt gewesen. Aber da fanden sich falsche Prediger und
fleischliche Lehrer, die das Volk auf diese Meinung führten, als sollte
Christus mit weltlicher Pracht kommt, einreite, wie sonst weltliche Könige
pflegen, wobei es alles auf das prächtigste und köstlichste zugeht; und er
sollte dann aus den Juden in der Welt sehr große, gewaltige Fürsten und
Regenten machen. Wie sie denn noch heute denken, wenn ihr Messias kommen
werde, so werden sie aller Welt Herren
und die Heiden ihre Knechte sein. Auf solchen Messias oder Christus sehen sie
noch, begehren den Messias, das ist, den HERRN Christus, nicht dazu, dass er
sie von den Sünden und dem ewigen Tod erlösen sollte.
Auf dass nun die Juden gewarnt und durch
solche fleischlichen Lehrer nicht betrogen würden, so hat Gott durch den
Propheten Sacharja lange zuvor lassen verkündigen: Christus werde nicht kommen
als ein weltlicher König, mit großer Pracht und köstlicher Rüstung; sondern als
ein armer Bettler werde er zu Jerusalem, in seiner Hauptstadt, auf einem Esel
einreiten, wie denn die Geschichte des heutigen Evangeliums zeigt. Auf dass ja
die Juden sich nicht entschuldigen könnten und sagen: Hätten wir’s gewusst,
dass er so ein armer König sein sollte, wir wollten ihn angenommen haben. Denn
solches hat ihnen der Prophet klar genug angezeigt, so lange Zeit zuvor. So ist
die Geschichte auch öffentlich bei hellem Tag geschehen, dass Christus daher
reitet auf einem geliehenen Esel, der weder Sattel noch anderes Gestell hat,
und deshalb die Jünger ihre Kleider auf den Esel legen müssen, dass der arme
König sich behelfen könne.
Deshalb können sich die Juden keineswegs
entschuldigen. Denn hier ist eine helle, klare Weissagung: Wenn Christus zu
Jerusalem werde einreiten, so werde er nicht, wie sonst weltliche Könige, auf
hohen Pferden, mit Harnisch, Spieß, Schwertern und Büchsen kommen, welches
alles zum Ernst gehört und Macht anzeigt; sondern er werde kommen, wie es der
Evangelist nennt, „sanftmütig“, oder wie der Prophet spricht, „arm und elend“.
Als wollte der Prophet jedermann warnen und sprechen: Habt ja auf den Esel gute
Acht und wisst, dass, der drauf kommt, der rechte Messias sei. Darum hütet euch
und gafft nicht auf die goldene Krone, Samtkleider und goldene Stücke, noch auf
eine große Rüstung. Denn Christus wird elend kommen, mit betrübtem und
sanftmütigem Herzen, und auf einem Esel sich sehen lassen. Das ist alle seine
Pracht und Herrlichkeit, die er bei seinem Einreiten nach Jerusalem vor der
Welt führen wird.
Die Weissagung nun veranlasst den HERRN zu
diesem Einzug, und es ist ihm sehr viel daran gelegen gewesen. Deshalb befiehlt
er auch den Jüngern die Sache so fleißig; und nicht bei Nacht, noch heimlich,
sondern öffentlich, bei hellem, lichtem Tag, zieht er zu Jerusalem ein, nicht
allein, sondern mit viel Volk, das vor- und nachgeht und ihm als dem rechten
König und Sohn Davids zuschreit, wünscht ihm auch Glück und Heil zu seinem
Königreich; dass also das ganze Jerusalem, solches Einzugs muss gewahr werden,
den Esel und diesen armen König sehen und hören, von welchem Sacharja hatte
geweissagt und die Juden gewarnt, dass sie sich an der armen Gestalt und dem
bettlerischen Einzug nicht sollten ärgern; sondern sollten den Wahn fallen
lassen, dass sie dachten, Christus würde mit weltlicher Pracht kommen. Er wird
wohl ein König sein, spricht Sacharja, aber ein armer, elender König, der ganz
und gar kein Ansehen eines Königs hat, wenn man ihn nach der äußerlichen Pracht
rechnen und ansehen will, welche die weltlichen Könige und Fürsten vor der Welt
führen.
Dagegen aber, sagt Sacharja, wird dieser
arme und bettlerische König eine andere Macht haben als sonst alle Könige und
Kaiser haben, die jemals auf Erden gekommen sind, sie seien gleich so große und
mächtige Herren gewesen, wie sie immermehr konnten sein. Denn er heißt
Gerechter und Helfer. Nicht ein reicher, prächtiger, herrlicher König vor der
Welt; sondern ein Gerechter und ein Heiland, der Gerechtigkeit und Seligkeit
mitbringen und Sünde und Tod angreifen und ein Sündenfeind und Todesfeind sein
soll, der allen denen von Sünden und ewigem Tod will helfen, die an ihn glauben
und ihn als ihren König aufnehmen, und sich den armen, entlehnten Esel nicht
ärgern lassen. Die solches tun, denen soll die Sünde vergeben sein und der Tod
nicht schaden, sondern sie sollen das ewige Leben haben. Und ob sie schon
leiblich einmal sterben und begraben werden, so soll es doch nicht ein Tod sein
noch heißen, sondern nur ein Schlaf. Solches will der Prophet von diesem König
uns lehren mit dem, dass er ihm diese zwei Namen gibt und heißt ihn gerecht und
einen Heiland, der dem Tod die Zähne ausbrechen, dem Teufel den Bauch zerreißen
und so uns, die wir an ihn glauben, von Sünde, Tod frei machen soll und unter
die Engel führen, da ewiges Leben und Seligkeit ist.
Den andern Königen lässt er ihre Pracht,
Schlösser, Häuser, Geld und Gut, lasst sie köstlicher essen, trinken, kleiden,
bauen als andere Leute; aber diese Kunst können sie nicht, die dieser arme
Bettelkönig Christus kann. Denn da ist weder Kaiser, König noch Papst mit all
seiner Macht, der von der geringsten Sünde helfen, und mit ihrem Geld und Gut
die geringste Krankheit heilen könnte; ich schweige, dass sie wider gegen den
ewigen Tod und die Hölle helfen sollten. Aber dieser Bettelkönig Christus hilft
nicht allein gegen eine Sünde, sondern gegen alle meine Sünde; und nicht allein
gegen meine Sünde, sondern der ganzen Welt Sünde. Er kommt und will wegnehmen,
nicht allein die Krankheit, sondern den Tod; nicht allein meinen Tod, sondern
der ganzen Welt Tod.
Solches, spricht der Prophet, sagt der
Tochter Zion, dass sie sich nicht ärgere an seiner elenden Zukunft; sondern tue
die Augen zu und die Ohren auf, und sieh nicht, wie armselig er einherreitet,
sondern höre, was man von diesem armen König predige und sage. Das Elend und
die Armut sieht man, dass er auf einem Esel ohne Sattel und Sporen einherreitet
wie ein Bettler; aber dass er die Sünde von uns nehmen, den Tod würgen, ewige
Heiligkeit, ewige Seligkeit und ewiges Leben geben werde, das sieht man nicht.
Deshalb muss man es hören und glauben. Darum spricht Sacharja: „Sagt’s der
Tochter Zion“, dass sie es wisse und sich nicht daran kehre noch ärgere, dass
er so jämmerlich einreitet und so schmählich stirbt. Denn solches alles
geschieht dir, Zion, zugut, dass er dir helfen will, als ein Heiland, gegen den
Teufel und Tod, und will dich heiligen und von Sünden ledig machen.
Wer nun solches nicht mit den Ohren will
fassen, sondern mit Augen sehen und Händen greifen, der wird fehlen werden;
denn mit diesem König ist es weit anders als sonst mit andern Königen. Was
dieselben tun, das tun sie mit einer Pracht, und hat alles ein großes, tapferes
Ansehen. Solches findet man bei Christus nicht; der hat solches sein Werk, dass
er von Sünden und dem Tod helfen will, erstlich in die Taufe gesteckt. Da sehen
die Augen nichts anderes als ein schlichtes Wasser wie jedes andere Wasser. Er
hat’s in das Wort gefasst und in die Predigt. Da sehen die Augen nichts anderes
als einen Menschenatem. Aber wir sollen uns hüten und den Augen nicht folgen,
sondern die Augen zu- und die Ohren auftun und das Wort hören. Dasselbe lehrt,
wie unser HERR Jesus Christus sein Blut vergossen habe zur Vergebung unserer
Sünde und ewigem Leben. Solche Gaben will er uns geben in der heiligen Taufe,
im Abendmahl, in der Predigt oder Absolution, da sollen wir’s gewiss finden.
Nun, wahr ist es, es scheint klein und gering, dass durchs Wasserbad, Wort und
Sakrament solches soll ausgerichtet werden; aber lass dich durch die Augen
nicht verführen. Dort war es auch klein und gering, dass der, der auf dem
entlehnten Esel einritt und hernach sich kreuzigen ließ, sollte Sünde, Tod und
Hölle wegnehmen. Niemand konnte [es] ihm ansehen, aber der Prophet sagt‘s.
Deshalb muss es auch geglaubt und mit den Ohren gefasst werden, mit den Augen
wird man’s nicht sehen.
Darum spricht der Evangelist: „Sagt’s der
Tochter Zion.“ Und der Prophet spricht: „Zion, jauchze und sei fröhlich“, tanz
und spring, „denn dein König kommt“. Was für ein König? Ein heiliger, gerechter
König, und ein Heiland oder Helfer, der dein Heiligmacher und Heiland sein
will. Denn seine Heiligkeit und Gerechtigkeit will er dir anhängen, dass du von
Sünden ledig seist; und sein Leben will er für dich lassen, dass er durch
seinen Tod vom ewigen Tod sollte erlöst sein. Deshalb ärgere dich nicht an
seiner elenden und armen Gestalt, sondern danke ihm dafür und tröste dich’s.
Denn es geschieht alles um deinetwillen und dir zugut; er will dir so von
deinen Sünden und [vom] Tod helfen und [dich] gerecht und selig machen.
Das ist nun unser König, der liebe HERR
Jesus Christus, und ist dies sein Reich und Amt. Er geht nicht mit Talern,
Kronen und großen Königreichen und weltlicher Pracht um; nein, sondern wenn wir
müssen sterben und können das Leben hier länger nicht behalten, so ist dies
sein Amt und Werk, dass wir durch sein Leiden und Tod wissen, wo wir bleiben
sollen; dass wir können sagen: Ich bin geheiligt durch meinen König Jesus
Christus, der ist darum so elendiglich gekommen, hat sich darum an das Kreuz lassen
schlagen, dass er mich heiligen wollte und in mir ersäufen meine Sünde und den
Tod. Wer solches so glaubt, wie er’s hört und im Evangelium gepredigt wird, der
hat’s so. Denn darum ist die heilige Taufe von Christus eingesetzt, dass er
dadurch seine Gerechtigkeit dir will anziehen, dass seine Heiligkeit dein und
seine Unschuld auch dein eigen sein soll. Denn wir sind elende, arme Sünder,
aber in der Taufe tröstet uns Christus und spricht: Gib mir deine Sünde her,
und hab für dich meine Gerechtigkeit und Heiligkeit; lass dir deinen Tod
abziehen und zieh mein Leben an. Das heißt eigentlich Christi Regiment. Denn
all sein Amt und Werk ist dieses, dass er uns täglich Sünde und Tod ausziehe,
und seine Heiligkeit und Leben uns anziehe.
Diese Predigt sollte man billig mit großen
Freuden hören und annehmen, sich daraus bessern und fromm werden. So kehrt
sich’s leider um, und wird die Welt aus dieser Lehre nur je länger je ärger,
das ist des leidigen Teufels Arbeit und Geschäft. Wie man sieht, dass die Leute
jetzt geiziger, unbarmherziger, unzüchtiger, frecher und ärger sind als zuvor
unter dem Papsttum. Was macht’s? Nichts anderes als dass man diese Predigt
nicht mit Freuden annimmt, sondern jedermann schlägt es in den Wind, nimmt sich
mehr um Geld und Gut an als um den seligen Schatz, welchen unser HERR Christus
zu uns bringt. Deshalb straft sie unser HERR Gott wieder und spricht: Willst du
denn mir nicht darum danken, dass ich durch meines eingebornen Sohnes Tod und
Sterben die Sünde und den Tod hinweg nehme? Wohlan, so will ich dir Sünde und
Tod genug schaffen, weil du es doch so willst haben; und wo vorher nur ein
Teufel dich besessen und geritten hat, sollen dich jetzt sieben ärgere Teufel
reiten. Wie man denn an Bürgern und Bauern mit dem schändlichen, geizigen,
unordentlichen Leben, Unzucht und andere Unart sieht.
Deshalb ermahne ich euch, dass ihr ja
solche Predigt mit Lust und Liebe hören und mit aller Dankbarkeit wollt
annehmen und unsern HERRN Gott von Herzen bitten, dass er euch einen starken
Glauben geben wolle, dass ihr solche Lehre behalten mögt; so wird gewiss die
Frucht daraus folgen, dass ihr von Tag zu Tag demütiger, gehorsamer,
freundlicher, züchtiger und frömmer werdet. Denn diese Lehre hat diese Art und
Natur an sich, dass sie züchtige, gehorsame, fromme Leute macht. Die es aber
nicht mit Liebe wollen annehmen, die werden siebenmal ärger als sie gewesen
sind, ehe sie zu dieser Lehre gekommen sind; wie man allenthalben sieht.
Deshalb hütet euch, denn das Stündlein wird gewiss nicht ausbleiben, dass Gott
solchen Undank strafen wird. Alsdann wird sich’s finden, was die Welt damit
verdient habe.
Darum lernt diese Geschichte des heutigen
Evangeliums wohl. Denn weil die Juden dem Propheten nicht haben wollen folgen,
ist es uns gesagt, dass unser König sanftmütig und arm komme, damit wir uns an
solcher Armut nicht ärgern noch auf weltliche Pracht und Reichtum mit den Juden
gaffen; sondern lernen, dass wir an unserm HERRN Christus einen solchen König
haben, der gerecht und ein Heiland sei, und uns von Sünden und dem ewigen Tod
helfen wolle. Solche Predigt sollt ihr mit Willen und Freuden annehmen, und
Gott dafür von Herzen danken; sonst werdet ihr den leidigen Teufel müssen
annehmen mit Heulen, weinen und Zähneklappen.
Zu solchem ermahnt uns das Beispiel der
Apostel und anderer, so hier mit dem HERRN Christus zu Jerusalem einlaufen.
Denn weil der HERR Christus ein König ist, so muss er auch ein Reich oder Volk
haben, und dasselbe Volk muss sich mit rechtem gebührlichen Dienst gegen diesen
König erzeigen. Was nun solcher Dienst sei, zeigt die Geschichte sehr fein an.
Denn hier findet man Leute, die den HERRN Christus als einen König erkennen und
sich nicht scheuen, neben dem elenden Esel und armen König her zu laufen. Unter
denselben sind die Apostel die ersten, die erkennen den HERRN Christus für den
rechten Messias, der gerecht machen und ein Heiland gegen Sünde und Tod sein
werde. Deshalb bringen sie hier dem HERRN Christus den Esel, das ist, sie
weisen zu Christus die Juden, so bisher unter dem Gesetz gelebt und solche
Last, wie ein Esel, getragen hatten. Danach mit dem Esel führen sie zu Christus
auch das junge Füllen, die Heiden, so noch ungezähmt und unter keinem Gesetz
gewesen waren. Denn Christus ist ein Heiland aller Menschen. Weshalb alle
rechtschaffenen Prediger und Lehrer die Leute zu Christus leiten und führen
sollen. Das ist der eine Gottesdienst, der diesem König gebührt, dass man ihn
für einen Gerechten und Heiland erkennen, annehmen, rühmen und preisen und
jedermann zu ihm weisen soll.
Der andere Gottesdienst ist, dass man dem
HERRN Christus auf dem Esel das Hosianna singen soll, das ist, nachdem man ihn
erkannt und als einen Heiland angenommen hat, soll man auch ihm zu seinem Reich
Glück und Heil wünschen und alles tun, was zur Mehrung und Förderung seines
Reichs dient. Gott gebe es; sagen die Pharisäer und Hohenpriester dazu, was sie
wollen. Denn „Hosianna“ heißt so viel auf Deutsch wie: HERR, hilf, HERR, gib
Glück dem Sohn Davids. Eben wie wir im Vaterunser beten: Dein Reich komme. Denn
der Teufel und seine Glieder werden es nicht unversucht lassen, wie sie dieses
Reich hindern und das Wort entweder vertilgen oder fälschen können. Da gehört
nun Beten und Wünschen zu, dass Gott solchen des Teufels Willen brechen und
zurück wolle treiben.
Das dritte ist, dass man nicht allein
beten, sondern auch die Kleider ausziehen und dem HERRN Christus auf den Weg
streuen soll, dass er doch ein wenig einen herrlichen und ehrlichen Einzug möge
haben; welches geschieht, wenn wir das Predigtamt fördern nach unserem
Vermögen, dass man helfe mit Geld und Gut, auf dass man feine, gelehrte, fromme
Leute aufziehe, die der Kirche mit dem Wort und gutem Wandel vorangehen; dass
man die, so im Amt sind, so halte, dass sie ihres Amts warten, dem Studieren
obliegen und nicht um der Nahrung willen davon lassen oder mit andern Händeln
müssen umgehen. Zusammenfassend: Wo man Geld und Gut dazu gebrauchen kann, dass
die Kirchenämter wohl bestellt und die Leute mit rechten Vorstehern wohl
versorgt werden, da breitet man dem HERRN Christus die Kleider unter, dass er
desto ehrlicher möge einreiten.
So soll man diesem König dienen und nach
den Hohenpriestern und Pharisäern nichts fragen, welchen dieser Einzug und
armes Gepränge sehr zuwider ist; ja, wollten’s gern wehren. Aber Christus will
es ungewehrt haben. Denn weil er ein König ist, so muss er sein Hofvolk und
Hofdienst haben. Und wohl denen, die ihm dienen; denn er ist ein solcher König,
der uns wieder dienen will, nicht mit Geld und Gut, welches ein sehr geringer
Dienst ist, sondern mit Gerechtigkeit gegen die Sünde und Hilfe gegen den Tod
und ewige Verdammnis. Deshalb sollen wir zu seinem Dienst bereit und willig
sein und uns an des Papsts, der Bischöfe und anderer Beispiele nicht ärgern,
welche damit umgehen, dass sie nicht, wie die Apostel, den Esel zum HERRN
Christus führen und ihn drauf setzen; sondern wollen selbst auf dem Esel
reiten, die Leute mit Lehre und anderm regieren, wie sie wollen. Christus aber
lassen sie zu Fuß gehen und können nicht leiden, dass er durch sein Evangelium
einreite und sich sehen lasse.
Diese falschen Lehrer haben auch ihre
Schüler, die ihnen heucheln, Palmen und Ölzweige an den Weg streuen; aber zu
dem armen Christus werden sie mit Steinen. Denn sie verfolgen ihn, sein
Evangelium und alle, die es predigen. Solche werden an jenem Tag mit den Juden
inne werden, dass sie den gerechten König und Heiland verachtet haben, und
müssen deshalb Gottes Zorn in Ewigkeit tragen; dagegen die, so ihn angenommen,
bekannt und ihre Armut zu seinen Ehren gewendet haben, durch ihn ewige
Gerechtigkeit und ewiges Leben empfangen werden. Das verleihe uns allen unser
lieber HERR und Heiland Jesus Christus. Amen.
Lukas 21,25-36: Und es werden Zeichen geschehen an der Sonne und Mond und
Sternen; und auf Erden wird den Leuten bange sein und werden zagen; und das
Meer und die Wasserwogen werden brausen. Und die Menschen werden verschmachten
vor Furcht und vor Warten der Dinge, die kommen sollen auf Erden; denn auch der
Himmel Kräfte werden sich bewegen. Und alsdann werden sie sehen des Menschen
Sohn kommen in der Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit. Wenn aber dieses
anfängt zu geschehen, so seht auf und hebt eure Häupter auf, darum dass sich
eure Erlösung nahet. Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht an den Feigenbaum
und alle Bäume! Wenn sie jetzt ausschlagen, so seht ihr’s an ihnen und merkt,
dass jetzt der Sommer nahe ist. Also auch ihr, wenn ihr dies alles seht
angehen, so wisst, dass das Reich Gottes nahe ist. Wahrlich, ich sage euch,
dies Geschlecht wird nicht vergehen, bis dass es alles geschehe. Himmel und
Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht. Aber hütet euch, dass
eure Herzen nicht beschwert werden mit Fressen und Saufen und mit Sorgen der
Nahrung, und komme dieser Tag schnell über euch; denn wie ein Fallstrick wird
er kommen über alle, die auf Erden wohnen. So seid nun wacker allezeit und
betet, dass ihr würdig werden möget, zu entfliehen diesem allem, was geschehen
soll, und zu stehen vor des Menschen Sohn.
Diese Weise hat unser HERR Gott allewege
gehalten, von Anfang der Welt her: Wenn er hat wollen etwas Neues machen, so
hat er besondere große Zeichen lassen vorher gehen. Wie, da er Ägypten strafte
und sein Volk heraus führen und sich ein besonderes Volk daraus machen wollte,
da gingen allerlei herrliche Zechen, böse und gute. Denn die Frösche,
Heuschrecken, Hagel, Geschwür und dergleichen taten den Ägyptern großen
Schaden, bis zuletzt alle erste Geburt in einer Nacht erwürgt und das übrige
Volk im Roten Meer ersäuft wurde. Bei den Juden aber waren dies gute Zeichen,
dass er sie trocken durch das Rote Meer führte, ihre Feinde drin ersäufte,
ihnen Himmelsbrot gab und dergleichen. Solche war ein Anzeichen, dass Gott
etwas Neues mit diesem Volk anfangen und ein neues Regiment und Wesen stiften
wollte. Dergleichen geschah auch, da er die ungläubigen, verstockten Juden
strafen und ein neues Gnadenreich durchs Evangelium in aller Welt anrichten
wollte. Denn da der HERR Jesus am Kreuz hing, taten sich die Gräber auf, die
Toten stiegen heraus und gingen in die Stadt Jerusalem. Es kam eine große
ungewöhnliche Finsternis, der Vorhang im Tempel zerriss. Solches alles war ein
Anfang eines neuen Wesens und ein Untergang des alten, wie sich’s denn im Werk
hat auch gefunden, dass das Judentum gefallen und Christus ein neues Reich hat
angerichtet.
Solches wussten die Juden wohl und hatten
es aus eigener Erfahrung gelernt. Deshalb kommen hier die Apostel zum HERRN
Christus und fragen ihn, was für Zeichen vor der Zerstörung Jerusalems und der
Welt Ende kommen werden, ehe denn das ewige Reich Christi angehe?
Von der Zerstörung Jerusalems an antwortet
ihnen der HERR hier: Wenn sie sehen werden, dass sich ein Heer um Jerusalem her
lagern werde, so sollen sie wissen, das Ende sei nicht weit; gibt ihnen deshalb
diesen Rat: Sie sollen sich aus dem Land machen und auf das Gebirge fliehen;
dann da werde keine Gnade sein, es müsse das Judentum verwüstet werden.
So lehrt er sie vom Jüngsten Tag auch und
spricht: Wenn ihr Zeichen werdet sehen an der Sonne, an Mond, an den Sternen,
am Meer und Wassern, an den Menschen und am Himmel; wenn solches, sagt er,
angeht (denn man sollte nicht so lange harren, bis man meinte, es sei nun alles
aus, oder man habe dergleichen zuvor auch gesehen), alsdann seid wacker und
lasst mit solchen Zeichen keinen Scherz sein; denn es sind gewisse Anzeichen,
dass der Jüngste Tag jetzt vor der Tür sei.
Hier ist nun die Frage, ob solche Zeichen
alle vor dem Jüngsten Tag werden geschehen. Aber nach solchem darf man nicht
fragen. Denn der HERR sagt: Wenn solches anfängt zu geschehen, so soll man
drauf sehen. Deshalb glaube ich, dass etliche und vielleicht die meisten
Zeichen hernach geschehen werden, eben wenn der Jüngste Tag jetzt herein wird
brechen. Darum sollen wir uns an dem lassen genügen, dass der HERR lehrt, wo
man solche Zeichen sehen und erwarten soll: nämlich an dem Himmel, Sonne, Mond
und Sternen und an den Menschen und dem Meer. Wenn man nun etliche derselben
sieht, so soll man sich auf diese Zukunft schicken und nicht warten, bis alle
geschehen sind. Denn wir würden sonst übereilt werden.
An der Sonne und [dem] Mond geschehen
zweierlei Zeichen: Erstlich, dass sie ihren Schein verlieren. Solches, ob es
wohl nicht seltsam und natürlich ist (denn man kann’s aus der Kunst eigentlich
zuvor wissen, ehe es geschieht), so ist es dennoch ein Zeichen, wie es Christus
selbst klar deutet in Matthäus. Aber neben diesem können an der Sonne auch
solche Zeichen geschehen, die man nicht kann vorherwissen, sondern begeben sich
plötzlich und fallen herein gegen alle Mathematik, wie die Finsternis zur Zeit,
das Christus am Kreuz hat gehangen. Denn die Kunst hält so, dass die Finsternis
an der Sonne muss geschehen im Anfang des Monds, wenn er neu wird. Wenn es aber
geschieht im Vollmond, wie dazumal, oder auf einen andern Tag im Mond, so ist
es nicht natürlich. Darum ist solche Finsternis ein besonders großes Wunderwerk
gewesen. Ob wir nun dergleichen nicht haben gesehen, so kann es sich doch sehr
bald zutragen.
Und wir haben diese Jahre über viel andere
wunderliche Dinge gesehen, welche alle ungewöhnlich und seltsam sind. Wie, dass
ein Regenbogen um die Sonne gehen soll, dass die Sonne sich gleich teilen und
viele Sonnen gesehen werden.[1]
So ist es nicht unglaublich, dass dergleichen auch etwas dahinten sei, welches
wir zuvor nicht gesehen haben. Darum haben wir allbereit Warnung an der Sonne
genug, dass wir nicht sicher sind, sondern die selige Zukunft unsers HERRN
Christus erwarten sollen.
Die anderen Zeichen, die Christus hier
meldet, sind das große Brausen der Wasser, dass es tobt, als wolle es alles
untergehen. Denn gleichwie ein Mensch, wenn er natürlich sterben soll, erst
krank wird, kriegt ein Fieber, Pest oder andere Krankheit; solches alles sind
Zeichen, dass er davon soll: So wird die Welt auch gleich krank sein, dass Himmel,
Sonne, Mond, Sterne, Menschen, Wasser und alles sich regen, krümmen und übel
gehaben wird, ehe es gar zu Boden geht.
Das Zeichen an den Menschen halte ich
gänzlich, dass wir’s erlebet haben. Denn zu solchen hat der leidige Papst mit
seiner Predigt sehr geholfen, dass die frommen Herzen hoch sind erschreckt
gewesen, darum dass man gepredigt hat, wie eine große Todsünde es sei, nicht
recht beichten, beten, fasten, Messe hören und dergleichen. In solchem
Schrecken wusste niemand, wo aus? Denn der rechte Trost, die Vergebung der
Sünden durch Christus, war verschwunden. Da ging es denn an ein Martern, jetzt
mit diesen, jetzt mit andern Werken; dass ich glaube, solches sei der größte
Jammer auf Erden gewesen. Wie ich ihrer denn viel selbst gesehen habe, die
solches Herzeleid und Schrecken nicht konnten ertragen und in Verzweiflung
fielen vor großer Furcht und Schrecken, dass sie sich nicht trauten, zu
bestehen vor Gottes Gericht.
Denn da trieben uns des Papsts Predigten
mit Macht hin, dass wir uns vor Christus, dem Richter, sollten zu Tode
fürchten. Ich bin auch einer gewesen, konnte mich zu Christus, als einem
strengen Richter, nichts Gutes versehen, rief deshalb die Jungfrau Maria an,
dass wir mir beistehen und gegen solchen Richter meine Rückhalterin wolle sein.
Denn da wusste niemand es anders. Christus hatten wir verloren und mussten
bekennen, dass wir böse Buben waren. Da konnte man anders nicht, als sich
fürchten und vor dem Richter erschrecken. Deshalb achte ich, solches Zeichen
sei zum größten Teil vorüber. Gleichwie ich’s dafür halte, der größte Teil der
andern Zeichen am Himmel sei auch schon geschehen. Ob aber glich noch etliche
mehr dahinten sind, so kann es doch alle Tage sich begeben, dass sie auch
kommen. Wir sollen aber darum nicht unterlassen, uns gegen diesen Tag so zu
schicken, wie der HERR unten lehren wird.
Am Ende meldet der HERR noch von einem
Schrecken und sagt: „Die Leute werden verschmachten vor Furcht und vor Warten
der Dinge, die auf Erden kommen sollen.“ Hier redet er von einer andern Furcht,
welches eine sehr große Furcht ist, und entsteht daher, dass die Menschen vor
den Zeichen des Jüngsten Tages sich fürchten werden. Solches sind nicht
gottlose, ungläubige Leute, sondern fromme und gottesfürchtige. Deshalb nehmen
sie die Warnung mit den Zeichen an, welche die Gottlosen frei sicher verachten,
darum dass sie sich bedünken lassen, solche Zeichen sind zuvor viel geschehen,
und sei dennoch der Jüngste Tag außen geblieben. Lassen deshalb heute dieses,
morgen ein anderes Zeichen und Warnung vorüber rauschen, und bleiben so fern
wie voriges Jahr, und heute wie gestern, ohne alle Besserung, und kümmern sich
gar nichts, wie es mit dem Jüngsten Tag gehen werde.
Solche gottlosen, sicheren Leute lässt der
HERR fahren. Denn weil sie die Zeichen und verachten können, so werden sie
zumal nach dem Wort und der Predigt nichts fragen. Aber die Frommen, die solche
Zeichen wahrnehmen und sich darob entsetzen, die lässt der HERR sich befohlen
sein und tröstet sie auf das allerfreundlichste und sagt: Weil sie Christus
bekennen, sein Wort lieben, nicht gern von demselben abfallen noch es
verleugnen wollten; so sollen sie vor solchen Zeichen, ob sie gleich etwas
schrecklich sind, sich nicht entsetzen noch erschrecken.
Alsdann, spricht Christus, werden sie sehen
des Menschen Sohn kommen in der Wolke, mit großer Kraft und Herrlichkeit. Das
wird eine andere Pracht sein, als wenn Kaiser und König einziehen. Denn da wird
die ganze Luft voll Engel und Heilige sein, die werden leuchten, heller als die
Sonne, und der HERR Christus wird mitten unter ihnen schweben und mit seinen
Heiligen das Urteil über die Verdammten sprechen, welche unten auf Erden bei
dem Teufel stehen, zittern und beben werden.
Wenn nun, spricht Christus, dieses anfängt
zu geschehen, so seht auf und hebt eure Häupter auf, seid fröhlich und guter
Dinge, denn es muss so zugehen. Soll die Welt zerbrechen, so muss sie zuvor
krachen, sonst kann ein solch großes Gebäude nicht einfallen, es muss sich
alles regen und bewegen. Eben wie ein Mensch, der jetzt sterben will, der
windet und krümmt sich, verkehrt die Augen, krümmt den Mund, erblasst im
Angesicht und wird gar ungestaltet. So wird die Welt auch tun.
Aber ich sage euch: Erschreckt nicht davor,
richtet euer Haupt auf, als die es von Herzen gern sehen. Denn merkt, eure
Erlösung ist nahe. Eure, spricht er, die ihr glaubt; die andern, so nicht
glauben, werden verdammt. Deshalb sollten sie sich wohl fürchten, aber sie
tun’s nicht. Denn der HERR Jesus wird beides mitbringen: Denen, die gläubig und
fromm sind gewesen, den Himmel; den andern aber die Hölle und die Verdammnis.
Solches redet der HERR mit den Frommen. Die
werden auch darüber erschrecken, wenn Sonne und Mond so die Augen verkehren und
die Welt voll Feuer wird sein. Denn die Heiligen sind nicht so stark; es müsste
auch St. Peter und St. Paul davor erschrecken, wenn sie lebten. Aber, spricht
der HERR, seid getrost; es wird euch wohl jämmerlich und schrecklich ansehen,
aber solches gilt euch nicht, es gilt dem Teufel und den Ungläubigen. Euch aber
kommt die Seligkeit und die fröhliche Erlösung, da ihr so lange nach geseufzt
habt und gebeten, dass mein Reich zu euch komme, euch eure Sünde vergeben und
ihr von allem Übel sollt erlöst werden. Was ihr nun so lang mit ganzem Herzen
gebeten habt, das soll da euch kommen. Denn es heißt ein Tag eurer Erlösung.
Darum mag man den Jüngsten Tag wohl nennen
einen Tag der Verdammnis und der Erlösung, einen Tag der Traurigkeit und der
Freude, einen Tag der Hölle und des Himmelreichs. Wie der HERR Matth. 24,30
sagt: „Alsdann werden heulen alle Geschlechter der Erde.“ Da wollen wir, ob
Gott will, nicht bei sein, sondern den Papst, die Rottengeister und bösen Adel,
böse Bürger und Bauern da lassen, die jetzt allen Mutwillen treiben, das Evangelium
verfolgen und allen Jammer und Unglück anrichten; dieselben werden da bezahlen
müssen. Wir aber, die sich jetzt vor ihnen schmiegen müssen, weinen und
bekümmert sind, werden dazumal lachen und sehen, dass sie mit dem Teufel in den
Abgrund der Hölle müssen hinunter fahren.
Deshalb, ob sich gleich die Kreatur
verstellt, Sonne und Mond schwarz und finster und euch sauer ansehen werden,
erschreckt darum nicht; kriecht nicht in die Winkel, wenn solches angeht,
sondern richtet euer Haupt auf und lasst euch nicht anfechten; gedenkt, dass
ihr mich so habt wollen haben. Denn so ich euch erretten soll, so muss ich
zuvor die angreifen, die euch gefangen halten. Gleich, als wenn du in einem
Schloss gefangen lägst, in einem Turm, und hörtest, wie man hinein schösse und
stürmte, du würdest dich vor solchem Schießen und Stürmen gar nichts fürchten,
sondern deshalb noch wohl froh sein, wenn du wüsstest, dass es um deinetwillen
wäre angefangen, dich so ledig zu machen.
So tut man hier auch; lasst’s euch nicht
schrecken, dass die Welt so sich krümmen und winden wird; diese Rute gilt euch
nicht, sondern denen, da ihr über geschrien habt. Deshalb, so nehmt solche
Zukunft an, als eine Zukunft eurer Erlösung. Denn ich komme nicht darum, dass
ich euch wolle in die Hölle werfen, sondern euch aus der schändlichen, kranken,
siechen, heillosen Welt helfen, und euch scheiden von dem Teufel und seinen
Knechten, und unter die Engel setzen, da ihr nicht leiden, sondern in ewiger
Herrlichkeit leben sollt.
Zu solchem Trost dient nun auch das schöne
Gleichnis mit den Bäumen. Im Frühling, sprich er, wenn der Winter jetzt soll
aufhören und die ganze Erde neu werden; wenn die Kälte weichen und die Wärme
kommen, und die dürren Bäume ausschlagen und grünen sollen, da sag mir, wie
fängt sich solches an? Ist’s nicht wahr, die Bäume knopfen zuerst, danach
schlagen sie aus; so spricht denn jedermann, der Winter ist vorüber und geht
nun der schöne Sommer daher.
Dies Gleichnis lasst euren Doktor und die
Bäume auf dem Feld euer Kunstbuch sein, dass ihr lernt, wie ihr den Jüngsten
Tag erwarten sollt. Denn gleichwie der Sommer folgt, wenn die Bäume saftig
werden und Blätter gewinnen; so wenn die Erde beben, der Himmel, zittern, Sonne
und Mond betrübt und sauer sehen werden, so lasst euch ebenso wenig schrecken,
wie euch die jungen Blättlein, so an den Bäumen ausschlagen, schrecken, wenn es
jetzt will Sommer werden. Denn solle Zeichen sollen euch sein wie der Saft und
Blättlein an den Bäumen, dass ihr den ewigen Sommern mit Freuden erwarten
sollt. Denn dies elende Leben auf Erden
hier ist wie der schändliche, unfruchtbaren Winter, da es alles drin verdorrt
und verdirbt. Mit demselben soll es alsdann ein Ende gewinnen, und der schöne
ewige Sommer kommen, nämlich das Reich Gottes, durch welches des Teufels Teich
soll zerstört werden, um welches willen ihr so viel auf Erden habt müssen
leiden. Denn ihr lebt unter gottlosen, bösen, falschen, geizigen Leuten usw.,
die das Evangelium lästern und schänden, und alles Unglück begehren anzurichten.
Das müsst ihr sehen und hören und täglich Ärgeres erwarten. Von solchem will
ich euch durch meine Zukunft erlösen, dass ihr solchen Mutwillen nicht mehr
sehen müsst.
Deshalb gilt solch schreckliches Wesen
nicht euch, sondern euren Feinden, den Gottlosen: Die lasst trauern und
erschrecken. Ich aber freut euch, dass eure Erlösung nahe ist. Wie der fromme
Lot zu seiner Zeit auch tat, der lebte mitten unter den schändlichen Leuten zu
Sodom, die ihm alles Leid taten mit ihrem unzüchtigen Wandel, und quälten seine
gerechte Seele von Tag zu Tag mit ihren ungerechten Werken, davon nicht zu
sagen, die er sehen und hören musste, bis sie überreif wurden und Gott nicht
länger konnte inne halten. Da kamen zwei Engel, die führten den frommen Lot zur
Stadt hinaus. Da wird’s ohne Zweifel auch einen schrecklichen Anblick gegeben
haben, dass der Himmel schwarz geworden, geblitzt und gedonnert hat, und die
Wolken sich aufgetan, Schwefel und Feuere herab geregnet und alles versenkt
hat. Dass nun Lot sich nicht darüber sollte entsetzt haben, ist nicht möglich.
Aber da war das der Trost, dass er wusste, solcher schreckliche Anblick gälte
nicht ihm, sondern den Sodomiten, die böse, verzweifelte Buben gewesen waren
und sich nicht wollten bessern. Die mussten sich über solchen feurigen Regen
nicht allein entsetzen, sondern auch darin verderben und in den Abgrund der
Hölle fahren. Dem frommen Lot aber war es wie ein schöner Baum, der ausschlägt
und jetzt beginnt zu grünen. Denn er spürte dabei Gottes Hilfe und gnädige
Rettung gegen die Gottlosen.
So wird uns, so wir’s erleben, am Jüngsten
Tag auch geschehen. Schrecklich wird’s anzusehen sein, wenn Himmel und Erde so
anheben zu feuern, und wir in einem Augenblick hinfahren und sterben. Aber ein
Christ soll nicht dem Ansehen folgen, sondern hören, wie es Christus deutet,
nämlich, dass es sei eine schöne Blüte, ein schönes, saftiges Zweiglein; auf
dass, obgleich über dem greulichen, hässlichen Anblick sich die Vernunft
entsetzt, dennoch das Herz am Wort hange und sich gegen das äußerliche Ansehen
stärke und spreche: Ei, erschrick nicht, ist’s doch nichts Böses noch
Schädliches; ja, es bedeutet, wie Christus selbst sagt, nicht Böses, sondern
dass mein Erlöser und Erlösung nahe sei. So sei mir nun Gott willkommen, mein
lieber HERR Christus, und komme, wie ich meine Lebtage oft gebeten und
gewünscht habe, dass dien Reich zu mir kommen soll. Wer nun den HERRN Christus
so empfangen kann, der ist ein einem Augenblick in der Herrlichkeit, dass er
wie die schöne Sonne leuchten wird.
Auf diese Weise lehrt unser lieber HERR
Christus uns den Jüngsten Tag recht erkennen, dass wir wissen, was wir an ihm
haben, und wozu wir auf seine Zukunft warten und hoffen sollen. Der Papst
predigt von Christus, er sei ein strenger Richter, gegen den man sich mit
Werken müsse schicken, ebenso, die Heiligen anrufen und ihre Fürbitte genießen,
so man anders wolle nicht verdammt sein. Denn so hat man Christus im Papsttum
allenthalben gemalt, wie er zu Gericht komme und ein Schwert und Rute im Munde
führe, welches beides Zorn bedeutet. Weil aber Maria und Johannes ihm zur Seite
stehen, hat man derselben und anderer Heiliger Fürbitte gesucht und darauf
gehofft. Wie der gute Pater Bernhard sich auch die Gedanken macht: Wenn die
Mutter Maria ihrem Sohn die Brüste zeige, so könne er ihr nichts versagen. Das
ist je ein gewisses Anzeichen, dass man kein Vertrauen zu Christus gehabt,
sondern geglaubt hat, Christus komme als ein Richter. Aber in diesem Evangelium
lehrt er uns anders, nämlich, dass er wolle kommen, nicht dass er uns richten
und verdammen, sondern erlösen und helfen wolle, und erfüllen, was wir ihn
gebeten haben, und sein Reich zu uns bringen. Denen aber, so an ihn nicht
geglaubt, seine Christen auf Erden gehöhnt und geplagt haben, derselben Richter
will er sein und sie strafen. Solches, spricht er, glaubt fest und zweifelt
nicht daran, und freut euch auf meine Zukunft; denn sie soll euch zum Besten
geraten, dass ihr von Sünden, Teufel, Tod und Welt erlöst und durch mich ewig
selig werdet. Das heißt ja herrlich und reichlich getröstet.
[Aber da ist noch ein Stück, über welchem
die blöden Gewissen sich hart entsetzen. Denn der HERR sagt, der Jüngste Tag
werde unversehens hereinfallen, dass den Leben eben geschehen soll, wie ein
Waldvöglein, welches des Morgens daher fliegt, ist hungrig und sucht seine
Nahrung, hofft, es wolle dieselbe finden, wie bisher, findet’s auch, setzt sich
auf den Herd nieder, ist fröhlich und guter Dinge; in einem Schnips aber, ehe
es gewahr wird, fällt das Garn über ihm zu, es wird gefangen und gewürgt.
Solches nehmen die frommen, gottesfürchtigen Menschen zu Herzen, und weil sie
befinden aus täglicher Erfahrung, wie bald es geschehen ist, dass man zu Fall
kommt, werden sie traurig und verzagt darüber. Denn sie denken: Wer weiß, wie dich
dieser Tag finden wird. Vielleicht wird er zu der Stunde kommen, wenn du am
ungeschicktesten bist und auf ihn am wenigsten wartest, oder in dieser oder
andern Sünde liegst; so ist’s denn mit dir geschehen, und wird aus diesem
Freudentag ein ewiger Trauertag.
Hier will der HERR uns auch nicht trostlos
lassen und lehrt seine Christen, wie sie dieser Sorge abhelfen sollen und
spricht: „Hütet euch, dass eure Herzen nicht beschwert werden mit Fressen und
Saufen und mit Sorgen der Nahrung und komme dieser Tag schnell über euch. Denn
wie ein Fallstrick wird er kommen über alle, die auf Erden wohnen. So seid nun
wacker allezeit und betet, dass ihr würdig werden mögt, zu entfliehen diesem
allein, das geschehen soll, und zu stehen vor des Menschen Sohn.“
Das ist nun eine sehr edle und nötige
Lehre, die uns nimmermehr sollte aus unserm Herzen kommen. Es verbietet der
HERR Essen und Trinken nicht; so heißt er auch nicht, wie der Papst, dass man
alles liegen und stehen soll lassen, in ein Kloster gehen und geistlich werden.
Nein, esst und trinkt, das gönnt euch Gott wohl; trachtet auch nach eurer
Nahrung, denn darum hat Gott die Arbeit befohlen. Aber davor hütet euch, dass
eure Herzen mit solchem allen nicht dermaßen beschwert werden, dass ihr meine
Zukunft dabei vergesst; sondern seid wacker, das ist, wartet alle Stunden und
Augenblicke und haltet euch deshalb in Gottesfurcht und gutem Gewissen. Das
lasst das erste sein.
Danach, so betet auch, dass ihr aller
Anfechtung und Jammere entfliehen und vor des Menschen Sohn zu stehen mögt
würdig werden. Wie denn solches im Vaterunser in den letzten zwei Bitten fein
begriffen ist: Führe und nicht in Versuchung, sondern erlöse uns vom dem Übel.
Wenn ihr solches tut, so soll es nicht Not haben, es finde euch alsdann der
Jüngste Tag über Tisch oder im Bett, in der Kirche oder auf dem Markt, wachend
oder schlafend, so gilt es alles gleich. Denn er findet euch in Gottes Schutz.
Aber hier muss man auch dieses merken, dass
man Gott nicht recht anrufen noch beten kann, wo man von wissentlichen Sünden
nicht abstehen und sich nicht bessern will. Deshalb gehört zum rechten Gebet
eine rechtschaffene Buße, und dass man sich vor mutwilligen Sünden hüte und
sich in gutem Gewissen halte, und alsdann auf Gottes Güte im Namen Jesu Christi
bitte, dass er in seiner Furcht uns erhalten, durch seinen Heiligen Geist vor
Sünden bewahren und in einem rechten Glauben bis ans Ende erhalten wolle, auf
dass wir diesen seligen Tag mit Freuden erwarten und unsern HERRN Jesus als
unsern Erlöser mit herzlicher Zuversicht annehmen mögen. Solches Gebet wird
durch Christus erhört, da ist kein Zweifel dran. Deshalb sollen wir solchem Rat
und Lehre folgen und uns auf diesen gnädigen Tag der ewigen Erlösung recht
schicken.] Das verleihe uns allen unser HERR und Erlöser Jesus Christus. Amen.
Matthäus 11,2-10: Da aber Johannes im Gefängnis die Werke Christi hörte,
sandte er seiner Jünger zwei. und ließ ihm sagen: Bist du, der da kommen soll,
oder sollen wir eines andern warten? Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht
hin und sagt Johannes wieder, was ihr seht und hört: Die Blinden sehen, und die
Lahmen gehen; die Aussätzigen werden rein, und die Tauben hören; die Toten
stehen auf, und den Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig ist, der
sich nicht an mir ärgert. Da die hingingen, fing Jesus an zu reden zu dem Volk
von Johannes: Was seid ihr hinausgegangen in die Wüste zu sehen? Wolltet ihr
ein Rohr sehen, das der Wind hin und her webt? Oder was seid ihr hinausgegangen
zu sehen? Wolltet ihr einen Menschen in weichen Kleidern sehen? Siehe, die da
weiche Kleider tragen, sind in der Könige Häusern. Oder was seid ihr
hinausgegangen zu sehen? Wolltet ihr einen Propheten sehen? Ja, ich sage euch,
der auch mehr ist denn ein Prophet. Denn dieser ist’s, von dem geschrieben
steht: Siehe, ich sende meinen Engel vor dir her, der deinen Weg vor dir
bereiten soll.
In diesem Evangelium sind zwei Stücke: Das
erste, wie Johannes seine Jünger aus dem Gefängnis zu Christus sendet, dass sie
ihn hören und seine Wunderwerke sehen und ihn als den rechten Messias oder
Christus annehmen sollen. Und dient uns dazu, dass wir unsers lieben HERRN
Christus Wort auch gern hören und für den höchsten Schatz achten sollen, als an
dem all unsere Seligkeit gelegen ist. Das andere Stück ist eine Predigt, damit
unser lieber HERR Christus nicht allein den heiligen Johannes trefflich hoch
rühmt und lobt, dass er ein Ausbund sei vor allen andern Predigern, da er sein
Amt so fleißig ausführt, dass er dazumal, da er im Kerker und Gefängnis war und
selbst nicht predigen konnte, dennoch seine Jünger zu Christus sendet; sondern
er schilt auch die Juden ihres Unglaubens wegen, dass sie solchen Prediger so
gering achten und nach seiner Predigt so gar nicht fragen. Solches dient uns
dazu, dass wir vor solcher Unart uns hüten, Gottes Wort nicht verachten,
sondern es gern hören und uns darum bessern sollen.
Das erste nun, dass wir das Wort Christi
fleißig hören sollen, ist dabei angezeigt, dass Johannes, da er schon im
Gefängnis lag, alsbald er von den Wunderwerken Christi hört, seine Jünger zu
ihm sendet, mit einem solchen Befehl, dass sie ihn fragen sollten: Ob er der
sei, der da kommen sollte, von welchem Mose und alle anderen Propheten so viel
geweissagt hätten und hernach im Neuen Testament so viel gepredigt sollte
werden? Das ist, ob er der verheißene Christus sei, von dem geschrieben stünde,
dass der Juden Reich und Mose Lehre sollte bestehen bis auf seine Zukunft;
danach sollte Moses Lehre und Gottesdienst aufhören und eine neue Lehre und
neuer Gottesdienst angerichtet werden, nicht allein unter den Juden, sondern
auch unter den Heiden in der ganzen Welt.
Wie denn solches war laut er und klar zuvor
geweissagt. Darum, weil es bald, nachdem Johannes gefangen worden war,
angegangen, und der HERR Christus vom ewigen Leben und dem Reich Gottes jetzt
predigte und Wunderwerke tat, wollte Johannes seine Jünger zu ihm weisen;
schickt sie deshalb hin zu Christus, dass sie mit ihren Augen die Wunderwerke
sehen und mit ihren Ohren die Predigt hören sollten, da so lange Zeit zuvor die
Propheten geweissagt hatten, dass sie Christus auf Erden bringen und sich so
offenbaren würde.
Deshalb ist solches Schicken anders nichts,
als sagte Johannes so: Ich weiß es zwar wohl, dass er der rechte Christus ist,
aber die Leute glauben’s nicht. Deshalb geht ihr jetzt zu ihm und hörts von ihm
selbst, auf dass ihr euch von mir und dem ganzen Judentum wegtut und hängt
diesem Mann an, an welchen es alles gelegen ist, was euer und der ganzen Welt
Seligkeit betrifft. Das ist das Ziel der Botschaft zu Christus, dass seine
Jünger ihn selbst sehen und hören, mit ihm in Kundschaft kommen und so an ihn
glauben und selig sollen werden.
Nun, was sagt aber Christus zu solcher
Botschaft? Er sagt weder Ja noch Nein, da sie ihn fragten, ob er’s sei; sondern
antwortet bloß mit den Werken und spricht: Ihr seht’s, hört’s imd greoft’s,
dass ich’s bin. Denn eben wie Jesaja und andere Propheten haben geweissagt,
dass Christus die Lahmen gehend, die Blinden sehend werde machen usw., so seht
ihr jetzt vor euren Augen, braucht weiter keinen Unterricht noch Antwort, wenn
ihr euch nur sonst wollt recht drein schicken.
Das ist nun eine schöne, herrliche und
tröstliche Predigt, die alles sehr fein fasst, was man von Christus predigen
kann, nämlich was er für ein König sei und für ein Reich habe, nämlich ein
solches Reich, da Blinde, Lahme, Aussätzige, Taube, tote Leute und besonders
die armen Sünder, und alles, was elend, bedürftig und nichts ist,
hineingehören, und die Trost und Hilfe finden. Diese Predigt von Christus und seinem
Reich sollten wir mit Fleiß merken und immerdar unter uns klingen lassen, dass
Christus ein solches Reich habe und ein solcher König sei, der den elenden,
armen Leuten an Leib und Seele helfen wolle, da sonst unmöglich ist, dass alle
Welt mit all ihrem Vermögen könnte helfen. Denn da ist nie so ein trefflicher
Doktor gekommen, der einen Blinden hätte können sehen, einen Aussätzigen rein
machen usw. Gleichwie auch nie ein Prediger gewesen ist, der den Armen hätte
können das Evangelium predigen, das ist, die betrübten, elenden und geängsteten
Gewissen auf sich weisen und trösten, und die erschrockenen Herzen, die in
Schwermut und Kümmernis ersoffen sind, fröhlich und guter Dinge machen.
Mose ist der höchste Prediger, aber die
Kunst kann er nicht, dass er arme Sünder sollte trösten, ja, das Gegenteil tut
er; denn alle seine Predigten lauten so: Du sollst und musst das Gesetz halten
oder verdammt sein. Da hebt sich denn ein Jammer an: Die ihre Sünde fühlen und
sie gern los wären, lassen es sich sauer werden, leben nach dem Gesetz, können
aber nicht zufrieden sein noch ein fröhliches Herz und Gewissen dadurch
erlangen. Wie denn die Heiligen im Alten Testament klagen, so Moses Regiment
überdrüssig sind und ein herzliches Sehnen nach dem Reich der Gnade, in
Christus verheißen, haben. Wie Ps. 14,7: „Ah, dass aus Zion die Hilfe über
Israel käme, und der HERR sein gefangenes Volk erlöste.“ Und Ps. 102,14: „Du
wolltest dich aufmachen und über Israel dich erbarmen, denn es ist Zeit, dass
du ihr gnädig seist“ usw. Wiederum die Heuchler meinen, wenn sie äußerlich das
Gesetz halten, so bräuchten sie kein Evangelium noch Christus, denken, es habe
keine Not, Gott müsse sie wohl ihres Fastens, Betens, Almosengebens wegen in
den Himmel nehmen. Das sind die sicheren, sattsamen Geister, die unseren HERRN
Gott und seiner Gnade nicht bedürfen.
Nun ist’s wohl wahr, Moses Predigt muss man
haben und die Leute zu solcher äußerlichen Zucht und gutem Wandel ermahnen;
eben wie man im Weltregiment Henker und Büttel darum haben muss, den wilden
rohen Haufen zu strafen, so solche äußerliche Zucht nicht hält, sondern hurt,
stiehlt, geizt, wuchert usw. Aber wenn das Stündlein kommt, dass du sterben
sollst, sage mir, was hilft dir solche Moseslehre, wenn du dich gleich danach
gehalten hast? Ist’s nicht wahr, du musst bekennen und sagen: Lieber HERR Gott,
ob ich gleich kein Ehebrecher, Dieb noch Mörder bin gewesen, so begehre ich
doch, du wollst mir gnädig und barmherzig sein, ich muss sonst auch bei allen
meinen guten Werken verzweifeln.
[Davon liest man eine Geschichte im ‚Leben
der Väter‘: Einer stand drei Tage an einer Stätte, hob immer auf die Augen gen
Himmel, seufzte und klagte. Als ihn aber seine Jünger fragten, was ihm anläge?
antwortete er: Ich fürchte vor dem Tod. Da fingen seine Jünger an und
erzählten, wie ein strenges Leben er geführt und so fleißig nach Gottes Geboten
sich gehalten hätte, meinten, sie wollten ihn dadurch trösten. Aber er sprach:
Ich sage euch, dass ich mich sehr fürchte; ich wohl, wie ihr sagt, mich fleißig
nach Gottes Wort gehalten, dennoch kann ich solche Furcht nicht los sein; denn
ich weiß, dass Gottes Gerichte anders sind als der Menschen Gerichte. Dieser
ist so weit gekommen, dass er gesehen hat, wenn die Züge kommen, die vor Gottes
Gericht so scharf, ernst und schwer sind, dass unsere Heiligkeit und guten
Werke den Stich nicht halten, noch wir damit bestehen können.
Deshalb, ob man das Gesetz gleich predigen
und sich in guten Werken ohne Unterlass üben und nach dem Wort Gottes sich
allzeit richten soll; doch wenn’s dahin kommt, dass man sterben soll, so muss
man sagen, wie dieser Vater: Ach Gott, wer hilft jetzt? Dieser ist der Elenden
auch einer, da hier von steht, aber er weiß nicht, woran er sich halten soll.
Denn dies mangelt ihm, da der HERR hiervon sagt: „Den Armen wird das Evangelium
gepredigt.“ Er sieht und hat nicht mehr als das Gesetz; und lässt ihn im bösen
Gewissen, Angst und Not stecken, kann nicht trösten.]
Das Evangelium aber ist eine solche Predigt
von Christus, die zu dem Sünder sagt: Mein Sohn, sei getrost du fröhlich,
erschrecke nicht; denn du sollst wissen, dass Christus befohlen hat, den Armen,
das ist, den elenden, betrübten Herzen, Gnade anzusagen, dass er seine
Reinigkeit, die göttlich und ewig ist, für dich setzen, dich mir Gott zufrieden
machen, deine Sünde abwaschen und vergeben wolle. Diese Gnade heißt er dir
durch sein Wort anbieten; darum zweifle nicht, wie du hörst; glaubst du es nun,
so wird es dir widerfahren.
So heißt nun Evangelium eine gnadenreiche,
selige Lehre und tröstliche Botschaft; als, wenn ein reicher Mann einem armen
Bettler tausend Gulden zusagt, das wäre ihm ein Evangelium, eine fröhliche
Botschaft, die er gern hören und von Herzen fröhlich darüber würde. Aber was
ist Geld und Gut gegen diese tröstliche und gnadenreiche Predigt, dass Christus
der Elenden sich annimmt und ein solcher König ist, der den armen Sündern, so
unter dem Gesetz gefangen sind, zum ewigen Leben und Gerechtigkeit helfen will!
Das, sagt Christus, ist mein Reich, ein
weit anderes Reich als das Weltreich ist. Da geht’s so zu, dass man dem
Stärksten hilft, und wie das Sprichwort lautet: Wer den andern übermag, der
steckt ihn in einen Sack. Das regiert nach der Schärfe mit dem Schwert, schlägt
und haut allenthalben um sich, kann und soll auch keine Untugend und Laster
leiden. Da muss es Henker, Ruten, Schwert, Wasser, Feuer zu haben, auf dass es
allenthalben strafen könne.
Aber hier im Reich Christi ist’s gar
anders, das hat nicht zu schaffen mit starken, heiligen Leuten, sondern mit
schwachen, armen Sündern, wie Christus spricht: „Die Blinden sehen, die Toten
stehen auf“ usw. Nun, Tote auferwecken ist ein großes Wunderwerk; aber dies
Wunderwerk ist viel größer und herrlicher und hat doch das Ansehen nicht,
nämlich: Dass Gott so die Welt liebt, dass er ihr seinen Sohn gibt, den er von
Ewigkeit dazu geordnet hat, dass er ein König sei der Sünder, denselben das
Evangelium predige. Von solchem König und Evangelium predigt Mose und das
Gesetz nicht. Da heißt’s so: Wer ein Sünder ist, gehört in des Teufels und des
Todes Reich. Das lautet, als sei unser HERR Gott ein König der Heiligen und
Frommen, die eine viel höhere Frömmigkeit haben als das weltliche Regiment
fordert. Und ist auch wahr. Denn Moses Reich ist auch unsers HERRN Gottes
Reich, und die Predigt, so er führt, ist Gottes Wort. Eben wie auch das
weltliche Reigment Gottes Reich genannt mag werden. Denn er will haben, dass es
bleiben und wir uns in demselben gehorsam halten sollen. Es ist aber nur das
Reich der linken Hand, da er Vater, Mutter, Kaiser, König, Richter, Henker
hinsetzt und ihnen das Regiment befiehlt.
Sein Reich aber, da er selbst ist und
regiert, ist dies, da den Armen das Evangelium gepredigt wird, in welchem du
lernst, wenn es dahin kommt, dass deine Frömmigkeit nimmer helfen kann, dass du
sprichst: HERR, ich habe getan, was ich gekonnt habe, meinem Vater, meinem
Herrn treu gedient, niemand geschändet, nicht widergemurrt, mein Haus, Kind und
Gesinde treu unterrichtet und, soviel möglich, wohl regiert, meinem Nächsten
nicht zu Schaden gelebt, nicht gestohlen, nicht die Ehe gebrochen usw.: Aber wo
nun aus? Denn solches hilft mir vor deinem Gericht nicht, auch fördert mich’s
zu deinem Reich nicht. Doch, lieber HERR, ich will darum nicht verzagen noch
verzweifeln; denn ich habe einmal in deinem Evangelium gehört, dass dein Sohn,
mein lieber HERR Jesus Christus, sechserlei Wunderzeichen getan habe. Unter
denselben wird auch dieses gedacht, dass den Armen das Evangelium gepredigt
werde, das ist, dass er von dir, himmlischer Vater, dazu geordnet sei, dass er
die erschrockenen Herzen trösten soll. Solcher Predigt will ich mich auch
annehmen; denn sie gehört mir, weil ich so arm und elend bin, und je keine
Hilfe weder in mir noch in der ganzen Welt sonst finden kann.
[So weissagt der Prophet Jesaja von
Christus im 50. Kapitel, V. 4, da er, der HERR Christus, selbst spricht: „Der
HERR hat mir eine gelehrte Zunge gegeben“, das ist, Gott hat sein Wort auf
meine Zunge gelegt, „dass ich wisse mit den Müden zu rechter Zeit zu reden“,
das ist, die verzagten Gewissen recht trösten. Das legt hier der Evangelist aus
und sagt: Christus predigt den Armen das Evangelium. Denn darum und dazu ist er
zum König gesetzt, dass er evangelisieren, das ist, die armen, verzagten,
betrübten Herzen trösten und stärken soll; daher sein Reich auch heißt und ist
ein Trostreich und Hilfereich, in welchem man die Verzagten nicht mehr
erschrecken oder in Angst stecken lassen, sondern sie trösten und fröhlich
machen soll. Solches aber geschieht nicht durch des Gesetzes Predigt, sondern
allein durchs Evangelium. Das ist die fröhliche gute Botschaft, dass durch
Christus für unsere Sünde bezahlt und durch sein Leiden wir vom ewigen Tod
erlöst seien. Diese Predigt gehört für die Armen, spricht der HERR, da will ich
hin; denn zu den großen Heiligen kann ich nicht kommen, die keine Sünder sein
wollen und das Evangelium nicht bedürfen, ja, verfolgen und schelten‘s
Ketzerei, sagen, man verbiete gute Werke, man predige gegen Mose und das
Gesetz.]
Darum so spricht der HERR weiter: „Selig
ist, der sich an mir nicht ärgert.“ Ja freilich selig. Denn an diesem König und
seiner Predigt, deren jedermann sich billig freuen sollte, ärgert sich die
Welt. Wie wir in der Geschichte des Evangeliums sehen, dass die Pharisäer,
Schriftgelehrten, Hohenpriester, Priester, Leviten und alles, was nur hoch und
groß ist, Christus für einen Verführer und seine Predigt für Ketzerei halten
und verdammen. Er kann ihnen nirgends recht predigen, es dünkt sie immerdar, er
kehre es um und mache es unrecht: Er wolle die Frommen und Gerechten (wie er
denn tut) in die Hölle stoßen und in seinem Reich nicht leiden; die Sünder aber
in den Himmel heben. Eben wie die Papisten mit uns heute tun. Heißt das, sagen
sie, recht predigen, dass man die guten Werke so gar nichts will gelten lassen,
und den bösen Buben den Himmel so aufsperren? Diese Nachrede hat unser lieber
HERR Christus unter den Juden auch müssen leiden.
Aber hier steht’s: „Selig ist, der sich an
mir nicht ärgert.“ Nun, hörtest du Christus recht, nähmest du sein Wort an und
kommst in sein Reich, so würdest du erfahren, dass das Evangelium gute Werke
nicht verbietet, wie die Papisten auf uns lügen; sondern die Christen lehrt und
ermahnt, gute Werke zu tun, dass sie sich mit Ernst darum annehmen, dass sie
gegen Gottes Wort und Gewissen nichts vornehmen; lässt weltliche Obrigkeit
bleiben, Kaiser, König, lässt den Henker Schwert, Rute und anderes gebrauchen,
was zur Zucht gehört. Warum ärgerst du dich denn an dem heiligen Evangelium und
lästerst es, dass man nichts Gutes tun soll? Gute Werke verwirft noch verbietet
das Evangelium nicht. Das aber verbietet es, wenn wir jetzt sterben und in ein
anderes Leben fahren sollen, und dagegen kein Rat noch Hilfe ist, dass wir
alsdann auf unser Leben und gute Werke trauen sollten; sondern wir sollen uns
nach dem HERRN Christus umsehen und mit festem Vertrauen auf sein Werk und
Verdienst uns verlassen, dass wir durch ihn Gnade und ewige Seligkeit in jenem
Leben finden sollen.
Denn eben darum hat uns Gott einen solchen
Leib, mit so mancherlei nützlichen Gliedmaßen, gegeben, dass wir hier auf Erden
nicht müßig sein, sondern mit den Füßen gehen, mit den Händen zugreifen, mit
dem Mund reden, mit den Augen sehen sollen usw. Über das hat er auch sein Wort,
die Zehn Gebote, gegeben, dass wir unsere Werke alle danach richten, wider
seine Ehre und unsers Nächsten Nutz nichts handeln sollen. Solches lässt das
Evangelium nicht geschehen, sondern heißt auch, wir sollen‘s nur fleißig tun.
Wenn aber der Mensch jetzt bloß und allein ist und aus dieser Welt vor Gottes
Gericht kommen soll, da heißt dich das Evangelium nach einem andern Trost
umsehen, da du deine Hoffnung und Herz auf stellen und gründen kannst.
Darum hast du wohl gelebt: Ist recht und
gut, danke Gott darum; aber verlasse dich im Sterben nicht darauf, als sollte
Gott dir dafür den Himmel geben; sondern halte dich hierher zu diesem König,
unserm HERRN Christus Jesus, der, wie der Evangelist meldet, das Amt soll
führen, dass er die Blinden sehend, die Lahmen gehend, die Aussätzigen rein,
die Tauben hörend machen, die Toten auferwecken und den armen das Evangelium
predigen, das ist, die elenden, geängstigten, betrübten Herzen trösten soll.
Denn er ist von seinem Vater nicht dazu gesetzt, dass er uns um unserer Sünde
willen henken oder radbrechen soll, sondern dass er den armen Gewissen raten,
sie aufrichten, trösten und ihnen ewig helfen soll.
Die nun ihn dafür nicht ansehen, noch sich
solcher Gnade zu ihm versehen, sondern sich an ihm und seiner Lehre ärgern und
ihn verachten, wie die Juden taten und die Heuchler noch heute tun, denen wird
er zu seiner Zeit wohl steuern. Und ist
eben das der Ärgernisse eins, dass die Welt sich an der Lehre Christi ärgert, dass
sie sich nicht will auf Gottes Gnade, sondern auf ihr eigenes Werk und
Verdienst verlassen. Schilt deshalb das heilige Evangelium, es sei eine
verführerische Lehre, die gute Werke verbiete, die Leute ruchlos und wild
mache.
Zum andern ärgert sich die Welt auch in dem
an Christus, dass er so gar arm und elend ist; ebenso, dass gleichwie er das
Kreuz trägt und sich daran hängen lässt: So ermahnt er auch seine Christen, ihr
Kreuz auf sich zu nehmen und ihm so durch allerlei Anfechtung und Trübsal
nachzufolgen. Solchem ist die Welt zumal feind, scheuen sich davor und eben,
wie man sieht, wenn wir das Evangelium bekennen und um desselben willen etwas
wagen oder leiden sollen, dass viele mit Haufen dahin fallen, wie das
wurmstichige Obst im Sommer.
Zum dritten heißt das auch ein Ärgernis, wenn
wir uns mehr an unser Herz und Gewissen kehren, wie wir uns fühlen, als an das
Evangelium von Christus; das ist, wenn uns unser Tun und Lassen mehr anficht
und bekümmert als die Gnade unsers lieben HERRN Jesus Christus, im Evangelium
verkündigt, uns tröstet. Solches Ärgernis ist nicht so allgemein wie die ersten
zwei; denn die rechten Christen allein werden damit angefochten. Aber es tut
über die Maßen weh; und wo es ohne des Heiligen Geistes Hilfe und Beistand
wäre, würde unser keiner in solchem Ärgernis bestehen können.
So ist der liebe HERR Christus allenthalben
in der Welt ein ärgerlicher Prediger; wie er bald nach diesem Evangelium noch
klarer meldet, dass die Leute an diese Predigt sich stoßen und sie verachten
werden und verfolgen. Was aber die Welt für ein Urteil darum müsse ausstehen,
zeigt die schreckliche Predigt an gegen die drei Städte, Kapernaum, Chorazin
und Bethsaida; ebenso die ernste Klage Christi gegen die Juden, da er spricht:
Johannes ist ein strenger Prediger gewesen, aß nur wilden Honig und
Heuschrecken, trank nichts als Wasser, führte dazu ein sehr hartes Leben, aber
was half’s`? Ihr gabt ihm gleichwohl Schuld, er hätte den Teufel. Ich, spricht
er, esse und trinke mit jedermann und halte mich auf das allerfreundlichste zu
den Leuten; so muss ich euch ein Fresser und Weinsäufer sein, der sich zu
Zöllnern und Sündern halte. Kann also niemand mit den giftigen Schlagen, den
Heuchlern und Werkheiligen, auskommen. Lebt einer frei und tut sich freundlich
zu den Leuten, so taugt’s nicht. Führt ein anderer ein strenges und hartes
Leben, so taugt’s ebenso nicht. Wie soll man’s denn der schändlichen Welt noch
machen? Das möchte ihr gefallen, wenn man alles lobt, was sie tut, so sie doch
nichts Rechtes tut.
Solche Ärgernisse muss man leiden. Denn so
es dazumal, da der HERR Christus selbst gepredigt und mit Wunderzeichen
geregnet und geschneit hat, dass die Blinden sehend, die Tauben hörend, die
Lahmen gehend, die Aussätzigen rein, die Toten wieder lebendig sind geworden,
nicht hat helfen wollen; sondern das Wort ist gleichwohl verachtet, und er, der
liebe HERR Christus, drüber an das Kreuz geschlagen, und die Apostel aus dem
jüdischen Land verjagt worden sind und nirgends in der ganzen Welt um dieser
Predigt willen sicher haben sein können: Was wollen wir denn sehr darüber
klagen? Und was Wunder ist’s, dass die Welt das heilige Evangelium und
rechtschaffene Prediger zu unserer Zeit so verachtet und mit Füßen überhin
läuft? Ist’s doch dort Christus, unserm HERRN, selbst und den Aposteln nicht anders
gegangen, welche nicht allein das Wort führten, sondern auch treffliche große
Wunderzeichen taten, dergleichen wir nicht tun, sondern allein das bloße,
ärgerliche Wort führen.
Deshalb müssen wir uns daran gewöhnen und
es geschehen lassen. Denn dem Evangelium geht’s nie mehr anders. Es ist und
bleibt eine Predigt, daran sich stoßen nicht geringe Leute, sondern die
heiligsten, frömmsten, weisesten, gewaltigsten auf Erden, wie die Erfahrung
mitbringt. Wohl aber denen, die wissen und glauben, dass es Gottes Wort ist;
die sind genesen, getröstet und gestärkt gegen alle solche Ärgernisse. Die es
aber nicht wissen, glasen sich auf um ihrer guten Werke willen, fallen von
diesem Wort auf eigene Gerechtigkeit und halten es für eine ärgerliche und
aufrührerische Lehre. Das heißt denn angestoßen und sich geärgert. Und solches
tun, wie gesagt, die, so von der Welt für die größten Heiligen und klügsten
Leute gehalten werden. Deshalb mögen wir mit dem HERRN Christus wohl über die
blinde Welt klagen und sagen: „Wir haben euch gepfiffen, und ihr wolltet nicht
tanzen; wir haben euch geklagt, und ihr wolltet nicht weinen.“ Predigen wir das
Evangelium, so hilft’s nicht; predigen wir das Gesetz, so hilft’s ebenfalls
nicht. Man kann die arge Welt weder recht fröhlich noch recht traurig machen,
das ist, sie will sich weder zu Sündern machen noch gegen die Sünde trösten
lassen; sie will weder blind noch sehend sein, wie das Beispiel mit unsern
Widersachern, den Papisten, vor Augen ist.
[Das ist das andere Stück, das hier wohl zu
merken ist: Dass das Evangelium eine Lehre und Predigt sei für die Armen, das
ist, für die betrübten, geängsteten Gewissen, die ihr Elend und Jammer fühlen,
und sie vor Gottes Zorn und Gericht entsetzen und erschrecken; nicht für die
Reichen, die all ihr Tun und Gedanken dahin richten, dass sie hier große Ehre
und Gut mögen haben und in Freude und Wollust leben. Darum ist’s ihnen in ihren
Ohren eine seltsame, wunderliche Predigt, wenn Christus, der HERR, spricht:
„Den Armen wird das Evangelium gepredigt“, welches sie nicht begehren zu wissen
noch zu lernen, ja, halten’s für eine Narrheit; ärgern sich nicht allein daran,
sondern verfolgen’s und lästern’s als Ketzerei. Wie wir denn sehen am Papst und
seinen geistlosen Kardinälen, Bischöfen usw., auch am größten Teil der größten
und mächtigsten weltlichen Herrschaften und Potentaten, die ihm anhangen. Dass
so alles, was fromm, heilig, groß und gewaltig in der Welt ist, sich gegen das
Evangelium setzt.
Vor solchem Ärgernis, wie gesagt, warnt
Christus sein Häuflein und spricht: „Selig ist, der sich an mir nicht ärgert.“
Als sollte er sagen: Wenn ihr nun seht und erfahrt, dass die Welt sich an
meinem Wort ärgern und euch, die ihr’s bekennt, darüber verfolgen wird, so
lasst’s euch nicht irren noch anfechten, sondern gedenkt: Ist’s doch Christus,
Gottes Sohn, unserm HERRN, selbst so gegangen. Und ob er wohl so gewaltig
predigte und so viele herrliche große Wunderzeichen tat, hat’s ihm dennoch
nichts geholfen. Und dass wir ja daran denken, nicht uns der Welt Weisheit,
Herrlichkeit, Gewalt und große Menge ließen bewegen, hat er uns treu gewarnt
und ermahnt, an ihm und seinem Wort festzuhalten, da er spricht: „Selig ist,
der sich nicht an mir ärgert.“
Weil es denn unserm lieben HERRN Christus
Jesus selbst begegnet ist, dass sich sein eigenes Volk, dem er verheißen und
gesandt zum Heiland war, an ihm geärgert hat, und ob sie wohl seine herrlichen,
großen Wunderzeichen sahen, die er vor ihren Augen tat, sich dennoch durch
dieselben nicht haben lassen bewegen, seiner Predigt zu glauben und ihn
anzunehmen, ja, haben ihn gekreuzigt und ermordet usw.: So mögen wir wohl
schweigen und nicht klagen, wenn wir um des Evangeliums willen verachtet,
verlacht und verfolgt werden. Solche Lehre vom Ärgernis ist hoch vonnöten,
besonders zu unsern Zeiten, da jedermann das liebe Evangelium lästert und sich
daran ärgert.
So hat eure Liebe aus dem heutigen
Evangelium treffliche hohe Lehre, an welcher unsere Seligkeit und das ewige
Leben gelegen ist, nämlich, dass wir lernen, wie Christus ein König der Gnaden
und alles Trostes sei, der den armen, betrübten Gewissen durch sein Evangelium
freundlich zusprechen, und sie in Sünden trösten und ihnen zum ewigen Leben
helfen wolle. Denn obwohl das strenge weltliche Regiment auch Gottes Reich ist,
so ist’s doch nur sein linkes Reich, das aufhören soll. Dies aber ist sein
recht und ewig Reich, das zu uns kommt durchs Wort, wenn wir, so der Sünde und
des Todes Last drückt (denn solchen wird’s gepredigt), dasselbe annehmen und
glauben. Das tröstet und versichert uns denn, dass wir gewiss auf Christus
dahin fahren sollen und mit gewisser Zuversicht sagen: Ich glaube an meinen
HERRN Jesus Christus, der die Blinden sehend, die Lahmen gehend, die
Aussätzigen rein, die Tauben hörend und die Toten lebendig gemacht. Das Wort
habe ich, und bin deshalb gewiss, dass er mich in meinen höchsten Nöten nicht
stecken lassen, sondern mich aus dem Tod und des Teufels Reich in das ewige
Leben und Himmelreich führen wird. Denn darum ist er Mensch geworden und zu mir
auf Erden gekommen, dass er mich armen, elenden Sünder durch sein Evangelium
trösten und mir von Sünde und Tod in Ewigkeit helfen wolle usw. Alle nun, die
solches von Herzen glauben, die fahren dahin aus diesem Jammertal in die ewige
Freude und Seligkeit.] Das verleihe uns unser lieber HERR Christus, Amen.
Johannes 1,19-28: Und dies ist das Zeugnis des Johannes, da die Juden sandten
von Jerusalem Priester und Leviten, dass sie ihn fragten: Wer bist du? Und er
bekannte und leugnete nicht; und er bekannte: Ich bin nicht Christus. Und sie
fragten ihn: Was denn? Bist du Elia? Er sprach: Ich bin’s nicht. Bist du ein
Prophet? Und er antwortete: Nein. Da sprachen sie zu ihm: Was bist du denn?
dass wir Antwort geben denen, die uns gesandt haben. Was sagst du von dir
selbst? Er sprach: Ich bin eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Richtet
den Weg des HERRN! wie der Prophet Jesaja gesagt hat. Und die gesandt waren,
die waren von den Pharisäern und fragten ihn und sprachen zu ihm: Warum taufst
du denn, so du nicht Christus bist noch Elia noch ein Prophet? Johannes
antwortete ihnen und sprach: Ich taufe mit Wasser; aber er ist mitten unter
euch getreten, den ihr nicht kennt. Der der nach mir kommen wird, welcher vor
mir gewesen ist, des ich nicht wert bin, dass ich seine Schuhriemen auflöse.
Dies geschah zu Bethabara, jenseits des Jordans, da Johannes taufte.
1. Dies ist auch der schönen, herrlichen
Evangelien eins von dem höchsten Artikel unsers Glaubens, da man nicht lehrt
von den Zehn Geboten oder war wir tun sollen; sondern von einer höheren Sache,
nämlich, was Christus sei und was er getan habe. Denn Johannes rühmt ihn so
hoch, dass, ob er gleich ein sehr heiliges Leben führt, [er] dennoch frei
bekennt und sagt: „Ich bin nicht wert, dass ich ihm seine Schuhriemen auflöse.“
Ist deshalb fast die Meinung mit dem Evangelium vor acht Tagen, außer dass hier
andere Worte und Personen sind.
2. Denn vor acht Tagen hat eure Liebe
gehört, wie die ganze Macht daran liege, dass man dieser Person, Christus
Jesus, nicht fehle, sondern ihn annehme, nicht vorübergehe noch auf andere
gaffe. Denn wer ihn trifft, der findet Erlösung von Sünden, Tod und Hölle. Denn
so hat’s Gott beschlossen, dass in Christus alle Fülle wohnen und er alles gar
sein soll. Er ist der Weg und die Wahrheit und das Leben. Durch ich allein sind
alle Patriarchen, Propheten, Apostel und Heilige selig geworden, von Anfang der
Welt her. Solches weiß Johannes, weist deshalb seine Jünger zu ihm, dass sie
solchen Schatz nicht versäumen.
3. Nun aber, wenn wir uns danach nicht
richten, ist daran der Mangel, dass wir uns nach Gottes Wort nicht halten, sondern
es aus der Acht lassen und mancherlei Weise und Wege vornehmen, in den Himmel
zu kommen. Einer läuft in ein Kloster, wie im Papsttum zu sehen, wird ein
Mönch; der andere fastet; der dritte sucht diese oder jenes andern Heiligen
Fürbitte; dass also jedermann eine besondere Weise sucht und einen eigenen Weg,
um in den Himmel zu kommen. Solchem Unrat und schädlichem Vornehmen zu wehren,
hat Gott ernstlich seinem Volk sein Wort gegeben und getröstet, er wolle ihnen
helfen durch des Weibes Samen, das ist, durch seinen Sohn Jesus Christus. Wer
den gefehlt hat, der hat die Seligkeit verfehlt, ob er sich gleich zu Tode
gefastet und zum Narren gebetet hätte. Wiederum, wer ihn mit Glauben hat
angenommen und sich auf ihn verlassen, der hat Vergebung der Sünden und ewige
Seligkeit gefunden und hat ihn weder Sünde noch Teufel daran hindern können.
4. Diesem Weg sind alle heiligen
Patriarchen und Propheten gefolgt und sind durch den Glauben an Christus selig
geworden. Denn so jemand durch heiliges Leben sollte zum Himmel gekommen sein,
sollten’s billig die lieben heiligen Propheten gewesen sein, so um Gottes
willen in der bösen, argen Welt über die Maßen viel getan und erlitten haben.
Aber sie verzagen alle an ihrer Heiligkeit und hängen sich mit festem Vertrauen
an den verheißenen, gebenedeiten Samen, der der Schlangen Kopf zertreten soll.
5. Der größte Teil der Juden aber zu
Christi Zeiten wollte diesen Weg nicht befolgen, dachte: Was sollte dieser
Zimmerknecht können? Wir müssen uns nach dem Gesetz halten, fasten, opfern,
Almosen geben; das wird der beste und nächste Weg zum Himmel sein; dieser
Bettler kann nicht helfen. Denn Christus ist ganz und gar armselig und elend
gewesen, dass, wer an die Wunderzeichen und seine Predigt sich nicht gehalten,
der hat sonst nichts on ihm gefunden, das ein Ansehen hätte.
6. Auf dass nun die Juden nicht ihn ließen
vorübergehen und sein nicht gewahr würden, ordnete es Gott, der barmherzige
Vater so, dass der liebe Johannes, wie ein Trompeter vor dem Fürsten, vor dem
HERRN Christus herziehen und die Posaune sein sollte. Wenn sie nun die hörten,
dass sie alsdann die Augen auftäten und sähen auf den, der nun bald auf dem Fuß
ihm folgen sollte, der würde der rechte Mann sein.
7. Darum, da die Juden hier eine Delegation
zu ihm abfertigen und fragen ihn: Ob er Christus, Elia oder ein Prophet sei?
antwortet er: „Ich bin’s nicht.“ Als sie aber anhalten: „Was bist du denn? Was
sagst du von dir selbst?“ da antwortet er: Ich will’s euch sagen: „Ich bin eine
rufende stimme in der Wüste: Bereitet den Weg des HERRN“; das ist, ich bin der
Trompeter vor dem Fürsten her. Darum hört fleißig meiner Predigt zu; denn er
wird bald nach mir kommen, der vor mir war, und euch mit dem Heiligen Geist
taufen, da ich als ein Diener nur mit Wasser kann taufen. Er ist mitten unter
euch getreten; aber ihr kennt ihn nicht.
8. Darum ist dies mein Amt, dazu ich
gesandt bin, dass ich eine rufende Stimme oder ein Prediger in der Wüste sein
soll, auf dass, wenn ihr den Schall meiner Posaune hört, dass ihr wisst, er sei
da. Denn ich bin die rufende Stimme und der Prediger, darauf ihr sollt hören.
Der Nächste nun, der nach mir kommt, der ist’s, wie Jesaja auch weissagt im 40.
Kapitel, V. 3: Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem HERRN
den Weg, macht auf dem Gefilde eine ebene Bahn unserm HERRN.“ Dieser, sagt
Johannes, bin ich, der euch solches soll ansagen. Darum seht darauf, er ist
bereits unter euch, aber ihr kennt ihn nicht; Ich aber soll’s euch lehren, dass
ihr ihn kennt und annehmt. Denn der nächste Prediger, der nach mir wird
aufstehen, der ist’s gewiss; ich bin nur der Vorbote. Solches Amt führe ich
jetzt und predige. Er predigt noch nicht; aber bald nach mir wird er sich hören
lassen: So schaut nun, dass ihr ihn nicht verfehlt und ja wohl Acht auf ihn
habt.
9. Wie Johannes gepredigt hat, so ist’s
gegangen. Denn flugs nach seiner Taufe hat Christus sich mit Wunderzeichen in
Galiläa lassen sehen, hat zwölf Apostel und sonst 72 Jünger ausgesandt und sie
predigen heißen: Das Himmelreich sei herbei gekommen, das ist, Christus sei
vorhanden und sei eben der, von dem er zeuge; n denselben hängt euch und nehmt
ihn an, so könnt ihr nicht fehlen. Nach mir wird er kommen, aber er war vor
mir. Denn Johannes ist ein halbes Jahr älter gewesen als Christus der HERR,
dennoch sagt er: Er war vor mir. Solches war vor den Juden ein lästerliches
Wort gewesen, wenn sie es dazumal verstanden hätten; wie man sieht Joh. 8,58,
da er spricht: „Ehe denn Abraham war, bin ich.“ Denn es ist so viel gesagt,
dass dieser Mensch, ehe er auf Erden geboren, in Ewigkeit wahrer Gottes Sohn
gewesen sei. Solches haben die Juden damals nicht verstanden. Aber Johannes
hat’s gewiss mit diesen Worten so gemeint und die göttliche Herrlichkeit der
Person rühmen wollen; wie er auch damit genug zu verstehen gibt, da er spricht:
„Ich bin nicht wert, dass ich seine Schuhriemen auflöse.“
10. Da sollten die Juden ihm zugefallen und
gedacht haben: Was wird doch das für ein Mann sein, was für eine Person, vor
der sich Johannes so tief demütigt und sagt: Er sei nicht wert, dass er ihm im
Geringsten dienen soll? Lieber Johannes, sollst du es nicht wert sein? Ja, ich,
ich, spricht er, bin’s nicht wert; ich sei sonst wer ich wolle, so bin ich doch
gegen diesen Mann nichts. Wirft also alle seine Heiligkeit von sich und sagt:
Er wollte sich an dem genügen lassen, wenn er diesen Mann nur so fern genießen
könnte, dass er ihm die Schuhe wischen sollte.
11. Auf dass nun die Juden nicht dächten,
er demütige sich gar zu viel, da er die Taufe angerichtet und ein besonderer
Prediger war, unterrichtet er sie fein wegen solcher Taufe und spricht: Ich
habe eben die Zeichen bei mir, wie die andern Propheten. Jeremia trug ein
hölzernes Joch; Jesaja ging barfuß und nackend, da er den Ägyptern und Mohren
weissagt, wie sie sollten von Feinden geplündert und ausgezogen werden, Jes.
20. So, spricht Johannes, führte ich auch eine neue Predigt und neue Zeichen,
ich predige: Ihr sollt dem HERRN den Weg bereiten. Solches dürfte ich nicht
predigen, wenn der Weg zuvor bereitet wäre. Danach wasche und taufe ich euch,
zum Zeichen, dass ihr unrein und unflätig seid. Solches Baden hebe ich an, aber
er wird euch ein anderes und besseres Bad zurichten und euch mit dem Heiligen
Geist taufen.
12. So ist’s nun alles zumal dahin
gerichtet, dass sie diesen Mann nicht sollen lassen vorübergehen, sondern an
des Johannes Predigt denken. Siehe, Johannes hat uns gesagt von einem, der nach
ihm werde auftreten; der wird’s gewiss sein, der mit Predigen und Zeichen sich
jetzt so gewaltig sehen lässt.
13. Aber was geschah? Johannes hörten sie
wohl; aber sie glaubten seinem Zeugnis nicht, ja, richteten sie beide hin,
Christus und seinen Vorläufer, hieben Johannes den Kopf ab und kreuzigten
Christus, davon Johannes so treu gepredigt und jedermann ihn anzunehmen ermahnt
hatte. Solche Frommen sind sie je und je gewesen, die nicht allein der
Propheten Predigt verachtet, sie verfolgt und drüber tot geschlagen, sondern
hernach auch Christus den HERRN selbst, den sie verkündigten, gekreuzigt haben.
14. Heute geht’s ebenso zu; denn Christus
muss doch gekreuzigt werden, nicht allein in eigener Person, sondern auch in
seinen Gliedern. Wir wollten gern jedermann auf den rechten Weg der Seligkeit
mit Johannes weisen, sagen: Es sei außerhalb Christi keine Vergebung der Sünde
noch ewiges Leben. Aber was geschieht? Je greulicher wir die Leute von eigenen
Werken, als von einem falschen Grund, auf den rechten Felsen Christus weisen,
je heftiger unser Gegenteil uns verketzert und verdammt. Denn solches stimmt
mit ihrer Lehre nicht überein, wie jedermann weiß. Sie weisen in die Klöster,
lesen Messe, halten Seelmessen und Vigilien, stiften Gottesdienste, laufen
Wallfahrten, kaufen Ablass usw. Das heißt aber nicht auf Christus gewiesen,
sondern neben Christus andere Wege, in den Himmel zu kommen, suchen. Dagegen
reden wir und ermahnen die Leute, sich an des Johannes Zeugnis zu halten, der
auf Christus weist. Das ist dem Papst und seinem Haufen unleidlich, verdammen
uns darüber als Ketzer, und wo sie können, würden sie freilich an ihrem Willen
es nicht mangeln lassen, uns eben so zu lohnen und zu danken, wie die Juden dem
heiligen Johannes.
15. Warum aber sind sie uns so feind und
können uns so gar nicht leiden? Um keiner andern Ursache willen, als dass wir
mit Johannes predigen, sie sollen sich demütigen vor Christus und sich mit all
ihrem Gottesdienst und guten Werken nicht wert achten, dass sie ihm die Schuhe
auswischen. Denn das müssen sie je selbst bekennen, Johannes sei viel heiliger
gewesen als sie; dennoch spricht er: Ich will solche Heiligkeit nicht ansehen,
könnte ich nur zu der Gnade kommen, dass ich ihm seine Schuhe sollte abziehen
oder wischen, da sollte mir dran genügen. Solche Demut wollten wir gern durchs
Evangelium bei jedermann anrichten, ermahnen deshalb, unserm Amt nach,
jedermann, er soll sich vor Sünden hüten und fromm sein, doch auf solche
Frömmigkeit keinen Trost vor Gott setzen; sondern soll, wie Johannes, seine
guten Werke und ehrbares Leben als einen Schuhlumpen achten gegen die hohe,
reine, vollkommene und große Gerechtigkeit, die unser lieber HERR Christus
durch sein Leiden und Sterben uns verdient hat.
16. Aber Papst und Bischöfe, Mönche und
Pfaffen wollen nicht hernach. Ursache, sie wollen und können das Vertrauen auf
ihre und der verstorbenen Heiligen Verdienst nicht fallen lassen. Darum
begehren sie nicht teilhaftig zu sein unsers HERRN Christus Wohltat und
Verdienst, will schweigen, dass sie sich damit trösten sollten, wie
gottesfürchtige Herzen, so ihre Sünde fühlen und vor Gottes Zorn und Gericht
erschrecken, tun; ja, schreien noch dazu, als wahnsinnige Leute, die nie
gedacht, viel weniger gefühlt haben, was Sünde und Tod sei: Der Mensch werde
nicht allein durch den Glauben gerecht, die Werke tun auch etwas dabei. Wollen
also die Gerechtigkeit Christi nicht lassen ihren Schatz sein, wie Johannes,
der alle seine Heiligkeit von sich wirft, will sie nicht so viel lassen gelten
wie einen Lumpen, da man unreine Schuhe mit auswischt; das, wie gesagt, will
der Papst mit seinem Haufen nicht eingehen, heben ihre Werke so hoch, dass sie
sich des ewigen Lebens wert achten. Darum können sie in keinem Wege leiden,
dass man ihre Gottesdienste und Heiligkeit alten Lumpen soll vergleichen; ja,
sie lassen sich dünken, Christus müsse es froh werden, wenn sie sich darin
üben, ihm zu Ehren und Dienst.
17. Darum soll sich niemand daran ärgern,
dass die Papisten zu unserer Zeit das Evangelium verachten und verfolgen. Es
ist Johannes, Christus und den Aposteln zu ihrer Zeit selbst so begegnet, dass
ihre Lehre nicht allein verachtet ist worden, sondern sie allzumal drüber
verfolgt und jämmerlich dahin gerichtet sind usw. Nun, die Juden haben ihre
Strafe empfangen, unsere Verächter und Lästerer werden ihrer Strafe auch nicht
entgehen.
18. Dagegen lasst uns Gott danken für seine
Gnade, dass wir das reine Wort wieder haben; und aufs erste vornehmlich auf
Johannes Wort Acht haben, da er spricht: „Bereitet den Weg dem HERRN“; ebenso:
„Er ist mitten unter euch getreten“ usw.; und bald hernach: „Siehe, das ist
Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.“ Da sagt er nichts von unsern
Werken, Verdiensten usw., sondern weist uns stracks zu auf Christus, in dem
wir’s alles finden und haben.
19. Danach sollen wir auch das Beispiel
seiner Demut mit Fleiß merken, dass er heilige Mann, welcher, wie Christus
zeugt, seinesgleichen unter allen, so von Frauen geboren sind, nicht hat (so
werden ihm freilich alle Mönche und Pfaffen, die je unter dem Papsttum gewesen,
mit aller ihrer Heiligkeit das Wasser nicht reichen können), sich so tief
herunterlässt und demütigt, dass er sagt: Er sei mit aller seiner Heiligkeit
und guten Werken nicht wert, dass er sich vor dem HERRN Christus bücke und
seine Schuhriemen auflöse. Das lass ein Beispiel der Demut in Johannes sein,
dass wir dieses nicht allein wohl beachten, sondern auch ihm nachfolgen
sollten.
20. Gute Werke sollen wir tun und dieser
uns aufs höchste befleißigen, denn Gott hat’s geheißen und befohlen in den Zehn
Geboten; die hat er je nicht vergebens vom Himmel herab gegeben. Es ist sein
Wort, darum will er’s gehalten haben. Deshalb befleißige sich nur jedermann
nach dem Besten, dass er danach lebe und so sich gehorsam und dankbar gegen
Gott erzeige, der uns seinen lieben Sohn geschenkt hat, welcher sich um
unsertwillen erniedrigt hat und gehorsam geworden ist bis zum Tod, ja, zum Tod
am Kreuz, daran er für aller Welt Sünde genug getan hat. Auf des Mannes
Gehorsam und Werk verlasse dich und baue fest darauf und wirf ihm alles, was du
je Gutes getan hast, vor seine Füße und bekenne nur von Herzen mit Johannes, es
sei nicht wert, dass du Christus die Schuhe damit wischst.
21. Vor den Menschen ist’s wohl ein feines,
sauberes, schönes Tuch, Kleinod und Tugend, dass du kein Ehebrecher, kein Dieb,
kein Mörder bist, dass du Almosen gibst, in deinem Amt fleißig bist usw.; das
mag und soll man in der Welt bei den Menschen rühmen und für Samt, seidene und
goldene Stücke halten. Aber wenn’s vor unsern HERRN Gott und sein Gericht
kommt, so sprich: Vor dir, HERR, ist mein bester Samt und goldenes Stück ärger
als ein Haderlumpen. Deshalb richte mich nicht nach meinen Werken, will sie
gern deine alten Lumpen sein lassen, und wollte Gott, dass ich’s nur möchte
wert sein, ich wollte mich gern daran genügen lassen.
22. So tut der heilige Paulus auch, Phil.
3,5-7: „Ich“, spricht er, „bin ein Israeliter, nach dem Gesetz ein Pharisäer
und nach der Gerechtigkeit im Gesetz unsträflich“, dass mich kein Mensch kann
strafen. Das lasse etwas Besonderes sein, wenn sich vor den Leuten jemand so
rühmen kann. „Dennoch achte ich“, spricht er, „alle diese Heiligkeit nun, um
Christi willen, für Schaden und Dreck“, und ist meine höchste Freude und bester
Trost, dass ich soll erfunden werden, nicht in meiner Gerechtigkeit, die aus dem
Gesetz ist; sondern in der Gerechtigkeit, die durch den Glauben an Christus
kommt, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird. Dass ich nun solche
Gerechtigkeit meines HERRN genießen könne, achte ich alle meine Gerechtigkeit
für Dreck. Hier macht’s Paulus noch gröber als Johannes; der beschneidet es
doch, heißt seine guten Werke einen Schuhlumpen; Paulus aber heißts Kot und
Dreck. Das ist ja unflätig genug von unserm heiligen Leben geredet.
23. Wir sollen aber solche Exempel uns
besonders lassen befohlen sein, wohl merken und ernstlich uns befleißigen, dass
wir vor der Welt in aller Zucht und Ehrbarkeit leben, dass die Leute nichts
über uns zu klagen haben. Solches gehört in dieses Leben, hier auf Erden, und
hört auch hier auf, wie man sieht: Einen frommen Mann verscharrt man ebenso
wohl wie einen Schalk; eine fromme Frau ebenso wohl wie eine Hure. Wenn’s aber
zu jenem und dem ewigen Leben kommen soll, so lerne sprechen: Ich halte mich an
meinen HERRN Christus und an seine Heiligkeit, die er in der Taufe, im Wort und
Sakrament mit verheißt und schenkt; dabei will ich mich lassen finden, wie ein
armes Würmlein usw. Auf dass man so einen Unterschied mache zwischen unserm
zeitlichen Leben und Heiligkeit und dem ewigen Leben der Heiligkeit, die vor
Gott gilt.
24. Die Heiden haben auch sich in seiner
Zucht und Ehrbarkeit gehalten und viel um des Vaterlandes willen getan und
gelitten; darum sie auch billig zu rühmen sind. Aber hier, wenn der Tod kommt,
da scheidet sich’s; da bleibt all unser Tun und Leiden dahinten, denn dadurch
erlangen wir nicht Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit usw. Wo sollen wir aber
alsdann die Gerechtigkeit und Heiligkeit nehmen, die vor Gott und im ewigen
Leben gelten? Da heißt’s so, dass wir mit Johannes uns demütigen und sagen: HERR,
hier kommt ein armes Lümplein, ein altes, zerrissenes, garstiges Häderlein,
oder wie Paulus sagt, ein stinkender Dreck. Vor der Welt mag’s wohl Bisam, Samt
und ein goldenes Stück sein; aber vor dir, HERR, lasse mich einen alten Lumpen
sein, da ich deinem Sohn die Schuhe mit wische, und schenke mit seine
Gerechtigkeit, der samt seiner Gerechtigkeit mein edelster und teuerster Schatz
ist. Denn ich weiß, dass ich durch ihn und seine Gerechtigkeit ins Himmelreich
komme; da ich durch meine Heiligkeit müsste in den Abgrund der Hölle fahren.
25. Daraus folgt, dass wir frei rund müssen
schließen, dass Mönche, Pfaffen, Klöster und was dergleichen mag genannt
werden, alles zum Teufel und in die Hölle gehöre. Denn sie sehen mit ihren
guten Werken nicht dahin, dass sie Gott den schuldigen Gehorsam leisten und
niemand ärgerlich seien; sondern dass sie damit dort gedenken selig zu werden.
Darum verkaufen sie auch ihre guten Werke andern Leuten. Das heißt aber
Christus gar verleugnen, ja, sein spotten und ihn so verachten, wie die Juden
sein spotteten und ihn verachteten. Vor solchem Greuel sollen wir uns hüten und
hier lernen, wie wir solchen Verführern begegnen können, dass wir zu ihnen
sagen: Du armer Mensch, unterstehst du dich, mich mit deinen dreckigen Werken und
Heiligkeit selig zu machen? Haben’s doch Johannes, Paulus, Petrus und andere
Heiligen nicht tun können; sonst würden sie selbst nicht so gering von ihrer
Heiligkeit gehalten und gepredigt haben. Wenn man die Klöster noch gebrauchte
für Erziehungsanstalten, dass man junge Knaben darin aufzöge und in der Schrift
studieren ließe, so wäre es ein sehr feiner, köstlicher und nützlicher Brauch.
Aber dazu will es der Papst und sein gottloser Haufen nicht kommen lassen;
sondern sie weisen jedermann mit solchem Klosterleben in den Himmel. Sie werden
aber gewiss einen solchen Himmel damit finden, da die Flamme und das Feuer zum
Fenster herausschlägt. Darum wäre es viel besser, dass man solche Klöster zu
Grunde umkehrte, als dass die Leute so von Christus abgewiesen und an Seele und
Leib beschädigt werden.
26. So lerne nun zusammenfassend aus dem
heutigen Evangelium, dass wir unter und bei den Leuten sollen züchtig und
ehrbar leben, in guten Werken fleißig und emsig sein und niemand ärgerlich
sein. Solchen Gehorsam fordert Gott durch sein Gesetz und will ihn von uns
haben; und wo wir ihn nicht leisten, will er mit dem Henker, mit dem Schwert
und zuletzt auch mit dem höllischen Feuer drein schlagen. Solches zu tun, sage
ich, sind wir schuldig aus Gottes Befehl gegen die Leute. Aber wenn du vor Gott
kommst, so spricht: HERR, meiner Heiligkeit und Werke haben bin ich verloren.
Begehre deshalb, dass ich möge ein alter Lumpen sein, zu den Füßen meines HERRN
Christus. Denn ich meines Lebens halben anderes nicht wert bin, als dass er
mich in die Hölle werfe. Aber ich begehre seine Heiligkeit, dass er mich
heiligen wolle mit einer andern, bessern und ewigen Heiligkeit; so komme ich
gewiss in das ewige Leben.
[27. Solches wollen weder Papst noch
Bischöfe hören; denn sie sehen wohl, was daraus folgen würde, nämlich dass
Stufte und Klöster, Messe und all ihr falscher Gottesdienst nicht lange stehen
würden; darum halten sie so steif darüber: Der mehr ums Bauchs willen, der
andere und geringere Teil darum, dass sie dadurch hoffen, selig zu werden.
Solches tut Johannes nicht, Paulus auch nicht, die wollen ihre Gerechtigkeit
und Heiligkeit nicht behalten. So sollen auch alle Christen tun, mit Paulus
sagen: Meine Heiligkeit ist ein stinkender Unflat und Dreck; und mit Johannes:
Meine Heiligkeit ist ein Lumpen, wenn ich sie gegen die Heiligkeit und Werke
Christi will rechnen. Aber die Papisten wollen weder Kot noch Lumpen in ihren
Messen, Gelübden, Fasten, Beten sein, schlagen uns darüber tot, dass wir’s
nicht mit ihnen halten und die Leute auf einen andern und bessern Weg weisen.
Wohlan, es ist ein Otterngezücht, da nimmermehr etwas Gutes aus wachsen kann,
sie werden es finden, was sie suchen. Lasst aber uns ja sehen auf den Mund und
Finger des Johannes, da er uns mit zeugt und weist, auf dass wir unsern HERRN
und Seligmacher, Jesus Christus, nicht übersehen und seiner nicht verfehlen, da
er so fleißig und treu uns leitet und weist, dass wir selig werden.
28. Dies ist die wichtigste Lehre aus dem
heutigen Evangelium, da Johannes so fleißig von sich zu dem HERRN Christus
weist, sich so hoch demütigt und Christus so empor hebt und rühmt. Das andere
Stück, dass die Pharisäer und Hohenpriester zu Johannes schicken, und ihm das
Taufen und Predigen sich unterstehen niederzulegen und zu verbieten, weil er
selbst sagt: Er sei weder Christus noch Elia noch ein Prophet; ebenso, dass er
einen Unterschied macht zwischen seiner Taufe, damit er tauft, wie ein Knecht,
und der Taufe Christi, der selbst der HERR ist und den Geist allein geben kann:
Solche zwei Stücke sind für den gemeinen Mann etwas zu hoch; außer dass man
dennoch dies daraus lernen und merken soll, wie die Welt, und besonders, was in
der Welt weise und hoch ist, Gottes Wort feind ist, und wollten sie gern
dämpfen und unterdrücken, wie die Hohenpriester und Pharisäer hier tun. Aber
Johannes hat einen rechten Eliageist und -kraft, dass ist, ein unerschrockenes
Herz, lässt sich weder Predigen noch Taufen verbieten, bis ihn Herodes bei dem
Kopf nimmt und in den Turm wirft und ihm endlich den Kopf abhauen lässt. Das
leidet er um Gottes willen gern und geduldig, der Hoffnung, dass er durch
seinen HERRN und Erlöser Christus einen gnädigen Gott und das ewige Leben haben
werde.] Das verleihe uns unser lieber HERR Gott und Vater durch seinen Sohn
Jesus Christus, Amen.
Lukas 2,1-15: Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot vom Kaiser
Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die
allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war. Und
jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein. jeglicher in seine Stadt. Da
machte sich auch auf Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das
jüdische Land zur Stadt Davids die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem
Haus und Geschlecht Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria,
seiner vertrauten Frau, die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die
Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn
in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in
der Herberge. Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den
Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. und siehe des HERRN Engel trat zu
ihnen, und die Klarheit des HERRN leuchtete um sie, und sie fürchteten sich
sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige
euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der
Heiland geboren, welcher ist Christus, der HERR, in der Stadt Davids. Und das
habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer
Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen
Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede
auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!
1. Dies Fest von der Geburt unsers lieben
HERRN Jesus Christus ist vornehmlich um der Ursache willen unter den Christen
eingesetzt, dass man die Geschichte predigen und wohl lernen soll, dass sie bei
dem jungen Volk und gemeinen Mann im Gedächtnis bleibe, dass sie es wohl in das
Herz bilden und ihren Erlöser recht lernen erkennen. Denn ob man es jährlich
sagt, so lässt es sich doch nicht gar auspredigen noch auslernen. Wo0llen
deshalb das Evangelium in zwei Stücke teilen. Erstens die Geschichte erzählen
aufs Einfältigste, wie sie ergangen; danach hören, was die lieben Engel davon
predigen und singen.
2. Das erste Stück in der Geschichte ist
dies: Dass Christus geboren ist eben zu der Zeit, da unter dem Kaiser Augustus
zum ersten Mal die Juden und ihr Vermögen geschätzt sind worden. Da hat unser
lieber HERR Jesus Christus zu regieren, wiewohl heimlich, in der Welt
angefangen, und muss ihm der große Kaiser Augustus samt seinem Reich dienen,
wiewohl unwissend, und die Ursache mit seinem Gebot dazu geben, dass die
Jungfrau Maria samt ihrem vertrauten Mann Joseph nach Bethlehem reisen, und wie
die Propheten zuvor geweissagt hatten, den Heiland der Welt daselbst an das
Licht bringen. Sonst, wo solches durchs Kaisers Gebot nicht so verursacht wäre,
würden Joseph und Maria wohl daheim geblieben sein. Aber Christus wollte zu
Bethlehem geboren werden, darum muss der Kaiser dazu Ursache geben und so dem
HERRN Christus zu seiner Geburt dienen; wiewohl weder der Kaiser noch die Welt
etwas davon wussten. Denn sonst ist die Welt wohl so böse und untreu, dass sie
es lieber gehindert als gefördert hätte. Aber Gott führt sein Regiment so, dass
sie unwissend zuweilen tun muss, da man sie wissend nicht mehr hin könnte
bringen.
3. Als sie nun, dem Kaiser Gehorsam zu
leisten, aus Galiläa nach Bethlehem im Judäa gekommen sind, sagt der
Evangelist, sei die Zeit vorhanden gewesen, dass die Jungfrau Maria gebären
sollte. Da ist doch gar all Ding ungerüstet und ungeschickt. Siehe, die zwei
Eheleutlein sind in einem fremden Land, in einer fremden Stadt, da sie weder
Haus noch Hof haben, und ob sie schon, wie es kaum gefehlt hat, Verwandte da
haben, so haben doch dieselben sie für nichts geachtet. Über das alles war die
Stadt dazumal so voll, dass, wie der Evangelist sagt, sie keinen Raum hatten in
der Herberge, müssen deshalb in den Kuhstall und sich da wie die armen Leutlein
behelfen. Da wird weder Bettstelle, leinernes Bettuch, Polster, Kissen noch
Federdecke gewesen sein; ein Bund Stroh hat da müssen das Beste tun,dass sie
bei dem lieben Vieh sich ein Ruhestättlein gemacht haben. Daselbst im harten
Winter bei Nacht wird die edle, gebenedeite Frucht, das Kindlein Jesus,
geboren.
4. Die ist kurz die Geschichte, welche ohne
Zweifel der Evangelist so eigentlich uns hat wollen vormalen, die wir sonst so
kalt sind, ob er doch ein wenig unsere Herzen erwärmen könnte, weil unser
Heiland so elend auf diese Welt geboren ist. Bethlehem wäre wohl wert gewesen,
dass es dazumal in den Abgrund der Hölle versunken wäre, da es nicht so viel
Ehre seinem Heiland bewiesen, dass sie ihm irgendein Mültern zur Wiege oder
einen Bankpfühl für ein Kissen leiht. Seine Wiege ist erstlich der lieben
Mutter Schoß, danach die krippe oder Kuhbarn. So wiegt man das Kindlein ein.
Die arme Kindbetterin, will sie sich nicht erkälten, so mag sie sich mit ihrem
Mäntelein und andern geringen Gerätlein, die sie mitgehabt, decken; denn hier
ist niemand, der Kind oder Mutter etwas leihen, ihnen dienen oder mit dem
Geringsten helfen wollte.
5. Warum malt doch der Evangelist diese
Geburt so arm und elend? Darum, dass du daran denken und nimmermehr vergessen
sollst, und dir’s auch lässt zu Herzen gehen, und besonders, weil du hier
hörst, es sei dir zu gut geschehen, dass du darüber fröhlich und Gott auch
dankbar seist. Es ist eben eine weite Reise von Nazareth aus Galiläa nach
Bethlehem, ja, so weit wie aus Sachsen nach Franken [Rastatt nach Freiburg],
wenn nicht weiter. Da ist wohl zu bedenken, dass sie nicht viel Hausrat
mitgeführt oder getragen haben. So werden die Windeln oder was sonst zu solchem
Handel gehört, auch nicht sehr köstlich gewesen sein, dass sie das Kindlein
vielleicht in ihren Schurz oder Hemd eingewickelt und in die Krippe gelegt hat.
Denn sie hat es nicht immer im Schoß können haben, hat ihm die Tüchlein wärmen,
damit ein Bettlein machen und anderes tun müssen. Indes hat sich das liebe
Kindlein in der Krippe im Stroh und Heu behelfen müssen. Joseph hat auch müssen
das Beste tun und kann wohl sein, dass irgendeine Magd im Haus mit Wasserholen
und anderem ihnen gedient habe, als in einer Not, da jedermann zu helfen soll
willig sein. Aber solches ist nicht geschrieben. Und ist wohl zu vermuten, ob
man schon gesagt hat, es sei eine junge Frau im Kuhstall gelegen, dass sich
ihrer doch niemand angenommen habe.
6. Pfui dir, du schändliches Bethlehem,
dass du sich so hart und unbarmherzig gegen deinen Heiland stellst, dass du ihm
auch den geringsten Dienst nicht erzeigst! Hättest besser verdient die Strafe
als Sodom usw., dass Schwefel und Feuer vom Himmel herab geregnet hätte und
dich zu Grunde vertilgt. Denn obgleich die Jungfrau Maria eine Bettlerin oder,
mit Züchten zu reden, eine unehrliche Frau gewesen, die ihre Ehre hintan
gesetzt, so sollte man doch in solcher not und Zeit, ihr zu dienen willig und
geneigt sein gewesen. Ja wohl, da wird nichts draus, dies Kindlein muss in
Tüchlein gewickelt und in eine Krippe gelegt werden, da bleibts bei. So soll
dieser HERR auf Erden empfangen werden, da die andern prassen, fressen, große
Pracht treiben mit schönen Kleidern, herrlichen Häusern usw.
7.
Dies ist das erste Stück von der Geschichte, welche uns darum so ist
vorgeschrieben, dass wir sollen lernen das Bild in das Herz fassen, wie unser
lieber HERR Jesus so elend in dieser Welt geboren sei, auf dass wir lernen,
Gott für solche treffliche Wohltat zu danken und zu loben, dass wir armen,
elenden, ja, auch verdammten Menschen heute so zu großen Ehren kommen, dass wir
ein Fleisch und Blut mit dem Sohn Gottes geworden sind. Denn eben der ewige
Sohn des ewigen Vaters, durch welchen Himmel und Erde aus nichts erschaffen
ist, der ist, wie wir hören, ein Mensch geworden und auf die Welt geboren wie
wir, außer dass es mit ihm ohne alle Sünde ist zugegangen. Deshalb können wir
rühmen, dass Gott unser Bruder, ja, unser Fleisch und Blut sei geworden. Diese
große Ehre ist nicht den Engeln, sondern uns Menschen widerfahren. Deshalb,
obwohl die Engel eine herrlichere Kreatur sind als wir, so hat doch Gott uns
mehr und höher geehrt und sich näher zu uns getan, als zu Engeln, da er nicht
ein Engel, sondern ein Mensch geworden ist. Wenn nun wir Menschen solches recht
bedenken und von Herzen glauben könnten, so sollte gewiss solche
unaussprechliche Gnade und Wohltat unsers lieben HERRN Gottes eine hohe große
Freude machen und uns treiben, dass wir Gott von Herzen dafür dankten, ihn
liebten und gern an seinen Willen würden halten.
8. Im Papsttum hat man eine Geschichte
gesagt: Es sei der Teufel auf eine Zeit in eine Kirche zur Messe gekommen, und
da man im Patrem die Worte gesungen habe: „Et homo factus est, Gottes Sohn ist
Mensch geworden“, und die Leute gestanden und nicht haben niedergekniet, habe
er einen aufs Maul geschlagen und ihn gescholten und gesagt: Du grober Schelm,
schämst du dich nicht, dass du so stehst wie ein Stock und nicht vor Freuden
niederfällst? Wenn Gottes Sohn unser Bruder geworden wäre wie euer, wüssten wir
nicht, wo wir vor Freuden bleiben sollten. Ich achte nicht, dass es wahr sei;
denn der Teufel ist uns und dem HERRN Christus zu sehr feind: Aber das ist
gewiss wahr, der es so gedichtet hat, der hat einen hohen Geist gehabt und die
große Ehre wohl verstanden, welche uns ist widerfahren in dem, dass Gottes Sohn
ist Mensch geworden: Nicht wie Eva oder Adam, die aus Erden sind gemacht
worden; sondern er ist uns noch näher verwandt, da er aus dem Fleisch und Blut
der Jungfrau Maria geboren ist, wie andere Menschen, außer dass sie, die
Jungfrau, allein gewesen und vom Heiligen Geist geheiligt, ohne Sünde und vom
Heiligen Geist diese gebenedeite Frucht empfangen hat. Außer diesem ist er uns
gleich und ein rechter natürlicher Frauensohn.
9. Adam und Eva sind nicht geboren, sondern
geschaffen. Denn Adam hat Gott aus der Erde gemacht; die Frau aber aus seiner
Rippe. Wieviel aber ist Christus uns näher als die Eva ihrem Mann Adam, da er
unser Fleisch und Blut ist? Solche Ehre sollten wir hoch achten und wohl in
unsere Herzen bilden, dass der Sohn Gottes ist Fleisch geworden und gar kein
Unterschied zwischen seinem und unserem Fleisch ist, außer dass sein Fleisch
ohne Sünde ist. … Außer dem ist alles natürlich an ihm gewesen, wie an andern
Menschen: Dass er gegessen, getrunken, ihn gehungert, gedürstet, gefroren hat,
wie andere Menschen. Solche und dergleichen natürliche Gebrechen, welche der
Sünden halben auf uns geerbt sind, hat er, der ohne Sünde war, getragen und
gehabt, wie wir, wie St. Paulus sagt: Er sei erfunden in allem ein Mensch wie
wir, der gegessen, getrunken, fröhlich und traurig gewesen ist.
10. Das heißt ja so tief sich demütigen und
herunterlassen. Denn er hätte es wohl können machen, dass er wäre ein Mensch
geworden, wie er jetzt im Himmel ist, dass er Fleisch und Blut hat wie wir; tut
aber nicht, was wir tun. Solches hätte er wohl von Anfang können tun; aber er
hat’s nicht wollen tun, auf dass er anzeigte, welche Liebe er zu uns habe, dass
wir des uns freuen, trösten und rühmen könnten, dass wir haben einen Bruder im
Himmel, des wir uns mögen, ja, sollen annehmen. Denn ein unseliger Mensch ist
der, so ihn nicht annimmt, noch diese Freude in seinem Herzen fühlt.
11. So ist nun die Ursache, dass diese
Geschichte jährlich gepredigt wird, auf dass ein jegliches junges Herz solches
in sich bilde und Gott dafür danke und spreche: Es hat nicht Not mit mir; denn
ich habe einen Bruder, der ist geworden, wie ich bin usw. Warum er nun so
geworden sei und was er dadurch habe ausrichten wollen, sage ich noch nicht.
Denn darum ist’s geschehen, dass er uns errette von der Sünde und ewigem Tod.
Aber ich will jetzt allein sagen von der Ehre des ganzen menschlichen
Geschlechts, der wir uns mit der Wahrheit rühmen und fröhlich drüber sollen
sein, dass der Sohn Gottes ist Mensch geworden. Solcher Ehre können alle
Menschen sich rühmen. Die Christen aber haben danach ein Höheres, dass sie
solche Ehre auch in Ewigkeit genießen sollen. Dies Stücklein sollen wir auf’s
erste von dieser Geschichte merken.
12. Zum andern dient dies trefflich hohe
Beispiel uns auch dazu: Weil Christus, der Sohn Gottes, sich so demütigt und
all seine Ehre an das arme Fleisch gewandt und die göttliche Majestät, vor der
die Engel zittern, sich so heruntergelassen hat, geht daher wie ein armer
Bettler; droben im Himmel beten ihn die Engel an, hier unten auf Erden dient er
uns und legt sich in unsern Schlamm: Weil nun, sage ich, der Sohn Gottes
solches getan hat, so sollen wir auch lernen, ihm zu Lob und Ehren, gern
demütig sein und seinem Wort nach unser Kreuz auf uns nehmen, allerlei Trübsal
leiden und ihm so folgen. Denn was kann’s uns schaden oder warum wollten wir
uns des Leidens schämen? da doch unser lieber HERR gelitten hat Frost, Hunger
und Kummer. Sonderlich aber gings elend und armselig zu, wie gesagt, da er auf
Erden kam und geboren ward. Da war weder Gefäß noch Stube, weder Kissen, Windel
noch Bettgewand; er musste in einer Krippe liegen, vor den Kühen und Ochsen. So
denn dein lieber Vetter, ja, auch dein Bruder, der König Himmels und der Erden
und aller Kreatur drinnen so elend sich daher legt; pfui dich mal an, warum
wolltest du so herrlich sein und so gar nichts leiden? Wer bist du denn? Ist’s
nicht wahr, du bist ein armer #Sünder, der du nicht wert bist, dass du auf
einer Hechel solltest liegen? Liegst dennoch da auf einem weichen Bett, da dein
HERR auf dem harten Stroh und in einer Krippe liegt.
13. Ist es aber nicht ein verdrießlicher
Handel? Wir sehen hier, in was Demut und Armut unser HERR Jesus liegt um
unseretwillen; und wir wollen Junker sein, frei ausgehen und nichts leiden. Das
will ich aber übel reimen, wenn der HERR in solchem Elend und Armut, uns zugut,
geboren wird, dazu für uns am Kreuz stirbt usw.; und wir faulen Schelme wollten
immerfort in guter Ruhe und Frieden sitzen! Nein, das tut gar nichts: „Der
Jünger ist nicht über seinem Meister, noch der Knecht über dem Herrn“ usw.,
spricht Christus.
14. Darum sollen wir wohl lernen und mit
Ernst bedenken, erstlich, zu was Ehren wir sind gekommen in dem, dass Christus
ist Mensch geworden. Denn es ist eine solche Ehre, dass, wenn einer ein Engel
wäre, wünschen möchte, dass er ein Mensch wäre, dass er auch könnte rühmen:
Mein Fleisch und Blut sitzt über allen Engeln. Daher wir Menschen ja billig uns
für selig halten sollten. Gott gebe, dass wir’s verstehen, zu Herzen nehmen und
Gott dafür dankbar seien. Zum andern sollten wir das Beispiel Christi fleißig
ansehen, was er, der ein HERR ist über alle Herren, in seiner ersten Ankunft
uns armen Menschen bewiesen und um unsertwillen gelitten hat. Solches würde uns
bewegen und treiben, dass wir von herzen auch würden andern Leuten gern helfen
und dienen, ob es uns gleich sauer würde und wir etwas drüber auch leiden
müssten. Dazu helfe uns Gott mit seinem Heiligen Geist, durch unsern lieben
HERRN Jesus Christus. Amen.
(in
Luthers Hauspostille für den Sonntag vor Neujahr)
Lukas 2,33-40: Und sein Vater und Mutter wunderten sich des, das von ihm
geredet ward. Und Simeon segnete sie und sprach zu Maria, seiner Mutter: Siehe,
dieser wird gesetzt zu einem Fall und Auferstehen vieler in Israel und zu einem
Zeichen, dem widersprochen wird (und es wird ein Schwert durch deine Seele
dringen), auf dass vieler Herzen Gedanken offenbar werden. Und es war eine
Prophetin, Hanna, eine Tochter Phanuels, vom Geschlecht Asser; die war wohl
betagt und hatte gelebt sieben Jahre mit ihrem Mann nach ihrer Jungfrauschaft
und war nun eine Witwe bei vierundachtzig Jahren; die kam nimmer vom Tempel,
diente Gott mit Fasten und Beten Tag und Nacht: Dieselbe trat auch hinzu zu
derselben Stunde und pries den HERRN und redete von ihm zu allen, die da auf
die Erlösung zu Jerusalem warteten. Und da sie es alles vollendet hatten nach
dem Gesetz des HERRN, kehrten sie wieder nach Galiläa zu ihrer Stadt Nazareth.
Aber das Kind wuchs und ward stark im Geist, voller Weisheit; und Gottes Gnade
war bei ihm.
Das Vornehmste in diesem Evangelium ist,
dass Simeon weissagt von Christus und seinem Reich, wie es erst unter den Juden
und seinem eigenen Volk und hernach unter den Heiden mit gehen werde, dass, wie
wir am dritten Sonntag im Advent gehört, der größte Teil sich daran stoßen und
ärgern werden. Aber doch sollen auch viele dadurch gebessert und aufgerichtet
werden. Neben diesem, welches das Vornehmste ist, sind auch andere Punkte, die
wir nach der Kürze überlaufen wollen.
Diese Geschichte hat sich begeben, da das
Kindlein Jesus sechs Wochen ist alt gewesen und in den Tempel, nach der Juden
Gewohnheit, getragen, dass es dem HERRN dargestellt würde, und ein Opfer für es
geschehe, 3. Mose 12; Luk. 2; wir ihr auf das Fest von der Opferung des
Kindleins im Tempel hören werdet. Da kommt der alte Simeon aus Anregung des
Heiligen Geistes, nimmt das Kindlein Jesus in seine Arme und predigt von ihm,
dass es der Heiland und Licht sein soll, welches nicht allein im Judentum, wie in
einer Laterne leuchten, sondern auch ein öffentliches Licht sein soll für die
ganze Heidenschaft.
Über solche Predigt, die Simeon von dem
Kindlein tut, spricht der Evangelist im heutigen Evangelium, wunderten sich
sein Vater und seine Mutter.
Dass er aber Joseph des HERRN Christus
Vater heißt, redet er von ihm wie andere Leute von ihm redeten. Er hat sich
aber oben gewaltig genug verwahrt, da er gesagt hat, er sei vom Heiligen Geist
empfangen und von der Jungfrau Maria geboren. Solches soll man merken, auf dass
niemand sich daran stoße, dass Lukas hier, und die Schrift an andern Orten
bisweilen so von einem Ding pflegt zu reden wie andere Leute. Denn es war ein
heimliches Werk Gottes, dass die Jungfrau Maria schwanger war; welches Joseph
selbst musste glauben, nachdem der Engel im Traum solches ihm hatte offenbart.
Dass nun der Altvater Simeon hinzutritt,
der Alters halber kaum sehen konnte, und dies Kindlein so hoch rühmt, das
werden viele, die es gehört, als eine Narrenrede verachtet haben und gedacht,
Simeon rede wie ein alter wahnwitziger Mann.
Aber es war eine solche Predigt, spricht
der Evangelist, dass seine Mutter und Vater sich darüber verwunderten. Denn
dies Stück, dass er sollte der Heiden Licht sein, hatten sie von dem Engel selbst
nicht so lauter gehört wie es Simeon redet.
Deshalb soll man dies nicht dahin deuten,
weil hier steht: „Sein Vater und Mutter verwunderten sich’s“, als hätten sie
solches nicht geglaubt; sondern es ist ein Zeichen und Anzeigen eines großen
Glaubens und hohen Verstandes. Denn das ist des Glaubens eigentliche Art, je
fester einer ein Ding glaubt, je mehr er sich’s verwundert und fröhlicher
darüber wird. Wiederum wo er’s aber nicht glaubt, so nimmt er sich’s nicht an,
hat weder Freude noch Lust davon. So haben wir diese Tage über gehört von der
Geburt Christi, dass dies Kindlein unser Fleisch und Blut sei, dazu unser
Heiland, der uns vom ewigen Tod, Sünden und des Teufels Reich helfen soll. Wenn
du nun solches von Herzen glaubst, meinst du nicht, du würdest dich’s so
verwundern, dass du dies Kindlein dir nicht genug sehen, noch genug an es
denken könntest?
Dass also Lukas mit diesen Worten beider
Glauben, der Mutter und des Vaters, hoch rühmt, dass die Mutter fröhlich und
guter Dinge darüber gewesen und sich des nicht genug hat verwundern können,
dass dies Kindlein sollt ein Licht sein, zu erleuchten die Heiden; dagegen alle
anderen Könige und Fürsten eine lautere finstere Nacht sind, ja, selbst in
Sünden und Tod stecken, weil davon schweigen, dass sie anders daraus helfen
sollten.
Solche Verwunderung sollten wir über dem
Evangelium auch haben, dass wir darüber hoffärtig und fröhlich würden und
rühmten: Ich bin ein Christ und getauft, zweifle deshalb gar nichts, ich werde
durch den HERRN Jesus ein Herr sein und bleiben über Sünde und Tod, dass der
Himmel und alle Kreatur mir zu meinem Besten dienen soll. Wenn ein Fürst mir
einen samtenen Rock oder ein Dorf schenkte, solches würde mich fröhlich machen.
Aber was ist’s gegen dies? Ja, wenn ich gleich hätte des türkischen Kaisers
Krone, so ist’s doch nichts gegen dies, dass ich Teil habe an der Erbschaft
Christi und sollte mit ihm in Ewigkeit leben.
Aber wo findest du einen, der es recht
glaubt und zu Herzen fasst? Alle zumal können wir’s nicht glauben, des sind wir
bald zu überweisen; denn wir verwundern uns nicht. Soll man solche Erkenntnis
der Geschichte Glaube heißen, so ist’s wahrlich ein kalter und halb erstorbener
Glaube; sonst würden wir nicht allein fröhlich, sondern auch hoffärtig sein.
Denn ein Christ ist ein hoffärtiger, seliger Mensch, der weder nach dem Teufel
noch nach allem Unglück fragt; denn er weiß, dass er durch Christus über
solches alles ein Herr ist.
[Darum wird die Jungfrau Maria ohne Zweifel
in dieser Verwunderung einen besonderen guten und heiligen Stolz und Hoffart
gehabt haben, die nicht auf ihr, sondern auf dem Kindlein Jesus stand; wie
Lukas fein anzeigt mit diesen Worten: „Sie verwunderten sich’s; nicht darum,
dass sie eine Mutter des Kindes war; sondern „des, was von ihm geredet ward“.
Wie denn alle Christen tun: Die sehen nicht an, was sie sind, sondern was ihnen
gegeben ist; rühmen deshalb nicht sich selbst, sondern den, der ihnen alles aus
Gnaden gegeben und geschenkt hat.
Zwar an dem fehlts nicht, dass uns Gott gibt;
daran fehlts aber, dass wir‘s nicht recht wollen ansehen noch erkennen. Sonst
würde der Glaube die Frucht mitbringen, dass wir uns auch verwunderten und
freuten der großen Gnade und Wohltat, die uns durch dies Kindlein widerfahren
ist. Denn dass wir armen Sünder in ein ewiges Leben und Gerechtigkeit gesetzt
sind, das soll ja wenigstens mit einem Fünklein gefühlt werden und uns einen
Mut machen, dass wir in Anfechtung und Verfolgung nicht so verzagt wären,
sondern beide, Teufel und Welt, noch dazu trotzten und sagten: Was ist’s, wenn
ihr mir gleich das Leben nehmt? Wenn mir nur dies Kindlein bleibt, so nehmt
gleich Hülsen und Schalen dahin, ich habe kleine Verlust gegen diesen Kern und
Schatz, dass ich durch Christus von Sünden ledig gemacht und dem ewigen Tod und
Zorn Gottes entlaufen bin.
So sollten wir uns des auch verwundern.
Aber, wie gesagt, es geschieht bei wenigen. Wiewohl dennoch ihrer etliche
müssen sein, bei denen es geschieht, die sich verwundern alles des, das sie von
Christus hören. Denselben ist diese Predigt eine ewige Speise, der sich
nimmermehr können satt werden; wie Petrus sagt, dass auch die Engel Lust haben,
dass sie es sehen sollen.]
Nun wollen wir auch die Weissagung Simeons
besehen. Die geht vornehmlich, wie zuvor gemeldet, auf das Judentum, dass sich
im Volk Israel, wie er meldet, viele an dem HERRN Jesus Christus stoßen und
ärgern, wiederum auch etliche an ihm sich bessern werden. Das ist nun des
Kindleins, unsers lieben HERRN Christus, eigener Titel, so soll es ihm gehen,
so soll er auf der Welt gehalten werden, dass viele an ihm anlaufen und fallen;
dagegen auch viele sich an ihn halten und an ihm aufstehen sollen.
Deshalb, wer ein Christ sein will, muss
sich danach richten. Denn hier soll niemand gezwungen werden. Den Zwang hat
Gott den Fürsten, Bürgermeistern, Henkern befohlen, die sollen in ihrem
Regiment zwingen und mit Gewalt treiben alle die, so von Stehlen, Morden,
Lügen, Trüben und anderm Ärgernis nicht abstehen wollen. Aber hier im Reich
Christi geht’s nicht so; willst du nicht glauben, so magst du es lassen; mit
den Haaren wollen wir dich nicht herzu ziehen noch zwingen. Es wird dich aber
zu seiner Zeit ein anderer zwingen, da du dich nicht mehr wirst wehren können.
Ja, sagen sie, hab ich noch so lange Frist,
so hat’s nicht Not. Wohlan, das ist beschlossen, willst du selig werden, so
musst du diesen König annehmen, der (wie Simeon hier sagt) in der Welt ein
ärgerlicher König ist. Doch soll niemand an dem zweifeln, es werden sich auch
allewege etliche finden, die sich sein bessern und nicht ärgern.
Dies ist ein sehr nötiger Unterricht, dass
wir nicht allein auf den großen Haufen sehen sollen, der da fällt: das müssen
wir geschehen lassen. In der Welt wird’s nimmermehr anders werden; wo dieser
König mit seinem Wort und Reich ist, da wird der größte Teil sich ärgern und
fallen. Daran musst du dich gewöhnen und es gehen lassen, wo du anders ein
Christ bleiben willst; und daneben auf das kleine Häuflein sehen und dich dazu
halten, das nicht fällt, sondern an diesem König festhält und aufsteht. Wenn es
nun so zugeht, dass die Leute häufig dahinpurzeln und fallen, so lasse es
gehen; denn so geht’s recht, wie Simeon hier sagt.
Die Papisten lästern unsere Lehre greulich
und legen sich heftig dagegen: Nicht, dass sie sich daran ärgerten; denn der
größte Teil unter ihnen weiß sehr wohl, dass es die Wahrheit ist; sondern tun’s
aus lauter Bosheit und Mutwillen, ihren Stand und Pracht zu erhalten, fragen
nicht viel nach Christus und seinem Wort. Denn der Bauch ist ihr Gott. Darum
wollen wir sie hier unter den Haufen, der sich ärgert nicht zählen.
Die aber sind’s, die sich ärgern, die nicht
öffentliche Feinde und Verfolger der Lehre sind, sondern hören’s, bekennen auch
und glauben, dass dies Kindlein der Welt Heiland sei. Aber das will ihnen nicht
eingehen, dass unser Werk und alles, was wir Gott zu Lob und Ehren tun, soll
nichts sein. Ei, sprechen sie, sollten alle die verdammt sein, die bisher so
viel hundert Jahre nach der alten Lehre und Glauben gelebt haben? Das gleiche
ich nimmermehr usw.
Wo du es so gehen siehst, da sprich: Es
geht recht, wie es gehen soll; denn das Kindlein, das die Jungfrau Maria
geboren hat, ist zum Fall gesetzt: Nicht denen, so von Gott nichts wissen;
sondern „vieler in Israel“, das ist, die Gottes Volk sind, sein Wort haben usw.
Eben denen ist dies Kindlein gesetzt zum Anstoß, darüber die Weltweisen und
Heiligen laufen und gar redlich purzeln, fallen und den Hals brechen. Deshalb,
wo man Jesus das Kindlein nicht annehmen will, müssen wir’s gehen lassen, Augen
und Ohren auftun und stellen, als sähen wir diesen Fall nicht.
Bei den Jüngern gings auch so; die ärgerten
sich über die Maßen sehr, da Christus mit ihnen disputierte und sprach, Joh.
8,21: „Ihr werdet in euren Sünden sterben.“ Da dachten sie: Was sagt der Narr?
Haben wir doch die Propheten und Mose; wir wissen ja, was recht ist und was
Gott von uns haben will. Soll solches alles nichts sein noch uns helfen? Sollen
wir erst diesen Zimmerknecht uns lehren lassen, wie wir selig werden? Die
gingen dahin, zerstießen sich an Christus den Kopf und fielen.
So tun jetzt auch des Papstes Geistliche
(ich rede von den besten; denn der größte Teil unter ihnen, wie gesagt, sind
Bauchdiener), schelten unsere Lehre Teufels Lügen und Ketzerei; sagen: Wir
beten, fasten so viel, lassen es uns so sauer werden; soll denn dies alles
nichts sein? Soll es Gott nicht gefallen? Wohlan, so wollen wir fressen,
saufen, Unzucht treiben und so Gott zu Gefallen tun und ins Himmelreich kommen,
weil Christus allein die Sünder, nicht die Gerechten (wie die Lutherischen
predigen) selig macht. Diese ärgern sich auch am Kindlein Jesus, fallen dahin,
dass sie nimmermehr aufstehen.
Willst du nun ein Christ sein, so schicke
dich so drein und sei des nur gewiss, dass dein HERR Christus, du, deine Lehre
und all dein Tun den Leuten nicht gefallen werde. Denn hier hörst du, dass dein
HERR Christus selbst denen, die Gottes Volk sind, ein Stein des Anlaufens und
ein Fels des Ärgernisses sei, daran sich ärgern, stoßen und darüber laufen
alle, die da groß, klug und heilig wollen sein. Willst du nun von denselben und
ihrem Anhang für einen Narren, Ketzer und Verführer gehalten sein (denn anders
wird nichts draus), so nimm diesen HERRN und König an; wo nicht, so magst du
sein müßig gehen. Dass also alle die, so da Christen sein und selig wollen
werden, müssen mit ihrem HERRN Christus ein Ärgernis und Fall den andern sein
und für Ketzer und Verführer geachtet werden. Das ist das eine Stück von dieser
Prophezeiung.
Aber daneben sagt das Evangelium, welches
wohl zu merken ist, dass er nicht allein zum Fall gesetzt sei, sondern auch zur
Auferstehung vieler in Israel. Die sind’s nun, die diesen König annehmen, an
ihm aufstehen und ihren Leib und Leben, wenn’s die Not erfordert, um
seinetwillen lassen. Die wissen, dass sie sich selbst nicht können helfen. Soll
ihnen aber geholfen werden, so müsse es allein der tun, den die Engel einen
Heiland heißen, und Simeon hier von weissagt: „Es werden viel an ihm
aufstehen.“ Darum erkennen und halten sie sich für arme und elende Sünder, die
hart und tief gefallen sind; strecken deshalb ihre Hände aus und halten sich
mit Freuden an diesen edlen Grund und Eckstein, richten sich an ihm auf,
glauben an ihn und werden nimmermehr zuschanden, 1. Petr. 2,6.
Die andern narren aber, die sich lassen
dünken, sie stehen fest, bedürfen keiner Gnade noch Hilfe, die laufen mit ihrem
Kopf gegen ihn, lästern und fluchen ihm getrost. Wenn’s so geht, so lass dich’s
nicht anfechten, tue, als sähest du es nicht; es will doch mit diesem Kind
nicht anders hinaus gehen als Simeon hier weissagt. Siehe dieweil auf den
andern, wiewohl geringen Haufen, die an ihm aufstehen, als da sind arme Sünder,
die vor Gottes Zorn und Gericht von Herzen erschrecken, die macht dies Kindlein
heilig und gerecht; ebenso, die erkennen, dass sie in Irrtum und Unwissenheit
gelebt haben, macht’s weise; die verloren und verdorben sind, denen hilft’s und
macht sie selig. Des lerne dich trösten und lasse dich ja von diesem Kindlein
nicht abweisen.
Ich habe viele Jahre mit allem Fleiß der
Sache nachgedacht, wie ich doch vom HERRN Christus so predigen könnte, dass es
jedermann gefiele und niemand sich an ihm stieße noch ärgerte; aber es will
nicht sein. Darum lasst uns daran gewöhnen und hier lernen, wie wir denen
antworten sollen die da sprechen: Im Papsttum sei alles fein still gewesen, da
habe man von keiner Ketzerei noch Unreinigkeit gehört; nachdem aber diese Lehre
sei aufgekommen, habe sich alles Unglück gefunden, dass so wenig oder gar
nichts Gutes draus gekommen sei. Solchen Klüglingen magst du aus diesem Evangelium
und des heiligen Simeon Weissagung antworten, dass allewege, wo die reine Lehre
von Christus geht, gewiss das folgt, dass etliche fallen und alles Unglück
anrichten werden. Aber gleichwohl soll die Lehre auch die Frucht wiederum
schaffen, dass etliche sich an Christus halten und an ihm aufstehen werden. Das
sind, wie gesagt, die armen betrübten Gewissen, die an dieser Lehre Trost und
Freude finden.
Solches wollen unsere Widersacher nicht
ansehen, sondern schauen nur auf den Fall und das Ärgernis, das nicht kann
vermieden werden: Nicht der Lehre halben, die rein, recht und gut ist; sondern
der Menschen halben, die sich nicht recht drein schicken und nicht folgen
wollen. Aber bedenke die Sache recht und bekenne frei dazu: Wärs nicht besser
im Papsttum gewesen, wenn das Ärgernis und Fallen seinen Fortgang hätte gehabt,
wie jetzt zur Zeit, damit alles so still und friedlich, wie es ein Ansehen
hatte, zuging, und doch der Teufel an allen orten gewaltig mit Abgötterei und
falscher Lehre regierte und alles mit Haufen zur Hölle trieb? Wer wollte nicht
lieber einen zeitlichen Schaden leiden als einen ewigen? Wie es denn ein
unseliger, ja, ewiger Schade war, dass keine rechte Predigt, Erkenntnis Gottes,
noch Gottesdienst im Papsttum zu finden war. …
Darum müssen Ärgernisse kommen, wie Paulus
an einem andern Ort auch sagt: Es müssen Rotten und Ketzerei sein; das Wort
muss verfolgt werden. Aber nichts destotrotz soll Christus bleiben und etliche
an ihm aufstehen und selig werden. Die andern aber müssen darüber zu Scheitern
gehen, die Christus gern wollten anders machen, als ihn der Gott der Vater
geordnet und gesetzt hat, nämlich dazu, dass er, wie ein Stein am Weg, zur Not
stehen soll, dass man sich daran lehne und aufstehe. Weil aber der größte Teil
so toll und töricht ist, wollen sie sich an solchen Stein nicht halten, sondern
laufen mit dem Kopf dagegen und stoßen sich daran: Solches ist nicht des
Steines Schuld, sondern solcher törichten, blinden Leute, die darauf fallen und
auch gar weidlich zerschellen, den doch Gott dahin gesetzt und gelegt, wie
Jesaja 28 geschrieben steht, dass sie an ihn glauben, an ihm aufstehen und
durch ihn selig werden sollen. …
Wenn das Evangelium kommt und die Predigt
von diesem Kindlein angeht, welches, wie Simeon weissagt, zum Fall und
Auferstehen vieler, und zum Zeichen, dem widersprochen wird, gesetzt ist; da
findet sich’s, dass man begreifen muss, dass die, so alle Welt zuvor für
lebendige Heilige hielt, die größten Sünder, die Klügsten die größten Narren,
die stillen und sanften Herzen die blutgierigsten Mörder sind, und gewiss das
Evangelium keine ärgeren Feinde hat, als was hohe, vernünftige, weise,
tugendsame, heilige Leute vor der Welt sind. Je höher sie mit solchen Tugenden
geziert sind, je bitterer sie gegen das Evangelium toben. … Denn Gottes Wort
und die Wahrheit kann er nicht hören noch dulden, verteidigt Abgötterei,
erwürgt die Leute darüber, ja, wenn er Land und Leute im Blut ersäufen könnte,
würde er’s tun, nur darum, dass er das Evavangelium dämpfen möchte. Das muss ja
ein bitteres, giftiges Herz sein, das man bei keinem Menschen, ich schweige,
bei einem solchen Menschen, finden sollte, den die Welt für fromm, ehrbar,
sanftmütig, weise und tugendsam hält. So, spricht Simeon, wird dies Kindlein
die Herzen offenbaren. …
Warum offenbart er’s aber? Uns zum
Unterricht; danach auch zum Trost. Zum Unterricht, dass wir nicht erschrecken
sollen, wenn wir sehen, dass so heilige Leute solche Teufel sind, dass wir uns
müssen verwundern. … Zum andern dient solche Offenbarung der Herzen uns auch
zum Trost: Weil doch die Welt Gottes Wort nicht dulden noch leiden will, und
dennoch so einen heiligen Schein führt, dass wir uns vor ihr nicht entsetzen,
sondern stracks schließen: Sie scheine so fromm und heilig sie wolle, … so ist alle
Tugend und heiliges Leben an ihr nichts als nur ein Schanddeckel. …
Simeon sagt zu Maria weiter: „Und ein
Schwert“, spricht er, „wird eine Seele durchdringen.“ Denn solche Bosheit der
Welt hat sie sehen und erfahren müssen. Und sie nicht allein; sondern die ganze
christliche Kirche zu jeder Zeit, wenn das Licht des Evangeliums leuchtet. Nun
ist’s aber unmöglich, dass es die Christen ohne Schmerzen und besonderes
Herzeleid sehen können. Wie Petrus vom heiligen Lot auch sagt, 2. Petr. 2,8,
dass er der Sodomiter Laster sehen und hören habe müssen, die seine Seele von
Tag zu Tag mit ihren unrechten Werken gequält haben. …
Dabei wollen wir’s jetzt bleiben lassen und
Gott um seine Gnade bitten, dass er uns vor allem Ärgernis gnädig bewahren und
uns helfen wolle, dass wir an Christus aufstehen und uns an ihm und seiner
Lehre nimmermehr ärgern noch dran stoßen. Das verleihe uns unser lieber HERR
Christus. Amen.
Lukas 2,41-.52: Und seine Eltern gingen alle Jahre nach Jerusalem auf das
Osterfest Und da er zwölf Jahre alt war, gingen sie hinauf nach Jerusalem nach
Gewohnheit des Festes. Und da die Tage vollendet waren, und sie wieder nach
Hause gingen, blieb das Kind Jesus zu Jerusalem; und seine Eltern wussten’s
nicht. Sie meinten aber, er wäre unter den Gefährten, und kamen eine Tagereise
und suchten ihn unter den Verwandten und Bekannten. Und da sie ihn nicht fanden
gingen sie wiederum nach Jerusalem und suchten ihn. Und begab sich, nach drei
Tagen fanden sie ihn im Tempel sitzen mitten unter den Lehrern, dass er ihnen
zuhörte und sie fragte. Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich seines
Verstandes und seiner Antwort. Und da sie ihn sahen, entsetzten sie sich. Und
seine Mutter sprach zu ihm: Mein Sohn, warum hast du uns das getan? Siehe, dein
Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. Und er sprach zu ihnen: Was
ist’s, dass ihr mich gesucht habt? Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem,
was meines Vaters ist? Und sie verstanden das Wort nicht, das er mit ihnen
redete. Und er ging mit ihnen hinab und kam nach Nazareth und war ihnen
untertan. Und seine Mutter behielt alle
diese Worte in ihrem Herzen. Und Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade bei
Gott und den Menschen.
Dies ist ein hohes Evangelium, wenn man es
scharf will auslegen und von dem sagen, wie es zugehe, wenn man dies Kindlein
Jesus aus dem Herzen verliert. Aber wir wollen solche hohe Auslegung auf ein
andermal sparen und jetzt das vor uns nehmen, das am lichtesten und leichtesten
und für den gemeinen Mann am nützlichsten ist.
Eure Liebe hat am Fest der Weisen gehört,
dass es heiße das Fest der Offenbarung Christi, welche darum geschehen ist,
dass das neugeborne Kindlein nicht heimlich bliebe, sondern offenbar würde.
Denn sonst wäre es uns nichts nütze gewesen, wenn wir nichts davon hätten
wissen sollen. Darum hat man diese Tage über auch andere Evangelien gepredigt,
in welchen man sieht, wie Christus sich offenbart hat. Wie, da ihn am Jordan
Johannes getauft hat, und er hernach mit dem ersten Wunderzeichen, auf der
Hochzeit zu Kana, sich hat sehen lassen, dass er ein solcher HERR sei, der
alles in seiner Gewalt habe. Auf dass also der HERR Jesus nicht allein unter
den Leuten bekannt würde, sondern auch erfahren und berühmt, als der mehr se
als ein anderer Mensch, nämlich ein HERR, zu solcher Herrschaft geboren, der
alles könne und vermöge, und wir ihn für unsern Heiland erkennten und in aller
Not und Anliegen uns zu ihm halten und Hilfe bei ihm suchten lernten.
Zu solchem dient auch das heutige
Evangelium. Denn es ist auch eine Offenbarung, mit welcher der HERR Jesus sich
erzeigt, dass er sei nicht ein gemeines, sondern ein besonderes Kind, weil er
sich heimlich seinen Eltern entzieht und aus dem Gehorsam tritt, welchen sonst
alle Kinder ihren Eltern, aus Gottes Befehl, schuldig sind. Solches, sagt der
Evangelist, sei so zugegangen: Seine Eltern mussten alle Jahre aufs Osterfest,
wie andere Juden, erscheinen im Tempel zu Jerusalem. Als sie nun das Kind Jesus
mitnahmen, bleibt er hinter ihnen zu Jerusalem. Das versehen die Eltern, mögen
vielleicht gewohnt sein, dass er zuvor mehr mit ihren Verwandten gegangen ist.
Denn Christus hat in seiner Jugend nicht gelebt wie ein Unhold, er hat kein
besonderes Leben geführt; sondern sich gehalten sie andere Kinder, hat zu
Zeiten auch mit seinen Gesellen gespielt, nur dass er, wie der Text meldet, vor
andern Kindern an Gnade und Weisheit zugenommen hat. Das macht nun, dass seine
Mutter Maria und Joseph meinten, er sei unter den Gefährten, und lassen ihn so
dahinten. Aber am Abend, als sie in die erste Nachtherberge von Jerusalem
kommen, sehen sie sich um, wo doch das Kind bleibe. Als sie es aber bei den
Verwandten und Bekannten nicht finden, erschrecken sie sehr. Denn das Kind war
der Mutter besonders anbefohlen. So hatte Joseph auch einen starken Befehl,
dass er es pflegen sollte. Aber Maria war allein die Mutter dazu; darum ist’s
ihr ein besonderes Herzeleid gewesen und großer Schrecken, dass sie es nicht
finden soll. Da wird nicht viel Schlafen, Essen, Ruhen vor Weinen gewesen sein,
sondern sie sind (wie zu glauben) noch bei Nacht die vier Meilen wieder zurück
gelaufen. Aber das Kind war verloren.
Da rechne nun, was ihr Herz ihnen dieweil
gesagt habe? Denn den ersten Tag ist es verloren; den andern suchen sie es und
finden’s erst am dritten Tag. Werden deshalb die drei Nächste nicht viel
geschlafen haben und mancherlei gedacht. Und besonders sie, die Mutter, wird
gedacht haben: Gott hat dir den Sohn wieder genommen, er will dich nicht mehr
zur Mutter haben., dass du ihn so unfleißig gewartet hast. So hat Joseph auch
gedacht: Gott will dich nicht mehr zum
Pfleger haben, dass du so unfleißig gewesen und das einige Kind nicht gewartet
hast.
Das ist nun ein besonderes Stück, dass das
Kind Jesus, unser lieber HERR Gott, sich so hat wollen erzeigen, dass er nicht
so gar aus Not und von Rechts wegen müsste seiner Mutter untertan sein; sondern
was er täte, das täte er allein zum Beispiel, aus gutem Willen und nichts aus
Pflicht. Denn er war nicht allein seiner
Mutter Sohn, sondern auch ihr Gott und HERR. Darum stellt er sich hier gegen
seine Mutter nicht als ein Sohn, wie wir heute über acht Tagen auch hören
werden, da er spricht: „Frau, was habe ich mit dir zu schaffen?“ Eben so tut er
hier auch, erzeigt sich so, dass er nicht allein ein Mensch sei, der aus Not
Vater und Mutter müsse gehorsam sein; sondern lässt sich hören, er habe einen
andern Vater, der größer sei, und auf den er billiger Achtung habe als auf
Maria und Joseph. Was ist’s, spricht er, dass ihr mich gesucht habt? Wisst ihr
nicht, dass ich sein muss in dem, das meines Vaters ist? Als wollte er sagen:
Ich bin ja euer Sohn; aber doch so, dass ich mehr jenes Sohn bin, der im Himmel
ist.
Offenbart sich also um unsertwillen, dass
wir ihn recht sollen kennen und einbilden lernen, dass er nicht allein ein
wahrer Mensch, sondern auch ein wahrer Gott sei. Darum wie die Mutter ihn
anredet: „Mein Sohn, warum hast du uns das getan?“ verantwortet er sich und
sagt: Ich bin euch nicht ungehorsam, habe euch auch nicht verachtet, wie ihr euch
lasst dünken. Will so recht haben und ungestraft von seiner Mutter sein. Maria
aber und Joseph müssen über den Schmerzen und Kümmernis, das sie gehabt, noch
Unrecht dazu haben. Denn sie sollten sich da erinnert haben, was die Engel, die
Hirten, der Erzvater Simeon und andere von diesem Kind gepredigt haben und
wissen: Ob er schon dahinten wäre geblieben, dass er dennoch nicht ungehorsam,
sondern Gott, seinem Vater im Himmel, mehr Gehorsam als seiner Mutter auf Erden
schuldig wäre.
Und geht dies Beispiel des Kindes Jesus,
unsers lieben HERRN, dahin, dass er uns dadurch erinnern will unserer
Unwissenheit und großen Blindheit, die immer dahin geneigt ist, dass sie den
Menschen eher als Gott dient. Darum sollen wir lernen, wenn es dahin kommt,
dass wir entweder Gott oder den Eltern und Oberherrn müssen ungehorsam sein,
dass wir mit Christus sprechen: „Ich muss sein in dem, das meines Vaters im
Himmel ist“; außerhalb dieses Falls will ich gern und von Herzen Vater und
Mutter, Kaiser, König, Herren und Frauen im Haus gehorsam sein. Aber hier in
diesem Fall heißt es so: Lieber Vater, liebe Mutter, ich habe einen andern
Vater, auf denselben soll ich mehr als auf euch sehen. Solches hatten Maria und
Joseph hier vergessen, darum musste er sie dessen erinnern und sie es lehren.
Dies ist nun um unseretwillen geschrieben.
Denn die Unart, wie gesagt, haben wir von Natur, wenn wir Gott dienen und ihm seinen Gehorsam ausrichten sollen, dass
wir uns mit der Welt entschuldigen und sprechen: Ich darf nicht; denn Gott hat
mir befohlen, ich soll meiner Obrigkeit gehorsam sein. Wie jetzt die Verfolger
des Evangeliums tun: Haben’s von uns gelernt, dass wir schuldig sind, der
Obrigkeit gehorsam zu sein; denselben Gehorsam rühmen sie hoch und sprechen:
Wir wissen wohl, dass es der Schrift nach nicht Unrecht ist, das Sakrament
unter beider Gestalt zu empfangen; aber wir müssen der Obrigkeit gehorsam sein.
Da ist Vater und Mutter, das ist mein Fürst, der will es nicht haben; darum
darf ich’s nicht tun. Dank habt, liebe Junker.
Wer ist aber die Obrigkeit? Mein
Landesfürst? Mein Vater und Mutter? Ja, solches ist wohl wahr; aber hast du
neben diesen sonst keine Obrigkeit mehr? Wo für hältst du denn diesen, der sa
spricht im ersten Gebot: Ich bin der HERR, dein Gott? Sollte es nun nicht so
hier sein, wenn er spricht: Das gefällt mir, das will ich so haben; dass du,
unangesehen dienen Fürsten, ja, König und Kaiser, Vater und Mutter, mit
Christus sagst: „Ich muss in dem sein, das meines Vaters ist“? Denn Gottes Wort
und Befehl soll je billig vorgehen. Wenn der ausgerichtet ist, so soll man danach auch tun, was Vater und Mutter,
Kaiser und König haben wollen, dass man nicht den Wagen vor die Pferde spanne.
Wie nun Christus durch den Stern und am
Jordan offenbart ist, uns zum Trost, dass er unser Heiland ist, wie wir droben
von seiner Taufe, und am Christtag aus der Engel Gesang und Predigt reichlich
gehört haben: So offenbart er sich im heutigen Evangelium uns zum Exempel, dass
wir in den Sachen, die Gott betreffen, niemand sollen ansehen, es sei Vater,
Mutter, Fürst, oder wie man’s nennen will. Denn da ist ein anderer Herr und
höhere Obrigkeit, die heißt Gott; dem sollst du gehorchen und tun, was er dich
heißt, und ihm vor allem dienen. Wenn dieser Gehorsam ausgerichtet ist, so tue
danach, was dien Vater und Mutter, dein Fürst und Obrigkeit dich heißt; doch,
dass sie dich an diesem höhern Gehorsam nicht hindern, welcher, wie gesagt, vor
allen Dingen muss ausgerichtet sein.
Ich will hier die hohe Anfechtung nicht
rühren, die wenige Leute fühlen, wenn man Christus im Herzen verliert; sondern
will einfältig bei dem Kindlein bleiben, das sich so hier offenbart, dass es
etwas mehr sei als andere Menschen, darum dass es sich selbst ohne Erlaubnis
auszieht aus dem Gehorsam seiner Mutter und geht ihr nicht nach, sondern sie
muss ihm nachgehen; zur Bestätigung des, das sie vom Engel gehört hätte: „Er
wird ein Sohn des Allerhöchsten genannt werden.“ An solches musste sie hier
erinnert werden, dass sie es nicht vergessen soll.
Reimt sich also diese Offenbarung fein mit
der andern. Denn hier sieht man, dass Christus ein besonderer Mensch ist; wie
denn die Hirten und Simeon von ihm gezeugt hatten. Darum wollte er auch nicht
gehalten sein wie andere Kinder, ob er wohl zuweilen mit andern Kindern
umhergelaufen [ist] und gespielt hat.
Was er aber im Tempel getan habe, zeigt der
Evangelist fein an, dass er nicht gefragt hat, was das Korn gelte, wie man
essen und trinken sollte; sondern er hat mit den Schriftgelehrten geredet vom
Wort Gottes, hat ihnen zugehört anfänglich, wie sie die Schrift gedeutet haben,
und sie alsdann darum gestraft; doch so, wie es einem jungen Knaben gebührt.
Als, dass ich das zum Beispiel setze, wie wir in Matthäus sehen, wenn sie, die
Schriftgelehrten, von dem fünften Gebot gepredigt und dasselbe allein dahin
gedeutet haben, man solle mit der Hand nicht töten; ist er hervorgefahren und
hat gesagt: Wahrlich, es wird sich nach diesem Gebot auch nicht leiden, wenn
man den Leuten übel nachreden, ihnen fluchen oder mit ihnen zürnen wollte. Denn
dies Gebot fordert ein freundliches Herz gegen den Nächsten.
Auf eine solche Weise hat er sich hier auch
lassen merken und offenbart, dass er, wie ein junges Kind, nach solchem und
anderem, wie man es verstehen soll, gefragt hat, dass sie, die Schriftgelehrten
selbst, sich solches verwundert und gedacht haben: Wo kommt doch der Knabe zu
solchen Gedanken und Verstand? Denn ohne Zweifel wird er nichts gelitten noch
unwiderredet haben lassen, was unrecht gewesen ist.
Es wird auch nicht gefehlt haben, er wird
die Lehrer haben gefragt, was sie vom Messias halten, wo er herkommen und was
sein Amt sein werde? Aber von solchem allen wird er mit besonderer Demut, Zucht
und Scham geredet haben und sich gestellt, als habe er’s irgend von seiner
Mutter gehört. Dass jedermann gedacht hat, der Knabe hat den Heiligen Geist, es
wird ein besonderer Mann aus ihm werden. Denn es pflegt sich ohne das um diese
Zeit an der Jugend zu zeigen, dass man spüren kann, was draus werden und wie
sie geraten soll.
Das ist kurz die Geschichte, wie das
Kindlein Jesus sich gegen seine Mutter und den Joseph hat offenbart, dass er
sei mehr als ein anderes Kind; da er sich aus ihrem Gehorsam tut und will noch
darum ungescholten sein.
Nun beschließt St. Lukas das Evangelium und
sagt: Er sei mit ihnen hinab gegangen nach Nazareth und ihnen untertan gewesen.
Dass also dies Kind, das um seines Vaters willen im Himmel sich seiner Mutter
entzogen hat, jetzt wiederum der Mutter gehorsam wird und dem Joseph, ob er’s
wohl nicht schuldig war. Wie denn Lukas fein meldet in dem, dass er sagt: „Er
war ihnen untertan.“ Als sollte er sagen: Er tat es aus freiem Willen, nicht
aus Not; denn er war Gott und ein HERR Marias und Josephs. Dass er aber ihnen
gehorsam war, das tat er nicht um Vaters und Mutters willen, sondern um des
Beispiels willen. Denn dafür soll man’s achten, dass das Kind Jesus hat im Haus
alles getan, was man ihn geheißen hat, Späne aufgelesen, Essen, Trinken geholt
und sich nichts verdrießen lassen.
Dies Beispiel soll sich die Jugend fleißig
merken, dass der HERR, der unser aller Gott ist, solches in seiner Kindheit
getan hat, und sich nichts lassen verdrießen, was man ihn geheißen hat, ob es
gleich geringe, kleine und unansehnliche Werke sind gewesen: auf dass sie
dergleichen auch tun und sich an solchen Gehorsam und Demut begeben lernen.
Denn solches gefällt Gott wohl; und wie das vierte Gebot mitbringt, will er’s
von allen Kindern so haben, dass sie den Eltern gehorsam und willig sollen
sein.
19. Vorzeiten war eine Frage in den
Klöstern unter den jungen Mönchen, was Christus in seiner Kindheit getan hätte?
Wie denn die Mönche ein eigenes Buch, Von der Kindheit Christi, gedichtet
haben, da sehr viel ungeschicktes, törichtes Geschwätz drin ist. …
Aber wenn du wirklich willst wissen, was
Christus in seiner Jugend getan habe, so höre dem Evangelisten hier zu, da er
sagt: „Er war ihnen untertan“, das ist, er tat, was Vater und Mutter ihn
hießen, und ließ es sich nicht verdrießen. Da sollte ein jegliches Kind und
Hausangestellte sich in ihr Herz schämen, die solche Geschichten von dem
Kindlein Jesus hören und dennoch dergleichen Gehorsam weder den Eltern noch
ihrer Herrschaft leisten, ja, in einem schändlichen Ungehorsam leben. Es tut’s
nicht, dass du wolltest fragen, gedenken oder davon reden, wie allgemein
jedermann tut: Wenn ich wüsste, was das Kindlein Jesus getan hätte, wollt ich’s
auch tun. Wie die Mönche sagen: Franziskus hat das getan, so sich gekleidet, so
gewacht; ich will auch so tun. Aber niemand weiß, was Christus getan hat. Da
sage ich Nein zu. Denn hier steht geschrieben: „Er war ihnen untertan.“ Mit
solchen Worten fast der Evangelist die ganze Jugend unsers lieben HERRN
Christus.
Was heißt es aber: „Er war ihnen untertan“?
Anders nichts, als dass er ist gegangen in den Werken des vierten Gebots. Das
sind aber solche Werke, deren Vater und Mutter im Haus bedürfen, dass er
Wasser, Trinken, Brot, Fleisch geholt, des Hauses gewartet und dergleichen mehr
getan hat, was man ihn hat geheißen, wie ein anderes Kind, das hat das liebe
Jesulein getan.
Da sollten billig alle Kinder, so gottselig
und fromm sind, sprechen: Ach, ich bin’s nicht wert, dass ich zu den Ehren soll
kommen und dem Kindlein Jesus gleich werden in dem, dass ich tue, was er, mein
HERR Christus, getan hat. Hat er Späne aufgelesen und anderes, was ihm seine
Eltern befohlen haben, getan, welches gemeine, geringe Werke anzusehen gewesen
sind, wie sie im Haus vorfallen; ei, wie feine Kinder wären wir, wenn wir
seinem Beispiel folgten und auch dasjenige täten, was uns unsere Eltern heißen,
es wäre noch so schlicht und gering, wie es sein könnte. …
Auf dass man solches fleißig merke und ja
nicht daran zweifle, dass solche Werke hier durch das Kindlein Jesus so
geheiligt und gepriesen sind, dass wir sollten das Maul danach zufallen, dass
wir nur auch dazu könnten kommen. Aber die Welt lässt sich nichts sagen. Darum
haben wir solche Werke und Gehorsam anstehen lassen und sind in Teufels Namen
hingelaufen in Klöster, nach St. Jakob [Santiago de Compostella] und anderswo.
Hat jedermann gemeint, er wolle es besser und köstlicher machen als das liebe
Kindlein Jesus. Haben nicht gesehen, dass solche Hauswerke und Gehorsam gegen
Vater und Mutter geheiligt sind durch diese heilige Person, den Sohn Gottes,
welcher selbst in seiner Jugend Holz getragen, eingeschürt, Wasser geholt und
dergleichen andere Hausarbeit getan hat, dass wir nicht wert sind, ihm solches
nachzutun.
Deshalb sollten wir diese Geschichte mit
Fleiß lernen und uns für selig achten, wenn wir in solchem Gehorsam und Werken
hergingen, da wir sehen, dass Christus selbst sich solche Werke nicht hat
verdrießen lassen. Denn es sind tausendmal bessere und heiligere Werke als
aller Mönche Werke in Klöstern immer können sein. Denn das Kindlein Jesus ist
nicht in ein Kloster gelaufen, sondern im Haus geblieben, hat dem Joseph und
seiner Mutter gedient; uns zum Beispiel, auf dass wir lernen, wie solches eitel
köstliche, edle, heilige Werke sind, die Christus, unser lieber HERR, selber
getan hat.
Das also ist die Zusammenfassung des
heutigen Evangeliums: Christus ist ein HERR über alles; und dennoch, uns zum
Exempel, lässt er sich herunter, ist Vater und Mutter gehorsam; auf dass wir
beides lernen, erstlich den Gehorsam gegen Gott, danach auch gegen Vater und
Mutter und alle Obrigkeit treu leisten. So können wir zu beiden Teilen rühmen,
wir haben recht getan und wird deshalb alles Glück und Segen bei uns sein. Das
verleihe uns unser lieber HERR Christus. Amen.
Johannes 2,1-11: Und am dritten Tag ward eine Hochzeit zu Kana in Galiläa;
und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger wurden auch auf die
Hochzeit geladen. Und da es an Wein gebrach, spricht die Mutter Jesu zu ihm:
Sie haben nicht Wein. Jesus spricht zu ihr: Frau, was habe ich mit dir zu
schaffen? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter spricht zu den
Dienern: Was er euch sagt, das tut. Es waren aber allda sechs steinerne
Wasserkrüge gesetzt nach der Weise der jüdischen Reinigung, und gingen in je
einen zwei oder drei Maß. Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit
Wasser. Und sie füllten sie bis obenan. Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun
und bringt’s dem Speisemeister. Und sie
brachten’s. Als aber der Speisemeister kostete den Wein, der Wasser gewesen
war, und wusste nicht, woher er kam (die Diener aber wussten’s, die das Wasser
geschöpft hatten), ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm:
Jedermann gibt zum ersten guten Wein, und wenn sie trunken geworden sind,
alsdann den geringeren; du hast den guten Wein bisher behalten. Das ist das
erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen zu Kana in Galiläa und offenbarte seine
Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.
Dies ist das erste Wunderzeichen, das unser
lieber HERR Jesus auf Erden getan hat, damit er, wie Johannes selbst meldet,
sine Herrlichkeit seinen Jüngern hat wollen offenbaren, auf dass sie an solchem
Wunderzeichen ihn kennen lernten und für den Sohn Gottes und rechten Messias
hielten; da er das kann, das sonst kein Mensch auf Erden kann, nämlich die
Kreatur ändern und aus Wasser Wein machen. Solche Kunst ist allein Gottes
Kunst, der ein HERR über die Kreatur ist; die Menschen können es nicht.
Deshalb soll dieses Wunderwerk vornehmlich
dazu dienen, dass wir unseren lieben HERRN Christus recht lernen erkennen und
mit gewisser Zuversicht, wo Mangel und Not bei uns sich findet, zu ihm Zuflucht
haben, Hilfe und Gnade bei ihm suchen; die soll uns gewiss zu rechter Zeit
widerfahren. Solches ist das vornehmste Stück aus dem heutigen Evangelium.
Weil man aber bei allen Wunderwerken
Christi solche Lehre und Trost findet, wollen wir jetzt besonders von dem
handeln, dass der HERR solches Wunderzeichen eben auf der Hochzeit tut, auf
dass die Lehre vom Ehestand auch unter den Christen bliebe; denn es ist viel
daran gelegen.
So ist’s auch besonders darum hoch
vonnöten. Denn wie ihr wisst, ist der Ehestand unter dem Papsttum sehr
verachtet und allein die Jungfrauschaft und Keuschheit gepriesen worden. Wie
aber Gott die ehelosen Geistlichen wiederum bezahlt und gestraft habe, wissen
wir zu guter Maß, dass ihnen nicht allein Lust und Liebe zum Ehestand genommen,
sondern auch die Liebe zu den Frauen schier ausgelöst ist. Dass es [ein]
groß[es] Wunder ist, dass nicht längst der gottlosen sodomitische Haufe in
Stiften und Klöstern im Papsttum allein dieser Sünde halben, welche aus
Verachtung des ehelichen Lebens folgt, mit höllischem Feuer angezündet und in
den Abgrund der Hölle versenkt ist.
Dass wir aber andere Gedanken vom Ehestand
fassen und denselben nicht, wie der Papst, fliehen und hassen, dient dies
Evangelium zu; darin wir sehen, dass der HERR sein erstes Wunderzeichen auf der
Hochzeit zu Kana in Galiläa, in dem armen kleinen Flecken tut, da er 30 Jahre
alt, von Johannes schon getauft und jetzt angefangen hat, ein Prediger zu sein.
Des Papsts Heiligkeit und Weisheit nach hätte es dem HERRN Christus viel besser
angestanden, dass er’s zuvor getan hätte, ehe er in das geistliche Amt getreten
und vom Heiligen Geist zum Prediger gesalbt und berufen wäre worden.
Aber es ist solches ein treffliches und
nützliches Beispiel, nicht allein gegen des Papstes Irrtum, der bei uns, Gott
Lob! tot und hin ist, sondern auch gegen die zukünftigen Rotten, die es für
eine große Heiligkeit halten, den Ehestand und andere bürgerliche Wesen lassen
und hin in die Wüste oder Einöde laufe, da man bessere und ruhigere Tage hat
als im Ehestand, da man sich mit Frau, Kindern, Knechten, Mägden, bösen
Nachbarn zanken, schelten und zuweilen auch schlagen muss. Daher der Ehestand
wohl möchte ein mühseliger Stand genannt werden, da Mühe und Arbeit genug
drinnen ist, wenn du Gottes Geschöpf, Stiftung, Segen und Wort aus den Augen
willst setzen. Dagegen haben die Mönche ihr Leben ein heiliges, vollkommenes
Leben geheißen. Aber, wie vor Augen, ist’s wahrhaftig ein faules, geruhsames,
gute, süßes und epikurisches Leben, da sie alles genug gehabt, und die armen
Leute in der Welt gelassen haben, denen ihre Nahrung hat müssen sauer werden,
und haben dennoch den Namen haben müssen, dass sie in einem seligen, guten
Stand wären.
Wiewohl nun das Beispiel, welches uns
Christus hier vorgebildet hat, groß und trefflich ist; so hat’s doch bei den
heillosen Leuten nicht geholfen. Man hat’s wohl in der Kirche gelesen; aber da
ist keiner gewesen, der dies Licht hätte können sehen und sagen: Wenn es denn
so gut ist, in die Wüste gehen oder in das Kloster laufen, warum ist Christus
auf die Hochzeit gegangen? Ist’s denn so bös, in der Welt leben und ehelich
werden: Warum ehrt denn Christus den ehelichen Stand mit seiner Gegenwart und
mit so einem herrlichen Wunderwerk?
Nun hätte es seine Meinung gehabt, wenn
solches Kloster- oder Einsiedlerleben auf zwei oder drei Wochen, auf ein Jahr
oder zwei angestellt wäre. Aber dass man die Ehe nicht allein flieht, sondern
auch in Ewigkeit abschwört, das heißt den ehelichen Stand aufs Höchste verachtet
und verunehrt, und anstatt desselben nicht einen heiligen Stand, sondern Ruhe
und ein stilles Leben gesucht, gegen Gottes Befehl und Ordnung.
Deshalb lernt hier, dass unser HERR Gott
das vierte Gebot ehrt. Denn wo Hochzeit, das ist, Vater und Mutter ist, da muss
auch Haushalten sein, da werden Frau und Kind, Knechte und Mägde, Vieh, Acker,
Handwerk und Nahrung sein. Dies alles zumal will der HERR uns, als ein heiliges
Leben und seligen Stand, hiermit befohlen haben, dass ihn niemand verachten,
sondern ehren und für groß halten soll, wie er ihn ehrt.
Darum ist dies Evangelium eine rechte
Predigt für das junge Volk, dass es lerne, wie man unserm HERRN Gott auch wohl
im Haus dienen kann und nicht vonnöten sei, etwas Besonderes anzufangen; wie
der geschmierte und beschorene Haufen getan. Denn ein Hausvater, der sein Haus
in Gottesfurcht regiert, seine Kindlein und Gesinde zu Gottesfurcht und
Erkenntnis, zu Zucht und Ehrbarkeit zieht, der ist in einem seligen, heiligen
Stand. So eine Frau, die die Kinder wartet mit Essen, Trinken geben, Wischen,
Baden, die muss nach keinem heiligeren, gottseligeren Stand fragen. Knecht und
Magd im Haus auch so, wenn sie tun, was ihre Herrschaft sie heißt, so dienen
sie Gott; und sofern sie an Christus glauben, gefällt es Gott viel besser, wenn
sie auch die Stuben kehren oder Schuhe auswischen, als aller Mönche Beten,
Fasten, Messe halten und was sie mehr für hohe Gottesdienste rühmen.
Deshalb soll man solch Hausleben im
Ehestand keineswegs verachten, noch, wie es die Mönche gelästert haben, für
einen weltlichen, unseligen Stand halten. Denn hier sehen wir, dass der HERR
Christus selbst zur Hochzeit geht. Solches gilt aber nicht allein der Hochzeit,
sondern dem ganzen Haushalten; das will Gott geehrt haben, wie das vierte
Gebot, welches das höchste in der zweiten Tafel ist, ausweist.
Deshalb, bist du Vater und Mutter, so
bleibe in solchem Stand und lerne, dass Gott ein Gefallen daran geschieht, wenn
du tust, was du solches Standes halben tun sollst. Bist du ein Knecht oder
Magd, so lerne, dass Gott einen Gefallen an deinem Stand hat. Denn Gott hat den
Ehestand selbst gesegnet und geehrt, hat die Hochzeit geehrt mit seiner
Gegenwart und erstem Wunderwerk, da er schon ein Prediger war. Er hätte auch
können sagen: Ich will nicht kommen, will meines Predigens warten; es ist ein
weltliches Tun; mir ist ein geistliches Amt befohlen, nach dem muss ich mich
halten.
Aber er, als der höchste Bischof, lässt das
Amt, da er besonderen Befehl zu hatte, an solchem sich nicht irren, verachtet
die Hochzeit nicht, welche des Haushaltens Anfang ist; sondern ehrt, lobt und
preist so die Werke in solchem Stand, dass jedermann dazu soll willig sein und
sagen: Weil Gott mich so gesetzt und geordnet hat, das sich als eine Magd, als
ein Knecht, als ein Kind, als ein Ehemann, als eine Hausmutter soll dem
Ehestand und zum Haushalten dienen, so will ich’s gern tun und meinem Gott in
solchem Stand mit Freuden dienen. Denn ich sehe, dass der hohe Prediger, mein
HERR und Gott, Christus Jesus, sich selbst hierher gibt und kommt auf die
Hochzeit, diesem Stand nicht allein zu Ehren, sondern auch zur Hilfe und
Erhaltung.
Diese Lehre ist nötig gewesen gegen die
Ketzer und Papst, und ist noch heute nötig gegen die Rottengeister, wie
Wiedertäufer und dergleichen, die da kommen und sagen: Es ist nichts mit dem
Haushalten, es geht so und so zu, jetzt hat man untreues Gesinde, jetzt muss
man sich mit dem Nachbarn zanken, jetzt steht einem ein anderer Unfall mit
Frau, Kindern, Nahrung zu; wie kann man bei so viel Unruhe, deren kein Maß noch
Ende im ehelichen Leben ist, an Gott denken und Gott dienen? Ich wollte es
nicht ansehen, will ich ein Kloster laufen, da ich solcher Unruhe aller
entladen bin usw. Sind also hingefahren in des Teufels Namen, der in diesen,
der andere in einen andern Orden und Stand.
Solches soll man merken, auf dass
dergleichen tolle Geister nicht wieder kommen. Denn hier steht’s klar, wie der
HERR Christus selbst, da er auf die Hochzeit kommt, Braut und Bräutigam nicht
von einander geschieden, sondern sie bei einander gelassen und selbst dazu
geholfen habe, dass die Hochzeit desto ehrlicher ausgerichtet würde. Mit
solchem schönen Beispiel hat er uns wollen lehren, dass es ihm auch soll wohl
gefallen, wo man zum Haushalten treu hilft und dient. Denn ob sich schon Mangel
da finden würde, lass dich’s nicht erschrecken; siehe nur, dass du Christus bei
dir habest und nicht gottlos seist: So will er aus Wasser Wein machen und
deinen Stand so segnen, dass du sollst genug haben, und soll sich endlich
finden, was man bedarf, ob es gleich eine Weile mangelt und anstößt.
Solches sieht man auch in der Erfahrung.
Wenn Mann und Frau fein christlich miteinander leben, so nährt sie unser HERR
Gott so leicht dass sie mehr kriegen als sie meinen. Und ich halte es gänzlich
dafür, es sei kein Handwerker, der anders seiner Arbeit fleißig obliegt und
gottesfürchtig ist, wenn man ihm so viel Geld auf einen Haufen auf einen Tisch
vorschüttete, wieviel er ein ganzes Jahr erarbeiten kann, der sich damit getraute
zu erhalten. Aber da geht Gottes Segen heimlich, dass man heute einen Pfennig,
morgen wieder einen löst, und sich dermaßen behilft, dass man muss Gottes Segen
bei solchem stillen Haushalten spüren. Dass also unser lieber HERR Christus
noch heutiges Tages in meinem und deinem Haus (wenn wir nur gottselig und fromm
sind und ihn sorgen lassen) Wasser zu Wein macht. Ebenso, er macht, dass aus
einem Stück Brot zehn müssen werden, und ein Rock so lange währen wie sonst
drei. Dass wir auch solcher Erfahrung halben, wenn wir nur die Augen auftun
wollten, sollten sagen: HERR, die Werke der Haushaltung gehören dir an, dir
dient man damit; denn du hast sie geehrt und ehrst sie noch mit deinem Segen.
Darum will ich sie auch nicht verachten, sondern fleißig dazu helfen in meinem
Stand.
Der Evangelist meldet besonders, wie die
Mutter Jesu auch sei da gewesen. Die wird vielleicht der Braut Mutter auf der
Hochzeit gewesen sein. Denn sie nimmt sich des Tuns an, als sei ihr besonders
daran gelegen, da sie Mangel sieht. Denn es scheint, als sei es eine
Mattheshochzeit [Hochzeit eines armen Schluckers] gewesen, auf welcher Wein und
Brot gemangelt habe. Da denke nun abermals, so Gott der Ehestand nicht gefiele,
sollte nicht Jesus zu ihr gesagt haben: Ei Mutter, du bist so herrlich und
groß, bist allein unter allen Frauen eine Jungfrau und eine Mutter des Sohnes
Gottes, solltest deshalb allein der Kirche und des Gottesdienstes warten: So
begibst du dich hierher in diese Arbeit, wie man Hochzeit wohl verrichte? Und
ist wahr, lächerlich ist’s, dass die heilige Mutter soll sich geben in das
geringe Werk und auf der Hochzeit eine Magd sein, und den Leuten mit Kochen,
Zuschicken und anderm dienen. Aber es geschieht alles, wie ich jetzt oft
gemeldet habe, auf dass wir lernen, diesen Stand recht erkennen, welchen
Christus und die Jungfrau Maria so hoch ehren.
Dennoch hat solches Beispiel nichts
geholfen im Papsttum und hilft bei dem ungehorsamen, untreuen Hausgesinde aus
nichts. Denn niemand will es glauben noch für wahr halten, dass es Gott gedient
sei, wenn man im Haus treu und fleißig dient. Sonst würden Knecht und Magd,
Kind und Gesinde lustig und guter Dinge sein zu aller Arbeit und sich aus ihrem
Hausdienst ein lauter Paradies machen und sagen: Ich will meinem Herrn, meiner
Frau zu Gefallen tun und lassen, was sie wollen. Ob ich zuweilen gescholten,
was schadet’s; da ich das fürwahr weiß, dass mein Stand unserm HERRN Gott ein
Dienst und wohlgefällig Leben ist; denn mein Erlöser, Christus selbst, ist zur
Hochzeit gegangen und hat dieselbe mit seiner Gegenwart und seiner Mutter Maria
Diensten geehrt: Sollte ich nun solchem Stand zu Ehren und Dienst nicht gern
etwas tun und leiden? Aber man findet solche Dienstboten sehr wenig; der größte
Teil ist so verstockt, ob er bleich diese Geschichten hört, dass er’s dennoch
nicht bedenken, noch sich bewegen will lassen, dass er’s im Haus bekommen und
haben kann, dass er Gott da auf das beste diene, mehr als eine Nonne oder Mönch
im Kloster, wenn es ihnen gleich noch so sauer würde. Aber niemand nimmt’s zu
Herzen; niemand glaubt’s. Darum geschieht’s alles mit einem Unwillen und Unlust
und ist nicht möglich, dass Glück oder Heil bei solchem unwilligen Gesinde
könne sein.
Denn sollte nicht eine gottesfürchtige und
fromme Magd im Haus, die kochen und anderes tun muss, an solchem Beispiel der
Mutter Gottes sich trösten und freuen und sagen: Dass ich kochen und anderes
tun muss, das ist eben der lieben Jungfrau Maria Dienst auf der Hochzeit
gewesen; die machte sich auch zu schaffen, sah zu, wie es alles wohl verrichtet
würde usw. Und ob’s wohl ein geringes Werk ist, das ich im Haus tue, und kein
Ansehen hat, so tue ich’s doch Gott zu Ehren, der das befohlen hat und will,
dass ich solchen Gehorsam und Fleiß tun soll, und weiß, wo ich dem nachkomme,
dass es ihm wohl gefällt. Es achte nun die Welt solchen Gehorsam, wofür sie
wolle; so sollen doch die, so da Christen wollen sein, ihn für groß und einen
rechten Gottesdienst halten und mit allem Willen ausrichten. So könnte eine
Magd oder Knecht im Haus sich selbst in seinem Stand und über seiner Arbeit
eine Freude schöpfen und Gott ein Wohlgefallen tun und sagen: Ich danke dir,
HERR, dass du mich in diesen Dienst geordnet hast, da ich weiß, dass ich dir
mit diene mehr als alle Mönche und Nonnen, die für ihren Dienst keinen Befehl
haben. Ich aber habe Gottes Befehl, im vierten Gebot, dass ich Vater und Mutter
ehren, Herren und Frauen mit allem Fleiß und Treue dienen und zum Haushalten
helfen soll; will deshalb mit Lust und Liebe demselben nachkommen.
Wer sich so in die Sache schickte, der
täte, was er tun sollte, mit Freude und Lust, und wäre hier bereits im
Paradies; und unser HERR Gott würde auch ein Wohlgefallen daran haben, mit
allen seinen Engeln. Desgleichen Herr und Frau, die würden wiederum solche
Treue und willigen Dienst reichlich vergelten. Denn treues, frommes Gesinde
wird allenthalben wert gehalten. …
Darum lasst uns dies Beispiel wohl lernen,
dass jedermann willig und gern diene und helfe zu diesem Stand, welchen unser
HERR Gott selbst hoch gesetzt und geehrt und einen Brunnen und Quelle aller
andern Stände auf Erden gemacht hat. Denn das Haushalten oder Ehestand muss
alle Könige und Fürsten erhalten: Nicht allein deshalb, dass Könige und Fürsten
aus dem Ehestand kommen; sondern dass man weder Leute noch Zinse würde haben,
wenn nicht Eheleute wären. Denn der Haushalter muss es erwerben, wovon alle
Stände in der Welt, vom höchsten bis auf den geringsten, erhalten werden. …
Besonders aber sollen die Eheleute den
Trost hier fassen, wenn sie fromm und gottesfürchtig sind, dass sie Gott nicht
lassen, sondern mit seinem Segen gern bei ihnen zusetzen will und allen Mangel
wenden, wie er hier tut. Denn da wird anders nichts draus, Eheleute müssen viel
Anstöße haben wegen Nahrung und anderem. Aber hat man Christus auf der
Hochzeit, dass man gottesfürchtig ist, so soll der Segen und die Hilfe nicht
draußen bleiben. …
Solches sollt ihr aus dem heutigen
Evangelium lernen und Gott um seine Gnade anrufen, dass wir es behalten und uns
so christlich in unsern Beruf schicken können. Amen.
Matthäus 8,1-13: Da er aber vom Berge herabging, folgte ihm viel Volks nach.
Und siehe, ein Aussätziger kam und betete ihn an und sprach: HERR, so du
willst, kannst du mich wohl reinigen. Und Jesus streckte seine Hand aus, rührte
ihn an und sprach: Ich will’s tun; sei gereinigt! Und alsbald ward er von
seinem Aussatz rein. Und Jesus sprach zu ihm: Siehe zu, sag’s niemand, sondern
gehe hin und zeige dich dem Priester und opfere die Gabe, die Mose befohlen
hat, zu einem Zeugnis über sie. Da aber Jesus einging zu Kapernaum, trat ein
Hauptmann zu ihm, der bat ihn und sprach: HERR, mein Knecht liegt zu Hause und
ist gichtbrüchig und hat große Qual. Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und
ihn gesund machen. Der Hauptmann antwortete und sprach: HERR, ich bin nicht
wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein
Knecht gesund. Denn ich bin ein Mensch, dazu der Obrigkeit untertan, und habe
unter mir Kriegsknechte; doch wenn ich sage zu einem: Gehe hin! so geht er, und
zum andern: Komm her! so kommt er, und zu meinem Knecht: Tue das! so tut er’s.
Da das Jesus hörte, verwunderte er sich und sprach zu denen, die ihm
nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch, solchen Glauben habe ich in Israel nicht
gefunden. Aber ich sage euch: Viele werden kommen vom Morgen und vom Abend und
mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich sitzen. Aber die Kinder des
Reichs werden ausgestoßen in die äußerste Finsternis hinaus, da wird sein
Heulen und Zähneklappen. Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Gehe hin; dir
geschehe, wie du geglaubt hast! Und sein Knecht ward gesund zu derselben
Stunde.
Im heutigen Evangelium werden uns zwei
Stücke vorgehalten: Das erste von dem Aussätzigen, welchen der HERR rein macht;
das andere von einem Hauptmann, der einen kranken Knecht hatte. Solche
Wunderzeichen, meldet der Evangelist, habe Christus bald nach der langen Predigt
auf dem Berg getan. Denn so sollte es gehen, dass er erst predigte und danach
solche Predigt mit Wunderwerken bezeugte, dass jedermann könnte urteilen, dass
die Predigt recht und nicht falsch wäre und desto eher glaubte.
Wir bedürfen, Gott Lob! der Wunderzeichen
nicht; denn die Lehre ist bereits mit Wunderzeichen so bezeugt, dass niemand
dran zweifeln soll. Aber dennoch will es sonderlich mit denen, so das Wort
führen, vonnöten sein, dass sie nicht allein als Christen reden können, sondern
auch als Christen leben und mit dem Werk der Lehre Zeugnis geben und ihren
Glauben sehen lassen. Denn das Reich Gottes steht nicht, wie St. Paulus sagt,
in den bloßen Worten, sondern in der Kraft. Wo nun Lehre und Werk
zusammenstimmen, da schafft es Frucht. Da dagegen jedermann sich muss ärgern,
wenn das Leben böse ist und sich mit der Lehre nicht reimt.
Nun sind aber solche zwei Wunderwerke hier
nicht allein anzusehen als Zeugnisse der Lehre (denn weil es solche Werke sind,
die über alle menschliche Kraft und Vermögen sind, muss die Vernunft für sich
selbst schließen, wie wir an Nikodemus, Joh. 3,2, hören, dass solche Zeichen
niemand tun kann, es denn Gott mit ihm); sondern sind auch anzusehen als
Beispiele des Glaubens und der Liebe. Denn er sieht nicht, was für ein
freundliches Herz unser lieber HERR Christus hat, dass er sich mit einem Wort
lässt aufbringen und hilft, da sonst alle Welt nicht helfen kann? Das ist je
ein Zeichen, dass er’s mit den armen, betrübten, elenden Leuten nicht übel
meine; sonst würde er tun, wie wir tun, wenn wir unlustig und zornig sind, so
man kommt und etwas von uns begehrt oder haben will, heben wir niemand ein
gutes Wort. Das tut Christus nicht. Der Aussätzige hat den Mund noch nicht
recht aufgetan, alsbald ist Christus da, rührt ihn an und sagt, er wolle ihm
gern helfen; und hilft ihm auch.
Solche Gutwilligkeit soll nicht allein uns
reizen, dass wir in unsern Nöten auch Hilfe bei ihm suchten und hofften, er
werde uns nicht lassen; sondern sollte uns vorleuchten, dass wir dergleichen
Liebe und Freundlichkeit unserem Nächsten auch bewiesen, und in solchem Werk,
gleichwie Christus, auf nichts als auf den Gehorsam gegen Gott und des Nächsten
Not und Besserung sähen. Denn Christus sucht mit solcher Hilfe weder Ehre noch
Gut; allein sieht er dahin, dass der arme Mensch solcher Hilfe bedarf und dass
Gottes Ehre damit gefördert und ihm so der Gehorsam geleistet wird.
Damit aber dienst du Gott nicht, wenn du
einem etwas zugute tust, dass er wir wieder dienen und du solche Wohltat wieder
genießen könntest, sondern dienst dir selbst damit. Wer aber Gott und seinem
Nächsten recht will dienen, der sehe nicht auf seinen Nutzen, sondern nur auf
die Not, so vorhanden ist, und dass es Gott haben will und so befohlen hat,
dass man den Nächsten in der Not nicht soll stecken lassen, wenn man gleich
nimmermehr dafür einen Strohhalm genießen, ja, noch allen Undank damit
verdienen sollte. Wie wir in einer andern Geschichte sehen, da Christus zehn
Aussätzige reinigt und nur einer wiederkommt und ihm für die Wohltat dankt, die
andern neun hätten ihn nicht angesehen. Dass Christus solchen Undank nicht
zuvor gewusst hat, ist nicht möglich. Aber unangesehen solchen Undanks, da sie
ihn bitten, hilft er ihnen und Gott das Übrige.
Ebenso mag man von der Liebe sagen im
andern Wunderzeichen, mit dem Hauptmann. Alles miteinander rechnet’s Christus
dahin, dass Gottes Gnade und Güte gepriesen und den armen Leuten in ihrer Not
geholfen werde. Das heißt eine rechte Liebe, die auf nichts als auf Gottes Wort
und Befehl sieht.
Das Beispiel des Glaubens ist auch über die
Maßen schön, dass der aussätzige Mensch, der sonst des Gesetzes halben unter
die Leute nicht geht, mit ihnen in der Nähe weder reden noch anderes darf tun,
sich zum HERRN Christus ohne Scheu findet, fällt vor ihm nieder und bittet:
„HERR, so du willst, so kannst du mich wohl reinigen.“ Da sieht man beides: Er
glaubt fest und ohne Zweifel, Christus sei so gütig und daneben so allmächtig,
dass er ihm könne helfen in der Krankheit, da sonst allen Menschen unmöglich
ist, dass sie konnten helfen; so doch er, der HERR Christus, gleichwie andere
Menschen, daher ging, keine besondere Pracht noch Schein führte, dennoch, ob er
solches fest glaubt, setzt er solche Bitte dem HERRN Christus heim, wo er ihm nicht
wolle helfen, das ist, so es gegen Gottes Ehre und seine Seligkeit wäre, so
wolle er solchen Jammer gern dulden und tragen.
Das heißt nicht allein recht glauben,
sondern auch recht beten; wie es denn allwege beieinander ist: Wer recht
glaubt, der betet recht; wer nicht recht glaubt, der kann nicht recht beten.
Denn mit dem Gebet muss es erstens so sein, dass das Herz gewiss sei, Gott sei
so gnädig und barmherzig, dass er unsere Not gern wenden und uns helfen wolle.
Besonders aber soll solches Vertrauen fest
und gewiss sein in den Stücken, so Gottes Ehre und unsere Seligkeit betreffen,
wie da sind Vergebung der Sünden, Rettung wider den Teufel und Tod, dass Gott
seinen heiligen Geist in unsere Herzen geben, uns in seinem Wort erhalten, in
keine Anfechtung sinken, im Glauben und Liebe alle Tage zunehmen wolle lassen
usw. Solche Stücke dienen vornehmlich zur Ehre Gottes und unserer Seligkeit.
Deshalb soll das Herz nimmermehr zweifeln, wenn man Gott drum bittet, er werde
es gern geben und uns solche Bitte nicht versagen. Denn dazu bedürfen wir der
Hilfe Gottes, und Gott hat sie uns in seinem Wort versprochen.
Wer aber in solchen Sachen bitten wollte,
wie der Aussätzige hier: „HERR, so du willst“, so vergib mir meine Sünde, mache
mich selig usw., der betet unrecht. Denn da können wir an Gottes Willen nicht
zweifeln, dass er solches tun wolle, da er uns in seinem Wort seinen Willen
schon offenbart hat, dass er wolle, dass jedermann selig werde und solcher
Ursache wegen seinen Sohn, unsern HERRN Jesus Christus, am Kreuz für aller Welt
Sünde bezahlen hat lassen und geboten, jedermann soll ihn hören, annehmen und
an ihn glauben.
Warum stellt der Aussätzige seine Bitte so,
dass er dies Wort hinzusetzt und spricht: „So du willst, so kannst du mich reinigen“?
Hier muss man auf den Handel sehen, worum es zu tun sei. Zuvor habe ich gesagt,
was unsere Seligkeit und ohne Mittel Gottes Ehre betrifft, da dürfe man das
Gebet in keinen Zweifel setzen. Denn Gottes Wille ist offenbar, dass er seine
Ehre und unsere Seligkeit will ungehindert haben. Aber eine solche Meinung hat
er nicht mit dem Zeitlichen. Es kann einer arm, krank, elend und verachtet sein
und dennoch selig werden, wie es denn mit allen Christen geht. Weil nun an
solchem zeitlichen Mangel die Seligkeit nicht liegt, sondern solcher Mangel
kann oft zu etwas Gutem dienen: Darum, wer um Rettung und Hilfe bittet, der
soll wohl glauben, dass Gott könne helfen und werde helfen; aber doch soll er
seinen Willen in Gottes Willen setzen: Wo es zu Gottes Ehre nicht dienen oder
uns an unserer Seligkeit soll nachteilig sein, so wollten wir solches Kreuz
gern länger tragen.
Das heißt in solchen Sachen recht beten,
nämlich Glauben, Gott könne helfen; und dennoch Gott weder Zeit, Maß noch Ziel
setzen, wie und wann er uns helfen soll. Denn es hat allgemein mit uns den
Mangel, dass wir nicht allewege wissen, was und wie wir bitten sollen; wie St.
Paulus sagt Röm. 8,26. Dagegen aber müssen wir bekennen, dass Gott wohl wisse,
was zu seiner Ehre und unserer Seligkeit am besten sei. Deshalb sollen wir
unseren Willen in seinen setzen und gar nicht zweifeln, so solche Bitte zu seiner
Ehre und unserer Seligkeit gereichen soll, er werde gewiss uns erhören.
Darum sollen wir dieses Beispiel wohl
merken, dass wir auch so lernen beten und ja in unsern Herzen keinen Zweifel
haben, Gott sei uns gnädig, er wisse unsere Not und Jammer und wolle unsere Not
und Anliegen sich befohlen lassen sein. Solches sollen wir fest glauben und
dennoch uns demütigen und sprechen: HERR, du weißt Zeit und Stunde, darum tue,
was mir nütze und deinem Namen ehrlich ist. Wie der Aussätzige hier auch tut:
Dass Christus helfen könne, da zweifelt er auch nicht dran; denn sonst würde er
ihn nicht angeschrien haben, wo er an seinem Willen einen Zweifel hätte
gehabt. Aber neben dem muss er bekennen,
dass ihm nicht gebühren wolle, Ort, Stunde, Weise und Wege zu bestimmen, wann
und wie ihm soll geholfen werden. Solcher Glaube und Gehorsam gefällt dem HERRN
Christus besonders wohl; darum hilft er dem Armen eben zu der Stunde, an dem
Ort und auf die Weise, da er’s nicht hätte begehren dürfen.
Daher kommen die schönen Sprüche aus den
Propheten, Ps. 27,14: „Harre des HERRN, sei getrost und unverzagt und harre des
HERRN“; Ps. 130,5.6: „Meine Seele wartet auf den HERRN, und ich hoffe auf sein
Wort. Meine Seele wartet auf den HERRN von einer Morgenröte zur andern“; Hab. 2,3:
„Ob die Verheißung verzieht, so harre ihrer, sie wird gewiss kommen und nicht
verziehen.“ Denn das sieht man in allen Geschichten, dass die Hilfe endlich
nicht außen bleibt, ob sie gleich lange verzieht. So hat Gott auch seine
besondere Rechnung darauf. Denn darum erhört er nicht so bald und verzieht die
Hilfe, auf dass er Ursache habe, mehr und reichlicher zu geben als wir beten
oder verstehen können, wie St. Paulus sagt Eph. 3,20.
Was meint aber der HERR damit, nachdem er
den Aussätzigen rein gemacht hat, dass er ihn zum Priester weist und heißt ihn
das Opfer bringen, wie Mose befohlen hat? Es ist nicht unrecht geantwortet,
dass man sagt: Der HERR Christus habe in diesem Fall uns ein Beispiel der Liebe
vorgestellt; weil er, der es doch Macht hatte, den Priestern das nicht
entziehen will, was ihnen von Gott gegeben und gegönnt war, dass wir auch
jedermann bei seinem Rechten bleiben lassen und niemand, was ihm gebührt,
entziehen sollen.
Aber die vornehmste Ursache solches Befehls
geht dahin, dass der HERR sein Wunderwerk will öffentlich bezeugt haben, auch
von seinen Feinden. Denn dass der Priester das Opfer von diesem annimmt und
gibt ihm das Zeugnis, er sei rein, das dient dazu, dass er und alle Menschen
Christus sollen angenommen und an ihn geglaubt haben, als an den rechten
Messias. Denn da standen die Prophezeiungen, Christus sollte solche Wunderwerke
tun, wenn er in die Welt kommen würde. Darum führt der HERR diese Worte und
spricht: „Opfere die Gaben, die Mose befohlen hat, zum Zeugnis über sie.“ Als
sollte er sprechen: Sie werden bekennen müssen, dass dennoch an mich nicht
glauben und mich für den Messias nicht wollen annehmen, das ist ein lauter
verstockter Mutwille, der soll wohl gerächt werden. Indes soll dennoch solches
Zeugnis gegen wie den andern dienen, dass sie mich annehmen und an mich
glauben.
Der Papst hat aus diesem Befehl die Beichte
wollen gründen, weil sie Sünde dem Aussatz kann verglichen werden, dass man
sich dem Priester zeigen und so von Sünden reinigen soll lassen. Aber es ist
ein sehr fauler Grund. Denn was geht’s uns an, was Gott den Juden des Aussatzes
halben geboten hat? Haben wir doch keine solchen Priester. Und wenn wir’s schon
hätten, so ist’s gewiss, die Priester haben die Aussätzigen nicht rein gemacht;
sondern wenn wie rein gewesen, so haben sie ihnen das Zeugnis gegeben, dass sie
rein sind. Wie reimt sich aber das auf die Beichte, da man dafür gehalten, dass
sie zur Vergebung der Sünden diene? Denn die Aussätzen haben den Priestern
nicht den Aussatz, sondern einen schönen reinen Leib weisen sollen, wenn sie
mit dem Opfer vor den Priester gekommen sind. …
Das andere Wunderwerk mit dem kranken
Knecht ist auch ein Zeugnis der Lehre Christi, dass man muss bekennen, weil
Gott mit Wunderwerken so bei sich hält, dass seine Lehre rein, recht und gut,
und er der rechte Messias oder Christus sei.
Aber daneben ist hier ein treffliches
Beispiel eines besonderen, hohen und großen Glaubens in dem Hauptmann; wie denn
der HERR selbst solchen Glauben dermaßen rühmt, dass er desgleichen in Israel
und unter dem heiligen Volk nicht gefunden habe. Solchen Glauben spürt man
erstlich in dem, dass dieser Hauptmann, ob er gleich kein Jude, sondern ein
Heide ist, dennoch zum HERRN Christus schickt, in vollem Vertrauen, er werde
ihn nichts entgelten lassen; sondern wie er könne, so wolle er ihm auch helfen.
Denn wo diese Zuversicht nicht fest in seinem Herzen gewesen, so würde er, wie
Lukas schreibt, die Ältesten der Juden nicht bemüht und zu Jesus geschickt
haben. Dass er sie aber zu ihm geschickt, ist ja ein Zeichen, dass er hofft, er
wolle etwas bei ihm erlangen.
Bei solchem Vertrauen und Glauben steht
eine besonders hohe und große Demut, dass er sich nicht würdig achtet, dass er
selbst zu Christus gehen und ihn bitten soll: sondern schickt erst die Ältesten
der Synagogen und danach, wie er hört, dass der HERR komme, schickt er, wie St.
Lukas sagt, seine Freunde ihm entgegen, lässt ihn bitten, er wolle sich nicht
bemühen; denn er erkenne sich unwürdig, dass der HERR ihm nachgehen soll. So
könne er, der HERR, die Sache, darum er gebeten sei, mit einem Wort ausrichten,
ob er gleich nicht persönlich da sei. Solches glaubt dieser Hauptmann so
gewiss, dass er sein eigenes Beispiel anzeigt und spricht: „Ich bin ein Mensch,
der Obrigkeit untertan, und habe Kriegsknechte unter mir und spreche zu einem:
Gehe hin, so geht er hin; zum andern: Komm her, so kommt er; und zu meinem
Knecht: Tu das, so tut er’s.“ Ist nun mein Wort so kräftig, der ich ein Mensch
bin; wieviel mehr muss kräftig sein, spricht er zu Christus, wenn du ein Wort
sagst! Das heißt nicht allein glauben, sondern vom Glauben und seiner Art auf
das beste und herrlichste predigen und lehren. Darum wäre es wohl zu wünschen,
dass wir an Christus dermaßen auch könnten glauben, der durch sein Wort so
reichlich bei uns wohnt, ob wir gleich seine Person nicht sehen.
Ein sehr herrliches Beispiel ist es, dass
dieser Mann so gewiss und eigentlich auf das Wort Christi fußen kann. Erstlich
versieht er sich zu Christus alles Guten; danach bittet er nicht mehr, als er
soll nur ein Wort sagen. Auf dasselbe harrt er mit höchstem Vertrauen und
Freude, als auf den einigen Schatz; wenn er den habe, dass seinem Knecht nichts
mehr fehlen, sondern er frisch und gesund werde sein.
Das lerne ihm nachtun, der du das Wort
schon hast. Denn da sind die tröstlichen Zusagen, dass Gott durch Christus
gnädig sein, und wir durch den Glauben an Christus Vergebung der Sünden und das
ewige Leben sollen haben. Aber es mangelt uns an dem Herzen, das dieser Hauptmann
hier hat; der denkt: Wenn ich das Wort habe, so habe ich’s alles, so wird
alsbald folgen, was das Wort zusagt. Solches können wir nicht tun; darum folgt,
dass wir das Wort nicht achten und dieweil auf andere Dinge gaffen; so doch das
Wort allmächtig ist und, wie dieser Hauptmann hier glaubt, nicht kann lügen.
Was er verheißt, das soll gewiss so geschehen und uns widerfahren.
Nun ist aber solcher Glaube auch darum
desto mehr zu preisen, dass dieser Hauptmann ein Heide ist, der keine
Verheißung hat wie die Juden, darf deshalb die Ehre sich nicht anmaßen noch
rühmen, welche die Juden, als das Volk Gottes hatten. Denn das ist des Glaubens
eigene Art, dass er demütige Herzen macht, die von sich nicht viel halten noch
hoffärtig sind, und deshalb sich an die bloße Gnade und Barmherzigkeit Gottes
hängen.
Solches sollen wir uns auch trösten, auf
dass, wenn dieser Gedanke in unsere Herzen auch kommt, dass wir müssen
bekennen, wie wir arme elende Sünder sind, und uns keiner Würdigkeit noch
Verdiensts rühmen können: Wir dennoch nicht verzagen, sondern uns an die
Verheißung Gottes hängen und seine Gnade begehren. Solches gefällt Gott wohl,
und will es von uns haben. Denn sonst wäre und hieße es nicht Gnade, wenn wir
nicht allerdinge unwürdig und unverdient zu der Verheißung kämen. Wie dieser
Hauptmann: Der kann nicht rühmen, wie die Juden, dass ihm Gott etwas schuldig
sei; darum darf er selbst nicht vor den HERRN Christus, sondern denkt: Mit mir
ist’s verloren, ich muss andere Leute genießen; hält dennoch fest an dem: Der
Mann ist so gütig und freundlich, er wird mich nicht lassen.
Das heißt und ist ein rechter Glaube und
rechte Demut, dass man sich der Unwürdigkeit halben fürchtet und dennoch nicht
verzagt. Denn Gott will beides von uns haben: Dass wir erstlich nicht stolz
sollen sein; und zum andern, dass wir nicht verzweifeln, sondern auf die Gnade
warten sollen; wie der 147. Psalm V. 11 sagt: „Der HERR hat Wohlgefallen an
denen, die ihn fürchten, und die auf seine Güte warten.“
Solches taten die Juden nicht, die ließen
sich dünken: Dass Gott ihnen hold wäre und alles Gute täte, das tät er billig;
denn sie hielten sich an seinen Willen und verdienten es um ihn; wurden stolz
und sicher und verachteten die Gnade. Darum fällt der HERR so ein schweres Urteil
über sie und spricht: „Viele werden kommen vom Morgen und vom Abend und mit
Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich sitzen. Aber die Kinder des Reichs
werden ausgestoßen in die Finsternis hinaus, da wird ein Heulen und
Zähneklappen sein.“ Das macht der schändliche Unglaube, dass sie so hoffärtig
sind und die Gnade verachten. Darum, wie wenig sie das hilft, dass sie Abrahams
Same sind; ebenso wenig soll es den Heiden schaden, dass sie nicht Abrahams
Kinder sind, wenn sie sich nur an Christus mit festem Glauben halten und nach
der Gnade und Barmherzigkeit seufzen. Denn dazu hat Gott Lust, dass er die, so
satt sind, lässt hungern; wiederum aber die Hungrigen sättigen will,
unangesehen es seien Heiden oder Juden. Denn vor Gott gilt weder Heide noch
Jude, weder Beschneidung noch Vorhaut, sondern allein der Glaube an Christus,
dass man in aller Demut sich erniedrige und nichts als Gnade begehre.
So lehrt dies Evangelium neben der Lieber
sehr fein vom Glauben, welcher Art er sei, wie er sich an das Wort halte und
auf die Gnade Gottes in aller Demut harre. Wer solches tut, dem wird es
geraten, wie dem Aussätzigen und danach diesem feinen Hauptmann, dass ihm
geschehen wird, wie er glaubt; das ist, gleichwie er allein Gottes Güte und
Gnade im Herzen hat, derselben begehrt und sich darauf verlässt: So will Gott
allein nach Gnaden mit ihm handeln, ihn annehmen und ihm helfen. Gott verleihe
uns seinen Heiligen Geist, der solche Zuversicht auf die Gnade durch Christus
in unsern Herzen auch erwecken und so uns zu Seligkeit führen wolle. Amen.
Matthäus 8,23-27: Und er trat in das Schiff, und seine Jünger folgten ihm.
Und siehe, da erhob sich ein großes Ungestüm im Meer, so dass auch das
Schifflein mit Wellen bedeckt ward; und er schlief. Und die Jünger traten zu
ihm und weckten ihn auf und sprachen: HERR, hilf uns, wir verderben! Da sagte
er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam? Und stand auf und bedrohte den Wind und das
Meer; da ward es ganz still. Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen:
Was ist das für ein Mann, dass ihm Wind und Meer gehorsam ist?
Wir sehen im heutigen Evangelium, dass uns
eine solche Geschichte darin vorgehalten wird, aus welcher wir nicht lernen,
was man tun soll; denn von unsern Werken wird hier nichts gehandelt: Sondern
was man in Nöten und Widerwärtigkeit glauben, und wie man sich trösten soll.
Darum ist’s der hohen Predigten eine vom Glauben, welche doch jedermann sich
dünken lässt, er könne sie wohl; als sei es ein schlichtes und gemeines Ding.
Darum wollen wir’s teilen: Erstlich reden
vom Kreuz und Leiden; danach vom HERRN Christus und vom Glauben an ihn, dass
derselbe allein, als der eine und beste Trost, gelte und helfe; zum dritten von
der Frucht und dem Nutzen, so nach der Anfechtung aus dem Glauben folgt. Solche
Stücke werden fein anzeigen, welch eine tröstliche Geschichte der Evangelist
uns mit wenig Worten vorhält, der wir ja nicht gern entraten sollten.
Das erste Stück ist, dass der HERR Jesus
mit seinen Jüngern in das Schiff tritt. Da ist noch kein Ungewitter, sondern
ein feines, freundliches, stilles Wetter; so ist das Meer auch sanft und still.
Sonst würden sich wenigstens die Jünger gescheut haben, sich ins Schiff zu
setzen. Sobald aber Christus mit seinen Jüngern in das Schiff sitzt und sie vom
Land abstoßen und auf das Meer kommen, da erhebt sich so ein großes Ungestüm,
dass das Schifflein mit Wellen bedeckt wird, als sollte es jetzt untergehen.
Diese Geschichte lässt uns wohl merken und
ein Sprichwort daraus machen, dass wir sagen: So geht’s; kommt Christus in das
Schiff, so wird’s nicht lang still bleiben, es wird ein Wetter und Ungestüm
kommen. Denn gewiss geht’s so, wie Christus Luk. 11,21.22 auch sagt, dass der
starke Gewappnete seinen Palast in Ruhe und Frieden besitzt, bis ein Stärkerer
kommt; alsdann geht der Unfriede an und hebt sich ein Schlagen und Kämpfen. So
sieht man in der Geschichte des Evangeliums auch: Wenn es zuvor alles still
ist, sobald Christus sich mit einer Predigt hören und mit einem Wunderwerk
sehen lässt, da brennt es in allen Gassen. Die Pharisäer, Schriftgelehrten,
Hohenpriester rotten sich, wollen ihn schlicht tot haben; und besonders der
Teufel hebt erst recht an zu toben und zu wüten. Solches sagt Christus lange
zuvor, Matth. 10,34-36: „Ihr sollt nicht wähnen, dass ich gekommen sei, Friede
zu senden auf Erden. Ich bin nicht gekommen, Friede zu senden, sondern das
Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu erregen gegen seinen Vater und
die Tochter gegen ihre Mutter und die Schwiegertochter gegen ihre
Schwiegermutter. Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen
sein.“
Das dient aber alles miteinander dazu, dass
du dich zuvor wohl bedenkst, ob du wollest ein Christ sein oder nicht. Denn so
du willst ein Christ sein, so schicke dich auf dies Ungewitter und diesen
Unfrieden, da wird nicht anders drauf; wer in Christus will gottselig leben,
sagt St. Paulus, der muss Verfolgung leiden. Daher ermahnt auch Jesus Sirach
alle Gläubigen und spricht: „Mein Sohn, willst du Gottes Diener sein, so
schicke dich zur Anfechtung, halte fest und leide dich.“ Als sollt er sagen:
Wenn du Gottes Diener nicht willst sein, so fahre immer hin, der Teufel wird
dich wohl zufrieden lassen, bis zu seiner Zeit. Wiederum aber, so du begehrst
Gott zu dienen und ein Christ zu sein, so gib dich nur willig dahin; das Wetter
und die Verfolgung werden nicht außen bleiben. Darum fasse einen Mut, dass du
davor, als vor einem unvorhergesehenen Zufall, nicht erschreckst. Fürchte dich
vor solchem Wetter, sondern fürchte dich vor Gott, dass du der Welt halben von
seinem Wort nicht abweichst, und wag es trotzig drauf: Es sei um der Welt Gunst
willen nicht angefangen; darum wollest ihrer Ungunst und Zorns halben auch
nichts unterlassen. Das ist’s, das der Evangelist uns will lehren in dem, da er
sagt: Das Ungestüm habe sich allererst erhoben, da Christus in das Schiff
getreten und auf das Meer vom Land weg gekommen sei.
Es dient aber solches uns auch dazu, dass
wir den bösen unnützen Lästermäulern wissen zu antworten, die mehr nicht können
als das Evangelium lästern und sprechen: Vorhin, ehe die Lehre aufgekommen, war
es alles fein still und vollauf; jetzt ist so viel Unglück, dass niemand
erzählen kann, Rotten, krieg, Aufruhr, teure Zeit, Türke und aller Jammer. Wer
nun solche schändlichen Lästermäuler stopfen will, der spreche zu ihnen:
Lieber, hast du es nie im Evangelium gelesen, sobald Christus in das Schiff und
auf das Meer kommt, dass sich ein Ungestüm erhebt?
Nun ist’s aber nicht des HERRN Christus,
sondern des Teufels Schuld, der ihm feind ist und will ihn nicht leiden. So ist
er dem Evangelium auch feind, wollte deshalb gern so viel Unruhe und Jammer auf
Erden anrichten, dass es müsste zu Boden gehen. Aber das blinde, verstockte
Volk will solches nicht sehen noch merken. Allein sieht’s auf den Unrat und
Mangel und lästert, es sei des Evangeliums Schuld. Was aber Gutes aus dem
Evangelium komme, wie man Gott dadurch erkennen, zur Vergebung der Sünden
kommen und heilig könne werden, solches wollen sie nicht sehen.
Eben wie das undankbare, störrige und
unbändige Volk, die Juden in der Wüste, auch taten. Da sie in Ägypten waren und
einem zweier Arbeit aufgelegt war, da riefen sie zu Gott, er sollte ihnen von
dem Jammer helfen, sie wollten fromm sein. Aber was geschah? Da sie Gott von
solchem Jammer erlöste und sie in die Wüste kamen, da war es alles vergessen.
Das aber war das Ärgste, dass alles bei ihnen vergessen war, was und wieviel
sie in Ägypten hatten arbeiten und leiden müssen. Allein dachten sie an die
Fleischtöpfe und an das Brot in Ägypten. Die konnten des Papsts Kunst auch, klaubten
fein heraus, was sie Gutes gehabt hatten; was sie aber daneben gelitten hatten,
des konnten sie wohl schweigen. Daher, da ihnen Gott hernach das Himmelsbrot
gab, verachteten sie es auch, ließen sich dünken, es wäre nicht so gut wie das
Fleisch in Ägypten. So ist unsere Natur und böse Art durch die Erbsünde
verderbt; es mache es Gott mit uns, wie er wolle, so kann er’s uns nicht recht
tun. Darum gehört eine große und göttliche Geduld dazu, dass er solche böse
Buben so lange dulden kann.
[Wer uns vor zwanzig Jahren gefragt hätte:
Ob wir lieber ein Jahr Teuerung haben oder uns von den Mönchen und Pfaffen
immerdar so schinden, plagen und treiben wollten lassen, wie dazumal im Brauch
gewesen; meinst du nicht, jedermann würde mit Freuden die Teuerung gewählt
haben, dass man der schweren, unerträglichen, dazu, als sie anzusehen war,
unendlichen Schinderei wäre abgekommen? Denn da wäre die Hoffnung gewesen, was
ein Jahr nicht gewesen, dass würde das andere geben; so doch jene Schinderei
für und für ging und von Tag zu Tag je länger je mehr zunahm. Solches und
anderes Unrats haben wir so rein vergessen, rühmen die Rhe und das vorige
Wesen, sehen nicht, was für eine greuliche Klippe dran gehängt, dass man uns
nicht allein in solchem Frieden um Geld und Gut, sondern auch um Leib und
Seele, durch falsche Lehre und Abgötterei, gebracht hat. Und haben es dennoch
nicht können überhoben sein. Denn es sind auch zur selben Zeit teure Zeit,
Pestilenz, Krieg und andere Plagen mit zugeschlagen. Weil jetzt dergleichen
auch geschieht, will man’s dem Evangelium Schuld geben.]
Wie meinst du aber, dass Gott solches
gefallen werde, der keinen höheren Schatz hat als sein Wort, und uns besser und
mehr nicht helfen noch raten kann von Sünde und Tod als durch das Evangelium:
Und es doch so greulich ungeehrt und gelästert wird in dem, dass man ihm Schuld
gibt, es errege alles Unglück usw.? Was wird aber für eine Strafe auf solche
Lästerung folgen? Diese, dass Gott solcher Lästerer Herzen und Augen gar
verblenden wird, dass sie die herrlichen, großen Wohltaten Gottes nicht sehen
und mit den Juden so müssen verstockt werden und bleiben, dass sie nicht mehr
können als Gott lästern und zuletzt zum Teufel fahren. Solcher Lohn gehört auf
sie und wird ihnen gewiss begegnen. Musst du doch sonst leiden, wo gleich das
Evangelium nicht ist dass dir nicht jedermann hold sei und du Feindschaft
habest. So hat Rom Krieg und allerlei Unglück müssen leiden, ehe das Evangelium
gekommen ist.
Deshalb hat das Evangelium an solchem keine
Schuld. Alle Schuld ist des Teufels und unserer Undankbarkeit. Der Teufel kann
das Evangelium nicht leiden und wollte es gern dämpfen, darum richtet er alles
Unglück an. Und je gewaltiger das Wort geht, je zorniger und wütiger er darüber
wird. Wenn wir denn gegen solchen großen Schatz uns so undankbar stellen, ihn
nicht annehmen noch gebrauchen, ja, noch hassen und verfolgen wollen, so kann’s
Gott auch nicht dulden; muss deshalb mit allerlei Strafen und Plagen kommen,
dass er dem Undank wehre.
Das ist das erste Stück, dass du lernst, so
du ein Christ willst sein, dass du dich auf das Ungewitter schickst. Willst du
es aber nicht tun, so fahre hin; du wirst es wohl erfahren, wenn du sterben
sollst, was du getan hast.
Das andere Stück ist von der rechten Art
des Glaubens: Der geht in solchem Kampf und Ungewitter her und findet sich zu
Christus und weckt ihn auf. Das lerne auch wohl merken. Denn unsere
Widersacher, die Papisten, halten den Glauben für ein sehr geringes Ding.
Dagegen aber halten sie viel vom freien Willen. Ich wollte aber ihnen wünschen,
dass sie auch mit im Schiff wären, dass sie versuchten, was in solcher Angst
und Nöten der freie Wille vermöchte.
Die Apostel haben’s hier fein gelernt. Es
sei der Glaube so schwach und gering bei ihnen gewesen, wie er wolle; dennoch,
wo solcher schwache, geringe Glaube nicht wäre gewesen, hätten sie des feien
Willens haben verzweifeln müssen und wären in den Abgrund des Meers gesunken.
Aber weil ein kleiner Glaube da ist, wie Christus selbst zeugt, da er spricht:
„O ihr Kleingläubigen“, so haben sie einen Behelf, dass sie nicht gar verzagen,
und laufen zu Christus, wecken ihn auf und begehren seine Hilfe.
So nun solches der kleine, schwache Glaube
tut, was sollte wohl der starke, große Glaube tun? Wie vor acht Tagen das
Beispiel von dem Aussätzigen und dem Hauptmann zu Kapernaum zeugt. Darum ist’s
mit dem freien willen nichts, er verliert sich und kann nicht bestehen, wenn
die Züge herkommen und es an das Treffen geht. Denn da sind unsere Gedanken
anders nichts als dass wir schreien und uns hundert Meilen Wegs davon wünschen.
Das ist, der freie Wille tröstet das Herz nicht, sondern macht’s nur je länger
je mehr verzagt, dass es sich auch vor einem rauschenden Blatt fürchtet.
Aber der Glaube, ob er gleich klein und
schwach ist, steht er dennoch und lässt sich nicht gar zu Tode schrecken. Wie
man hier an den Jüngern sieht. Der Tod war ihnen vor Augen; denn da schlugen
die Wellen so mit Macht allenthalben zu, dass sie das Schifflein gar bedeckten.
Wer sollte in solcher Not und Todesgefahr nicht erblassen? Aber der Glaube, wie
schwach er auch ist, hält er doch wie eine Mauer und legt sich wie der kleine
David gegen Goliath, das ist, gegen Tod, Sünde und alle Gefahr, verzagt nicht,
sondern sucht Hilfe, da sie zu suchen ist, nämlich bei dem HERRN Christus,
weckt ihn auf und schreit ihn an: „Ach HERR, hilf uns, wir verderben.“
So macht der Glaube, obwohl das Verderben
vor Augen ist, dass man dennoch Hilfe erwartet und betet, wie der Psalm sagt:
„Ich glaube, darum rede ich.“ Denn niemand kann beten, er glaube denn. Der
freie Wille kann’s auch nicht; denn er sieht allein auf die gegenwärtige Not
und Gefahr, die Person aber, so in solcher Not und Gefahr helfen kann, sieht er
nicht; und muss also des freien Willens halben der Mensch in seinen Sünden
sterben. Der Glaube aber ist’s, wenn er gleich klein und schwach ist, der diese
Person, den HERRN Christus, ergreift und Hilfe erlangt.
Wo nun solcher Glaube stark und fest wäre
gewesen, wie des Propheten Jona, der im Wal bis an den dritten Tag bleib, so
hätten sie zum Meer und Wellen können sagen: Schlagt immer herein; so stark
sollt ihr nicht sein, dass ihr das Schiff umstürzt; Und ob ihr’s schon
vollendet, wollen wir doch mitten im Meer ein Gewölbe finden, da wir trocken
sitzen und nicht ersaufen. Denn wir haben einen Gott, der kann uns erhalten,
nicht allein auf dem Meer, sondern in und unter dem Meer.
Das heißt ein rechter Glaube, der nicht,
wie der feie Wille, allein auf das Gegenwärtige sieht und deshalb erschrickt
und verzagt, sondern er sieht auf das Künftige und das Widerspiel. Darum, wenn
er gleich in des Todes Rachen drinnen steckt, ermannt er sich doch und hält
sich an diesen Trost, es könne ihm geholfen werden, wie wir hier sehen an dem
schwachen Glauben der Jünger. Darum ist es nicht eine geringe Kunst, noch ein
schlichtes Ding um den Glauben; es ist eine göttliche kraft, die nicht vom
freien Willen kommt, sondern durchs Wort vom Heiligen Geist uns gegeben wird.
Das wissen unsere Widersacher, die Papisten,
nicht; sonst würden sie es nicht so hart widerfechten, wenn wir sprechen: Der
Glaube macht allein selig, das ist, der Glaube allein findet Trost, wenn Sünde,
Tod und ewige Verdammnis einher dringt und uns zu Boden will stoßen. Darum
sieht man, dass sie frech und stolz sind, solange das Meer still und schön
Wetter ist. Wenn aber Ungewitter sich erhebt und [es] übel zugehen will, da
fallen Mut und Trost alles dahin. Denn da ist kein Glaube, sondern der
ohnmächtige, trostlose Freiwille, der Gottes und seines Wortes vergisst und
nirgends weiß, wo aus.
Nun ist es hier aber ein besonders Unglück,
dass Christus eben in solcher Todesnot ruht und schläft einen rechten,
natürlichen, starken Schlaf, der vielleicht ihm daher gekommen ist, dass er
sich den Tag müde gearbeitet und gepredigt oder die Nacht über gebetet und
seine Anfechtung gehabt hatte. Denn ich achte es dafür, dass er bei Nacht sehr
viel Anfechtung vom Teufel erlitten habe, wie er im 88. Psalm klagt V. 16: „Von
Jugend auf bin ich elend gewesen und habe viel erlitten, ich leide deine
Schrecken, dass ich schier verzage.“ Daher ist er selten fröhlich gewesen,
immer in schweren Gedanken einhergegangen, als der voll Jammers und Traurigkeit
gewesen ist; wie zuvor derselbe Psalm zeigt, V. 4: „Meine Seele ist voll
Jammers, und mein Leben ist nahe bei der Hölle.“ Und dennoch, obwohl solcher
Schlaf recht und natürlich ist, so hat er dennoch zum Glauben seiner Jünger
dienen müssen, wie seine Werke alle.
Solches geschieht noch heutiges Tages, dass
der HERR sich gegen seine Christen stellt, als sehe er uns nicht, ja, hätte uns
gar aus der Acht gelassen; wie er hier im Schiff tut, liegt und schläft,
bekümmert sich gar nichts um das Wetter, für seine Jünger, noch für das Schiff.
Aber er ist dennoch mit im Schiff, ob er gleich schläft.
Das sind nun die Anfechtungen, die immer
mit zuschlagen, dass unser HERR Christus die Wellen über das Schifflein fallen
lässt; das ist, er lässt den Teufel und die Welt gegen die Christen toben, dass
man muss besorgen, wie es denn heutiges Tages auch vor Augen ist, es werde ganz
und gar zu Boden gehen. Der Papst und sein Haufen ist dem Wort feind, hetzt
immerdar die großen Potentaten gegen uns. So lässt der Teufel den Türken auch
nicht feiern. Da sitzen wir im Schiff und haben Wetter und Wind, dass es wohl
besser taugte. Dennoch soll der HERR wohl still dazu sitzen und sich nicht
merken lassen, dass er uns helfen wolle. Das ist sein schlaf, den er im Schiff
tut.
Aber da müssen wir uns ermannen und denken,
es habe noch nicht Not. Denn er ist der HERR, ist auch bei uns im Schiff. Ob er
sich nun so stellt, als sehe er uns nicht, so sollen doch wir uns stellen, dass
wir ihn sehen und ihn dafür halten, dass er das Meer könne still machen, wenn
es noch so sehr tobt und wütet.
So
sollen wir auch tun in unserer eigenen Gefahr und Anfechtung. Wenn der Teufel
kommt, dir deine Sünde vorhält, und dich mit dem Zorn Gottes erschreckt und die
ewige Verdammnis droht; da denke und zweifle ja nicht. Mein HERR Christus ist
nicht weit, aber er schläft. Da gehört denn dazu, dass ich mich zu ihm durch
ernstes Gebet befinde und ihn aufwecke; wie die Jünger hier tun. Denen liegt
mehr an ihrem Verderben als an des HERRN Schlaf; darum denken sie: Kurz und gut
, wie müssen jetzt einen wachenden Christus haben, sonst ist’s aus mit uns;
lassen ihm deshalb keine Ruhe und wecken ihn. So lerne du auch tun; denn es
muss beides so geschehen. Willst du mit Christus in das Schiff, so wird das
Wetter nicht außen bleiben und Christus wird schlafen wollen, auf dass wir die
Anfechtung recht fühlen. Sonst, wo er nicht schliefe und dem Wetter sobald
wehrte, würden wir’s nimmermehr erfahren, was es um einen Christen wäre, und
sollten doch wohl denken, wir täten es aus unserer Kraft. Hier aber wird der
Glaube durch die Versuchung gestärkt, dass man muss sprechen: Keine menschliche
Kraft hat können helfen; allein hat es Gott und sein liebes Wort getan.
Neben dieser schönen und tröstlichen Lehre
wird uns der HERR Christus hier auch vorgebildet wie ein rechter, natürlicher
Mensch, der Leib und Seele hat und deshalb Essen, Trinken, Schlaf und andere
natürliche Werke, so ohne Sünde geschehen, bedarf, wie wir: auf dass wir nicht
in der Manichäer Irrtum fallen, die Christus für ein Gespenst, nicht für einen
rechten Menschen hielten.
Gleichwie aber der natürliche Schlaf ein
gewisses Anzeichen ist, dass der HERR Christus ein rechter, natürlicher Mensch
sei: So beweist er seine allmächtige Gottheit in dem, dass er mit einem Wort
das Meer stillt und macht, dass der Wind sich legt; welches ist nicht ein
Menschenwerk; es gehört eine göttliche Kraft dazu, der Unstürme des Meeres mit
einem Wort zu wehren.
Dass also dies Wunderwerk auch darum soll
desto lieber sein, dass wir sehen, wie Gott und Menschen in Christus eine einige
Person ist. Deshalb er in allen Nöten und Anfechtungen helfen kann und will
allen, die Hilfe bei ihm suchen. Ob wir nun etwas darüber leiden und wagen
müssen, wenn’s nicht anders kann sein, was liegt daran? Müssen doch die
Gottlosen auch ihr Leiden und Kreuz tragen, dennoch in böses Gewissen dazu
haben und endlich die ewige Verdammnis erwarten.
Das dritte Stück ist von der Frucht, die
aus solchem Glauben entsteht, nämlich, dass auch andere solches Wunderwerk
wahrnehmen und sprechen: „Was ist das für ein Mann, dass ihm Wind und Meer
gehorsam ist?“ Diese haben ihn bisher vielleicht für einen schlichten Menschen
angesehen und gehalten und nicht gewusst noch geglaubt, dass man bei ihm in
Todesnöten Hilfe suchen und finden soll. Aber jetzt lernen sie ihn erkennen,
dass er der höchste und beste Nothelfer sei, da sonst kein Mensch helfen kann.
So geht es allewege, dass die Anfechtung,
je schwerer sie ist, je größere Frucht und Nutzen sie schafft. Die Welt setzt
uns jetzt sehr hart zu, dass uns immerdar dünkt, wir müssen herhalten, das Meer
und Ungewitter werde uns überwachsen und zu Grunde reißen. Aber lasst uns nur
fest am Wort und Glauben halten. Was gilt’s, es soll eine schöne, herrliche
Frucht folgen, darüber wir lachen und fröhlich werden sein. Der bittere Hass,
der im Papst und Türken steckt gegen die Kirche, darüber uns, wie einer Frau in
Kindsnöten, bange ist, kreischen und ächzen müssen, der soll, ob Gott will,
etwas mitbringen. Dergleichen soll ein jeder für seine Person auch hoffen, wenn
die Anfechtung ihn ergreift, dass sie ohne Frucht nicht werde abgehen.
So sieht eure Liebe, wie dies Evangelium
sehr tröstlich ist und uns eine treffliche, schöne Lehre vorhält, dass so wir
wollen Christen sein, mit dem HERRN Christus in das Schiff treten und da das
Wetter und die Ungestüme erwarten müssen. Wenn nun solches angeht, dass alsdann
wir fest am Glauben und Wort halten sollen und hoffen, dass nicht allein dem
Wetter oder der Anfechtung gewehrt und wir davon sollen errettet werden:
Sondern dass auch eine gewisse Frucht und Nutzen daraus folgen soll; dass wir
nicht anders sollen wünschen, als wir hätten’s versucht und durch eigene
Erfahrung des Worts und Glaubens Kraft und Tugend erlernt. Wer wollte denn über
das Kreuz sich beschweren, weil so gewisse Hilfe und Frucht folgen soll? Aber
es tut dem alten Adam weh, der rümpft sich über solchem bittern und sauern
Trunk und wollt’s lieber überhoben sein. Deshalb ist es vonnöten, dass wir an
solche Beispiele oft und viele denken und mit dem Wort fleißig umgehen, auf
dass, wenn die Anfechtung kommt, wir gefasst sind und uns zu Christus, der bei
uns schläft und sich stellt, als nehme er sich unser nicht an, finden, Hilfe
und Rettung bei ihm durch emsiges Gebet suchen.
Solches verleihe uns allen unser lieber Vater im Himmel, um Christus willen, durch seinen Heiligen Geist. Amen.
Matthäus 13,24-30: Er legte ihnen ein anderes Gleichnis vor und sprach: Das
Himmelreich ist gleich einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte.
Da aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den
Weizen und ging davon. Da nun das Kraut wuchs und Frucht brachte, da fand sich
auch das Unkraut. Da traten die Knechte zu dem Hausvater und sprachen: Herr,
hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher hat er denn das
Unkraut? Er sprach zu ihnen: Das hat der Feind getan. Da sprachen die
Knechte: Willst du denn, dass wir
hingehen und es ausjäten? Er aber sprach: Nein, auf dass ihr nicht zugleich den
Weizen mit ausrauft, so ihr das Unkraut ausjätet. Lasst beides miteinander
wachsen bis zur Ernte; und um der Ernte Zeit will ich zu den Schnittern sagen:
Sammelt zuvor das Unkraut und bindet es in Bündlein, dass man es verbrenne;
aber den Weizen sammelt mir in meine Scheuern.
Dies Evangelium scheint leicht zu sein und
gut zu verstehen, da es der HERR selbst auslegt, was der Acker, der gute Same
und das Unkraut sei. Aber da findet man so mancherlei Deutung in den Lehrern,
dass Aufsehens wohl vonnöten ist, wie man die rechte Meinung treffe.
Denn etliche deuten das Unkraut auf die
Ketzereien und schließen aus diesem Evangelium, dass es weltlicher Obrigkeit
nicht will gebühren, die Ketzer zu erwürgen, weil hier steht, man soll es nicht
ausjäten. Und Augustinus selbst bekennt, er sei auch in solcher Meinung
gewesen, aber hernach durch Beispiel und unwidersprechliche Ursache gezwungen,
dass er solche Meinung habe fallen lassen.
Etliche machen keinen Unterschied zwischen
weltlicher Obrigkeit und den Knechten dieses Hausvaters und deuten das Unkraut
auf die öffentlichen Ärgernisse und schließen, dass christliche Obrigkeiten
kein peinliches Gericht[2]
besitzen sollen.
Etliche, wie der Papst und sein Haufen,
unangesehen, dass der HERR hier verbietet, das Unkraut auszurotten, weil sie
die Lehre des heiligen Evangeliums für Unkraut urteilen und verdammen, lassen
sie es dabei nicht bleiben, sondern können auch dawider nicht genug toben und
wüten mit Morden und allerlei greulicher Tyrannei. Weil nun der Meinungen so
viel sind, so wollen wir erstlich die rechte Deutung sehen und danach von der
angezeigten Frage, wie es mit den Ketzern soll gehalten werden, unsere Meinung
auch anzeigen.
So ist nun dies die Meinung, dass Christus
hier nicht besonders von den Ketzern redet, sondern legt uns ein Gleichnis vor
vom Himmelreich, das ist, von der ganzen christlichen Kirche, wie sie hier auf
Erden ist und bleiben wird bis an der Welt ende, nämlich dass die christliche
Kirche werde sein wie ein Acker, der mit gutem Samen besät wird. Aber da findet
sich der Teufel und sät des Nachts, ehe sich’s die Menschen versehen und inne
werden, Unkraut drein. Dass so allewege in der Kirche guter Same und Unkraut
miteinander wächst, das ist, Gute und Böse sind untereinander; das wird
nimmermehr verhütet werden hier in diesem Leben. Aber in jenem Leben dort, da
sollen Fromme und Böse unterschieden und abgesondert werden, wie der HERR sagt,
dass er solches zur Zeit der Ernte seinen Knechten befehlen wolle.
Dass also dies Gleichnis besonders gegen
die Donatisten, Novatianer, Wiedertäufer und dergleichen Rotten geht, welche
damit sind umgegangen und noch, wie sie eine Kirche könnten anrichten, da gar
kein Ärgernis innen wäre, sondern nur lauter Heilige. Deshalb, wo sich mit
einem Christen ein Fall aus Schwachheit oder sonst zutürge, warfen sie ihn
sobald aus der Gemeinde und wollten ihn für keinen Bruder mehr halten. So doch
der Befehl Christi lauter und klar ist, dass an sich bekehren und Buße tun, und
die Kirchendiener besonders dahin sollen arbeiten, dass die Leute nicht in
Sünden fortfahren, sondern durch rechte Buße davon abstehen.
Dass dem so sei, weisen auch die Beispiele
aus. David tat einen sehr schweren, greulichen Fall; aber da es ihm leid war
und wieder Gnade begehrte, ward ihm Gnade zugesagt. Petrus desgleichen fiel
auch hart; aber er kommt wieder zu Gnaden, weil er seine Sünde bekennt,
bitterlich darüber weint und Gnade begehrt. Auch sagt der HERR kurz vor seinem
Fall: „Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre“ usw. Und
Matth. 18, da er fragt, ob er siebenmal seinem Bruder vergeben soll, der gegen
ihn sündigt, antwortet ihm Christus V. 22: „Ich sage dir, nicht siebenmal,
sondern siebzigmal siebenmal.“
Das sind je klare und gewisse Anzeigen,
dass die Christen hier auf Erden so rein nicht werden sein, wie werden zuweilen
straucheln und fallen. Wer nun damit umgeht, wie er eine Kirche könne
zurichten, da keine Sünde noch Fall innen sei, der wird solche schwache
Christen alle, ja auch die starken (denn ihrer keiner ist so stark, er
strauchelt zuweilen), als Unchristen verdammen und aus der Kirche ausschließen
müssen.
Deshalb hat’s eine solche Meinung mit der
christlichen Kirche, dass nicht allein viel Heuchler und falsche Christen
drinnen sind und dennoch den Namen haben, als wären sie Christen: Sondern auch
die rechten Christen selbst werden nimmermehr so rein und heilig sein, es wird
sich der alte Adam sehen lassen und zuweilen straucheln. Was bedürften sonst
die Christen der Bitte im Vaterunser, da sie alle Tage beten: Vergib uns unsere
Schuld, wie wir vergeben unsern Schuldigern? Ebenso: Nicht führe uns in
Versuchung? Solche Bitte ist ja ein gewisses Anzeichen, dass die rechten
Christen alle Stunden in Anfechtung fallen und geraten können. Wer nun solche
ausschließen und nicht Christen wollte lassen sein, der würde die christliche
Kirche gar verlieren und nirgends einen Christen finden.
Aber es hat diese Meinung nicht. Rechte
Christen, wie gesagt, sind schwach, fallen auch oft; aber sie stehen durch die
Buße und den Glauben an Christus von ihren Sünden wieder auf. Gleichwohl eben
unter denselben Christen, die der rechte gute Same, aber dennoch schwach sind,
findet sich das schändliche Unkraut, die falschen Christen, die dennoch den
christlichen Namen führen und sich des guten Ackers rühmen. Daran muss man sich
gewöhnen und es leiden und wissen, dass man solches Unkraut nicht könne ausrotten,
noch die Kirche aller Dinge rein davon machen.
Nun lehrt aber Christus uns solches nicht
allein, sondern zeigt auch die Ursache an, wo doch solcher Unrat herkommt, dass
in der Kirche, da der rechte Samen gesät, das ist, das Wort Gottes rein und lauter
gepredigt wird, dennoch so viel schädliches Unkraut, so viel Heuchler und
falsche Christen sind. Er zeigt aber solche Ursache an, uns zu warnen vor dem
Ärgernis, das sonst alle Welt vor den Kopf stößt, dass sie spricht: Es komme
nichts Gutes aus der Predigt des Evangeliums usw., auf dass wir nicht auch in
den falschen Gedanken geraten, da sonst alle Welt innen ist.
Wir können uns, Gott Lob, heute rühmen,
dass wir das rechte Evangelium haben, und können mit Wahrheit unsere
Widersacher überweisen, dass sie eine falsche, ungegründete Lehre haben. Weil
aber auch unter uns das Unkraut sich in Haufen findet, dass mancherlei
Ärgernisse von den Unchristen unter uns erregt werden; denn es gehen Geiz,
Wucher, Unzucht, Schwelgen, Fluchen, Lügen und Trügen mit ganzer Macht, ja,
mehr als vorzeiten unter dem Papsttum: Bringt solch wüstes Wesen dem Evangelium
und den Predigern die Nachrede fast bei jedermann, dass man spricht: Wenn diese
Lehre recht wäre, so würden die Leute frömmer sein. Aber Christus entschuldigt
hier beide, die Lehre und die Lehrer, und sagt, dass unter dem Haufen, der die
rechte Lehre hat und der gute Acker ist, dennoch viel Unkraut und böse Buben
sind. Solches sei nicht der Lehre Schuld, die rein und heilsam ist; der
Prediger Schuld sei es auch nicht, die es gern gut sehen und allen Fleiß
vorwenden, ob die Leute wollten frömmer werden; sondern es sei des Feindes, des
Teufels, Schuld, der tut wie ein böser Bauer oder Nachbar: Wenn man schlafe und
sich keines Schadens besorge, so schlafe er nicht, sondern komme und säe
Unkraut in den guten Acker. Das ist, wie im Gleichnis vor diesem steht: Er
nimmt die Herzen ein, dass sie auf das Wort nicht achten, und also von Tag zu
Tag je länger je weiter davon kommen und sich den Teufel führen und treiben lassen,
wie er will, in allerlei Sünde und Schande.
Da siehe aber du zu, ob es nicht ein armer
Handel und eine greuliche Gotteslästerung sei, dass man Christus und seinem
Evangelium des will Schuld geben und auflegen, was der Teufel selber und allein
tut; und dennoch geht heute in solcher Lästerung fast die ganze Welt. Denn es
erregt sich für ein Unglück, was da wolle, bald ist man da und schreit über das
Evangelium, als sei es der Lehre und des guten Samens Schuld; so doch der gute
Same seiner Natur nach je anders nichts als gute Frucht bringen kann; wo er
aber nicht gute Frucht bringt, da muss zumal ein böses Land und ein heilloser
verfluchter Boden sein.
Deshalb hat es mit diesem Gleichnis hier
diese Meinung, dass ein jeder Christ, besonders aber ein jeder Prediger, an dem
verzagen und verzweifeln soll, dass er’s nimmermehr dahin werde bringen, dass
er in seiner Kirche nur Heilige habe. Denn der Teufel lässt’s nicht, er wirft
seinen Samen mit ein; welches man dann allererst gewahr wird, wenn er hervor
schießt und aufwächst. So ist es den lieben Aposteln gegangen, Paulus, Johannes
und andern; da sie hofften, sie hätten fromme Christen und treue Arbeiter im
Evangelium, waren’s die ärgsten Schälke und bittersten Feinde. Uns geht’s auch
so: Die wir für fromm und rechtschaffen halten, tun uns den größten Stoß und
richten die meisten Ärgernisse an, während wir schlafen und uns keines Unglücks
besorgen.
Da ist nun dies der einige Trost, dass
Christus selbst sagt, es werde so zugehen. Deshalb tröstet sich der heilige
Johannes in seiner Epistel gegen solches Ärgernis und spricht, 1. Brief, Kap.
2,19: „Sie sind von uns ausgegangen; aber sie waren nicht von uns.“ Denn es
pflegt so zuzugehen, was am besten sein sollte, das wird am ärgsten und gerät
am übelsten. Aus den Engeln sind die Teufel geworden. Einer aus den Aposteln
hat Christus verraten. Aus den Christen werden Ketzer. Aus Gottes Volk werden
solche Buben, die Christus ans Kreuz bringen. So geht’s und nicht anders. Darum
sollen wir unerschrocken sein, unser Amt nicht fahren lassen, wenn wir sehen,
dass Unkraut zwischen dem Weizen aufgeht; sondern dann erst getrost anhalten,
die Leute zu ermahnen, dass sie sich nicht ärgern. Denn das Unkraut will und
kann nicht allein wachsen auf dem bösen Boden, sondern auch unrter dem Weizen
und in einem guten Acker.
Ursache, der Teufel, wie im Evangelium
steht, kann nicht an wüsten, dürren Stätten hausen; er will im Himmel sitzen.
Auch isst er gern gute, niedliche Bisslein; und tut gern an reine Örter, denn
er hält seinen Unflat für Bisam und Balsam. Das reine Früchtlein will unter den
Rosen wohnen, das ist, er will in der Kirche sein, sitzen und regieren. Daran
müssen wir uns gewöhnen und leiden bis an jenen Tag, da wird’s anders werden.
Wiewohl nun solches sehr weh tut, dass man
unter so bösen Buben bleiben und alles dulden und leiden muss; so können wir
uns doch des trösten, dass die Schuld nicht unser ist. Darum will’s uns Gott
auch nicht entgelten lassen. Wenn nur wir am Wort treu und fleißig halten, so
soll es eine ewige Frucht schaffen. Dagegen sollen die bösen Buben, so allerlei
Ärgernis anrichten und sich nicht wie Christen halten wollen, ihre Strafe
finden, nicht allein hier auf Erden, sondern auch in jenem leben, wie der HERR
hier sagt: „Die unrecht tun, werden in den Feuerofen geworfen werden, da wird
sein Heulen und Zähneklappen. Aber die Gerechten werden leuchten wie die Sonne
in ihres Vaters Reich.“ Auf dasselbe Stündlein sollen die Gottseligen sehen und
das Ärgernis, dem sie nicht wehren können, sich nicht kümmern lassen. Will der
meiste Teil nicht recht tun, so lasse er’s. Wir können Gott danken, dass
dennoch etliche das Wort annehmen, ihm folgen und frömmer werden.
So ist nun dies die Zusammenfassung von dem
heutigen Evangelium, dass auch unter den rechten Christen, da der rechte, gute
Same, das Wort Gottes, in einem guten Feld oder Acker liegt, allwege böse, arge
Buben und Unchristen sein werden. Und niemand soll sich unterstehen, solches zu
ändern, denn die Bösen werden unter die Frommen gemengt bleiben, spricht
Christus, bis auf den jüngsten Tag(, nämlich in der Welt, denn aus der Kirche,
wie noch besprochen wird, sollen sie, wo sie erkannt werden, sehr wohl
hinausgetan werden). Da sollen sie denn durch die Engel von ihnen abgesondert
werden; von uns Menschen soll es nicht geschehen. Wer aber sich’s unterstehen
würde, der würde das Übel ärger machen und mit dem Unkraut auch den guten
Weizen entweder ausraufen oder zertreten.
Hier haben sie zwei Fragen. Die erste: Ob
die Kirche ihre Macht gebrauchen und die, so in öffentlichen Ärgernissen
liegen, aus der Kirche ausschließen möge? Die andere: Ob die weltliche
Obrigkeit mit dem Schwert den Ketzern wehren soll?
Auf die erste Frage ist dies die Antwort:
Der Kirche ist solche Macht, die Sünder in den Bann zu tun oder auszuschließen,
in diesem Evangelium nicht genommen. Denn der HERR redet von einem solchen
Ausreißen, das mit dem Schwert geschieht, da man den Bösen das Leben nimmt. Nun
aber führt die Kirche oder das Predigtamt das Schwert nicht; sondern was es
tut, das tut’s allein mit dem Wort. Darum, obgleich die Sünder gebannt und aus
der Kirche ausgeschlossen werden, so nimmt sie doch die Kirche wieder an, wenn
sie sich bekehren und Gnade begehren. Darum reden die alten Lehrer recht davon:
Wenn Matthäus, da er noch ein Zöllner war, und Paulus, da er die Christen
verfolgte, und der Schächer am Kreuz bald nach frischer Tat wären gerichtet und
erwürgt worden, als böse Buben, wie sie denn in der Wahrheit waren: So wäre der
Weizen, so hernach aus ihnen, da sie sich bekehrt haben, gewachsen ist, mit
ausgerissen. Aber eine solche Meinung soll es nicht haben, dass die Kirche die
Bösen erwürgen sollte. Bannen und ausschließen soll sie sie, wie Heiden, auf
dass sie zur Erkenntnis ihrer Sünde kommen und sich bessern, und andere danach
an ihrem Beispiel sich stoßen und sich vor Sünden hüten.
Ja, sprichst du, warum tut man mit Dieben,
Mördern und andern nicht auch so, dass man’s bei dem Bann bleiben ließe und sie
mit dem Henker nicht strafte? Da könnte auch mancher erhalten werden, der ohne
Glauben in seinen Sünden hinstirbt? Antwort: Hier musst du wohl merken, dass
der HERR redet vom Reich Gottes. Da soll es so zugehen, dass man kein Schwert
gebrauche; denn man könnte sonst den Weizen mit dem Unkraut ausreißen. Aber in
der Welt Reich, da hat Gott einen anderen Befehl gegeben, der heißt so: „Wer
das Schwert nimmt, der soll mit dem Schwert gerichtet werden.“ Von solchem
Weltreich redet hier Christus gar nichts. Darum darf man’s nicht vermengen,
sondern im Himmelreich gehen lassen, was da gehen soll. Doch soll weltliche
Obrigkeit den Fleiß haben und gebrauchen, dass man die verurteilten Leute recht
unterrichte, auf dass, weil der Leib seine Strafe tragen muss, dennoch der
Geist erhalten werde, bis in jenem Leben der Leib auch in Ehren aufstehe,
welcher hier so schändlich gerichtet ist.
Aus diesem ist gut zu vernehmen, ob auch
weltliche Obrigkeit mit dem Schwert den Ketzern wehren möge, weil Christus hier
sagt: Man soll das Unkraut nicht ausreißen, sondern solches Urteil sparen bis
auf den Jüngsten Tag. Denn dies Evangelium vermag mehr nicht, als dass dieses
Herren Knechte das Unkraut nicht sollen ausreißen. Das sind aber Knechte, wie
zuvor gemeldet, nicht in der Welt Reich, sondern im Reich der Himmel. Die sollen
das Schwert nicht gebrauchen; denn Gott hat’s ihnen nicht gegeben. Nehmen sie
es aber, wie der Papst, so richten sie nichts Gutes an und tun nur Schaden. …
(Die Auseinandersetzung mit den Ketzern, der falschen Lehre, ist der Kirche
aufgetragen, sie aus ihrer Mitte hinauszutun. Die Obrigkeit hat da kein Amt und
soll sich auch nicht einmengen. Nur da, wo falsche Lehrer auch die äußere
Ordnung angreifen, wie Staatsdienst, Ehe, Eigentum, Obrigkeit, da soll sie
wegen solcher Dinge eingreifen, aber zu der rein kirchlichen Lehre hat sie kein
Amt.)
(Nun frage sich ein jeder aber selbst: Wie
steht es mit dir: Bist du ein gutes Land, auf dem der Same des Wortes Frucht
bringen kann, oder bist du ein böser Boden, aus dem Unkraut sprießt? Oder
anders ausgedrückt: Wie gehst du mit dem Wort Gottes um? Liest du es fleißig,
regelmäßig, unter Gebet, und lässt dich dadurch strafen über deine Sünden?
Beugst du dich darunter und bekennst deine Schuld und ergreifst du Christi
Vergebung? Dann bist du ein guter Boden, aus dem rechte Frucht erwächst. Oder
liest du nur so aus Gewohnheit darüber hin, hältst aber dir sonst es vom Leibe,
dass Gott dir mit seinem Gesetz, mit dem Eingreifen in dein Leben, dein Denken,
Wollen, Reden, Handeln nicht eingreifen darf? Dann bist du noch ein böser
Boden, dann gehörst du noch zu den bösen Buben. Denen rufe ich zu: Kehrt um,
flieht nicht Gottes Wort, Gottes Anklage und Strafe, sondern beugt euch
darunter, wenn ihr einst nicht von den Engeln sollt aussortiert und für die
Hölle bestimmt werden. Noch ist Zeit zur Umkehr.)
Was aber noch für böse Buben überbleiben,
die nach dem Wort nichts fragen und von der weltlichen Obrigkeit nicht gestraft
werden, die werden ihr Urteil an jenem Tag wohl finden. Da wolle uns Gott
gnädig vor behüten und in seinem Wort, ohne alles Ärgernis, bis an das Ende
erhalten und selig machen, Amen.
Matthäus 20,1-16: Das Himmelreich ist gleich einem Hausvater, der am Morgen
ausging, Arbeiter zu mieten in seinen Weinberg. Und da er mit den Arbeitern
eins ward um einen Denar zum Taglohn, sandte er sie in seinen Weinberg. Und er
ging aus um die dritte Stunde und sah andere an dem Markt müßig stehen und
sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg; ich will euch geben, was
recht ist. Und sie gingen hin. Abermals ging er aus um die sechste und neunte
Stunde und tat gleich also. Um die elfte Stunde aber ging er aus und fand
andere müßig stehen und sprach zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag
müßig? Sie sprachen zu ihm: Es hat uns niemand gedingt. Er sprach zu
ihnen: Geht ihr auch hin in den
Weinberg, und was recht sein wird, soll euch werden. Da es nun Abend ward,
sprach der Herr des Weinbergs zu seinem Schaffner: Rufe die Arbeiter und gib ihnen den Lohn und
hebe an bei den letzten bis zu den ersten. Da kamen, die um die elfte Stunde
gedingt waren, und empfing ein jeglicher seinen Denar. Da aber die ersten
kamen, meinten sie, sie würden mehr empfangen; und sie empfingen auch ein
jeglicher seinen Denar. Und da sie den empfingen, murrten sie wider den
Hausvater und sprachen: Diese letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du
hast sie uns gleich gemacht, die wir des Tages Last und Hitze getragen haben.
Er antwortete aber und sagte zu einem unter ihnen: Mein Freund, ich tue dir
nicht unrecht. Bist du nicht mit mir eins geworden um einen Denar? Nimm, was
dein ist, und gehe hin! Ich will aber diesem letzten geben gleichwie dir. Oder
habe ich nicht Macht zu tun, was ich will, mit dem Meinen? Siehst du darum
scheel, dass ich so gütig bin? So werden die Letzten die Ersten, und die Ersten
die Letzten sein. Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.
… Eure Liebe hört in diesem Gleichnis, wie
der Hausvater am Morgen früh ausgeht und bestellt Arbeiter in seinen Weinberg,
die zwölf Stunden arbeiten; danach andere, die neun; ebenso wieder andere, die
nur sechs und drei [Stunden]; zuletzt, die nur eine Stunde arbeiten. Da ist die
Arbeit sehr ungleich, und ist doch der Lohn gleich. Denn der Hausvater macht
mit keinem einen Vertrag, außer mit den ersten, gibt aber den letzten, die nur
eine Stunde arbeiten, ebenso viel wie den ersten, mit denen er eins wurde um
einen Denar zum Taglohn. Das taugte vor der Welt gar nichts, wäre auch nicht
recht; da hat’s Maß und Regel: Wer viel arbeitet, dem gibt man viel zu Lohn;
wer wenig arbeitet, dem gibt man wenig zu Lohn. Doch so, wo einer seinen
bedingten Sohn hat, da soll und darf er dem Herrn nicht drein reden, ob er
gleich einem andern etwas aus Gutwilligkeit schenkt. Aber natürlich ist’s
unrecht, gleichen Lohn geben, da ungleiche Arbeit.
Nun führt aber der HERR dies Gleichnis
darum, dass er damit sein Reich will scheiden von der Welt Reich und uns
lehren, dass es viel anders in seinem Reich zugehe als in der Welt Reich, da es
nicht kann gleich zugehen, da die Personen ungleich sind. Denn dass die
Ungleichheit auch in der Welt gefunden wird, dass der HERR im Haus mehr Güter
hat als sein Knecht, und doch der Knecht mehr arbeiten muss als der HERR, das
hat seine besondere Meinung; gehört aber nicht hierher zu diesem Gleichnis, in
welchem der HERR alle Ungleichheit aufhebt; und er will uns lehren, dass in
seinem Reich alles gleich sei, und einer so viel haben und gelten soll wie der
andere.
Aber im äußeren, weltlichen Leben, da soll
die Ungleichheit bleiben; wie denn die Stände ungleich sind. Ein Bauer führt
ein anderes Leben und Stand als ein Bürger; ein Fürst einen andern Stand als
ein Edelmann. Da ist’s alles ungleich und soll ungleich bleiben. Aber im Reich
Christi, es sei ein König, ein Fürst, ein Herr, ein Knecht, eine Frau, eine
Magd oder wie sie mögen genannt werden, so sind sie doch alle gleich. Denn keiner
hat eine andere Taufe, Evangelium, Glauben, Sakrament, Christus und Gott als
der andere. Denn da geht man zugleich zur Predigt und hört ein Knecht, ein
Bürger, ein Bauer eben das Wort, das der größte Herr hört. So die Taufe, die
ich habe, die empfängt ein jegliches Kindlein, es sei, wessen es wolle. Den
Glauben, den St. Petrus, St. Paulus haben, denselben hat die Magdalena und der
Schächer am Kreuz auch. Ich und du, wenn wir Christen sind, haben ihn auch. So
eben den Gott und Christus, den Johannes der Täufer hat, den haben alle Sünder,
wenn sie sich bekehren. Da ist alles gleich, obgleich einer höher oder geringer
ist als der andere, seines Standes, Amtes oder Gaben halben.
So ist nun dies das vornehmste Stück dieses
Evangeliums, dass wir den Trost daraus fassen sollen, dass wir Christen in
Christus alle gleich sind. Vor der Welt muss die Ungleichheit bleiben, dass der
Vater mehr sei als der Sohn; der Herr mehr als der Knecht; dass ein König und
Fürst mehr sei als seine Untertanen. Das will Gott so haben, der hat die Stände
so geordnet und geschaffen. Wer da wollte eine Gleichheit machen, dass der
Knecht so viel gelten sollte wie sein Herr, die Magd so viel Gewalt haben wie
ihre Frau, ein Bauer so viel wie sein Fürst, der würde ein löbliches Regiment anrichten;
wie man an den aufrührerischen Bauern gesehen hat. Es gehe nun in der Welt so
ungleich zu, wie es immer kann, so sollen wir uns doch des trösten, wie hohen
oder niederen Standes wir sind, dass wir alle einen Christus, eine Taufe, ein
Evangelium, einen Geist haben; dass niemand ein besseres Evangelium, eine
bessere Taufe, einen anderen Christus hat als die geringste Magd und der
geringste Knecht. Denn obschon ein anderer mehr Geld, Gut und anderes hat als
du, so hat er doch darum nicht einen anderen oder besseren Gott.
Das soll man lernen und mit Fleiß merken,
auf dass jedermann in seinem Stand Gott mit Herzen und Lust diene und spreche:
Ich bin kein Kaiser, kein König, habe nicht Städte und Schlösser wie die großen
Fürsten; aber ich habe dennoch eben so eine heilige Taufe, eben den Christus,
der für mich gestorben und mir das Leben erworben hat, welchen der Kaiser hat.
Solche großen Güter nun, die wir durch unsern HERRN Jesus haben, sollen uns
hoffärtig machen, dass wir die weltliche Herrlichkeit dabei lernen verachten,
und unsern Trotz und Trost allein an dem haben, dass wir getauft sind im Namen
Jesu, und er für uns gestorben ist und aufgefahren gen Himmel, da er sitzt zur
Rechten Gottes, dass er uns auch helfen wolle von Sünde, Tod und allem Unglück.
Wer nun solches hat und weiß, dass wir in
Christus alle gleich sind, der geht hin an seine Arbeit mit Freuden und lässt
sich nicht kümmern, ob er gleich hier auf Erden, diese kurze Zeit, in einem
geringeren Wesen und Stand ist als ein anderer. Denn da soll es so zugehen,
dass im äußerlichen Leben eine Ungleichheit sei, und einer viel, der andere
wenig habe; einer Herr, der andere Knecht sei. Das lässt ein Christ sich nicht
anfechten, sondern spricht: Im Namen Gottes, auf Erden soll’s nicht anders
sein; ob ich gleich einen schwereren Stand habe als Herr und Frau im Haus; ob
ich gleich nicht so gewaltig bin wie ein Fürst, König oder Kaiser: So will ich
doch nicht drum murren, sondern gern und willig in meinem Stand bleiben, bis es
Gott mit mir anders schafft und mich auch zum Herren oder Frau macht, und mich
dieweil des trösten, dass ich weiß, dass weder Kaiser noch König einen anderen
Christus oder mehr von Christus haben als ich. Wollen sie aber mehr, so weiß
ich, dass sie in diesem Reich keinen Platz finden; denn da soll es alles gleich
sein, da wir alle nur allein darum Gott angenehm sind, dass Christus Jesus für
uns gelitten und uns allzumal, einen so viel als den andern, von unsern Sünden
gereinigt hat mit seinem Blut. Den Schatz habe ich ganz und vollkommen. Deshalb
soll mich’s nicht anfechten, ob ich in Äußerlichem und Zeitlichem etwa einen
Mangel habe; so nur hier kein Mangel ist und ich in den ewigen Gütern allen
Heiligen gleich soll sein.
So soll nun dies unser Trotz und Trost
sein, dass wir wissen, im Reich Christi sei keine Ungleichheit; sollen deshalb
in solcher christlichen Hoffart willig hingehen und tun, was wir sollen: So
könnte ein jeder fröhlich in seinem Stand und fromm dazu sein. Denn da muss es
alles mit Freuden abgehen, wenn ein Christ von Herzen sagen kann: Was soll ich
meines Standes halben murren? Ich es doch je ein guter Stand, ob er gleich
gering und mühsam ist. Denn ob’s gleich kein Fürstenstand ist, so ist’s doch
ein Christenstand; was will ich mehr haben oder begehren?
Solches tun diese ersten nicht, die da
murren und scheel darum sehen, dass sie nicht mehr empfangen als die andern
usw. Unsere Geistlichen tun’s auch nicht. Die wollen, unser HERR Gott soll
ihnen lohnen nach ihren Werken, dass er soll ansehen, wieviel sie mehr getan
haben als andere, soll die deshalb höher im Himmel setzen und ihnen einen
andern, größeren und besseren Christus geben. Denn so haben sie gelehrt: Wenn
ein Priester über dem Altar steht, so tue er ein solches Werk, das er andern
mitteilen und ihnen dadurch auch in den Himmel helfen könne, als der besser sei
und einen besseren Stand im Reich Christi habe als die Laien. Diese murren über
solcher Gleichheit, die im Reich Christi ist, und wollen’s zu einer
Ungleichheit bringen, wie sie in weltlichen Ständen ist. Weiter haben sie
gelehrt: Eine Jungfrau im Kloster sei besser des Glaubens halben als eine
Ehefrau. Und wer noch heutiges Tages anders lehrt, den verdammen sie als einen
Ketzer. Das ist’s, dass die ersten murren und wollen mehr haben als die andern.
Zählen unserm HERRN Gott vor, wie lange sie gearbeitet und wie sauer es ihnen
geworden sei. Aber was sagt er dazu? Des äußeren Lebens halben seid ihr
ungleich, da mag einer fleißiger sein und mehr arbeiten als der andere; aber
keiner hat eine bessere Taufe und besseren Christus als der andere. Auch
predigt man keinem ein anderes oder besseres Evangelium als dem andern.
Dass nun Mönche und Nonnen sich rühmen, die
Eheleute haben nur das allgemeine Evangelium und Gebot, sie aber haben das hohe
Evangelium und halten mehr als Christen zu halten im gemeinen Stand geboten
ist: Das ist nicht wahr und ganz und gar gegen das Evangelium; denn sie wollen
damit eine Ungleichheit aus dem Evangelium machen, so es doch Christus alles
gleich macht, und lehrt besonders im heutigen Evangelium, dass in seinem Reich
einer ebenso viel soll gelten wie der andere. An sich selbst ist es nicht böse,
auch wehrt’s noch verbietet’s niemand, dass eine Jungfrau bleibe, wer Gnade
dazu hat. Aber dass man’s vor unserm HERRN Gott rühmen und darum besser sein
wollte als andere und mehr Lohn erwarten, das ist der Stoß und Ärgernis, da der
Papst anstößt und uns darum beschuldigt, wir verbieten gute Werke. Aber er tut
uns Gewalt und Unrecht; denn gute Werke verbieten wir nicht. Allein sagen wir,
dass im Reich Christi alles gleich sei, darum, dass Gott mit uns allen nicht
nach Verdienst, sondern allein nach Gnaden und Barmherzigkeit, um seines Sohnes
Christus Jesus willen, handeln will.
Danach sagen wir, wenn du solche Gleichheit
in Christus hast, alsdann, du seist ein Schulmeister oder Prediger, ein Herr
oder Frau, ein Knecht oder Magd, so arbeite und tue, so viel du kannst, in
deinem Beruf und bleibe in solcher Ungleichheit. Aber in Christus sollen wir
nicht ungleich, sondern gleich sein. An dem stößt sich die Welt und die Juden
besonders, wollen unsinnig und toll drüber werden, wenn sie hören, dass wir
Heiden sollen ebenso wohl selig werden, die wir nicht beschnitten sind, den
Sabbath und andere Beschwerung des Gesetzes nicht halten, wie die, die solche
Last mit so großer Mühe tragen, dass sie drüber schwitzen; wie es der HERR im
Gleichnis fein anzieht und sagt: Die ersten meinten, sie wollten mehr
empfangen, und murrten drum, da ein jeder seinen Denar empfing, eben wie die,
so nur eine Stunde gearbeitet hätten. …
Darum soll man diesen Unterschied wohl und
fleißig merken zwischen weltlichem und christlichem Leben oder zwischen der
Welt Reich und dem Reich Christi. Denn im Reich Christi soll es alles gleich
sein; da wir alle nur einen einigen Gott, Christus, Heiligen Geist, Evangelium,
Taufe, Sakrament, Glauben haben. Solcher Gleichheit halben ist einer ebenso
gut, fromm und heilig wie der andere.
Wenn wir nun solches haben, sollen wir Gott
für solche Gaben danken und dieselben recht erkennen, rühmen und sagen: Man
sehe mich an, wofür man wolle, mach achte mich, so gering man wolle; so habe
ich doch so viel, wie alle Kaiser und Könige, ja, wie alle Heiligen und Engel
im Himmel. Wodurch? Durch Christus. Darum will ich hingehen, eine Hausmutter,
Hausvater, Knecht oder Magd sein, und mit Freude, mit Lust und Liebe alles tun,
was mein Stand erfordert; da ich so einen großen Schatz an meinem HERRN
Christus habe.
Das ist die Lehre aus dem heutigen
Evangelium, dass wir hier auf Erden ungleich bleiben, gleichwie die Personen
ungleich sind. Ein Fürst ist eine andere Person als ein Prediger; eine Magd
eine andere Person als ihre Frau; ein Schulmeister eine andere Person als ein
Bürgermeister. Darum sollen oder können sie nicht einerlei Weise oder Wesen
führen. Solche Ungleichheit muss bleiben. Aber dort im Reich Christi heißt’s:
Ich will einem so viel geben wie dem andern; Ursache: Das Himmelreich, die
Erlösung vom Tod und Sünden, hat mir niemand abverdient; darum bin ich’s
niemand schuldig; gebe es aber aus Gnade, wem ich will. Über solchem sollen wir
uns hüten, dass wir nicht murren, sondern Gott dafür danken und solchen Trost
in allerlei Gefahr, Mühe und Arbeit, die wir in der äußerlichen Ungleichheit
tragen, hervorziehen; so wird es uns alles sanft und leicht werden.
Aus dem letzten Spruch: „Viele sind
berufen, aber wenige auserwählt“, schöpfen die vorwitzigen Köpfe mancherlei
ungereimte und ungöttliche Gedanken, denken so: Wen Gott erwählt hat, der wird
ohne Mittel selig; wiederum aber, wen er nicht erwählt hat, der tue, was er
wolle, sei fromm und gläubig, wie er wolle, so ist’s ihm doch geordnet, dass er
fallen muss, und kann nicht selig werden: Deshalb will ich’s gehen lassen, wie
es geht. Soll ich selig werden, so geschieht’s ohne mein Zutun; wo nicht, so
ist’s doch verggebens, was ich tue und vornehme. Was nun für unartige, sichere
Leute aus solchen gottlosen Gedanken wachsen, kann jedermann bei sich selbst
abnehmen.
Man soll sich vor solche Gedanken als vor
dem Teufel hüten und eine andere Weise zu studieren und von Gottes Willen zu
denken vornehmen; nämlich man soll Gott in seiner Majestät und mit der
Vorsehung zufrieden lassen, denn da ist er unbegreiflich. Und ist unmöglich,
dass ein Mensch nicht sollte aus solchen Gedanken geärgert werden und entweder
in Verzweiflung fallen oder gar gottlos und verwegen werden.
Wer aber Gott und seinen Willen recht
erkennen will, der soll den rechten Weg gehen, so wird er nicht geärgert,
sondern gebessert. Der rechte Weg ist aber der HERR Christus, wie er sagt:
„Niemand kommt zum Vater als durch mich.“ Wer nun den Vater recht kennen und zu
ihm kommen will, der komme zuvor zu Christus und lerne denselben erkennen,
nämlich so: Christus ist Gottes Sohn und allmächtiger, ewiger Gott. Was tut nun
der Sohn Gottes? Er wird Mensch um unseretwillen, er gibt sich unter das
Gesetz, dass er uns vom Gesetz erlöse, er lässt sich kreuzigen und stirbt am
Kreuz, dass er für unsere Sünde bezahle; und steht wieder auf von den Toten,
dass er uns durch seine Auferstehung den Eingang zum ewigen Leben mache und
gegen den ewigen Tod helfe; und sitzt zur Rechten Gottes, dass er uns vertrete
und den Heiligen Geist schenke und durch denselben regiere und führe und gegen
alle Anfechtung und Eingeben des Teufels seine Gläubigen bewahre. Das heißt
Christus recht erkennen. …
Ist’s nicht wahr, da wird dich deine eigene
Vernunft zwingen, dass du musst sagen: Weil Gott seinen eingebornen Sohn um
unsertwillen so hingegeben und sein um unsertwillen nicht verschont hat, so
muss er’s je mit uns Menschen nicht übel meinen. Er will ja nicht, dass wir
verloren sollen werden; da er die höchsten Mittel sucht und gebraucht, dass er
uns zum Leben helfe. Auf diese Weise kommt man recht zu Gott; wie denn Christus
selbst predigt, Joh. 3,16: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen
eingebornen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden,
sondern das ewige Leben haben.“ Man halte aber diese Gedanken gegen jene, so
wird man finden, dass jene Gedanken des leidigen Teufels Gedanken sind, da ein
Mensch drüber geärgert muss werden und entweder verzweifeln oder verwegen und
gottlos werden; denn er kann sich zu Gott nichts Gutes versehen. …
Deshalb hat’s eine ganz andere Meinung mit
diesem Spruch: „Viele sind berufen“ usw. Denn die Predigt des Evangeliums geht
insgemein und öffentlich, wer’s nur hören und annehmen will; und Gott lässt’s
auch darum so gar allgemein und öffentlich predigen, dass jedermann es hören,
glauben und annehmen soll und selig werden. Aber wie geht’s? Wie hernach im
Evangelium folgt: „Wenige sind auserwählt“, das ist, wenige halten sich so
gegen das Evangelium, dass Gott ein Wohlgefallen an ihnen hat. Denn etliche
hören’s und achten’s nicht; etlichen hören’s und halten nicht fest dran, wollen
auch nichts darüber zusetzen noch leiden; etliche hören’s, nehmen sich aber
mehr um Geld und Gut und weltliche Wollust an. Das gefällt aber Gott nicht und
mag solche Leute nicht. Das heißt Christus: „nicht auserwählt sein“, das ist,
sich nicht so halten, dass Gott ein Gefallen an ihnen hätte. Das aber sind
auserwählte und Gott wohlgefällige Leute, die das Evangelium fleißig hören, an
Christus glauben, den Glauben mit guten Früchten beweisen und darüber leiden,
was sie sollen leiden.
Dieser Verstand ist der rechte Verstand,
der niemand ärgern kann, sondern bessert die Leute, dass sie denken: Wohlan,
soll ich Gott wohl gefallen und auserwählt sein; so wird sich’s nicht leiden,
dass ich in bösem Gewissen lebe, gegen Gottes Gebot sündigen und der Sünde
nicht wehren wollte; sondern ich muss zur Predigt gehen, Gott um seinen
Heiligen Geist bitten, das Wort nicht aus dem Herzen lassen, mich gegen den
Teufel und sein Eingeben wehren, und um Schutz, Geduld und Beistand bitten; da
werden denn feine Christen draus. Dagegen jene, die dafür halten, dass Gott
nicht jedermann die Seligkeit gönne, entweder verzweifelte oder sichere,
gottlose Leute werden, die hinleben wie das Vieh und denken: Es ist doch schon
geordnet, ob ich soll selig werden oder nicht; was will ich mir denn sehr wehe
tun? Nein, nicht so; du hast Befehl, du sollst Gottes Wort hören und an
Christus glauben, dass er dein Heiland sei und für deine Sünde bezahlt habe.
Dem Befehl siehe zu, dass du ihm nachkommst. Findest du dich ungläubig oder schwach:
Bitte Gott um seinen Heiligen Geist und zweifle nicht, Christus ist dein
Heiland, und du sollst durch ihn, so du an ihn glaubst, das ist, dich sein
tröstest, selig werden. Das verleihe und allen unser lieber HERR Jesus
Christus. Amen.
Lukas 8,4-15: Da nun viel Volks beieinander war und aus den Städten zu
ihm eilten, sprach er durch ein Gleichnis: Es ging ein Sämann aus, zu säen
seinen Samen; und indem er säte, fiel etliches an den Weg und ward vertreten,
und die Vögel unter dem Himmel fraßen’s auf. Und etliches fiel auf den Felsen;
und da es aufging, verdorrte es, darum dass es nicht Saft hatte. Und etliches
fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten’s.
Und etliches fiel auf ein gutes Land; und es ging auf und trug hundertfältige
Frucht. Da er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre! Es fragten
ihn aber seine Jünger und sprachen, was dieses Gleichnis wäre. Er aber sprach:
Euch ist’s gegeben, zu wissen das Geheimnis des Reichs Gottes; den andern aber
in Gleichnissen, dass sie es nicht sehen, ob sie es schon sehen, und nicht
verstehen, ob sie es schon hören. Das ist aber das Gleichnis: Der Same ist das
Wort Gottes. Die aber an dem Wege sind, das sind, die es hören; danach kommt
der Teufel und nimmt das Wort von ihrem Herzen, auf dass sie nicht glauben und
selig werden. Die aber auf dem Felsen sind die: Wenn sie es hören, nehmen sie das
Wort mit Freuden an. Und sie haben keine Wurzel: eine Zeitlang glauben sie und
zu der Zeit der Anfechtung fallen sie ab. Das aber unter die Dornen fiel, sind
die, so es hören und gehen hin unter den Sorgen, Reichtum und Wollust dieses
Lebens und ersticken und bringen keine Frucht. Das aber auf dem guten Land
sind, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen
Frucht in Geduld.
Eure Liebe hören im heutigen Evangelium,
dass viererlei Schüler sind, so das reine Wort Gotts hören, und doch allein die
letzten es behalten und Frucht bringen; auf dass ein jeder sich wohl umsehe und
fleißig erforsche, unter welchem Haufen er sei, und sich so lerne schicken,
dass er doch auch einmal zu denen komme, die ein gutes Land sind und da das Wort
Frucht bei schafft.
Die ersten, sagt der HERR; sind der Same,
der an den Weg fällt; derselbe kommt nicht zu Frucht, denn er wird entweder
zertreten oder die Vögel fressen ihn auf. Die zweiten sind, die es hören und
heben an, nicht allein davon zu reden, sondern auch zu glauben, wachsen auf
fein daher, wie das Korn, so auf einen steinigen Acker fällt. Aber sobald ihm
ein wenig ein heißer Sommertag kommt, fängt es an zu verdorren; denn es hat
nicht Wurzel noch Saft. Also, wenn Verfolgung und Anfechtung kommt, fallen
solche Leute dahin, ehe die rechte Frucht des Glaubens durch Geduld folgt. Die
dritten sind hier am kenntlichsten; das sind Christen, wie das Korn unter den
Dornen, das, ob es gleich aufwächst, kann es doch nicht zur Frucht kommen, muss
ersticken; denn die Dornen überwachsen es. Die vierten aber sind die frommen
Schüler, da das Wort fällt in ein gutes Herz und bleibt darin, bis es Frucht
bringt durch Geduld; denn die leiden über dem Wort, was ihnen zu leiden
vorfällt, und üben sich in der Liebe und Gehorsam gegen Gott und bringen
etliche hundertfältige, etliche sechzigfältige, etliche dreißigfältige Frucht.
Das sind die viererlei Schüler.
Da gehe nun ein jeder in sein Herz, bedenke
sich, unter welchem Haufen er doch sei. Die ersten drei Teile sind unnütz,
besonders aber die ersten sind die ärgsten, die das Wort hören, und wenn sie es
hören, spricht der HERR, so kommt der Teufel und nimmt ihnen das Wort vom
Herzen, dass sie nicht glauben und selig werden. Das merke ja fleißig.
So hätte ich nimmermehr dürfen denken noch
urteilen, dass die Herzen sollten mit dem Teufel besessen sein, die das Wort
hören und achten doch sein nicht, vergessen es und denken nimmer dran. Uns
dünkt, es sei ohne Gefahr, Gottes Wort hören und es doch nicht behalten; und
die es tun, seien schlechte, unachtsame Leute, und es gehe natürlich so zu,
dass sie die predigt hören und dennoch vergessen. Aber Christus urteilt hier
anders und sagt: Der Teufel nehme den Leuten das Wort aus dem Herzen.
Da siehst du, was man von den Leuten,
Kindern und Mitarbeitern halten soll, wenn sie die Predigt hören und unachtsam
hingehen, als hätten sie es nicht gehört, und dächten ungern einmal dran.
Dieselben können sich des Heiligen Geistes nicht rühmen; denn der Teufel ist
ihnen so nahe, dass er ihnen ins Herz greift und nimmt ihnen das Wort draus.
Darum müssen auch andere Untugenden folgen, dass sie ungehorsam, untreu,
eigensinnig, eigennützig, stolz, unversöhnlich sind; denn wo das Wort im Herzen
bliebe und sie es mit Fleiß hörten, würde es feine, gehorsame, willige, treue,
demütige, milde Herzen machen.
Das sind die ersten und ärgsten. Und es
verdrießt solche Unart den HERRN sehr übel, schilt auch keinen Haufen so sehr
als diesen. Denn er sagt: Die Teufel, die in Lüften schweben, nehmen ihnen das
Wort aus dem Herzen, dass sie des Worts sich nicht annehmen und denken, es sei
ohne Gefahr, dass sie die Predigt zu einem Ohr lassen ein-, und zum andern
wieder ausgehen. Aber willst du wissen, wie eine große Gefahr es sei, so höre,
was Christus sagt, der es eigentlich besser weiß als die Welt; der spricht: Der
Teufel tue solches.
Darum, wo du einen Menschen siehst, der in
sich lässt reden und predigen, wie in einem Klotz, wie unsere geizigen Bürger
und Bauern, und besonders wie unser Gegenteil, die Papisten, tun; was man ihnen
predigt, singt und sagt, ist alles, als schlüge man in ein Wasser: Da denke
nicht anders, als dass der Teufel sei ihnen ins Herz gesessen und reiße den
Samen, das Wort Gottes, weg, dass sie nicht glauben und selig werden. Denn wo
der Teufel nicht da wäre oder solches eine natürliche, angeborne Vergessenheit
wäre, wie denn immer ein Mensch gelehriger ist als der andere; so würde doch
das Verlangen da sein, dass ein Mensch dächte: Ach Gott, dass ich so gar nichts
merken kann! Gib mir doch auch deine Gnade und tue mir mein Herz auf, dass ich
darauf möge Acht haben und behalten könne, was ich in der Predigt höre! Bei
solchen Leuten, die ein Verlangen nach dem Wort haben und wollten’s gern
behalten, hat der Teufel keinen Platz noch Raum; sonst würde solch Verlangen
wohl dahinten bleiben. Aber jene wenden sich nicht darum; ja, lassen sich
dünken, wenn sie einen Groschen oder Pfennig oder etwas, das noch geringer ist,
einer Predigt halben versäumen sollten, es wäre ein großer Schade. Da ist
gewiss der Teufel bei, und denke nur niemand anders.
Das ist nun der größte Haufe, die das Wort
hören und achten es nicht; denn der Teufel reißt ihnen es aus den Herzen.
Die andern zwei Haufen sind nicht so gar
böse; aber schwach sind sie, heben ein wenig an und merken etwas, lassen sich’s
auch gefallen. Darum gibt sie der HERR nicht so gar dem Teufel wie die ersten,
obwohl die Frucht bei ihnen auch nicht folgt. Das sind nun die, so in der
Verfolgung nicht beharren noch beständig bleiben; sondern wie das wurmstichige
Obst am Baum bleibt hangen, weil es still ist, sobald aber ein Wind kommt,
fällt es haufenweise ab: So sind diese auch: „Eine Zeitlang“, spricht der HERR,
„glauben sie“; aber sobald das Kreuz kommt, lassen sie sich schrecken, wollen
und können nichts leiden. Da muss die Frucht des ewigen Lebens auch außen
bleiben, samt andern guten Früchten, so aus dem Wort und Glauben herwachsen.
Der dritte Haufe sind, die vor Geiz, Sorge
und vor Wollust dieses Lebens das Wort nicht achten. Denn wer mit zeitlichen
Sorgen umgeht, scharren und kratzen und allein denken will, wie er hoch und
reich werde, der beschwert das Herz, wie Christus sagt Luk. 21,34, dass so die
rechte Frucht erstickt, wie das Korn unter den Dornen. Arbeiten soll man, und
ein jeder in seinem Beruf auf das fleißigste und emsigste sich halten, dass ist
nicht verboten, sondern geboten. Aber dass man so scharren und allein auf das
Zeitliche, auf Taler und Gulden denken wollt; das sind die Dornen, die das Wort
Gottes ersticken im Herzen, dass es nicht kann über sich wachsen noch Frucht
bringen; denn man denkt nicht daran, und lässt sich an anderm mehr gelegen
sein.
Bei diesen drei Haufen ist das Wort umsonst
und vergebens. Das ist aber nicht ein geringer, sondern ein großer, greulicher
Schade, den ein menschliches Herz bedenken kann. Darum ermahnt der HERR mit
Fleiß uns alle und spricht: So seht nun drauf, wie ihr zuhört; „denn er da hat,
dem wird gegeben; wer aber nicht hat, dem wird genommen auch das er vermeint zu
haben“. Mit solchen Worten gibt er genugsam zu verstehen, dass er nicht rede
von schlechten Sachen; denn es ist hier nicht zu scherzen, dass man wollte
denken: O, ich will eine Weile so hingehen, sorgen und tun, was ich zu sorgen
habe, will dennoch noch wohl Gottes Wort hören und glauben, wenn ich einmal
müßiger werde, und zuvor gesammelt habe, was mir vonnöten ist.
Siehe zu, dass du dich selbst nicht
täuschst. Wer weiß, wie lange du lebst? Wie lange du das Wort hörst? Oder wie
dich Gott angreifen und heimsuchen werde? Dich allein kannst du täuschen und
betrügen; Christus wirst du nicht täuschen, der dich fleißig und ernst genug
ermahnt, da er spricht: „Wer Ohren hat zu hören, der höre.“ Er will nicht, dass
du es auf eine andere Zeit aufschieben sollst; wie wir doch gemeiniglich tun.
Jetzt spricht er, wenn du es hörst, so nimm es an, es wird dir sonst übel
geraten.
Darum lasst uns Fleiß anwenden, dass wir
unter dem kleinen vierten Häuflein gefunden werden; darum auch mit Ernst
bitten, dass wir gute Herzen haben, Gottes Wort annehmen, behalten und gute
Frucht bringen mögen.
Das Häuflein nun sind die lieben Heiligen;
aber nicht des Papsts Heilige, die Kappen und Platten tragen, Messe halten,
fasten, besondere Kleider und dergleichen haben; sondern die Gottes Wort hören,
welches der Papst und seine Heiligen, wie man sieht, die ärgsten Feinde sind
und heftigsten Verfolger sind. Die aber das Wort hören, die bringen
hundertfältige, das ist viel, unzählige Frucht. Oder, wie es Matthäus teilt,
etliche bringen hundertfältige, etliche sechzigfältige und etliche
dreißigfältige Frucht. Denn gleichwie die äußerlichen Ämter ungleich sind, so
sind auch die Früchte ungleich. Ein Prediger dient der Kirche mehr als ein
Handwerksmann, der nur seinem einigen Haus vorsteht; und sind doch beide
Christen, durch Christus von Sünden und Tod erlöst und Erben des ewigen Lebens.
Unter dies Häuflein, das das kleinste ist, lasst uns auch kommen.
Es gehört aber ein feines, reines Herz
dazu, wie Christus sagt, das ist, ein solches Herz, das erstlich nicht
unachtsam sei, sondern lasse sich‘s einen rechten Ernst mit dem Wort Gottes
sein. Ein solches Herz muss vor allen Dingen da sein, soll der Teufel anders
nicht kommen und das Wort wegreißen. Zum andern soll das Herz gewiss und
beständig, nicht weich noch feig sein, dass sich verführen oder schrecken und
von der Menschen Gunst oder Ungunst sich lasse anfechten. Denn wo wir nicht
Gott über alles fürchten und lieben, wird das Wort nicht lange bleiben; da es
in der Welt nicht unangefochten bleibt; denn der Teufel kann es nicht dulden
noch leiden. Er ist ein unmüßiger Herr, der seine Knechte immerdar treibt und
nicht feiern lässt; wie wir an den Papisten sehen, und werden’s täglich noch
mehr erfahren. Zum dritten muss es auch gereinigt und ausgefegt sein, dass
nicht Dornen drinnen sind; das ist, wir müssen uns Gut, Geld, Ehre und Wollust
nicht mehr lassen lieben als das Wort Gottes und das zukünftige Leben; auch mit
andern Welthändeln uns nicht höher bekümmern als mit dem Wort Gottes, wie
Christus sagt: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes“ usw.
Wo das Herz so achtsam, der Sache gewiss,
beständig und ausgefegt ist, das ist ein reines, feines Herz, da gewiss Frucht
folgen wird: Aber doch in Geduld; denn ohne Kreuz und Anfechtung, ohne
Widerwärtigkeit und Anstöße geht’s nicht ab; wie Paulus sagt: „Alle, die in
Christus Jesus wollen gottselig leben, die müssen Verfolgung leiden.“ Da mögen
wir uns auf schicken und unsere Seele, wie Christus spricht, „mit Geduld
fassen“, und das Gebet nicht vergessen; denn es fehlt nicht, wie wir selbst
bekennen müssen, dass leider allenthalben mit uns anstößt und nirgends fort
will und natürlich so geht, dass wir das Zeitliche hier auf Erden nicht können
verachten. So feiert der Teufel auch nicht, versucht e auf alle Weise, ob er
das Wort uns nehmen und dagegen das herz mit Sorge, Geiz, Hoffart, Zorn und
allerlei Unart beschweren könne. Wie wir sehen, dass viele feine Leute wären,
wo nicht der Geiz, Ehrsucht, Unzucht und anderes sie überginge und vom Wort
abhielte.
Da ist vonnöten, dass wir auf solchen
Mangel und Gebrachen unserer Natur gute Acht haben, nicht in Sicherheit
fortfahren, sondern Gott um seinen Heiligen Geist bitten (wie wir denn eine
klare, tröstliche Zusage haben, Luk. 11,13: „Der Vater wird seinen Heiligen
Geist geben denen, die ihn darum bitten“), dass derselbe solche Stöcke und
Blöcke ausrotten, solche Dornen und Disteln aus dem Herzen ausfegen wolle, auf
dass wir Gottes Wort hören und behalten und die rechte Frucht, den Glauben an
Christus bringen können; durch welchen Glauben wir nicht allein im Gehorsam
Gottes leben, sondern auch Gottes Kindern und Erben werden; denn das ist die
vornehmste Ursache, dass dieser Same gesät, das ist, das heilige Evangelium in
aller Welt gepredigt werde, dass es eine solche Frucht in uns schaffen und
wirken soll, die da ewig bleibe.
Über das dient uns dies Gleichnis auch
dazu, dass wir uns nicht wundern lassen, obgleich das Wort nicht allenthalben
Frucht bringt; denn hier hören wir, dass es der HERR selbst so teilt, und von
vier Haufen redet, da nur der eine und der kleinste rechtschaffen ist. Die
andern drei großen Haufen taugen gar nichts; die soll man gehen lassen und sich
an ihnen nicht ärgern. Denn wo das Evangelium gepredigt wird, da soll es so
gehen, dass diese drei untüchtigen Schüler gefunden werden; und ist doch die
Schuld weder des Worts noch des, der es führt oder predigt: Wie die blinden
Papisten immerdar, wie tolle, rasende Leute, schreien, lassen sich bedünken,
sie können unser Evangelium nicht höher schänden noch hässlicher machen, als
dass sie die Ärgernisse hervorziehen, die der Teufel erregt hat, seit der Zeit,
das Evangelium gepredigt ist worden.
Aber wenn’s des soll gelten, sage mir: Da
Christus selbst predigt mit Johannes und seinen Aposteln, sind da nicht auch
große Ärgernisse gewesen und die größten Sünden geschehen? Da Johannes, der
Täufer, aufstand und predigte, lief jedermann zu, sie hörten seine Predigten,
sahen, dass er ein heiliger Mann war; dennoch musste er hören, er wäre besessen
und hätte den Teufel. Und der König Herodes, der ihn, wie die Evangelisten
zeugen, viel und gern hörte, ließ ihn endlich gar erwürgen. Ja, sie haben
Christus, Gottes Sohn, selbst gehört, ihn sehen Tote auferwecken und große
Wunderwerke tun; gleichwohl haben sie ihn an das Kreuz geschlagen. Warum sagst
du nicht da auch: Ei, Johannes, Christus, die Apostel sind nicht rechte
Prediger gewesen, sonst sollten die Leute nicht so böse gewesen sein und sich
durch die rechte Lehre gebessert haben? Aber da müssen sie das Maul zuhalten;
sonst könnte man an ihrem Urteil spüren, dass sie Feinde und Lästerer Christi
sind. Sie lassen sich aber dünken, sie haben besseren Fug, uns und unsere Lehre
zu schelten.
Nun, wir wollen es mit unserer Lehre lassen
beruhen und jetzt nicht sagen, wofür wir sie halten und warum wir uns davon
nicht wollen lassen abtreiben. Man sehe nur hier die Worte unsers HERRN Jesus,
der sagt: Der Same sei das Wort. Nun wird je kein Papist so toll und töricht
sein, der da sagen dürfe, das Wort, da Christus hier von redet, sei ein böses
Wort oder falsche Lehre. Was sagt aber Christus von solchem Samen, der
rechtschaffen und gut ist? Wie gerät er? Nämlich so, dass nur der vierte Teil
davon einwurzelt und Frucht bringt. Wer kann nun leugnen, dass die Welt nicht
böse bleibe, obgleich das Wort und die Predigt recht, rein, gut und an sich
selbst fruchtbar ist?
Nun habe ich gesagt, von unserer Lehre
wollen wir noch nicht reden, wofür wir sie halten. Das müssen aber die Papisten
bekennen, und sollen keinen Dank dafür haben, dass, obgleich die Predigt recht
und der Prediger fromm ist, dennoch die Welt bös bleibt und am Wort sich nicht
bessert; denn da steht nicht allein diese Predigt Christi, dass nur der vierte
Teil des Samens Frucht bringe, sondern auch sein eigenes Beispiel (wollen von
Johannes und den Aposteln schweigen), dass er‘s nicht kann dazu bringen, dass
jedermann glauben und das Wort annehmen wollte. Der größte Teil ist und bleibt
böse und ohne Frucht, der kleinste und geringste Teil bessert sich und glaubt.
Ist nun das Christus, Gottes Sohn und
höchstem Prediger, widerfahren: Was ist’s Wunder, dass es Johannes dem Täufer,
den Aposteln und uns heutigen Tags auch widerfährt? Will man darum die Lehre
strafen und sagen, sie sei unrecht? So sage man auch, der Same sei nicht
rechtschaffen, der auf den Weg, Felsen und unter die Dornen fällt. Aber man
soll es umkehren und Gott nicht lästern. Sein Wort ist der Same, der gesät
wird; dasselbe Wort ist rechtschaffen und gut und kann seiner Natur halben
anders nicht als Frucht bringen. Dass es aber nicht allenthalben Frucht bringt,
da beschuldige ja Gott und sein Wort nicht darum, sondern das Land, das nicht
gut ist, und weshalb solcher Same darin verderben und ohne Frucht bleiben muss.
Deshalb sollen die Papisten unsere Lehre nicht
strafen noch unrecht heißen, darum, dass viele Ärgernisse dabei sich finden;
sondern sollen sich selbst und alle anderen Leute strafen, die kein feines,
reines Herz haben. Denn die Schuld ist nicht des Worts, sondern der Herzen; die
sind unrein und untüchtig. Zu denen kommt der Teufel, der hetzt und treibt sie
gegen Gottes Wort, wie der HERR im andern Gleichnis sagt, Matthäus 13, von dem
guten Acker, der mit gutem Samen besät ist, und dennoch Unkraut drinnen wächst.
Fragst du, wo das Unkraut herkomme? Da höre und lerne es von Christus. Der
Teufel, sagt er, sät’s unter den Weizen; der kann nicht leiden, dass es alles
rein sei. Und ob er’s wohl nicht alles kann ausrotten, so sät er doch das
Unkraut dazwischen. Wer will aber dem Wort Gottes darum die Schuld geben und
sagen: Es sei Ursache solcher Ärgernisse?
So lerne nun jedermann hier, dass es mit
dem Evangelium nimmermehr anders wird zugehen, als hier der HERR durch das
Gleichnis anzeigt, nämlich: Dass etliche sich daraus bessern und frömmer
werden; aber da sind allewege dreimal mehr, die sich ärgern. Darum geht’s auch,
wie der HERR im nächsten Evangelium beschließt, dass ihrer viele berufen, aber
nur wenige auserwählt sind; denn weil sie kein reines, feines Herz haben,
sondern dem Teufel Raum geben und das Wort fahren lassen, ist’s nicht möglich,
dass Gott solches gefallen könnte. Deshalb folgen nicht allein die äußerlichen
Sünden und Ärgernisse, sondern, wie der HERR hier sagt, wird solche Unart mit
Blindheit gestraft, dass sie mit sehenden Augen nichts sehen, und was sie
hören, nicht erstehen, noch sich darein schicken können.
Deshalb ärgere sich niemand daran, lästere
auch darum das Evangelium nicht, obgleich mancherlei Ärgernisse dabei sind
finden; denn die Schuld ist nichts des Worts, sondern der unartigen, boshaften,
besessenen Herzen. Eben wie es des Samens Schuld nicht ist, dass er an dem Weg,
auf den Felsen und unter den Dornen nicht Frucht bringt. Darum lasse sich
niemand durch solche Ärgernisse anfechten, sondern arbeite dahin, dass er
diesen Samen möge haben und bitte Gott um Gnade, dass er durch seinen Heiligen
Geist ihm das Herz auftun und rein zurichten wolle; auf dass, wenn wir das Wort
hören, es in unsern Herzen bleiben und in Geduld Frucht bringen, und wir durch
den Glauben an Christus, welchen der Heilige Geist durch das Wort und heilige
Sakramente in uns pflanzt, mögen selig werden. Dasselbe verleihe uns allen
unser lieber HERR Jesus Christus. Amen.
Lukas 18,31-43: Er nahm aber zu sich die Zwölf und sprach zu ihnen: Seht,
wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was
geschrieben ist durch die Propheten von des Menschen Sohn. Denn er wird
überantwortet werden den Heiden; und er wird verspottet und geschmäht und angespien
werden; und sie werden ihn geißeln und töten. Und am dritten Tage wird er
wieder auferstehen. Sie aber vernahmen der keines, und die Rede war ihnen
verborgen, und wussten nicht, was das gesagt war. Es geschah aber, da er nahe
zu Jericho kam, saß ein Blinder am Weg und bettelte. Da er aber hörte das Volk,
das hindurchging, forschte er, was das wäre. Da verkündigten sie ihm, Jesus von
Nazareth ginge vorüber. Und er rief und sprach: Jesus, du Sohn Davids, erbarme
dich mein! Die aber vorne an gingen, bedrohten ihn, er sollte schweigen. Er
aber schrie viel mehr: Du Sohn Davids, erbarme dich mein! Jesus aber stand
stille und hieß ihn zu sich führen. Da sie ihn aber nahe zu ihm brachten,
fragte er ihn und sprach: Was willst du, dass ich dir tun soll? Er sprach:
HERR, dass ich sehen möge. Und Jesus sprach zu ihm: Sei sehend! Dein Glaube hat
dir geholfen. Und alsbald ward er sehend und folgte ihm nach und pries Gott.
Und alles Volk, das solches sah, lobte Gott.
In dem heutigen Evangelium sind zwei Stücke.
Das erste ist die Prophezeiung oder Weissagung, in welcher der HERR den zwölf
Aposteln von seinem Leiden verkündigt. Und dies sind die Worte. Welche die
Engel am Ostertag den Frauen bei dem Grab vorhalten, da sie sprechen, Luk.
24,6.7: „Gedenkt dran, wie er euch sagte, da er noch in Galiläa war, und
sprach: Des Menschen Sohn muss überantwortet werden in die Hände der Sünder und
gekreuzigt werden und am dritten Tag auferstehen.“ Denn der HERR Jesus ist
jetzt eben auf der Reise aus Galiläa nach Jerusalem, da er geblieben und
gekreuzigt ist worden. Das andere ist das Wunderwerk an dem Blinden.
Von solcher Weissagung meldet der
Evangelist wohl dreimal, dass die jünger nicht haben verstanden. Denn sie
gedachten, er redet ungewöhnliche Wörter, die einen besonderen Verstand hätten.
Deshalb war ihnen eben, als hörten sie eine fremde, unbekannte Sprache, deren
sie kein Wort verstehen konnten. Und das darum; denn ihr Herz stand so, dass
sie dachten: Der Mann tut so viele Wunderzeichen, er weckt Tote auf, macht die
Blinden sehend usw., dass wir sehen und begreifen müssen, Gott sei mit ihm.
Darum muss er ein großer Herr mit der Zeit werden, und wir, seine Diener,
werden auch Fürsten und große Herren sein. Denn er wollte so einem mächtigen
Mann, der den Tod und alle Plage mit einem Wort heilen und vertreiben kann,
können einen Schaden zufügen? Deshalb stand ihr Herz so: Gott ist zu wohl an
ihm, der wird ihn nichts leiden lassen; dass aber seine Worte lauten, als rede
er, wie er leiden und sterben solle, das wird eigentlich eine andere Deutung
haben. Das ist der lieben Apostel Einfalt gewesen.
Damit ist nun angezeigt, dass alle
Gotteswerke die Art haben, wenn man davon redet, ehe sie geschehen, so sind sie
nicht zu begreifen; aber wenn sie geschehen sind, alsdann versteht man sie und
sieht’s. So meldet Johannes etliche Male, dass die Jünger Christi erst hernach
verstanden haben, was er mit ihnen geredet habe. Darum gehören Gottes Wort und
Glaube zusammen. Denn wenn Gott redet, so kann er nicht anders reden als von Sachen,
die weit über die Vernunft, und wir natürlich nicht verstehen noch fassen
können; darum soll man’s glauben. Wenn man’s nun geglaubt hat, alsdann soll
man’s auch erfahren, dass es wahr sei, und recht verstehen.
Wie, dass ich ein Beispiel gebe: Gottes
Wort lehrt uns von der Auferstehung der Toten; das versteht die Vernunft nicht.
Darum sieht man, dass weltweise Leute, und vor andern die Gelehrten, über uns
spotten und uns für Narren halten, dass wir’s glauben und uns bereden lassen,
es sei ein Leben nach diesen Leben. So, dass Gott Mensch geworden und von einer
Jungfrau in die Welt geboren sei, das versteht die Vernunft auch nicht; darum
muss es geglaubt sein, bis wir dorthin kommen und es sehen werden und sagen:
Nun verstehe ich’s, ja, sehe es auch, dass es wahr ist, was ich zuvor geglaubt
habe. So, dass man durch die Wassertaufe Gottes Huld und Gnade, ohne alles
Verdienst erlangen und Vergebung der Sünde durch die Absolution empfangen soll,
lautet vor der Vernunft auch sehr betrügerisch; darum hält sie die Christen für
toll und töricht, dass sie solches glauben. Denn die denkt: Soll man Gott
versöhnen, so gehört etwas Höheres und Besseres dazu, nämlich gute Werke, die
uns sauer werden und weh tun. Wie man des Papsts Beispiel vor Augen hat, der
die Leute durch seine Predigt auf eigenes Verdienst weist.
Denn es will der Vernunft nicht eingehen,
dass sie glauben soll, dass allein durch die Taufe und den Glauben an Christus
soll gar ausgerichtet werden, was zu Seligkeit gehört; denn sie sieht, dass das
Wort ein geringes Ding ist; der es führt, ist auch ein armer, gebrechlicher
Sünder. Dass nun ein Mensch soll Leib und Leben in Ewigkeit auf solche Worten
setzen, das ist lächerlich. Darum, ob man gleich Gottes Wort den Leuten so klar
und deutlich vorsagt, dennoch geht’s der Vernunft nicht ein, sie glaubt’s doch
nicht. Und muss deshalb das Liebe Evangelium den Namen vor der Welt haben und
behalten, es sei Ketzerei und eine Teufelslehre, da man die Leute mit verführ,
und lehrt sie, dass sie nichts Gutes tun sollen; anders kann die Vernunft nicht
urteilen.
Darum so lernt ihr einfältig glauben dem
Wort Gottes und sprecht in euren Herzen: Wohlan, sehe, greife und fühle ich’s
nicht, dass es so sei, so höre ich’s doch, dass es Gott sagt. Er ist aber ja so
mächtig, dass er’s kann wahr machen, dass ich’s zu seiner Zeit und in jenem
Leben fassen und verstehen, ja, sehen und greifen werde, ob ich’s gleich jetzt
nicht verstehe.
So sieht man auch in Beispielen. Ehe David
Goliath angreift, glaubt er, er wolle ihn schlagen und erwürgen, wie er zu Saul
sagt: „Der HERR, der mich von dem Löwen und Bären errettet hat, der wird mich
auch erretten von diesem Philister“; ebenso: „Dieser Philister, der
Unbeschnittene, soll gleich sein wie der Löwe und Bär; denn er hat geschändet
das Heer des lebendigen Gottes“, 1. Sam. 17,36.37. Ebenso, zum Philister selbst
sagt er V. 46: „Heutiges Tages wird dich der HERR in meine Hand überantworten,
dass ich dich schlage, und nehme dein Haupt von dir.“ Diese Worte hat jedermann
aus dem Mund Davids gehört, aber für eine Lüge und lauter Gespött gehalten. Und
es ist wahr, wo es allein Davids und nicht Gottes Wort gewesen wäre, so wäre es
nichts. Aber es sind Gottes Worte, und David glaubt denselben, ehe er’s
erfährt. Darum geht’s auch so hinaus und liegt nichts daran, ob es andern
schimpflich war, und konnten nicht glauben, dass es sollte so gehen und wahr
werden. Denn der Vernunft war es unglaublich, dass David, der gegen den Goliath
eine geringe Person anzusehen war, sollte mit einem Stein einen so großen,
starken Riesen hernieder werfen und fällen. Aber David glaubt’s und tut’s. Das
konnte man sehen, ja, greifen, dass es wahr und nicht erlogen war.
Aber vorher, da allein das Wort da war, das
David sagt: „Der HERR wird dich heute mir in meine Hand übergeben, da war’s die
größte Lüge, ja, ein unmögliches Ding. Denn die Vernunft macht ihre Rechnung,
wie Saul 1. Sam. 17, so: David ist ein Knabe, ein Hirte, der in keinem Krieg
gewesen und ganz bloß daher kommt mit einem Stecken und Schleuder, als wollte
er sich eines Hundes erwehren; wie ihm den Goliath höhnisch vorwirft und
spricht: „Bin ich denn ein Hund, dass du mit Stecken zu mir kommst?“ Aber der
Riese kommt mit seinem Harnisch und großen Spieß. Ist solches nicht eine
ungleiche Bewaffnung und Rüstung, die lächerlich ist anzusehen, dass solches
der kleine junge Schütze David tun soll, was kein Mann im ganzen Lager sich
darf unterstehen? Nun, David sah es selbst nicht, aber er glaubt es, dass Gott
die Gotteslästerung an seinem Feind strafen und ihm helfen würde; und es
geschah so.
So geht es durch und durch: Gottes Wort und
Werk hält man allezeit für unmöglich, ehe es geschieht. Dennoch geschieht es
und geht über die Maßen leicht und gering zu, wenn es ins Werk kommt. Ehe es
aber ins Werk kommt, soll man es nicht wissen noch verstehen, sondern einfältig
glauben. Denn wie durch die Taufe die Sünde abgewaschen und wir am jüngsten Tag
von den Toten auferstehen werden, das wird die Vernunft nimmermehr verstehen;
besonders weil man sieht, dass mancher heilige Mensch von Vögeln gefressen, von
Hunden und Wölfen zerrissen wird; etliche werden zu Asche verbrannt und die
Asche in fließendes Wasser geworfen; wie der Papst dem heiligen Johannes Hus zu
Konstanz getan hat. Da denkt die Vernunft so: Wo wird unser HERR Gott den Leib
wieder nehmen? Wohlan, sagt Gott, ich sag’s, es ist mein Wort. Deshalb ist es
nicht allein unglaublich, sondern auch unmöglich anzusehen. Aber glaubst du es,
so soll es wahr werden; denn ich bin allmächtig und kann aus nichts alle Dinge
machen.
Was sind doch wir vor hundert Jahren
gewesen? Ebenso wenig wie das Kind, das über 20, 30, 40 Jahre nach uns soll
geboren werden. Weil nun Gott die Kunst kann, aus nichts alle Dinge zu machen,
so wird er je auch das können, dass er aus dem, das etwas gewesen, wieder etwas
machen wird. Darum soll man nicht danach sehen, ob ein Ding möglich sei;
sondern so soll man sagen: Gott hat es gesagt; deshalb wird es geschehen, wenn
es sonst schon unmöglich wäre. Denn ob ich’s gleich nicht sehen noch begreifen
kann, so ist er doch der HERR, der aus einem Unmöglichen ein Mögliches und aus
nichts alles machen kann.
Darum sind’s über die Maßen verdrießliche
Narren, die unserm HERRN Gott sein Wort und Werk nach ihrer Vernunft messen
wollen. Denn weil ich einen Toten nicht kann lebendig machen, soll es darum
Gott auch nicht können? Darum hüte sich ein jeder davor, dass er Gottes Wort
und Vermögen nicht nach seinem Sinn und Vermögen rechne. Denn wo es unsere
Vernunft alles fassen und begreifen könnte, so hätte unser HERR Gott seinen
Mund wohl können zuhalten. Aber weil er redet, so ist’s ein Zeichen, dass
unsere Vernunft nicht alles wisse noch verstehe, und dass Gottes Wort über und
wider alle Vernunft sei; wie man in der Erfahrung sieht.
Ich verkündige die Vergebung der Sünden und
absolviere oder entbinde dich aus dem Befehl Christi. Da hörst du das Wort, und
wenn du es gehört und von Sünden entbunden bist, so fühlst du dennoch noch
nicht, dass Gott und seine Engel dich anlachen. Von solcher Freude weißt du gar
nichts, davon der HERR sagt: „Die Engel im Himmel freuen sich über einen
Sünder, der sich bekehrt.“
So, wenn du jetzt getauft bist, hast du
eben die Haut und das Fleisch nach der Taufe, welches du vor der Taufe hattest.
Soll es aber darum beides nichts sein, die Absolution und die Taufe? O nein.
Darum lerne so sagen: Gott hat mich getauft. Gott hat durch sein Wort mich
absolviert und von Sünden entbunden. Darum glaube ich fest, ob ich’s gleich
nicht sehe noch fühle, dass Gott mich anlache und heißt mich seinen Bruder; und
die lieben Engel haben eine besondere große Freude über mir. Solches, sage ich,
glaube ich und habe ganz und gar keinen Zweifel daran. Will es der Papst nicht
glauben, schadet nicht; ich will es glauben; denn Gott wird mir in seinem Wort
nicht lügen.
Die Jünger hier konnten diese Kunst nicht;
sonst würden sie nicht lange davon disputiert oder sich verwundert haben; sie
würden geschlossen haben: Eben wie er’s redet, so wird es auch gehen; denn der
Mann kann nicht lügen, es geschehe gleich, wann oder wie es wolle. Aber der
Blinde, da der Evangelist von meldet, der kann solche Kunst überaus wohl. Seine
Augen sind starrblind, dass er nicht ein Stück damit sieht; aber bald da das
Wort klingt: „Sei sehend“, glaubt er’s. Darum widerfährt ihm auch, wie er
glaubt. Solches Wort, da es noch allein ist, redet von einem Ding, das nicht
vorhanden ist. Denn die Augen sind dem Blinden noch zu; aber bald auf’s Wort,
weil er’s glaubt, folgt das Werk, wie er’s geglaubt hat. So sollten die Jünger
auch haben getan. Ob sie gleich nicht sahen, wie es möglich war, sollten sie
dennoch geglaubt haben, weil sie sein Wort hatten. Denn auf das Wort gehört
nichts als der Glaube.
Das ist das erste Stück, das wir aus dem
heutigen Evangelium lernen sollen, nämlich dem Wort Gottes mit ganzem
verwegenen herzen, ohne Wanken, glauben. Von solchem Glauben weiß der Papst
nichts, lehrt auch nichts davon. Ihr aber sollt’s wissen und können, dass es
christliches Herz sei, dass da Gottes Wort von Vergebung der Sünden nicht
allein hört, sondern auch fest glaubt und daran nicht zweifelt, ob’s schon
nichts davon fühlt noch sieht. Denn dasselbe soll allererst hernach sich finden
und folgen. Wenn wir fest geglaubt haben, wird sich dann die Erfahrung auch
finden, dass wir sagen werden: O wohl mir, dass ich geglaubt habe. Die andern
aber, wie Papisten, Türken, Juden, die Gott nicht geglaubt haben, werden stehen
und schreien: Zeter mordio, dass wir nicht geglaubt haben! Wer hätte sich des
versehen? Werden so müssen am Ende glauben. Aber es wird verloren sein und
ihnen nichts mehr helfen, es ist zu lang geharrt.
Das ist das erste, dass wir uns nicht
sollen ärgern an dem Wort Gottes, ob es gleich wunderbar, bettrügerisch und
unmöglich lautet; sondern fest auf dem bestehen: Hat es Gott geredet, so wird’s
auch müssen geschehen. Denn niemand soll danach fragen, ob es möglich sei,
sondern allein dahin sehen, ob es Gott geredet habe. Hat es Gott geredet, so
ist er so mächtig und wahrhaftig, dass er’s auch tun kann. Deshalb soll man es
glauben; wer es aber nicht will glauben, der lästert Gott auf das höchste. Vor
solcher Sünde sollen wir uns fleißig hüten, dass wir an Gottes Wort nicht
zweifeln, Gott gebe, es laute so betrügerisch wie es immer kann. Denn was Gott
redet, das wird gewiss wahr. So haben wir Gottes Wort in der Taufe, im
Abendmahl, in der Absolution und in der Predigt; da redet Gott selbst mit uns,
spricht uns selbst von Sünden los. Solches sollen wir glauben und für wahr
halten und ja nicht daran zweifeln. Das ist das erste Stück.
Im zweiten Stück, von dem Blinden, lehrt
uns der Evangelist eine recht bettlerische Kunst, dass man vor Gott wohl
begierig bitten lernen, unverschämt sein und immer anhalten soll. Denen wer
furchtsam ist, der lässt sich bald abweisen und taugt nicht zum Betteln. Man
muss das Schamhütlein abtun und denken, unser Gott wolle es so haben, dass wir
begierig bitten und anhalten sollen. Denn es ist seine Lust und Ehre, dass er
viel geben will, und gefällt ihm wohl, dass man sich viel Gutes zu ihm
versieht. Darum soll man es ja so unverschämt tun, wie gern er’s hat. Denn wer
so lange warten will, bis er’s würdig werde, dass ihm Gott etwas gebe, der wird
freilich nimmermehr etwas bitten. Darum ist’s am besten, dass man das
Schamhütlein abziehe und den Mund flugs auftue und sage: „HERR, ich stecke hier
und da in großer Gefahr und Not Leibes und der Seele, bedarf deshalb deiner
Hilfe und Trost; dies wollest du mir ja nicht versagen, sondern gewiss
widerfahren lassen, nach deiner gnädigen Zusage.
Die Bettler auf der Straße und Gasse können
diese Kunst wohl, aber die Leute haben’s nicht gern, werden’s überdrüssig und
weisen solche Bettler mit bösen Worten ab. Aber unser HERR Gott hat solche
unverschämten Beter gern, die getrost anhalten und sich nicht wollen abweisen
lassen. Wie wir hier an diesem Blinden sehen, der hätte gern gesunde Augen
gehabt. Darum, da er den Lärm hört vorüber gehen, fragt er erst, was das wäre.
Da er von Jesus hört, hebt er an zu schreien: „Jesus, du Sohn Davids, erbarme
dich mein.“ Die nun vorn an gehen, bedrohen ihn, er soll schweigen; aber er
kehrt sich nicht daran; ja, je mehr man ihm wehrt, je getroster er schreit.
Das ist ein rechter unverschämter Beter und
feiner Bettler, wie sie unser HERR Gott gern hat. Darum sollen wir dies
Beispiel wohl merken und auch vor den HERRN Christus treten und ihn bitten:
OHERR, ich bin ein armer Sünder, gib, dass dein Reich auch zu mir komme, und
vergib mir meine Schuld. Hilf hier, hilf da usw. Wer so bettelt und unverschämt
anhält, der tut recht, und unser HERR Gott hat’s gern; denn er ist nicht so
eklig wie wir Menschen. Uns kann man mit dem unverschämten Bitten müde,
unlustig und unwillig machen; ihm aber ist’s eine große Ehre, dass man ihn für
einen großen Herren halte und nicht ablasse, sondern sage: HERR, es ist deine
Ehre, dadurch du gerühmt wirst, dass ich von dir bettle. Darum, lieber HERR,
siehe nicht an, dass ich unwürdig, sondern dass ich deiner Hilfe notdürftig
bin, und du der rechte einige Nothelfer bist aller Sünder. Darum geschieht’s
dir zu Ehren, dass ich dich anrufe; so kann ich deiner Hilfe auch nicht
entraten usw.
Solches unverschämte Gebet, das fest anhält
und sich nicht lässt abschrecken, gefällt Gott wohl. Wie wir hier an dem
Blinden sehen; sobald er anfängt zu bitten, flugs fordert der HERR ihn zu sich,
muss jedermann aus dem Weg weichen. Und er. Der Blinde, schämt sich auch
nichts, lässt sich zu ihm leiten. Da fragt der HERR ihn alsbald: „Was willst
du, dass ich dir tun soll?“ Da muss man sehen, wie die Hände dem HERRN offen
stehen. Als wollte er sagen: Bitte, was du willst, es soll dir widerfahren. Der
Blinde säumt sich nicht lang und spricht: Ich bitte, dass ich sehen möge. Da
antwortet der HERR: Ja, du sollst sehen. Das heißt je unverschämt gebeten, aber
sehr gnädig erhört. Das sollen wir lernen, dem Blinden nachzutun, so auch mit
unserm Gebet herausfahren und Christus unsere Not vorbringen und gewiss
glauben, er werde uns erhören und gewähren.
Im Papsttum haben wir selbst unser Gebet
verachtet und gedacht: Wo nicht andere für uns bitten, so werden wir nichts
erlangen. Aber solches soll beileibe kein Christ tun; sondern, alsbald die Not
herdringt, flugs in die Kammer gelaufen und auf die Knie gefallen und gesagt:
HERR, hier komme ich, muss das uns jenes haben, ob ich wohl unwürdig bin. Aber
siehe meine Not an und meinen Jammer, und hilf um deiner Ehre willen. So lerne
unverschämt beten und zweifle ja nicht, Gott werde dir um Christi willen geben,
was dir nütz und gut ist. Denn da steht die Verheißung klar und gewiss: „Was
ihr im Namen Jesu bittet, das soll euch widerfahren,“ Allein, siehe darauf,
dass du nicht müde werdest, sondern fest anhaltest. Je mehr du es tust, je
lieber es der HERR hat; er lässt sich durch dein unverschämtes Bitten nicht
müde machen. Ja, dein Gebet möchte stark und ernst sein, er sollte dir dieselbe
Stunde geben, was du begehrst, das er sonst nicht täte und lange verzöge; aber
er erhört und gewährt es dir um deines ängstlichen Betens willen. Wie ich
hoffe, dass der jüngste Tag nicht so lang soll ausbleiben, sondern durch das
ängstliche Seufzen der Christen eher kommen als wir’s denken können. Wie der
HERR Luk. 18 von der Witwe ein Gleichnis gibt, die nicht nachlassen wollte, da
der Richter, der da weder nach Gott noch den Menschen fragte, sagt: Ich kann’s
nicht länger leiden, dass mich die Witwe so betäubt; ich will ihr helfen, dass
ich ihrer abkomme und des Anlaufs fortan überhoben werde. „Sollte aber Gott“,
spricht Christus, „nicht auf erretten seine Auserwählten, die zu ihm Tag und
Nacht rufen, und sollte Geduld darüber haben? Ich sage euch, er wird sie
erretten in einer Kürze.“ Als wollte er sagen: Das Gebet macht, dass Gott eilt,
da er sonst nicht so würde eilen.
Darum dient das Gebet dazu, dass man ein
Ding desto eher erlange, welches sonst länger würde verzogen; ja, da wohl gar
nichts aus würde. Dass also dies Beispiel dahin dient, dass wir sollen
unverschämte Bettler sein und unverschämt bitten lernen und uns nicht lassen
müde machen, sondern sagen: HERR, wahr ist’s, ich bin ein armer, unwürdiger
Sünder, das weiß ich wohl; aber nichtsdestoweniger muss ich dies oder jenes
haben; gib mir’s. Denn hier gilt’s nicht Disputierens, ob ich fromm sei; das
einige Stück ist genug, dass ich notdürftig bin, und du gern geben willst, was
mir zu Leib und Seele nützlich ist.
Wenn du so betest und fest anhältst, so
wird er gewiss zu dir sagen, wie zu diesem Blinden: „Was willst du, dass ich
tun soll? Sei sehend, dein Glaube hat dir geholfen.“ Denn beten und nicht
glauben, heißt unsers HERRN Gottes spotten. Der Glaube aber steht allein auf
dem, dass Gott um Christi, seines Sohnes und unsers HERRN, willen uns gnädig
sein, erhören, schützen, retten und selig machen werde. Dazu helfe uns unser
lieber HERR und Erlöser, Christus Jesus, Amen.
Matthäus 4,1-11: Da
ward Jesus vom Geist in die Wüste geführt, auf dass er von dem Teufel versucht
würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn.
Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass
diese Steine Brot werden. Und er antwortete und sprach: Es steht geschrieben:
Der Mensch lebt nicht vom Brot alleine, sondern von einem jeglichen Wort, das
durch den Mund Gottes gehet. Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige
Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du
Gottes Sohn, so lass dich hinab; denn es steht geschrieben: Er wird seinen
Engeln über dir Befehl tun, und sie werden dich auf den Händen tragen, auf dass
du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt. Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht
auch geschrieben: Du sollst Gott, deinen HERRN, nicht versuchen. Wiederum
führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle
Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: Das alles will ich dir
geben, so du niederfällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Heb’ dich
weg von mir, Satan! Denn es steht geschrieben: Du sollst anbeten Gott, deinen
HERRN, und ihm allein dienen. Da verließ ihn der Teufel; und siehe, da traten
die Engel zu ihm und dienten ihm.
In diesem Evangelium hört ihr, wie der HERR
Jesus nach seiner Taufe [auf] dreierlei Weise versucht ist worden, nachdem er
40 Tage und 40 Nächste in der Wüste gewesen und nichts gegessen hat; oder wie
Lukas davon redet, so haben diese drei Anfechtungen die ganzen 40 Tage über
gewährt, dass er mit einer etliche viel Tage umgegangen ist, und vielleicht
nicht nach der Ordnung, wie Matthäus hier erzählt.
Nun ist aber dies ein weitläufiges
Evangelium, besonders wenn man es auf die ganze Christenheit ziehen will, die
auch durch Hunger und Verfolgung, durch Ketzerei und endlich mit dem Reich der
Welt versucht ist; wie die Geschichten, wer Achtung darauf hat, fein ausweisen.
Aber wir wollen’s auf diesmal so weitläufig nicht behandeln, sondern bei der
allgemeinen Lehre bleiben. Und aufs erste wollen wir dies Beispiel unsers
lieben HERRN Christus vor uns nehmen, in welchem wir sehen, dass ein jeder
Christ, sobald er getauft, wird er geordnet hierher in das Heer gegen den
leidigen Teufel, der wird ihm aufgeladen und verfolgt ihn, solange er lebt. So
es nun der giftige Feind nicht dahin kann bringen durch seine Anfechtung, dass
er die Christen zu Fall bringe und über sie siege; so tut er, wie er mit
Christus getan hat und sieht, dass er sie an das Kreuz hänge und umbringe.
In solcher Gefahr stehen alle Christen.
Denn das ists je gut auszurechnen, weil er den HERRN Christus selbst nicht
verschont, sondern so trefflich sich gegen ihn gesetzt hat, wird er unser viel
weniger schonen, da er weiß, dass wir viel schwächer und ungerüstet sind.
Deshalb mögen wir uns auf solche Gefahr schicken und am HERRN Christus hier
lernen, wie wir solchem Feind auch können begegnen, dass er von uns ablassen
müsse. Das geschieht aber allein durch den Glauben an Gott und sein Wort. Wer
solchen Harnisch hat und recht gebraucht, der wird vor dem Teufel wohl bleiben.
Wer ihn aber nicht hat oder unrecht gebraucht, dem ist weder zu raten noch zu
helfen gegen den giftigen Feind.
Deshalb soll ein jeder Christ sich fleißig
zur Predigt und an dem Wort Gottes halten, das mit Fleiß lernen und sich
drinnen üben; daneben auch immerdar Gott in den Ohren durch ein ernstes Gebet
liegen, dass er sein Reich zu uns kommen lassen und uns nicht in Versuchung
wolle führen, sondern vor allem Übel gnädig bewahren.
Nun
steht hier, der HERR Jesus sei vom Geist in die Wüste geführt, das ist, der
Heilige Geist habe ihn in die Wüste gerufen. Solches hat der Evangelist
besonders wollen melden, dass man sich hüte vor eigenem Gutdünken; da Christus
selbst nicht aus eigenem Gutdünken noch Vornehmen in die Wüste gegangen und da
mit dem Teufel gerungen hat; wie viele tun und mancherlei vornehmen, ohne
Gottes Wort, aus eigenem Gutdünken. Aber es soll keineswegs sein. Niemand soll
etwas anfangen noch irgend hinlaufen, Gott zu dienen, er wisse denn gewiss,
dass Gott ihm solches geheißen habe, entweder durch sein Wort oder durch
Menschen, die an Gottes Statt über uns Macht haben. Denn wer ohne solchen Beruf
etwas vornimmt, wie Mönche und Nonnen in die Klöster gelaufen sind, der tut
nicht allein Gott keinen Dienst, sondern tut gegen den Gehorsam Gottes.
Darum ist uns dies Beispiel Christi wohl zu
bedenken, dass er nicht von sich selbst ist in die Wüste gelaufen, sondern der
Heilige Geist hat ihm es geheißen; auf dass wir dergleichen auch tun und nicht
aus eigenem Gutdünken vornehmen; sondern in allem, das wir tun, rühmen und
sagen können: Es geschehe im Gehorsam und Befehl des Wortes. Diese Lehre habt
ihr oft gehört, dass man besonders danach sehen soll, dass man gewiss sei, Gott
habe es befohlen, und außer seinem Wort nichts anfangen.
Mit den gemeinen Ständen und Werken der
Liebe bedarf es keines neuen Befehls; denn solches ist bereits in den Zehn
Geboten befohlen. Da heißt unser HERR Gott einen jeden, dass er Gottes Wort
hören, Gott lieben, Gott anrufen soll, Vater und Mutter gehorsam sein, niemand
töten, nicht Unzucht treiben, sondern ehelich werden soll. Solches alles ist
Gottes Geschöpf und Befehl; deshalb muss man da nicht fragen nach dem Heiligen
Geist, dass er dich oder mich besonders berufe und heiße ehelich werden, Vater
und Mutter sein usw. Solcher Befehl ist zuvor da. Aber etwas Besonderes
anfangen, in ein Kloster laufen und da wollen Gott dienen, ebenso, die Fasten
über nicht Fleisch, Eier, Butter essen, kein Halleluja in den Fasten singen, da
ists kein Befehl noch Wort Gottes von; deshalb ist’s ein stinkender Dreck vor
Gott und kein Gottesdienst.
Nun wollen wir auch die Anfechtungen
nacheinander besehen. Die erste ist, dass der Teufel zum HERRN Jesus spricht,
da er sieht, dass ihn hungert: „Bist du Gottes Sohn, so sage, dass diese Steine
Brot werden.“ Solche scheint nicht so eine harte Anfechtung zu sein. Denn wir
denken so: Was hätte es Christus geschadet? Er hätte leicht können Steine zu
Brot machen. Hat er doch wohl mehr und Größeres getan! Aber er will es darum nicht
tun, denn er versteht den Teufel in seiner Sprache sehr wohl, der vornehmlich
das nicht sucht, dass Christus ein Wunder tun soll; sondern, wie man aus des
HERRN Christus Antwort klar sieht, er wollte ihm gern den Glauben und das
Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit nehmen und ihm den Gedanken in das Herz
stecken: Gott hat dich vergessen, er will sich dein nicht annehmen, er will
dich Hungers sterben lassen und dir nicht ein Stück Brot gönnen. Darum
antwortet der HERR: Ei, Teufel, nicht also; „der Mensch lebt nicht allein von
dem Brot, sondern von einem jeden Wort, das da geht aus dem Mund Gottes.“ Dass
also des Teufels Eingeben dies ist, er soll allein auf das Brot denken und
Gottes Wort nicht weiter achten, wenn er Brot habe.
Solche Anfechtung geht noch heute, dass der
Teufel den Leuten solche Gedanken ins Herz steckt: Bist du Gottes Sohn, so kann
Gott mit dir auch nicht zürnen. Darum so scharre nur getrost und sei geizig,
menge dich weidlich in die Welthändel, schadet alles nichts, du kannst nicht sündigen.
Denn sollte Gott dir die Nahrung und das Brot nicht wollen gönnen, so müsste er
doch je ein schlechter Gott und unbarmherziger Vater sein. Mit solchen Gedanken
macht er Bürger und Bauern zu Schälken, dass sie fortfahren mit Scharren und
Geizen, und halten’s dafür, Gott werde nicht darum zürnen, weil es allein um
das tägliche Brot und die Nahrung zu tun ist. Ich muss ja, denkt ein jeder, für
Frau und Kind sorgen und ihnen genug schaffen usw. So macht der Teufel mit dem
Wort einen Deckel über die Sünde, dass er spricht: Du bist Gottes Sohn. Als
wollte er sagen: Du kannst ja nicht sündigen noch Unrecht tun. Wie man
allenthalben in der Welt sieht, dass niemand sich ein Gewissen darüber macht,
dass er nach dem Wort wenig fragt und fragt allein nach dem Brot oder Nahrung.
Darum geht diese Anfechtung noch immerdar in der Welt, dass der Teufel das Wort
gering macht und die Leute dahin treibt, dass sie nicht so sehr nach dem Wort
sorgen als um das Brot.
Da muss man lernen und sich gegen solche
Anfechtung wehren und sagen: Teufel, du willst mich gern vom Wort bringen;
nein, es soll dir nicht gelingen. Denn ehe ich Gottes Worts mangeln wollte,
eher wollte ich des Brots mangeln und Hungers sterben. Denn es ist je besser,
dass der Leib verderbe, als dass er durch Speise erhalten werde und die Seele
ewig sollte sterben und verloren sein usw. Zu solchen Gedanken lässt der Teufel
uns Menschen nicht gern kommen, legt sich deshalb mit der Anfechtung immer in
den Weg und arbeitet dahin, dass wir nur auf die Bauchfülle sehen und Gottes
Wort verachten und denken sollen, es habe nicht Not, Gott ist mein Vater,
sollte er mir das Brot und die Nahrung nicht gönnen?
Wer vor solcher Anfechtung sich bewahren
will, der lerne hier von Christus, dass ein Mensch zweierlei Brot habe. Das
erste und beste Brot, das vom Himmel kommt, ist das Wort Gottes. Das andere und
geringere ist das zeitliche Brot, das aus der Erde wächst. Wenn ich nun das
erste und beste Himmelsbrot habe und lasse mich davon nicht abbringen, so soll
jenes zeitliche Brot auch nicht fehlen noch außen bleiben: Es müssten eher die
Steine zu Brot werden. Die andern aber, die das himmlische Brot fahren lassen
und nehmen sich allein um das zeitliche an: Wenn sie solche Bauchfülle haben,
sie sich hin und sterben. Sie können das Gut nicht gar fressen, sondern müssen
es hinter sich lassen und dort ewig Hungers sterben. Es soll aber nicht so
sein. Darum, ob dich der Teufel anficht durch Verfolgung, Mangel, Hunger und
Kummer: Leide dich und faste mit Christus, weil doch der Geist dich so treibt,
und lass das Vertrauen auf Gottes Gnade nicht fallen. So werden alsdann die
lieben Engel kommen und deine Tischdiener werden; wie der Evangelist hier am
Ende von Christus sagt.
Das ist das erste Stück, von der ersten
Anfechtung, dass man Gottes Wort soll lernen hoch halten und demselben glauben
und sich [durch] gar keinen Mangel noch Unglück dahin bewegen lassen, dass man
wollte schließen, Gott wäre uns ungnädig, er wolle uns nicht helfen, er habe
uns vergessen. Gegen solche Anfechtung tröstet niemand als das Wort Gottes. Das
ist ein solches Brot und Speise: Wer davon isst, das ist, wer dem Wort glaubt,
der hat das ewige leben. Das merke wohl. Wiederum das zeitliche Brot, da doch
alle Welt nach scharrt, währt nur so lange, bis das Stündlein kommt, so ist’s
aus und muss danach in Ewigkeit Hungers gestorben sein.
Die andere Anfechtung ist, dass der Teufel
den HERRN Jesus führt in die heilige Stadt Jerusalem und stellt ihn zu oberst
auf den Tempel und spricht: Er soll sich herunter lassen, ihm werde kein leid
widerfahren, denn er sei Gottes Sohn; darum müssten eher alle Engel auf ihn
warten, ehe er an einen Stein sich stoßen sollte usw.
Das ist eine schwere und geistliche
Anfechtung des Glaubens, da der Glaube auf der andern Seite auch angefochten
wird, eben wie er oben mit er Sünde und dem Zorn Gottes wird angefochten. Denn
wo es der Teufel nicht dahin kann bringen, dass wir an Gott verzagen, so
versucht er es auf der andern Seite, ob er uns könne vermessen und hoffärtig
und viel zu kühn machen. Als wollte der Teufel sagen: Willst du mit mir aus
Gottes Wort disputiere; halt, ich kann es auch. Da hast du Gottes Wort: „Er
wird seinen Engeln über dir Befehl tun, die müssen dir eine Treppe bauen und
sollen dich auf den Händen tragen.“ Nun so spring hinab, lass sehen, ob du auch
solcher Zusage Gottes glaubst.
Hier
muss man Christus verstehen und ansehen als einen Menschen, der die
Gottheit in seiner Menschheit verborgen hat. Wie er am kreuz sich auch stellt
als ein pur lauterer Mensch, klagt und schreit um Hilfe und Erlösung: So stellt
er sich hier auch als ein pur lauterer Mensch. Darum meint der Teufel, er wolle
ihn dahin bringen, dass er Gott mit einem unnötigen Wunderzeichen versuche.
Führt deshalb den 91. Psalm ein, zum Zeugnis; lässt doch das nötige Stück
darinnen aus: in viis tuis, der HERR wird dich bewahren „auf deinem Weg“. Mit
solchem Spruch will der Schalk dem HERRN Christus aus den Augen reißen, was ihm
befohlen war. Denn Christus ist jetzt in der Wüste, nicht darum, dass er soll
Wunder tun; sondern dass er leiden soll, er soll ein leidender Mensch sein: So
will der Teufel ihn aus dem Weg führen, da ihn Gott zugeordnet hat, und
bereden, er soll ein unnötiges Wunderwerk tun.
Aber Christus treibt ihn zurück und
spricht: „Es steht geschrieben: Du sollst Gott nicht versuchen.“ Denn da ist
eine Treppe oder Stiege; deshalb es unnötig ist, dass ich mich hinunter lasse.
Weil ich nun ohne Gefahr die Stiege hinabgehen kann, wäre es unrecht, wenn ich
mich ohne Not und Befehl Gottes wollte in Gefahr begeben.
Das ist auch eine nötige und nützliche
Lehre, dass es heißt Gott versuchen, wo jemand von dem ordentlichen Befehl
abtreten und ohne Gottes Wort etwas Neues und Besonderes wollte vornehmen. Wie
Mönche und Nonnen tun, die fahren aus eigenem Gutdünken zu, nehmen sich ein
besonderes Leben vor; sagen danach, Christus habe es befohlen, da er sagt:
„Verlasse alles und folge mir nach.“ Da ist nicht allein Vernunft, sondern auch
Schrift. Aber hier siehst du, dass der Teufel auch kann Schrift führen und die
Leute mit betrügen. Aber den Mangel hat es, dass er die Schrift nicht ganz
führt, sondern nimmt nur so viel, wie ihm zu seiner Sache dient; was ihm nicht
dient, das lässt er aus und schweigt still davon.
Die Wiedertäufer tun auch so, führen sehr
viel Schrift, wie man auf keine Kreatur sich verlassen noch darauf vertrauen
soll. Danach sagen sie: Die Taufe ist auch eine Kreatur; denn das ist je nichts
als Wasser; darum soll man auf die Taufe kein Vertrauen setzen noch sich darauf
verlassen. Die wollen Gottes Gnade nicht bei der Taufe glauben, sondern mit den
Händen tappen. An Schrift fehlt’s ihnen nicht; aber daran fehlt’s, dass sie die
Schrift nicht recht führen. Denn so Gottes Wort nicht da stünde und lautete:
„Wenn jemand nicht wiedergeboren werde durch das Wasser und den Geist, wo wird
er das Himmelreich nicht sehen“; so wäre es unrecht, Gottes Gnade in der Taufe
oder bei dem Wasser zu suchen. Aber da steht Gottes Wort fest: „Wer da glaubt
und getauft wird, der wird selig.“ Denn es muss Glaube und Taufe, Wort und
Wasser beieinander sein; das wollen die blinden Leute nicht sehen.
So widerspricht Christus dem Teufel auch
und antwortet: Wenn ich auf meinen Wegen gehe, die mir Gott befohlen hat, so
weiß ich wohl, dass die Engel bei mir sind und auf mich müssen sehen und mich
bewahren. So wenn ein Kind in seinem kindlichen Gehorsam geht, Vater und
Mutter, Knechte und Mägde in ihrem Amt und Beruf gehen, so ihnen Unfall
zusteht, da will Gott durch seine Engel retten und helfen. Gehen sie aber aus
dem Weg, so sollen die Engel nicht da sein; da kann ihnen der Teufel alle
Stunden den Hals brechen; wie er denn oft aus Verhängnis Gottes tut, und
geschieht ihnen kaum recht, denn sie sollten nicht neue noch andere Wege
machen; denn das heißt Gott noch versucht.
Das ist eine solche Anfechtung, die niemand
versteht, er habe es denn versucht. Denn gleichwie die erste auf Verzweiflung
treibt, diese auf Vermessenheit und auf solche Werke, die Gottes Wort und
Befehl nicht haben. Da soll ein Christ die Mittelstraße gehen, dass er weder
verzweifle noch vermessen sei, sondern bleibe einfältig bei dem Wort in rechtem
Vertrauen und Glauben. So sollen die lieben Engel bei uns sein und sonst nicht.
Die dritte Anfechtung ist nur traditio
humana; die ist gar grob, dass der Teufel durch Ehre und Gewalt uns, wider
Gottes Wort, in Abgötterei sich untersteht zu bringen. Zu solchem hilft das
sehr viel, dass die äußerliche Heiligkeit so einen großen Schein hat vor der
Vernunft und weit schöner gleißt als aller Gehorsam gegen das Wort Gottes. Denn
der Papst hält den Ehestand nicht so für ein heiliges Leben, ebenso Kinder
nähren und lehren, im Haus arbeitsam, gehorsam und treu sein, wie er es für ein
heilig und groß Ding hält, wo einer hingeht, zieht einen grauen Rock oder Kappe
an, hält sich nicht wie andere Leute, isst kein Fleisch am Freitag, fastet,
geht wallfahren usw. Das macht einen solchen Schein, dass König und Kaiser sich
davor bücken.
Mit solcher eigenen Andacht und selbst
erfundenen Geistlichkeit ist der Papst aufgekommen, dass er und sein Haufe
nicht hat wollen tun, was andere Leute tun; denn dasselbe wäre zu gering. Das
aber hat ein besonderes Ansehen, wenn einer in ein Kloster läuft, ein Mönch und
unsers HERRN Gottes (wie sie rühmen) eigener Diener wird, da man weder Geld
noch Gut sucht und der Welt ganz und gar entsagt. Denn so hat man das
Mönchsleben gerühmt; wiewohl es eine andere Meinung mit gehabt hat, wie
jedermann wohl weiß. Aber Summa Summarum, solches ist eine rechte teuflische
Anfechtung. Denn es ist eine ungebotene Heiligkeit, und heißt nicht Gott
gedient, dem man doch, wie Christus sagt, allein dienen soll. Dient man aber
Gott nicht allein, so dient man gewiss dem Teufel. Der lohnt auch, wie er
Christus hier verheißt, und gibt gutes Leben, feiste Pfründen und große
Herrschaften zum Lohn.
Wer aber Gott will dienen, der tue, was
Gott in seinem Wort befohlen hat. Bist du ein Kind, so ehre dienen Vater und
Mutter. Bist du Magd oder Knecht, so sei gehorsam und treu. Bist du Herr und
Frau, so ärgere dein Gesinde nicht mit Worten noch Werken; sondern tue, was dir
wohl ansteht, und halte sie auch zur Furcht Gottes. Das heißt alsdann Gott und
seinem Wort und nicht der Person gedient. Denn da isst ein Wort, das solches
befiehlt und haben will. Man heiße es nun vor der Welt, wie man wolle, dass es
Herrn oder Frauen, Vater oder Mutter, Nachbarn oder Kinder gedient sei, so
ist’s doch ein rechter Gottesdienst. Denn Gott hat je sein Wort geschrieben
über meines Nächsten Haupt und gesagt. Du sollst deinen Nächsten lieben und ihm
dienen.
Dass nun der Papst solches Befehls nicht
achtet und eine besondere Heiligkeit draus macht, wo man eine graue Kappe
anlegt, keine Butter noch Fleisch, sondern Öl und Hering in den Fasten isst,
das ist ein lauter Teufelsgespinst. Denn Gottes Befehl und Wort ist nicht da.
Reimst sich deshalb eben zur Frömmigkeit, die vor Gott gilt, wie sich’s reimt
zum steinernen Gebäude, wenn die Kinder Häuslein aus Kartenblättern machen.
Ursache: Gott kannst du nicht dienen, du habest denn sein Wort und Befehl. Ist
nun sein Wort und Befehl nicht da, so dienst du nicht Gott, sondern deinem
eigenen Willen. So sagt denn unser HERR Gott: Wem du dienst, der lohne dir
auch; welcher Teufel hat dich’s geheißen? Ich heiße dich Vater und Mutter,
deiner Obrigkeit und deinem Nächsten dienen; das lässt du anstehen und tuest
dieweil, das ich nicht befohlen habe; das soll ich mir gefallen lassen? Nein,
da wird nichts draus.
So ist der Papst und sein Haufe ein
lauterer Götzendiener und Teufelsknecht. Denn das Wort verachtet er nicht
allein, sondern verfolgt’s auch; will dennoch heilig sein um solches
äußerlichen Gottesdiensts willen, den er angerichtet hat mit Kappen und
Platten, mit Fasten, Fisch essen, Messe lesen und was dergleichen mehr ist; davon
kann ihn niemand bringen. Warum? Darum, dass der Teufel ihm der Welt Reich
gewiesen und verheißen hat. Das macht, dass er unserer Predigt und
Gottesdiensts spottet. Denn wir sind Bettler dabei und müssen viel leiden. Aber
seinen Gottesdienst hebt er in den Himmel; denn da hat er Geld und Gut, Ehre
und Gewalt von und ist ein größerer Herr als Kaiser und König sein kann. Da
sieht man, wie der Teufel mit dieser Anfechtung so gewaltig ist bei ihm
eingesessen. Wir aber sollen dem Teufel unter die Augen treten und ihm sagen,
wie Christus sagt: Teufel, heb dich von mir weg, es steht geschrieben: „D9u
sollst Gott, deinem HERRN, allein dienen“, das ist, allein auf Gottes Wort
sehen und demselben folgen, und außerhalb desselben keinen Gottesdienst
vornehmen. Solcher Anfechtung aller drei müssen wir gewarten, so lange wir
leben. Sollen deshalb hier lernen, wie wir uns mit Gottes Wort dagegen schützen
und aufhalten können, auf dass wir die Mittelstraße gehen; und uns darum nicht
lassen den Glauben nehmen, dass wir Stein und nicht Brot haben, wenn uns
hungert, noch im Glauben vermessen werden oder endlich um Geldes und Guts
willen vom rechten Gottesdienst abfallen; sondern zugleich im Glauben und der
Furcht Gottes beständig bleiben. Unser lieber HERR Christus, der diese
Anfechtung uns zugut selbst überwunden hat, der gebe uns auch Stärke, dass
wir’s durch ihn überwinden und selig werden mögen. Amen.
Matthäus 15,21-28: Und Jesus ging aus von dannen und entwich in die Gegend von
Tyrus und Sidon. Und siehe, eine kanaanäische Frau ging aus derselben Grenze
und schrie ihm nach und sprach: Ach HERR, du Sohn Davids, erbarme dich mein!
Meine Tochter wird vom Teufel übel geplagt. Und er antwortete ihr kein Wort. Da
traten zu ihm seine Jünger, baten ihn und sprachen: Lass sie doch von dir; denn
sie schreit uns nach. Er antwortete aber und sprach: Ich bin nicht gesandt, als
nur zu den verlornen Schafen von dem Haus Israel. Sie kam aber und fiel vor ihm
nieder und sprach: HERR, hilf mir! Aber er antwortete und sprach: Es ist nicht
fein, dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde. Sie
sprach: Ja, HERR; aber doch essen die Hündlein von den Brosamen, die von ihrer
Herren Tisch fallen. Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: O Frau, dein Glaube
ist groß; dir geschehe, wie du willst! Und ihre Tochter ward gesund zu
derselben Stunde.
Das ist ein hohes Evangelium von dem
rechten Kampf und Todesangst im Glauben vor Gott, daraus wir das lernen sollen,
dass uns kein Ding soll abschrecken vom Rufen und Beten zu Gott, ob er schon
selbst Nein dazu spricht. Wie man erfährt in Todesnöten; da schiebt und schürt
der Teufel allenthalben mit Gedanken zu, dass sich unser HERR Gott nicht anders
lässt ansehen, denn als wolle er unser nicht. Da geht’s denn scheußlich zu,
wenn die schwarzen dicken Wolken so die liebe helle Sonne dämpfen und decken,
da ist denn eine Not über alle Not.
Dieser Kampf ist uns hier vorgebildet in
der Frau, da nicht allein die Person, sondern alle anderen Umstände so böse
sind, dass sie nicht können böser sein. Denn erstlich ists eine heidnische
Frau, das ist der erste Umstand, welche die Sache schwer macht, dass sie kein
Kind Abrahams noch von Abrahams Samen ist; hat deshalb kein Recht, hier etwas
zu bitten, denn sie ist fremd. Das sollte sie dermaßen vor den Kopf haben
gestoßen, dass sie gesagt sollte haben: Was soll ich bitten? Es ist verloren.
Ursache: Ich bin eine heidnische, fremde Frau; er aber ist ein Jude und zu den
Juden gesandt.
Wenn wir solchen Stoß so gewaltig sollten
in unsern Herzen fühlen, so würden wir bald liegen und das Gebet fallen lassen.
Denn es ist kein Scherz, wenn das Gewissen da steht und spricht: Ah, du bist
der keiner, die beten sollen, du gehörst zu Christus nicht; lasse Paulus,
Petrus beten, dich hört unser HERR Gott nicht; du hast keinen Glauben, bist
vielleicht nicht erwählt, bist nicht wert noch genug zu solchem hohen Werk,
dass du vor Gott treten und ihn um etwas bitten sollst. Mit solchen Gedanken
kann der Teufel uns in Verzweiflung bringen; denn es ist ein sehr großer Stoß.
Da siehe nun hier auf diese Frau und lerne
dich auch in solchem Fall halten, wie sie sich hält. Sie geht hin und sieht
solches nicht, ist gleich blind im Geist, dass sie des Stücks vergisst und
nicht daran denken kann, dass sie eine Heidin, er aber ein Jude ist. Denn das
Vertrauen und Herz zu Christus ist so groß, dass sie denkt: Er wird mich nicht
lassen. Mit solchem Glauben löscht sie das aus, dass sie eine Heidin ist. Das
würde ein anderer ohne Glauben nicht getan haben; sondern würde so gedacht
haben: Du bist des Teufels, es ist vergebens, dass du betest; lass ein Volk
bitten, mit dir wird’s nichts tun; würde also nimmermehr gebeten haben. Denn
wer nicht glaubt, der kann nicht beten. Aber die Frau lässt sich‘s nicht
anfechten, disputiert nicht bei sich selbst: Du gehörst in das Haus nicht, du
bist eine ausgeschlossene Heidin und nicht wert, dass dich die Erde trage.
Solches ist eine harte und böse Anfechtung,
wenn der Teufel so im Herzen zuschürt und spricht: Was willst du lange beten,
du bist doch mein; hebe dafür an und fluche Gott, es gilt eben gleich viel; du
wirst doch nicht selig. Solche Teufelsgedanken können ein ungeübtes Herz
hindern, dass es gar nicht betet und in Verzweiflung fällt.
Darum ist diese Geschichte um unsertwillen
geschrieben, dass wir uns nicht daran stoßen, ob der böse Feind uns vorhalten
wollte und sagen: Du bist kein Christ, es tut nichts mit deinem Beten. Nein,
beileibe kehre dich nicht dran, sondern spricht so: Ich sei, wer ich wolle, so
frage ich nichts danach. Denn ob ich gleich ein Sünder bin, so weiß ich doch,
dass darum mein HERR Christus nicht ein Sünder ist, sondern er bleibt gerecht
und gnädig. Darum will ich getrost zu ihm rufen und schreien und mich sonst an
nichts kehren; denn ich habe jetzt nicht Weile zu disputieren, ob ich erwählt
sei oder nicht. Das aber fühle ich, dass ich Hilfe brauche; komme deshalb und
suche sie in aller Demut usw.
Solches heißt diesem Beispiel hier recht
gefolgt. Denn die Frau war eine Heidin, konnte deshalb, ja, sie musste wohl
schließen, sie wäre nicht erwählt; dennoch verschluckt sie solchen harten
großen Bissen und tritt hin vor den HERRN Jesus und lässt solche Gedanken am
Gebet sich nicht hindern. So tue du auch und sprich: HERR, ich komme jetzt und
muss dies und anderes haben; wo will ich’s sonst nehmen oder suchen als bei dir
im Himmel durch deinen Sohn, meinen Erlöser Christus Jesus? Das ist ein
Kampfstück und ein großes Wunder an dem heidnischen Fräulein.
Nun steht im Text, dass sie schreit: „Ah
HERR, du Sohn Davids, erbarm dich mein“; und klagt ihre Not: „Meine Tochter
wird hart gepeinigt vom Teufel.“ Solches Geschrei hört Christus wohl, aber er
antwortet ihr nicht ein Wort. Das ist der andere Stoß, dass sich unser HERR
Gott stellt, eben wie sie war. Sie ist eine Heidin, die nicht in das Erbe
gehört, soll auch die Wohltat nicht genießen. Darum, da sie Christus nachläuft
und bittet, schweigt er stockstill, als habe er nichts mit ihr zu schaffen. Von
solchen zwei Kartaunen sollte eine eiserne Mauer umfallen. Denn sie sollte je
gedacht haben: Wo ist nun der Mann, der mir von jedermann so gerühmt ist, wie
er barmherzig sei, erhöre bald und helfe gern? Aber wie ich sehe und erfahre,
so hört er, wenn er will, und nicht, wenn wir es bedürfen. Aber es lässt sich
die arme Frau noch nicht schrecken. Was begegnet ihr aber weiter?
Zum dritten werden die Jünger des Geschreis
müde, sind in ihrem Sinn frömmer als Christus selbst. Denn sie dünkt, er sei zu
hart und unfreundlich; fahren deshalb zu und bitten für die Frau: Ah HERR, gib
und hilf ihr, sie lässt doch sonst nicht ab usw. Das ist ein köstliches
Beispiel, dass man im Gebet nicht soll ablassen.
Tauler schreibt an einem Ort ein Beispiel,
dass man soll ablassen. Aber es ist unrecht, dass man so predigen wollte. Denn
das Ablassen findet sich selbst nur allzu früh bei uns. So zeigt je dies Beispiel
auch genug, dass man keineswegs ablassen, sondern immerfort beten soll und mit
der Frau hier sagen: Ich kann jetzt nicht disputieren, ob ich fromm oder böse,
würdig oder unwürdig bin, kann’s jetzt nicht warten; ich habe etwas anderes und
Nötigeres auszurichten. „Meine Tochter wird vom Teufel übel geplagt“, da muss
ich Rat und Hilfe dazu haben. Da sieht man, dass solche harte Stöße Ursache
geben dem, der seine Not fühlt, nur desto ernstlicher anzuhalten mit Bitten und
Flehen, dass ihm geholfen werde, unangesehen, wie bös und unwürdig er der Hilfe
sei usw.
Da findet sich die dritte Anfechtung oder
der dritte stoß, dass Christus spricht: „Ich bin nicht gesandt als nur zu den
verlornen Schafen des Hauses Israel.“ Schlägt dadurch die Jünger auch vor den
Kopf, will weder die Frau noch sie, so für sie bitten, hören.
Da sollte sie gedacht haben: Das muss doch
ein harter Mann sein, der auch andere Leute, die von sich selbst und ungebeten
bitten, nicht hören will. Und ist die Wahrheit, Christus ist nirgends so hart
gemalt im ganzen Evangelium wie hier. Dennoch lässt sie nicht ab, sondern
bettelt für und für, hat drei große Kartaunen verschlungen.
Da nun ihr Schreien und anderer Fürbitte
nicht helfen will, kommt sie auch ins Haus hinein, wie Markus sagt. Das mag
wohl halb eine unverschämte Frau heißen. Sie ist ihm auf der Gasse mit einem
Geschrei nachgelaufen; da nun Christus ins Haus geht, dass er ihrer los würde,
läuft sie ihm nach, fällt allererst vor ihm nieder. Aber solches ist uns zur
Lehre und Trost vorgeschrieben, dass wir lernen sollen, wie ein herzliches
Wohlgefallen Christus daran hat, wenn man so bettelt und anhält.
Dennoch lässt sich der HERR noch nicht
finden, wie sie ihn gern hätte. Denn höre, was sagt er dieser Frau? „Es ist
nicht fein, dass man den Kindern ihr Brot nehmen und werfe es vor die Hunde.“
Wenn er solches Wort zu mir gesagt hätte, ich wäre schlicht davon gelaufen und
hätte gedacht: Es ist umsonst, was du tust, da ist nicht zu erheben. Denn es
ist über die Maßen ein hartes Wort, dass der HERR sie so dahin wirft vor die
Füße, lässt’s bei dem nicht bleiben, dass sie kein Kind oder eine Heidin ist,
sondern heißt sie einen Hund. Das ist ärger, als wenn er sie schlicht eine
Heidin hätte geheißen. Ja, ist so viel gesagt, als spreche er: Du bist des
Teufels, wie du gehst und stehst, troll dich nur immer hin, du hast hier nichts
zu suchen. Das heißt doch ja hoch versucht. Wenn St. Peter oder Paul ein
solches Wort zu mir sagten, ich würde mich zu Tode fürchten. Was soll es aber
jetzt sein, da es Christus selbst zu dieser Frau sagt?
Darum ist dies ein hohes und treffliches
Beispiel, an welchem man sieht, was ein gewaltig Ding der Glaube sei: Der
ergreift Christus bei seinen Worten, da er am zornigsten ist, und macht aus
einem harten Wort eine tröstliche Dialektik, wie wir hier sehen. Du sprichst,
sagt sie, ich sei ein Hund: Ich lasse es geschehen, will gern ein Hund sein,
halte mich nur wie einen Hund. Gib deinen Kindern das Brot, setze sie zu Tisch,
solches begehre ich nicht; lasse mich nur unter dem Tisch die Brosamlein
auflesen und gönne mir das, was die Kinder ohnehin nicht genießen, sondern
umsonst würde hinkommen; daran will ich mir genügen lassen. Fängt so den HERRN
Christus mit seinen eigenen Worten. Ja, das noch mehr ist, mit dem Hunderecht
gewinnt sie das Kindesrecht. Denn wo will er hin, der liebe Jesus? Er hat sich
selbst gefangen und muss jetzt fort. Aber wer es nur wohl könnte, er lässt sich
von Herzen gern fangen.
Das ist nun das rechte Meisterstück, ein
besonderes und seltsames Beispiel, welches darum ist uns vorgeschrieben, dass
wir’s lernen sollen und uns von dem Mann nicht sollen abweisen lassen, Gott
gebe, er heiße uns Hunde oder Heiden. Denn die Hunde müssen auch Herren und zu
essen haben. So müssen die Heiden auch einen Gott haben.
Mit solchem harten Anhalten und festem
Glauben ist der HERR gefangen und antwortet: „O Frau“, kannst du diese Stöße in
deinem Herzen erleiden und ausstehen, „so geschehe dir, wie du glaubst.“ Denn
es ist ein seltsames Gericht. Er sah, dass die andern Juden sich bald an einem
Wort ärgerten, da er sagt: Sie müssen sein Fleisch essen. Diese Frau aber hält
immerdar fest an der Hoffnung, er werde helfen, und will von ihm nicht
ablassen.
Hier sieht man, warum sich der HERR so hart
gestellt und ihr die Hilfe abgeschlagen habe, nämlich: dass er seine
unfreundliche Gebärde nicht darum hat erzeigt, als wollte er nicht helfen;
sondern dass so ihr Glaube offenbar würde, und die Juden, so Erben zu seinem
Reich und Kinder waren, an der Heidin, so kein Erbe noch Kind war, lernten, wie
sie an Christus glauben und alles Vertrauen auf ihn setzen sollten. Denn
solches will Christus haben und gefällt ihm wohl, dass er seine Güte und
Freundlichkeit nicht länger kann bergen und spricht: „Gehe hin, dir geschehe,
wie du nur willst.“ Gibt ihr also das Hunderecht und macht nicht allein die
Tochter gesund, sondern erbietet sich zu geben, was sie begehrt und haben will,
und setzt sie unter Abrahams Samen. Zu solcher Gnade bringt sie der Glaube,
dass sie nicht mehr ein Hund noch Heidin, sondern liebe Tochter und eine recht
heilige Frau heißt und ist.
Solches Beispiel dient uns dazu, ob uns
unser HERR Gott lange aufhält, dass wir doch nicht ablassen, sondern fest
glauben sollen, er werde endlich Ja dazu sagen; und ob er’s schon nicht laut
und öffentlich sagt, dass er’s doch heimlich bei sich im Herzen habe, bis die
Zeit kommt, dass du es erfahren und sehen musst, sofern nur du mit Beten und
Anhalten nicht müde noch faul seist. Wie man in adern Beispielen auch sieht.
Joseph schrie und Hielt fest an mit Besten wohl dreizehn Jahre, Gott wolle ihm
helfen. Aber es ward je länger je ärger mit ihm. Je mehr er betete, je übler es
ihm ging. So geht es noch heutiges Tages den Christen: Wenn sie lange gerufen
und zu Gott geschrien haben, fühlen sie keine Besserung, sondern wird je
länger, wie sich’s fühlen lässt, je ärger, eben wie Joseph. Wenn Gott den
Joseph eher hätte erlöst, do wäre Jakob, sein Vater, wohl froh geworden. Aber
Joseph hätte müssen ein Schafhirte bleiben. Da es sich aber so lange verzog,
ward er ein Herr über ganz Ägypten und schafft Gott durch ihn viel Gutes, nicht
allein die sieben Jahre der Teuerung über, sondern auch sonst im Welt- und
Kirchenregiment; daraus nicht allein Ägypten, sondern auch die umliegenden
Länder gebessert sind worden.
So will Gott noch mit uns tun. Wenn er uns
lange unsere Bitte versagt und immer das Nein gegeben hat, wir aber an dem Ja
festhalten, so soll es endlich Ja und nicht Nein sein. Denn sein Wort wird
nicht lügen: „Was ihr den Vater bittet in meinem Namen, das wird er euch
geben.“
Aber unsere Vernunft ärgert sich hoch an
solchem Verzug und wollte gern, dass uns Gott alsbald erhörte. Da ist vonnöten,
dass man sich nicht ärgere. Man lasse unsern HERRN Gott Nein sagen und die
Bitte ein Jahr, zwei Jahre, drei Jahre oder noch länger aufhalten und hüte sich
nur davor, dass wir die Hoffnung und Glauben an seine Verheißung uns nicht
lassen aus dem Herzen reißen: So wird zuletzt etwas müssen draus werden, dass
er weit mehr geben wird, als du zu geben gebeten hast. Wie dieser Frau
geschieht: Hätte sie mehr begehrt und haben wollen, er hätte es ihr auch
gegeben.
So will nun unser HERR Gott uns lehren,
dass es nicht allezeit gut sei, bald erhören. In großen Nöten tut er’s; so wenn
du in ein Wasser fällst oder im Krieg bist, da gilt es nicht lang Harrens, wenn
die Not so nahe und groß ist. Aber wo sich das Harren und der Verzug leiden
kann, da soll man lernen, dass er’s gern pflegt zu verziehen, aber doch so, wie
der Prophet Habakuk sagt (2,3): „Ob die Verheißung verzieht, so harre ihrer,
sie wird gewiss kommen und nicht verziehen.“
… Wir schreien und tun jämmerlich, er aber
hört nicht und stellt sich, als kenne er uns nicht, lässt uns jämmerlich
zurichten, als hätten wir keinen Gott. Aber es wird nicht allwege so bleiben.
Darum lasst uns keinen Zweifel dran haben; das Jawort im Himmel haben wir, das
steckt dem HERRN Christus und Gott, seinem Vater, gewiss im Herzen, ob er wohl
hier vier oder fünf eiserne Mauern davor baut und der Teufel mit eitel Nein
dazu schießt. Aber da lerne sagen: Ich halt’s ja, dass Gott seiner Kirche werde
gnädig sein und sie erretten, wenn sie um Hilfe schreit. Das Jawort steckt ihm
ihn seinem Herzen, laut der Zusage Christi: „Was ihr den Vater bittet in meinem
Namen, das wird er euch geben.“ Darum will ich nicht disputieren, ob ich
erwählt und zum Beten würdig sei; sondern dass das Jawort gewiss werde da sein,
wenn ich nur bete und fest anhalte.
So ist diese Geschichte ein besonders
schönes Beispiel eines rechten Glaubens, dass derselbe will geübt sein, und
soll doch endlich alles überwinden und erlangen, wenn wir dieser Frau folgen;
die will sich auch den HERRN Christus selbst das Jawort nicht lassen aus dem
Herzen nehmen, dass er freundlich sei und helfen werde.
Besonders aber tröstet uns diese Geschichte
gegen die allgemeine Anfechtung, der wir unser Leben lang nicht können gar
abkommen, dass der Glaube und das Vertrauen dahinfällt, wenn wir an unsere
Unwürdigkeit und sündiges Leben denken. Denn so Christus mehr auf unsere
Würdigkeit und Verdienst als auf seine Barmherzigkeit und unsere Not sehen
wollte, würde er dieser Frau nicht geholfen haben. Aber er will gnädig sein und
gern helfen, wenn nur wir mit dem Vertrauen und Beten anhalten. Unser lieber
HERR Gott helfe uns, dass wir auch hernach kommen und uns mit festem Glauben
auf sein Wort und Zusage von ganzen Herzen verlassen, und durch Christus, mit
Hilfe des Heiligen Geistes, ewig selig werden, Amen.
Lukas 11,14-28: Und er trieb einen Teufel aus, der war stumm. Und es
geschah, da der Teufel ausfuhr, da redete der Stumme. Und das Volk verwunderte
sich. Etliche aber unter ihnen sprachen: Er treibt die Teufel aus durch
Beelzebub, den Obersten der Teufel. Die andern aber versuchten ihn und
begehrten ein Zeichen von ihm vom Himmel. Er aber vernahm ihre Gedanken und
sprach zu ihnen: Ein jegliches Reich, so es mit ihm selbst uneins wird, das
wird wüste, und ein Haus fällt über das andere. Ist denn der Satanas auch mit
sich selbst uneins, wie will sein Reich bestehen? Dieweil ihr sagt, ich treibe
die Teufel aus durch Beelzebub. So aber ich die Teufel durch Beelzebub austreibe,
durch wen treiben sie eure Kinder aus? Darum werden sie eure Richter sein. So
ich aber durch Gottes Finger die Teufel austreibe, so kommt je das Reich Gottes
zu euch. Wenn ein starker Gewappneter seinen Palast bewahrt, so bleibt das
Seine mit Frieden. Wenn aber ein Stärkerer über ihn kommt und überwindet ihn,
so nimmt er ihm seinen Harnisch, darauf er sich verließ, und teilt den Raub
aus. Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich; und wer nicht mit mir sammelt,
der zerstreuet. Wenn der unsaubere Geist von dem Menschen ausfährt, so
durchwandelt er dürre Stätten, suchet Ruhe und findet sie nicht; so spricht er:
Ich will wieder umkehren in mein Haus, daraus ich gegangen bin. Und wenn er
kommt, so findet er’s mit Besemen gekehrt und geschmückt. Dann geht er hin und
nimmt sieben Geister zu sich, die ärger sind als er selbst; und wenn sie
hineinkommen, wohnen sie da; und wird hernach mit demselben Menschen ärger als
zuvor. Und es begab sich, da er solches redete, erhob eine Frau im Volk die
Stimme und sprach zu ihm: Selig ist der Leib, der dich getragen hat, und die
Brüste, die du gesogen hast. Er aber sprach: Ja, selig sind, die das Wort
Gottes hören und bewahren.
Das heutige Evangelium handelt, wie ihr
hört, vom Teufelaustreiben. Und ist eben der Meinung (wie das vor acht Tagen)
auf diese Zeit gelegt, dass man durch Reue, Buße und Beichte sich hat bessern
und den Teufel austreiben sollen. Man lese dies Evangelium aber heute oder
Morgen, im Sommer oder in den Fasten, so ist’s sehr reich, darin uns unsers
lieben HERRN Christi Werk vorgehalten wird, welches nicht allein dazumal
geschehen ist, sondern es soll bleiben bis an der Welt Ende und solange sein
Reich auf Erden bleibt. Von solchem Werk hat das Evangelium heute vor acht
Tagen auch gehandelt. Aber hier steht dabei, wie es von Leuten mancherlei
gedeutet worden sei. Solches gibt auch eine feine, nützliche Lehre, wie ihr
werdet hören. Wir wollen aber zuvor vom Werk Christi sagen.
Dass nun unser lieber HERR Jesus hier einen
Teufel austreibt, ist uns zum besonderen Trost geschrieben, dass wir lernen und
wissen sollen, dass er ein Herr über den Teufel und sein Reich sei, und dass
solches Werk, so dazumal leiblich angefangen, nicht aufhöre, sondern in der
Christenheit bleiben werde bis an den Jüngsten Tag. Denn zu solchem Werk hat
Christus sein Werkzeug, die heilige Taufe, das hochwürdige Sakrament, das Wort
und Absolution und anderes, was zum Predigtamt gehört, hinter sich gelassen,
dass man dem Teufel sein Reich damit zerstören, ihm die Leute abfangen und ihn
aus den Leuten treiben soll usw. Denn so steht geschrieben: Gleichwie der
Regen, der auf ein dürres Land fällt, nicht ohne Frucht abgeht, es grünt
hernach und wird alles lebendig; so schafft auch gewiss Gottes Wort immerdar
bei etlichen Frucht. Denn der Heilige Geist will allewege bei dem Wort sein,
dadurch die Herzen erleuchten, anzünden und reinigen, und so von des Teufels
Tyrannei und Gewalt erlösen.
Ob nun das vor der Welt nicht scheint, und
mit leiblichen Augen nicht gesehen wird, wie dazumal, da es von Christus
leiblich geschah, da liegt nicht Macht an; denn die Welt ist ohne das nicht
wert, dass sie ein einiges Fünklein göttlicher Kraft sehen soll; sondern sie
soll blind sein, schänden, schmähen und lästern; wie wir sehen, dass sie dem HERRN
Christus hier tut. Wir aber, die das Wort haben und annehmen, sollen‘s sehen
und wissen und uns von Herzen des trösten, dass Gott uns die Gewalt hier auf
Erden gelassen hat, dass wir können, ja, sollen und müssen ohne Unterlass
Teufel austreiben.
Denn ein jegliches Kindlein, so zur Welt
kommt, das wird geboren in des Teufels Reich, da er als ein Herr regiert und
alle Tyrannei der Sünden halben übt. Man trage es aber nach dem Befehl Christi
hierher zur seligen Taufe, dadurch man zum Reich Gottes wiedergeboren wird, wie
Christus Joh. 3 sagt, so muss der Teufel weichen und ausfahren. Denn da wird
dem Kind von Gott durch Christus Gottes Gnade zugesagt, da es in den Tod
Christi getauft wird. So ein armes, betrübtes Gewissen, das der Teufel mit
einem schweren Fall übereilt oder sonst durch Anfechtung versehrt hat, das
kommt zu mir, klagt mir seine Not und begehrt Trost und Unterricht. Da habe ich
Befehl, und ein jeder Christ, dass ich meinen Bruder trösten und stärken und
ihm Gottes Gnade durch das Verdienst Christi zusagen soll. Da muss der Teufel
auch weichen: Nicht mir, der ich ein armer Sünder und elender Mensch bin;
sondern dem Wort, welches unser lieber HERR Christus uns auf Erden gelassen
hat. So wenn du ein einfältiges, erschrockenes Gewissen hast und kannst den
Trost nicht fest genug ergreifen, dass Gott dir gnädig sein und deine Sünde
vergeben wolle: Da hat unser lieber HERR Jesus sein Nachtmahl zum gewissen
Trost verordnet; auf dass, weil sein Leib und Blut dir zur Speise und Trank
gegeben wird, du keine Ursache habest, ferner zu zweifeln, dass sein Leib für
deine Sünde hingegeben und sein Blut für deine Sünde vergossen sei. Wo aber
solcher Glaube und Vertrauen ist, da ist’s unmöglich, dass der Teufel länger
seinen Sitz behalten und die Herberge nicht räumen müsste.
So muss dies Werk für und für gehen in der
Christenheit, die sich mit der Schlange beißen und gegen Teufels Reich immerdar
mit aller Gewalt setzen und dagegen streiten muss; wie sie denn tut und mehr
als Christus selbst; wie er sagt Joh. 14,2: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch:
Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und wird größere
als diese tun; denn ich gehe zum Vater.“
Ursache, die christliche Kirche treibt ihr
Amt viel weiter als Christus: Der hat’s nur in dem kleinen Winkel des jüdischen
Landes getan und wenig Leute bekehrt; denn er hat nur bis in das vierte Jahr
gepredigt. Dagegen treibt aber die christliche Kirche, durch Hilfe ihres Haupts
und HERRN Christus, der zur Rechten Gottes sitzt, solches Amt für und für, dass
sie predigt, die Sakramente austeilt und den Teufel in seinem gottlosen Wesen
immerdar straft, und heute da, morgen an einem andern Ort austreibt, auch von
ihr selbst. Denn wir sind sein noch nicht aller Dinge gar los und müssen alle
Augenblicke uns sein wehren und vor ihm vorsehen.
Solches tut dem Teufel sehr weh; darum,
eben wie wir ihn durch das Predigtamt und die heiligen Sakramente austreiben,
so versucht er sich wiederum an uns, wenn er nicht bei uns wieder einsitzen
kann, dass er doch uns durch Verfolgung zur Welt hinaus treibe. So ist’s je
gegangen und wird gehen bis an der Welt Ende; wie denn Christus es selbst
begegnet ist. Denn er wollte den Teufel nicht leiden, sondern trieb ihn aus, wo
man’s begehrte; da wollte ihn der Teufel auch nicht leiden, brachte ihn durch
die Juden ans kreuz und stieß ihn zur Welt hinaus. Aber es geriet ihm nicht
wohl.
Denn Christus hat nicht allein von dem
armen Menschen, davon dies Evangelium meldet, den Teufel ausgetrieben; sondern
er ist erschienen, wie 1. Joh. 3,8 geschrieben steht, dass er die Werke des
Teufels zerstöre, also, dass der Teufel keine Gewalt hat über alle, die an ihn
[Christus] glauben. Die ihn aber nicht aufnehmen, die bleiben unter des Teufels
Gewalt und müssen endlich, wie die Juden, zu Grunde gehen, da hilft nichts vor.
Die Gläubigen aber werden wohl sicher sein; ja, sie treiben ihn, den Teufel,
durchs Wort aus, und werden an jenem Tag samt Christus Richter sein über die
Teufel und alle Gottlosen.
Im Papsttum hat der Teufel, wie ihr wisst,
sein Reich und Macht sehr hoch gebracht, dass, obgleich aus Gottes
Barmherzigkeit und Gnade die heiligen ´Sakramente und das Wort geblieben, doch
kein rechter Verstand weder vom Sakrament noch Wort da gewesen ist, wie
jedermann bekennen muss. Dennoch hat der Teufel auch im Papsttum dem Wort
weichen und ausfahren müssen durch die heilige Taufe. Denn Gottes Zusage kann
nichts aufhalten. So will der Heilige Geist seine Wirkung darum nicht
zurücknehmen, obgleich die Person, so das Wort führt und Sakrament reicht,
nicht fromm, sondern gottlos ist.
Darum sollen wir je billig Gott für solche
reiche Gnade von Herzen danken und uns des nicht beschweren, obgleich der
Teufel uns darum zusetzt und zuweilen plagt. Denn es verdrießt ihn überaus
sehr, dass wir arme Sünden ihn, einen solchen hoffärtigen, mächtigen Geist,
allein durch das Wort austreiben sollen, und er wider seinen Dank und Willen
ausfahren muss. Deshalb gedenkt er sich redlich an uns zu rächen und schießt
allenthalben mit Verfolgung und anderen Anfechtung auf uns. Das sollen wir gern
leiden, um der Hoffnung willen, dass wir wissen, dass wir ihn nicht allein hier
austreiben, sondern am Jüngsten Tag, wie gesagt, richten und verdammen werden
in Ewigkeit und in den Abgrund der Hölle.
Wir sollen aber je aus solchem Werk lernen,
dass wir von dem Wort Gottes und den heiligen Sakramenten nicht so gering
hielten, noch schimpflich davon redeten, wie doch gemein, und besonders von den
Weltweisen, geschieht. Wahr ist’s, dass die Sakramente schlichte äußerliche
Werke sind, wie die Augen urteilen; so ist das Wort auch ein äußerlich Ding,
dass man mit den Ohren fassen und mit den Augen lesen kann; gleichwie die
Christen aus leibliche Menschen sind. Dass man’s aber gering halten und darum
verachten wollte, das taugt in keinem Weg. Ursache, wenn ein Christ daher geht
und führt das Wort nach dem Befehl Christi, so ist die Gewalt da, welche den
Teufel muss fliehen und kann davor nicht bestehen.
Dass nun das Wort und die Sakramente ein so
geringes Ansehen haben, soll uns nicht zur Verachtung des Worts und der
Sakramente, sondern zur herzlichen Danksagung reizen, dass wir sprechen: Dank
habe ja unser lieber HERR Gott, dass er die allerhöchste Kraft in so ein
geringes, schwaches Gefäß gelegt hat. Denn wir Menschen sind ja wegen der
Teufel wie ein Strohhalm, dass, wo er seine Gewalt gegen uns üben sollte oder
könnte, sollte er uns nicht einen Augenblick leben lassen. Was tut aber unser
HERR Gott? Er zündet das arme Strohhälmlein durch sein Wort, das himmlische
Feuer, an, und macht so ein Licht und Glanz in der Welt, dass der Teufel nicht
weiß, wo er bleiben soll; und muss heute da, morgen an einem andern Ort fliehen
und ausziehen. Daher nennt der heilige Paulus das Evangelium eine Kraft Gottes,
dadurch die Menschen selig werden. Das ist eine solche Macht und Stärke, die
Gottes Stärke heißt, und bringt den Menschen aus der Sünde zu Gerechtigkeit,
aus dem Tod ins Leben, aus der Hölle in den Himmel, und aus des Teufels Reich
in Gottes Reich.
Solches sollen wir Christen lernen und Gott
dafür danke und sein Wort und heilige Sakramente herrlich und groß, ja, als
unsern höchsten Schatz achten. Die Unchristen aber sind’s nicht wert, das ssie
solche herrliche Majestät und Kraft des Wortes Gottes sehen sollten, nach dem
Spruch: „Der Gottlose muss hinweg, auf dass er die Herrlichkeit Gottes nicht
sehe.“ Und wie Jesaja von den Juden sagt: „Mit den Ohren werdet ihr hören und
werdet5 es nicht verstehen; mit sehenden Augen werdet ihr sehen, und werdet es
nicht vernehmen“, Kap. 6,9.10. Wir aber sollen Gott dafür danken, dass wir
solche große Majestät und Kraft des Worts erkannt und erfahren haben; und
sollen uns dessen billig freuen und trösten, ob wir gleich arme Bettler und
Sünder sind, dass wir die Kraft bei uns haben, davor auch der Teufel sich
entsetzen und fließen muss.
Also geht das Werk noch immerdar unter den
Christen, das heißt Teufel austreiben, die Stummen redend und die Tauben hörend
machen, ob’s wohl nicht leiblich geschieht. Denn es ist viel größer und mehr,
dass man den Teufel aus dem Herzen treibe, als dass man ihn aus dem Leib
treibe. Denn im Herzen sitzt er viel fester. Christus aber treibt ihn auch
leiblich aus, auf dass wir seine Macht mit den Augen sehen und desto eher
glauben sollen, er werde ihn auch da heraus treiben, da er am festesten sitzt,
und dazu durch so ein geringes Ding, nämlich durchs Wort, die Absolution, die
Taufe, das hochwürdige Sakrament usw.
Solche Gabe und Gnade hat uns Gott gegeben,
dafür sollen wir ihm fleißig danken und sie gegen den Teufel getrost gebrauchen
und ihn geistlich aus den Menschen treiben, unangesehen, dass er uns hier
leiblich aus der Welt darum ausstoßen wird. Wenn aber der Jüngste Tag kommt,
alsdann soll er dafür ewig ausgestoßen werden. Das ist das erste Stück, dass
wir Gott danken und fröhlich drüber sein sollen.
Weiter folgt im Evangelium, was das
Frömmichen, die Jungfrau Welt, davon sagt. Hier finden wir dreierlei Schüler.
Die ersten sind die frömmsten, nämlich das Volk, das sich über solchem Werk
Christi verwundert, und ohne Zweifel Gott dafür dankt. Das ist das kleine
Häuflein, dem die Augen aufgetan sind, und sieht die Herrlichkeit und göttliche
Kraft des Worts; vor denen ist’s so ein herrliches, großes Ding, dass sie sich
nicht genug können verwundern, dass das Wort so gering und leicht so viele
Leute bekehren und den Teufel mit Macht austreiben soll, können sich deshalb
nicht satt dran hören.
Dagegen aber sind zwei andere Haufen, deren
Herz so hart verstockt ist, dass sie auch mit sehenden Augen nicht sehen, dass
eine große göttliche Kraft muss da sein, dass der stumme und taube Mensch so
leicht reden und hören soll wie ein anderer Mensch und fein still und
vernünftig werden, der doch zuvor rasend und ungestüm war. So umfasst nun der
eine Haufe solche Schüler, die das Werk Christi mit Augen sehen, sind aber
daneben so blind, toll und töricht, dass sie das Widerspiel aus solchem
Wunderwerk nehmen und schreiben es dem Teufel zu.
Wenn sie doch so sprächen: Er treibt die
Teufel aus, darum wird er vielleicht eine besondere Kunst oder Gnade von Gott
haben. Das tun sie nicht, sondern sagen frech heraus: Es gehe gegen Gott zu,
der Teufel sei in ihm, es sei nichts als ein Betrug und ein Gespenst. Als
wollten sie sage: Sollte es ein Wunderzeichen sein? Ja wohl, es ist lauter
Teufelswerk. So starrblinde Augen und so ein verschlämmtes, verstocktes Herz
haben sie, dass sie Gottes Wunderwerk nicht sehen, sondern kehren es gar um und
sagen: Es sei ein Teufelsgespenst, wie die Gaukler gaukeln. Zudem sind sie in
solcher Sünde und greulicher Gotteslästerung so sicher, dass sie dem Teufel
einen so sehr verächtlichen Namen geben, heißen ihn Beelzebub, das ist auf
Deutsch eine Hummel oder große Mücke. Das ist ja den Teufel hoch verachtet, als
wären sie große Heilige und voll Heiligen Geistes, gegen die der Teufel wie
eine Hummel wäre. Paulus, der große Apostel, verachtet ihn nicht so, sondern
heißt ihn einen Fürsten und Gott der Welt. Aber diese großen Heiligen denken,
je höher sie den Teufel verachten können, je eine geringere Kunst sei es an dem
HERRN Christus, dass er die Teufel austreibt. Was, sagen sie, sollte dies für
ein besonderes Wunder oder hohes Werk sein? Das ist dem Teufel eine schlechte
Kunst, dass er einen andern Teufel austreibt.
Also, ob sie wohl gegen die Wahrheit nicht
können, dennoch lästern sie wissentlich unsers HERRN Christus Werk, sehen
nicht, dass sie selbst mit tausend Teufeln besessen sind, Mörder, Lügner,
Verführer, und tun den höchsten Willen des Teufels, weil sie so dahin gehen,
als ginge der Teufel sie gar nichts an.
Eben so geht’s heute auch zu. Das liebe
Evangelium wird, Gott sei ewig Lob, rein und lauter, in aller Zucht und Stille
gepredigt; da sollen wir uns des gewiss trösten, dass etliche Fromme solche
Predigt mit Herzen annehmen, fröhlich darüber werden und sich über solcher
Gnade und Wohltat verwundern und Gott dafür von Herzen danken. Wiederum fehlt
es nicht, man wird derer leider nur zu viel finden, die nicht wissen, wie sie
es genug sollen lästern. Unser Gegenteil bekennt, es sei in der Heiligen
Schrift gegründet, dass man das Sakrament unter beider Gestalt (wie sie es
nennen) soll nehmen; und dass Christus weder die Ehe och Speise verboten habe:
Dennoch verdammen sie solche und andere Artikel als Ketzerei. Da wäre nicht
Wunder, dass vor solcher Sünde die Sonne schwarz würde und solche Lästermäuler
das Erdreich verschlänge. Aber sie sind so sicher, leichtsinnig und ohne alle
Sorge, als säßen sie unserm HERRN Gott im Schoß; ich will schweigen, dass sie
sich vor dem Teufel sollten fürchten, wie die Christen sich fürchten.
Die lernen es in der Erfahrung, dass der
Teufel auch den Gerechten fällen und Gottes Werk (wo es ihm verhängt wird)
zurücktreiben kann. Darum heißen sie ihn nicht einen Beelzebub oder Hummel,
sondern, wie Paulus, einen Fürsten und Gott der Welt. Denn sie sehen, wie stark
er ist, und fühlen es, wo er jemand einmal ergreift und in Irrtum oder Ketzerei
führt, da hält er so stark, dass man ihn mit viel und langem Lehren und
Ermahnen kaum heraus- und wieder zurecht bringen kann. So, wenn er einen
Menschen in Hurerei oder Ehebruch, in Geiz, Zorn, Hass, Neid oder andere Laster
wirft, ich meine, er hält fest. Hilft ein Strick, eine Kette nicht: Er nimmt
ihrer hundert, dass man sich ja nicht heraus solle wickeln.
Darum verachten die Christen den Teufel
nicht so wie die Werkheiligen, heißen ihn nicht eine Hummel, sondern einen
gewaltigen Herrn, Fürsten und Gott der Welt, der die Leute würgen, in Sünde
führen, in Verzweiflung, Herzeleid, Angst, Sorge, Kummer und allerlei Not
stecken kann, wenn Gott nicht wehrt. Der Papst aber und sein Haufen wissen und
glauben solches nicht, ob sie es gleich sehen und erfahren.
Darum, weil die Pharisäer Christus und sein
Werk so greulich lästern, ist’s leicht abzunehmen, dass, ob sie gleich nicht
leibhaftig besessen sind, wie der arme Mensch hier, sie doch siebenmal heftiger
und gefährlicher geistlich besessen sind; da sie (wie unsere Papisten) das Wort
nicht allein nicht verstehen, sondern es so lästerlich dazu noch schänden; und
sind dazu so sicher dabei, als täten sie wohl daran.
Das
ist nun uns zum Trost geschrieben, so wir Teufel austreiben und Gottes Wort
predigen wollen, dass wir auch des gewarten, das hier steht, dass etliche sich
wundern; die andern aber es dafür halten ,unsere Lehre sei falsch und
verführerisch, die großen Schaden tue und die Leute nur von Gott wegreiße;
lästern sie deshalb als Ketzerei und Teufelslehre. …
Die dritten Schüler sind schier so arg sie
die andern, nur dass sie es nicht so grob heraus sagen, stellen sich, als
wollten sie glauben, wenn sie ein Zeichen hätten, wie es ihnen gefiele. Diesen
fehlt’s nicht an dem, dass sie das Zeichen nicht sehen. Sie sehen es wohl, aber
sie halten’s für ein irdisches und kein rechtes Zeichen, möchten leiden, so er,
der HERR, wollte, dass sie etwas von ihm hielten, dass er ein Zeichen am
Himmel, einen neuen Mond, neue Sterne oder dergleichen machte. Das sind sehr
weise Leute, die unsern HERRN Gott so lehren wollen, was er für Zeichen tun
sollte. Wollten gern, dass er, wie ein Gaukler, eine Narrenkappe anzöge, träte
vor sie und gaukelte ihnen, was sie wollten. Gerade als hätte unser HERR Gott
sonst nichts zu tun, als dass er ihnen ihren Vorwitz büßte.
Heute wirst du solche Schüler in der Welt
auch finden und deren nur aus der Maßen viel, und am meisten unter den großen
Herren, hast du anders Achtung darauf. Denn was ist jetzt die allgemeine Rede
allenthalben unter weltweisen, mächtigen Leuten, wenn nicht, dass sie sagen:
Was? Sollte ich der Predigt glauben, die so von armen Bettlern, wie
ausgelaufenen Mönchen und meineidigen Pfaffen, jetzt unter die Leute gekommen
ist? Ich hielte davon, wenn es der Papst, der Kaiser, König und Fürsten
predigten oder annähmen. Diese malen unserm HERRN Gott auch vor, wie er sollte
klug werden, der fromme Mann, und die Sachen weiser angreifen und ihnen solche
Predigt schicken, wie sie es gern hätten. Ja, man soll es auch bestellen, ihr
lieben Junker. …
Wo aber ein Prediger seinem nach die Laster
straft, die man doch so öffentlich treibt, dass man die Personen leicht kann
kennen, ob man sie gleich nicht nennt, da geht das Geschrei mit Haufen, es
diene zum Aufruhr, sei deshalb der Obrigkeit nicht zu leiden. Man könne das
Evangelium wohl sonst predigen, dass man die Leute nicht so öffentlich schände
und schmähe. Muss also die Obrigkeit geschändet und geschmäht heißen, wenn man
die Wahrheit sagt. …
Aber es hat die Meinung nicht, wenn man
sagt, weltliche Obrigkeit solle man ehren, sie nicht schelten, noch ihr übel
nachreden, als sollte darum weltliche Obrigkeit über Gott und sein Wort sein;
sondern sie sollen ebenso wohl unter Gott und seinem Wort sein wie ihre
Untertanen und ihm gehorchen. Tun sie es nicht, so soll man ihnen den Pelz wohl
waschen und den Mund redlich auftun und sagen, was sie nicht gern hören, und
soll gar nichts danach fragen, ob sie darum zürnen oder lachen. Denn das
Evangelium soll keinen Menschen, er sei so hoch er wolle, schonen, sondern an
jedermann das Unrecht strafen. …
Der HERR [nun] antwortet erstlich denen,
die da sagten: Er treibe den Teufel aus durch Beelezbub; und führt eine feine,
schlichte, natürliche Antwort: „Ein Reich, wenn es mit sich selbst uneins ist,
so kann es nicht bestehen.“ So nun ein Teufel den andern austreibt, so folgt,
dass die Teufel uneins sind, und kann so ihr Reich nicht bestehen.
Dies
ist ein weltliches Bild, das die Vernunft fassen und verstehen kann. Denn wo
Man und Frau im Haus uneins sind, dass er Krüge und sie Töpfe zerbricht, da
wird die Haushaltung nicht lange können einen Bestand haben. Denn die Erfahrung
lehrt, dass Uneinigkeit Land und Leute, Haushaltung und alles zerreißt und
verwüstet.
Darum reden die Pharisäer und
Schriftgelehrten hier gegen ihre eigene Vernunft, wie wollte, wahnsinnige
Leute, die nicht allein keinen christlichen Verstand, sondern auch keine menschliche
Vernunft haben. Wie wir an unsern Widersachern, den Papisten, auch sehen. Ob
wir gleich die Schrift nicht führten, so können wir doch mit vernünftigen
Ursachen in vielen Dingen ihr Wesen und Lehre strafen und unseres verteidigen.
Aber da hilft nichts, es ist alle Arbeit und Mühe umsonst.
Nun aber ist’s vonnöten, dass wir hier
darauf wohl Achtung haben, dass Christus sagt, der Teufel habe ein Reich, und
ein sehr einiges Reich, das sich fein zusammenhält. Darum, wer einen Teufel
erzürnt, der erzürnt sie alle; wer einen angreift, der greift sie alle an.
Sonst, wenn sie nicht so zusammenhielten, wollten wir viel mehr Leute dem Papst
entzogen haben. Dass aber nicht alle das Wort annehmen und glauben, geschieht
darum, dass des Teufels Reich so mächtig ist und so fleißig zusammenhält.
Solches Reich greifst du an, wenn du dich
taufen lässt, das Wort hörst, das Sakrament empfängst. Dass aber der Teufel dir
nicht obsiegt, geschieht darum, dass eben wie die Teufel zusammenhalten, so
hält sich das Reich Christi auch zusammen. Darum, wenn dich der Teufel
angreift, so hat er den droben zur Rechten Gottes auch angegriffen, wie er zu
Paulus sagt: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“ Des sollen wir uns trösten
und so lernen, dass es kein Scherz ist um einen Christenstand, da wir so ein
großes Reich gegen uns haben und alle Augenblicke in Gefahr schweben müssten,
wenn nicht Gott mit seiner Gnade über uns hielte.
Hier möchtest du fragen: Wie geht’s denn
zu, dass die Exorzisten so böse verzweifelte Buben sind und dennoch Teufel
austreiben? Das tut Gott nicht, sondern der Teufel. Ich habe selbst einen
gesehen, der war voller Teufel, doch war der Pfaffe, der ihn beschwor, so
sicher, dass er dem Besessenen die Hand ins das Maul legte. Wie kann es da
anders sein, als dass ein Teufel den andern austreibt?
Antwort: St. Paulus sagt: Der Teufel werde
in der letzten Zeit Zeichen tun, aber es werden falsche Zeichen sein. Denn er
tut’s nicht um des Evangeliums willen, dass er es fördere, sondern dass er die
Leute vom Glauben abführe und in Abgötterei bringen könne.
Wo aber das Teufelsaustreibern dahin geht,
dass man Gottes Finger sehen und das Himmelreich nahend haben soll, da sperrt
er sich und wehrt sich, solange er kann; wie Christus im Gleichnis von dem
starken Gewappneten sagt.
Darum lasst uns Gott für solche Gnade
danken, dass er uns zu Hilfe seinen Sohn gegen den Teufel geschickt, ihn
auszutreiben, und sein Wort bei uns gelassen hat, durch welches noch heute
solches Werk geübt, des Teufels Reich zerstört und das Reich Gottes gebaut und
vermehrt wird. In solcher Gnade wolle uns Gott durch seinen Sohn und den
Heiligen Geist gnädig erhalten. Amen.
Johannes 6,1-5: Danach fuhr Jesus weg über das Meer an der Stadt Tiberias
in Galiläa. Und es zog ihm viel Volks nach, darum dass sie die Zeichen sahen,
die er an den Kranken tat. Jesus aber ging hinauf auf einen Berg und setzte
sich daselbst mit seinen Jüngern. Es war aber nahe Ostern, der Juden Fest. Da
hub Jesus seine Augen auf und sieht, dass viel Volks zu ihm kommt, und spricht
zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, dass diese essen? (Das sagte er aber, ihn zu
versuchen; denn er wusste wohl, was er tun wollte.) Philippus antwortete ihm:
Für zweihundert Silberstücke Brot ist nicht genug unter sie, dass ein jeglicher
unter ihnen ein wenig nehme. Spricht zu ihm einer seiner Jünger, Andreas, der
Bruder des Simon Petrus: Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und
zwei Fische; aber was ist das unter so viele? Jesus aber sprach: Schafft, dass
sich das Volk lagere! Es war aber viel Gras an dem Ort. Da lagerten sich bei
fünftausend Mann. Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie den Jüngern,
die Jünger aber denen, die sich gelagert hatten; desgleichen auch von den
Fischen, wieviel er wollte. Da sie aber satt waren, sprach er zu seinen
Jüngern: Sammelt die übrigen Brocken, dass nichts umkomme! Da sammelten sie und
füllten zwölf Körbe mit Brocken von den fünf Gerstenbroten, die überblieben
denen, die gespeist worden. Da nun die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus
tat, sprachen sie: Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll!
Da Jesus nun merkte, dass sie kommen würden und ihn haschen, dass sie ihn zum
König machten, entwich er abermals auf den Berg, er selbst allein.
Das ist der Evangelien eins, da unser
lieber HERR Christus seine Christen lehrt, wie sie ihm trauen sollen, dass er
sie nicht Hungers sterben, sondern durch seinen Segen ihnen alles genug
schaffen wolle, was sie bedürfen. Deshalb ist’s eine solche Predigt, welcher
die Geizwänste, so nichts können, als auf ihren Nutzen denken, nicht wert sind,
dass sie es hören, viel weniger, dass sie es glauben sollen. Denn sie hören
wohl, wie der HERR hier durch seinen Segen ein großes Wunderwerk getan habe;
aber sie wollen es dazu nicht kommen lassen, dass er’s mit ihnen auch möge tun.
Deshalb geizen sie und stellen sich aller Maßen so, als könnte oder wollte
Christus solch Wunder mit ihnen nicht auch tun, sondern müssten sich selbst
versorgen und bedenken, sonst möchten sie versäumt werden. Mit solchen Leuten
hat Christus nichts zu schaffen.
Die aber, die an sein Wort sich halten,
tröstet er hier, nicht mit Worten, sondern mit dem Werk, er wolle ihnen zu
essen schaffen; auf dass wir ja nicht zweifeln, noch denken sollen, wie wir uns
ernähren, sondern unser Herz und Vertrauen auf Christus stellen. Solcher Glaube
wird uns nicht fehl leiten. Denn da will Christus bei uns sein und das Vermögen
zu uns bringen, wo gleich nicht mehr als fünf Brote da sind, dass er’s doch so
segnen will, dass 5000 Mann, ohne Frau und Kind, sollen satt werden, und dazu
noch weit mehr überbleiben, als am Anfang da gewesen ist. Denn zuvor war kaum
ein halber Korb voll Brot da; und bleiben doch zwölf Körbe mit Brocken davon
über.
So ist nun die Zusammenfassung der Lehre
des heutigen Evangeliums diese: Wir sollen fromm sein und dem Wort Gottes mit
Fleiß nachgehen wie diese Leute hier und glauben: So will Gott dafür sorgen,
dass wir Essen kriegen und Nahrung finden. Wie man in der Geschichte hier
sieht, dass, ob sie gleich nicht alle fromm sind, weil doch etliche rechte,
fromme Herzen drunter sind und mehr nach dem denken, wie sie zum Wort kommen
mögen als essen, dass der HERR für sie sorgt und schafft ihnen ohne ihre
Gedanken, dass sie auch zu essen haben. Als wollte er sagen: Mein lieber
Mensch, lerne und suche am ersten das Reich Gottes, höre mein Wort, glaube an
mich und tue mit Fleiß, was dir zu tun in deinem Stand befohlen ist; wenn du
das tust, so lasse mich für das Übrige sorgen. Bist du nicht reich, hast du
nicht viel tausend Gulden, so will doch ich dir genug schaffen. Denn Gold,
Silber, Geld, Stein kannst du je nicht essen, es muss Brot sein, das aus der
Erde wächst. Ob du nun aus der Erde das Brot nicht kannst kriegen, weder Haus
noch Hof, Acker noch Garten hast: glaube nur und folge mir nach, du sollst Brot
die Genüge haben.
Dies erfährt man und sieht’s täglich vor
Augen. Ein armes Schülerlein, das fleißig und fromm ist, aus dem kann Gott wohl
einen großen Doktor machen. Eine arme Dienstmagd, die gottesfürchtig ist und
ihrer Herrschaft treu dient, der beschert Gott einen frommen Mann, gibt ihr
Haus und Hof. Solche Beispiele sieht man täglich viel, wie Gott armen Leuten
über sich hilft. Dagegen die, so Gott nicht fürchten, auf sein Wort nicht
achten und sonst untreu und unfleißig sind, müssen arme Bettler bleiben und
können ihr Leben lang auf keinen grünen Zweig kommen.
Darum ein böser Bube, der nicht fleißig
lernen oder sonst böse, mutwillig und untreu sein will, der soll wissen, dass
ihn unser HERR Gott will lassen hingehen, in den Krieg laufen lassen, da lassen
erstochen oder erschossen werden oder einem Henker oder sonst einen unwerten
Menschen aus ihm werden lassen. Also eine Magd, die nicht gottesfürchtig sein,
sich nicht züchtig halten, nicht gehorsam sein oder sonst untreu und unfleißig
dienen will, die lässt Gott in Sünde und Schande fallen, dass ihr Lebtag nichts
aus ihr wird. Solches ist recht und eitel verdienter Lohn. Warum sind sie nicht
fromm und glauben an Christus, folgen seinem Wort? So würde Christus bei ihnen
sein und sagen: Lasse mich sorgen, wie ich dich empor hebe, zu Ehren bringe und
reich mache.
Dass also dies Evangelium uns lehrt an
Christus glauben, dass er uns erhalten und genug geben wolle, wenn wir nur
fromm sind, auf sein Wort sehen und mit diesen Leutlein hier demselben
nachgehen und etwas darum wagen und leiden. Denn das Werk, das der HERR hier
übt, ist gleich wie eine Predigt, als wollte er sprechen: Bist du
gottesfürchtig und fromm, lässt dir mein Wort lieb sein, so will ich dir zu
essen geben, du sollst unverlassen sein, ich will gewiss etwas aus dir machen.
Wo du aber nicht wolltest fromm sein, mein Wort verachten oder sonst unrecht
dich halten und du dann ein Bettler bleibst; so habe dir’s, die Schuld ist
niemandes als dein eigen. Ober, ob du schon reich wirst, so musst du doch zum
Teufel, und soll dir dein Gut nicht helfen. Dass es so soll beschlossen sein:
Wer Gottes Wort verachtet und nicht tun will, was Gott heißt, da will Gott
wiederum nicht tun, was er gern hätte und wohl bedürfte.
Solches will der HERR uns hier lehren, dass
er mit fünf Broten 5000 Mann, die ihm in der Wüste nachgegangen, mit Frau und
Kind speist, deren vielleicht auch bei 5000 gewesen sind; die haben alle genug
und bleibt noch viel über. Das heißt nicht mit Worten predigen, wie er Matth.
6,33 tut, da er spricht: „Sucht am ersten das Reich Gottes, so soll euch das
andere alles zufallen“; sondern mit der Tat. Als wollte er sagen: Ich bin reich
und kann dich wohl nähren; siehe nur du zu, sei fromm, halte dich an Gottes
Wort und folge ihm: Dann lass mich sorgen, wo du zu essen findest. Das ist die
Lehre vom Glauben, so viel dieselbe in dem heutigen Wunderwerk uns vorgetragen
wird.
Aber neben solcher Lehre und Trost sind
hier zwei Stücklein, welche der Evangelist mit Fleiß hat wollen anzeigen: Das
erste, dass der HERR die Jünger fragt und sie ihr Gutdünken anzeigen; das andere,
dass er heißt die Brocken aufheben und will nicht, dass etwas vergebens
hinkomme.
Soviel nun die Jünger Philippus und Andreas
betrifft, sieht man fein, was die Ursache sei: Obgleich der HERR durch solchen
wunderbaren Segen uns zum Glauben reizt, dass dennoch solcher Glaube nicht
rechtschaffen in uns will. Denn es gilt uns allen, da es den Jüngern hier
fehlt, dass wir nur dahin sehen, wieviel wir bedürfen. Wieviel aber Christus
mit seinem Segen geben könne, das wollen wir nicht hin sehen.
Philippus überschlägt die Zahl ziemlich
genau. Er sagt: Man müsse für zweihundert Silberstücke Brot haben, wenn ein
jeder nur ein wenig solle haben. Nun gilt ein Silberstück oder Pfenning, der im
Lateinischen Denarirus heißt, einen halben Ort, und machen je acht solcher
Silberstücke oder Groschen einen Gulden an Münze. Wo nun 5000 Mann allein, und
sonst weder Frau noch Kinder da wären gewesen, so würde einem ungefähr für
dreieinhalb Heller Brot gebührt haben. Das ist für einen hungrigen Magen nicht
viel, wo man sonst nichts dazu hat. Aber es sind viele Frauen und Kinder auch
dabei, wie Matthäus im 14. Kapitel meldet, die man nicht zählt. Also sieht man,
Philippus fehlt es an dem Rechnen nicht, er überschlägt fein, was er ungefähr
müsste haben, so er viel Leute mit Brot in der Wüste speisen sollte. Wir können
die Rechnung auf fein machen, was wir für unser Haushalten eine Woche, ein
Vierteljahr, ein ganzes Jahr bedürfen und haben müssen. Aber sobald wir sehen,
dass der Vorrat nicht da ist, werden wir drüber kleinmütig und traurig und
denken, wir müssen vom Haus lassen, entlaufen oder gar Hungers sterben.
So geht es mit Andreas auch: Der sieht, wie
der HERR dem armen Völklein gern helfen wollte, zeigt deshalb an, es sei ein
kleiner Vorrat da, nämlich fünf Brote und zwei Fische. Sobald er aber an
solchen großen Haufen, an so viele Mäuler und hungrige Bäuche denkt, ist ihm
solcher Vorrat gleich als wäre nichts da. Was soll das, spricht er, unter so
viele? Lässt alsbald um der Rechnung willen den Glauben fallen und denkt, da
sei dem Volk nicht zu helfen.
Das ist nun der allgemeine Mangel, den wir
noch heute, nicht allein der Nahrung halben, sondern auch sonst in allerlei
Nöten und Anstößen fühlen, dass wir die Rechnung fein wissen zu machen, was wir
bedürfen, wie es wohl vonnöten wäre, dass uns Rat geschaffen und geholfen
würde. Wenn’s aber nicht so bald da ist, wie wir’s gern hätten, so haben wir
von solcher Rechnung nichts mehr als Unmut und Traurigkeit. Und wäre viel
besser, wir ließen es sonst Gott walten und dächten nicht daran, was wir
bedürfen. Da würde alsdann nur ein Mangel sein, wenn sich die Not finden würde;
da sonst die Not nicht außen bleibt und wir doch mit unserm Sorgen nicht helfen
können. Müssen deshalb vor der Zeit uns fressen und nagen mit unsern Gedanken
und Anschlägen, die doch vergebens und umsonst sind. Denn wir werden uns
nimmermehr reich denken noch sorgen. Wir können uns aber wohl krank,
schwindsüchtig und toll und töricht denken und sorgen, wie man in täglichen
Beispielen sieht.
Weil nun unsere Vernunft anders nicht kann
als genau rechnen und dahin sehen, was wir bedürfen, und solches dem Glauben
ganz entgegen ist, hat der Evangelist solches nicht wollen unbemeldet lassen;
auf dass wir an der Jünger Beispiel lernen sollen, wie solche Rechnung so ganz
und gar falsch und vergebens sei, so wir anders Christen sind und Christus bei
uns haben. Der Vernunft nach denken Philippus und Andreas recht, und ist
unmöglich, dass ein vernünftiger Mensch könnte anders denken oder eine bessere
Rechnung machen. Aber wir Christen haben nicht allein Vernunft, sondern haben
auch das Wort Gottes. Sollen deshalb nicht allein genau rechnen, sondern auch
gewiss glauben können. Und wo wir mit der Rechnung nicht können zukommen, da
sollen wir uns an das Wort und Glauben halten.
Denn siehe, was ein Christ für einen
Speisemeister und Haushalter hat an dem HERRN Christus. Wir können nicht mehr
noch länger geben als wir haben. Aber da sagt Johannes von Christus: Er gab vom
Brot und Fischen, nicht, wieviel da war, sondern „wieviel er wollte“. Da denke
nicht, dass er’s allein dazumal getan habe und wolle es nicht fortan unter
seinen Christen auch tun. Denn wie zuvor gemeldet, sehen wir Beispiele dieses
Segens alle Tage: Nicht allein mit der Nahrung, dass Gott armen, bedürftigen,
geringen Leuten, so ihn fürchten und sein Wort lieb und wert haben, Nahrung
gibt und empor hilft; sondern auch in allerlei andern Nöten, dass er wunderbar
und unversehens Rat schafft. Denn er ist allmächtig und hat uns Hilfe und
Rettung zugesagt.
Deshalb liegts nur allein daran, wo uns die
Rechnung fehlt, dass wir uns an den Glauben und das Gebet halten und uns des
trösten, dass wir haben einen solchen Gott, der nicht allein einen kleinen
Vorrat durch seinen Segen mehren könne, wie er der Witwe zu Sarepta Mehl und Öl
wunderbar und unverhofft mehrte: Sondern er kann auch wohl aus nichts alles
machen. Solchen Trost sollen wir wohl merken, und wir Christus Matth. 6 sagt,
dahin vornehmlich trachten, dass wir am ersten das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit
suchen. Das andere, was wir zu unserem Unterhalt bedürfen, da sollen wir unsern
Vater im Himmel lassen drum sorgen, der will es den Seinen, wie der 127. Psalm
V. 2 sagt, im Schlaf geben, das ist, sie sollen den Segen haben, und doch nicht
wissen, wie und wo er herkommt; wie es hier auch zugegangen ist. Denn es ist
ein solches Wunderwerk gewesen, dass das Brot und die Fische unter den Händen
dem HERRN Christus sichtbar gewachsen ist, wenn er ein stück in zwei Teile
gebrochen und den andern Teil von sich gegeben hat, ist dasselbe Teil bald noch
einmal so groß geworden. Solches wollte der HERR uns gern in die Augen und
Herzen bilden, dass wir doch ihm lernten trauen, und nicht allein die Rechnung
nach dem machten, was wir vor Augen sehen oder im Vorrat haben.
Wir sehen, wie jämmerlich es jetzt
allenthalben in der Welt steht. Der Türke feiert nicht, rückt je länger je
näher zu uns. Wir aber wachsen von Tag zu Tag, je länger je mehr in Uneinigkeit
und Misstreue gegeneinander, nehmen an Leuten und am Geld ab. So feiert der
Papst auf der andern Seite auch nicht, der ist unserm Evangelium ja so feind
wie der Türke der Christenheit. Darum ist kein Aufhören bei ihm und seinem
Haufen, nehmen immer eine Praktik nach der andern vor, wie sie die Lehre dämpfen
und die alte Abgötterei wieder ausrichten könnten. Wenn nun ein Christ solche
Händel ansieht, bleibt die Anfechtung nicht aus; Vernunft hebt an zu rechnen
und der Sache fleißig nachzudenken, soviel sie kann, sucht Mittel und Wege, wie
der Sache zu helfen sei. Weil aber solche Mittel sich keineswegs schicken und
die Rechnung nicht zutreffen will, ist’s unmöglich, dass nicht ein Herz darüber
betrübt sollte werden und schier verzweifeln, als müsste es alles zugrunde
gehen und brechen. Weil aber solche Anfechtung nicht bleibt (denn Fleisch und
Blut kann anders nicht, als wie seine Art ist), so sollen die Christen lernen,
wo die Rechnung fehlen will, dass sie sich an das Wort halten und anfangen zu
glauben.
Was sagt aber das Wort? Ebenso, was sollen
wir in solcher Not glauben? Das sollst du glauben, dass Christus die Welt hat
überwunden, und dass die Pforten der Hölle seine Gemeinde nicht sollen
überwältigen, Matth. 16,18; „Die Augen des HERRN sehen auf die Gerechten und
seine Ohren auf ihr Gebet“, Ps. 34,16; „Wer ist, der euch kann Schaden tun, so
ihr dem Guten nachkommt? Und ob ihr auch leidet um Gerechtigkeit willen, so
seid ihr doch selig“, 1. Petr. 3,12-14; „Der HERR weiß die Gottlosen aus der
Versuchung zu erlösen; die Ungerechten aber zu behalten zum Tag des Gerichts,
sie zu peinigen“, 2. Petr. 2,9, wie Petrus am selben Ort mit dem Beispiel des
frommen Lot zu Sodom erweist.
Wer also Gottes Wort und Zusage vor sich
nimmt und fest darauf baut, den wird die Rechnung, ob sie ihm gleich fehlt,
nicht können kleinmütig machen noch in Verzweiflung bringen. Denn er sieht
einen HERRN über sich, der mitten unter seinen Feinden herrscht und Lust hat
dazu, wo man seinem Wort nicht weichen und seine Christen nicht will zufrieden
lassen, dass er seinen Namen und Macht alsdann an seinen Feinden beweise und zu
Boden stoße alles, was sich gegen ihn auflehnt; wie er Pharao und den Ägyptern
getan hat. So kommt man durch Hilfe des Worts dahin, dass man Hoffnung haben
kann, da gleich keine Hoffnung ist. Denn Vernunft, weil sie nicht Hilfe sieht,
muss sie verzagen. Aber das Wort, das zeigt gewisse Hilfe, sofern wir nur an
dem Wort reu halten, fromm bleiben und Gott anrufen. Wer aber gottlos ist, in
Sünden und bösem Gewissen lebt, und dennoch sich auf Gottes Zusage, mit welchen
er die Frommen tröstet, verlassen wollte, der würde etwas Nichtiges legen.
Das ist nun der Mangel hier an den Jüngern,
dass sie so wohl können rechnen; sie wollen aber nicht glauben noch sehen, was
für einen Herrn sie an Christus haben. Sonst würde Philippus gesagt haben: „Für
200 Silberstücke wert Brot ist nicht genug, dass ein jeder unter ihnen nur ein
wenig nehme“; aber Gott Lob, dass wir dich bei uns haben, mein lieber HERR
Jesus; denn durch dienen Segen und Hilfe, ob wir gleich keinen Heller haben und
in der Wüste sind, wollen wir gleichwohl Brot genug haben; denn du kannst eine
Kunst, die andere Menschen nicht können. Andreas würde auch so gesagt haben:
„Es ist ein Knabe hier, hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische“; wenn ich’s
austeilen sollte, so würde es kaum ihrer für zehn von ihnen genug sein; aber
wenn es durch deine Hand geht, so werden diese alle zu essen genug haben, und
wird noch überbleiben. Solches würde das Wort durch den Glauben gelehrt haben.
Weil aber Wort und Glauben durch das genaue Rechnen verschwunden sind, sieht
man, dass sie keine Zuversicht zum HERRN haben, dass er hier raten könne.
Deshalb heißt’s so: Willst du ein Christ sein und kannst dein Rechnen nicht
lassen, so nimm das Wort vor dich, halte fest dran und lerne ihm glauben; sonst
ist dir nicht zu helfen.
Wo nun unser lieber HERR Christus durch
seinen Segen sich so bei uns lässt sehen, da sollen wir, wie er die Apostel
hier heißt, die Brocken aufheben und nicht lassen umkommen. Denn gleichwie
unsere Vernunft im Mangel nur rechnen und nicht glauben will: So, wo der Segen
Gottes reichlich ist, da kann und will die Welt sich auch nicht recht drein
schicken.
Etliche missbrauchen den Segen zum
Überfluss; wie man sieht, wenn ein weinreiches Jahr ist, so lässt sich jedermann
dünken, Gott habe es darum gegeben, dass man desto mehr saufen und umbringen
soll. Aber er hat die Meinung gar nicht. Man soll Gottes Segen fleißig aufheben
und nicht verschwenden, sondern auf die künftige Not sparen. Wie Joseph den
König in Ägypten lehrt, er soll die sieben guten Jahre gebrauchen dazu, dass er
die sieben bösen Jahre sich und sein Land vor dem Hunger erretten könnte. So,
wo Gott ein Jahr diesem oder einem andern Handwerk Glück gibt, dass die Ware
wohl gilt und abgeht, solchen Segen soll man fleißig sparen und nicht denken,
man wolle darum desto mehr verzehren und aufgehen lassen. Nein, Gottes Segen
soll allewege in Ehren gehalten und auf eine künftige Not gespart werden. Weil
man’s aber nicht tut, sondern den Segen Gottes so schändlich zu Sünden und
Schanden missbraucht, treibt man Gott mit solcher Unart, dass er an sich
halten, und wo ein gutes Jahr gewesen ist, zwei oder drei böse Jahre darauf
geben muss. Den wie kann Gott sonst der schändlichen argen Welt und dem
greulichen Missbrauch wehren?
Etliche aber missbrauchen den Segen auch in
dem Stück, dass sie darum hinter sich legen und sparen, wenn wohlfeile Jahre
sind, dass sie in der Teuerung ihren Nutzen schaffen, die Armen drücken und
schatzen und den Markt steigern mögen, wie sie wollen. Das sind auch
verdrießliche, schädliche Leute, die sich gewiss keiner Gnade zu Gott versehen
dürfen, sie bessern sich denn; sonst ist’s unmöglich, dass Gott nicht heftig
über sie zürnen sollte. Denn dass der HERR die Brocken, so überblieben waren,
heißt aufheben, das will er nicht so verstanden haben, dass man darum geizen
sollte; sondern dass du deinem Nächsten zur Not damit dienen und den armen
Leuten, denen mangelt, desto leichter helfen könntest. So willst du Korn, Wein
und anderes darum zu wohlfeiler Zeit aufkaufen und sammeln, wenn es teuer wird,
dass du andere Leute damit drücken und sie nach deinem Gefallen schinden und
schaben könntest. Gerade als hätte Gott darum ein gutes Jahr gegeben, dass du
es allein genießen und mit anderer Leute Schaden deinen schändlichen Geiz büßen
möchtest.
Deshalb muss Gott hier seine Strafe auch
gehen lassen. Wer auf sein Wort traut, haben wir gehört, ob er gleich mangelt,
so will doch Gott mit seinem Segen da sein, dass sich das Wenige reichlich
ergeben und noch überbleiben soll. Wiederum, wer scharrt und kratzt und Gottes
Segen zu seinem Geiz missbrauchen will, den straft Gott so, ob er gleich viel
hat, dass es doch zerrinnen und ihm bei aller Fülle nicht anders sein soll, als
wäre er der ärmste Bettler. Wie man denn sieht und erfährt, dass Geizhälse und
Wucherer arme, elende, wohlgeplagte Leute sind. So sauer es ihnen wird, bis sie
etwas zuwege bringen: So sauer, ja viel saurer wird es ihnen, bis sie denken,
wie sie es auf das teuerste können wieder anlegen. Wo nun ein Unfall, wie
allgemein geschieht, sich zuträgt, dass das Korn auf dem Boden lebendig wird,
der Wein im Keller läuft oder sonst ein Unglück zuschlägt: Da haben sie
allererst das Herzeleid, wissen nicht, wo aus, nagen und fressen sich selbst
das Herz ab; können also ihres Gewinns nicht allein nicht froh werden, sondern
wo es ein ewig umschlägt, haben sie alles Unglück, Soge, Mühe, Arbeit und
Krankheit davon zum Lohn.
Wer wollte aber nicht tausendmal lieber ein
wenig mit Frieden und fröhlichem Herzen, als viel mit so ängstlicher Unruhe,
Sorge und Kümmernis haben? Besonders wo man bedenken will, wie der Teufel nicht
weit von solchen Leuten ist, und oft sie toll und töricht macht, wenn das Korn
oder der Wein abschlägt, dass sie hingehen und sich selbst vor Leid henken oder
sonst umbringen, dass Gott armen Leuten Essen und Trinken beschert. Da folgt
denn auf solchen zeitlichen Jammer ein ewiger Jammer. Das hat man davon, wenn
man Gottes Segen zum Geiz missbrauchen will. Verschwenden soll man ihn nicht,
sondern genau und fleißig aufheben; auf dass, wo Mangel einfällt, wir andern
armen, bedürftigen Leuten desto reichlicher helfen können. Denn dass unser HERR
Gott einem mehr beschert als dem andern, geschieht nicht darum, dass wir’s
allein zu unserer Hoffart oder Wollust missbrauchen, sondern dass wir desto
williger andern, die es bedürfen, helfen und für sie und uns aufsparen sollen.
So hat eure Liebe eine schöne, tröstliche
Lehre, wie wir in Nöten auf unsern HERRN Christus sehen, uns zu seinem Wort
halten und von ihm den Segen erwarten sollen. Gott verleihe seine Gnade, dass
wir von Tag zu Tag je länger je frömmer werden und solchen Segen beide, in
Nahrung und sonst in allerlei Not, erfahren mögen, durch Jesus Christus, unsern
HERRN, Amen.
Johannes 8,46-59: Welcher unter euch kann mich einer Sünde zeihen? So ich
euch aber die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir nicht? Wer von Gott ist, der
hört Gottes Wort. Darum hört ihr nicht; denn ihr seid nicht von Gott. Da
antworteten die Juden und sprachen zu ihm: Sagen wir nicht recht, dass du ein
Samariter bist und hast den Teufel. Jesus antwortete: Ich habe keinen Teufel,
sondern ich ehre meinen Vater, und ihr verunehrt mich. Ich suche nicht meine
Ehre; es ist aber einer, der sie sucht und richtet. Wahrlich, wahrlich, ich
sage euch: So jemand mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht sehen
ewiglich. Da sprachen die Juden zu ihm: Nun erkennen wir, dass du den Teufel
hast. Abraham ist gestorben und die Propheten, und du sprichst: So jemand mein
Wort hält, der wird den Tod nicht schmecken ewiglich. Bist du mehr denn unser
Vater Abraham, welcher gestorben ist? Und die Propheten sind gestorben. Was machst
du aus dir selbst? Jesus antwortete: So ich mich selber ehre, so ist meine Ehre
nichts. Es ist aber mein Vater, der mich ehret, von welchem ihr sprecht, er sei
euer Gott, und kennt ihn nicht. Ich aber kenne ihn. Und so ich würde sagen, ich
kenne ihn nicht, so würde ich ein Lügner, gleichwie ihr seid. Aber ich kenne
ihn und halte sein Wort. Abraham, euer Vater, ward froh, dass er meinen Tag
sehen sollte; und er sah ihn und freute sich. Da sprachen die Juden zu ihm: Du
bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen? Jesus sprach zu
ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe denn Abraham ward, bin ich. Da
huben sie Steine auf, dass sie auf ihn würfen. Aber Jesus verbarg sich und ging
zum Tempel hinaus, mitten durch sie hinstreichend.
Das ist ein schönes, reiches Evangelium, da
viel von zu predigen wäre. Aber es ist zu viel auf einen Bissen. Darum wollen
wir allein das Hauptstück draus nehmen, nämlich dass Christus sagt: Man soll
sein Wort gern hören. Wer es höre, der sei von Gott, wer es nicht höre, der sei
nicht von Gott.
Diese Worte redet Christus so einfältig,
dass niemand meint, dass sie so große Dinge in sich haben. Aber wer sie recht
ansieht, wer ihnen fleißig nachdenkt, was da sei, von Gott oder von Gott sein,
der wird bekennen müssen, dass es ein großes, treffliches Ding ist, da Christus
hier von redet. Denn wahr und gewiss ist’s, dass man einen Menschen härter
nicht beurteilen, noch heftiger angreifen kann, als wenn man sagt, er sei nicht
von Gott. Dass mich jemand einen Schalk oder Bösewicht heißt oder mir gar den
Hals absticht, ist nichts gegen diesen greulichen Jammer, welchen der HERR mit
kurzen Worten hier fasst, da er zu den Juden spricht: „Ihr seid nicht von
Gott.“ Darum liegt es an diesem Stück alles, dass wir Gottes Wort gern hören
und fleißig behalten sollen.
In der Geschichte des Evangeliums sieht man
allenthalben, dass die, so Gottes Wort nicht wollen hören, übel davon reden und
es lästern, die folgen dem Teufel so lang, bis er sie endlich gar besitzt, und
sie je länger je ärger werden. Wie man denn im heutigen Evangelium auch sieht.
Erst zürnen die Juden, da Christus anhebt zu predigen; danach schelten sie ihn,
heißen ihn einen Samariter und sagen: Er habe einen Teufel. Da sind sie schon
zehn Meilen tiefer hinunter in die Hölle gefallen als zuvor. Danach werden sie
noch unsinniger. Was machst du, sagen sie, aus dir selbst? Zusammenfassend, sie
werden je länger je ärger; bis sie zuletzt zur Tat greifen und werden Mörder,
heben Steine auf und wollen ihn zu Tode werfen. In solche greuliche Sünde
fallen sie aus Verachtung des Worts, dass sie Christi Predigt nicht hören
wollen, sondern lästern sie. Solches, spricht hier der HERR, ist ein Anzeichen,
dass ihr Juden von dem Teufel seid. Denn wo ihr von Gott wäret, würdet ihr euch
anders gegen sein Wort, das ich predige, stellen.
Dass jetzt zur Zeit die Kinder gemeiniglich
so ungehorsam und mutwillig sind gegen ihre Eltern, kommt auch daher, dass sie
Gottes Wort nicht hören, nicht lernen noch behalten. Wenn sie nun beginnen
einmal anzufangen, gegen Gottes Befehl Vater und Mutter zu verachten, bleibt’s
bei solcher Sünde nicht, sondern fahren fort, fluchen den Eltern; und ob sie
gleich mit der Hand nicht schlagen oder würgen, so wollen sie doch, dass sie
tot wären oder führen so ein schändliches Leben, dass die Eltern sich drüber zu
‚Tode grämen müssen.
So geht es durchaus; wer Gottes Wort nicht
hören oder danach sich nicht halten will, der wird ein Lügner, Lästerer und
Verfolger. Wie wir an den Papisten sehen, dass sie je länger je rasender werden
und von ihrem Lästern und Verfolgen nicht eher werden aufhören, bis sie
dermaleinst zu Mördern werden und ein greuliches Blutvergießen anrichten usw.
Nun ist aber dies das Allerärgste. In
andern Sünden, wenn einer Unrecht tut, kann man ihn doch bedeuten, dass er
seine Sünde erkennt und davon ablässt. Dass aber die Papisten (auch viele unter
uns) Gottes Wort nicht allein nicht hören wollen, sondern dazu auch verachten
und lästern, da kann sie niemand bedeuten noch bereden, dass sie daran unrecht
tun und sündigen. Ja, sie meinen, sie haben’s guten Fug und tun recht daran.
Ursache, sie geben vor, es sei nicht Gottes Wort, sondern Teufelslehre und
Lügen; ebenso, die es predigen, seien die ärgsten Ketzer und Verführer. Eben wie
die Juden Christus schmähten und lästerten, er hätte den Teufel und wäre ein
Samariter; damit sie genug zu verstehen gaben, was sie von seiner Lehre
hielten. So will die greulichste Sünde die höchste Heiligkeit sein usw.
Darum ist der leidige Teufel selbst, wo die
Leute in diese Sünde geraten, dass sie Gottes Wort nicht hören wollen und
verachten es. Denn da bleibt’s nicht aus, man wird endlich, wie wir hier an den
Juden sehen, auf Christus mit Steinen werfen, ja ihn auch an das Kreuz hängen;
und solches noch für recht halten, und in solchem größten Unrecht noch
ungestraft wollen sein. Da seht euch vor, dass ihr nicht hingeratet.
Darum ist’s ein hartes, ernstes Wort, das
der HERR hier spricht zu den Juden: „Ihr hört Gottes Wort nicht, darum seid ihr
nicht von Gott.“ Denn wer nicht von Gott ist, der ist von dem Teufel; so hat er
seine Seuche, Pestilenz und alle höllische Plage mit Haufen: Mehr Unglück kann
man ihm nicht wünschen.
Und ist ein greulicher Jammer, dass solche
große, schwere Sünde auch noch so allgemein ist in allerlei Ständen. Denn
wieviel sind wohl derer (ebenso wohl unter den großen Herre als in den geringen
Ständen), wenn du zu einem sagst: Ei, es ist nicht fein, dass du so gar nicht
in die Predigt gehst, oder wenn du sie gleich hörst, so gar nichts draus
lernst, du wirst nicht von Gott sein usw., die solches zu Herzen nehmen oder
davor erschrecken? Der größte Teil ist so gesinnt, dass er antworten würde: Was
frage ich nach der Predigt? So du aber ferner anhalten und sagen willst: Es taugt
nicht, du musst dies anders zu Sache stellen, willst du selig werden; da wirst
du erfahren, dass sie nach solcher Ermahnung nur ärger werden und dich mit
diesen oder dergleichen ungeschickten Worten abweisen: Du sollst sie zufrieden
lassen, in aller jener Namen, oder sie wollen anders zur Sache tun.
Das ist eine solche greuliche Plage und
Zorn, dass ein christliches Herz billig davor erschrecken sollte; da das Urteil
dran hängt: Wer Gottes Wort nicht hört, der ist nicht von Gott, sondern ist des
Teufels Kind. Dazu schlägt diese Unart mit zu, wie gesagt, dass solche
Verächter des Worts recht haben und solche lästerliche Tugend verteidigen
wollen; wie die Juden hier tun und sprechen: „Sagen wir nicht recht, dass du
ein Samariter bist und hast den Teufel?“ Das ist der ärgste Teufel, der noch
ein Gott und heilig will sein, will nicht unrecht haben, noch sich etwas sagen
lassen.
Das ist das eine Stück, dass, wer Gottes
Wort nicht hört, derselbe nicht von Gott sei, sondern von dem Teufel. Solches
soll aber nicht so verstanden werden, als hätte der Teufel die, so Gottes Wort
nicht hören, geschaffen, ihnen Mund, Augen, Vernunft und anderes gegeben. Nein,
solches alles ist Gottes Geschöpf und Gabe. Deshalb muss man das Wesen und den
Gebrauch unterscheiden. Ein Mensch, der lügt und trügt, der hat eine gute Zunge
von Gott; aber der Gebrauch der Zunge ist vom Teufel, da er die Zunge dem
Teufel zu Dienst gegen Gott missbraucht. So gibt Gott gesunde, schöne Augen;
wer aber seine Augen missbraucht und sieht gern unzüchtige Dinge, das ist vom
Teufel. So wenn das Herz auf Unzucht, Betrug, Lügen und dergleichen denkt, da
ist das Herz seines Wesens halben gut und von Gott; aber der Gebrauch ist böse
und vom Teufel.
Dagegen nun heißt „von Gott sein“, wenn man
die Ohren dazu gebraucht, dass sie gern Predigt hören, lassen sich gern
strafen, wo sie Unrecht haben; ebenso, wenn man mit der Zunge betet, predigt,
unterweist, tröstet. Solche Ohren und Zunge sind von Gott und gut; denn sie
gehen in einem göttlichen Gebrauch. So wenn das Herz nach Zucht denkt und wie
man dem Nächsten nützlich und nicht hat ärgerlich möge sein. Solch Herz ist
eine Kreatur Gottes, gleichwie Ohren und Zunge. Es heißt aber darum „von Gott“,
dass es sich nach Gottes Wort richtet und nicht gern denken, reden, hören
wollte, was gegen Gott ist. Ob’s nun zuweilen geschieht, dass wir es versehen:
Fluchen, da wir sollten beten; zürnen, da wir sollten freundlich sein usw.;
solches ist wohl Unrecht. Aber so wir umkehren und bekennen, dass wir haben
Unrecht getan und bitten um Gnade: Solches heißt wohl straucheln oder wohl auch
fallen, aber es heißt nicht, den Teufel haben noch von dem Teufel sein; denn
wir kehren wieder um und haben den Vorsatz, wir wollen es nimmer tun.
Die aber sind Teufelskinder, die den Kopf
aufsetzen, und wenn man sie zu ihrem Besten straft und ermahnt, sprechen sie,
wie ungeratene Kinder: Was frage ich danach? Fahren also fort, wie sie es haben
angefangen, und lassen sich nicht sagen. Solche Leute sind von dem Teufel und
müssen je länger je ärger werden; denn der Teufel lässt sie nicht ruhen. Aufs
erste verachten sie das Wort, danach lästern sie es, schelten und fluchen.
Zuletzt tun sie wie die Juden hier, heben Steine auf und wollen morden. Dass
also des Teufels eigentliche Farbe ist, Gottes Wort nicht hören, sondern
schmähen und lästern, dem Nächsten Leid tun und morden. Bei solcher Farbe kennt
man den Teufel und seine Kinder; denn er ist ein Mörder und Lügner, verachtet
Gott und sein Wort.
Darum
lernt, euch vor solcher Sünde zu hüten, dass ihr Gottes Wort nicht auch
verachtet, sondern es gern hört; und denkt ihm mit Fleiß nach, bildet’s in
euere Herzen und richtet euer Leben danach; so könnt ihr gewiss sein, dass ihr
Kinder Gottes und von Gott seid.
Die andern sind Teufelskinder. Denn weil
sie das Wort nicht wollen hören, haben sie das Leben und Gerechtigkeit verloren
und stecken, mit Verlaub zu reden, dem Teufel im Hintern. Und es hilft ihnen
nichts, ob sie schon solche Sünde mit dem decken können, dass sie mächtig, groß
und reich sind. Der Papst steckt in solcher Sünde bis über die Ohren, mit all
seinem Anhang. Denn er will Gottes Wort nicht leiden, verfolgt und mordet dazu
die Christen drüber: Das ist des Teufels eigentliche Farbe.
‚Die aber Gottes Wort gern hören, die sind
von Gott. Was ist nun Gott? Er ist nicht ein Mörder, sondern ein Schöpfer, da
alles Leben herfließt. Denn der Teufel hat nie einen Menschen erschaffen oder
lebendig gemacht. Wie nun Gott ein lebendiger Gott ist, so sollen auch die das
Leben haben, die von ihm sind und sein Wort hören. Wie er hier mit einem
trefflichen, schönen Spruch sagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, so jemand
mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht sehen ewiglich.“
Was heißt aber „Gotts Wort halten“? Anders
nichts als glauben, was uns Christus von Vergebung der Sünden und ewigem Leben
im Evangelium zusagt, dass es wahr sei, und an solchem Glauben und Hoffnung
festhalten. Wer das tut, spricht Christus, der hat das ewige Leben; muss ich
nicht fürchten vor Sünde, Hölle und Jüngstem Gericht; da ist alles Gnade und
Barmherzigkeit. Der Tod wird wohl über ihn fallen und ihn würgen; aber er soll
ich doch nicht fühlen, wie ihn die fühlen, so in des Teufels Namen und ohne
Gottes Wort sterben. Diese sterben in allem Unwillen, strampfen, stoßen um
sich, brüllen wie die Ochsen; denn sie wollen nicht sterben und müssen doch
sterben. Darum, so es möglich wäre, liefen sie durch eine eiserne Mauer
hindurch.
So soll es, spricht Christus, meinen
Christen, die mein Wort hören und halten, nicht gehen. Wenn sie auf dem Bett
liegen und sterben sollen, werden sie solche Angst und Not nicht haben, sie
werden in ihrem Herzen gegen Gott zufrieden und eines besseren Lebens hoffen,
und in solcher Hoffnung entschlafen und ohne alles Zittern von hinnen scheiden.
Denn obwohl der Tod sie leiblich wird würgen, so soll doch derselbe Tod so
zugedeckt und geschwächt sein, dass sie ihn nicht recht fühlen, sondern für ein
sanftes Ruhebettlein ansehen sollen, da sie auf entschlafen. Wie man oft an den
armen Leuten sieht, die der Henker würgt, dass sie mit Freuden zum Tod gehen
und sich nicht jämmerlich stellen, wie die, so den Trost des Worts nicht haben.
Denn wer den Tod recht fühlt und Gottes Wort nicht hat, der wütet und tobt, als
wäre er unsinnig und gar besessen.
Darum denkt, liebe Kinder, was ihr für
einen Vorteil habt, wenn ihr Gottes Wort fleißig und gern hört. Das ist das
erste, dass ihr wisst, dass ihr von Gott seid und habt den Teufel und die Hölle
überwunden und soll euch weder Sünde noch Gottes Gericht Schaden tun. Was neben
solchem euch für Unrat begegnet, dem sollt ihr allem entlaufen können. Dagegen
die Welt5 auch in dem geringsten Anliegen ungeduldig und verzagt wird und
endlich verzweifeln muss.
Die Christen müssen zwar viel leiden, als
denen der Teufel und die Welt bitter feind sind, müssen deshalb Leib und Leben,
Gut und Ehre wagen und in Gefahr setzen. Wie können sie aber solches alles
leiden und geduldig dazu sein? Durch nichts anderes, als dass sie am Wort
bleiben hangen und sagen: Lass gehen, wie es geht; ich bin nicht von der Welt,
sondern von Gott; sonst würde die Welt anders mit mir umgehen. Es ist mir aber
viel lieber, sie hasse mich und lege mir alles Leid an, als dass sie mich lieb
hätte und ich nicht von Gott wäre usw. Wo das Herz so gesinnt ist, da gehen
allerlei Anfechtung und Widerwärtigkeit überhin; gleichwie die Wolken am Himmel
über uns oder die Vögel in der Luft, die uns ein wenig ankecken, fliegen danach
davon und lassen uns unverworren.
Das soll unser einiger Trost sein, dass wir
des Wortes Kraft hier im Leben sollen fühlen; und besonders dazumal, wenn das
letzte Stündlein hertritt, dass alsdann der Tod um des Wortes willen, dem wir
glauben, gleich wie ein Schlaf sein soll. Wenn einer in einem dicken Nebel her
reitet und sieht keinen Mörder, der wird erschossen oder ermordet, ehe er’s
gewahr wird. So soll es hier auch sein. Der Teufel ist ein Mörder, hat uns den
Tod geschworen, das wissen wir wohl. Aber weil wir das Wort haben und fest
daran halten, sollen wir solches Würgens nicht recht inne werden. Denn das Wort
macht feine sanfte Leute und stille fröhliche Herzen, die in Ängsten nicht
verzagen noch ungeduldig werden, sondern lassen es alles überhin gehen, trösten
sich des allein, dass sie einen gnädigen Vater durch Christus im Himmel haben.
Solches lernen sie im Wort, sonst wüssten sie es auch nicht.
Sage mir aber, sollte man nicht allein um
täglicher Not und Widerwärtigkeit willen laufen bis zur Welt Ende nach diesem
Trost, welchen das Wort uns weist, auf dass wir könnten ein friedsames Herz
haben? Aber das ist noch nichts gegen das letzte und größte Unglück, den Tod,
da kein Arzt, Rat noch Hilfe davon helfen und retten kann als allein unser
lieber HERR Jesus Christus; der gibt uns eine solche Arznei, dass wir alles
eher lassen als derselben entraten zu sollen.
Aber wie geht’s? Wenn er solche Arznei uns
darbietet, trägt’s uns zu Haus und Hof, so verachten wir’s. Da empfangen wir
denn unsern verdienten Lohn drum, dass wir nicht von Gott sind, und fallen von
einer Sünde in die andere, werden also alle Tage ärger. Wie ich oben genugsam
habe angezeigt. Wenn dann das letzte Notstündlein herzutritt, so weiß man
keinen Trost noch Rat. Das ist denn unmöglich, dass man sich nicht winden,
klagen, heulen und brüllen sollte, wie ein Ochs in der Schlachtbank.
So ist nun dies die Hauptlehre aus dem
heutigen Evangelium, dass wir uns fleißig zum Wort halten, es gern hören und
mit Glauben annehmen sollen. Tun wir das, so sollen wir Herren sein über Sünde,
Teufel, Tod und Hölle. Obgleich der Tod uns auch fressen wird, werden wir doch
seine scharfen Zähne nicht fühlen. Denn das Wort Christi ist unser Harnisch,
dadurch wir ein sicheres Leben und einen friedlichen Tod und das ewige Leben
haben sollen.
Dagegen rohen, gottlosen Leuten, die das
Wort nicht achten, kann man Ärgeres nicht wünschen, als das sie bereits am Hals
haben. Denn weil sie Gottes Wort nicht hören, sind sie nicht von Gott. Eben wie
ein böses Kind, das Gottes Gebot verachtet und Vater und Mutter nicht gehorsam
ist, was kann man dem Ärgeres wünschen, als dass es ein Teufelskind und kein
Gotteskind ist? Das ist in der Wahrheit kein Scherz. Denn ich wollte lieber des
Henkers oder des Türken eigen sein, als dass ich des Teufels eigen sein sollte,
der ein Lügner und Mörder ist und in den ewigen Tod führt.
Vor solchem Jammer hütet euch fleißig und
lernt, ja, lernt, sage ich, was für einen Schatz ihr am Wort unsers HERRN Jesus
Christus habt; dass sonst keine Hilfe noch Rat gegen den Teufel, die Sünde und
den ewigen Tod ist, als sich an das Wort Christi zu halten, das ist, seiner
Zusage glauben und auf sein Wort sich wagen.
Denn wenn Christus spricht: „Wer mein Wort
hält, der wird den Tod nicht sehen ewiglich“, da meint er nicht das Gesetz, das
durch Mose den Juden gegeben ist, welches wohl eine rechte, gute und heilige
Lehre ist; aber weil wir Sünder und Kinder des Zorns von Natur sind, können wir
solcher Predigt nicht folgen; gereicht deshalb uns zum Tod, zeigt uns unsere
Sünde an, Gottes Horn und Strafe, die wir dadurch verdient haben. Deshalb
bedürfen wir eines andern Wortes, dadurch die Sünde von uns genommen und wir
vor Gott gerecht werden. Das ist nun das Wort unsers HERRN Christus Jesus, da
er tröstet: „Wer an mich glaubt, der wird den Tod nicht sehen ewiglich.“
Dies Wort muss mit dem Glauben gefasst
sein, dass man ja nicht daran zweifle, es sei wahr, was uns Christus zusagt.
Denn wer das Wort fahren lässt und nach dem wollte urteilen, wie er fühlt, der
würde allein den Tod und kein Leben fühlen. Darum muss man in solcher not nicht
nach dem wir vor Augen sehen und fühlen, sondern nach dem wir im Wort hören,
urteilen und sprechen: Ich sehe, dass ich soll und muss sterben; aber ich habe
meines HERRN Christus Zusage und Wort, dass ich durch ihn wieder leben soll.
Denn die Sünde, um welcher willen ich den Tod sollte ewig leiden, ist durch
Christus abgelegt und bezahlt, dass Gott um seines Sterbens und Auferstehens
willen mir gnädig sein und das ewige Leben schenken will. Das heißt denn
Christi Wort recht halten. Es kommt aber sauer an; denn Fleisch und Blut will
sich nicht bereden lassen, sondern das Urteil allewege nach dem stellen, wie
man’s vor Augen sieht und im Werk fühlt. Wider solche Unart müssen wir kämpfen
und Gott um seinen Heiligen Geist bitten, dass er unsere Herzen durchs Wort
stärken und in solchem Glauben erhalten wolle.
Was aber die Ursache sei, dass unsers
lieben HERRN Christi Wort so kräftig ist, zeigt der HERR am Ende dieses
Evangeliums an und entrüstet die Juden so heftig damit, dass sie nach Steinen
greifen und ihn zu Tod werfen wollen. Denn da stand den Juden das im Weg, weil
Christus sagt, sein Wort werde von dem ewigen Tod bewahren, dass sie sahen,
dass Abraham, Mose und andere heilige Männer, die öffentliches Zeugnis in der
Schrift hätten, gestorben waren; dachten nun, Christus wäre ihnen nicht gleich.
Deshalb wäre es ein vergeblicher Ruhm, dass er sein Wort so hoch rühme. Aber
Christus antwortet: „Abraham war froh, dass er meinen Tag sehen sollte; und er
sah ihn und freute sich.“ Das ist, wo Abraham sich nicht an mein Wort hätte
gehalten, so müsste er auch im ewigen Tod geblieben sein. „Ich bin eher als
Abraham.“ Das ist beides so viel gesagt: Ich bin ewiger, allmächtiger Gott. Wer
nun von Sünden ledig werden, dem Tod entlaufen und zum Leben kommen soll, dem
muss durch mich geholfen werden. Solches haben weder Mose noch andere Propheten
können rühmen; denn sie waren alle Menschen. Christus aber ist Gott und Mensch;
deshalb kann er das Leben und die Seligkeit geben und sonst niemand.
Das ist sehr tröstlich und ein gewisser
Beweis unsers Glaubens, da wir bekennen, Christus sei natürlicher und ewiger
Sohn Gottes. Wie denn solcher Zeugnisse viel mehr im Evangelium sind. Deshalb
wir unser Vertrauen allein auf ihn und sonst auf keinen Menschen setzen sollen,
und auf sein Wort uns gewiss verlassen. Denn es ist Gottes Wort und kann nicht
lügen. Was er sagt, das soll Ja sein und in Ewigkeit nicht fehlen; ebenso wenig
es gefehlt hat, da Gott durch solches Wort Himmel und Erde aus nichts gemacht
hat. Das lernt mit Fleiß, dankt Gott für solche Lehre und bittet, dass er durch
seinen Heiligen Geist euch im Wort erhalten und so durch Christus ewig wolle
selig machen, Amen.
Römer 5,8-11: Darum preist Gott seine Liebe gegen uns, dass Christus für
uns gestorben ist, da wir noch Sünder waren. So werden wir je viel mehr durch
ihn behalten werden vor dem Zorn, nachdem wir durch sein Blut gerecht worden
sind. Denn so wir Gott versöhnt sind durch den Tod seines Sohns, da wir noch
Feinde waren, viel mehr werden wir selig werden durch sein Leben, so wir nun
versöhnt sind. Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch Gottes durch
unsern HERRN Jesus Christus, durch welchen wir nun die Versöhnung empfangen
haben.
…. Wer es den Worten nach rechnen will, so
ist es eine sehr kurze Predigt, die Johannes von Christus tut, da er spricht:
„Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.“ Aber man wickle sie
auseinander, so wird man sehen, dass sie über die Maßen viel in sich fassen,
besonders soviel den Nutzen und Gebrauch betrifft, welchen wir davon haben, so
wir es glauben.
Er4 nennt den HERRN Christus ein Lamm,
darum, dass er hat sollen geschlachtet werden. Denn die Opfer im Alten
Testament, da man Kühe, Ochsen, Kälber opferte, sind alle ein Vorbild gewesen
auf das einige, rechte und ewige Opfer unsers HERRN Christus, der seinen Leib
und Leben sollte aufopfern für der Welt Sünde und durch sein Blut uns
vollkommen reinigen. An solchem Wort lässt sich Johannes genügen, dass er die
Geschichten mit anzeigt, wie Christus leiden müsse. Dass er ihn aber nicht
allein ein Lamm, sondern Gottes Lamm nennt, will er damit anzeigen, dass er ein
solches Opfer sei, das Gott selbst geordnet hat und da Gott ein Gefallen dran
hat. Will durch diesen Zusatz „Gottes Lamm“ unsern Glauben erwecken, dass wir
solches Opfers uns sollen annehmen, als das Gott aus grundloser Güte und Liebe
uns vermeint und uns damit zu helfen gedacht hat. Auf dass, weil Gott selbst
solches Opfer verordnet hat, wir keinen Zweifel haben, es sei durch dasselbe
völlig und ganz ausgerichtet, was zur Vergebung der Sünden und dem ewigen Leben
uns dienen soll. Denn so lautet des St. Johannes Predigt: Er trage der Welt
Sünde.
Was heißt nun der Welt Sünde? Anderes
nichts als alles gottlose Wesen und Ungerechtigkeit, darin die Welt ersoffen
ist, daran Gott Missfallen hat und billig zu Zorn bewegt wird. Solches alles
hat Gott aus Gnaden von der Welt genommen, spricht Johannes, und auf seinen
Sohn gelegt; der hat dafür bezahlen sollen, auf dass wird er Schuld und Schuld
frei würden.
Wer nun solchem Spruch nach von dem Leiden
unsers HERRN Jesus recht predigen oder gedenken will, der predige nicht allein,
wie Christus den Heiden überantwortet, gegeißelt, verspien und an das Kreuz
geschlagen sei. Solches ist die bloße Geschichte, die man wohl in alle Wege
predigen und wissen soll; aber es ist noch nicht genug. Du sollst auch wissen
und glauben, wie Johannes hier predigt, dass Christus solches um deiner Sünden
willen gelitten habe, dass Gott dieselben ihm aufgeladen, und er sie in allem
Gehorsam getragen und dafür bezahlt habe; auf dass, wenn du erkennst, dass du
ein Sünder weist und habest Gott erzürnt, du dennoch nicht verzagst, sondern
dich solches Leidens und Genugtuung unsers HERRN Christus tröstest. Alsdann
kann man im Herzen einen Geschmack von solchem Leiden haben, dass nicht allein,
wie in einer päpstlichen Predigt, dir die Augen übergehen, das Herz bleibt aber
dürr und trocken; sondern das Herz wird dir übergehen: Erstlich vor Leid, dass
du musst bekennen, die Sünde sei eine greuliche Last, weil dieselbe allein
durch ein solches großes Opfer hat können abgelegt werden; danach auch vor
Freuden, weil das Opfer für dich gegeben ist, dass du gewiss sollst sein, Gott
wolle dich um deiner Sünde willen nicht verwerfen noch verdammen.
Auf diese Weise hat man im Papsttum von der
Passion nicht gepredigt. Die Worte haben sie wohl auch geführt, Christus sei
das Lämmlein Gottes, das der Welt Sünde trägt und wegnimmt; aber daneben ist
aller Gottesdienst drauf gegangen, als trüge ein jeder Christ seine Sünde
selbst und Christus trüge sie nicht, hätte auch dafür nicht bezahlt, und ein
jeder müsste selbst dafür genug tun. Warum hat man sonst so streng gefastet?
Warum hat man mit der Beichte so sich zermartert? Warum ist man Tag und Nach in
der Kirche gesteckt, hat gesungen, gebetet, so man nicht dadurch Vergebung der
Sünden gehofft und gesucht? Das ist aber ebenso viel, als könnte das Opfer
Christi nicht genug oder fruchtbar sein, du hülfest denn mit deinen eigenen
Werken dazu und littest auch für deine Sünde, wie Christus gelitten hat.
Wie reimt sich das mit der Predigt, die
Christus Johannes im 12. Kapitel von seinem Leiden tut, da er spricht V. 23.24:
„Die Zeit ist gekommen, dass des Menschen Sohn verklärt werde. Wahrlich,
wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde falle und
sterbe, so bleibt’s allein; wenn es aber stirbt, so bringt’s viel Frucht.“ Mit
diesen Worten will er ja sagen, sein Leiden soll viel Frucht bringen. Nun aber
sind diese Früchte nicht allein die, dass, gleichwie eine Rebe, wenn sie am
Weinstock bleibt, Trauben bringt: Also ein Christ durch den Geist Gottes im
Glauben gute Werke bringe, sondern die
durch den Geist Gottes im Glauben gute Werke bringe; sondern die
höchste, edelste und beste Frucht ist, da der HERR bald hernach sagt, V. 32:
„Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich sie alle zu mir ziehen“, das
ist, durch mich, durch mein Opfer, durch mein Erhöhen am kreuz oder Sterben
sollen die Leute zu mir und in das ewige Leben kommen.
Die nun mit eigenen Werken wollen gen
Himmel kommen, die ziehen Christus zu sich herunter; so es doch soll umgekehrt
sein. Denn Christus muss uns hinauf zu sich ziehen; oder es ist verloren. Denn
er ist’s allein, der des Teufels Reich zerstört, für unsere Sünde bezahlt und
uns von der Welt, aus dem Tod über sich zum Leben gezogen hat: nicht durch
unser Leiden oder Werk, sondern durch sein Leiden.
Auf diese Weise predigt Christus von seinem
Leiden auch, Johannes im 3. Kapitel, V. 14.15: „Gleichwie Mose die Schlange in
der Wüste erhöht hat; so muss des Menschen Sohn erhöht werden, auf dass alle,
die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ Das
ist ja klar genug gesagt: Wer das ewige Leben haben will, der muss glauben.
Denn hier meldet Christus kein Werk, sagt nicht, wer das oder jenes tut, fastet,
Almosen gibt, der wird nicht verdammt usw. Denn da ist Gottes Wort und Befehl
schon zuvor durch Mose in den Zehn Geboten gegangen, dass man sie halten und
nicht dawider tun soll. Wer nun dawider tut, der muss deshalb seine Strafe
erwarten. Wer aber nicht dagegen tut, sondern hält, soviel ihm möglich ist, der
kommt darum nicht in den Himmel. Denn beschlossen ist’s: Gleichwie die Juden in
der Wüste durch keine Arznei konnten gesund werden; allein half sie das, dass
sie die eherne Schlange ansahen: So ist dies der einige Weg zur Seligkeit, den
HERRN Christus ansehen, das ist, seines Opfers sich trösten und glauben, dass
Gott um seines Sterbens willen uns unsere Sünde vergeben und schenken und selig
wolle machen. Diese Frucht wächst allein aus dem Tod Christi und nicht aus
unsern Werken, wie die Papisten unrecht lehren.
Dergleichen Predigten sind in den Propheten
auch sehr viel. Jesaja sagt im 53. Kapitel so, V. 4 ff: „Fürwahr, er trug
unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Wir aber hielten ihn für
den, der von Gott geplagt und gemartert wäre. Aber er ist um unserer Missetat
willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf
ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“
Das lass eine schöne und rechte tröstliche
Passionspredigt sein, die im Neuen Testament sich wohl erginge, und so deutlich
gesetzt und geredet ist, dass ein Apostel nicht besser reden könnte. Denn dass
Christus geplagt, geschwächt, verwundet und zerschlagen wird, das geschieht,
spricht er, darum, dass er sich für uns hat hingegeben und hat unsere
Krankheiten und Schmerzen auf sich geladen, auf dass er uns Frieden schaffte
und wir geheilt würden. Es macht der liebe Prophet aus dem HERRN Christus einen
Arzt und lehrt uns, so wir Frieden haben und geheilt wollen werden, dass wir
solches sonst nirgends als bei dem HERRN Christus suchen sollen; der hat eine
Arznei, die heißt nicht: gute Werke tun, Almosen geben, fasten, beten; sondern
für uns leiden, für uns verwundet werden, für uns zerschlagen werden, die
Strafe für uns tragen.
Darum, wenn du hörst in der Geschichte, wie
jämmerlich die Juden und Heiden mit deinem lieben HERRN Christus sind
umgegangen, so schreib an ein jedes Stücklein: Das ist um meinetwillen
geschehen, dass ich eine Arznei hätte, dadurch ich nicht von leiblicher
Krankheit, sondern von Sünde und dem ewigen Tod erlöst und geheilt würde.
Alsdann gebrauchst du die Geschichten und das Leiden Christi recht selig.
Nun ist aber das Leiden Christi in
zweierlei Wegen eine köstliche, heilsame Arznei. Erstlich damit, dass man an
solchem leiden besser als sonst an aller andern Strafe lernen kann, wie ein
greulich Ding es um die Sünde ist. Denn weil kein Mensch, kein Engel noch
andere Kreatur für die Sünde hat können bezahlen, Gottes Sohn hat’s allein
müssen tun: Müssen wir bekennen, dass die Sünde eine unerträgliche Last sei.
Deshalb denn wir uns desto fleißiger in Gottesfurcht halten und vor solchem
Jammer uns sollen hüten lernen. Denn es ist leicht geschehen, dass man in Sünde
fällt; aber sehr schwer wird’s einem, dass er wieder heraus komme. Darum dient
die Betrachtung des Leidens Christi erstlich dazu, dass es eine köstliche
Arznei ist gegen die Sünde, dass wir lernen, gottesfürchtig sein und uns vor
Sünden hüten; da dieselbe so eine greuliche, unerträgliche Last ist, welche
keine Kreatur hat können tragen; Gottes Sohn selbst hat sie müssen tragen und
durch so einen harten Tod dafür zahlen.
Zum andern ist’s auch eine Arznei wider den
Tod. Denn wer da glaubt, dass der Sohn Gottes für seine Sünde gestorben und mit
dem Tod dafür bezahlt habe, der kann ein friedliches Herz auf Gottes Güte
fassen und sich gegen Sünde und ewigen Tod trösten. Wie denn solchen Trost der
Prophet hier fein herausstreicht, und Christus selbst, wie wir gehört, drauf
weist.
So predigt der Prophet Sacharja Kap. 9,11
f.: „Du lässt durchs Blut deines Bundes deine Gefangenen aus der Grube, da kein
Wasser drinnen ist; so kehrt euch nun zur Festung, die ihr auf Hoffnung liegt
gefangen“ usw. Die Grube, da die Menschen drinnen gefangen liegen, ist die
Sünde und der Sünde Strafe, nämlich des Teufels Tyrannei und der ewige Tod. Aus
solcher Grube, sagt Sacharja, haben wir nicht können kommen, es machte denn
Gott einen Bund mit uns: Nicht durch Kühe- oder Ochsenblut; sondern durch das
Blut des gerechten und seligmachenden Königs. Wer nun diesen Blutbund nicht
hat, der muss in der Grube unter der Sünde und im ewigen Tod bleiben; wer ihn
aber hat, der soll aus solcher Grube des Zorns Gottes zur Gnade und ewigem
Leben kommen.
So predigt Daniel Kap. 9,24: „Siebzig
Wochen sind bestimmt über dein Volk und über deine heilige Stadt, so wird dem
Übertreten gewehrt und die Sünde zugesiegelt und die Missetat versöhnt und die
ewige Gerechtigkeit gebracht“ usw. Wie aber solches werde zugehen, zeigt er
hernach an, nämlich dass Christus soll getötet werden.
Das ist ja auch ein klarer, heller Spruch,
dass man zu Vergebung der Sünden und Gerechtigkeit anders nicht könne kommen
als durch den Tod Christi Jesu; der ist’s, der diesen Schatz zu uns bringt.
Außerhalb desselben können wir dazu nimmermehr kommen. Dass also alle Predigten
des Johannes, des HERRN Christus selbst und der heiligen Propheten genugsam
zeugen, wie man von dem Leiden Christi recht predigen soll, nämlich dass die
Herzen daraus lernen sollen, sich Gottes Güte und Gnade zu trösten. Denn
solches Leiden ist geschehen, dass dadurch für unsere Sünde bezahlt, wir mit
Gott versöhnt und endlich in solchem Glauben an unsern HERRN und Erlöser
Christus selig würden.
Auf solche Weise haben die heiligen Apostel
vom Leiden unsers HERRN Jesus Christus auch gepredigt, wie man in ihren
Schriften und Geschichten findet. Und weil solcher Sprüche sehr viel sind
allenthalben, wollen wir jetzt zum Schluss nur diesen vor uns nehmen, welchen
eure Liebe am Anfang aus dem 5. Kapitel [des Briefes] an die Römer gehört hat.
Das isst an sich selbst ein klarer Spruch, den jedermann wohl versteht. Aber
dennoch wollen wir ihn ein wenig auseinanderwickeln, dass er heller und lichter
und auch tröstlicher uns sein möge.
Wir alle erfahren, wie tief der Unglaube in
unsern Herzen steckt, dass wir von wegen unserer Sünde nimmer können recht
zufrieden sein, wir denken immerdar: Wärst du frömmer, so würde es besser um
dich stehen, wo würdest du Gnade von Gott gewiss zu hoffen haben. Wo die Herzen
so zweifelnd sind, da muss Angst und Unmut sein. Wiederum, wo wir fest glauben
und auf Gottes Güte recht vertrauen könnten, da würden unsere Herzen auch in
allerlei Widerwärtigkeit an solchen Trost sich halten, fröhlich und guter Dinge
sein. Aber es will nirgends fort. Deshalb hat der Papst allerlei Gottesdienst
angerichtet, auf dass die Leute möchten ein Vertrauen zu Gott schöpfen und
desto weniger an Gottes Hilfe verzagen. Daher ist das Anrufen der Heiligen,
Wallfahrten, Ablass kaufen, Messe und Vigilien, das Klosterleben und allerlei
andere Abgötterei gekommen. Wer es dahin konnte bringen, der dachte, er wollte
es im Himmel genießen und dadurch selig werden.
St. Paulus, der ein gewisses Zeugnis von
unserm HERRN Christus hat, dass er ein rechter Prediger und ein erwähltes,
köstliches Rüstzeug sei, das Reich Gottes zu pflanzen, weiß recht, uns zum
rechten Vertrauen auf Gott zu bringen und den Unglauben an dem Herzen zu
reißen. Deshalb sollen wir auf seine Worte gut Acht haben.
Erstlich spricht er: „Gott preist seine
Liebe gegen uns.“ Das ist ein sehr seltsames und unglaubliches, aber, wie wir
hören werden, ein teures, wahres und wertes Wort. Wahr ist’s, dass Gott den
Sünden feind ist und sie strafen will, wie das Gesetz zeugt und die tägliche
Erfahrung ausweist. Nun aber müssen wir bekennen, dass wir alle Sünder sind.
Daher wächst der Unglaube, dass wir’s nicht können dafür halten, dass uns Gott
lieb habe. Wo wir aber hören, wie hier, Gott habe die Menschen lieb, da denken
wir bald an Johannes den Täufer, Petrus, Paulus und andere, die frömmer gewesen
sind als wir. Uns aber können wir nicht für solche Leute halten, die Gott lieb
habe, sondern fürchten uns vor seinem Zorn. Dagegen geht nun dieses Wort des
heiligen Paulus, dass er nicht allein spricht: Gott hat uns lieb; sondern: Gott
preist seine Liebe, das ist, er macht sie groß und so gewiss und offenbar, dass
nicht möglich ist, dass ein Mensch könne daran zweifeln. Denn heißt das nicht,
spricht er, Liebe beweisen, dass er seinen Sohn Christus für uns lässt sterben,
die wir noch Sünder waren? Das Wort höre, merk’s und behalt’s wohl. Alle deine
Sorge und Anfechtung ist, dass du ein Sünder bist; sonst würdest du dich Gottes
Gnade und Freundlichkeit besser können trösten. Aber, lieber Mensch, besinne
dich doch und höre hier Paulus zu, der sagt, Christus sei für unsere Sünde
gestorben.
Wer ist nun Christus? Er ist Gottes Sohn.
Was tut er? Er wird Mensch und stirbt. Wofür stirbt er? Um der Sünder willen.
Da muss je folgen, dass Gott die Sünder nicht übel meint, dass er sie um der
Sünden willen nicht will lassen verderben; sondern er hat sie lieb und so lieb,
dass er ihnen aus Sünde und Tod will helfen. Denn um ihretwillen lässt er
seinen eingebornen Sohn sterben. Wie könnte er doch seine Liebe uns gewisser
anzeigen? Dass Paulus je gute Ursache hat, dass er sagt: „Gott preist seine
Liebe gegen uns“, dass wir’s für eine große, hohe, treffliche Liebe müssen
halten, und ja kein Mensch daran zweifeln kann, Gott wolle uns gnädig sein und
könne mit uns nicht zürnen. Denn wer wollte da sich eines Zorns versehen, da
Gott um unsertwillen seines eingebornen Sohns nicht verschont und gibt ihn in
so schmählichen Tod hin um der gottlosen Sünder willen?
Solche Worte St. Pauli stimmen sehr fein
mit der Predigt Christi Joh. 3, da er sagt, V. 16: „So sehr hat Gott die Welt
geliebt, dass er seinen eingebornen Sohn gab, auf dass alle, so an ihn glauben,
nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ Wer nun solches weiß und
glaubt, Gott habe ihn lieb, wie kann derselbe vor Gott sich fürchten? Denn wer
weiß nicht, was der Liebe Art und Werk ist? Wo Liebe ist, da hadert und schlägt
man sich nicht, man fürchtet sich nicht, sondern man hat ein festes und gewisses
Vertrauen, so Not vorfällt, es werde sich Hilfe und Beistand finden, und ist
unmöglich, dass es nicht sollte so sich finden.
Darum liegt alles daran, dass wir solche
Liebe fest in uns bilden und dieselbe uns nicht lassen nehmen noch ausreden.
Denn das ist das Hauptstück, da der böse Feind am meisten sich um annimmt, ob
er uns diese Liebe, die Gott zu uns hat, aus dem herzen nehmen und uns dahin
könnte bringen, dass wir uns nichts Gutes zu Gott versehen, sondern ihn für
unsern Feind hielten. Wo er das ausrichtet, da hat er gewonnen. Denn was will
uns schützen oder retten, wenn wir Gott verloren haben? Dawider müssen wir uns
wehren; und wenn unser Gewissen und Sünde uns solche Hoffnung der Liebe Gottes
gegen uns nehmen will, sollen wir uns hierher halten und dies treffliche Pfand
der Liebe ein unser Herz fassen, dass Gott seinen Sohn hat lassen für uns
sterben, da wir noch Sünder waren. Da muss je folgen, dass es Gott mit den
Sündern nicht bös meint, sondern sie lieb hat und gedenkt, ihnen zu helfen auf das
Beste.
Das ist nun der Trost, welchen wir, wie
Paulus hier lehrt, an dem Tod Christi und seinem Leiden haben und uns desselben
trösten sollen. Wenn uns unsere Sünden traurig machen und unser Herz zweifeln
will, ob auch Gott uns Gnädig sei und lieb habe: Da sollen wir schließen und
wissen, dass Gott uns nicht feind sei, und wir deshalb uns vor ihm nicht dürfen
fürchten, sondern er hat uns lieb. Denn er hat für uns seinen eingebornen Sohn
gegeben in den Tod; darum können wir uns seiner Gnade und Hilfe gewiss trösten.
Ja, sprichst du, es ist wohl wahr, Gott hat
seinen Sohn für mich in den Tod gegeben; aber wie oft habe ich mich solcher
Gnade unwürdig gemacht durch meine Sünde! Deshalb, ob mich Gott um seines
Sohnes Todes willen zuvor hat lieb gehabt; so ist er mich doch jetzt um meiner
Sünde willen feind geworden. Nein, beileibe, spricht Paulus, lass dich solche
Gedanken nicht verführen; sondern halte dich hierher an diesen Trost: Christus
ist für dich gestorben, da du noch ein Sünder warst; solches merke wohl.
Was hat aber sein Sterben ausgerichtet? Das
hat’s ausgerichtet, dass du durch sein Blut bist gerecht geworden. So nun Gott
dich hat lieb gehabt, da du ein Sünder warst, und so viel an dich gewagt, dass
er seinen Sohn für dich in den Tod gegeben hat, wieviel eher und mehr will er
dich vor dem Zorn behalten, nachdem du durch das Blut Christi Jesu bist
gereinigt worden! Mit diesen Worten zeigt St. Paulus fein an, wie unsere
höchste Anfechtung diese sei, dass wir besorgen, Gott zürne mit uns. Dawider zu
trösten, spricht er: Hat Gott nicht gezürnt, da du ein Sünder warst, viel
weniger wird er jetzt zürnen, da du durch den Tod seines Sohnes von Sünden
abgewaschen bist. … Aber solches ist noch nicht genug; Paulus spinnt noch einen
größern und höheren Trost aus dem Sterben Christi und spricht:
So wir denn Gott versöhnt sind durch den
Tod seines Sohnes, da wir noch Sünder waren, viel mehr werden wir selig werden
durch sein Leben, so wir nun versöhnt sind.
Ach Gott, dass wir doch diesen Trost recht
könnten in unser Herz einschließen. Ein trefflich groß Ding ist’s, dass
Christus für die Sünder stirbt; denn durch solchen Tod sind wir je von Sünden
frei gemacht. So wir nun des Todes unsers HERRN Christus Jesus so hoch
genießen, sollten wir denn nicht auch seines Lebens genießen? Ist er um
unsertwillen gestorben, und sein Tod hat uns zum Besten dienen müssen; so wird
in der Wahrheit unser lieber HERR Christus sein Leben, darinnen er jetzt ist,
auch dahin wenden, dass es uns zugut komme, dass wir in Gnaden erhalten, wider
den Teufel und die Welt geschützt und im Glauben von Tag zu Tag zunehmen
werden. Wie wir denn sehen, dass die lieben Apostel allenthalben uns auf die
fröhliche Auferstehung unsers HERRN Christus weisen, dass wir uns derselben
trösten sollen und hoffen, er werde uns nicht lassen, sondern er sei darum
aufgefahren, dass er uns Gaben geben und seine Christen in allen Gnaden
regieren und handhaben wolle gegen alle Anfechtung.
Auf solchen Trost weist Paulus hier auch
und will, dass wir uns nichts sollen kleinmütig lassen machen, da er seine
Liebe gegen uns gepriesen hat, da wir noch Sünder waren, und hat seinen Sohn
für uns sterben lassen. Hat er nun dies sein höchste Gut an uns gewagt, da wir
noch Sünder waren, wieviel mehr will er es an uns wagen, die wir nun zu Gnaden
kommen und durch den Tod Christi von Sünden gerechtfertigt sind. Zum andern, so
soll das Leben unsers HERRN Christus dazu dienen, dass wir vollends selig
sollen werden.
Deshalb so fasse ein gutes Herz gegen Gott,
der dich so trefflich lieb hat gehabt, da du noch ein Sünder warst, und traue
ihm, er werde dich um Christi, seines Sohnes, willen in aller Anfechtung
erhalten und nicht sinken lassen, sondern dir das ewige Leben geben. Solcher
Glaube ist der höchste Gottesdienst, deshalb wir fleißig darum bitten und fest
und mit Ernst dran halten sollen. Nun beschließt Paulus solche Trostpredigt und
spricht:
Wir rühmen uns Gotts, durch unsern HERRN
Jesus Christus, durch welchen wir nun die Versöhnung empfangen haben.
Die Versöhnung, spricht er, haben wir durch
den HERRN Jesus empfangen. Denn von wegen unserer Sünden haben wir uns zu Gott
nichts Gutes können versehen. Weil aber die Sünden durch den Tod Christi hinweg
sind, wissen wir, dass Gott nicht mehr mit uns zürnt; er ist unser Freund, ja,
unser lieber Vater. Was soll nun auf solche Versöhnung folgen? Anderes nichts,
als dass wir uns solches gnädigen, freundlichen Gottes, der die Liebe selbst
ist, freuen und ihn rühmen, unser Vertrauen und Herz auf ihn in allerlei Not
und Anfechtung setzen sollen. Haben wir nun Gott zum Freund, was kann uns
schaden? Was kann uns bekümmern oder ängstigen? Die Sünde ist versöhnt, Gott
ist mit uns zufrieden, Christus zur Rechten seines Vaters, der hält ob uns. Und
obgleich der Tod kommt und uns zeitlich würgt, wissen wir doch, dass wir durch
Christus zum ewigen Leben wieder sollen auferweckt werden. Darum geht es den
Christen so übel hier auf Erden, wie es immer mehr wolle, so müssen sie doch im
Geist fröhlich sein und können anders nicht, als ihren Vater im Himmel rühmen,
auf seine Liebe und Gnade trotzen und sich in seinen Schutz befehlen. Solches
haben wir allein durch die Versöhnung, so durch den Tod Christi geschehen ist.
… Jetzt wollen wir Gott anrufen, dass er durch seinen Heiligen Geist den
Glauben in uns anzünden und erhalten und [uns] ewig wolle selig machen. Das
verleihe uns unser lieber HERR Gott, durch Christus Jesus, unsern Erlöser,
Amen.
Lukas 23,32-43: Es wurden aber auch hingeführt zwei andere Übeltäter, dass
sie mit ihm abgetan würden. Und als sie kamen an die Stätte die da heißt
Schädelstätte, kreuzigten sie ihn daselbst und die Übeltäter mit ihm, einen zur
Rechten und einen zur Linken. Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen; denn sie
wissen nicht was sie tun. Und sie teilten seine Kleider und warfen das Los
darum. Und das Volk stand und sah zu. Und die Obersten samt ihnen spotteten
sein und sprachen: Er hat andern geholfen, er helfe sich selber, ist er Christ,
der Auserwählte Gottes! Es verspotteten ihn auch die Kriegsknechte, traten zu
ihm und brachten ihm Essig und sprachen: Bist du der Juden König, so hilf dir
selber. Es war auch oben über ihm geschrieben die Überschrift mit griechischen
und lateinischen und hebräischen Buchstaben: Dies ist der Juden König. Aber der
Übeltäter einer, die da gehenkt waren, lästerte ihn und sprach: Bist du Christus, so hilf dir selbst und uns!
Da antwortete der andere, strafte ihn und sprach: Und du fürchtest dich auch
nicht vor Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist? Und zwar wir sind
billig darinnen; denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind; dieser aber
hat nichts Ungeschicktes gehandelt. Und sprach zu Jesus: HERR, gedenke an mich
wenn du in dein Reich kommst! Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir,
heute wirst du mit mir im Paradies sein.
Weil die Geschichte des Leidens Christi
überflüssig reich ist, dass man sie weder auf einen Tag noch Woche völlig kann
abhandeln, deshalb wollen wir heute bei diesen zwei stücken bleiben und
erstlich vom Gebet Christi am Kreuz für seine Feinde und danach vom Beispiel
mit dem frommen Schächer sagen. Denn man soll nicht allein sehen auf die Werke,
die der Mann tut, sondern auch seine Worte hören, die er predigt. Denn damit
erklärt er sein Tun und Leiden, warum er da sei und was er mache.
Denn das soll vor allen Dingen sein, dass
man dies Leiden soll unterscheiden von aller andern Menschen Leiden. Nicht
allein der Person halben, dass Jesus Christus ewiger Gott ist, durch welchen
Himmel und Erde geschaffen und alles gemacht ist, sondern auch der Ursache
halben seines Leidens und des Nutzens oder der Frucht halben, die aus solchem
Leiden folgt, welche Frucht sonst kein Leiden kann schaffen. Denn er leidet,
wie ihr erst gehört habt, nicht seinetwegen, sondern unsertwegen, dass wir
dadurch von Sünde und Tod sollen befreit und ledig werden. Solches sehen wir
auch hier in seinen Worten, die ein jeder Christ billig merken und in sein Herz
als den höchsten Schatz und Trost einschließen sollte.
Denn so sagt Lukas: Da man Christus an das
Kreuz geschlagen habe und die Übeltäter mit ihm, habe er so gesprochen: „Vater,
vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Kurze Worte sind’s, aber
sehr tröstlich. Denn wir müssen Christus da ansehen, wie er in den Lüften am
Kreuz hängt, dass er sei in seinem rechten priesterlichen Amt und vollbringe
sein Werk, darum er auf Erden gekommen ist, auch mit dem Gebet. Denn darum ist
er gekommen, wie er Joh. 17,19 sagt, dass er sich selbst für uns hat heiligen
wollen, auf dass wir in der Wahrheit und recht geheiligt würden; ebenso Joh.
10,12, dass er sein Leben dargebe für seine Schafe. Dergleichen Sprüche findet
du viel mehr, die alle zeugen, dass sein Leiden soll heißen ein Leiden für uns,
nicht für sich selbst oder seinetwegen. Solches Werk und Opfer richtet er da
aus, mit einem solchen Ernst, dass er auch bittet, der Vater wolle denen, so
ihn kreuzigen, vergeben, die Sünde nicht strafen, sondern nachlassen, auf dass
jedermann sehe, warum er hierher an das Kreuz gekommen sei und sich solches
tröste.
Das ist nun der rechte priesterliche
Schmuck unsers lieben HERRN Christus, dass er nicht allein leidet, sondern auch
für die Sünder bittet. Aaron im Gesetz hatte auch seinen Priesterschmuck, das
war ein Schmuck zur Pracht. Aber dieses Priesters Schmuck ist, dass er da hängt
und hat nicht einen Faden an seinem Leib. Und dennoch richtet er sein
Priesteramt auf das allerbeste und fleißigste aus, dass er auch für seine
Feinde betet.
So stand oben zu seinen Häupten der Titel:
Er wäre der Juden König. Aber wer wissen will, was er für ein König sei, der
sehe ihn mit Fleiß an, so wird er finden, dass anstatt des Purpurs sein ganzer
Leib blutig und voll Wunden und Striemen ist, und anstatt der Krone trägt er
Dornen in den Kopf geschlagen. Einen solchen Priester und König finden wir da
am Kreuz, des die Welt sich schämt, verachtet ihn, will ihn weder für König
noch Priester halten; wie Jesaja sagt: „Wir sahen ihn, aber da war keine
Gestalt, dass wir sein hätten mögen begehren. Er war der Allerverachtetste und
Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das
Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn nichts geachtet.“ Aber es lasse
sich ansehen vor der Welt und mit fleischlichen Augen, wie man will, so soll es
doch uns der liebste, schönste, holdseligste Schmuck sein, dass dieser Priester
seinen eigenen Leib und Blut da am kreuz aufgeopfert, an einem unehrlichen, ja,
auf ungeweihtem und verfluchtem Ort. Denn die Ochsen, Kühe, Kälber, die man im
Tempel opferte, wurden auf einem geweihten Altar aufgeopfert. Christus aber
opfert sich selbst auf einem ungeweihten und verfluchten Altar. Gleichwie noch
Galgen und Rabenstein abscheuliche, unehrliche Örter sind. Denn so steht im
Mose: „Verflucht sei, der am Holz stirbt.“
Vor der Welt ist solches lästerlich und
unehrlich, dass diesem Priester der Ort zu seinem Opfer nicht soll gegönnt
werden, welchen Kühe und Kälber hatten. Aber es geschieht alles um
unseretwillen und uns zugut, auf dass wir lernen, dass er ein völliges,
genugsames Opfer für unsere Sünde getan habe. Sonst sollten doch zumindest die
Leute ein Mitleiden mit ihm gehabt haben, wie man sieht, wenn verurteilte Leute
ausgeführt werden: Kann jemand mit Labung, mit freundlichem Zusprechen etwas
helfen, so ist jedermann willig. Aber mit Christus hat niemand solches
Mitleiden: Da er Trinken begehrt, geben sie ihm Essig und Myrrhen; da er um
Hilfe zu Gott schreit, verkehren sie ihm die Worte und spotten sein, sagen: Er
rufe Elia an; so gar übel und unrecht hält man ihn.
So sollte es diesem Priester mit seinem
Opfer gehen, dass man ihn hielte für den ärgsten, schädlichsten Menschen und
richtete ihn, wie andere Diebe und Mörder, und sind dennoch die Leute noch so
bitter, dass kein Mitleiden noch Barmherzigkeit da ist. Zusammenfassend, es
sollten alle Flüche über ihn gehen, und er sollte so zugerichtet werden, wie
nie ein Übeltäter, und sein Opfer an dem schändlichsten Ort ausrichten. Um
unseretwillen ist solches alles geschehen, denn unsere Sünden haben es so verdient.
Darum, da er eben in solcher Not und Marter
ist, lässt er sich unsere Not mehr als sein Leiden angelegen sein. Denn du
hörst, dass er eher für uns als für sich selbst bittet, dass Gott uns gnädig
sein und unsere Sünde vergeben wolle. Von solchem Gebet meldet die Epistel an
die Hebräer im 5. Kapitel V. 7, dass Christus habe am Tage seines Fleisches
Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Tränen geopfert zu dem, der ihm von
dem Tode konnte aushelfen, und sei auch erhört, darum, dass er Gott in Ehren hatte.
Solches Leidens und Gebets sollen wir uns
trösten. Denn gleichwie er leidet, so betet er auch, nicht allein für die, so
dazumal zugegen waren und Hände an ihn legten und ihn an das Kreuz schlugen,
sondern auch für uns. Denn jene sind nur unserer Sünden Knechte und Diener
gewesen. Denn wo deine und meine Sünden Christus nicht hätten an das Kreuz
geheftet, sie hätten ihn wohl müssen zufrieden lassen. Weil aber Christus als
der rechte Priester und das Lämmlein Gottes da ist, für der ganzen Welt Sünde
mit seinem Opfer oder Tod zu bezahlen, das macht, dass Juden und Heiden Gewalt
gegen ihn zu tun überkommen. Deshalb, wenn er für die bittet, die ihn
kreuzigen, bittet er für uns Menschen alle, die wir mit unsern Sünden zu seinem
Kreuz und Sterben Ursache geben.
Deshalb sollen wir den Galgen und das
Kreuz, daran Christus gelitten hat, anders nicht ansehen, denn als einen Altar,
da Christus sein Leben aufopfert und sein priesterliches Amt auf mit dem Beten
ausrichtet, dass wir von Sünden ledig und von dem ewigen Tod befreit würden.
Denn wer die Sünde wegnimmt, der nimmt den Tod auch weg. Ursache, der Tod hat
keine Macht mehr, wo die Sünde weg ist; also die Hölle auch. Solches hat
Christus, unser einiger und ewiger Priester, am Kreuz ausgerichtet und uns mit
Gott versöhnt, ohne unsere Werke, durch sein eigenes Leiden, dass er für uns
zum Fluch geworden und um unserer Sünden willen am Kreuz gestorben, und endlich
noch für die Sünder gebeten hat. Da gedenke, dass du ihm auch von Herzen für
dankst.
Im Papsttum predigt man solches auch. Aber
unangesehen, dass der Text so klar und die Geschichte so lauter ist, dass
Christus sich selbst am Kreuz geopfert und für uns gelitten habe, predigen sie,
wir selbst sollen Priester sein, sollen selbst opfern und durch eigne Werke das
ewige leben erwerben. Unsere Lehre aber, dass wir lehren, Christus, der einige,
rechte Priester, habe uns von Sünden erlöst und das ewige Leben verdient,
verfluchen und verdammen sie als Ketzerei.
Ist das nicht ein jämmerlicher Handel? Ist
solches nicht ein greulicher Zorn, Blindheit und Strafe über die undankbare
Welt, dass die Papisten predigen, Christus habe sich für uns am Kreuz
aufgeopfert, und gleichwohl toben sie gegen uns und vergießen unschuldiges
Blut, darum, dass wir solche Lehre treiben und die Leute auf solchen Trost
w3eisen? Das heißt je (wie Jesaja den Verächtern des Wortes Gottes droht), mit
sehenden Augen blind sein und mit offenen Ohren nicht hören und ein
verstocktes, unverständiges Herz haben. Denn wie könnte es sonst möglich sein,
dass sie dieses Opfer so wenig achten und daneben ihren Trost auf eigene Werke,
auf Ablass, auf eine lausige Mönchskappe setzen sollten? Warum tröstet man sich
nicht dessen hier, dass Christus sein Leib und Leben aufopfert und bittet für
uns und spricht: Vater, hier bin ich, ein Mittler zwischen dir und den armen
Sündern; ich sterbe für sich, ich opfere mich für sie, sei ihnen gnädig.
Solches hören und sehen unsere Widersacher;
und dennoch sollen sie dawider schreien und toben und uns als Ketzer verdammen.
Wohlan, es ist ein schrecklicher Gotteszorn, da wolle uns Gott ja gnädig vor
behüten. Will er uns aber je lassen fallen, so lasse er uns in solche Sünde
fallen, die wir fühlen und bekennen, und nicht in die, so der Gnade gar
entgegen ist und dennoch geschmückt und für Heiligkeit gerühmt wird.
Darum lasst uns unsere Herzen auftun und
unsern Priester Christus in seinem rechten Schmuck anschauen. Mit den Augen
wirst du keinen Schmuck an ihm finden; denn wie schmählich, elend und
jämmerlich er da hängt, siehst du wohl. Aber siehe ihm ins Herz, da wirst du
einen solchen Schmuck und Schatz finden, dafür du ihm nimmermehr wirst genug
können danken.
Denn erstlich ist er geschmückt mit dem
groß0en, herzlichen Gehorsam gegen seinen Vater, dass er ihm zu Ehren sich so
lässt zerspeien, zergeißeln, zermartern. Solchen Schmuck ist unmöglich, dass
wir ihn hier gar in diesem leben könnten sehen; aber dennoch, so viel können
wir sehen. Dass alle perlen, aller Samt und golden Stück nichts dagegen ist.
Der andere Schmuck ist die große Liebe
gegen uns, dass der HERR seines Lebens und Leidens so wenig sich annimmt und
denkt schier nicht daran, darum, dass ihm unsere Sache und Not so herzlich
angelegen ists, und er eher bittet für uns als für sich. Wer kann doch solche
Liebe genügend verstehen oder fassen, dass der HERR ein solches Herz gegen uns
hat, so voll Feuers, dass er in seinem größten Leiden, Marter und Schmach sich
stellt, als sehe oder fühle er nichts; er denkt aber, seiht und sorgt nur auf dein
und mein Elend, Not und Herzeleid? Das kann doch je eine große, ernste Liebe
sein, dass er uns sich dermaßen lässt befohlen sein, dass er seiner Gefahr,
Schadens und Leidens gar dabei vergisst. Gleichwie sich’s mit Kindern zuträgt,
dass Vater und Mutter durch ein Feuer laufen, sie zu erretten. Da ist die Liebe
so groß, dass das Herz an seine eigne Not nicht denkt und allein sich darum
annimmt, wie dem Kind geholfen werde. So, sehen wir, brennt unserm lieben HERRN
Christus sein Herz auch, dass er durch das Leiden hindurch, wie durch ein
Feuer, reißt und erhascht uns in aller Liebe und Barmherzigkeit.
Das ist nun der rechte Schmuck, da unser
hoher und ewiger Priester mit geschmückt ist. Auswendig sieht man solchen
Schmuck nicht; aber inwendig sieht man ihn, wie denn seine Worte genügend
zeugen.
So soll man vornehmlich in allen Stücken
des Leidens auf den Hauptartikel sehen, denselben fast fassen und uns nicht
nehmen lassen, dass Christus sich für uns geopfert hat, und lässt sich nichts
so herzlich anliegen, als dass er uns errette, greift nach uns und läuft uns
nach, durch alles Leiden, wie durch ein Feuer. Solchen Artikel brauchen wir
nicht allein, uns damit zu trösten, sondern auch, uns zu stärken gegen des
Teufels Gift, das der papst in die Leute ausgießt und sie durch eigne
Gerechtigkeit, Werke und Verdienst will gen Himmel bringen. Aber so wir mit
unsern Werken solches hätten können ausrichten, warum sollte Christus, der Sohn
Gottes, gelitten haben? Nun aber steht er hier, bringt sein Opfer, seinen
eigenen Leib und Leben, in allem Gehorsam und Geduld, und bittet noch dazu
seinen Vater, dass er wolle gnädig sein und vergeben. Das ist je Zeichen genug,
dass wir mit unsern Werken dergleichen nichts haben ausrichten können; denn
Vergebung der Sünden ist ein Handel, der nicht so leicht zugeht, wie die
Papisten meinen. Es ist bald geschehen, dass du eine kappe anziehst, viel
wachst, fastest, singst, solches ist alles noch wohl zu tun: Aber Vergebung der
Sünden überkommen, da gehört weit etwas anderes und Größeres dazu als deine
eigenen Werke; Gott wird deines Fastens, Wachens, Betens halben dich kaum
erhören; sondern so heißt’s, wie Jesaja sagt: „Um unserer Missetat willen ist
er verwundet und um unserer Sünden willen zerschlagen. Er hat unser aller Krankheit
getragen.“
Nun müssen je die Papisten selbst bekennen,
dass des HERRN Christi sein Leiden und Sterben etwas anderes sei als mein
Gebet, meine guten Werke, meine Marter, mein Almosengeben, mein Fasten. Wer nun
solches an die Sünde will setzen, der wird nichts ausrichten. Es gehört ein
anderer Mann, andere Werke und Verdienst dazu, wie Jesaja klar sagt. Wer aber
sein eigenes Verdienst dahin heben und wider die Sünde gebrauchen will,
derselbe lästert das Sterben, Opfer und Gebet Christi; da er von seinem Opfer
und Gebet ebenso viel hält wie vom Opfer und Gebet Christi. Vor solchem Greuel
soll man sich fleißig hüten.
Nun betet aber der HERR nicht einfach in
den Haufen hin, sondern setzt einen Unterschied derer, für die er bittet, und
spricht: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Will also
zweierlei Sünder anzeigen. Etliche wissen, dass sie Unrecht tun, und tun’s
dennoch ohne alle Scheu. Solches heißt alsdann gegen den Heiligen Geist
gesündigt, wenn man in solcher wissentlichen Sünden beharren, sie nicht
bekennen, davon nicht ablassen, noch Vergebung derselben erbitten will; wie
unsere Junker, die Papisten, jetzt tun. Die wissen, dass unsere Lehre recht
ist, dass Christus das Sakrament ganz zu empfangen befohlen, die Ehe nicht verboten,
von dem Messopfer nichts geboten hat; und dennoch verdammen sie uns um solcher
Stücke willen als Ketzer und strafen ihre Untertanen, wo sie wissen, dass sie
unsere Lehre und Sakrament gebrauchen.
Diese sündigen nicht unwissend. Deshalb ist
die Natur solcher Sünden so, dass sie nicht kann vergeben werden; denn sie geht
stracks gegen Vergebung der Sünden, da man davon nicht ablassen und sie nicht
bekennen will. Denn Vergebung der Sünden will beides haben, dass man das
Unrecht bekenne und davon abstehe. Die andern Sünder sind, die unwissend
sündigen. Nicht so, als wüsste David nicht, dass es Sünde wäre, dem Uris seine
frau zu nehmen und ihn erschlagen zu lassen. Er weiß es sehr wohl. Aber da
treibt und jagt ihn die Sünde und der Teufel so heftig, dass er in solche Sünde
fällt, ehe denn er’s recht bedenkt, was er tue. Danach aber bekennt er’s, lässt
sich’s leid sein, wollte, er hätte es nicht getan und begehrt Gnade.
Solche Sünde tragen wir alle am Hals, dass
wir leicht und unversehens berückt werden, und fallen bisweilen aus Furcht, wie
Petrus, bisweilen aus Unvorsichtigkeit und Schwachheit, bisweilen aus
Vermessenheit. Solche Sünde hat Christus mit sich ans Kreuz getragen und dafür
gebeten; denn es sind nackte, bloße Sünden, die nicht gegen die Gnade sind; da
man sie erkennt und bekennt und bittet um Vergebung. So sieht man, dass oft
Huren und Buben, Mörder und andere böse Leute zu Gnaden kommen; denn sie
wissen, dass sie Unrecht haben getan, und wollen’s nicht verantworten. Solche
bekenntliche Sünden haben das Opfer Christi zwischen sich und Gott; darum will
Gott diese uns nicht zurechnen. Jene aber, die wissend und willig nicht wollen
anders tun und ihre Sünde noch verteidigen, die sündigen gegen den Heiligen
Geist und verleugnen die Gnade Gottes. Für diese bittet Christus hier nicht,
sondern für die, die nicht wissen, was sie tun, und aus Schwachheit fallen. Die
sollen dieses Opfers und Gebets sich trösten und wissen, dass ihnen die Sünden
vergeben sind. Denn um solches hat Christus hier gebeten und ist gewiss erhört
worden; da sollen wir nicht dran zweifeln, sondern uns desselben trösten und
freuen.
Das sei in Kürze gesagt von dem gebet
Christi am Kreuz, damit er anzeigt, warum er da leide, dass diese Sünder, die
unwissend sündigen und lassen’s sich leid sein, sollen um des HERRN Christi
willen einen gnädigen Gott haben, der ihnen ihre Sünde vergeben wolle.
Nun wollen wir auch ein wenig die
Geschichte mit dem Schächer zur rechten Hand besehen. Das ist ein so trefflich
schönes Beispiel, dergleichen man nirgends eins findet. Denn erstlich ist sich
je[der] dessen wohl bewusst: Der arme Mensch kann seine Sünde nicht leugnen, er
weiß, dass er gesündigt und deshalb den Tod leiden soll. Deshalb kann er sich
gegen Gott keines guten Werks noch Verdiensts rühmen; wie er zu seinem Gesellen
sagt, da er dem HERRN Christus übel zuredet: „Wir“, spricht er, „sind billig in
solcher Strafe; denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind. Dieser aber hat
nichts Ungeschicktes gehandelt.“ Hier hörst du, was er von sich selbst bekennt,
dass er solchen schmählichen Tod wohl verdient habe. Das ist eines, des sich
wohl zu wundern ist, dass er seiner Sünden halben Ursache hat, sich vor Gott zu
fürchten; und dennoch fasst er, wie wir hören werden, den Gedanken, er werde
noch in Gottes Reich kommen.
Zum andern ist das auch ein großes Wunder,
dass dieser eine Mensch sich das große Ärgernis nicht lässt anfechten, dass der
ganze Rat zu Jerusalem, welches und geistliches Regiment, den HERRN Christus
verspottet und lästert. Die Obersten im geistlichen Regiment sprachen: „Er hat
andern geholfen, er helfe sich selbst, so er Christus ist, der Auserwählte
Gottes.“ Die Kriegsknechte tun auch so: Bist du der Juden König, so hilf dir.“
Denn da stand die Überschrift über ihm zu den Häupten: „Jesus Nazarenus, der
Juden König.“ So der Mörder, der mit ihm gekreuzigt war, sprach auch: „Bist du
Christus, so hilf dir und uns auch.“ Solches redet er nicht der Meinung, dass
er Hilfe begehrte, sondern dass er Christus verhöhnen und so verspotten wollte.
Zusammenfassend, alle Welt ärgert sich an dem Christus, der am Kreuz hängt, und
hält nichts von ihm. Denn die Jünger selbst, ob sie wohl ein Teil bei dem Kreuz
standen, hatten sie doch keine Hoffnung mehr.
Allein der arme Mörder zur rechten Hand
reißt durch das Ärgernis hindurch und darf Christus, der neben ihm am Kreuz
hängt, einen HERRN und König nennen. Straft damit die ganze Welt Lügen, sieht
nicht an, was andere Leute von ihm halten oder sagen, und ruft ihn für einen
ewigen König aus. Denn so lauten seine Worte: „HERR, gedenke an mich, wenn du
in dein Reich kommst.“ Er heißt ihn einen „HERRN“, und sagt, er habe ein
„Reich“; und begehrt, wenn er in diesem Reich werde sein, dass er sein gedenken
wolle. Nun war es je um die Zeit, dass ihrer keiner den Abend mit dem Leben
erreichen konnte. Deshalb glaubt er, Christus sei ein HERR eines andern und
ewigen Lebens. Das lass mir einen großen, trefflichen Glauben und ein
herrliches Bekenntnis sein, da sonst alle Welt an Christus verzweifelt und nichts
von ihm hält.
So will Gott noch heutiges Tages seine
christliche Kirche erhalten. Ob es gleich alles hinfiele, Kaiser, Könige,
Papst, Bischöfe, so will doch Gott ein Häuflein erhalten, das seinen Geist
haben und ihn vor der Welt bekennen soll. Wollen die Jünger, samt andern, die
dem HERRN Christus verwandt, nicht bekennen noch glauben, sondern aus Furcht
leugnen und davon laufen: So muss ein Mörder hervor, diesen Christus bekennen,
von ihm predigen und andere Leute lehren, was man von ihm halten und wozu man
sich sein trösten soll; denn unser HERR Gott will Christus nicht ohne Leute
lassen, sollt es gleich nur ein Dieb am Galgen oder ein Mörder auf dem Rad
sein.
Darum ist dies eine tröstliche Geschichte,
da wir erstlich sehen, was Christus für Leute habe, die sich zu ihm finden, und
denen er alle Gnade beweisen will, nämlich die Sünder sind und ihre Sünde
bekennen und um Gnade bitten; diese sollen Gnade und Barmherzigkeit finden.
Denn eben wie er zuvor gebeten hat, so beweist er es hier mit der Tat, dass er
darum da sei und wolle Sünden vergeben. Und ist nun dies sein erstes Werk, dass
er einen Schalk und Mörder von Sünden und ewigem Tod erlöst und selig macht,
auf dass man ja gewiss werde und nicht zweifle, weil er sich am Kreuz selbst
aufopfert, solches geschehe nicht um der Heiligen und Frommen willen, sondern
um der Sünder willen. Denn um derselben willen ist er gekommen, sie zur Buße zu
rufen, und nicht um der Gerechten willen; wie er uns selbst sagt Matth. 9,13.
Darum, wer da gedenkt, er wolle zum Himmel
kommen als ein heiliger Mensch und ohne alle Sünde, der wird betrogen. Denn wer
nicht will ein Sünder sein, der bedarf des HERRN Christus nirgends zu; denn er
ist nicht um seiner selbst willen, sondern um der Sünder willen gestorben.
Deshalb soll man diese Geschichte für ein
Beispiel halten, da Christus mit der Tat beweist, was er mit seinem Leiden
gesucht und erworben habe, da er einen Mörder am Galgen zum Heiligen macht, und
will ihn nicht in Sünden bleiben noch verderben lassen. Solches aber tut er
nicht darum, als hätte er ein Wohlgefallen an den Sünden, oder dass wir in
Sünden bleiben und fortfahren sollten. Nein, weil er für die Sünder leidet,
will er, dass sie nicht mehr so bleiben, sondern fromm und heilig sein und sich
bekehren sollen. Wie man hier an dem Schächer sieht; der kehrt sich um und
beschuldigt sich selbst seiner Sünden halben; hofft aber, er werde den HERRN
Christus genießen, dass seine Sünden am ewigen Leben ihm nicht schaden sollen.
So wird gar ein anderer Mensch aus ihm, und
sein Tod, den er schmählich verdient hat, wird jetzt ein Gottesdienst, dass er
hinfort nicht mehr leidet als ein Mörder, sondern als ein rechter Heiliger.
Denn er stirbt in rechtem Bekenntnis und herzlichem Vertrauen auf die Gnade
Gottes durch Christus und lässt sich seine Sünde von Herzen leid sein; und wo
Gott ihn länger auf Erden ließe, würde er’s nimmer tun, was er zuvor getan hat.
Solcher Glaube an Christus macht ihn nicht allein zum Heiligen, sondern bringt
ihn ins Paradies und zum ewigen Leben; wie der HERR Christus ihm zusagt:
„Wahrlich, ich sage dir, heute wirst du bei mir sein im Paradies.“
Solchem Beispiel sollen wir folgen und
nicht denken, wie rohe, gottlose Leute pflegen: Ich will sündigen, auf dass
mich Christus erlöse und seine Gnade an mir beweise. Nein, keineswegs; sondern
so denke: Ich bin in Sünden geboren, ich bin voll Unrat und böser Lüste, muss
deshalb nicht erst anfangen zu sündigen, dass ich mich für einen Sünder könne
rühmen; ich bin zuvor ein Sünder, ich liege allbereit in Sünden und dem Tod.
Deshalb will ich mich an den halten, der durch sein Leiden für die Sünder
bezahlt und durch seinen unschuldigen Tod mich vom wohlverdienten und längst
verschuldeten Tod erlöst und mit Gott versöhnt hat.
Wer aber solche Gnadenpredigt missbrauchen,
von Sünden nicht ablassen, dieselbe nicht bekennen noch sich wollte leid lassen
sein, der mag den andern Mörder zur Linken, die Obersten der Juden und die
Kriegsknechte ansehen und bedenken, wie ihnen solches geraten und was sie mit
dem unbußfertigen Leben verdient haben. Denn willst du den HERRN Christus und
sein Leiden und Gebet genießen, so musst du des andern Schächers Weise folgen,
der seine Sünde bekennt, um Gnade bittet und den HERRN Christus bekennt, er sei
ein HERR und König des ewigen Lebens. Das verleihe uns lieber HERR Christus.
Amen.
Matthäus 28,1-10: Als aber der Sabbat um war, in der Dämmerung am ersten Tag
der Woche, kamen Maria Magdalena und die andere Maria, das Grab zu besehen. Und
siehe, es geschah ein großes Erdbeben. Denn der Engel des HERRN kam vom Himmel
herab, trat hinzu und wälzte den Stein von der Tür und setzte sich darauf. Und
seine Gestalt war wie der Blitz und sein Kleid weiß wie der Schnee. Die Hüter
aber erschraken vor Furcht und wurden, als wären sie tot. Aber der Engel
antwortete und sprach zu den Frauen: Fürchtet euch nicht; ich weiß, dass ihr
Jesus, den Gekreuzigten, sucht. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er
gesagt hat. Kommt her und seht die Stätte, da der HERR gelegen hat! Und geht
eilend hin und sagt es seinen Jüngern, dass er auferstanden sei von den Toten.
Und siehe, er wird vor euch hingehen nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen. Siehe,
ich hab’s euch gesagt. Und sie gingen eilend zum Grabe hinaus mit Furcht und
großer Freude und liefen, dass sie es seinen Jüngern verkündigten. Und da sie
gingen, seinen Jüngern zu verkündigen, siehe, da begegnete ihnen Jesus und
sprach: Seid gegrüßt! Und sie traten zu ihm und griffen an seine Füße und
fielen vor ihm nieder. Da sprach Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht hin
und verkündigt es meinen Brüdern, dass sie gehen nach Galiläa; daselbst werden
sie mich sehen.
Ihr Lieben habt gehört von der Auferstehung
Christi, wie es damit getan, warum es geschehen und wie wir sie gebrauchen und
genießen sollen. Von solchem Gebrauch der Auferstehung lehrt dies Evangelium
auch.
Denn das ist erstlich ein Großes, dass die
lieben Engel die ersten Boten sind, die das fröhliche Botenbrot gewinnen, wie
Christus auferstanden und mit mehr im Grab sei, und erinnern die Frauen, dass
Christus ihnen solches zuvor gesagt habe, ob sie es gleich nicht geglaubt noch
verstanden haben. Solche Botschaft ist ein gewisses Anzeichen, obgleich die
Engel ganz reine und heilige Geister, wir aber arme Sünder sind, dass sie
dennoch uns deshalb nicht fliehen noch verachten, sondern mit uns gute Freunde
wollen sein, da Christus uns zugut gestorben und wieder auferstanden ist.
Wo
nun Gott nicht hätte gewollt, dass wir solcher Auferstehung uns annehmen und
trösten sollten, so würde er seine Boten, die lieben Engel, im Himmel behalten
haben und uns nichts davon lassen sagen. Weil aber die Engel dazu verordnet und
gesandt werden, dass sie die ersten Prediger sollen sein, die uns die
Auferstehung Christi verkündigen: Das ist je ein gewisses Anzeichen, dass der
HERR Christus, wie wir zuvor gehört, uns zugut sei auferstanden, und Gottes
Wille dieser ist, dass wir uns sein trösten und der Engel Predigt glauben
sollen. So steht erstlich das Werk an sich selbst da, weil die Engel gesandt
werden, dass wir müssen schließen: Die Auferstehung Christi soll gleichsowohl
wie sein Leiden uns dienen und sei um unsertwillen geschehen.
Neben dem Werk hört man auch an den Worten,
was es für eine Meinung mit der Auferstehung Christi habe. Denn da kommen die
Engel mit zweierlei Befehl. Der erste ist an die Frauen, dass sie ihrer Person
haben sich nicht fürchten, sondern des sich freuen sollen, dass Christus ist
auferstanden; der andere Befehl ist, dass sie solche Auferstehung nicht
heimlich halten, sondern eilends hingehen und den Jüngern verkündigen sollen.
Solches ist sich zu beiden Teilen hoch zu freuen.
Denn dass der Engel erstlich spricht:
„Fürchtet euch nicht, ich weiß, dass ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten; er ist
nicht hier, sondern von den Toten auferstanden“, solches ist je so viel gesagt,
als spräche er: Was seid ihr doch für alberne, einfältige Leutlein, dass ihr
euch entsetzen und fürchten wollt? Lebt doch Christus und ist von den Toten
auferstanden. Deshalb gebührt euch, dass ihr fröhlich sein und euch weiter
nichts besorgen sollt. Denn was Christus lebt, das lebt er euch zugut, dass ihr
sein genießen, von ihm beschützt und vor allem Jammer sollt behütet werden.
Denn das gibt je der Sprachen Art: Wer sich nicht fürchten soll, der soll
fröhlich und guter Dinge sein, das Beste hoffen und erwarten. Wer sich aber
fürchtet, der muss etwas Ärgeres erwarten, das er lieber entraten wollte. So
sieht man, wer sich vor dem Henker, vor dem Tod, vor Sünden und dem Zorn Gottes
fürchtet, da ist keine Freude, keine Hoffnung, sondern eitel Klagen und
Trauern, Sorge und Unruhe. Solches oll nicht mehr bei euch sein, spricht der
Engel, weil Christus ist auferstanden. Will damit anzeigen, wir sollen der
Auferstehung Christi uns trösten gegen den Teufel, Sünde, Tod und Hölle. Denn
wo diese Feinde sollten oder könnten mehr Schaden tun, wäre es unmöglich, dass
wir uns nicht fürchten sollten. Das ist der erste Befehl, nicht allein an die
Frauen, sondern an alle getauften und gläubigen Christen, die da glauben und
wissen, Christus sei auferstanden, dass sie sich nicht sollen fürchten.
Der andere Befehl scheint diesem ungleich
zu sein, aber ist doch eben eine Meinung, dass der Engel die Frauen eilend
heißt hingehen und seinen Jüngern verkündigen, wie Christus von den Toten sei
auferstanden. Denn solches ist je auch ein gewisses Anzeichen, dass die Jünger
seich freuen und der Auferstehung [sich] sollen annehmen. Nun aber siehe, wer
sind die Jünger? Ist’s nicht wahr, arme Sünder sind’s, die bei dem HERRN übel
gehalten und in seiner größten Not ihn schändlich verlassen haben, Petrus aber
hat ihn gar verleugnet. Über das sind sie jetzt beieinander, dürfen sich vor
den Juden nicht sehen lassen. Da ist kein Gedanke, dass Christus wieder leben
und allererst sein Reich anrichten sollte. Und da die Frauen schon kommen und
anzeigen, sie haben den HERRN gesehen, da Simon Petrus und die Emmaus[jünger]
auch kommen, will ihrer keiner solches glauben und halten’s für eine Fabel. Ja,
da der HERR selbst kommt und weist ihnen Hände und Füße, lässt sich fühlen und
angreifen, wollen sie dennoch noch nicht gar daran, dass es wahr sei, halten es
für ein Gespenst.
Darum, so wir in uns dergleichen
Schwachheit, Sünde und Unglauben finden, so lasst uns deshalb nicht
verzweifeln, noch denken, als wollte Christus unser nicht; denn hier sehen wir,
dass solchen armen, schwachen, elenden Sündern zu Trost die Engel vom Himmel
kommen und durch die Frauen bestellen müssen, dass sie erfahren, Christus sei
auferstanden, und deshalb Trost und Freude daraus schöpfen sollen. Denn, wie in
der vorigen Predigt gehört, wo die Auferstehung Christi ist, da muss Trost,
Freude und ein gutes Gewissen sein, da man weder Tod, Sünde noch Zorn Gottes an
solchem Bild findet.
Das ist nun der lieben Engel Predigt von
der Auferstehung Christi, die darum vom Himmel kommen, dass die armen,
erschrockenen Gewissen derselben inne werden, sich freuen und trösten sollen.
An solcher Predigt und Zeugnis sollte uns genügen. Aber da kommt Christus
selbst zu den Frauen und predigt ihnen eben wie die Engel, grüßt sie auf das
allerfreundlichste und sagt auch zu ihnen, sie sollen sich nicht fürchten. Will
damit uns alle lehren, wie wir seine Auferstehung recht sollen gebrauchen, dass
wir alle Furcht ausschlagen, fröhlich und guter Dinge sein sollen.
Denn da ist nichts in der ganzen Welt, das
einen Christen, der Christus zum HERRN hat, schrecken könnte. Die Sünde wird’s
nicht tun; denn wir wissen, dass Christus dafür bezahlt hat. Der Tod wird’s
nicht tun; denn Christus hat ihn überwunden. Die Hölle hat er zerrissen, den
Teufel gebunden und gefangen. Ob nun die Welt ihrer Art nach den Christen feind
ist und alle Plage anlegt, wie soll man tun? Es ist doch nur alles ein
zeitliches Leiden, da wir dagegen wissen, dass wir die Auferstehung Christi zum
ewigen Leben sollen genießen. Darum soll diese Predigt des Engels, und danach
unsers HERRN Christus, immerdar unter den Christen gehen und bleiben: Fürchtet
euch nicht, seid fröhlich, dankt und lobt Gott; denn Christus ist auferstanden
und ist nicht mehr hier.
Nun aber lässt uns Christus bei diesem
Trost nicht bleiben; er fährt noch weiter und macht ihn viel größer und
herrlicher. Denn so spricht er: „Geht hin und verkündigt’s meinen Brüdern, dass
sie hingehen nach Galiläa, daselbst werden sie mich sehen“, oder wie es
Johannes erzählt im 20. Kapitel V. 17, dass er zu Maria gesagt habe: „Gehe hin
zu meinen Brüdern und sage: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater,
zu meinem Gott und zu eurem Gott.“
Das kann doch je tröstlich gepredigt
heißen, dass er seine Jünger „Brüder“ nennt. Solcher Name ist nichts Besonderes
unter den Menschen. Denn wo einer den andern Bruder nennt, da bringt solcher
Name nichts mehr mit sich als einen Vorteil des Geldes und Verwandtschaft
halben. Aber wenn Christus uns Brüder heißt, de da Gottes Sohn ist, da ist es
allererst ein trefflicher, hoher, unaussprechlicher Name. Denn so er uns Brüder
heißt, so wird er je mit uns auch teilen müssen und das Erbe, das er hat, nicht
allein behalten, sondern mit uns einwerfen. Denn das müssen wir uns in allewege
zu dem HERRN Christus versehen, dass er solche Namen nicht allein zum Schein
führt, wie die Welt pflegt, da oft einer dem andern schreibt: Lieber Bruder,
und ist doch im Herzen sein ärgster Feind, dem er alles Unglück wünscht.
Solcher Unart sollen uns bei Christus nicht versehen. Heißt er uns Brüder, so
meint er’s von Herzen, dass er durchaus unser Bruder sein und uns für Brüder
halten und mit uns wie mit Brüdern wolle umgehen.
Wie kommen nun die Apostel zu solcher Ehre?
Haben sie denn solchen Namen damit verdient, dass sie so schändlich von ihm
gelaufen, ihn verleugnet und kein Herz mehr zu ihm gehabt haben, dass er wieder
leben und sein Reich anrichten sollte? Solches sollte je dem HERRN haben
Ursache gegeben, dass er sie für seine Feinde und nicht für Brüder geachtet
hätte. Aber, wie zuvor gesagt, er will mit armen Sündern zu tun haben und will,
dass die armen Sünder seiner Auferstehung sich annehmen und trösten sollen;
sonst würde er seine Jünger in der Wahrheit nicht Brüder heißen, die sich so
gar übel gegen ihn gehalten und solchen Namen nicht verdient hatten; ebenso
wenig wie wir, die wir auch arme Sünder sind, und dennoch uns dieses Namens
sollen annehmen. Wie denn Christus allen Christen befiehlt, wenn sie beten
wollen, dass sie sollen sagen: Vater unser, der du bist im Himmel. Denn heißen
wir Gott im Himmel „Vater“, so müssen wir je Christi Brüder sein, wie er hier
sagt: „Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zum meinem Gott und zu
eurem Gott.“ Allein der Unterschied ist, dass Christus natürlicher und ewiger
Sohn Gottes ist für sich selbst; wir aber kommen durch Christus zu der Ehre, da
er für uns gestorben und uns zum Besten auferstanden ist, dass wir durch den
Glauben an Christus Gottes Kinder werden, angenommene, aber nicht geborene
Kinder, wie es Paulus unterscheidet.
Das Wort nun, dass der HERR seine Jünger
Brüder heißt, ist die rechte Absolution, damit er sie von allen Sünden
entbindet, dass sie die vergessen und sich nicht mehr davor fürchten sollen.
Denn Christus hat je keine Sünde. Sollen nun die Jünger Brüder Christi heißen,
so dürfen sie auch keine Sünde haben; sonst hätte Christus im Erbe einen
Vorteil und wäre nicht recht unser Bruder. Weil er aber sagt, wir seien Brüder,
aus dem folgt, dass wir in gleiches Erbe mit gehören.
Was ist nun das Erbe Christi? Es ist nicht
Geld, Gut, große Macht und Pacht. Denn da lehrt uns die Erfahrung, dass solche
Güter auch die haben, die nicht Gottes Kinder noch Brüder Christi sind. Darum
kann solches nicht das rechte Erbteil Christi sein, das er und seine Brüder
allein haben. Sondern es geht mit diesem Zeitlichen wie mit der Sonne, mit dem
Regen und andern Gaben Gottes, die Gott gleich gibt Frommen und Bösen. Das
rechte Erbe Christi aber ist dies, da Paulus von sagt, 1. Kor. 1,30.31:
„Christus ist uns von Gott gemacht zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur
Heiligung und zur Erlösung; auf dass, wie geschrieben steht, wer sich rühme,
der rühme sich des HERRN.“
Wir armen Menschen sind durch die Sünde
dermaßen geblendet, dass wir weder von Gott, von Sünden, noch Gerechtigkeit
etwas Gewisses wissen. Und obgleich noch ein Fünklein Erkenntnis Gottes in uns
steckt, wie Paulus Röm. 1 sagt; so sieht man doch, wie bald es sich verliert,
dass wir in Irrtum und Abgötterei geraten. Das ist nun das erste Stück unsers
Erbteils, zu welchem wir durch Christus kommen, dass wir Gott recht lernen erkennen;
wie er sagt Matth. 11,27: „Niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es
der Sohn will offenbaren.“ Das ist nun die höchste und größte Weisheit, dagegen
alle Weisheit der Welt eine lautere Narrheit ist. Denn ob es gleich vor der
Welt ein großes Ansehen hat, so währts doch nicht länger als hier auf Erden.
Diese Weisheit aber, dass uns Christus lehrt Gott erkennen, dass Gott uns
gnädig und barmherzig sein wolle, ist eine ewige Weisheit und das ewige Leben
selbst, wie Christus sagt Joh. 17,3, und dient uns dazu, dass wir uns nicht
allein gegen die Menschen, sondern auch gegen den Teufel selbst wehren und ihn
kennen und richten können.
Das andere Stück unseres Erbes ist, dass
Christus uns ist gemacht zur Gerechtigkeit. Denn wir leben nicht allein in
Sünden, sondern sind in Sünden auch empfangen und geboren. Aber durch Christus
kommen wir dazu, dass Gott solche Sünde nicht sehen noch uns zurechnen, sondern
uns schenken und nachlassen will. Das heißt denn gerecht seien, wenn Gott uns
für gerecht hält, ob wir gleich unserethalben arme, elende Sünder sind.
Das dritte Stück unsers Erbteils ist, dass
Christus uns von Gott gemacht ist zur Heiligung. Nicht allein damit, dass er,
wie Joh. 17,19 steht, sich für uns heiligt und zum Opfer gibt, sondern dass er
seinen Heiligen Geist uns schenkt, der in uns ein neues Leben anrichtet, der
Sünde widerstrebt und uns zum herzlichen Gehorsam gegen Gott treibt.
Das vierte Stück ist, dass er uns gemacht
ist auch zur Erlösung. Es fallen vor Anfechtung, Not, Kümmernis, Verfolgung,
wie sie wollen, dass doch Christus bei uns ist und ob uns hält, dass wir
endlich siegen und Erlösung spüren, nicht allein hier zeitlich, sondern eine
ewige Erlösung.
Solches reichen, ewigen Erbes sollten wir
uns annehmen und freuen. Denn zu solcher Hoffnung beruft uns Christus, weil er
uns seine Brüder nennt. Aber ein Jammer über allen Jammer ist es, dass wir mehr
Freude darüber haben, wenn uns von einem Menschen hundert Gulden geschenkt oder
geschafft werden, als so uns der Sohn Gottes sin solches reiche und ewige Erbe
einsetzt. Nun ist es je wahr, wir sollten uns an dem lassen genügen, wenn
Christus uns ließe seine Jünger, seine Knechte, seine Schüler sein, oder so er
uns seine Freunde hieß. Denn wer wollte doch so eines großen HERRN und Meisters
sich nicht übernehmen? Aber er hebt uns höher und will es bei einem Geringen
nicht lassen bleiben und heißt uns seine Brüder. Darum soll man solchen großen
Trost nicht vergessen und immerdar an diese reiche, ewige Bruderschaft denken,
und derselben uns in allen Nöten und mitten im Tod trösten.
Aber was hat der Teufel zu schaffen? Der
treibt den Papst und die irrigen, verführerischen Lehrer dahin, dass sie von
solcher Bruderschaft nichts melden, und machen sich dieweil ins Teufels Namen
andere Bruderschaften, da man der verstorbenen Heiligen, der Mönche und Pfaffen
gute Werke als ein Erbe austeilt. Solche Strafe widerfährt ihnen billig. Denn
wer dieser Bruderschaft sich nicht freuen noch trösten will, der ist nichts
Besseres wert, als dass er auf andere gottlose, abgöttische, irdische und
nichtige Bruderschaft sein Herz und Vertrauen setzen soll.
Darum lasst uns dankbar sein für diese
selige Lehre und mit Herzen sie annehmen und die Auferstehung Christi so
gebrauchen, dass wir zu Christus, als zu unserem Bruder, ein festes Vertrauen
haben, er werde sein Leben, da er jetzt drin lebt, zu unserer Seligkeit
gebrauchen und, wie Paulus sagt, uns vor allem Zorn behüten. Wer solches könnte
fest glauben, der würde kein Unglück sich bekümmern lassen. Denn es falle Not
und Mangel vor, was da wolle, so wissen wir, dass Christus lebt, und wir sollen
auch mit ihm leben. Was kann uns denn das zeitliche Leiden bekümmern, so wir
das ewige Leben durch Christus so gewiss haben? Warum wollten wir mit denen
zürnen, die uns Arges tun? Ist’s nicht wahr, billiger wäre es, dass wir uns mit
ihnen bekümmerten und Mitleiden mit ihnen hätten, da sie mit ihrem Hass und
Neid gegen uns genügend zeugen, dass sie in dieser Bruderschaft nicht seien und
dieses ewige Erbe nicht genießen sollen? Was hilft sie denn ihr zeitliches Erbe,
ihre Macht, Geld, Gut und Pracht, welches sie zu mehr Sünden und schwereren
Verdammnis missbrauchen.
Also, wenn wir diese Bruderschaft recht
könnten glauben, so würden wir uns nicht so viel um das Zeitliche annehmen,
sondern immerdar mehr nach dem ewigen Erbteil sehen, welches uns in dieser
Bruderschaft angeboten wird. Wie denn St. Paulus sehr fein ermahnt, da er von
der Auferstehung Christi, im 3. Kapitel an die Kolosser, predigt und sagt V.
1-3: „So ihr mit Christus auferstanden seid, so sucht, was droben ist, da
Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes, und trachtet dem nach, was droben
ist, und nicht nach dem, das auf Erden ist. Denn ihr seid gestorben, und euer
Leben ist verborgen mit Christus in Gott.“ Denn so wir uns wollen dieser
Bruderschaft mit Ernst annehmen und uns rühmen, dass wir Gottes Kinder sind, so
müssen wir je uns unsers Vaters Willen befleißigen und nicht ungehorsame Kinder
sein. Und müssen, wie es Paulus sagt, unsere Glieder auf Erden, das sind die
bösen Lüste und Werke, töten und ablegen und als die Auserwählten Gottes,
Heiligen und Geliebten, anziehen herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut,
Sanftmütigkeit und Geduld, dass einer den andern vertragen möge und vergebe.
Denn darum haben wir zuvor unter dem Erbe
Christi auch der Heiligung gedacht, die soll in allewege folgen, beides im
Glauben und Leben; wie es Paulus am andern Ort, 1. Kor. 5,7.8, auch sagt: „Wir
haben ein Osterlamm, das ist Christus, für uns geopfert. Darum lasst uns Ostern
halten, nicht im alten Sauerteig; auch nicht im Sauerteig der Bosheit und
Schalkheit; sondern in dem Süßteig der Lauterkeit und Wahrheit“; ebenso: „Lasst
uns den alten Sauerteig ausfegen du einer neuer Teig sein, wie ihr denn schon
ungesäuert seid.“ Dies ist seltsam geredet; aber es ist eben das, das wir oben
aus Paulus gehört haben, Christus sei uns gemacht zur Gerechtigkeit und
Heiligung. Denn weil wir in Christus glauben, dass er für unsere Sünde bezahlt
hat, durch solchen Glauben haben wir Vergebung der Sünde und sind gerecht,
oder, wie es Paulus nennt, sind wir ohne Sauerteig. Doch gleichwohl haben wir
noch Fleisch und Blut an uns, das ist noch nicht gar tot, sondern voll
Sauerteigs und böser Lust. Dieselben sollen wir ausfegen und töten, sollen
ihnen nicht nachhängen, sondern uns heilig halten. Denn dazu gibt unser HERR
Christus uns seinen Heiligen Geist, dass wir der Sünde widerstehen und uns nach
Gottes Wort und Willen halten sollen.
Also sieht eure Liebe, was die Auferstehung
Christi in uns schaffen und wirken soll, nämlich, dass wir uns hinfort nicht
fürchten und Christus für unsern Bruder erkennen und rühmen sollen und uns des
rechten Erbes trösten, das er uns zugewendet hat. Und sollen uns dermaßen auch
mit unserem Tun und Lassen halten, dass wir solches Erbe nicht wieder durch den
Ungehorsam, wie die ungeratenen Kinder, verlieren. Das heißt alsdann die
fröhliche Auferstehung recht und wohl gebrauchen und die Ostern recht feiern.
Wo aber solches nicht geschieht, dass man entweder in Sünden und Ungehorsam
liegen oder in Nöten und Anfechtungen zu diesem Trost nicht will greifen, da
ist nichts gewisser, als dass man von dieser Auferstehung und diesem herrlichen
Erbe nichts hat noch weiß. Gott verleihe uns durch Christus seinen Heiligen
Geist, dass wir solcher Auferstehung uns recht trösten und in solchem Glauben,
Zuversicht und Hoffnung von Tag zu Tag zunehmen und endlich dadurch selig
werden. Amen.
Johannes 20,19-31: Am Abend aber desselben Sabbats, da die Jünger versammelt
und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat
mitten ein und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! Und als er das sagte,
zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie
den HERRN sahen. Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch!
Gleichwie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und da er das sagte,
blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmet hin den Heiligen Geist! Welchen
ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet,
denen sind sie behalten. Thomas aber, der Zwölf einer, der da heißt Zwilling,
war nicht bei ihnen, da Jesus kam. Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir
haben den HERRN gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Es sei denn, dass ich in
seinen Händen sehe die Nägelmale und lege meinen Finger in die Nägelmale und
lege meine Hand in seine Seite, will ich’s nicht glauben. Und über acht Tage
waren abermals seine Jünger drinnen und Thomas mit ihnen. Kommt Jesus, da die
Türen verschlossen waren, und tritt mitten ein und spricht: Friede sei mit
euch! Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und siehe meine
Hände; und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite; und sei nicht
ungläubig, sondern gläubig. Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein HERR und
mein Gott! Spricht Jesus zu ihm: Dieweil du mich gesehen hast, Thomas, so
glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. Auch viel andere
Zeichen tat Jesus vor seinen Jüngern, die nicht geschrieben sind in diesem
Buch. Diese aber sind geschrieben, dass ihr glaubt, Jesus sei Christus, der
Sohn Gottes, und dass ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.
Diese Geschichte hat eure Liebe in der
nächsten Predigt gehört, dass sie auf den Ostertag geschehen sei, nachdem die
Jünger von Emmaus wieder nach Jerusalem gekommen und den andern verkündet
haben, wie sie den HERRN gesehen haben. Nun hat aber Johannes die Art vor
andern Evangelisten, dass er nicht allein die Historie erzählt, sondern auch
die Predigt Christi und Worte hinzusetzt, da vornehmlich und am meisten dran
gelegen ist. So meldet er hier die Worte, da man in den anderen Evangelisten
nichts von findet, wie der HERR dazumal, nachdem er seinen Jüngern Frieden
gewünscht und Hände und Füße gezeigt, habe er zu ihnen gesagt:
Wie mich der Vater gesendet hat, so sende
ich euch.
Das sind treffliche Worte, mit welchen er
ihnen das Predigtamt befiehlt und bringt das Leiden und die Auferstehung
Christi in seinen rechten Gebrauch und Übung. Denn wo es außerhalb des
Predigtamts allein wäre geblieben bei der Historie oder der Geschichte, so wäre
die Geschichte uns gar nichts nütze gewesen. …
Dass also dieser Befehl und das Aussenden
hier allein auf die Lehre geht, dass die Jünger dieselbe von Christus führen
sollen, eben wie er sie in der Welt geführt hat.
Was nun solches für eine Lehre sei, sagt
Jesaja mit feinen, herrlichen, klaren Worte, dass Christus dazu gesalbt und
gesandt sei, dass er soll die erschrockenen, unverständigen, verzagten Herzen
trösten. Welche Predigt nun anders als so geht, dass ist nicht die rechte
Predigt Christi; Christus hat sie auch gewiss nicht befohlen, sondern es ist eine
Mosepredigt. Denn Mose predigt so, dass die erschrockenen, einfältigen Herzen
noch mehr erschrecken und verzagt werden. Die Predigt aber heißt Christi
Predigt, dadurch die Elenden getröstet werden. Denn Christus hat sollen mit
einem neuen Befehl kommen, darum, dass die Werke, die er ausgerichtet, sind
auch neue Werke, dergleichen zuvor in der Welt nie geschehen, dass Gottes Sohn
gelitten und von den Toten wieder auferstanden ist. Eben nun wie Jesaja von der
Lehre Christi weissagt, so hören wir hier von Christus auch. Denn so lauten des
Evangelisten und seine Worte:
Und er blies seine Jünger an und sprach
zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist; welchen ihr die Sünden vergebt, denen
sind sie vergeben; welchen ihr sie aber behaltet, denen sind sie behalten.
Das ist das rechte geistliche Regiment,
welches man so weit vom weltlichen Regiment soll unterschieden, wie weit Himmel
und Erde voneinander sind. Die nun in diesem geistlichen Regiment sind, die
sind rechte Könige, rechte Fürsten, rechte Herren und haben zu regieren. Aber
hier siehe und lerne, wie solches Regiment umschränkt sei und wie weit es gehe.
Nämlich, wie die Worte klar lauten, so weit die Welt ist; und soll doch sonst
mit nichts zu tun haben als mit den Sünden. Es soll weder mit Geld noch Gut,
mit der Nahrung, noch mit allem, was zur Nahrung gehört, umgehen. Mit solchem
sollen weltliche Kaiser und Könige, Fürsten und Herren zu tun haben, alles
ordnen und machen, wie es dem allgemeinen Nutz und Frieden am besten ist. Aber
dies geistliche Regiment ist allein auf die Sünden gestellt. Wo die Sünde
angeht, da soll dies Regiment auch angehen, und sonst nicht.
Denn davor soll man sich hüten, dass man‘s
nicht menge noch ineinander werfe, wie der Papst und seine Bischöfe getan
haben, die das geistliche Regiment so haben gebraucht, dass sie auch weltliche
Herren geworden sind und Kaiser und Könige sich vor ihnen bücken müssen. Das
hat Christus seinen Jüngern nicht befohlen und sie zu weltlichem Regiment nicht
ausgesendet; sondern das Predigtamt hat er ihnen befohlen und das Regiment über
die Sünde. Dass also des Predigtamts seine eigene Definition ist, dass man das
Evangelium von Christus predigen und Sünde zerschlagenen, furchtsamen Gewissen
vergeben, aber den Unbußfertigen und Sicheren Sünde behalten und sie binden
soll. …
Darum steht der ganze Handel dieser Lehre
auf dem, dass man eigentlich wisse, was Sünde sei; dass Sünde nicht heißt Geld
noch Gut, Königreich, Nahrung, Brot, Wein noch anderes dergleichen; sondern es
heißt eine Last, welche dir dein Herz und Gewissen beschwert vor Gott, dass du
dich vor seinem Zorn fürchten und die ewige Verdammnis erwarten musst. Denn wir
reden hier von wahrhaften, rechten Sünden, die Gott für Sünde hält und des
ewigen Todes wert sind; nicht von Herrn Simonis Sünden, da die Gaukler Papst
und Bischof mit umgehen, dass einer an einem verbotenen Tag nicht fastet oder
Fleisch isst, dass ein Mönch ohne ein Scheppler [Kopfbedeckung], eine Nonne
ohne einen Schleier geht. Solches sind päpstliche Sünden, die vor dem Papst und
seinen Fladenweihern, die es erdacht haben, Sünde sind; vor Gott aber sind es
nicht Sünden und verdammen niemand; denn Gott hat solches nirgends verboten.
Hier aber reden wir von Sünden, das rechte und wahrhafte Sünden sind, die kein
Mensch erdacht hat, sondern darin wir geboren sind und leben, die gegen Gottes
Gebot sind und dawider Gottes Gebot zeugt und nicht allein Menschen Gebot. Mit
solchen Sünden, sagt der HERR hier, sollen die Apostel umgehen, dass sie es
vergeben oder binden und behalten sollen. Mit Geld und Gut und weltlichen
Händeln sollen sie nicht umgehen. Dass also in eines Apostels oder Predigers Mund
Himmel und Hölle zugleich liegt: Wenn du unbußfertig, sicher und böse sein
willst, dass sie dich in die Hölle hinunterwerfen können; wiederum, so du deine
Sünde erkennst und des Leidens und der Auferstehung Christi dich tröstest, soll
dir der Himmel offen stehen und ein solches Urteil von dem Kirchendiener über
dich gesprochen werden, welches der Teufel selbst fürchten muss, und dich von
allen Sünden ledig zählen, so du es mit rechtem Glauben annimmst.
Das ist nun eine solche Gewalt, gegen
welche der Kaiser und Könige Gewalt nichts ist, dass ein Apostel, ja, ein jeder
Jünger Christi, darf ein Urteil sprechen über die ganze Welt, dass die Sünde
soll hinweg sein. Und solches Urteil soll so gewaltig du gewiss sein, als hätte
es Christus selbst gesprochen; wie denn seine Worte hier zeugen: „Wie mich mein
Vater gesendet hat, so sende ich euch.“
Das ist nun eins, dass die Sünde nicht soll
heißen ein weltlich Ding, sondern eine Angst und Beschwerung des Gewissens, das
uns vor Gott anklagt und schuldig macht. Das dient nun auch dazu, dass man sich
vorsehe, dass man nicht mit Narrensünden, davon ich oben gemeldet, umgehe. Denn
so du dich wolltest von denselben Narren- und Lügensünden entbinden lassen, so
würde folgen, dass du danach dich auch den die Narren- und Lügengerechtigkeit
müsstest kehren. Darum so merke diese Definition wohl, dass Sünde heißt, welche
uns Gottes Gesetz aufdeckt und deshalb beschuldigt. Ist’s nicht eine solche
Sünde, so ist’s keine rechte, sondern eine erdachte und gemachte päpstliche
Sünde, da Gott nichts von weiß und uns nichts schadet.
Nun sieht man aber, dass ihrer viel in
rechten, großen, öffentlichen Sünden liegen, wie da ist Geiz, Ehebruch,
Dieberei, Wucher, Zorn, Neid, Völlerei, Gotteslästerung und dergleichen; und
dennoch bekümmern sie sich nichts darum, fahren immer fort und lassen’s Rosen
tragen. Da mangelt’s an Sünde nicht, sondern daran, dass man sie nicht erkennen
und davon nicht ablassen will. Solche Sünde kann man nicht vergeben, sondern es
gehört das Binden dazu, und die andere Gewalt, da Christus hier von sagt:
„Welchen ihr ihre Sünden behaltet, denen sind sie behalten.“
Darum soll man hier einen gewissen
Unterschied machen und die rechten Sünden so teilen: dass etliche Sünden
zugleich vor uns Sünden sind und vor Gott; etliche aber sind allein vor Gott
Sünde und vor uns nicht; denn wir wollen sie nicht erkennen, noch uns darum
bekümmern, noch um Vergebung bitten. So sagt David: „HERR, dir habe ich
gesündigt und Übel vor dir getan.“ Da ist es beides beieinander, dass David
sieht, dass er Unrecht hat getan und weiß, dass es Gott übel gefällt. Als
wollte er sagen: Ich erkenne und fühle die Sünde: Nicht allein damit, dass ich
dran denke; sondern dass ich auch sehe und empfinde der Sünde Kraft, was die
vermag, dass es ein böser Teufel und greuliche Last ist, die mich vor Gott
verklagen will, in die Hölle und ewigen Tod reißen. Wie Paulus zu den Römern im
z. Kapitel auch davon redet, V. 8.9: „Ohne das Gesetz war die Sünde tot, ich
aber lebte etwa ohne das Gesetz.“ Will also sagen: Sünde ist allwege in uns:
Aber weil das Gesetz nicht kommt, so ist die Sünde gleich, als schliefe sie;
denn sie tut nicht weh, sie beißt und nagt nicht. Daher kommt es, dass du
hingehst und sammelst eine über die andere; sonst würdest du Gott fürchten und
frömmer werden.
Wenn aber der Donnerschlag, das Gesetz, in
das Herz kommt und rührt das Gewissen, alsdann wird die Sünde gleich lebendig,
dass du siehst, wie ein mächtig Ding sie ist, dass sie dir Gott nimmt, dich dem
Teufel übergibt und in die Hölle hinein stößt. Darum spricht Paulus: „Da aber
das Gebot kam, ward die Sünde wieder lebendig. Ich aber starb; und es fand
sich, dass das Gebot mir zum Tod gereichte, das mir doch zum Leben gegeben
war“, V. 9.10.
Das ist nun die rechte Sünde, die vor Gott
und mir Sünde ist. So sieht man an David auch, da er mit Bathseba sündigte,
ging er hin, kümmerte sich wenig drum; denn die Sünde schlief und war noch tot.
Aber da Nathan kam und schlug ihm den Donner ins Herz: „Du bist der Mann“; da
find die Sünde in Davids Herz an zu leben. Er aber fing an zu sterben. Aber
Nathan tröstet ihn und sagt: „Nein, du sollst nicht sterben.“
Das heißt nun der Apostel Regiment, eine
Gewalt, die nicht über Leib und Leben, Geld und Gut, und was zu diesem Leben
geht, sondern über rechte Sünde, die du und Gott für Sünden halten. Dass also
aller Welt Sünden unterworfen sind den Aposteln und allen Kirchendienern, und
im Fall der Not allen Christen; dass du in deinem Herzen gewiss kannst sein,
wenn du von deinem Pfarrherrn, oder wo du den nicht haben kannst, von einem
anderen Christen hörst, dass im Namen Christi seine Sünden dir sollen vergeben
sein, dass es gewiss wahr sei und ebenso wenig fehlen kann, als wenn dir’s
Christus selbst hätte zugesagt oder durch einen Engel vom Himmel zusagen
lassen.
Solcher Befehl und Macht aber soll Aposteln
und Kirchendienern nicht zur Hoffart noch Pracht dienen; denn sie haben nichts
davon: Dir aber sollen sie damit dienen, dass du erlöst werdest von dem Feind,
der dir zu stark ist, und dich in Ewigkeit ohne diesen Trost gefangen hält.
Darum ist’s eine große, herrliche Gewalt, dass ein armer Mensch, der selbst ein
elender Sünder ist, sich unterstehen darf, den Feind zu vertreiben, dem sonst
alle Welt weichen muss. Denn so spricht Christus: „Welchen ihr die Sünden
erlasst, denen sind sie erlassen“; ebenso: „Was ihr auf Erden lösen werdet,
soll auch im Himmel los sein.“ Weil nun die Worte klar sind: „Wie mich mein
Vater sendet, so sende ich euch“, so soll je niemand zweifeln, wie er Vergebung
seiner Sünden hört, so soll er sie gewiss haben. Wo aber die Sünde weg ist, da
ist des Teufels Gewalt aus; er muss weichen.
Das ist auch die Ursache, dass man eure
Liebe oft ermahnt, weil Christus solche herrliche Macht seiner Kirche gelassen,
dass ihr derselben gebrauchen und sie keineswegs verachten sollt. Denn darum
setzt der HERR Christus dieses Amt ein, dass dadurch alle Sünden sollen
vergeben werden, sofern es rechte Sünden sind, und man sie erkennt und des
HERRN Christi Worten glaubt. Denn die andern närrischen Menschensünden gehören
nicht hierher; es müssen Sünden sein, die das Herz rühren und ängstlich machen.
Wie Adam seinem Sohn Kain, im ersten Buch
Moses, auch predigt und sagt: „Ist’s nicht so? Wenn du fromm bist, so bis du
angenehm; bist du aber nicht fromm, so ruht die Sünde vor der Tür. Das ist, du
stehst jetzt da und bist ein Sünder; aber du fühlst es noch nicht: Die Sünde
schläft, aber an einem sehr unruhigen Ort. Darum schaue zu, wird sie dir einmal
aufwachen, so wird’s sehr anders mit dir werden. Denn sie schläft nicht darum,
dass sie wolle immer schlafen; sondern sie soll aufwachen, das ist, dir ein
Gewissen machen, dich schrecken und nagen, dass du nicht weißt, wo du ein oder
aus sollst.
Die sich nun ihrer Sünden nicht annehmen,
die haben rechte Sünde, aber nicht vergebliche Sünde. Deshalb werden ihnen ihre
Sünden behalten und gebunden; denn sie begehren nicht, dass sie davon vergeben
werden; sonst würden sie davon ablassen.
Im Papsttum hat man so gepredigt: Wer
Vergebung der Sünden begehrt, der soll seine Sünde bekennen und sich selbst
eine Reue oder Leid schöpfen. Auf solche Reue hat man danach Vergebung der
Sünden gegründet. Nun kann es geschehen, dass solche Weise aus dem Beispiel der
Alten genommen sei, die eben wie wir keinem die Absolution haben wollen
sprechen, er bekenne sich denn für einen Sünder und stelle sich, dass man sehe,
dass ihm die Sünde leid sei. Solches ist recht und soll auch so sein. Aber dass
man wollte sagen: Solches Leid und Reue verdiene, dass die Sünde drum soll
vergeben werden; das ist falsch und unrecht. Denn die Reue ist kein Verdienst,
sondern es ist die Sünde selbst und der Sünden Regiment. Da darf man Vergebung
der Sünden und die Gnade nicht drauf bauen.
Denn ehe es zu solcher Reue kommt, nimmt
man sich der Sünden nicht an. Denn obwohl Sünde da ist, so ist’s doch nur eine
schlafende und tote Sünde, wie Adam von Kain sagt. Wenn aber die Sünde lebendig
wird und nicht mehr schläft, sondern greift das Herze und Gewissen an und
schreckt es, solches kann man ja kein verdienstliches Werk heißen, sondern, wie
es Paulus nennt, ist’s die rechte lebendige Sünde. Wer will aber sagen, dass
die Sünde könne Gnade verdienen?
Darum sind die Leute im Papsttum jämmerlich
betrogen und verführt worden, dass man sie auf solche Reue, als auf Verdienst
und gutes Werk, hat absolviert. Wie allen Bullen des Papstes die Worte lauten:
contritis et confessis, die bereut und gebeichtet haben, die sollen Vergebung
der Sünden haben. Denn die Reue, wo sie recht ist, ist sie nichts andere als
der Sünden Reich und Regiment; das kann doch je nichts verdienen. Daher aber
hat man Vergebung der Sünden, wenn man dem Befehl Christi hier glaubt und das
Wort, welches aus solchem Befehl und in seinem Namen uns verkündigt wird, mit herzlichem
Vertrauen annimmt. Ob’s nun wohl vonnöten ist, wer Vergebung der Sünden
begehrt, dass er sich seine Sünde lässt leid sein; so verdient doch solches
Leid und Reue nichts. Ja, wo Gott durch den Trost des Evangeliums die Gewissen
nicht wieder aufrichtete, würde solche Reue und Leid und gar vom Glauben
abreißen und uns voll Furcht machen.