J. H. Hartenberger: Immanuel. Altkirchliche Episteln

 

Epistelpredigt zum ersten Advent ueber Roemer 13,11-14: Die Predigt des Apostels Paulus, die er uns am Anfang des neuen Kirchenjahres im Hinblick auf den Juengsten Tag haelt

Epistelpredigt zum zweiten Sonntag im Advent ueber Roemer 15,4-13: Die rechte christbruederliche Eintracht

Epistelpredigt zum dritten Sonntag im Advent ueber 1. Korinther 4,1-5: Man sucht nicht mehr an den Haushaltern, als dass sie treu erfunden werden

Epistelpredigt zum vierten Sonntag im Advent ueber Philipper 4,4-7: Woran koennen wir erkennen, dass die heilige Adventszeit segensreich für uns gewesen ist?

Predigt zum Heiligen Abend ueber Matthaeus 22,42: Wie duenkt euch um Christus? Wessen Sohn ist er?

Epistelpredigt zum ersten Christfesttag ueber Titus 2,11-14: Warum ist die in Bethlehem erschienene Gnade Gottes so herrlich und so groß?

Epistelpredigt zum zweiten Christfesttag ueber Titus 3,4-7: Das heilige Christfest – das Fest der Offenbarung der Liebe Gottes zu uns armen suendigen Menschen

Epistelpredigt zum Altjahrsabend ueber 5. Mose 33,3: Warum koennen wir Christen ganz getrost dieses alte Jahr beschließen?

Epistelpredigt zum Sonntag nach dem Christfest ueber Galater 4,1-7: Die Sendung des Sohnes Gottes in diese Welt

Epistelpredigt zu Neujahr ueber Galater 3,23-39: Warum koennen nur wahre Christen froehlich und getrost das neue Jahr anfangen?

Epistelpredigt zum Epiphaniasfest ueber Jesaja 60,1-6: Woran erinnert uns der Heiden Weihnachten?

Epistelpredigt zum ersten Sonntag nach Epiphanias ueber Roemer 12,1-6: Dreierlei Pflichten, die Christen als Priester Gottes erfuellen sollen

Epistelpredigt zum zweiten Sonntag nach Epiphanias ueber Roemer 12,7-16: Die herzliche Ermahnung des Apostels: „Uebt jemand Barmherzigkeit, so tue er’s mit Lust“

Epistelpredigt zum dritten Sonntag nach Epiphanias ueber Roemer 12,17-21: Wozu soll die ernste Ermahnung des heiligen Apostels: „Ist’s moeglich, soviel an euch ist, so habt mit allen Menschen Frieden“, uns bewegen?

Epistelpredigt zum vierten Sonntag nach Epiphanias ueber Roemer 13,8-10: Das große Gebot des HERRN: Du sollst deinen Naechsten lieben wie dich selbst

Epistelpredigt zum fuenften Sonntag nach Epiphanias ueber Kolosser 3,12-17: Der taegliche Hausgottesdienst

Epistelpredigt zum Verklaerungssonntag ueber 2. Petrus 1,16-21: Die Bibel, das Wort unseres Gottes

Epistelpredigt zum Sonntag Septuagesimae ueber 1. Korinther 9,24-10,5: Die ernste Warnung des Apostels Paulus vor der fleischlichen Sicherheit

Epistelpredigt zum Sonntag Sexagesimae (60 Tage vor Ostern) ueber 2. Korinther 11,19-12,9: Wessen darf und soll ein Christ sich ruehmen?

Epistelpredigt zum Sonntag Estomihi (Sei mir ein starker Fels; Ps. 31,3) ueber 1. Korinther 13: Die wahre christliche Liebe

Epistelpredigt zum Sonntag Invocavit (Er ruft mich an, darum will ich ihn erloesen; Ps. 91,15) ueber 2. Korinther 6,1-10: Woran koennen wir erkennen, dass wir bisher die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangen haben?

Epistelpredigt zum Sonntag Reminiscere (Gedenke, HERR, an deine Barmherzigkeit; Ps. 25,6) ueber 1. Thessalonicher 4,1-7: Gegen welche Suenden besonders muessen wir Christen ernsthaft kaempfen, wenn wir uns der Heiligung befleißigen wollen?

Epistelpredigt zum Sonntag Oculi (Meine Augen sehen stets auf den HERRN; Ps. 25,15) ueber Epheser 5,1-9: Wann beweisen sich Christen als Gottes Nachfolger oder Nachahmer?

Epistelpredigt zum Sonntag Laetare (Freuet euch mit Jerusalem; Jes. 66,10) ueber Galater 4,21-31: Der große Unterschied zwischen denen, die durch ihre Werke, und denen, die aus Gnaden durch den Glauben an Jesus Christus selig werden wollen

Epistelpredigt zum Sonntag Judica (Gott, schaffe mir Recht; Ps. 43,1) ueber Hebraeer 9,11-15: Jesus Christus, unser Hoherpriester

Epistelpredigt zum Palmsonntag ueber Philipper 2,5-11: Die beiden Staende Christi

Epistelpredigt zu Palmsonntag (Konfirmation) ueber Prediger 5,3-4: Teure Konfirmanden, was ihr gelobt, das haltet!

Epistelpredigt zu Gruendonnerstag ueber 1. Korinther 11,23-32: Die Lehre der Heiligen Schrift von dem Sakrament des Altars

Epistelpredigt zu Karfreitag ueber Jesaja 53: Die Predigt des Propheten Jesaja von dem letzten großen Leiden des Weltheilandes

Epistelpredigt zum Ostersonntag ueber 1. Korinther 5,6-8: Die Belehrung und Ermahnung des Apostels, wie wir in rechter Weise Ostern halten sollen

Epistelpredigt zum Ostermontag ueber Apostelgeschichte 10,34-41: Jesus Christus, der Friedefuerst, der den Frieden zwischen seinem himmlischen Vater und den suendigen Menschen gestiftet hat

Epistelpredigt zum Sonntag Quasimodo Geniti (Wie die neugeborenen Kindlein; 1. Petr. 2,2) ueber 1. Johannes 5,4-10: Welches ist der rechte, seligmachende Glaube?

Epistelpredigt zum Sonntag Misericordias Domini (Die Erde ist voll der Guete des HERRN; Ps. 33,5) (Hirtensonntag) ueber 1. Petrus 2,21-25: Was soll uns Christen zur Geduld und Sanftmut bewegen?

Epistelpredigt zum Sonntag Jubilate (Jauchzt Gott, alle Lande; Ps. 66,1) ueber 1. Petrus 2,11-20: Wodurch erweisen wir Christen uns als Fremde und Pilger in dieser Welt?

Epistelpredigt zum Sonntag Kantate (Singt dem HERRN ein neues Lied; Ps. 98,1) ueber Jakobus 1,16-21: Worin besteht die selige Kraft des Wortes der Wahrheit?

Epistelpredigt zum Sonntag Rogate (Betet!) ueber Jakobus 1,22-27: Zweierlei Hoerer des Wortes der Wahrheit

Epistelpredigt zum Christi Himmelfahrt ueber Apostelgeschichte 1,1-11: Die glorreiche Himmelfahrt unseres HERRN und Heilandes Jesus Christus am 40. Tag nach seiner siegreichen Auferstehung vom Tod

Epistelpredigt zum Sonntag Exaudi (HERR, hoere meine Stimme; Ps. 27,7) ueber 1. Petrus ´4,8-11: Wozu soll uns Christen die Tatsache bewegen, dass das Ende aller Dinge und somit die Wiederkunft des HERRN nahe ist?

Epistelpredigt zum Pfingstfest ueber Apostelgeschichte 2,1-13: Die Apostel Jesu Christi – herrliche Vorbilder für uns

Epistelpredigt zum Pfingstmontag ueber Apostelgeschichte 10,42-48: Die Ausgiessung des Heiligen Geistes ueber die ersten Heidenchristen zu Caesarea

Epistelpredigt zum Trinitatisfest ueber Roemer 11,33-36: Von den unbegreiflichen und unerforschlichen Wegen und Gerichten Gottes

Epistelpredigt zum ersten Sonntag nach Trinitatis ueber 1. Johannes 4,16-21: Warum sollen wir Gott recht herzlich lieben?

Epistelpredigt zum zweiten Sonntag nach Trinitatis ueber 1. Johannes 3,13-18: Woran koennen wir erkennen, dass wir nicht geistlich tot, sondern vielmehr geistlich lebendig sind?

Epistelpredigt zum dritten Sonntag nach Trinitatis ueber 1. Petrus 5,.6-11: Des Apostels Petrus ernste Warnung an alle Christen vor der Verfuehrung durch den Teufel

Epistelpredigt zum vierten Sonntag nach Trinitatis ueber Roemer 8,18-23: Warum koennen die wahren Christen in den Leiden dieser Zeit dennoch ganz getrost sein?

Epistelpredigt zum fuenften Sonntag nach Trinitatis ueber 1. Petrus 3,8-15: Der Kampf der Christen gegen die Zungensuenden

Epistelpredigt zum sechsten Sonntag nach Trinitatis ueber Roemer 6,3-11: Wozu verpflichtet uns unsere Taufe?

Epistelpredigt zum siebten Sonntag nach Trinitatis ueber Roemer 6,19-23: Zwei Gruppen von Menschen, welche der Apostel uns allen zur ernsten Pruefung vorhaelt

Epistelpredigt zum achten Sonntag nach Trinitatis ueber Roemer 8,12-27: Das Abbarufen glaeubiger Christen durch Wirkung des Heiligen Geistes

Epistelpredigt zum neunten Sonntag nach Trinitatis ueber 1. Korinther 10,6-13: Wozu soll das, was in unserem heutigen Abschnitt von dem Volk Israel gesagt wird, uns Christen dienen?

Epistelpredigt zum zehnten Sonntag nach Trinitatis (Israelsonntag) ueber 1. Korinther 12,1-11: Von den geistlichen Gaben, die Gott den Seinen aus Gnaden schenkt

Epistelpredigt zum 11. Sonntag nach Trinitatis ueber 1. Korinther 15,1-10: Welche Leute ruehmen sich vergeblich des wahren Glaubens?

Epistelpredigt zum 12. Sonntag nach Trinitatis ueber 2. Korinther 3,4-11: Worin besteht nach unserem heutigen Abschnitt der Unterschied zwischen Gesetz und Evangelium?

Epistelpredigt zum 13. Sonntag nach Trinitatis ueber Galater 3,15-22: Das Testament der Verheissung

Epistelpredigt am 14. Sonntag nach Trinitatis ueber Galater 5,16-24: Worin besteht der Wandel im Geist?

Epistelpredigt zum 15. Sonntag nach Trinitatis ueber Galater 5,25-6,10: Warum sollen wir Christen nicht muede werden, Gutes zu tun, besonders nicht im Werk der christlichen Mission?

Epistelpredigt zum 16. Sonntag nach Trinitatis ueber Epheser 3,13-21: Dass die Christen durch viel Truebsal in das Reich Gottes eingehen muessen

 

 

Aus Luthers Hauspostille:

 

Evangelienpredigten:

 

Evangelienpredigt zum ersten Adventssonntag ueber Matthaeus 21,1-9: Jesu Einzug in Jerusalem

Evangelienpredigt zum zweiten Sonntag im Advent ueber Lukas 21,25-36: Christi Wiederkunft zum Gericht und zu unserer Erloesung

Evangelienpredigt zum dritten Sonntag im Advent ueber Matthaeus 11,2-10: Christi Botschaft an Johannes den Taeufer und uns

Evangelienpredigt zum vierten Sonntag im Advent ueber Johannes 1,19-28: Das Zeugnis Johannes des Taeufers

Evangelienpredigt zum Heiligen Abend (heiligen Christtag) ueber Lukas 2,1-15: Die Geburt Jesu Christi durch Maria

Evangelienpredigt zum Sonntag nach Neujahr ueber Lukas 2,33-40: Christus – gesetzt zum Fall und Auferstehen vieler

Evangelienpredigt zum ersten Sonntag nach Epiphanias ueber Lukas 2,41-52: Jesus, Gottes Sohn, im Tempel und bei seinen Eltern

Evangelienpredigt zum zweiten Sonntag nach Epiphanias ueber Johannes 2,1-11: Jesus Christus auf der Hochzeit zu Kana

Evangelienpredigt zum dritten Sonntag nach Epiphanias ueber Matthaeus 8,1-13: Das Gebet des Glaubens

Evangelienpredigt zum vierten Sonntag nach Epiphanias ueber Matthaeus 8,23-27: Jesus stillt den Sturm – oder: Vom Glauben in Anfechtung

Evangelienpredigt zum Verklaerungssonntag ueber Matthaeus 13,24-30: Das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen

Evangelienpredigt zum Sonntag Septuagesimae (70 Tage vor Ostern) ueber Matthaeus 20,1-16: Im Reich Christi sind alle gleich

Evangelienpredigt zum Sonntag Sexagesimae (60 Tage vor Ostern) ueber Lukas 8,4-15: Die vier Schueler des Wortes Gottes

Evangelienpredigt zum Sonntag Estomihi (Sei mir ein starker Fels; Ps. 31,3) ueber Lukas 18,31-43: Glauben auf das Wort

Evangelienpredigt zum Sonntag Invocavit (Er ruft mich an, darum will ich ihn erhoeren; Ps. 91,15) ueber Matthaeus 4,1-11: Jesu Versuchung durch den Teufel

Evangelienpredigt zum Sonntag Reminiscere (Gedenke, HERR, an deine Barmherzigkeit; Ps. 25,6) ueber Matthaeus 15,21-28: Die Anfechtung des Glaubens, wenn Gott scheinbar nicht hoert

Evangelienpredigt zum Sonntag Oculi (Meine Augen sehen stets auf den HERRN; Ps. 25,15) ueber Lukas 11,14-28: Wie der HERR Jesus die Teufel austreibt

Evangelienpredigt zum Sonntag Laetare (Freuet euch mit Jerusalem; Jes. 66,10) ueber Joh. 6,1-15: Jesus speist die Fuenftausend

Evangelienpredigt zum Sonntag Judica (HERR, schaffe mir Recht; Ps. 43,1) ueber Johannes 8,46-59: Jesu Christi Wort hoeren

Predigt zum Palmsonntag ueber Roemer 5,8-11: Christi stellvertretendes Leiden fuer uns

Evangelienpredigt zum Karfreitag ueber Lukas 23,32-43: Von dem Gebet Christi am Kreuz und dem Schaecher zur rechten Hand

Evangelienpredigt zum Auferstehungsfest ueber Matthaeus 28,1-10: Die Auferstehung Jesu Christi

Evangelienpredigt zu Quasimodo Geniti (Wie die neugebornen Kindlein; 1. Petr. 2,2) ueber Johannes 20,19-31: Die Vergebung der Suenden durch Wort und Sakrament

Evangelienpredigt zum Sonntag Misericordias Domini (Die Erde ist voll der Guete des HERRN; Ps. 33,5) ueber Johannes 10,12-16: Jesus Christus, der gute Hirte

Evangelienpredigt zum Sonntag Jubilate (Jauchzt Gott, alle Lande; Ps. 66,1) ueber Johannes 16,16-23: Durch Kreuz zur Freude

Evangelienpredigt zum Sonntag Kantate (Singt dem HERRN ein neues Lied; Ps. 98,1) ueber Joh. 16,5-15: Das Amt des Heiligen Geistes

Evangelienpredigt zum Sonntag Rogate (Betet!) ueber Johannes 16,23-30: Beten im Namen Jesu

Evangeliumspredigt zum Sonntag Exaudi (HERR, hoere meine Stimme; Ps. 26,7) ueber Johannes 15,26-16,4: Das Zeugnis des Heiligen Geistes

Predigt zum Pfingstfest ueber Apostelgeschichte 2,1-13: Von dem Pfingstfest und dem Heiligen Geist

Predigt zum Fest der Heiligen Dreieinigkeit ueber 2. Korinther 13,13: Die heilige Dreifaltigkeit

Evangelienpredigt zum ersten Sonntag nach Trinitatis ueber Lukas 16,19-31: Der reiche Mann und der arme Lazarus

Evangelienpredigt zum zweiten Sonntag nach Trinitatis ueber Lukas 14,16-24: Das große Abendmahl

Evangelienpredigt zum dritten Sonntag nach Trinitatis ueber Lukas 15,1-10: Jesus nimmt die Suender an

Evangelienpredigt zum vierten Sonntag nach Trinitatis ueber Lukas 6,36-42: Seid barmherzig, wie Gott barmherzig ist

Evangelienpredigt zum fuenften Sonntag nach Trinitatis ueber Lukas 5,1-11: Der Fischzug des Petrus

Evangelienpredigt zum sechsten Sonntag nach Trinitatis ueber Matthaeus 5,20-26: Die bessere Gerechtigkeit

Evangelienpredigt zum siebten Sonntag nach Trinitatis ueber Markus 8,1-9: Die Speisung der Viertausend

Evangelienpredigt zum achten Sonntag nach Trinitatis ueber Matthaeus 7,15-23: Warnung vor den falschen Propheten

Evangelienpredigt zum neunten Sonntag nach Trinitatis ueber Lukas 16,1-9: Sich Freunde mit dem Mammon machen

Evangelienpredigt zum zehnten Sonntag nach Trinitatis (Israelsonntag) ueber Lukas 19,41-48: Jesu Weheruf über Jerusalem

Evangelienpredigt zum 11. Sonntag nach Trinitatis ueber Lukas 18,9-14: Pharisaeer und Zoellner

Evangelienpredigt zum 12. Sonntag nach Trinitatis ueber Markus 7,31-37: Die Heilung des Taubstummen

Evangelienpredigt zum 13. Sonntag nach Trinitatis ueber Lukas 10,23-37: Der barmherzige Samariter

Evangelienpredigt zum 14. Sonntag nach Trinitatis ueber Lukas 17,11-19: Der dankbare Samariter

Evangelienpredigt zum 15. Sonntag nach Trinitatis ueber Matthaeus 6,24-34: Wem gehoert dein Herz?

Evangelienpredigt zum 16. Sonntag nach Trinitatis ueber Lukas 7,11-17: Die Auferweckung des Juenglings zu Nain

Evangelienpredigt zum 17. Sonntag nach Trinitatis ueber Lukas 14,1-11: Wie wir gegen Gott und den Naechsten handeln sollen

Evangelienpredigt zum 18. Sonntag nach Trinitatis ueber Matthaeus 22,34-46: Das vornehmste Gebot – wer ist Christus?

Evangelienpredigt zum 19. Sonntag nach Trinitatis ueber Matthaeus 9,1-8: Die Heilung des Gichtbruechigen

Evangelienpredigt zum 20. Sonntag nach Trinitatis ueber Matthaeus 22,1-14: Die koenigliche Hochzeit

Evangelienpredigt zum Drittletzten Sonntag im Kirchenjahr ueber Markus 5,21-43: Die Auferweckung der Tochter des Jairus

Evangelienpredigt zum vorletzten Sonntag im Kirchenjahr ueber Matthaeus 24,15-28: Christi Warnung vor Suende und Abfall

Evangelienpredigt zum Ewigkeitssonntag ueber Lukas 7,11-16: Unsere Hoffnung angesichts des Todes

 

 

 

 

Evangelienpredigt zum ersten Adventssonntag ueber Matthaeus 21,1-9: Jesu Einzug in Jerusalem

 

Matthäus 21,1-9: Da sie nun nahe an Jerusalem kamen nach Bethphage an den Ölberg, sandte Jesus seiner Jünger zwei und sprach zu ihnen: Geht hin in den Flecken, der vor euch liegt, und bald werdet ihr eine Eselin finden angebunden und ein Füllen bei ihr.  Löst sie auf und führt sie zu mir! Und so euch jemand etwas wird sagen, so sprecht: Der HERR bedarf ihrer; sobald wird er sie euch lassen. Das geschah aber alles, auf dass erfüllet würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht: Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen der lastbaren Eselin. Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und brachten die Eselin und das Füllen und legten ihre Kleider darauf und setzten ihn darauf. Aber viel Volks breitete die Kleider auf den Weg; die andern hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Das Volk aber, das vorging und nachfolgte, schrie und sprach: Hosianna  dem Sohn Davids! Gelobet sei, der da kommt in dem Namen des HERRN!  Hosianna in der Höhe!

 

    Die Juden hatten viele schöne und herrliche Verheißungen von dem Messias oder Christus, wie er auf die Erde kommen, ein ewiges Reich anrichten und sein Volk von allem Übel erlösen und ihm ewig helfen sollte; wie man denn in allen Predigten der Propheten sieht, dass sie über die Maßen herrlich von dem künftigen Reich Christi reden. Und solche Predigten sind bei den Juden sehr wohl bekannt gewesen. Aber da fanden sich falsche Prediger und fleischliche Lehrer, die das Volk auf diese Meinung führten, als sollte Christus mit weltlicher Pracht kommt, einreite, wie sonst weltliche Könige pflegen, wobei es alles auf das prächtigste und köstlichste zugeht; und er sollte dann aus den Juden in der Welt sehr große, gewaltige Fürsten und Regenten machen. Wie sie denn noch heute denken, wenn ihr Messias kommen werde,  so werden sie aller Welt Herren und die Heiden ihre Knechte sein. Auf solchen Messias oder Christus sehen sie noch, begehren den Messias, das ist, den HERRN Christus, nicht dazu, dass er sie von den Sünden und dem ewigen Tod erlösen sollte.

    Auf dass nun die Juden gewarnt und durch solche fleischlichen Lehrer nicht betrogen würden, so hat Gott durch den Propheten Sacharja lange zuvor lassen verkündigen: Christus werde nicht kommen als ein weltlicher König, mit großer Pracht und köstlicher Rüstung; sondern als ein armer Bettler werde er zu Jerusalem, in seiner Hauptstadt, auf einem Esel einreiten, wie denn die Geschichte des heutigen Evangeliums zeigt. Auf dass ja die Juden sich nicht entschuldigen könnten und sagen: Hätten wir’s gewusst, dass er so ein armer König sein sollte, wir wollten ihn angenommen haben. Denn solches hat ihnen der Prophet klar genug angezeigt, so lange Zeit zuvor. So ist die Geschichte auch öffentlich bei hellem Tag geschehen, dass Christus daher reitet auf einem geliehenen Esel, der weder Sattel noch anderes Gestell hat, und deshalb die Jünger ihre Kleider auf den Esel legen müssen, dass der arme König sich behelfen könne.

    Deshalb können sich die Juden keineswegs entschuldigen. Denn hier ist eine helle, klare Weissagung: Wenn Christus zu Jerusalem werde einreiten, so werde er nicht, wie sonst weltliche Könige, auf hohen Pferden, mit Harnisch, Spieß, Schwertern und Büchsen kommen, welches alles zum Ernst gehört und Macht anzeigt; sondern er werde kommen, wie es der Evangelist nennt, „sanftmütig“, oder wie der Prophet spricht, „arm und elend“. Als wollte der Prophet jedermann warnen und sprechen: Habt ja auf den Esel gute Acht und wisst, dass, der drauf kommt, der rechte Messias sei. Darum hütet euch und gafft nicht auf die goldene Krone, Samtkleider und goldene Stücke, noch auf eine große Rüstung. Denn Christus wird elend kommen, mit betrübtem und sanftmütigem Herzen, und auf einem Esel sich sehen lassen. Das ist alle seine Pracht und Herrlichkeit, die er bei seinem Einreiten nach Jerusalem vor der Welt führen wird.

    Die Weissagung nun veranlasst den HERRN zu diesem Einzug, und es ist ihm sehr viel daran gelegen gewesen. Deshalb befiehlt er auch den Jüngern die Sache so fleißig; und nicht bei Nacht, noch heimlich, sondern öffentlich, bei hellem, lichtem Tag, zieht er zu Jerusalem ein, nicht allein, sondern mit viel Volk, das vor- und nachgeht und ihm als dem rechten König und Sohn Davids zuschreit, wünscht ihm auch Glück und Heil zu seinem Königreich; dass also das ganze Jerusalem, solches Einzugs muss gewahr werden, den Esel und diesen armen König sehen und hören, von welchem Sacharja hatte geweissagt und die Juden gewarnt, dass sie sich an der armen Gestalt und dem bettlerischen Einzug nicht sollten ärgern; sondern sollten den Wahn fallen lassen, dass sie dachten, Christus würde mit weltlicher Pracht kommen. Er wird wohl ein König sein, spricht Sacharja, aber ein armer, elender König, der ganz und gar kein Ansehen eines Königs hat, wenn man ihn nach der äußerlichen Pracht rechnen und ansehen will, welche die weltlichen Könige und Fürsten vor der Welt führen.

    Dagegen aber, sagt Sacharja, wird dieser arme und bettlerische König eine andere Macht haben als sonst alle Könige und Kaiser haben, die jemals auf Erden gekommen sind, sie seien gleich so große und mächtige Herren gewesen, wie sie immermehr konnten sein. Denn er heißt Gerechter und Helfer. Nicht ein reicher, prächtiger, herrlicher König vor der Welt; sondern ein Gerechter und ein Heiland, der Gerechtigkeit und Seligkeit mitbringen und Sünde und Tod angreifen und ein Sündenfeind und Todesfeind sein soll, der allen denen von Sünden und ewigem Tod will helfen, die an ihn glauben und ihn als ihren König aufnehmen, und sich den armen, entlehnten Esel nicht ärgern lassen. Die solches tun, denen soll die Sünde vergeben sein und der Tod nicht schaden, sondern sie sollen das ewige Leben haben. Und ob sie schon leiblich einmal sterben und begraben werden, so soll es doch nicht ein Tod sein noch heißen, sondern nur ein Schlaf. Solches will der Prophet von diesem König uns lehren mit dem, dass er ihm diese zwei Namen gibt und heißt ihn gerecht und einen Heiland, der dem Tod die Zähne ausbrechen, dem Teufel den Bauch zerreißen und so uns, die wir an ihn glauben, von Sünde, Tod frei machen soll und unter die Engel führen, da ewiges Leben und Seligkeit ist.

    Den andern Königen lässt er ihre Pracht, Schlösser, Häuser, Geld und Gut, lasst sie köstlicher essen, trinken, kleiden, bauen als andere Leute; aber diese Kunst können sie nicht, die dieser arme Bettelkönig Christus kann. Denn da ist weder Kaiser, König noch Papst mit all seiner Macht, der von der geringsten Sünde helfen, und mit ihrem Geld und Gut die geringste Krankheit heilen könnte; ich schweige, dass sie wider gegen den ewigen Tod und die Hölle helfen sollten. Aber dieser Bettelkönig Christus hilft nicht allein gegen eine Sünde, sondern gegen alle meine Sünde; und nicht allein gegen meine Sünde, sondern der ganzen Welt Sünde. Er kommt und will wegnehmen, nicht allein die Krankheit, sondern den Tod; nicht allein meinen Tod, sondern der ganzen Welt Tod.

    Solches, spricht der Prophet, sagt der Tochter Zion, dass sie sich nicht ärgere an seiner elenden Zukunft; sondern tue die Augen zu und die Ohren auf, und sieh nicht, wie armselig er einherreitet, sondern höre, was man von diesem armen König predige und sage. Das Elend und die Armut sieht man, dass er auf einem Esel ohne Sattel und Sporen einherreitet wie ein Bettler; aber dass er die Sünde von uns nehmen, den Tod würgen, ewige Heiligkeit, ewige Seligkeit und ewiges Leben geben werde, das sieht man nicht. Deshalb muss man es hören und glauben. Darum spricht Sacharja: „Sagt’s der Tochter Zion“, dass sie es wisse und sich nicht daran kehre noch ärgere, dass er so jämmerlich einreitet und so schmählich stirbt. Denn solches alles geschieht dir, Zion, zugut, dass er dir helfen will, als ein Heiland, gegen den Teufel und Tod, und will dich heiligen und von Sünden ledig machen.

    Wer nun solches nicht mit den Ohren will fassen, sondern mit Augen sehen und Händen greifen, der wird fehlen werden; denn mit diesem König ist es weit anders als sonst mit andern Königen. Was dieselben tun, das tun sie mit einer Pracht, und hat alles ein großes, tapferes Ansehen. Solches findet man bei Christus nicht; der hat solches sein Werk, dass er von Sünden und dem Tod helfen will, erstlich in die Taufe gesteckt. Da sehen die Augen nichts anderes als ein schlichtes Wasser wie jedes andere Wasser. Er hat’s in das Wort gefasst und in die Predigt. Da sehen die Augen nichts anderes als einen Menschenatem. Aber wir sollen uns hüten und den Augen nicht folgen, sondern die Augen zu- und die Ohren auftun und das Wort hören. Dasselbe lehrt, wie unser HERR Jesus Christus sein Blut vergossen habe zur Vergebung unserer Sünde und ewigem Leben. Solche Gaben will er uns geben in der heiligen Taufe, im Abendmahl, in der Predigt oder Absolution, da sollen wir’s gewiss finden. Nun, wahr ist es, es scheint klein und gering, dass durchs Wasserbad, Wort und Sakrament solches soll ausgerichtet werden; aber lass dich durch die Augen nicht verführen. Dort war es auch klein und gering, dass der, der auf dem entlehnten Esel einritt und hernach sich kreuzigen ließ, sollte Sünde, Tod und Hölle wegnehmen. Niemand konnte [es] ihm ansehen, aber der Prophet sagt‘s. Deshalb muss es auch geglaubt und mit den Ohren gefasst werden, mit den Augen wird man’s nicht sehen.

    Darum spricht der Evangelist: „Sagt’s der Tochter Zion.“ Und der Prophet spricht: „Zion, jauchze und sei fröhlich“, tanz und spring, „denn dein König kommt“. Was für ein König? Ein heiliger, gerechter König, und ein Heiland oder Helfer, der dein Heiligmacher und Heiland sein will. Denn seine Heiligkeit und Gerechtigkeit will er dir anhängen, dass du von Sünden ledig seist; und sein Leben will er für dich lassen, dass er durch seinen Tod vom ewigen Tod sollte erlöst sein. Deshalb ärgere dich nicht an seiner elenden und armen Gestalt, sondern danke ihm dafür und tröste dich’s. Denn es geschieht alles um deinetwillen und dir zugut; er will dir so von deinen Sünden und [vom] Tod helfen und [dich] gerecht und selig machen.

    Das ist nun unser König, der liebe HERR Jesus Christus, und ist dies sein Reich und Amt. Er geht nicht mit Talern, Kronen und großen Königreichen und weltlicher Pracht um; nein, sondern wenn wir müssen sterben und können das Leben hier länger nicht behalten, so ist dies sein Amt und Werk, dass wir durch sein Leiden und Tod wissen, wo wir bleiben sollen; dass wir können sagen: Ich bin geheiligt durch meinen König Jesus Christus, der ist darum so elendiglich gekommen, hat sich darum an das Kreuz lassen schlagen, dass er mich heiligen wollte und in mir ersäufen meine Sünde und den Tod. Wer solches so glaubt, wie er’s hört und im Evangelium gepredigt wird, der hat’s so. Denn darum ist die heilige Taufe von Christus eingesetzt, dass er dadurch seine Gerechtigkeit dir will anziehen, dass seine Heiligkeit dein und seine Unschuld auch dein eigen sein soll. Denn wir sind elende, arme Sünder, aber in der Taufe tröstet uns Christus und spricht: Gib mir deine Sünde her, und hab für dich meine Gerechtigkeit und Heiligkeit; lass dir deinen Tod abziehen und zieh mein Leben an. Das heißt eigentlich Christi Regiment. Denn all sein Amt und Werk ist dieses, dass er uns täglich Sünde und Tod ausziehe, und seine Heiligkeit und Leben uns anziehe.

    Diese Predigt sollte man billig mit großen Freuden hören und annehmen, sich daraus bessern und fromm werden. So kehrt sich’s leider um, und wird die Welt aus dieser Lehre nur je länger je ärger, das ist des leidigen Teufels Arbeit und Geschäft. Wie man sieht, dass die Leute jetzt geiziger, unbarmherziger, unzüchtiger, frecher und ärger sind als zuvor unter dem Papsttum. Was macht’s? Nichts anderes als dass man diese Predigt nicht mit Freuden annimmt, sondern jedermann schlägt es in den Wind, nimmt sich mehr um Geld und Gut an als um den seligen Schatz, welchen unser HERR Christus zu uns bringt. Deshalb straft sie unser HERR Gott wieder und spricht: Willst du denn mir nicht darum danken, dass ich durch meines eingebornen Sohnes Tod und Sterben die Sünde und den Tod hinweg nehme? Wohlan, so will ich dir Sünde und Tod genug schaffen, weil du es doch so willst haben; und wo vorher nur ein Teufel dich besessen und geritten hat, sollen dich jetzt sieben ärgere Teufel reiten. Wie man denn an Bürgern und Bauern mit dem schändlichen, geizigen, unordentlichen Leben, Unzucht und andere Unart sieht.

    Deshalb ermahne ich euch, dass ihr ja solche Predigt mit Lust und Liebe hören und mit aller Dankbarkeit wollt annehmen und unsern HERRN Gott von Herzen bitten, dass er euch einen starken Glauben geben wolle, dass ihr solche Lehre behalten mögt; so wird gewiss die Frucht daraus folgen, dass ihr von Tag zu Tag demütiger, gehorsamer, freundlicher, züchtiger und frömmer werdet. Denn diese Lehre hat diese Art und Natur an sich, dass sie züchtige, gehorsame, fromme Leute macht. Die es aber nicht mit Liebe wollen annehmen, die werden siebenmal ärger als sie gewesen sind, ehe sie zu dieser Lehre gekommen sind; wie man allenthalben sieht. Deshalb hütet euch, denn das Stündlein wird gewiss nicht ausbleiben, dass Gott solchen Undank strafen wird. Alsdann wird sich’s finden, was die Welt damit verdient habe.

    Darum lernt diese Geschichte des heutigen Evangeliums wohl. Denn weil die Juden dem Propheten nicht haben wollen folgen, ist es uns gesagt, dass unser König sanftmütig und arm komme, damit wir uns an solcher Armut nicht ärgern noch auf weltliche Pracht und Reichtum mit den Juden gaffen; sondern lernen, dass wir an unserm HERRN Christus einen solchen König haben, der gerecht und ein Heiland sei, und uns von Sünden und dem ewigen Tod helfen wolle. Solche Predigt sollt ihr mit Willen und Freuden annehmen, und Gott dafür von Herzen danken; sonst werdet ihr den leidigen Teufel müssen annehmen mit Heulen, weinen und Zähneklappen.

    Zu solchem ermahnt uns das Beispiel der Apostel und anderer, so hier mit dem HERRN Christus zu Jerusalem einlaufen. Denn weil der HERR Christus ein König ist, so muss er auch ein Reich oder Volk haben, und dasselbe Volk muss sich mit rechtem gebührlichen Dienst gegen diesen König erzeigen. Was nun solcher Dienst sei, zeigt die Geschichte sehr fein an. Denn hier findet man Leute, die den HERRN Christus als einen König erkennen und sich nicht scheuen, neben dem elenden Esel und armen König her zu laufen. Unter denselben sind die Apostel die ersten, die erkennen den HERRN Christus für den rechten Messias, der gerecht machen und ein Heiland gegen Sünde und Tod sein werde. Deshalb bringen sie hier dem HERRN Christus den Esel, das ist, sie weisen zu Christus die Juden, so bisher unter dem Gesetz gelebt und solche Last, wie ein Esel, getragen hatten. Danach mit dem Esel führen sie zu Christus auch das junge Füllen, die Heiden, so noch ungezähmt und unter keinem Gesetz gewesen waren. Denn Christus ist ein Heiland aller Menschen. Weshalb alle rechtschaffenen Prediger und Lehrer die Leute zu Christus leiten und führen sollen. Das ist der eine Gottesdienst, der diesem König gebührt, dass man ihn für einen Gerechten und Heiland erkennen, annehmen, rühmen und preisen und jedermann zu ihm weisen soll.

    Der andere Gottesdienst ist, dass man dem HERRN Christus auf dem Esel das Hosianna singen soll, das ist, nachdem man ihn erkannt und als einen Heiland angenommen hat, soll man auch ihm zu seinem Reich Glück und Heil wünschen und alles tun, was zur Mehrung und Förderung seines Reichs dient. Gott gebe es; sagen die Pharisäer und Hohenpriester dazu, was sie wollen. Denn „Hosianna“ heißt so viel auf Deutsch wie: HERR, hilf, HERR, gib Glück dem Sohn Davids. Eben wie wir im Vaterunser beten: Dein Reich komme. Denn der Teufel und seine Glieder werden es nicht unversucht lassen, wie sie dieses Reich hindern und das Wort entweder vertilgen oder fälschen können. Da gehört nun Beten und Wünschen zu, dass Gott solchen des Teufels Willen brechen und zurück wolle treiben.

    Das dritte ist, dass man nicht allein beten, sondern auch die Kleider ausziehen und dem HERRN Christus auf den Weg streuen soll, dass er doch ein wenig einen herrlichen und ehrlichen Einzug möge haben; welches geschieht, wenn wir das Predigtamt fördern nach unserem Vermögen, dass man helfe mit Geld und Gut, auf dass man feine, gelehrte, fromme Leute aufziehe, die der Kirche mit dem Wort und gutem Wandel vorangehen; dass man die, so im Amt sind, so halte, dass sie ihres Amts warten, dem Studieren obliegen und nicht um der Nahrung willen davon lassen oder mit andern Händeln müssen umgehen. Zusammenfassend: Wo man Geld und Gut dazu gebrauchen kann, dass die Kirchenämter wohl bestellt und die Leute mit rechten Vorstehern wohl versorgt werden, da breitet man dem HERRN Christus die Kleider unter, dass er desto ehrlicher möge einreiten.

    So soll man diesem König dienen und nach den Hohenpriestern und Pharisäern nichts fragen, welchen dieser Einzug und armes Gepränge sehr zuwider ist; ja, wollten’s gern wehren. Aber Christus will es ungewehrt haben. Denn weil er ein König ist, so muss er sein Hofvolk und Hofdienst haben. Und wohl denen, die ihm dienen; denn er ist ein solcher König, der uns wieder dienen will, nicht mit Geld und Gut, welches ein sehr geringer Dienst ist, sondern mit Gerechtigkeit gegen die Sünde und Hilfe gegen den Tod und ewige Verdammnis. Deshalb sollen wir zu seinem Dienst bereit und willig sein und uns an des Papsts, der Bischöfe und anderer Beispiele nicht ärgern, welche damit umgehen, dass sie nicht, wie die Apostel, den Esel zum HERRN Christus führen und ihn drauf setzen; sondern wollen selbst auf dem Esel reiten, die Leute mit Lehre und anderm regieren, wie sie wollen. Christus aber lassen sie zu Fuß gehen und können nicht leiden, dass er durch sein Evangelium einreite und sich sehen lasse.

    Diese falschen Lehrer haben auch ihre Schüler, die ihnen heucheln, Palmen und Ölzweige an den Weg streuen; aber zu dem armen Christus werden sie mit Steinen. Denn sie verfolgen ihn, sein Evangelium und alle, die es predigen. Solche werden an jenem Tag mit den Juden inne werden, dass sie den gerechten König und Heiland verachtet haben, und müssen deshalb Gottes Zorn in Ewigkeit tragen; dagegen die, so ihn angenommen, bekannt und ihre Armut zu seinen Ehren gewendet haben, durch ihn ewige Gerechtigkeit und ewiges Leben empfangen werden. Das verleihe uns allen unser lieber HERR und Heiland Jesus Christus. Amen.

 

 

 

Evangelienpredigt zum zweiten Sonntag im Advent ueber Lukas 21,25-36: Christi Wiederkunft zum Gericht und zu unserer Erloesung

 

Lukas 21,25-36: Und es werden Zeichen geschehen an der Sonne und Mond und Sternen; und auf Erden wird den Leuten bange sein und werden zagen; und das Meer und die Wasserwogen werden brausen. Und die Menschen werden verschmachten vor Furcht und vor Warten der Dinge, die kommen sollen auf Erden; denn auch der Himmel Kräfte werden sich bewegen. Und alsdann werden sie sehen des Menschen Sohn kommen in der Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit. Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, so seht auf und hebt eure Häupter auf, darum dass sich eure Erlösung nahet. Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht an den Feigenbaum und alle Bäume! Wenn sie jetzt ausschlagen, so seht ihr’s an ihnen und merkt, dass jetzt der Sommer nahe ist. Also auch ihr, wenn ihr dies alles seht angehen, so wisst, dass das Reich Gottes nahe ist. Wahrlich, ich sage euch, dies Geschlecht wird nicht vergehen, bis dass es alles geschehe. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht. Aber hütet euch, dass eure Herzen nicht beschwert werden mit Fressen und Saufen und mit Sorgen der Nahrung, und komme dieser Tag schnell über euch; denn wie ein Fallstrick wird er kommen über alle, die auf Erden wohnen. So seid nun wacker allezeit und betet, dass ihr würdig werden möget, zu entfliehen diesem allem, was geschehen soll, und zu stehen vor des Menschen Sohn.

 

    Diese Weise hat unser HERR Gott allewege gehalten, von Anfang der Welt her: Wenn er hat wollen etwas Neues machen, so hat er besondere große Zeichen lassen vorher gehen. Wie, da er Ägypten strafte und sein Volk heraus führen und sich ein besonderes Volk daraus machen wollte, da gingen allerlei herrliche Zechen, böse und gute. Denn die Frösche, Heuschrecken, Hagel, Geschwür und dergleichen taten den Ägyptern großen Schaden, bis zuletzt alle erste Geburt in einer Nacht erwürgt und das übrige Volk im Roten Meer ersäuft wurde. Bei den Juden aber waren dies gute Zeichen, dass er sie trocken durch das Rote Meer führte, ihre Feinde drin ersäufte, ihnen Himmelsbrot gab und dergleichen. Solche war ein Anzeichen, dass Gott etwas Neues mit diesem Volk anfangen und ein neues Regiment und Wesen stiften wollte. Dergleichen geschah auch, da er die ungläubigen, verstockten Juden strafen und ein neues Gnadenreich durchs Evangelium in aller Welt anrichten wollte. Denn da der HERR Jesus am Kreuz hing, taten sich die Gräber auf, die Toten stiegen heraus und gingen in die Stadt Jerusalem. Es kam eine große ungewöhnliche Finsternis, der Vorhang im Tempel zerriss. Solches alles war ein Anfang eines neuen Wesens und ein Untergang des alten, wie sich’s denn im Werk hat auch gefunden, dass das Judentum gefallen und Christus ein neues Reich hat angerichtet.

    Solches wussten die Juden wohl und hatten es aus eigener Erfahrung gelernt. Deshalb kommen hier die Apostel zum HERRN Christus und fragen ihn, was für Zeichen vor der Zerstörung Jerusalems und der Welt Ende kommen werden, ehe denn das ewige Reich Christi angehe?

    Von der Zerstörung Jerusalems an antwortet ihnen der HERR hier: Wenn sie sehen werden, dass sich ein Heer um Jerusalem her lagern werde, so sollen sie wissen, das Ende sei nicht weit; gibt ihnen deshalb diesen Rat: Sie sollen sich aus dem Land machen und auf das Gebirge fliehen; dann da werde keine Gnade sein, es müsse das Judentum verwüstet werden.

    So lehrt er sie vom Jüngsten Tag auch und spricht: Wenn ihr Zeichen werdet sehen an der Sonne, an Mond, an den Sternen, am Meer und Wassern, an den Menschen und am Himmel; wenn solches, sagt er, angeht (denn man sollte nicht so lange harren, bis man meinte, es sei nun alles aus, oder man habe dergleichen zuvor auch gesehen), alsdann seid wacker und lasst mit solchen Zeichen keinen Scherz sein; denn es sind gewisse Anzeichen, dass der Jüngste Tag jetzt vor der Tür sei.

    Hier ist nun die Frage, ob solche Zeichen alle vor dem Jüngsten Tag werden geschehen. Aber nach solchem darf man nicht fragen. Denn der HERR sagt: Wenn solches anfängt zu geschehen, so soll man drauf sehen. Deshalb glaube ich, dass etliche und vielleicht die meisten Zeichen hernach geschehen werden, eben wenn der Jüngste Tag jetzt herein wird brechen. Darum sollen wir uns an dem lassen genügen, dass der HERR lehrt, wo man solche Zeichen sehen und erwarten soll: nämlich an dem Himmel, Sonne, Mond und Sternen und an den Menschen und dem Meer. Wenn man nun etliche derselben sieht, so soll man sich auf diese Zukunft schicken und nicht warten, bis alle geschehen sind. Denn wir würden sonst übereilt werden.

    An der Sonne und [dem] Mond geschehen zweierlei Zeichen: Erstlich, dass sie ihren Schein verlieren. Solches, ob es wohl nicht seltsam und natürlich ist (denn man kann’s aus der Kunst eigentlich zuvor wissen, ehe es geschieht), so ist es dennoch ein Zeichen, wie es Christus selbst klar deutet in Matthäus. Aber neben diesem können an der Sonne auch solche Zeichen geschehen, die man nicht kann vorherwissen, sondern begeben sich plötzlich und fallen herein gegen alle Mathematik, wie die Finsternis zur Zeit, das Christus am Kreuz hat gehangen. Denn die Kunst hält so, dass die Finsternis an der Sonne muss geschehen im Anfang des Monds, wenn er neu wird. Wenn es aber geschieht im Vollmond, wie dazumal, oder auf einen andern Tag im Mond, so ist es nicht natürlich. Darum ist solche Finsternis ein besonders großes Wunderwerk gewesen. Ob wir nun dergleichen nicht haben gesehen, so kann es sich doch sehr bald zutragen.

    Und wir haben diese Jahre über viel andere wunderliche Dinge gesehen, welche alle ungewöhnlich und seltsam sind. Wie, dass ein Regenbogen um die Sonne gehen soll, dass die Sonne sich gleich teilen und viele Sonnen gesehen werden.[1] So ist es nicht unglaublich, dass dergleichen auch etwas dahinten sei, welches wir zuvor nicht gesehen haben. Darum haben wir allbereit Warnung an der Sonne genug, dass wir nicht sicher sind, sondern die selige Zukunft unsers HERRN Christus erwarten sollen.

    Die anderen Zeichen, die Christus hier meldet, sind das große Brausen der Wasser, dass es tobt, als wolle es alles untergehen. Denn gleichwie ein Mensch, wenn er natürlich sterben soll, erst krank wird, kriegt ein Fieber, Pest oder andere Krankheit; solches alles sind Zeichen, dass er davon soll: So wird die Welt auch gleich krank sein, dass Himmel, Sonne, Mond, Sterne, Menschen, Wasser und alles sich regen, krümmen und übel gehaben wird, ehe es gar zu Boden geht.

    Das Zeichen an den Menschen halte ich gänzlich, dass wir’s erlebet haben. Denn zu solchen hat der leidige Papst mit seiner Predigt sehr geholfen, dass die frommen Herzen hoch sind erschreckt gewesen, darum dass man gepredigt hat, wie eine große Todsünde es sei, nicht recht beichten, beten, fasten, Messe hören und dergleichen. In solchem Schrecken wusste niemand, wo aus? Denn der rechte Trost, die Vergebung der Sünden durch Christus, war verschwunden. Da ging es denn an ein Martern, jetzt mit diesen, jetzt mit andern Werken; dass ich glaube, solches sei der größte Jammer auf Erden gewesen. Wie ich ihrer denn viel selbst gesehen habe, die solches Herzeleid und Schrecken nicht konnten ertragen und in Verzweiflung fielen vor großer Furcht und Schrecken, dass sie sich nicht trauten, zu bestehen vor Gottes Gericht.

    Denn da trieben uns des Papsts Predigten mit Macht hin, dass wir uns vor Christus, dem Richter, sollten zu Tode fürchten. Ich bin auch einer gewesen, konnte mich zu Christus, als einem strengen Richter, nichts Gutes versehen, rief deshalb die Jungfrau Maria an, dass wir mir beistehen und gegen solchen Richter meine Rückhalterin wolle sein. Denn da wusste niemand es anders. Christus hatten wir verloren und mussten bekennen, dass wir böse Buben waren. Da konnte man anders nicht, als sich fürchten und vor dem Richter erschrecken. Deshalb achte ich, solches Zeichen sei zum größten Teil vorüber. Gleichwie ich’s dafür halte, der größte Teil der andern Zeichen am Himmel sei auch schon geschehen. Ob aber glich noch etliche mehr dahinten sind, so kann es doch alle Tage sich begeben, dass sie auch kommen. Wir sollen aber darum nicht unterlassen, uns gegen diesen Tag so zu schicken, wie der HERR unten lehren wird.

    Am Ende meldet der HERR noch von einem Schrecken und sagt: „Die Leute werden verschmachten vor Furcht und vor Warten der Dinge, die auf Erden kommen sollen.“ Hier redet er von einer andern Furcht, welches eine sehr große Furcht ist, und entsteht daher, dass die Menschen vor den Zeichen des Jüngsten Tages sich fürchten werden. Solches sind nicht gottlose, ungläubige Leute, sondern fromme und gottesfürchtige. Deshalb nehmen sie die Warnung mit den Zeichen an, welche die Gottlosen frei sicher verachten, darum dass sie sich bedünken lassen, solche Zeichen sind zuvor viel geschehen, und sei dennoch der Jüngste Tag außen geblieben. Lassen deshalb heute dieses, morgen ein anderes Zeichen und Warnung vorüber rauschen, und bleiben so fern wie voriges Jahr, und heute wie gestern, ohne alle Besserung, und kümmern sich gar nichts, wie es mit dem Jüngsten Tag gehen werde.

    Solche gottlosen, sicheren Leute lässt der HERR fahren. Denn weil sie die Zeichen und verachten können, so werden sie zumal nach dem Wort und der Predigt nichts fragen. Aber die Frommen, die solche Zeichen wahrnehmen und sich darob entsetzen, die lässt der HERR sich befohlen sein und tröstet sie auf das allerfreundlichste und sagt: Weil sie Christus bekennen, sein Wort lieben, nicht gern von demselben abfallen noch es verleugnen wollten; so sollen sie vor solchen Zeichen, ob sie gleich etwas schrecklich sind, sich nicht entsetzen noch erschrecken.

    Alsdann, spricht Christus, werden sie sehen des Menschen Sohn kommen in der Wolke, mit großer Kraft und Herrlichkeit. Das wird eine andere Pracht sein, als wenn Kaiser und König einziehen. Denn da wird die ganze Luft voll Engel und Heilige sein, die werden leuchten, heller als die Sonne, und der HERR Christus wird mitten unter ihnen schweben und mit seinen Heiligen das Urteil über die Verdammten sprechen, welche unten auf Erden bei dem Teufel stehen, zittern und beben werden.

    Wenn nun, spricht Christus, dieses anfängt zu geschehen, so seht auf und hebt eure Häupter auf, seid fröhlich und guter Dinge, denn es muss so zugehen. Soll die Welt zerbrechen, so muss sie zuvor krachen, sonst kann ein solch großes Gebäude nicht einfallen, es muss sich alles regen und bewegen. Eben wie ein Mensch, der jetzt sterben will, der windet und krümmt sich, verkehrt die Augen, krümmt den Mund, erblasst im Angesicht und wird gar ungestaltet. So wird die Welt auch tun.

    Aber ich sage euch: Erschreckt nicht davor, richtet euer Haupt auf, als die es von Herzen gern sehen. Denn merkt, eure Erlösung ist nahe. Eure, spricht er, die ihr glaubt; die andern, so nicht glauben, werden verdammt. Deshalb sollten sie sich wohl fürchten, aber sie tun’s nicht. Denn der HERR Jesus wird beides mitbringen: Denen, die gläubig und fromm sind gewesen, den Himmel; den andern aber die Hölle und die Verdammnis.

    Solches redet der HERR mit den Frommen. Die werden auch darüber erschrecken, wenn Sonne und Mond so die Augen verkehren und die Welt voll Feuer wird sein. Denn die Heiligen sind nicht so stark; es müsste auch St. Peter und St. Paul davor erschrecken, wenn sie lebten. Aber, spricht der HERR, seid getrost; es wird euch wohl jämmerlich und schrecklich ansehen, aber solches gilt euch nicht, es gilt dem Teufel und den Ungläubigen. Euch aber kommt die Seligkeit und die fröhliche Erlösung, da ihr so lange nach geseufzt habt und gebeten, dass mein Reich zu euch komme, euch eure Sünde vergeben und ihr von allem Übel sollt erlöst werden. Was ihr nun so lang mit ganzem Herzen gebeten habt, das soll da euch kommen. Denn es heißt ein Tag eurer Erlösung.

    Darum mag man den Jüngsten Tag wohl nennen einen Tag der Verdammnis und der Erlösung, einen Tag der Traurigkeit und der Freude, einen Tag der Hölle und des Himmelreichs. Wie der HERR Matth. 24,30 sagt: „Alsdann werden heulen alle Geschlechter der Erde.“ Da wollen wir, ob Gott will, nicht bei sein, sondern den Papst, die Rottengeister und bösen Adel, böse Bürger und Bauern da lassen, die jetzt allen Mutwillen treiben, das Evangelium verfolgen und allen Jammer und Unglück anrichten; dieselben werden da bezahlen müssen. Wir aber, die sich jetzt vor ihnen schmiegen müssen, weinen und bekümmert sind, werden dazumal lachen und sehen, dass sie mit dem Teufel in den Abgrund der Hölle müssen hinunter fahren.

    Deshalb, ob sich gleich die Kreatur verstellt, Sonne und Mond schwarz und finster und euch sauer ansehen werden, erschreckt darum nicht; kriecht nicht in die Winkel, wenn solches angeht, sondern richtet euer Haupt auf und lasst euch nicht anfechten; gedenkt, dass ihr mich so habt wollen haben. Denn so ich euch erretten soll, so muss ich zuvor die angreifen, die euch gefangen halten. Gleich, als wenn du in einem Schloss gefangen lägst, in einem Turm, und hörtest, wie man hinein schösse und stürmte, du würdest dich vor solchem Schießen und Stürmen gar nichts fürchten, sondern deshalb noch wohl froh sein, wenn du wüsstest, dass es um deinetwillen wäre angefangen, dich so ledig zu machen.

    So tut man hier auch; lasst’s euch nicht schrecken, dass die Welt so sich krümmen und winden wird; diese Rute gilt euch nicht, sondern denen, da ihr über geschrien habt. Deshalb, so nehmt solche Zukunft an, als eine Zukunft eurer Erlösung. Denn ich komme nicht darum, dass ich euch wolle in die Hölle werfen, sondern euch aus der schändlichen, kranken, siechen, heillosen Welt helfen, und euch scheiden von dem Teufel und seinen Knechten, und unter die Engel setzen, da ihr nicht leiden, sondern in ewiger Herrlichkeit leben sollt.

    Zu solchem Trost dient nun auch das schöne Gleichnis mit den Bäumen. Im Frühling, sprich er, wenn der Winter jetzt soll aufhören und die ganze Erde neu werden; wenn die Kälte weichen und die Wärme kommen, und die dürren Bäume ausschlagen und grünen sollen, da sag mir, wie fängt sich solches an? Ist’s nicht wahr, die Bäume knopfen zuerst, danach schlagen sie aus; so spricht denn jedermann, der Winter ist vorüber und geht nun der schöne Sommer daher.

    Dies Gleichnis lasst euren Doktor und die Bäume auf dem Feld euer Kunstbuch sein, dass ihr lernt, wie ihr den Jüngsten Tag erwarten sollt. Denn gleichwie der Sommer folgt, wenn die Bäume saftig werden und Blätter gewinnen; so wenn die Erde beben, der Himmel, zittern, Sonne und Mond betrübt und sauer sehen werden, so lasst euch ebenso wenig schrecken, wie euch die jungen Blättlein, so an den Bäumen ausschlagen, schrecken, wenn es jetzt will Sommer werden. Denn solle Zeichen sollen euch sein wie der Saft und Blättlein an den Bäumen, dass ihr den ewigen Sommern mit Freuden erwarten sollt.  Denn dies elende Leben auf Erden hier ist wie der schändliche, unfruchtbaren Winter, da es alles drin verdorrt und verdirbt. Mit demselben soll es alsdann ein Ende gewinnen, und der schöne ewige Sommer kommen, nämlich das Reich Gottes, durch welches des Teufels Teich soll zerstört werden, um welches willen ihr so viel auf Erden habt müssen leiden. Denn ihr lebt unter gottlosen, bösen, falschen, geizigen Leuten usw., die das Evangelium lästern und schänden, und alles Unglück begehren anzurichten. Das müsst ihr sehen und hören und täglich Ärgeres erwarten. Von solchem will ich euch durch meine Zukunft erlösen, dass ihr solchen Mutwillen nicht mehr sehen müsst.

    Deshalb gilt solch schreckliches Wesen nicht euch, sondern euren Feinden, den Gottlosen: Die lasst trauern und erschrecken. Ich aber freut euch, dass eure Erlösung nahe ist. Wie der fromme Lot zu seiner Zeit auch tat, der lebte mitten unter den schändlichen Leuten zu Sodom, die ihm alles Leid taten mit ihrem unzüchtigen Wandel, und quälten seine gerechte Seele von Tag zu Tag mit ihren ungerechten Werken, davon nicht zu sagen, die er sehen und hören musste, bis sie überreif wurden und Gott nicht länger konnte inne halten. Da kamen zwei Engel, die führten den frommen Lot zur Stadt hinaus. Da wird’s ohne Zweifel auch einen schrecklichen Anblick gegeben haben, dass der Himmel schwarz geworden, geblitzt und gedonnert hat, und die Wolken sich aufgetan, Schwefel und Feuere herab geregnet und alles versenkt hat. Dass nun Lot sich nicht darüber sollte entsetzt haben, ist nicht möglich. Aber da war das der Trost, dass er wusste, solcher schreckliche Anblick gälte nicht ihm, sondern den Sodomiten, die böse, verzweifelte Buben gewesen waren und sich nicht wollten bessern. Die mussten sich über solchen feurigen Regen nicht allein entsetzen, sondern auch darin verderben und in den Abgrund der Hölle fahren. Dem frommen Lot aber war es wie ein schöner Baum, der ausschlägt und jetzt beginnt zu grünen. Denn er spürte dabei Gottes Hilfe und gnädige Rettung gegen die Gottlosen.

    So wird uns, so wir’s erleben, am Jüngsten Tag auch geschehen. Schrecklich wird’s anzusehen sein, wenn Himmel und Erde so anheben zu feuern, und wir in einem Augenblick hinfahren und sterben. Aber ein Christ soll nicht dem Ansehen folgen, sondern hören, wie es Christus deutet, nämlich, dass es sei eine schöne Blüte, ein schönes, saftiges Zweiglein; auf dass, obgleich über dem greulichen, hässlichen Anblick sich die Vernunft entsetzt, dennoch das Herz am Wort hange und sich gegen das äußerliche Ansehen stärke und spreche: Ei, erschrick nicht, ist’s doch nichts Böses noch Schädliches; ja, es bedeutet, wie Christus selbst sagt, nicht Böses, sondern dass mein Erlöser und Erlösung nahe sei. So sei mir nun Gott willkommen, mein lieber HERR Christus, und komme, wie ich meine Lebtage oft gebeten und gewünscht habe, dass dien Reich zu mir kommen soll. Wer nun den HERRN Christus so empfangen kann, der ist ein einem Augenblick in der Herrlichkeit, dass er wie die schöne Sonne leuchten wird.

    Auf diese Weise lehrt unser lieber HERR Christus uns den Jüngsten Tag recht erkennen, dass wir wissen, was wir an ihm haben, und wozu wir auf seine Zukunft warten und hoffen sollen. Der Papst predigt von Christus, er sei ein strenger Richter, gegen den man sich mit Werken müsse schicken, ebenso, die Heiligen anrufen und ihre Fürbitte genießen, so man anders wolle nicht verdammt sein. Denn so hat man Christus im Papsttum allenthalben gemalt, wie er zu Gericht komme und ein Schwert und Rute im Munde führe, welches beides Zorn bedeutet. Weil aber Maria und Johannes ihm zur Seite stehen, hat man derselben und anderer Heiliger Fürbitte gesucht und darauf gehofft. Wie der gute Pater Bernhard sich auch die Gedanken macht: Wenn die Mutter Maria ihrem Sohn die Brüste zeige, so könne er ihr nichts versagen. Das ist je ein gewisses Anzeichen, dass man kein Vertrauen zu Christus gehabt, sondern geglaubt hat, Christus komme als ein Richter. Aber in diesem Evangelium lehrt er uns anders, nämlich, dass er wolle kommen, nicht dass er uns richten und verdammen, sondern erlösen und helfen wolle, und erfüllen, was wir ihn gebeten haben, und sein Reich zu uns bringen. Denen aber, so an ihn nicht geglaubt, seine Christen auf Erden gehöhnt und geplagt haben, derselben Richter will er sein und sie strafen. Solches, spricht er, glaubt fest und zweifelt nicht daran, und freut euch auf meine Zukunft; denn sie soll euch zum Besten geraten, dass ihr von Sünden, Teufel, Tod und Welt erlöst und durch mich ewig selig werdet. Das heißt ja herrlich und reichlich getröstet.

    [Aber da ist noch ein Stück, über welchem die blöden Gewissen sich hart entsetzen. Denn der HERR sagt, der Jüngste Tag werde unversehens hereinfallen, dass den Leben eben geschehen soll, wie ein Waldvöglein, welches des Morgens daher fliegt, ist hungrig und sucht seine Nahrung, hofft, es wolle dieselbe finden, wie bisher, findet’s auch, setzt sich auf den Herd nieder, ist fröhlich und guter Dinge; in einem Schnips aber, ehe es gewahr wird, fällt das Garn über ihm zu, es wird gefangen und gewürgt. Solches nehmen die frommen, gottesfürchtigen Menschen zu Herzen, und weil sie befinden aus täglicher Erfahrung, wie bald es geschehen ist, dass man zu Fall kommt, werden sie traurig und verzagt darüber. Denn sie denken: Wer weiß, wie dich dieser Tag finden wird. Vielleicht wird er zu der Stunde kommen, wenn du am ungeschicktesten bist und auf ihn am wenigsten wartest, oder in dieser oder andern Sünde liegst; so ist’s denn mit dir geschehen, und wird aus diesem Freudentag ein ewiger Trauertag.

    Hier will der HERR uns auch nicht trostlos lassen und lehrt seine Christen, wie sie dieser Sorge abhelfen sollen und spricht: „Hütet euch, dass eure Herzen nicht beschwert werden mit Fressen und Saufen und mit Sorgen der Nahrung und komme dieser Tag schnell über euch. Denn wie ein Fallstrick wird er kommen über alle, die auf Erden wohnen. So seid nun wacker allezeit und betet, dass ihr würdig werden mögt, zu entfliehen diesem allein, das geschehen soll, und zu stehen vor des Menschen Sohn.“

    Das ist nun eine sehr edle und nötige Lehre, die uns nimmermehr sollte aus unserm Herzen kommen. Es verbietet der HERR Essen und Trinken nicht; so heißt er auch nicht, wie der Papst, dass man alles liegen und stehen soll lassen, in ein Kloster gehen und geistlich werden. Nein, esst und trinkt, das gönnt euch Gott wohl; trachtet auch nach eurer Nahrung, denn darum hat Gott die Arbeit befohlen. Aber davor hütet euch, dass eure Herzen mit solchem allen nicht dermaßen beschwert werden, dass ihr meine Zukunft dabei vergesst; sondern seid wacker, das ist, wartet alle Stunden und Augenblicke und haltet euch deshalb in Gottesfurcht und gutem Gewissen. Das lasst das erste sein.

    Danach, so betet auch, dass ihr aller Anfechtung und Jammere entfliehen und vor des Menschen Sohn zu stehen mögt würdig werden. Wie denn solches im Vaterunser in den letzten zwei Bitten fein begriffen ist: Führe und nicht in Versuchung, sondern erlöse uns vom dem Übel. Wenn ihr solches tut, so soll es nicht Not haben, es finde euch alsdann der Jüngste Tag über Tisch oder im Bett, in der Kirche oder auf dem Markt, wachend oder schlafend, so gilt es alles gleich. Denn er findet euch in Gottes Schutz.

    Aber hier muss man auch dieses merken, dass man Gott nicht recht anrufen noch beten kann, wo man von wissentlichen Sünden nicht abstehen und sich nicht bessern will. Deshalb gehört zum rechten Gebet eine rechtschaffene Buße, und dass man sich vor mutwilligen Sünden hüte und sich in gutem Gewissen halte, und alsdann auf Gottes Güte im Namen Jesu Christi bitte, dass er in seiner Furcht uns erhalten, durch seinen Heiligen Geist vor Sünden bewahren und in einem rechten Glauben bis ans Ende erhalten wolle, auf dass wir diesen seligen Tag mit Freuden erwarten und unsern HERRN Jesus als unsern Erlöser mit herzlicher Zuversicht annehmen mögen. Solches Gebet wird durch Christus erhört, da ist kein Zweifel dran. Deshalb sollen wir solchem Rat und Lehre folgen und uns auf diesen gnädigen Tag der ewigen Erlösung recht schicken.] Das verleihe uns allen unser HERR und Erlöser Jesus Christus. Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum dritten Sonntag im Advent ueber Matthaeus 11,2-10: Christi Botschaft an Johannes den Taeufer und uns

 

Matthäus 11,2-10: Da aber Johannes im Gefängnis die Werke Christi hörte, sandte er seiner Jünger zwei. und ließ ihm sagen: Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir eines andern warten? Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr seht und hört: Die Blinden sehen, und die Lahmen gehen; die Aussätzigen werden rein, und die Tauben hören; die Toten stehen auf, und den Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig ist, der sich nicht an mir ärgert. Da die hingingen, fing Jesus an zu reden zu dem Volk von Johannes: Was seid ihr hinausgegangen in die Wüste zu sehen? Wolltet ihr ein Rohr sehen, das der Wind hin und her webt? Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Wolltet ihr einen Menschen in weichen Kleidern sehen? Siehe, die da weiche Kleider tragen, sind in der Könige Häusern. Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Wolltet ihr einen Propheten sehen? Ja, ich sage euch, der auch mehr ist denn ein Prophet. Denn dieser ist’s, von dem geschrieben steht: Siehe, ich sende meinen Engel vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll.

 

    In diesem Evangelium sind zwei Stücke: Das erste, wie Johannes seine Jünger aus dem Gefängnis zu Christus sendet, dass sie ihn hören und seine Wunderwerke sehen und ihn als den rechten Messias oder Christus annehmen sollen. Und dient uns dazu, dass wir unsers lieben HERRN Christus Wort auch gern hören und für den höchsten Schatz achten sollen, als an dem all unsere Seligkeit gelegen ist. Das andere Stück ist eine Predigt, damit unser lieber HERR Christus nicht allein den heiligen Johannes trefflich hoch rühmt und lobt, dass er ein Ausbund sei vor allen andern Predigern, da er sein Amt so fleißig ausführt, dass er dazumal, da er im Kerker und Gefängnis war und selbst nicht predigen konnte, dennoch seine Jünger zu Christus sendet; sondern er schilt auch die Juden ihres Unglaubens wegen, dass sie solchen Prediger so gering achten und nach seiner Predigt so gar nicht fragen. Solches dient uns dazu, dass wir vor solcher Unart uns hüten, Gottes Wort nicht verachten, sondern es gern hören und uns darum bessern sollen.

    Das erste nun, dass wir das Wort Christi fleißig hören sollen, ist dabei angezeigt, dass Johannes, da er schon im Gefängnis lag, alsbald er von den Wunderwerken Christi hört, seine Jünger zu ihm sendet, mit einem solchen Befehl, dass sie ihn fragen sollten: Ob er der sei, der da kommen sollte, von welchem Mose und alle anderen Propheten so viel geweissagt hätten und hernach im Neuen Testament so viel gepredigt sollte werden? Das ist, ob er der verheißene Christus sei, von dem geschrieben stünde, dass der Juden Reich und Mose Lehre sollte bestehen bis auf seine Zukunft; danach sollte Moses Lehre und Gottesdienst aufhören und eine neue Lehre und neuer Gottesdienst angerichtet werden, nicht allein unter den Juden, sondern auch unter den Heiden in der ganzen Welt.

    Wie denn solches war laut er und klar zuvor geweissagt. Darum, weil es bald, nachdem Johannes gefangen worden war, angegangen, und der HERR Christus vom ewigen Leben und dem Reich Gottes jetzt predigte und Wunderwerke tat, wollte Johannes seine Jünger zu ihm weisen; schickt sie deshalb hin zu Christus, dass sie mit ihren Augen die Wunderwerke sehen und mit ihren Ohren die Predigt hören sollten, da so lange Zeit zuvor die Propheten geweissagt hatten, dass sie Christus auf Erden bringen und sich so offenbaren würde.

    Deshalb ist solches Schicken anders nichts, als sagte Johannes so: Ich weiß es zwar wohl, dass er der rechte Christus ist, aber die Leute glauben’s nicht. Deshalb geht ihr jetzt zu ihm und hörts von ihm selbst, auf dass ihr euch von mir und dem ganzen Judentum wegtut und hängt diesem Mann an, an welchen es alles gelegen ist, was euer und der ganzen Welt Seligkeit betrifft. Das ist das Ziel der Botschaft zu Christus, dass seine Jünger ihn selbst sehen und hören, mit ihm in Kundschaft kommen und so an ihn glauben und selig sollen werden.

    Nun, was sagt aber Christus zu solcher Botschaft? Er sagt weder Ja noch Nein, da sie ihn fragten, ob er’s sei; sondern antwortet bloß mit den Werken und spricht: Ihr seht’s, hört’s imd greoft’s, dass ich’s bin. Denn eben wie Jesaja und andere Propheten haben geweissagt, dass Christus die Lahmen gehend, die Blinden sehend werde machen usw., so seht ihr jetzt vor euren Augen, braucht weiter keinen Unterricht noch Antwort, wenn ihr euch nur sonst wollt recht drein schicken.

    Das ist nun eine schöne, herrliche und tröstliche Predigt, die alles sehr fein fasst, was man von Christus predigen kann, nämlich was er für ein König sei und für ein Reich habe, nämlich ein solches Reich, da Blinde, Lahme, Aussätzige, Taube, tote Leute und besonders die armen Sünder, und alles, was elend, bedürftig und nichts ist, hineingehören, und die Trost und Hilfe finden. Diese Predigt von Christus und seinem Reich sollten wir mit Fleiß merken und immerdar unter uns klingen lassen, dass Christus ein solches Reich habe und ein solcher König sei, der den elenden, armen Leuten an Leib und Seele helfen wolle, da sonst unmöglich ist, dass alle Welt mit all ihrem Vermögen könnte helfen. Denn da ist nie so ein trefflicher Doktor gekommen, der einen Blinden hätte können sehen, einen Aussätzigen rein machen usw. Gleichwie auch nie ein Prediger gewesen ist, der den Armen hätte können das Evangelium predigen, das ist, die betrübten, elenden und geängsteten Gewissen auf sich weisen und trösten, und die erschrockenen Herzen, die in Schwermut und Kümmernis ersoffen sind, fröhlich und guter Dinge machen.

    Mose ist der höchste Prediger, aber die Kunst kann er nicht, dass er arme Sünder sollte trösten, ja, das Gegenteil tut er; denn alle seine Predigten lauten so: Du sollst und musst das Gesetz halten oder verdammt sein. Da hebt sich denn ein Jammer an: Die ihre Sünde fühlen und sie gern los wären, lassen es sich sauer werden, leben nach dem Gesetz, können aber nicht zufrieden sein noch ein fröhliches Herz und Gewissen dadurch erlangen. Wie denn die Heiligen im Alten Testament klagen, so Moses Regiment überdrüssig sind und ein herzliches Sehnen nach dem Reich der Gnade, in Christus verheißen, haben. Wie Ps. 14,7: „Ah, dass aus Zion die Hilfe über Israel käme, und der HERR sein gefangenes Volk erlöste.“ Und Ps. 102,14: „Du wolltest dich aufmachen und über Israel dich erbarmen, denn es ist Zeit, dass du ihr gnädig seist“ usw. Wiederum die Heuchler meinen, wenn sie äußerlich das Gesetz halten, so bräuchten sie kein Evangelium noch Christus, denken, es habe keine Not, Gott müsse sie wohl ihres Fastens, Betens, Almosengebens wegen in den Himmel nehmen. Das sind die sicheren, sattsamen Geister, die unseren HERRN Gott und seiner Gnade nicht bedürfen.

    Nun ist’s wohl wahr, Moses Predigt muss man haben und die Leute zu solcher äußerlichen Zucht und gutem Wandel ermahnen; eben wie man im Weltregiment Henker und Büttel darum haben muss, den wilden rohen Haufen zu strafen, so solche äußerliche Zucht nicht hält, sondern hurt, stiehlt, geizt, wuchert usw. Aber wenn das Stündlein kommt, dass du sterben sollst, sage mir, was hilft dir solche Moseslehre, wenn du dich gleich danach gehalten hast? Ist’s nicht wahr, du musst bekennen und sagen: Lieber HERR Gott, ob ich gleich kein Ehebrecher, Dieb noch Mörder bin gewesen, so begehre ich doch, du wollst mir gnädig und barmherzig sein, ich muss sonst auch bei allen meinen guten Werken verzweifeln.

    [Davon liest man eine Geschichte im ‚Leben der Väter‘: Einer stand drei Tage an einer Stätte, hob immer auf die Augen gen Himmel, seufzte und klagte. Als ihn aber seine Jünger fragten, was ihm anläge? antwortete er: Ich fürchte vor dem Tod. Da fingen seine Jünger an und erzählten, wie ein strenges Leben er geführt und so fleißig nach Gottes Geboten sich gehalten hätte, meinten, sie wollten ihn dadurch trösten. Aber er sprach: Ich sage euch, dass ich mich sehr fürchte; ich wohl, wie ihr sagt, mich fleißig nach Gottes Wort gehalten, dennoch kann ich solche Furcht nicht los sein; denn ich weiß, dass Gottes Gerichte anders sind als der Menschen Gerichte. Dieser ist so weit gekommen, dass er gesehen hat, wenn die Züge kommen, die vor Gottes Gericht so scharf, ernst und schwer sind, dass unsere Heiligkeit und guten Werke den Stich nicht halten, noch wir damit bestehen können.

    Deshalb, ob man das Gesetz gleich predigen und sich in guten Werken ohne Unterlass üben und nach dem Wort Gottes sich allzeit richten soll; doch wenn’s dahin kommt, dass man sterben soll, so muss man sagen, wie dieser Vater: Ach Gott, wer hilft jetzt? Dieser ist der Elenden auch einer, da hier von steht, aber er weiß nicht, woran er sich halten soll. Denn dies mangelt ihm, da der HERR hiervon sagt: „Den Armen wird das Evangelium gepredigt.“ Er sieht und hat nicht mehr als das Gesetz; und lässt ihn im bösen Gewissen, Angst und Not stecken, kann nicht trösten.]

    Das Evangelium aber ist eine solche Predigt von Christus, die zu dem Sünder sagt: Mein Sohn, sei getrost du fröhlich, erschrecke nicht; denn du sollst wissen, dass Christus befohlen hat, den Armen, das ist, den elenden, betrübten Herzen, Gnade anzusagen, dass er seine Reinigkeit, die göttlich und ewig ist, für dich setzen, dich mir Gott zufrieden machen, deine Sünde abwaschen und vergeben wolle. Diese Gnade heißt er dir durch sein Wort anbieten; darum zweifle nicht, wie du hörst; glaubst du es nun, so wird es dir widerfahren.

    So heißt nun Evangelium eine gnadenreiche, selige Lehre und tröstliche Botschaft; als, wenn ein reicher Mann einem armen Bettler tausend Gulden zusagt, das wäre ihm ein Evangelium, eine fröhliche Botschaft, die er gern hören und von Herzen fröhlich darüber würde. Aber was ist Geld und Gut gegen diese tröstliche und gnadenreiche Predigt, dass Christus der Elenden sich annimmt und ein solcher König ist, der den armen Sündern, so unter dem Gesetz gefangen sind, zum ewigen Leben und Gerechtigkeit helfen will!

    Das, sagt Christus, ist mein Reich, ein weit anderes Reich als das Weltreich ist. Da geht’s so zu, dass man dem Stärksten hilft, und wie das Sprichwort lautet: Wer den andern übermag, der steckt ihn in einen Sack. Das regiert nach der Schärfe mit dem Schwert, schlägt und haut allenthalben um sich, kann und soll auch keine Untugend und Laster leiden. Da muss es Henker, Ruten, Schwert, Wasser, Feuer zu haben, auf dass es allenthalben strafen könne.

    Aber hier im Reich Christi ist’s gar anders, das hat nicht zu schaffen mit starken, heiligen Leuten, sondern mit schwachen, armen Sündern, wie Christus spricht: „Die Blinden sehen, die Toten stehen auf“ usw. Nun, Tote auferwecken ist ein großes Wunderwerk; aber dies Wunderwerk ist viel größer und herrlicher und hat doch das Ansehen nicht, nämlich: Dass Gott so die Welt liebt, dass er ihr seinen Sohn gibt, den er von Ewigkeit dazu geordnet hat, dass er ein König sei der Sünder, denselben das Evangelium predige. Von solchem König und Evangelium predigt Mose und das Gesetz nicht. Da heißt’s so: Wer ein Sünder ist, gehört in des Teufels und des Todes Reich. Das lautet, als sei unser HERR Gott ein König der Heiligen und Frommen, die eine viel höhere Frömmigkeit haben als das weltliche Regiment fordert. Und ist auch wahr. Denn Moses Reich ist auch unsers HERRN Gottes Reich, und die Predigt, so er führt, ist Gottes Wort. Eben wie auch das weltliche Reigment Gottes Reich genannt mag werden. Denn er will haben, dass es bleiben und wir uns in demselben gehorsam halten sollen. Es ist aber nur das Reich der linken Hand, da er Vater, Mutter, Kaiser, König, Richter, Henker hinsetzt und ihnen das Regiment befiehlt.

    Sein Reich aber, da er selbst ist und regiert, ist dies, da den Armen das Evangelium gepredigt wird, in welchem du lernst, wenn es dahin kommt, dass deine Frömmigkeit nimmer helfen kann, dass du sprichst: HERR, ich habe getan, was ich gekonnt habe, meinem Vater, meinem Herrn treu gedient, niemand geschändet, nicht widergemurrt, mein Haus, Kind und Gesinde treu unterrichtet und, soviel möglich, wohl regiert, meinem Nächsten nicht zu Schaden gelebt, nicht gestohlen, nicht die Ehe gebrochen usw.: Aber wo nun aus? Denn solches hilft mir vor deinem Gericht nicht, auch fördert mich’s zu deinem Reich nicht. Doch, lieber HERR, ich will darum nicht verzagen noch verzweifeln; denn ich habe einmal in deinem Evangelium gehört, dass dein Sohn, mein lieber HERR Jesus Christus, sechserlei Wunderzeichen getan habe. Unter denselben wird auch dieses gedacht, dass den Armen das Evangelium gepredigt werde, das ist, dass er von dir, himmlischer Vater, dazu geordnet sei, dass er die erschrockenen Herzen trösten soll. Solcher Predigt will ich mich auch annehmen; denn sie gehört mir, weil ich so arm und elend bin, und je keine Hilfe weder in mir noch in der ganzen Welt sonst finden kann.

    [So weissagt der Prophet Jesaja von Christus im 50. Kapitel, V. 4, da er, der HERR Christus, selbst spricht: „Der HERR hat mir eine gelehrte Zunge gegeben“, das ist, Gott hat sein Wort auf meine Zunge gelegt, „dass ich wisse mit den Müden zu rechter Zeit zu reden“, das ist, die verzagten Gewissen recht trösten. Das legt hier der Evangelist aus und sagt: Christus predigt den Armen das Evangelium. Denn darum und dazu ist er zum König gesetzt, dass er evangelisieren, das ist, die armen, verzagten, betrübten Herzen trösten und stärken soll; daher sein Reich auch heißt und ist ein Trostreich und Hilfereich, in welchem man die Verzagten nicht mehr erschrecken oder in Angst stecken lassen, sondern sie trösten und fröhlich machen soll. Solches aber geschieht nicht durch des Gesetzes Predigt, sondern allein durchs Evangelium. Das ist die fröhliche gute Botschaft, dass durch Christus für unsere Sünde bezahlt und durch sein Leiden wir vom ewigen Tod erlöst seien. Diese Predigt gehört für die Armen, spricht der HERR, da will ich hin; denn zu den großen Heiligen kann ich nicht kommen, die keine Sünder sein wollen und das Evangelium nicht bedürfen, ja, verfolgen und schelten‘s Ketzerei, sagen, man verbiete gute Werke, man predige gegen Mose und das Gesetz.]

    Darum so spricht der HERR weiter: „Selig ist, der sich an mir nicht ärgert.“ Ja freilich selig. Denn an diesem König und seiner Predigt, deren jedermann sich billig freuen sollte, ärgert sich die Welt. Wie wir in der Geschichte des Evangeliums sehen, dass die Pharisäer, Schriftgelehrten, Hohenpriester, Priester, Leviten und alles, was nur hoch und groß ist, Christus für einen Verführer und seine Predigt für Ketzerei halten und verdammen. Er kann ihnen nirgends recht predigen, es dünkt sie immerdar, er kehre es um und mache es unrecht: Er wolle die Frommen und Gerechten (wie er denn tut) in die Hölle stoßen und in seinem Reich nicht leiden; die Sünder aber in den Himmel heben. Eben wie die Papisten mit uns heute tun. Heißt das, sagen sie, recht predigen, dass man die guten Werke so gar nichts will gelten lassen, und den bösen Buben den Himmel so aufsperren? Diese Nachrede hat unser lieber HERR Christus unter den Juden auch müssen leiden.

    Aber hier steht’s: „Selig ist, der sich an mir nicht ärgert.“ Nun, hörtest du Christus recht, nähmest du sein Wort an und kommst in sein Reich, so würdest du erfahren, dass das Evangelium gute Werke nicht verbietet, wie die Papisten auf uns lügen; sondern die Christen lehrt und ermahnt, gute Werke zu tun, dass sie sich mit Ernst darum annehmen, dass sie gegen Gottes Wort und Gewissen nichts vornehmen; lässt weltliche Obrigkeit bleiben, Kaiser, König, lässt den Henker Schwert, Rute und anderes gebrauchen, was zur Zucht gehört. Warum ärgerst du dich denn an dem heiligen Evangelium und lästerst es, dass man nichts Gutes tun soll? Gute Werke verwirft noch verbietet das Evangelium nicht. Das aber verbietet es, wenn wir jetzt sterben und in ein anderes Leben fahren sollen, und dagegen kein Rat noch Hilfe ist, dass wir alsdann auf unser Leben und gute Werke trauen sollten; sondern wir sollen uns nach dem HERRN Christus umsehen und mit festem Vertrauen auf sein Werk und Verdienst uns verlassen, dass wir durch ihn Gnade und ewige Seligkeit in jenem Leben finden sollen.

    Denn eben darum hat uns Gott einen solchen Leib, mit so mancherlei nützlichen Gliedmaßen, gegeben, dass wir hier auf Erden nicht müßig sein, sondern mit den Füßen gehen, mit den Händen zugreifen, mit dem Mund reden, mit den Augen sehen sollen usw. Über das hat er auch sein Wort, die Zehn Gebote, gegeben, dass wir unsere Werke alle danach richten, wider seine Ehre und unsers Nächsten Nutz nichts handeln sollen. Solches lässt das Evangelium nicht geschehen, sondern heißt auch, wir sollen‘s nur fleißig tun. Wenn aber der Mensch jetzt bloß und allein ist und aus dieser Welt vor Gottes Gericht kommen soll, da heißt dich das Evangelium nach einem andern Trost umsehen, da du deine Hoffnung und Herz auf stellen und gründen kannst.

    Darum hast du wohl gelebt: Ist recht und gut, danke Gott darum; aber verlasse dich im Sterben nicht darauf, als sollte Gott dir dafür den Himmel geben; sondern halte dich hierher zu diesem König, unserm HERRN Christus Jesus, der, wie der Evangelist meldet, das Amt soll führen, dass er die Blinden sehend, die Lahmen gehend, die Aussätzigen rein, die Tauben hörend machen, die Toten auferwecken und den armen das Evangelium predigen, das ist, die elenden, geängstigten, betrübten Herzen trösten soll. Denn er ist von seinem Vater nicht dazu gesetzt, dass er uns um unserer Sünde willen henken oder radbrechen soll, sondern dass er den armen Gewissen raten, sie aufrichten, trösten und ihnen ewig helfen soll.

     Die nun ihn dafür nicht ansehen, noch sich solcher Gnade zu ihm versehen, sondern sich an ihm und seiner Lehre ärgern und ihn verachten, wie die Juden taten und die Heuchler noch heute tun, denen wird er zu seiner Zeit wohl steuern.  Und ist eben das der Ärgernisse eins, dass die Welt sich an der Lehre Christi ärgert, dass sie sich nicht will auf Gottes Gnade, sondern auf ihr eigenes Werk und Verdienst verlassen. Schilt deshalb das heilige Evangelium, es sei eine verführerische Lehre, die gute Werke verbiete, die Leute ruchlos und wild mache.

    Zum andern ärgert sich die Welt auch in dem an Christus, dass er so gar arm und elend ist; ebenso, dass gleichwie er das Kreuz trägt und sich daran hängen lässt: So ermahnt er auch seine Christen, ihr Kreuz auf sich zu nehmen und ihm so durch allerlei Anfechtung und Trübsal nachzufolgen. Solchem ist die Welt zumal feind, scheuen sich davor und eben, wie man sieht, wenn wir das Evangelium bekennen und um desselben willen etwas wagen oder leiden sollen, dass viele mit Haufen dahin fallen, wie das wurmstichige Obst im Sommer.

    Zum dritten heißt das auch ein Ärgernis, wenn wir uns mehr an unser Herz und Gewissen kehren, wie wir uns fühlen, als an das Evangelium von Christus; das ist, wenn uns unser Tun und Lassen mehr anficht und bekümmert als die Gnade unsers lieben HERRN Jesus Christus, im Evangelium verkündigt, uns tröstet. Solches Ärgernis ist nicht so allgemein wie die ersten zwei; denn die rechten Christen allein werden damit angefochten. Aber es tut über die Maßen weh; und wo es ohne des Heiligen Geistes Hilfe und Beistand wäre, würde unser keiner in solchem Ärgernis bestehen können.

    So ist der liebe HERR Christus allenthalben in der Welt ein ärgerlicher Prediger; wie er bald nach diesem Evangelium noch klarer meldet, dass die Leute an diese Predigt sich stoßen und sie verachten werden und verfolgen. Was aber die Welt für ein Urteil darum müsse ausstehen, zeigt die schreckliche Predigt an gegen die drei Städte, Kapernaum, Chorazin und Bethsaida; ebenso die ernste Klage Christi gegen die Juden, da er spricht: Johannes ist ein strenger Prediger gewesen, aß nur wilden Honig und Heuschrecken, trank nichts als Wasser, führte dazu ein sehr hartes Leben, aber was half’s`? Ihr gabt ihm gleichwohl Schuld, er hätte den Teufel. Ich, spricht er, esse und trinke mit jedermann und halte mich auf das allerfreundlichste zu den Leuten; so muss ich euch ein Fresser und Weinsäufer sein, der sich zu Zöllnern und Sündern halte. Kann also niemand mit den giftigen Schlagen, den Heuchlern und Werkheiligen, auskommen. Lebt einer frei und tut sich freundlich zu den Leuten, so taugt’s nicht. Führt ein anderer ein strenges und hartes Leben, so taugt’s ebenso nicht. Wie soll man’s denn der schändlichen Welt noch machen? Das möchte ihr gefallen, wenn man alles lobt, was sie tut, so sie doch nichts Rechtes tut.

    Solche Ärgernisse muss man leiden. Denn so es dazumal, da der HERR Christus selbst gepredigt und mit Wunderzeichen geregnet und geschneit hat, dass die Blinden sehend, die Tauben hörend, die Lahmen gehend, die Aussätzigen rein, die Toten wieder lebendig sind geworden, nicht hat helfen wollen; sondern das Wort ist gleichwohl verachtet, und er, der liebe HERR Christus, drüber an das Kreuz geschlagen, und die Apostel aus dem jüdischen Land verjagt worden sind und nirgends in der ganzen Welt um dieser Predigt willen sicher haben sein können: Was wollen wir denn sehr darüber klagen? Und was Wunder ist’s, dass die Welt das heilige Evangelium und rechtschaffene Prediger zu unserer Zeit so verachtet und mit Füßen überhin läuft? Ist’s doch dort Christus, unserm HERRN, selbst und den Aposteln nicht anders gegangen, welche nicht allein das Wort führten, sondern auch treffliche große Wunderzeichen taten, dergleichen wir nicht tun, sondern allein das bloße, ärgerliche Wort führen.

    Deshalb müssen wir uns daran gewöhnen und es geschehen lassen. Denn dem Evangelium geht’s nie mehr anders. Es ist und bleibt eine Predigt, daran sich stoßen nicht geringe Leute, sondern die heiligsten, frömmsten, weisesten, gewaltigsten auf Erden, wie die Erfahrung mitbringt. Wohl aber denen, die wissen und glauben, dass es Gottes Wort ist; die sind genesen, getröstet und gestärkt gegen alle solche Ärgernisse. Die es aber nicht wissen, glasen sich auf um ihrer guten Werke willen, fallen von diesem Wort auf eigene Gerechtigkeit und halten es für eine ärgerliche und aufrührerische Lehre. Das heißt denn angestoßen und sich geärgert. Und solches tun, wie gesagt, die, so von der Welt für die größten Heiligen und klügsten Leute gehalten werden. Deshalb mögen wir mit dem HERRN Christus wohl über die blinde Welt klagen und sagen: „Wir haben euch gepfiffen, und ihr wolltet nicht tanzen; wir haben euch geklagt, und ihr wolltet nicht weinen.“ Predigen wir das Evangelium, so hilft’s nicht; predigen wir das Gesetz, so hilft’s ebenfalls nicht. Man kann die arge Welt weder recht fröhlich noch recht traurig machen, das ist, sie will sich weder zu Sündern machen noch gegen die Sünde trösten lassen; sie will weder blind noch sehend sein, wie das Beispiel mit unsern Widersachern, den Papisten, vor Augen ist.

    [Das ist das andere Stück, das hier wohl zu merken ist: Dass das Evangelium eine Lehre und Predigt sei für die Armen, das ist, für die betrübten, geängsteten Gewissen, die ihr Elend und Jammer fühlen, und sie vor Gottes Zorn und Gericht entsetzen und erschrecken; nicht für die Reichen, die all ihr Tun und Gedanken dahin richten, dass sie hier große Ehre und Gut mögen haben und in Freude und Wollust leben. Darum ist’s ihnen in ihren Ohren eine seltsame, wunderliche Predigt, wenn Christus, der HERR, spricht: „Den Armen wird das Evangelium gepredigt“, welches sie nicht begehren zu wissen noch zu lernen, ja, halten’s für eine Narrheit; ärgern sich nicht allein daran, sondern verfolgen’s und lästern’s als Ketzerei. Wie wir denn sehen am Papst und seinen geistlosen Kardinälen, Bischöfen usw., auch am größten Teil der größten und mächtigsten weltlichen Herrschaften und Potentaten, die ihm anhangen. Dass so alles, was fromm, heilig, groß und gewaltig in der Welt ist, sich gegen das Evangelium setzt.

    Vor solchem Ärgernis, wie gesagt, warnt Christus sein Häuflein und spricht: „Selig ist, der sich an mir nicht ärgert.“ Als sollte er sagen: Wenn ihr nun seht und erfahrt, dass die Welt sich an meinem Wort ärgern und euch, die ihr’s bekennt, darüber verfolgen wird, so lasst’s euch nicht irren noch anfechten, sondern gedenkt: Ist’s doch Christus, Gottes Sohn, unserm HERRN, selbst so gegangen. Und ob er wohl so gewaltig predigte und so viele herrliche große Wunderzeichen tat, hat’s ihm dennoch nichts geholfen. Und dass wir ja daran denken, nicht uns der Welt Weisheit, Herrlichkeit, Gewalt und große Menge ließen bewegen, hat er uns treu gewarnt und ermahnt, an ihm und seinem Wort festzuhalten, da er spricht: „Selig ist, der sich nicht an mir ärgert.“

    Weil es denn unserm lieben HERRN Christus Jesus selbst begegnet ist, dass sich sein eigenes Volk, dem er verheißen und gesandt zum Heiland war, an ihm geärgert hat, und ob sie wohl seine herrlichen, großen Wunderzeichen sahen, die er vor ihren Augen tat, sich dennoch durch dieselben nicht haben lassen bewegen, seiner Predigt zu glauben und ihn anzunehmen, ja, haben ihn gekreuzigt und ermordet usw.: So mögen wir wohl schweigen und nicht klagen, wenn wir um des Evangeliums willen verachtet, verlacht und verfolgt werden. Solche Lehre vom Ärgernis ist hoch vonnöten, besonders zu unsern Zeiten, da jedermann das liebe Evangelium lästert und sich daran ärgert.

    So hat eure Liebe aus dem heutigen Evangelium treffliche hohe Lehre, an welcher unsere Seligkeit und das ewige Leben gelegen ist, nämlich, dass wir lernen, wie Christus ein König der Gnaden und alles Trostes sei, der den armen, betrübten Gewissen durch sein Evangelium freundlich zusprechen, und sie in Sünden trösten und ihnen zum ewigen Leben helfen wolle. Denn obwohl das strenge weltliche Regiment auch Gottes Reich ist, so ist’s doch nur sein linkes Reich, das aufhören soll. Dies aber ist sein recht und ewig Reich, das zu uns kommt durchs Wort, wenn wir, so der Sünde und des Todes Last drückt (denn solchen wird’s gepredigt), dasselbe annehmen und glauben. Das tröstet und versichert uns denn, dass wir gewiss auf Christus dahin fahren sollen und mit gewisser Zuversicht sagen: Ich glaube an meinen HERRN Jesus Christus, der die Blinden sehend, die Lahmen gehend, die Aussätzigen rein, die Tauben hörend und die Toten lebendig gemacht. Das Wort habe ich, und bin deshalb gewiss, dass er mich in meinen höchsten Nöten nicht stecken lassen, sondern mich aus dem Tod und des Teufels Reich in das ewige Leben und Himmelreich führen wird. Denn darum ist er Mensch geworden und zu mir auf Erden gekommen, dass er mich armen, elenden Sünder durch sein Evangelium trösten und mir von Sünde und Tod in Ewigkeit helfen wolle usw. Alle nun, die solches von Herzen glauben, die fahren dahin aus diesem Jammertal in die ewige Freude und Seligkeit.] Das verleihe uns unser lieber HERR Christus, Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum vierten Sonntag im Advent ueber Johannes 1,19-28: Das Zeugnis Johannes des Taeufers

 

Johannes 1,19-28: Und dies ist das Zeugnis des Johannes, da die Juden sandten von Jerusalem Priester und Leviten, dass sie ihn fragten: Wer bist du? Und er bekannte und leugnete nicht; und er bekannte: Ich bin nicht Christus. Und sie fragten ihn: Was denn? Bist du Elia? Er sprach: Ich bin’s nicht. Bist du ein Prophet? Und er antwortete: Nein. Da sprachen sie zu ihm: Was bist du denn? dass wir Antwort geben denen, die uns gesandt haben. Was sagst du von dir selbst? Er sprach: Ich bin eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Richtet den Weg des HERRN! wie der Prophet Jesaja gesagt hat. Und die gesandt waren, die waren von den Pharisäern und fragten ihn und sprachen zu ihm: Warum taufst du denn, so du nicht Christus bist noch Elia noch ein Prophet? Johannes antwortete ihnen und sprach: Ich taufe mit Wasser; aber er ist mitten unter euch getreten, den ihr nicht kennt. Der der nach mir kommen wird, welcher vor mir gewesen ist, des ich nicht wert bin, dass ich seine Schuhriemen auflöse. Dies geschah zu Bethabara, jenseits des Jordans, da Johannes taufte.

 

    1. Dies ist auch der schönen, herrlichen Evangelien eins von dem höchsten Artikel unsers Glaubens, da man nicht lehrt von den Zehn Geboten oder war wir tun sollen; sondern von einer höheren Sache, nämlich, was Christus sei und was er getan habe. Denn Johannes rühmt ihn so hoch, dass, ob er gleich ein sehr heiliges Leben führt, [er] dennoch frei bekennt und sagt: „Ich bin nicht wert, dass ich ihm seine Schuhriemen auflöse.“ Ist deshalb fast die Meinung mit dem Evangelium vor acht Tagen, außer dass hier andere Worte und Personen sind.

    2. Denn vor acht Tagen hat eure Liebe gehört, wie die ganze Macht daran liege, dass man dieser Person, Christus Jesus, nicht fehle, sondern ihn annehme, nicht vorübergehe noch auf andere gaffe. Denn wer ihn trifft, der findet Erlösung von Sünden, Tod und Hölle. Denn so hat’s Gott beschlossen, dass in Christus alle Fülle wohnen und er alles gar sein soll. Er ist der Weg und die Wahrheit und das Leben. Durch ich allein sind alle Patriarchen, Propheten, Apostel und Heilige selig geworden, von Anfang der Welt her. Solches weiß Johannes, weist deshalb seine Jünger zu ihm, dass sie solchen Schatz nicht versäumen.

    3. Nun aber, wenn wir uns danach nicht richten, ist daran der Mangel, dass wir uns nach Gottes Wort nicht halten, sondern es aus der Acht lassen und mancherlei Weise und Wege vornehmen, in den Himmel zu kommen. Einer läuft in ein Kloster, wie im Papsttum zu sehen, wird ein Mönch; der andere fastet; der dritte sucht diese oder jenes andern Heiligen Fürbitte; dass also jedermann eine besondere Weise sucht und einen eigenen Weg, um in den Himmel zu kommen. Solchem Unrat und schädlichem Vornehmen zu wehren, hat Gott ernstlich seinem Volk sein Wort gegeben und getröstet, er wolle ihnen helfen durch des Weibes Samen, das ist, durch seinen Sohn Jesus Christus. Wer den gefehlt hat, der hat die Seligkeit verfehlt, ob er sich gleich zu Tode gefastet und zum Narren gebetet hätte. Wiederum, wer ihn mit Glauben hat angenommen und sich auf ihn verlassen, der hat Vergebung der Sünden und ewige Seligkeit gefunden und hat ihn weder Sünde noch Teufel daran hindern können.

    4. Diesem Weg sind alle heiligen Patriarchen und Propheten gefolgt und sind durch den Glauben an Christus selig geworden. Denn so jemand durch heiliges Leben sollte zum Himmel gekommen sein, sollten’s billig die lieben heiligen Propheten gewesen sein, so um Gottes willen in der bösen, argen Welt über die Maßen viel getan und erlitten haben. Aber sie verzagen alle an ihrer Heiligkeit und hängen sich mit festem Vertrauen an den verheißenen, gebenedeiten Samen, der der Schlangen Kopf zertreten soll.

    5. Der größte Teil der Juden aber zu Christi Zeiten wollte diesen Weg nicht befolgen, dachte: Was sollte dieser Zimmerknecht können? Wir müssen uns nach dem Gesetz halten, fasten, opfern, Almosen geben; das wird der beste und nächste Weg zum Himmel sein; dieser Bettler kann nicht helfen. Denn Christus ist ganz und gar armselig und elend gewesen, dass, wer an die Wunderzeichen und seine Predigt sich nicht gehalten, der hat sonst nichts on ihm gefunden, das ein Ansehen hätte.

    6. Auf dass nun die Juden nicht ihn ließen vorübergehen und sein nicht gewahr würden, ordnete es Gott, der barmherzige Vater so, dass der liebe Johannes, wie ein Trompeter vor dem Fürsten, vor dem HERRN Christus herziehen und die Posaune sein sollte. Wenn sie nun die hörten, dass sie alsdann die Augen auftäten und sähen auf den, der nun bald auf dem Fuß ihm folgen sollte, der würde der rechte Mann sein.

    7. Darum, da die Juden hier eine Delegation zu ihm abfertigen und fragen ihn: Ob er Christus, Elia oder ein Prophet sei? antwortet er: „Ich bin’s nicht.“ Als sie aber anhalten: „Was bist du denn? Was sagst du von dir selbst?“ da antwortet er: Ich will’s euch sagen: „Ich bin eine rufende stimme in der Wüste: Bereitet den Weg des HERRN“; das ist, ich bin der Trompeter vor dem Fürsten her. Darum hört fleißig meiner Predigt zu; denn er wird bald nach mir kommen, der vor mir war, und euch mit dem Heiligen Geist taufen, da ich als ein Diener nur mit Wasser kann taufen. Er ist mitten unter euch getreten; aber ihr kennt ihn nicht.

    8. Darum ist dies mein Amt, dazu ich gesandt bin, dass ich eine rufende Stimme oder ein Prediger in der Wüste sein soll, auf dass, wenn ihr den Schall meiner Posaune hört, dass ihr wisst, er sei da. Denn ich bin die rufende Stimme und der Prediger, darauf ihr sollt hören. Der Nächste nun, der nach mir kommt, der ist’s, wie Jesaja auch weissagt im 40. Kapitel, V. 3: Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem HERRN den Weg, macht auf dem Gefilde eine ebene Bahn unserm HERRN.“ Dieser, sagt Johannes, bin ich, der euch solches soll ansagen. Darum seht darauf, er ist bereits unter euch, aber ihr kennt ihn nicht; Ich aber soll’s euch lehren, dass ihr ihn kennt und annehmt. Denn der nächste Prediger, der nach mir wird aufstehen, der ist’s gewiss; ich bin nur der Vorbote. Solches Amt führe ich jetzt und predige. Er predigt noch nicht; aber bald nach mir wird er sich hören lassen: So schaut nun, dass ihr ihn nicht verfehlt und ja wohl Acht auf ihn habt.

    9. Wie Johannes gepredigt hat, so ist’s gegangen. Denn flugs nach seiner Taufe hat Christus sich mit Wunderzeichen in Galiläa lassen sehen, hat zwölf Apostel und sonst 72 Jünger ausgesandt und sie predigen heißen: Das Himmelreich sei herbei gekommen, das ist, Christus sei vorhanden und sei eben der, von dem er zeuge; n denselben hängt euch und nehmt ihn an, so könnt ihr nicht fehlen. Nach mir wird er kommen, aber er war vor mir. Denn Johannes ist ein halbes Jahr älter gewesen als Christus der HERR, dennoch sagt er: Er war vor mir. Solches war vor den Juden ein lästerliches Wort gewesen, wenn sie es dazumal verstanden hätten; wie man sieht Joh. 8,58, da er spricht: „Ehe denn Abraham war, bin ich.“ Denn es ist so viel gesagt, dass dieser Mensch, ehe er auf Erden geboren, in Ewigkeit wahrer Gottes Sohn gewesen sei. Solches haben die Juden damals nicht verstanden. Aber Johannes hat’s gewiss mit diesen Worten so gemeint und die göttliche Herrlichkeit der Person rühmen wollen; wie er auch damit genug zu verstehen gibt, da er spricht: „Ich bin nicht wert, dass ich seine Schuhriemen auflöse.“

    10. Da sollten die Juden ihm zugefallen und gedacht haben: Was wird doch das für ein Mann sein, was für eine Person, vor der sich Johannes so tief demütigt und sagt: Er sei nicht wert, dass er ihm im Geringsten dienen soll? Lieber Johannes, sollst du es nicht wert sein? Ja, ich, ich, spricht er, bin’s nicht wert; ich sei sonst wer ich wolle, so bin ich doch gegen diesen Mann nichts. Wirft also alle seine Heiligkeit von sich und sagt: Er wollte sich an dem genügen lassen, wenn er diesen Mann nur so fern genießen könnte, dass er ihm die Schuhe wischen sollte.

    11. Auf dass nun die Juden nicht dächten, er demütige sich gar zu viel, da er die Taufe angerichtet und ein besonderer Prediger war, unterrichtet er sie fein wegen solcher Taufe und spricht: Ich habe eben die Zeichen bei mir, wie die andern Propheten. Jeremia trug ein hölzernes Joch; Jesaja ging barfuß und nackend, da er den Ägyptern und Mohren weissagt, wie sie sollten von Feinden geplündert und ausgezogen werden, Jes. 20. So, spricht Johannes, führte ich auch eine neue Predigt und neue Zeichen, ich predige: Ihr sollt dem HERRN den Weg bereiten. Solches dürfte ich nicht predigen, wenn der Weg zuvor bereitet wäre. Danach wasche und taufe ich euch, zum Zeichen, dass ihr unrein und unflätig seid. Solches Baden hebe ich an, aber er wird euch ein anderes und besseres Bad zurichten und euch mit dem Heiligen Geist taufen.

    12. So ist’s nun alles zumal dahin gerichtet, dass sie diesen Mann nicht sollen lassen vorübergehen, sondern an des Johannes Predigt denken. Siehe, Johannes hat uns gesagt von einem, der nach ihm werde auftreten; der wird’s gewiss sein, der mit Predigen und Zeichen sich jetzt so gewaltig sehen lässt.

    13. Aber was geschah? Johannes hörten sie wohl; aber sie glaubten seinem Zeugnis nicht, ja, richteten sie beide hin, Christus und seinen Vorläufer, hieben Johannes den Kopf ab und kreuzigten Christus, davon Johannes so treu gepredigt und jedermann ihn anzunehmen ermahnt hatte. Solche Frommen sind sie je und je gewesen, die nicht allein der Propheten Predigt verachtet, sie verfolgt und drüber tot geschlagen, sondern hernach auch Christus den HERRN selbst, den sie verkündigten, gekreuzigt haben.

    14. Heute geht’s ebenso zu; denn Christus muss doch gekreuzigt werden, nicht allein in eigener Person, sondern auch in seinen Gliedern. Wir wollten gern jedermann auf den rechten Weg der Seligkeit mit Johannes weisen, sagen: Es sei außerhalb Christi keine Vergebung der Sünde noch ewiges Leben. Aber was geschieht? Je greulicher wir die Leute von eigenen Werken, als von einem falschen Grund, auf den rechten Felsen Christus weisen, je heftiger unser Gegenteil uns verketzert und verdammt. Denn solches stimmt mit ihrer Lehre nicht überein, wie jedermann weiß. Sie weisen in die Klöster, lesen Messe, halten Seelmessen und Vigilien, stiften Gottesdienste, laufen Wallfahrten, kaufen Ablass usw. Das heißt aber nicht auf Christus gewiesen, sondern neben Christus andere Wege, in den Himmel zu kommen, suchen. Dagegen reden wir und ermahnen die Leute, sich an des Johannes Zeugnis zu halten, der auf Christus weist. Das ist dem Papst und seinem Haufen unleidlich, verdammen uns darüber als Ketzer, und wo sie können, würden sie freilich an ihrem Willen es nicht mangeln lassen, uns eben so zu lohnen und zu danken, wie die Juden dem heiligen Johannes.

    15. Warum aber sind sie uns so feind und können uns so gar nicht leiden? Um keiner andern Ursache willen, als dass wir mit Johannes predigen, sie sollen sich demütigen vor Christus und sich mit all ihrem Gottesdienst und guten Werken nicht wert achten, dass sie ihm die Schuhe auswischen. Denn das müssen sie je selbst bekennen, Johannes sei viel heiliger gewesen als sie; dennoch spricht er: Ich will solche Heiligkeit nicht ansehen, könnte ich nur zu der Gnade kommen, dass ich ihm seine Schuhe sollte abziehen oder wischen, da sollte mir dran genügen. Solche Demut wollten wir gern durchs Evangelium bei jedermann anrichten, ermahnen deshalb, unserm Amt nach, jedermann, er soll sich vor Sünden hüten und fromm sein, doch auf solche Frömmigkeit keinen Trost vor Gott setzen; sondern soll, wie Johannes, seine guten Werke und ehrbares Leben als einen Schuhlumpen achten gegen die hohe, reine, vollkommene und große Gerechtigkeit, die unser lieber HERR Christus durch sein Leiden und Sterben uns verdient hat.

    16. Aber Papst und Bischöfe, Mönche und Pfaffen wollen nicht hernach. Ursache, sie wollen und können das Vertrauen auf ihre und der verstorbenen Heiligen Verdienst nicht fallen lassen. Darum begehren sie nicht teilhaftig zu sein unsers HERRN Christus Wohltat und Verdienst, will schweigen, dass sie sich damit trösten sollten, wie gottesfürchtige Herzen, so ihre Sünde fühlen und vor Gottes Zorn und Gericht erschrecken, tun; ja, schreien noch dazu, als wahnsinnige Leute, die nie gedacht, viel weniger gefühlt haben, was Sünde und Tod sei: Der Mensch werde nicht allein durch den Glauben gerecht, die Werke tun auch etwas dabei. Wollen also die Gerechtigkeit Christi nicht lassen ihren Schatz sein, wie Johannes, der alle seine Heiligkeit von sich wirft, will sie nicht so viel lassen gelten wie einen Lumpen, da man unreine Schuhe mit auswischt; das, wie gesagt, will der Papst mit seinem Haufen nicht eingehen, heben ihre Werke so hoch, dass sie sich des ewigen Lebens wert achten. Darum können sie in keinem Wege leiden, dass man ihre Gottesdienste und Heiligkeit alten Lumpen soll vergleichen; ja, sie lassen sich dünken, Christus müsse es froh werden, wenn sie sich darin üben, ihm zu Ehren und Dienst.

    17. Darum soll sich niemand daran ärgern, dass die Papisten zu unserer Zeit das Evangelium verachten und verfolgen. Es ist Johannes, Christus und den Aposteln zu ihrer Zeit selbst so begegnet, dass ihre Lehre nicht allein verachtet ist worden, sondern sie allzumal drüber verfolgt und jämmerlich dahin gerichtet sind usw. Nun, die Juden haben ihre Strafe empfangen, unsere Verächter und Lästerer werden ihrer Strafe auch nicht entgehen.

    18. Dagegen lasst uns Gott danken für seine Gnade, dass wir das reine Wort wieder haben; und aufs erste vornehmlich auf Johannes Wort Acht haben, da er spricht: „Bereitet den Weg dem HERRN“; ebenso: „Er ist mitten unter euch getreten“ usw.; und bald hernach: „Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.“ Da sagt er nichts von unsern Werken, Verdiensten usw., sondern weist uns stracks zu auf Christus, in dem wir’s alles finden und haben.

    19. Danach sollen wir auch das Beispiel seiner Demut mit Fleiß merken, dass er heilige Mann, welcher, wie Christus zeugt, seinesgleichen unter allen, so von Frauen geboren sind, nicht hat (so werden ihm freilich alle Mönche und Pfaffen, die je unter dem Papsttum gewesen, mit aller ihrer Heiligkeit das Wasser nicht reichen können), sich so tief herunterlässt und demütigt, dass er sagt: Er sei mit aller seiner Heiligkeit und guten Werken nicht wert, dass er sich vor dem HERRN Christus bücke und seine Schuhriemen auflöse. Das lass ein Beispiel der Demut in Johannes sein, dass wir dieses nicht allein wohl beachten, sondern auch ihm nachfolgen sollten.

    20. Gute Werke sollen wir tun und dieser uns aufs höchste befleißigen, denn Gott hat’s geheißen und befohlen in den Zehn Geboten; die hat er je nicht vergebens vom Himmel herab gegeben. Es ist sein Wort, darum will er’s gehalten haben. Deshalb befleißige sich nur jedermann nach dem Besten, dass er danach lebe und so sich gehorsam und dankbar gegen Gott erzeige, der uns seinen lieben Sohn geschenkt hat, welcher sich um unsertwillen erniedrigt hat und gehorsam geworden ist bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz, daran er für aller Welt Sünde genug getan hat. Auf des Mannes Gehorsam und Werk verlasse dich und baue fest darauf und wirf ihm alles, was du je Gutes getan hast, vor seine Füße und bekenne nur von Herzen mit Johannes, es sei nicht wert, dass du Christus die Schuhe damit wischst.

    21. Vor den Menschen ist’s wohl ein feines, sauberes, schönes Tuch, Kleinod und Tugend, dass du kein Ehebrecher, kein Dieb, kein Mörder bist, dass du Almosen gibst, in deinem Amt fleißig bist usw.; das mag und soll man in der Welt bei den Menschen rühmen und für Samt, seidene und goldene Stücke halten. Aber wenn’s vor unsern HERRN Gott und sein Gericht kommt, so sprich: Vor dir, HERR, ist mein bester Samt und goldenes Stück ärger als ein Haderlumpen. Deshalb richte mich nicht nach meinen Werken, will sie gern deine alten Lumpen sein lassen, und wollte Gott, dass ich’s nur möchte wert sein, ich wollte mich gern daran genügen lassen.

    22. So tut der heilige Paulus auch, Phil. 3,5-7: „Ich“, spricht er, „bin ein Israeliter, nach dem Gesetz ein Pharisäer und nach der Gerechtigkeit im Gesetz unsträflich“, dass mich kein Mensch kann strafen. Das lasse etwas Besonderes sein, wenn sich vor den Leuten jemand so rühmen kann. „Dennoch achte ich“, spricht er, „alle diese Heiligkeit nun, um Christi willen, für Schaden und Dreck“, und ist meine höchste Freude und bester Trost, dass ich soll erfunden werden, nicht in meiner Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz ist; sondern in der Gerechtigkeit, die durch den Glauben an Christus kommt, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird. Dass ich nun solche Gerechtigkeit meines HERRN genießen könne, achte ich alle meine Gerechtigkeit für Dreck. Hier macht’s Paulus noch gröber als Johannes; der beschneidet es doch, heißt seine guten Werke einen Schuhlumpen; Paulus aber heißts Kot und Dreck. Das ist ja unflätig genug von unserm heiligen Leben geredet.

    23. Wir sollen aber solche Exempel uns besonders lassen befohlen sein, wohl merken und ernstlich uns befleißigen, dass wir vor der Welt in aller Zucht und Ehrbarkeit leben, dass die Leute nichts über uns zu klagen haben. Solches gehört in dieses Leben, hier auf Erden, und hört auch hier auf, wie man sieht: Einen frommen Mann verscharrt man ebenso wohl wie einen Schalk; eine fromme Frau ebenso wohl wie eine Hure. Wenn’s aber zu jenem und dem ewigen Leben kommen soll, so lerne sprechen: Ich halte mich an meinen HERRN Christus und an seine Heiligkeit, die er in der Taufe, im Wort und Sakrament mit verheißt und schenkt; dabei will ich mich lassen finden, wie ein armes Würmlein usw. Auf dass man so einen Unterschied mache zwischen unserm zeitlichen Leben und Heiligkeit und dem ewigen Leben der Heiligkeit, die vor Gott gilt.

    24. Die Heiden haben auch sich in seiner Zucht und Ehrbarkeit gehalten und viel um des Vaterlandes willen getan und gelitten; darum sie auch billig zu rühmen sind. Aber hier, wenn der Tod kommt, da scheidet sich’s; da bleibt all unser Tun und Leiden dahinten, denn dadurch erlangen wir nicht Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit usw. Wo sollen wir aber alsdann die Gerechtigkeit und Heiligkeit nehmen, die vor Gott und im ewigen Leben gelten? Da heißt’s so, dass wir mit Johannes uns demütigen und sagen: HERR, hier kommt ein armes Lümplein, ein altes, zerrissenes, garstiges Häderlein, oder wie Paulus sagt, ein stinkender Dreck. Vor der Welt mag’s wohl Bisam, Samt und ein goldenes Stück sein; aber vor dir, HERR, lasse mich einen alten Lumpen sein, da ich deinem Sohn die Schuhe mit wische, und schenke mit seine Gerechtigkeit, der samt seiner Gerechtigkeit mein edelster und teuerster Schatz ist. Denn ich weiß, dass ich durch ihn und seine Gerechtigkeit ins Himmelreich komme; da ich durch meine Heiligkeit müsste in den Abgrund der Hölle fahren.

    25. Daraus folgt, dass wir frei rund müssen schließen, dass Mönche, Pfaffen, Klöster und was dergleichen mag genannt werden, alles zum Teufel und in die Hölle gehöre. Denn sie sehen mit ihren guten Werken nicht dahin, dass sie Gott den schuldigen Gehorsam leisten und niemand ärgerlich seien; sondern dass sie damit dort gedenken selig zu werden. Darum verkaufen sie auch ihre guten Werke andern Leuten. Das heißt aber Christus gar verleugnen, ja, sein spotten und ihn so verachten, wie die Juden sein spotteten und ihn verachteten. Vor solchem Greuel sollen wir uns hüten und hier lernen, wie wir solchen Verführern begegnen können, dass wir zu ihnen sagen: Du armer Mensch, unterstehst du dich, mich mit deinen dreckigen Werken und Heiligkeit selig zu machen? Haben’s doch Johannes, Paulus, Petrus und andere Heiligen nicht tun können; sonst würden sie selbst nicht so gering von ihrer Heiligkeit gehalten und gepredigt haben. Wenn man die Klöster noch gebrauchte für Erziehungsanstalten, dass man junge Knaben darin aufzöge und in der Schrift studieren ließe, so wäre es ein sehr feiner, köstlicher und nützlicher Brauch. Aber dazu will es der Papst und sein gottloser Haufen nicht kommen lassen; sondern sie weisen jedermann mit solchem Klosterleben in den Himmel. Sie werden aber gewiss einen solchen Himmel damit finden, da die Flamme und das Feuer zum Fenster herausschlägt. Darum wäre es viel besser, dass man solche Klöster zu Grunde umkehrte, als dass die Leute so von Christus abgewiesen und an Seele und Leib beschädigt werden.

    26. So lerne nun zusammenfassend aus dem heutigen Evangelium, dass wir unter und bei den Leuten sollen züchtig und ehrbar leben, in guten Werken fleißig und emsig sein und niemand ärgerlich sein. Solchen Gehorsam fordert Gott durch sein Gesetz und will ihn von uns haben; und wo wir ihn nicht leisten, will er mit dem Henker, mit dem Schwert und zuletzt auch mit dem höllischen Feuer drein schlagen. Solches zu tun, sage ich, sind wir schuldig aus Gottes Befehl gegen die Leute. Aber wenn du vor Gott kommst, so spricht: HERR, meiner Heiligkeit und Werke haben bin ich verloren. Begehre deshalb, dass ich möge ein alter Lumpen sein, zu den Füßen meines HERRN Christus. Denn ich meines Lebens halben anderes nicht wert bin, als dass er mich in die Hölle werfe. Aber ich begehre seine Heiligkeit, dass er mich heiligen wolle mit einer andern, bessern und ewigen Heiligkeit; so komme ich gewiss in das ewige Leben.

    [27. Solches wollen weder Papst noch Bischöfe hören; denn sie sehen wohl, was daraus folgen würde, nämlich dass Stufte und Klöster, Messe und all ihr falscher Gottesdienst nicht lange stehen würden; darum halten sie so steif darüber: Der mehr ums Bauchs willen, der andere und geringere Teil darum, dass sie dadurch hoffen, selig zu werden. Solches tut Johannes nicht, Paulus auch nicht, die wollen ihre Gerechtigkeit und Heiligkeit nicht behalten. So sollen auch alle Christen tun, mit Paulus sagen: Meine Heiligkeit ist ein stinkender Unflat und Dreck; und mit Johannes: Meine Heiligkeit ist ein Lumpen, wenn ich sie gegen die Heiligkeit und Werke Christi will rechnen. Aber die Papisten wollen weder Kot noch Lumpen in ihren Messen, Gelübden, Fasten, Beten sein, schlagen uns darüber tot, dass wir’s nicht mit ihnen halten und die Leute auf einen andern und bessern Weg weisen. Wohlan, es ist ein Otterngezücht, da nimmermehr etwas Gutes aus wachsen kann, sie werden es finden, was sie suchen. Lasst aber uns ja sehen auf den Mund und Finger des Johannes, da er uns mit zeugt und weist, auf dass wir unsern HERRN und Seligmacher, Jesus Christus, nicht übersehen und seiner nicht verfehlen, da er so fleißig und treu uns leitet und weist, dass wir selig werden.

    28. Dies ist die wichtigste Lehre aus dem heutigen Evangelium, da Johannes so fleißig von sich zu dem HERRN Christus weist, sich so hoch demütigt und Christus so empor hebt und rühmt. Das andere Stück, dass die Pharisäer und Hohenpriester zu Johannes schicken, und ihm das Taufen und Predigen sich unterstehen niederzulegen und zu verbieten, weil er selbst sagt: Er sei weder Christus noch Elia noch ein Prophet; ebenso, dass er einen Unterschied macht zwischen seiner Taufe, damit er tauft, wie ein Knecht, und der Taufe Christi, der selbst der HERR ist und den Geist allein geben kann: Solche zwei Stücke sind für den gemeinen Mann etwas zu hoch; außer dass man dennoch dies daraus lernen und merken soll, wie die Welt, und besonders, was in der Welt weise und hoch ist, Gottes Wort feind ist, und wollten sie gern dämpfen und unterdrücken, wie die Hohenpriester und Pharisäer hier tun. Aber Johannes hat einen rechten Eliageist und -kraft, dass ist, ein unerschrockenes Herz, lässt sich weder Predigen noch Taufen verbieten, bis ihn Herodes bei dem Kopf nimmt und in den Turm wirft und ihm endlich den Kopf abhauen lässt. Das leidet er um Gottes willen gern und geduldig, der Hoffnung, dass er durch seinen HERRN und Erlöser Christus einen gnädigen Gott und das ewige Leben haben werde.] Das verleihe uns unser lieber HERR Gott und Vater durch seinen Sohn Jesus Christus, Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum Heiligen Abend (heiligen Christtag) ueber Lukas 2,1-15: Die Geburt Jesu Christi durch Maria

 

Lukas 2,1-15: Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot vom Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein. jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auch auf Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Haus und Geschlecht Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seiner vertrauten Frau, die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. und siehe des HERRN Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des HERRN leuchtete um sie, und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der HERR, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!

 

    1. Dies Fest von der Geburt unsers lieben HERRN Jesus Christus ist vornehmlich um der Ursache willen unter den Christen eingesetzt, dass man die Geschichte predigen und wohl lernen soll, dass sie bei dem jungen Volk und gemeinen Mann im Gedächtnis bleibe, dass sie es wohl in das Herz bilden und ihren Erlöser recht lernen erkennen. Denn ob man es jährlich sagt, so lässt es sich doch nicht gar auspredigen noch auslernen. Wo0llen deshalb das Evangelium in zwei Stücke teilen. Erstens die Geschichte erzählen aufs Einfältigste, wie sie ergangen; danach hören, was die lieben Engel davon predigen und singen.

    2. Das erste Stück in der Geschichte ist dies: Dass Christus geboren ist eben zu der Zeit, da unter dem Kaiser Augustus zum ersten Mal die Juden und ihr Vermögen geschätzt sind worden. Da hat unser lieber HERR Jesus Christus zu regieren, wiewohl heimlich, in der Welt angefangen, und muss ihm der große Kaiser Augustus samt seinem Reich dienen, wiewohl unwissend, und die Ursache mit seinem Gebot dazu geben, dass die Jungfrau Maria samt ihrem vertrauten Mann Joseph nach Bethlehem reisen, und wie die Propheten zuvor geweissagt hatten, den Heiland der Welt daselbst an das Licht bringen. Sonst, wo solches durchs Kaisers Gebot nicht so verursacht wäre, würden Joseph und Maria wohl daheim geblieben sein. Aber Christus wollte zu Bethlehem geboren werden, darum muss der Kaiser dazu Ursache geben und so dem HERRN Christus zu seiner Geburt dienen; wiewohl weder der Kaiser noch die Welt etwas davon wussten. Denn sonst ist die Welt wohl so böse und untreu, dass sie es lieber gehindert als gefördert hätte. Aber Gott führt sein Regiment so, dass sie unwissend zuweilen tun muss, da man sie wissend nicht mehr hin könnte bringen.

    3. Als sie nun, dem Kaiser Gehorsam zu leisten, aus Galiläa nach Bethlehem im Judäa gekommen sind, sagt der Evangelist, sei die Zeit vorhanden gewesen, dass die Jungfrau Maria gebären sollte. Da ist doch gar all Ding ungerüstet und ungeschickt. Siehe, die zwei Eheleutlein sind in einem fremden Land, in einer fremden Stadt, da sie weder Haus noch Hof haben, und ob sie schon, wie es kaum gefehlt hat, Verwandte da haben, so haben doch dieselben sie für nichts geachtet. Über das alles war die Stadt dazumal so voll, dass, wie der Evangelist sagt, sie keinen Raum hatten in der Herberge, müssen deshalb in den Kuhstall und sich da wie die armen Leutlein behelfen. Da wird weder Bettstelle, leinernes Bettuch, Polster, Kissen noch Federdecke gewesen sein; ein Bund Stroh hat da müssen das Beste tun,dass sie bei dem lieben Vieh sich ein Ruhestättlein gemacht haben. Daselbst im harten Winter bei Nacht wird die edle, gebenedeite Frucht, das Kindlein Jesus, geboren.

    4. Die ist kurz die Geschichte, welche ohne Zweifel der Evangelist so eigentlich uns hat wollen vormalen, die wir sonst so kalt sind, ob er doch ein wenig unsere Herzen erwärmen könnte, weil unser Heiland so elend auf diese Welt geboren ist. Bethlehem wäre wohl wert gewesen, dass es dazumal in den Abgrund der Hölle versunken wäre, da es nicht so viel Ehre seinem Heiland bewiesen, dass sie ihm irgendein Mültern zur Wiege oder einen Bankpfühl für ein Kissen leiht. Seine Wiege ist erstlich der lieben Mutter Schoß, danach die krippe oder Kuhbarn. So wiegt man das Kindlein ein. Die arme Kindbetterin, will sie sich nicht erkälten, so mag sie sich mit ihrem Mäntelein und andern geringen Gerätlein, die sie mitgehabt, decken; denn hier ist niemand, der Kind oder Mutter etwas leihen, ihnen dienen oder mit dem Geringsten helfen wollte.

    5. Warum malt doch der Evangelist diese Geburt so arm und elend? Darum, dass du daran denken und nimmermehr vergessen sollst, und dir’s auch lässt zu Herzen gehen, und besonders, weil du hier hörst, es sei dir zu gut geschehen, dass du darüber fröhlich und Gott auch dankbar seist. Es ist eben eine weite Reise von Nazareth aus Galiläa nach Bethlehem, ja, so weit wie aus Sachsen nach Franken [Rastatt nach Freiburg], wenn nicht weiter. Da ist wohl zu bedenken, dass sie nicht viel Hausrat mitgeführt oder getragen haben. So werden die Windeln oder was sonst zu solchem Handel gehört, auch nicht sehr köstlich gewesen sein, dass sie das Kindlein vielleicht in ihren Schurz oder Hemd eingewickelt und in die Krippe gelegt hat. Denn sie hat es nicht immer im Schoß können haben, hat ihm die Tüchlein wärmen, damit ein Bettlein machen und anderes tun müssen. Indes hat sich das liebe Kindlein in der Krippe im Stroh und Heu behelfen müssen. Joseph hat auch müssen das Beste tun und kann wohl sein, dass irgendeine Magd im Haus mit Wasserholen und anderem ihnen gedient habe, als in einer Not, da jedermann zu helfen soll willig sein. Aber solches ist nicht geschrieben. Und ist wohl zu vermuten, ob man schon gesagt hat, es sei eine junge Frau im Kuhstall gelegen, dass sich ihrer doch niemand angenommen habe.

    6. Pfui dir, du schändliches Bethlehem, dass du sich so hart und unbarmherzig gegen deinen Heiland stellst, dass du ihm auch den geringsten Dienst nicht erzeigst! Hättest besser verdient die Strafe als Sodom usw., dass Schwefel und Feuer vom Himmel herab geregnet hätte und dich zu Grunde vertilgt. Denn obgleich die Jungfrau Maria eine Bettlerin oder, mit Züchten zu reden, eine unehrliche Frau gewesen, die ihre Ehre hintan gesetzt, so sollte man doch in solcher not und Zeit, ihr zu dienen willig und geneigt sein gewesen. Ja wohl, da wird nichts draus, dies Kindlein muss in Tüchlein gewickelt und in eine Krippe gelegt werden, da bleibts bei. So soll dieser HERR auf Erden empfangen werden, da die andern prassen, fressen, große Pracht treiben mit schönen Kleidern, herrlichen Häusern usw.

    7. Dies ist das erste Stück von der Geschichte, welche uns darum so ist vorgeschrieben, dass wir sollen lernen das Bild in das Herz fassen, wie unser lieber HERR Jesus so elend in dieser Welt geboren sei, auf dass wir lernen, Gott für solche treffliche Wohltat zu danken und zu loben, dass wir armen, elenden, ja, auch verdammten Menschen heute so zu großen Ehren kommen, dass wir ein Fleisch und Blut mit dem Sohn Gottes geworden sind. Denn eben der ewige Sohn des ewigen Vaters, durch welchen Himmel und Erde aus nichts erschaffen ist, der ist, wie wir hören, ein Mensch geworden und auf die Welt geboren wie wir, außer dass es mit ihm ohne alle Sünde ist zugegangen. Deshalb können wir rühmen, dass Gott unser Bruder, ja, unser Fleisch und Blut sei geworden. Diese große Ehre ist nicht den Engeln, sondern uns Menschen widerfahren. Deshalb, obwohl die Engel eine herrlichere Kreatur sind als wir, so hat doch Gott uns mehr und höher geehrt und sich näher zu uns getan, als zu Engeln, da er nicht ein Engel, sondern ein Mensch geworden ist. Wenn nun wir Menschen solches recht bedenken und von Herzen glauben könnten, so sollte gewiss solche unaussprechliche Gnade und Wohltat unsers lieben HERRN Gottes eine hohe große Freude machen und uns treiben, dass wir Gott von Herzen dafür dankten, ihn liebten und gern an seinen Willen würden halten.

    8. Im Papsttum hat man eine Geschichte gesagt: Es sei der Teufel auf eine Zeit in eine Kirche zur Messe gekommen, und da man im Patrem die Worte gesungen habe: „Et homo factus est, Gottes Sohn ist Mensch geworden“, und die Leute gestanden und nicht haben niedergekniet, habe er einen aufs Maul geschlagen und ihn gescholten und gesagt: Du grober Schelm, schämst du dich nicht, dass du so stehst wie ein Stock und nicht vor Freuden niederfällst? Wenn Gottes Sohn unser Bruder geworden wäre wie euer, wüssten wir nicht, wo wir vor Freuden bleiben sollten. Ich achte nicht, dass es wahr sei; denn der Teufel ist uns und dem HERRN Christus zu sehr feind: Aber das ist gewiss wahr, der es so gedichtet hat, der hat einen hohen Geist gehabt und die große Ehre wohl verstanden, welche uns ist widerfahren in dem, dass Gottes Sohn ist Mensch geworden: Nicht wie Eva oder Adam, die aus Erden sind gemacht worden; sondern er ist uns noch näher verwandt, da er aus dem Fleisch und Blut der Jungfrau Maria geboren ist, wie andere Menschen, außer dass sie, die Jungfrau, allein gewesen und vom Heiligen Geist geheiligt, ohne Sünde und vom Heiligen Geist diese gebenedeite Frucht empfangen hat. Außer diesem ist er uns gleich und ein rechter natürlicher Frauensohn.

    9. Adam und Eva sind nicht geboren, sondern geschaffen. Denn Adam hat Gott aus der Erde gemacht; die Frau aber aus seiner Rippe. Wieviel aber ist Christus uns näher als die Eva ihrem Mann Adam, da er unser Fleisch und Blut ist? Solche Ehre sollten wir hoch achten und wohl in unsere Herzen bilden, dass der Sohn Gottes ist Fleisch geworden und gar kein Unterschied zwischen seinem und unserem Fleisch ist, außer dass sein Fleisch ohne Sünde ist. … Außer dem ist alles natürlich an ihm gewesen, wie an andern Menschen: Dass er gegessen, getrunken, ihn gehungert, gedürstet, gefroren hat, wie andere Menschen. Solche und dergleichen natürliche Gebrechen, welche der Sünden halben auf uns geerbt sind, hat er, der ohne Sünde war, getragen und gehabt, wie wir, wie St. Paulus sagt: Er sei erfunden in allem ein Mensch wie wir, der gegessen, getrunken, fröhlich und traurig gewesen ist.

    10. Das heißt ja so tief sich demütigen und herunterlassen. Denn er hätte es wohl können machen, dass er wäre ein Mensch geworden, wie er jetzt im Himmel ist, dass er Fleisch und Blut hat wie wir; tut aber nicht, was wir tun. Solches hätte er wohl von Anfang können tun; aber er hat’s nicht wollen tun, auf dass er anzeigte, welche Liebe er zu uns habe, dass wir des uns freuen, trösten und rühmen könnten, dass wir haben einen Bruder im Himmel, des wir uns mögen, ja, sollen annehmen. Denn ein unseliger Mensch ist der, so ihn nicht annimmt, noch diese Freude in seinem Herzen fühlt.

    11. So ist nun die Ursache, dass diese Geschichte jährlich gepredigt wird, auf dass ein jegliches junges Herz solches in sich bilde und Gott dafür danke und spreche: Es hat nicht Not mit mir; denn ich habe einen Bruder, der ist geworden, wie ich bin usw. Warum er nun so geworden sei und was er dadurch habe ausrichten wollen, sage ich noch nicht. Denn darum ist’s geschehen, dass er uns errette von der Sünde und ewigem Tod. Aber ich will jetzt allein sagen von der Ehre des ganzen menschlichen Geschlechts, der wir uns mit der Wahrheit rühmen und fröhlich drüber sollen sein, dass der Sohn Gottes ist Mensch geworden. Solcher Ehre können alle Menschen sich rühmen. Die Christen aber haben danach ein Höheres, dass sie solche Ehre auch in Ewigkeit genießen sollen. Dies Stücklein sollen wir auf’s erste von dieser Geschichte merken.

    12. Zum andern dient dies trefflich hohe Beispiel uns auch dazu: Weil Christus, der Sohn Gottes, sich so demütigt und all seine Ehre an das arme Fleisch gewandt und die göttliche Majestät, vor der die Engel zittern, sich so heruntergelassen hat, geht daher wie ein armer Bettler; droben im Himmel beten ihn die Engel an, hier unten auf Erden dient er uns und legt sich in unsern Schlamm: Weil nun, sage ich, der Sohn Gottes solches getan hat, so sollen wir auch lernen, ihm zu Lob und Ehren, gern demütig sein und seinem Wort nach unser Kreuz auf uns nehmen, allerlei Trübsal leiden und ihm so folgen. Denn was kann’s uns schaden oder warum wollten wir uns des Leidens schämen? da doch unser lieber HERR gelitten hat Frost, Hunger und Kummer. Sonderlich aber gings elend und armselig zu, wie gesagt, da er auf Erden kam und geboren ward. Da war weder Gefäß noch Stube, weder Kissen, Windel noch Bettgewand; er musste in einer Krippe liegen, vor den Kühen und Ochsen. So denn dein lieber Vetter, ja, auch dein Bruder, der König Himmels und der Erden und aller Kreatur drinnen so elend sich daher legt; pfui dich mal an, warum wolltest du so herrlich sein und so gar nichts leiden? Wer bist du denn? Ist’s nicht wahr, du bist ein armer #Sünder, der du nicht wert bist, dass du auf einer Hechel solltest liegen? Liegst dennoch da auf einem weichen Bett, da dein HERR auf dem harten Stroh und in einer Krippe liegt.

    13. Ist es aber nicht ein verdrießlicher Handel? Wir sehen hier, in was Demut und Armut unser HERR Jesus liegt um unseretwillen; und wir wollen Junker sein, frei ausgehen und nichts leiden. Das will ich aber übel reimen, wenn der HERR in solchem Elend und Armut, uns zugut, geboren wird, dazu für uns am Kreuz stirbt usw.; und wir faulen Schelme wollten immerfort in guter Ruhe und Frieden sitzen! Nein, das tut gar nichts: „Der Jünger ist nicht über seinem Meister, noch der Knecht über dem Herrn“ usw., spricht Christus.

    14. Darum sollen wir wohl lernen und mit Ernst bedenken, erstlich, zu was Ehren wir sind gekommen in dem, dass Christus ist Mensch geworden. Denn es ist eine solche Ehre, dass, wenn einer ein Engel wäre, wünschen möchte, dass er ein Mensch wäre, dass er auch könnte rühmen: Mein Fleisch und Blut sitzt über allen Engeln. Daher wir Menschen ja billig uns für selig halten sollten. Gott gebe, dass wir’s verstehen, zu Herzen nehmen und Gott dafür dankbar seien. Zum andern sollten wir das Beispiel Christi fleißig ansehen, was er, der ein HERR ist über alle Herren, in seiner ersten Ankunft uns armen Menschen bewiesen und um unsertwillen gelitten hat. Solches würde uns bewegen und treiben, dass wir von herzen auch würden andern Leuten gern helfen und dienen, ob es uns gleich sauer würde und wir etwas drüber auch leiden müssten. Dazu helfe uns Gott mit seinem Heiligen Geist, durch unsern lieben HERRN Jesus Christus. Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum Sonntag nach Neujahr ueber Lukas 2,33-40: Christus – gesetzt zum Fall und Auferstehen vieler

(in Luthers Hauspostille für den Sonntag vor Neujahr)

 

Lukas 2,33-40: Und sein Vater und Mutter wunderten sich des, das von ihm geredet ward. Und Simeon segnete sie und sprach zu Maria, seiner Mutter: Siehe, dieser wird gesetzt zu einem Fall und Auferstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird (und es wird ein Schwert durch deine Seele dringen), auf dass vieler Herzen Gedanken offenbar werden. Und es war eine Prophetin, Hanna, eine Tochter Phanuels, vom Geschlecht Asser; die war wohl betagt und hatte gelebt sieben Jahre mit ihrem Mann nach ihrer Jungfrauschaft und war nun eine Witwe bei vierundachtzig Jahren; die kam nimmer vom Tempel, diente Gott mit Fasten und Beten Tag und Nacht: Dieselbe trat auch hinzu zu derselben Stunde und pries den HERRN und redete von ihm zu allen, die da auf die Erlösung zu Jerusalem warteten. Und da sie es alles vollendet hatten nach dem Gesetz des HERRN, kehrten sie wieder nach Galiläa zu ihrer Stadt Nazareth. Aber das Kind wuchs und ward stark im Geist, voller Weisheit; und Gottes Gnade war bei ihm.

 

    Das Vornehmste in diesem Evangelium ist, dass Simeon weissagt von Christus und seinem Reich, wie es erst unter den Juden und seinem eigenen Volk und hernach unter den Heiden mit gehen werde, dass, wie wir am dritten Sonntag im Advent gehört, der größte Teil sich daran stoßen und ärgern werden. Aber doch sollen auch viele dadurch gebessert und aufgerichtet werden. Neben diesem, welches das Vornehmste ist, sind auch andere Punkte, die wir nach der Kürze überlaufen wollen.

    Diese Geschichte hat sich begeben, da das Kindlein Jesus sechs Wochen ist alt gewesen und in den Tempel, nach der Juden Gewohnheit, getragen, dass es dem HERRN dargestellt würde, und ein Opfer für es geschehe, 3. Mose 12; Luk. 2; wir ihr auf das Fest von der Opferung des Kindleins im Tempel hören werdet. Da kommt der alte Simeon aus Anregung des Heiligen Geistes, nimmt das Kindlein Jesus in seine Arme und predigt von ihm, dass es der Heiland und Licht sein soll, welches nicht allein im Judentum, wie in einer Laterne leuchten, sondern auch ein öffentliches Licht sein soll für die ganze Heidenschaft.

    Über solche Predigt, die Simeon von dem Kindlein tut, spricht der Evangelist im heutigen Evangelium, wunderten sich sein Vater und seine Mutter.

    Dass er aber Joseph des HERRN Christus Vater heißt, redet er von ihm wie andere Leute von ihm redeten. Er hat sich aber oben gewaltig genug verwahrt, da er gesagt hat, er sei vom Heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren. Solches soll man merken, auf dass niemand sich daran stoße, dass Lukas hier, und die Schrift an andern Orten bisweilen so von einem Ding pflegt zu reden wie andere Leute. Denn es war ein heimliches Werk Gottes, dass die Jungfrau Maria schwanger war; welches Joseph selbst musste glauben, nachdem der Engel im Traum solches ihm hatte offenbart.

    Dass nun der Altvater Simeon hinzutritt, der Alters halber kaum sehen konnte, und dies Kindlein so hoch rühmt, das werden viele, die es gehört, als eine Narrenrede verachtet haben und gedacht, Simeon rede wie ein alter wahnwitziger Mann.

    Aber es war eine solche Predigt, spricht der Evangelist, dass seine Mutter und Vater sich darüber verwunderten. Denn dies Stück, dass er sollte der Heiden Licht sein, hatten sie von dem Engel selbst nicht so lauter gehört wie es Simeon redet.

    Deshalb soll man dies nicht dahin deuten, weil hier steht: „Sein Vater und Mutter verwunderten sich’s“, als hätten sie solches nicht geglaubt; sondern es ist ein Zeichen und Anzeigen eines großen Glaubens und hohen Verstandes. Denn das ist des Glaubens eigentliche Art, je fester einer ein Ding glaubt, je mehr er sich’s verwundert und fröhlicher darüber wird. Wiederum wo er’s aber nicht glaubt, so nimmt er sich’s nicht an, hat weder Freude noch Lust davon. So haben wir diese Tage über gehört von der Geburt Christi, dass dies Kindlein unser Fleisch und Blut sei, dazu unser Heiland, der uns vom ewigen Tod, Sünden und des Teufels Reich helfen soll. Wenn du nun solches von Herzen glaubst, meinst du nicht, du würdest dich’s so verwundern, dass du dies Kindlein dir nicht genug sehen, noch genug an es denken könntest?

    Dass also Lukas mit diesen Worten beider Glauben, der Mutter und des Vaters, hoch rühmt, dass die Mutter fröhlich und guter Dinge darüber gewesen und sich des nicht genug hat verwundern können, dass dies Kindlein sollt ein Licht sein, zu erleuchten die Heiden; dagegen alle anderen Könige und Fürsten eine lautere finstere Nacht sind, ja, selbst in Sünden und Tod stecken, weil davon schweigen, dass sie anders daraus helfen sollten.

    Solche Verwunderung sollten wir über dem Evangelium auch haben, dass wir darüber hoffärtig und fröhlich würden und rühmten: Ich bin ein Christ und getauft, zweifle deshalb gar nichts, ich werde durch den HERRN Jesus ein Herr sein und bleiben über Sünde und Tod, dass der Himmel und alle Kreatur mir zu meinem Besten dienen soll. Wenn ein Fürst mir einen samtenen Rock oder ein Dorf schenkte, solches würde mich fröhlich machen. Aber was ist’s gegen dies? Ja, wenn ich gleich hätte des türkischen Kaisers Krone, so ist’s doch nichts gegen dies, dass ich Teil habe an der Erbschaft Christi und sollte mit ihm in Ewigkeit leben.

    Aber wo findest du einen, der es recht glaubt und zu Herzen fasst? Alle zumal können wir’s nicht glauben, des sind wir bald zu überweisen; denn wir verwundern uns nicht. Soll man solche Erkenntnis der Geschichte Glaube heißen, so ist’s wahrlich ein kalter und halb erstorbener Glaube; sonst würden wir nicht allein fröhlich, sondern auch hoffärtig sein. Denn ein Christ ist ein hoffärtiger, seliger Mensch, der weder nach dem Teufel noch nach allem Unglück fragt; denn er weiß, dass er durch Christus über solches alles ein Herr ist.

    [Darum wird die Jungfrau Maria ohne Zweifel in dieser Verwunderung einen besonderen guten und heiligen Stolz und Hoffart gehabt haben, die nicht auf ihr, sondern auf dem Kindlein Jesus stand; wie Lukas fein anzeigt mit diesen Worten: „Sie verwunderten sich’s; nicht darum, dass sie eine Mutter des Kindes war; sondern „des, was von ihm geredet ward“. Wie denn alle Christen tun: Die sehen nicht an, was sie sind, sondern was ihnen gegeben ist; rühmen deshalb nicht sich selbst, sondern den, der ihnen alles aus Gnaden gegeben und geschenkt hat.

    Zwar an dem fehlts nicht, dass uns Gott gibt; daran fehlts aber, dass wir‘s nicht recht wollen ansehen noch erkennen. Sonst würde der Glaube die Frucht mitbringen, dass wir uns auch verwunderten und freuten der großen Gnade und Wohltat, die uns durch dies Kindlein widerfahren ist. Denn dass wir armen Sünder in ein ewiges Leben und Gerechtigkeit gesetzt sind, das soll ja wenigstens mit einem Fünklein gefühlt werden und uns einen Mut machen, dass wir in Anfechtung und Verfolgung nicht so verzagt wären, sondern beide, Teufel und Welt, noch dazu trotzten und sagten: Was ist’s, wenn ihr mir gleich das Leben nehmt? Wenn mir nur dies Kindlein bleibt, so nehmt gleich Hülsen und Schalen dahin, ich habe kleine Verlust gegen diesen Kern und Schatz, dass ich durch Christus von Sünden ledig gemacht und dem ewigen Tod und Zorn Gottes entlaufen bin.

    So sollten wir uns des auch verwundern. Aber, wie gesagt, es geschieht bei wenigen. Wiewohl dennoch ihrer etliche müssen sein, bei denen es geschieht, die sich verwundern alles des, das sie von Christus hören. Denselben ist diese Predigt eine ewige Speise, der sich nimmermehr können satt werden; wie Petrus sagt, dass auch die Engel Lust haben, dass sie es sehen sollen.]

    Nun wollen wir auch die Weissagung Simeons besehen. Die geht vornehmlich, wie zuvor gemeldet, auf das Judentum, dass sich im Volk Israel, wie er meldet, viele an dem HERRN Jesus Christus stoßen und ärgern, wiederum auch etliche an ihm sich bessern werden. Das ist nun des Kindleins, unsers lieben HERRN Christus, eigener Titel, so soll es ihm gehen, so soll er auf der Welt gehalten werden, dass viele an ihm anlaufen und fallen; dagegen auch viele sich an ihn halten und an ihm aufstehen sollen.

    Deshalb, wer ein Christ sein will, muss sich danach richten. Denn hier soll niemand gezwungen werden. Den Zwang hat Gott den Fürsten, Bürgermeistern, Henkern befohlen, die sollen in ihrem Regiment zwingen und mit Gewalt treiben alle die, so von Stehlen, Morden, Lügen, Trüben und anderm Ärgernis nicht abstehen wollen. Aber hier im Reich Christi geht’s nicht so; willst du nicht glauben, so magst du es lassen; mit den Haaren wollen wir dich nicht herzu ziehen noch zwingen. Es wird dich aber zu seiner Zeit ein anderer zwingen, da du dich nicht mehr wirst wehren können.

    Ja, sagen sie, hab ich noch so lange Frist, so hat’s nicht Not. Wohlan, das ist beschlossen, willst du selig werden, so musst du diesen König annehmen, der (wie Simeon hier sagt) in der Welt ein ärgerlicher König ist. Doch soll niemand an dem zweifeln, es werden sich auch allewege etliche finden, die sich sein bessern und nicht ärgern.

    Dies ist ein sehr nötiger Unterricht, dass wir nicht allein auf den großen Haufen sehen sollen, der da fällt: das müssen wir geschehen lassen. In der Welt wird’s nimmermehr anders werden; wo dieser König mit seinem Wort und Reich ist, da wird der größte Teil sich ärgern und fallen. Daran musst du dich gewöhnen und es gehen lassen, wo du anders ein Christ bleiben willst; und daneben auf das kleine Häuflein sehen und dich dazu halten, das nicht fällt, sondern an diesem König festhält und aufsteht. Wenn es nun so zugeht, dass die Leute häufig dahinpurzeln und fallen, so lasse es gehen; denn so geht’s recht, wie Simeon hier sagt.

    Die Papisten lästern unsere Lehre greulich und legen sich heftig dagegen: Nicht, dass sie sich daran ärgerten; denn der größte Teil unter ihnen weiß sehr wohl, dass es die Wahrheit ist; sondern tun’s aus lauter Bosheit und Mutwillen, ihren Stand und Pracht zu erhalten, fragen nicht viel nach Christus und seinem Wort. Denn der Bauch ist ihr Gott. Darum wollen wir sie hier unter den Haufen, der sich ärgert nicht zählen.

    Die aber sind’s, die sich ärgern, die nicht öffentliche Feinde und Verfolger der Lehre sind, sondern hören’s, bekennen auch und glauben, dass dies Kindlein der Welt Heiland sei. Aber das will ihnen nicht eingehen, dass unser Werk und alles, was wir Gott zu Lob und Ehren tun, soll nichts sein. Ei, sprechen sie, sollten alle die verdammt sein, die bisher so viel hundert Jahre nach der alten Lehre und Glauben gelebt haben? Das gleiche ich nimmermehr usw.

    Wo du es so gehen siehst, da sprich: Es geht recht, wie es gehen soll; denn das Kindlein, das die Jungfrau Maria geboren hat, ist zum Fall gesetzt: Nicht denen, so von Gott nichts wissen; sondern „vieler in Israel“, das ist, die Gottes Volk sind, sein Wort haben usw. Eben denen ist dies Kindlein gesetzt zum Anstoß, darüber die Weltweisen und Heiligen laufen und gar redlich purzeln, fallen und den Hals brechen. Deshalb, wo man Jesus das Kindlein nicht annehmen will, müssen wir’s gehen lassen, Augen und Ohren auftun und stellen, als sähen wir diesen Fall nicht.

    Bei den Jüngern gings auch so; die ärgerten sich über die Maßen sehr, da Christus mit ihnen disputierte und sprach, Joh. 8,21: „Ihr werdet in euren Sünden sterben.“ Da dachten sie: Was sagt der Narr? Haben wir doch die Propheten und Mose; wir wissen ja, was recht ist und was Gott von uns haben will. Soll solches alles nichts sein noch uns helfen? Sollen wir erst diesen Zimmerknecht uns lehren lassen, wie wir selig werden? Die gingen dahin, zerstießen sich an Christus den Kopf und fielen.

    So tun jetzt auch des Papstes Geistliche (ich rede von den besten; denn der größte Teil unter ihnen, wie gesagt, sind Bauchdiener), schelten unsere Lehre Teufels Lügen und Ketzerei; sagen: Wir beten, fasten so viel, lassen es uns so sauer werden; soll denn dies alles nichts sein? Soll es Gott nicht gefallen? Wohlan, so wollen wir fressen, saufen, Unzucht treiben und so Gott zu Gefallen tun und ins Himmelreich kommen, weil Christus allein die Sünder, nicht die Gerechten (wie die Lutherischen predigen) selig macht. Diese ärgern sich auch am Kindlein Jesus, fallen dahin, dass sie nimmermehr aufstehen.

    Willst du nun ein Christ sein, so schicke dich so drein und sei des nur gewiss, dass dein HERR Christus, du, deine Lehre und all dein Tun den Leuten nicht gefallen werde. Denn hier hörst du, dass dein HERR Christus selbst denen, die Gottes Volk sind, ein Stein des Anlaufens und ein Fels des Ärgernisses sei, daran sich ärgern, stoßen und darüber laufen alle, die da groß, klug und heilig wollen sein. Willst du nun von denselben und ihrem Anhang für einen Narren, Ketzer und Verführer gehalten sein (denn anders wird nichts draus), so nimm diesen HERRN und König an; wo nicht, so magst du sein müßig gehen. Dass also alle die, so da Christen sein und selig wollen werden, müssen mit ihrem HERRN Christus ein Ärgernis und Fall den andern sein und für Ketzer und Verführer geachtet werden. Das ist das eine Stück von dieser Prophezeiung.

    Aber daneben sagt das Evangelium, welches wohl zu merken ist, dass er nicht allein zum Fall gesetzt sei, sondern auch zur Auferstehung vieler in Israel. Die sind’s nun, die diesen König annehmen, an ihm aufstehen und ihren Leib und Leben, wenn’s die Not erfordert, um seinetwillen lassen. Die wissen, dass sie sich selbst nicht können helfen. Soll ihnen aber geholfen werden, so müsse es allein der tun, den die Engel einen Heiland heißen, und Simeon hier von weissagt: „Es werden viel an ihm aufstehen.“ Darum erkennen und halten sie sich für arme und elende Sünder, die hart und tief gefallen sind; strecken deshalb ihre Hände aus und halten sich mit Freuden an diesen edlen Grund und Eckstein, richten sich an ihm auf, glauben an ihn und werden nimmermehr zuschanden, 1. Petr. 2,6.

    Die andern narren aber, die sich lassen dünken, sie stehen fest, bedürfen keiner Gnade noch Hilfe, die laufen mit ihrem Kopf gegen ihn, lästern und fluchen ihm getrost. Wenn’s so geht, so lass dich’s nicht anfechten, tue, als sähest du es nicht; es will doch mit diesem Kind nicht anders hinaus gehen als Simeon hier weissagt. Siehe dieweil auf den andern, wiewohl geringen Haufen, die an ihm aufstehen, als da sind arme Sünder, die vor Gottes Zorn und Gericht von Herzen erschrecken, die macht dies Kindlein heilig und gerecht; ebenso, die erkennen, dass sie in Irrtum und Unwissenheit gelebt haben, macht’s weise; die verloren und verdorben sind, denen hilft’s und macht sie selig. Des lerne dich trösten und lasse dich ja von diesem Kindlein nicht abweisen.

    Ich habe viele Jahre mit allem Fleiß der Sache nachgedacht, wie ich doch vom HERRN Christus so predigen könnte, dass es jedermann gefiele und niemand sich an ihm stieße noch ärgerte; aber es will nicht sein. Darum lasst uns daran gewöhnen und hier lernen, wie wir denen antworten sollen die da sprechen: Im Papsttum sei alles fein still gewesen, da habe man von keiner Ketzerei noch Unreinigkeit gehört; nachdem aber diese Lehre sei aufgekommen, habe sich alles Unglück gefunden, dass so wenig oder gar nichts Gutes draus gekommen sei. Solchen Klüglingen magst du aus diesem Evangelium und des heiligen Simeon Weissagung antworten, dass allewege, wo die reine Lehre von Christus geht, gewiss das folgt, dass etliche fallen und alles Unglück anrichten werden. Aber gleichwohl soll die Lehre auch die Frucht wiederum schaffen, dass etliche sich an Christus halten und an ihm aufstehen werden. Das sind, wie gesagt, die armen betrübten Gewissen, die an dieser Lehre Trost und Freude finden.

    Solches wollen unsere Widersacher nicht ansehen, sondern schauen nur auf den Fall und das Ärgernis, das nicht kann vermieden werden: Nicht der Lehre halben, die rein, recht und gut ist; sondern der Menschen halben, die sich nicht recht drein schicken und nicht folgen wollen. Aber bedenke die Sache recht und bekenne frei dazu: Wärs nicht besser im Papsttum gewesen, wenn das Ärgernis und Fallen seinen Fortgang hätte gehabt, wie jetzt zur Zeit, damit alles so still und friedlich, wie es ein Ansehen hatte, zuging, und doch der Teufel an allen orten gewaltig mit Abgötterei und falscher Lehre regierte und alles mit Haufen zur Hölle trieb? Wer wollte nicht lieber einen zeitlichen Schaden leiden als einen ewigen? Wie es denn ein unseliger, ja, ewiger Schade war, dass keine rechte Predigt, Erkenntnis Gottes, noch Gottesdienst im Papsttum zu finden war. …

    Darum müssen Ärgernisse kommen, wie Paulus an einem andern Ort auch sagt: Es müssen Rotten und Ketzerei sein; das Wort muss verfolgt werden. Aber nichts destotrotz soll Christus bleiben und etliche an ihm aufstehen und selig werden. Die andern aber müssen darüber zu Scheitern gehen, die Christus gern wollten anders machen, als ihn der Gott der Vater geordnet und gesetzt hat, nämlich dazu, dass er, wie ein Stein am Weg, zur Not stehen soll, dass man sich daran lehne und aufstehe. Weil aber der größte Teil so toll und töricht ist, wollen sie sich an solchen Stein nicht halten, sondern laufen mit dem Kopf dagegen und stoßen sich daran: Solches ist nicht des Steines Schuld, sondern solcher törichten, blinden Leute, die darauf fallen und auch gar weidlich zerschellen, den doch Gott dahin gesetzt und gelegt, wie Jesaja 28 geschrieben steht, dass sie an ihn glauben, an ihm aufstehen und durch ihn selig werden sollen. …

    Wenn das Evangelium kommt und die Predigt von diesem Kindlein angeht, welches, wie Simeon weissagt, zum Fall und Auferstehen vieler, und zum Zeichen, dem widersprochen wird, gesetzt ist; da findet sich’s, dass man begreifen muss, dass die, so alle Welt zuvor für lebendige Heilige hielt, die größten Sünder, die Klügsten die größten Narren, die stillen und sanften Herzen die blutgierigsten Mörder sind, und gewiss das Evangelium keine ärgeren Feinde hat, als was hohe, vernünftige, weise, tugendsame, heilige Leute vor der Welt sind. Je höher sie mit solchen Tugenden geziert sind, je bitterer sie gegen das Evangelium toben. … Denn Gottes Wort und die Wahrheit kann er nicht hören noch dulden, verteidigt Abgötterei, erwürgt die Leute darüber, ja, wenn er Land und Leute im Blut ersäufen könnte, würde er’s tun, nur darum, dass er das Evavangelium dämpfen möchte. Das muss ja ein bitteres, giftiges Herz sein, das man bei keinem Menschen, ich schweige, bei einem solchen Menschen, finden sollte, den die Welt für fromm, ehrbar, sanftmütig, weise und tugendsam hält. So, spricht Simeon, wird dies Kindlein die Herzen offenbaren. …

    Warum offenbart er’s aber? Uns zum Unterricht; danach auch zum Trost. Zum Unterricht, dass wir nicht erschrecken sollen, wenn wir sehen, dass so heilige Leute solche Teufel sind, dass wir uns müssen verwundern. … Zum andern dient solche Offenbarung der Herzen uns auch zum Trost: Weil doch die Welt Gottes Wort nicht dulden noch leiden will, und dennoch so einen heiligen Schein führt, dass wir uns vor ihr nicht entsetzen, sondern stracks schließen: Sie scheine so fromm und heilig sie wolle, … so ist alle Tugend und heiliges Leben an ihr nichts als nur ein Schanddeckel. …

    Simeon sagt zu Maria weiter: „Und ein Schwert“, spricht er, „wird eine Seele durchdringen.“ Denn solche Bosheit der Welt hat sie sehen und erfahren müssen. Und sie nicht allein; sondern die ganze christliche Kirche zu jeder Zeit, wenn das Licht des Evangeliums leuchtet. Nun ist’s aber unmöglich, dass es die Christen ohne Schmerzen und besonderes Herzeleid sehen können. Wie Petrus vom heiligen Lot auch sagt, 2. Petr. 2,8, dass er der Sodomiter Laster sehen und hören habe müssen, die seine Seele von Tag zu Tag mit ihren unrechten Werken gequält haben. …

    Dabei wollen wir’s jetzt bleiben lassen und Gott um seine Gnade bitten, dass er uns vor allem Ärgernis gnädig bewahren und uns helfen wolle, dass wir an Christus aufstehen und uns an ihm und seiner Lehre nimmermehr ärgern noch dran stoßen. Das verleihe uns unser lieber HERR Christus. Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum ersten Sonntag nach Epiphanias ueber Lukas 2,41-52: Jesus, Gottes Sohn, im Tempel und bei seinen Eltern

 

Lukas 2,41-.52: Und seine Eltern gingen alle Jahre nach Jerusalem auf das Osterfest Und da er zwölf Jahre alt war, gingen sie hinauf nach Jerusalem nach Gewohnheit des Festes. Und da die Tage vollendet waren, und sie wieder nach Hause gingen, blieb das Kind Jesus zu Jerusalem; und seine Eltern wussten’s nicht. Sie meinten aber, er wäre unter den Gefährten, und kamen eine Tagereise und suchten ihn unter den Verwandten und Bekannten. Und da sie ihn nicht fanden gingen sie wiederum nach Jerusalem und suchten ihn. Und begab sich, nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel sitzen mitten unter den Lehrern, dass er ihnen zuhörte und sie fragte. Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich seines Verstandes und seiner Antwort. Und da sie ihn sahen, entsetzten sie sich. Und seine Mutter sprach zu ihm: Mein Sohn, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. Und er sprach zu ihnen: Was ist’s, dass ihr mich gesucht habt? Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist? Und sie verstanden das Wort nicht, das er mit ihnen redete. Und er ging mit ihnen hinab und kam nach Nazareth und war ihnen untertan.  Und seine Mutter behielt alle diese Worte in ihrem Herzen. Und Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen.

 

    Dies ist ein hohes Evangelium, wenn man es scharf will auslegen und von dem sagen, wie es zugehe, wenn man dies Kindlein Jesus aus dem Herzen verliert. Aber wir wollen solche hohe Auslegung auf ein andermal sparen und jetzt das vor uns nehmen, das am lichtesten und leichtesten und für den gemeinen Mann am nützlichsten ist.

    Eure Liebe hat am Fest der Weisen gehört, dass es heiße das Fest der Offenbarung Christi, welche darum geschehen ist, dass das neugeborne Kindlein nicht heimlich bliebe, sondern offenbar würde. Denn sonst wäre es uns nichts nütze gewesen, wenn wir nichts davon hätten wissen sollen. Darum hat man diese Tage über auch andere Evangelien gepredigt, in welchen man sieht, wie Christus sich offenbart hat. Wie, da ihn am Jordan Johannes getauft hat, und er hernach mit dem ersten Wunderzeichen, auf der Hochzeit zu Kana, sich hat sehen lassen, dass er ein solcher HERR sei, der alles in seiner Gewalt habe. Auf dass also der HERR Jesus nicht allein unter den Leuten bekannt würde, sondern auch erfahren und berühmt, als der mehr se als ein anderer Mensch, nämlich ein HERR, zu solcher Herrschaft geboren, der alles könne und vermöge, und wir ihn für unsern Heiland erkennten und in aller Not und Anliegen uns zu ihm halten und Hilfe bei ihm suchten lernten.

    Zu solchem dient auch das heutige Evangelium. Denn es ist auch eine Offenbarung, mit welcher der HERR Jesus sich erzeigt, dass er sei nicht ein gemeines, sondern ein besonderes Kind, weil er sich heimlich seinen Eltern entzieht und aus dem Gehorsam tritt, welchen sonst alle Kinder ihren Eltern, aus Gottes Befehl, schuldig sind. Solches, sagt der Evangelist, sei so zugegangen: Seine Eltern mussten alle Jahre aufs Osterfest, wie andere Juden, erscheinen im Tempel zu Jerusalem. Als sie nun das Kind Jesus mitnahmen, bleibt er hinter ihnen zu Jerusalem. Das versehen die Eltern, mögen vielleicht gewohnt sein, dass er zuvor mehr mit ihren Verwandten gegangen ist. Denn Christus hat in seiner Jugend nicht gelebt wie ein Unhold, er hat kein besonderes Leben geführt; sondern sich gehalten sie andere Kinder, hat zu Zeiten auch mit seinen Gesellen gespielt, nur dass er, wie der Text meldet, vor andern Kindern an Gnade und Weisheit zugenommen hat. Das macht nun, dass seine Mutter Maria und Joseph meinten, er sei unter den Gefährten, und lassen ihn so dahinten. Aber am Abend, als sie in die erste Nachtherberge von Jerusalem kommen, sehen sie sich um, wo doch das Kind bleibe. Als sie es aber bei den Verwandten und Bekannten nicht finden, erschrecken sie sehr. Denn das Kind war der Mutter besonders anbefohlen. So hatte Joseph auch einen starken Befehl, dass er es pflegen sollte. Aber Maria war allein die Mutter dazu; darum ist’s ihr ein besonderes Herzeleid gewesen und großer Schrecken, dass sie es nicht finden soll. Da wird nicht viel Schlafen, Essen, Ruhen vor Weinen gewesen sein, sondern sie sind (wie zu glauben) noch bei Nacht die vier Meilen wieder zurück gelaufen. Aber das Kind war verloren.

    Da rechne nun, was ihr Herz ihnen dieweil gesagt habe? Denn den ersten Tag ist es verloren; den andern suchen sie es und finden’s erst am dritten Tag. Werden deshalb die drei Nächste nicht viel geschlafen haben und mancherlei gedacht. Und besonders sie, die Mutter, wird gedacht haben: Gott hat dir den Sohn wieder genommen, er will dich nicht mehr zur Mutter haben., dass du ihn so unfleißig gewartet hast. So hat Joseph auch gedacht: Gott will dich nicht  mehr zum Pfleger haben, dass du so unfleißig gewesen und das einige Kind nicht gewartet hast.

    Das ist nun ein besonderes Stück, dass das Kind Jesus, unser lieber HERR Gott, sich so hat wollen erzeigen, dass er nicht so gar aus Not und von Rechts wegen müsste seiner Mutter untertan sein; sondern was er täte, das täte er allein zum Beispiel, aus gutem Willen und nichts aus Pflicht.  Denn er war nicht allein seiner Mutter Sohn, sondern auch ihr Gott und HERR. Darum stellt er sich hier gegen seine Mutter nicht als ein Sohn, wie wir heute über acht Tagen auch hören werden, da er spricht: „Frau, was habe ich mit dir zu schaffen?“ Eben so tut er hier auch, erzeigt sich so, dass er nicht allein ein Mensch sei, der aus Not Vater und Mutter müsse gehorsam sein; sondern lässt sich hören, er habe einen andern Vater, der größer sei, und auf den er billiger Achtung habe als auf Maria und Joseph. Was ist’s, spricht er, dass ihr mich gesucht habt? Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, das meines Vaters ist? Als wollte er sagen: Ich bin ja euer Sohn; aber doch so, dass ich mehr jenes Sohn bin, der im Himmel ist.

    Offenbart sich also um unsertwillen, dass wir ihn recht sollen kennen und einbilden lernen, dass er nicht allein ein wahrer Mensch, sondern auch ein wahrer Gott sei. Darum wie die Mutter ihn anredet: „Mein Sohn, warum hast du uns das getan?“ verantwortet er sich und sagt: Ich bin euch nicht ungehorsam, habe euch auch nicht verachtet, wie ihr euch lasst dünken. Will so recht haben und ungestraft von seiner Mutter sein. Maria aber und Joseph müssen über den Schmerzen und Kümmernis, das sie gehabt, noch Unrecht dazu haben. Denn sie sollten sich da erinnert haben, was die Engel, die Hirten, der Erzvater Simeon und andere von diesem Kind gepredigt haben und wissen: Ob er schon dahinten wäre geblieben, dass er dennoch nicht ungehorsam, sondern Gott, seinem Vater im Himmel, mehr Gehorsam als seiner Mutter auf Erden schuldig wäre.

    Und geht dies Beispiel des Kindes Jesus, unsers lieben HERRN, dahin, dass er uns dadurch erinnern will unserer Unwissenheit und großen Blindheit, die immer dahin geneigt ist, dass sie den Menschen eher als Gott dient. Darum sollen wir lernen, wenn es dahin kommt, dass wir entweder Gott oder den Eltern und Oberherrn müssen ungehorsam sein, dass wir mit Christus sprechen: „Ich muss sein in dem, das meines Vaters im Himmel ist“; außerhalb dieses Falls will ich gern und von Herzen Vater und Mutter, Kaiser, König, Herren und Frauen im Haus gehorsam sein. Aber hier in diesem Fall heißt es so: Lieber Vater, liebe Mutter, ich habe einen andern Vater, auf denselben soll ich mehr als auf euch sehen. Solches hatten Maria und Joseph hier vergessen, darum musste er sie dessen erinnern und sie es lehren.

    Dies ist nun um unseretwillen geschrieben. Denn die Unart, wie gesagt, haben wir von Natur, wenn wir Gott dienen und  ihm seinen Gehorsam ausrichten sollen, dass wir uns mit der Welt entschuldigen und sprechen: Ich darf nicht; denn Gott hat mir befohlen, ich soll meiner Obrigkeit gehorsam sein. Wie jetzt die Verfolger des Evangeliums tun: Haben’s von uns gelernt, dass wir schuldig sind, der Obrigkeit gehorsam zu sein; denselben Gehorsam rühmen sie hoch und sprechen: Wir wissen wohl, dass es der Schrift nach nicht Unrecht ist, das Sakrament unter beider Gestalt zu empfangen; aber wir müssen der Obrigkeit gehorsam sein. Da ist Vater und Mutter, das ist mein Fürst, der will es nicht haben; darum darf ich’s nicht tun. Dank habt, liebe Junker.

    Wer ist aber die Obrigkeit? Mein Landesfürst? Mein Vater und Mutter? Ja, solches ist wohl wahr; aber hast du neben diesen sonst keine Obrigkeit mehr? Wo für hältst du denn diesen, der sa spricht im ersten Gebot: Ich bin der HERR, dein Gott? Sollte es nun nicht so hier sein, wenn er spricht: Das gefällt mir, das will ich so haben; dass du, unangesehen dienen Fürsten, ja, König und Kaiser, Vater und Mutter, mit Christus sagst: „Ich muss in dem sein, das meines Vaters ist“? Denn Gottes Wort und Befehl soll je billig vorgehen. Wenn der ausgerichtet ist, so soll  man danach auch tun, was Vater und Mutter, Kaiser und König haben wollen, dass man nicht den Wagen vor die Pferde spanne.

    Wie nun Christus durch den Stern und am Jordan offenbart ist, uns zum Trost, dass er unser Heiland ist, wie wir droben von seiner Taufe, und am Christtag aus der Engel Gesang und Predigt reichlich gehört haben: So offenbart er sich im heutigen Evangelium uns zum Exempel, dass wir in den Sachen, die Gott betreffen, niemand sollen ansehen, es sei Vater, Mutter, Fürst, oder wie man’s nennen will. Denn da ist ein anderer Herr und höhere Obrigkeit, die heißt Gott; dem sollst du gehorchen und tun, was er dich heißt, und ihm vor allem dienen. Wenn dieser Gehorsam ausgerichtet ist, so tue danach, was dien Vater und Mutter, dein Fürst und Obrigkeit dich heißt; doch, dass sie dich an diesem höhern Gehorsam nicht hindern, welcher, wie gesagt, vor allen Dingen muss ausgerichtet sein.

    Ich will hier die hohe Anfechtung nicht rühren, die wenige Leute fühlen, wenn man Christus im Herzen verliert; sondern will einfältig bei dem Kindlein bleiben, das sich so hier offenbart, dass es etwas mehr sei als andere Menschen, darum dass es sich selbst ohne Erlaubnis auszieht aus dem Gehorsam seiner Mutter und geht ihr nicht nach, sondern sie muss ihm nachgehen; zur Bestätigung des, das sie vom Engel gehört hätte: „Er wird ein Sohn des Allerhöchsten genannt werden.“ An solches musste sie hier erinnert werden, dass sie es nicht vergessen soll.

    Reimt sich also diese Offenbarung fein mit der andern. Denn hier sieht man, dass Christus ein besonderer Mensch ist; wie denn die Hirten und Simeon von ihm gezeugt hatten. Darum wollte er auch nicht gehalten sein wie andere Kinder, ob er wohl zuweilen mit andern Kindern umhergelaufen [ist] und gespielt hat.

    Was er aber im Tempel getan habe, zeigt der Evangelist fein an, dass er nicht gefragt hat, was das Korn gelte, wie man essen und trinken sollte; sondern er hat mit den Schriftgelehrten geredet vom Wort Gottes, hat ihnen zugehört anfänglich, wie sie die Schrift gedeutet haben, und sie alsdann darum gestraft; doch so, wie es einem jungen Knaben gebührt. Als, dass ich das zum Beispiel setze, wie wir in Matthäus sehen, wenn sie, die Schriftgelehrten, von dem fünften Gebot gepredigt und dasselbe allein dahin gedeutet haben, man solle mit der Hand nicht töten; ist er hervorgefahren und hat gesagt: Wahrlich, es wird sich nach diesem Gebot auch nicht leiden, wenn man den Leuten übel nachreden, ihnen fluchen oder mit ihnen zürnen wollte. Denn dies Gebot fordert ein freundliches Herz gegen den Nächsten.

    Auf eine solche Weise hat er sich hier auch lassen merken und offenbart, dass er, wie ein junges Kind, nach solchem und anderem, wie man es verstehen soll, gefragt hat, dass sie, die Schriftgelehrten selbst, sich solches verwundert und gedacht haben: Wo kommt doch der Knabe zu solchen Gedanken und Verstand? Denn ohne Zweifel wird er nichts gelitten noch unwiderredet haben lassen, was unrecht gewesen ist.

    Es wird auch nicht gefehlt haben, er wird die Lehrer haben gefragt, was sie vom Messias halten, wo er herkommen und was sein Amt sein werde? Aber von solchem allen wird er mit besonderer Demut, Zucht und Scham geredet haben und sich gestellt, als habe er’s irgend von seiner Mutter gehört. Dass jedermann gedacht hat, der Knabe hat den Heiligen Geist, es wird ein besonderer Mann aus ihm werden. Denn es pflegt sich ohne das um diese Zeit an der Jugend zu zeigen, dass man spüren kann, was draus werden und wie sie geraten soll.

    Das ist kurz die Geschichte, wie das Kindlein Jesus sich gegen seine Mutter und den Joseph hat offenbart, dass er sei mehr als ein anderes Kind; da er sich aus ihrem Gehorsam tut und will noch darum ungescholten sein.

    Nun beschließt St. Lukas das Evangelium und sagt: Er sei mit ihnen hinab gegangen nach Nazareth und ihnen untertan gewesen. Dass also dies Kind, das um seines Vaters willen im Himmel sich seiner Mutter entzogen hat, jetzt wiederum der Mutter gehorsam wird und dem Joseph, ob er’s wohl nicht schuldig war. Wie denn Lukas fein meldet in dem, dass er sagt: „Er war ihnen untertan.“ Als sollte er sagen: Er tat es aus freiem Willen, nicht aus Not; denn er war Gott und ein HERR Marias und Josephs. Dass er aber ihnen gehorsam war, das tat er nicht um Vaters und Mutters willen, sondern um des Beispiels willen. Denn dafür soll man’s achten, dass das Kind Jesus hat im Haus alles getan, was man ihn geheißen hat, Späne aufgelesen, Essen, Trinken geholt und sich nichts verdrießen lassen.

    Dies Beispiel soll sich die Jugend fleißig merken, dass der HERR, der unser aller Gott ist, solches in seiner Kindheit getan hat, und sich nichts lassen verdrießen, was man ihn geheißen hat, ob es gleich geringe, kleine und unansehnliche Werke sind gewesen: auf dass sie dergleichen auch tun und sich an solchen Gehorsam und Demut begeben lernen. Denn solches gefällt Gott wohl; und wie das vierte Gebot mitbringt, will er’s von allen Kindern so haben, dass sie den Eltern gehorsam und willig sollen sein.

    19. Vorzeiten war eine Frage in den Klöstern unter den jungen Mönchen, was Christus in seiner Kindheit getan hätte? Wie denn die Mönche ein eigenes Buch, Von der Kindheit Christi, gedichtet haben, da sehr viel ungeschicktes, törichtes Geschwätz drin ist. …

    Aber wenn du wirklich willst wissen, was Christus in seiner Jugend getan habe, so höre dem Evangelisten hier zu, da er sagt: „Er war ihnen untertan“, das ist, er tat, was Vater und Mutter ihn hießen, und ließ es sich nicht verdrießen. Da sollte ein jegliches Kind und Hausangestellte sich in ihr Herz schämen, die solche Geschichten von dem Kindlein Jesus hören und dennoch dergleichen Gehorsam weder den Eltern noch ihrer Herrschaft leisten, ja, in einem schändlichen Ungehorsam leben. Es tut’s nicht, dass du wolltest fragen, gedenken oder davon reden, wie allgemein jedermann tut: Wenn ich wüsste, was das Kindlein Jesus getan hätte, wollt ich’s auch tun. Wie die Mönche sagen: Franziskus hat das getan, so sich gekleidet, so gewacht; ich will auch so tun. Aber niemand weiß, was Christus getan hat. Da sage ich Nein zu. Denn hier steht geschrieben: „Er war ihnen untertan.“ Mit solchen Worten fast der Evangelist die ganze Jugend unsers lieben HERRN Christus.

    Was heißt es aber: „Er war ihnen untertan“? Anders nichts, als dass er ist gegangen in den Werken des vierten Gebots. Das sind aber solche Werke, deren Vater und Mutter im Haus bedürfen, dass er Wasser, Trinken, Brot, Fleisch geholt, des Hauses gewartet und dergleichen mehr getan hat, was man ihn hat geheißen, wie ein anderes Kind, das hat das liebe Jesulein getan.

    Da sollten billig alle Kinder, so gottselig und fromm sind, sprechen: Ach, ich bin’s nicht wert, dass ich zu den Ehren soll kommen und dem Kindlein Jesus gleich werden in dem, dass ich tue, was er, mein HERR Christus, getan hat. Hat er Späne aufgelesen und anderes, was ihm seine Eltern befohlen haben, getan, welches gemeine, geringe Werke anzusehen gewesen sind, wie sie im Haus vorfallen; ei, wie feine Kinder wären wir, wenn wir seinem Beispiel folgten und auch dasjenige täten, was uns unsere Eltern heißen, es wäre noch so schlicht und gering, wie es sein könnte. …

    Auf dass man solches fleißig merke und ja nicht daran zweifle, dass solche Werke hier durch das Kindlein Jesus so geheiligt und gepriesen sind, dass wir sollten das Maul danach zufallen, dass wir nur auch dazu könnten kommen. Aber die Welt lässt sich nichts sagen. Darum haben wir solche Werke und Gehorsam anstehen lassen und sind in Teufels Namen hingelaufen in Klöster, nach St. Jakob [Santiago de Compostella] und anderswo. Hat jedermann gemeint, er wolle es besser und köstlicher machen als das liebe Kindlein Jesus. Haben nicht gesehen, dass solche Hauswerke und Gehorsam gegen Vater und Mutter geheiligt sind durch diese heilige Person, den Sohn Gottes, welcher selbst in seiner Jugend Holz getragen, eingeschürt, Wasser geholt und dergleichen andere Hausarbeit getan hat, dass wir nicht wert sind, ihm solches nachzutun.

    Deshalb sollten wir diese Geschichte mit Fleiß lernen und uns für selig achten, wenn wir in solchem Gehorsam und Werken hergingen, da wir sehen, dass Christus selbst sich solche Werke nicht hat verdrießen lassen. Denn es sind tausendmal bessere und heiligere Werke als aller Mönche Werke in Klöstern immer können sein. Denn das Kindlein Jesus ist nicht in ein Kloster gelaufen, sondern im Haus geblieben, hat dem Joseph und seiner Mutter gedient; uns zum Beispiel, auf dass wir lernen, wie solches eitel köstliche, edle, heilige Werke sind, die Christus, unser lieber HERR, selber getan hat.

    Das also ist die Zusammenfassung des heutigen Evangeliums: Christus ist ein HERR über alles; und dennoch, uns zum Exempel, lässt er sich herunter, ist Vater und Mutter gehorsam; auf dass wir beides lernen, erstlich den Gehorsam gegen Gott, danach auch gegen Vater und Mutter und alle Obrigkeit treu leisten. So können wir zu beiden Teilen rühmen, wir haben recht getan und wird deshalb alles Glück und Segen bei uns sein. Das verleihe uns unser lieber HERR Christus. Amen. 

 

 

Evangelienpredigt zum zweiten Sonntag nach Epiphanias ueber Johannes 2,1-11: Jesus Christus auf der Hochzeit zu Kana

 

Johannes 2,1-11: Und am dritten Tag ward eine Hochzeit zu Kana in Galiläa; und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger wurden auch auf die Hochzeit geladen. Und da es an Wein gebrach, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben nicht Wein. Jesus spricht zu ihr: Frau, was habe ich mit dir zu schaffen? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. Es waren aber allda sechs steinerne Wasserkrüge gesetzt nach der Weise der jüdischen Reinigung, und gingen in je einen zwei oder drei Maß. Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser. Und sie füllten sie bis obenan. Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt’s dem Speisemeister.  Und sie brachten’s. Als aber der Speisemeister kostete den Wein, der Wasser gewesen war, und wusste nicht, woher er kam (die Diener aber wussten’s, die das Wasser geschöpft hatten), ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jedermann gibt zum ersten guten Wein, und wenn sie trunken geworden sind, alsdann den geringeren; du hast den guten Wein bisher behalten. Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen zu Kana in Galiläa und offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.

 

    Dies ist das erste Wunderzeichen, das unser lieber HERR Jesus auf Erden getan hat, damit er, wie Johannes selbst meldet, sine Herrlichkeit seinen Jüngern hat wollen offenbaren, auf dass sie an solchem Wunderzeichen ihn kennen lernten und für den Sohn Gottes und rechten Messias hielten; da er das kann, das sonst kein Mensch auf Erden kann, nämlich die Kreatur ändern und aus Wasser Wein machen. Solche Kunst ist allein Gottes Kunst, der ein HERR über die Kreatur ist; die Menschen können es nicht.

    Deshalb soll dieses Wunderwerk vornehmlich dazu dienen, dass wir unseren lieben HERRN Christus recht lernen erkennen und mit gewisser Zuversicht, wo Mangel und Not bei uns sich findet, zu ihm Zuflucht haben, Hilfe und Gnade bei ihm suchen; die soll uns gewiss zu rechter Zeit widerfahren. Solches ist das vornehmste Stück aus dem heutigen Evangelium.

    Weil man aber bei allen Wunderwerken Christi solche Lehre und Trost findet, wollen wir jetzt besonders von dem handeln, dass der HERR solches Wunderzeichen eben auf der Hochzeit tut, auf dass die Lehre vom Ehestand auch unter den Christen bliebe; denn es ist viel daran gelegen.

    So ist’s auch besonders darum hoch vonnöten. Denn wie ihr wisst, ist der Ehestand unter dem Papsttum sehr verachtet und allein die Jungfrauschaft und Keuschheit gepriesen worden. Wie aber Gott die ehelosen Geistlichen wiederum bezahlt und gestraft habe, wissen wir zu guter Maß, dass ihnen nicht allein Lust und Liebe zum Ehestand genommen, sondern auch die Liebe zu den Frauen schier ausgelöst ist. Dass es [ein] groß[es] Wunder ist, dass nicht längst der gottlosen sodomitische Haufe in Stiften und Klöstern im Papsttum allein dieser Sünde halben, welche aus Verachtung des ehelichen Lebens folgt, mit höllischem Feuer angezündet und in den Abgrund der Hölle versenkt ist.

    Dass wir aber andere Gedanken vom Ehestand fassen und denselben nicht, wie der Papst, fliehen und hassen, dient dies Evangelium zu; darin wir sehen, dass der HERR sein erstes Wunderzeichen auf der Hochzeit zu Kana in Galiläa, in dem armen kleinen Flecken tut, da er 30 Jahre alt, von Johannes schon getauft und jetzt angefangen hat, ein Prediger zu sein. Des Papsts Heiligkeit und Weisheit nach hätte es dem HERRN Christus viel besser angestanden, dass er’s zuvor getan hätte, ehe er in das geistliche Amt getreten und vom Heiligen Geist zum Prediger gesalbt und berufen wäre worden.

    Aber es ist solches ein treffliches und nützliches Beispiel, nicht allein gegen des Papstes Irrtum, der bei uns, Gott Lob! tot und hin ist, sondern auch gegen die zukünftigen Rotten, die es für eine große Heiligkeit halten, den Ehestand und andere bürgerliche Wesen lassen und hin in die Wüste oder Einöde laufe, da man bessere und ruhigere Tage hat als im Ehestand, da man sich mit Frau, Kindern, Knechten, Mägden, bösen Nachbarn zanken, schelten und zuweilen auch schlagen muss. Daher der Ehestand wohl möchte ein mühseliger Stand genannt werden, da Mühe und Arbeit genug drinnen ist, wenn du Gottes Geschöpf, Stiftung, Segen und Wort aus den Augen willst setzen. Dagegen haben die Mönche ihr Leben ein heiliges, vollkommenes Leben geheißen. Aber, wie vor Augen, ist’s wahrhaftig ein faules, geruhsames, gute, süßes und epikurisches Leben, da sie alles genug gehabt, und die armen Leute in der Welt gelassen haben, denen ihre Nahrung hat müssen sauer werden, und haben dennoch den Namen haben müssen, dass sie in einem seligen, guten Stand wären.

    Wiewohl nun das Beispiel, welches uns Christus hier vorgebildet hat, groß und trefflich ist; so hat’s doch bei den heillosen Leuten nicht geholfen. Man hat’s wohl in der Kirche gelesen; aber da ist keiner gewesen, der dies Licht hätte können sehen und sagen: Wenn es denn so gut ist, in die Wüste gehen oder in das Kloster laufen, warum ist Christus auf die Hochzeit gegangen? Ist’s denn so bös, in der Welt leben und ehelich werden: Warum ehrt denn Christus den ehelichen Stand mit seiner Gegenwart und mit so einem herrlichen Wunderwerk?

    Nun hätte es seine Meinung gehabt, wenn solches Kloster- oder Einsiedlerleben auf zwei oder drei Wochen, auf ein Jahr oder zwei angestellt wäre. Aber dass man die Ehe nicht allein flieht, sondern auch in Ewigkeit abschwört, das heißt den ehelichen Stand aufs Höchste verachtet und verunehrt, und anstatt desselben nicht einen heiligen Stand, sondern Ruhe und ein stilles Leben gesucht, gegen Gottes Befehl und Ordnung.

    Deshalb lernt hier, dass unser HERR Gott das vierte Gebot ehrt. Denn wo Hochzeit, das ist, Vater und Mutter ist, da muss auch Haushalten sein, da werden Frau und Kind, Knechte und Mägde, Vieh, Acker, Handwerk und Nahrung sein. Dies alles zumal will der HERR uns, als ein heiliges Leben und seligen Stand, hiermit befohlen haben, dass ihn niemand verachten, sondern ehren und für groß halten soll, wie er ihn ehrt.

    Darum ist dies Evangelium eine rechte Predigt für das junge Volk, dass es lerne, wie man unserm HERRN Gott auch wohl im Haus dienen kann und nicht vonnöten sei, etwas Besonderes anzufangen; wie der geschmierte und beschorene Haufen getan. Denn ein Hausvater, der sein Haus in Gottesfurcht regiert, seine Kindlein und Gesinde zu Gottesfurcht und Erkenntnis, zu Zucht und Ehrbarkeit zieht, der ist in einem seligen, heiligen Stand. So eine Frau, die die Kinder wartet mit Essen, Trinken geben, Wischen, Baden, die muss nach keinem heiligeren, gottseligeren Stand fragen. Knecht und Magd im Haus auch so, wenn sie tun, was ihre Herrschaft sie heißt, so dienen sie Gott; und sofern sie an Christus glauben, gefällt es Gott viel besser, wenn sie auch die Stuben kehren oder Schuhe auswischen, als aller Mönche Beten, Fasten, Messe halten und was sie mehr für hohe Gottesdienste rühmen.

    Deshalb soll man solch Hausleben im Ehestand keineswegs verachten, noch, wie es die Mönche gelästert haben, für einen weltlichen, unseligen Stand halten. Denn hier sehen wir, dass der HERR Christus selbst zur Hochzeit geht. Solches gilt aber nicht allein der Hochzeit, sondern dem ganzen Haushalten; das will Gott geehrt haben, wie das vierte Gebot, welches das höchste in der zweiten Tafel ist, ausweist.

    Deshalb, bist du Vater und Mutter, so bleibe in solchem Stand und lerne, dass Gott ein Gefallen daran geschieht, wenn du tust, was du solches Standes halben tun sollst. Bist du ein Knecht oder Magd, so lerne, dass Gott einen Gefallen an deinem Stand hat. Denn Gott hat den Ehestand selbst gesegnet und geehrt, hat die Hochzeit geehrt mit seiner Gegenwart und erstem Wunderwerk, da er schon ein Prediger war. Er hätte auch können sagen: Ich will nicht kommen, will meines Predigens warten; es ist ein weltliches Tun; mir ist ein geistliches Amt befohlen, nach dem muss ich mich halten.

    Aber er, als der höchste Bischof, lässt das Amt, da er besonderen Befehl zu hatte, an solchem sich nicht irren, verachtet die Hochzeit nicht, welche des Haushaltens Anfang ist; sondern ehrt, lobt und preist so die Werke in solchem Stand, dass jedermann dazu soll willig sein und sagen: Weil Gott mich so gesetzt und geordnet hat, das sich als eine Magd, als ein Knecht, als ein Kind, als ein Ehemann, als eine Hausmutter soll dem Ehestand und zum Haushalten dienen, so will ich’s gern tun und meinem Gott in solchem Stand mit Freuden dienen. Denn ich sehe, dass der hohe Prediger, mein HERR und Gott, Christus Jesus, sich selbst hierher gibt und kommt auf die Hochzeit, diesem Stand nicht allein zu Ehren, sondern auch zur Hilfe und Erhaltung.

    Diese Lehre ist nötig gewesen gegen die Ketzer und Papst, und ist noch heute nötig gegen die Rottengeister, wie Wiedertäufer und dergleichen, die da kommen und sagen: Es ist nichts mit dem Haushalten, es geht so und so zu, jetzt hat man untreues Gesinde, jetzt muss man sich mit dem Nachbarn zanken, jetzt steht einem ein anderer Unfall mit Frau, Kindern, Nahrung zu; wie kann man bei so viel Unruhe, deren kein Maß noch Ende im ehelichen Leben ist, an Gott denken und Gott dienen? Ich wollte es nicht ansehen, will ich ein Kloster laufen, da ich solcher Unruhe aller entladen bin usw. Sind also hingefahren in des Teufels Namen, der in diesen, der andere in einen andern Orden und Stand.

    Solches soll man merken, auf dass dergleichen tolle Geister nicht wieder kommen. Denn hier steht’s klar, wie der HERR Christus selbst, da er auf die Hochzeit kommt, Braut und Bräutigam nicht von einander geschieden, sondern sie bei einander gelassen und selbst dazu geholfen habe, dass die Hochzeit desto ehrlicher ausgerichtet würde. Mit solchem schönen Beispiel hat er uns wollen lehren, dass es ihm auch soll wohl gefallen, wo man zum Haushalten treu hilft und dient. Denn ob sich schon Mangel da finden würde, lass dich’s nicht erschrecken; siehe nur, dass du Christus bei dir habest und nicht gottlos seist: So will er aus Wasser Wein machen und deinen Stand so segnen, dass du sollst genug haben, und soll sich endlich finden, was man bedarf, ob es gleich eine Weile mangelt und anstößt.

    Solches sieht man auch in der Erfahrung. Wenn Mann und Frau fein christlich miteinander leben, so nährt sie unser HERR Gott so leicht dass sie mehr kriegen als sie meinen. Und ich halte es gänzlich dafür, es sei kein Handwerker, der anders seiner Arbeit fleißig obliegt und gottesfürchtig ist, wenn man ihm so viel Geld auf einen Haufen auf einen Tisch vorschüttete, wieviel er ein ganzes Jahr erarbeiten kann, der sich damit getraute zu erhalten. Aber da geht Gottes Segen heimlich, dass man heute einen Pfennig, morgen wieder einen löst, und sich dermaßen behilft, dass man muss Gottes Segen bei solchem stillen Haushalten spüren. Dass also unser lieber HERR Christus noch heutiges Tages in meinem und deinem Haus (wenn wir nur gottselig und fromm sind und ihn sorgen lassen) Wasser zu Wein macht. Ebenso, er macht, dass aus einem Stück Brot zehn müssen werden, und ein Rock so lange währen wie sonst drei. Dass wir auch solcher Erfahrung halben, wenn wir nur die Augen auftun wollten, sollten sagen: HERR, die Werke der Haushaltung gehören dir an, dir dient man damit; denn du hast sie geehrt und ehrst sie noch mit deinem Segen. Darum will ich sie auch nicht verachten, sondern fleißig dazu helfen in meinem Stand.

    Der Evangelist meldet besonders, wie die Mutter Jesu auch sei da gewesen. Die wird vielleicht der Braut Mutter auf der Hochzeit gewesen sein. Denn sie nimmt sich des Tuns an, als sei ihr besonders daran gelegen, da sie Mangel sieht. Denn es scheint, als sei es eine Mattheshochzeit [Hochzeit eines armen Schluckers] gewesen, auf welcher Wein und Brot gemangelt habe. Da denke nun abermals, so Gott der Ehestand nicht gefiele, sollte nicht Jesus zu ihr gesagt haben: Ei Mutter, du bist so herrlich und groß, bist allein unter allen Frauen eine Jungfrau und eine Mutter des Sohnes Gottes, solltest deshalb allein der Kirche und des Gottesdienstes warten: So begibst du dich hierher in diese Arbeit, wie man Hochzeit wohl verrichte? Und ist wahr, lächerlich ist’s, dass die heilige Mutter soll sich geben in das geringe Werk und auf der Hochzeit eine Magd sein, und den Leuten mit Kochen, Zuschicken und anderm dienen. Aber es geschieht alles, wie ich jetzt oft gemeldet habe, auf dass wir lernen, diesen Stand recht erkennen, welchen Christus und die Jungfrau Maria so hoch ehren.

    Dennoch hat solches Beispiel nichts geholfen im Papsttum und hilft bei dem ungehorsamen, untreuen Hausgesinde aus nichts. Denn niemand will es glauben noch für wahr halten, dass es Gott gedient sei, wenn man im Haus treu und fleißig dient. Sonst würden Knecht und Magd, Kind und Gesinde lustig und guter Dinge sein zu aller Arbeit und sich aus ihrem Hausdienst ein lauter Paradies machen und sagen: Ich will meinem Herrn, meiner Frau zu Gefallen tun und lassen, was sie wollen. Ob ich zuweilen gescholten, was schadet’s; da ich das fürwahr weiß, dass mein Stand unserm HERRN Gott ein Dienst und wohlgefällig Leben ist; denn mein Erlöser, Christus selbst, ist zur Hochzeit gegangen und hat dieselbe mit seiner Gegenwart und seiner Mutter Maria Diensten geehrt: Sollte ich nun solchem Stand zu Ehren und Dienst nicht gern etwas tun und leiden? Aber man findet solche Dienstboten sehr wenig; der größte Teil ist so verstockt, ob er bleich diese Geschichten hört, dass er’s dennoch nicht bedenken, noch sich bewegen will lassen, dass er’s im Haus bekommen und haben kann, dass er Gott da auf das beste diene, mehr als eine Nonne oder Mönch im Kloster, wenn es ihnen gleich noch so sauer würde. Aber niemand nimmt’s zu Herzen; niemand glaubt’s. Darum geschieht’s alles mit einem Unwillen und Unlust und ist nicht möglich, dass Glück oder Heil bei solchem unwilligen Gesinde könne sein.

    Denn sollte nicht eine gottesfürchtige und fromme Magd im Haus, die kochen und anderes tun muss, an solchem Beispiel der Mutter Gottes sich trösten und freuen und sagen: Dass ich kochen und anderes tun muss, das ist eben der lieben Jungfrau Maria Dienst auf der Hochzeit gewesen; die machte sich auch zu schaffen, sah zu, wie es alles wohl verrichtet würde usw. Und ob’s wohl ein geringes Werk ist, das ich im Haus tue, und kein Ansehen hat, so tue ich’s doch Gott zu Ehren, der das befohlen hat und will, dass ich solchen Gehorsam und Fleiß tun soll, und weiß, wo ich dem nachkomme, dass es ihm wohl gefällt. Es achte nun die Welt solchen Gehorsam, wofür sie wolle; so sollen doch die, so da Christen wollen sein, ihn für groß und einen rechten Gottesdienst halten und mit allem Willen ausrichten. So könnte eine Magd oder Knecht im Haus sich selbst in seinem Stand und über seiner Arbeit eine Freude schöpfen und Gott ein Wohlgefallen tun und sagen: Ich danke dir, HERR, dass du mich in diesen Dienst geordnet hast, da ich weiß, dass ich dir mit diene mehr als alle Mönche und Nonnen, die für ihren Dienst keinen Befehl haben. Ich aber habe Gottes Befehl, im vierten Gebot, dass ich Vater und Mutter ehren, Herren und Frauen mit allem Fleiß und Treue dienen und zum Haushalten helfen soll; will deshalb mit Lust und Liebe demselben nachkommen.

    Wer sich so in die Sache schickte, der täte, was er tun sollte, mit Freude und Lust, und wäre hier bereits im Paradies; und unser HERR Gott würde auch ein Wohlgefallen daran haben, mit allen seinen Engeln. Desgleichen Herr und Frau, die würden wiederum solche Treue und willigen Dienst reichlich vergelten. Denn treues, frommes Gesinde wird allenthalben wert gehalten. …

    Darum lasst uns dies Beispiel wohl lernen, dass jedermann willig und gern diene und helfe zu diesem Stand, welchen unser HERR Gott selbst hoch gesetzt und geehrt und einen Brunnen und Quelle aller andern Stände auf Erden gemacht hat. Denn das Haushalten oder Ehestand muss alle Könige und Fürsten erhalten: Nicht allein deshalb, dass Könige und Fürsten aus dem Ehestand kommen; sondern dass man weder Leute noch Zinse würde haben, wenn nicht Eheleute wären. Denn der Haushalter muss es erwerben, wovon alle Stände in der Welt, vom höchsten bis auf den geringsten, erhalten werden. …

    Besonders aber sollen die Eheleute den Trost hier fassen, wenn sie fromm und gottesfürchtig sind, dass sie Gott nicht lassen, sondern mit seinem Segen gern bei ihnen zusetzen will und allen Mangel wenden, wie er hier tut. Denn da wird anders nichts draus, Eheleute müssen viel Anstöße haben wegen Nahrung und anderem. Aber hat man Christus auf der Hochzeit, dass man gottesfürchtig ist, so soll der Segen und die Hilfe nicht draußen bleiben. …

    Solches sollt ihr aus dem heutigen Evangelium lernen und Gott um seine Gnade anrufen, dass wir es behalten und uns so christlich in unsern Beruf schicken können. Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum dritten Sonntag nach Epiphanias ueber Matthaeus 8,1-13: Das Gebet des Glaubens

 

Matthäus 8,1-13: Da er aber vom Berge herabging, folgte ihm viel Volks nach. Und siehe, ein Aussätziger kam und betete ihn an und sprach: HERR, so du willst, kannst du mich wohl reinigen. Und Jesus streckte seine Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will’s tun; sei gereinigt! Und alsbald ward er von seinem Aussatz rein. Und Jesus sprach zu ihm: Siehe zu, sag’s niemand, sondern gehe hin und zeige dich dem Priester und opfere die Gabe, die Mose befohlen hat, zu einem Zeugnis über sie. Da aber Jesus einging zu Kapernaum, trat ein Hauptmann zu ihm, der bat ihn und sprach: HERR, mein Knecht liegt zu Hause und ist gichtbrüchig und hat große Qual. Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen. Der Hauptmann antwortete und sprach: HERR, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund. Denn ich bin ein Mensch, dazu der Obrigkeit untertan, und habe unter mir Kriegsknechte; doch wenn ich sage zu einem: Gehe hin! so geht er, und zum andern: Komm her! so kommt er, und zu meinem Knecht: Tue das! so tut er’s. Da das Jesus hörte, verwunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch, solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden. Aber ich sage euch: Viele werden kommen vom Morgen und vom Abend und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich sitzen. Aber die Kinder des Reichs werden ausgestoßen in die äußerste Finsternis hinaus, da wird sein Heulen und Zähneklappen. Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Gehe hin; dir geschehe, wie du geglaubt hast! Und sein Knecht ward gesund zu derselben Stunde.

 

    Im heutigen Evangelium werden uns zwei Stücke vorgehalten: Das erste von dem Aussätzigen, welchen der HERR rein macht; das andere von einem Hauptmann, der einen kranken Knecht hatte. Solche Wunderzeichen, meldet der Evangelist, habe Christus bald nach der langen Predigt auf dem Berg getan. Denn so sollte es gehen, dass er erst predigte und danach solche Predigt mit Wunderwerken bezeugte, dass jedermann könnte urteilen, dass die Predigt recht und nicht falsch wäre und desto eher glaubte.

    Wir bedürfen, Gott Lob! der Wunderzeichen nicht; denn die Lehre ist bereits mit Wunderzeichen so bezeugt, dass niemand dran zweifeln soll. Aber dennoch will es sonderlich mit denen, so das Wort führen, vonnöten sein, dass sie nicht allein als Christen reden können, sondern auch als Christen leben und mit dem Werk der Lehre Zeugnis geben und ihren Glauben sehen lassen. Denn das Reich Gottes steht nicht, wie St. Paulus sagt, in den bloßen Worten, sondern in der Kraft. Wo nun Lehre und Werk zusammenstimmen, da schafft es Frucht. Da dagegen jedermann sich muss ärgern, wenn das Leben böse ist und sich mit der Lehre nicht reimt.

    Nun sind aber solche zwei Wunderwerke hier nicht allein anzusehen als Zeugnisse der Lehre (denn weil es solche Werke sind, die über alle menschliche Kraft und Vermögen sind, muss die Vernunft für sich selbst schließen, wie wir an Nikodemus, Joh. 3,2, hören, dass solche Zeichen niemand tun kann, es denn Gott mit ihm); sondern sind auch anzusehen als Beispiele des Glaubens und der Liebe. Denn er sieht nicht, was für ein freundliches Herz unser lieber HERR Christus hat, dass er sich mit einem Wort lässt aufbringen und hilft, da sonst alle Welt nicht helfen kann? Das ist je ein Zeichen, dass er’s mit den armen, betrübten, elenden Leuten nicht übel meine; sonst würde er tun, wie wir tun, wenn wir unlustig und zornig sind, so man kommt und etwas von uns begehrt oder haben will, heben wir niemand ein gutes Wort. Das tut Christus nicht. Der Aussätzige hat den Mund noch nicht recht aufgetan, alsbald ist Christus da, rührt ihn an und sagt, er wolle ihm gern helfen; und hilft ihm auch.

    Solche Gutwilligkeit soll nicht allein uns reizen, dass wir in unsern Nöten auch Hilfe bei ihm suchten und hofften, er werde uns nicht lassen; sondern sollte uns vorleuchten, dass wir dergleichen Liebe und Freundlichkeit unserem Nächsten auch bewiesen, und in solchem Werk, gleichwie Christus, auf nichts als auf den Gehorsam gegen Gott und des Nächsten Not und Besserung sähen. Denn Christus sucht mit solcher Hilfe weder Ehre noch Gut; allein sieht er dahin, dass der arme Mensch solcher Hilfe bedarf und dass Gottes Ehre damit gefördert und ihm so der Gehorsam geleistet wird.

    Damit aber dienst du Gott nicht, wenn du einem etwas zugute tust, dass er wir wieder dienen und du solche Wohltat wieder genießen könntest, sondern dienst dir selbst damit. Wer aber Gott und seinem Nächsten recht will dienen, der sehe nicht auf seinen Nutzen, sondern nur auf die Not, so vorhanden ist, und dass es Gott haben will und so befohlen hat, dass man den Nächsten in der Not nicht soll stecken lassen, wenn man gleich nimmermehr dafür einen Strohhalm genießen, ja, noch allen Undank damit verdienen sollte. Wie wir in einer andern Geschichte sehen, da Christus zehn Aussätzige reinigt und nur einer wiederkommt und ihm für die Wohltat dankt, die andern neun hätten ihn nicht angesehen. Dass Christus solchen Undank nicht zuvor gewusst hat, ist nicht möglich. Aber unangesehen solchen Undanks, da sie ihn bitten, hilft er ihnen und Gott das Übrige.

    Ebenso mag man von der Liebe sagen im andern Wunderzeichen, mit dem Hauptmann. Alles miteinander rechnet’s Christus dahin, dass Gottes Gnade und Güte gepriesen und den armen Leuten in ihrer Not geholfen werde. Das heißt eine rechte Liebe, die auf nichts als auf Gottes Wort und Befehl sieht.

    Das Beispiel des Glaubens ist auch über die Maßen schön, dass der aussätzige Mensch, der sonst des Gesetzes halben unter die Leute nicht geht, mit ihnen in der Nähe weder reden noch anderes darf tun, sich zum HERRN Christus ohne Scheu findet, fällt vor ihm nieder und bittet: „HERR, so du willst, so kannst du mich wohl reinigen.“ Da sieht man beides: Er glaubt fest und ohne Zweifel, Christus sei so gütig und daneben so allmächtig, dass er ihm könne helfen in der Krankheit, da sonst allen Menschen unmöglich ist, dass sie konnten helfen; so doch er, der HERR Christus, gleichwie andere Menschen, daher ging, keine besondere Pracht noch Schein führte, dennoch, ob er solches fest glaubt, setzt er solche Bitte dem HERRN Christus heim, wo er ihm nicht wolle helfen, das ist, so es gegen Gottes Ehre und seine Seligkeit wäre, so wolle er solchen Jammer gern dulden und tragen.

    Das heißt nicht allein recht glauben, sondern auch recht beten; wie es denn allwege beieinander ist: Wer recht glaubt, der betet recht; wer nicht recht glaubt, der kann nicht recht beten. Denn mit dem Gebet muss es erstens so sein, dass das Herz gewiss sei, Gott sei so gnädig und barmherzig, dass er unsere Not gern wenden und uns helfen wolle.

    Besonders aber soll solches Vertrauen fest und gewiss sein in den Stücken, so Gottes Ehre und unsere Seligkeit betreffen, wie da sind Vergebung der Sünden, Rettung wider den Teufel und Tod, dass Gott seinen heiligen Geist in unsere Herzen geben, uns in seinem Wort erhalten, in keine Anfechtung sinken, im Glauben und Liebe alle Tage zunehmen wolle lassen usw. Solche Stücke dienen vornehmlich zur Ehre Gottes und unserer Seligkeit. Deshalb soll das Herz nimmermehr zweifeln, wenn man Gott drum bittet, er werde es gern geben und uns solche Bitte nicht versagen. Denn dazu bedürfen wir der Hilfe Gottes, und Gott hat sie uns in seinem Wort versprochen.

    Wer aber in solchen Sachen bitten wollte, wie der Aussätzige hier: „HERR, so du willst“, so vergib mir meine Sünde, mache mich selig usw., der betet unrecht. Denn da können wir an Gottes Willen nicht zweifeln, dass er solches tun wolle, da er uns in seinem Wort seinen Willen schon offenbart hat, dass er wolle, dass jedermann selig werde und solcher Ursache wegen seinen Sohn, unsern HERRN Jesus Christus, am Kreuz für aller Welt Sünde bezahlen hat lassen und geboten, jedermann soll ihn hören, annehmen und an ihn glauben.

    Warum stellt der Aussätzige seine Bitte so, dass er dies Wort hinzusetzt und spricht: „So du willst, so kannst du mich reinigen“? Hier muss man auf den Handel sehen, worum es zu tun sei. Zuvor habe ich gesagt, was unsere Seligkeit und ohne Mittel Gottes Ehre betrifft, da dürfe man das Gebet in keinen Zweifel setzen. Denn Gottes Wille ist offenbar, dass er seine Ehre und unsere Seligkeit will ungehindert haben. Aber eine solche Meinung hat er nicht mit dem Zeitlichen. Es kann einer arm, krank, elend und verachtet sein und dennoch selig werden, wie es denn mit allen Christen geht. Weil nun an solchem zeitlichen Mangel die Seligkeit nicht liegt, sondern solcher Mangel kann oft zu etwas Gutem dienen: Darum, wer um Rettung und Hilfe bittet, der soll wohl glauben, dass Gott könne helfen und werde helfen; aber doch soll er seinen Willen in Gottes Willen setzen: Wo es zu Gottes Ehre nicht dienen oder uns an unserer Seligkeit soll nachteilig sein, so wollten wir solches Kreuz gern länger tragen.

    Das heißt in solchen Sachen recht beten, nämlich Glauben, Gott könne helfen; und dennoch Gott weder Zeit, Maß noch Ziel setzen, wie und wann er uns helfen soll. Denn es hat allgemein mit uns den Mangel, dass wir nicht allewege wissen, was und wie wir bitten sollen; wie St. Paulus sagt Röm. 8,26. Dagegen aber müssen wir bekennen, dass Gott wohl wisse, was zu seiner Ehre und unserer Seligkeit am besten sei. Deshalb sollen wir unseren Willen in seinen setzen und gar nicht zweifeln, so solche Bitte zu seiner Ehre und unserer Seligkeit gereichen soll, er werde gewiss uns erhören.

    Darum sollen wir dieses Beispiel wohl merken, dass wir auch so lernen beten und ja in unsern Herzen keinen Zweifel haben, Gott sei uns gnädig, er wisse unsere Not und Jammer und wolle unsere Not und Anliegen sich befohlen lassen sein. Solches sollen wir fest glauben und dennoch uns demütigen und sprechen: HERR, du weißt Zeit und Stunde, darum tue, was mir nütze und deinem Namen ehrlich ist. Wie der Aussätzige hier auch tut: Dass Christus helfen könne, da zweifelt er auch nicht dran; denn sonst würde er ihn nicht angeschrien haben, wo er an seinem Willen einen Zweifel hätte gehabt.  Aber neben dem muss er bekennen, dass ihm nicht gebühren wolle, Ort, Stunde, Weise und Wege zu bestimmen, wann und wie ihm soll geholfen werden. Solcher Glaube und Gehorsam gefällt dem HERRN Christus besonders wohl; darum hilft er dem Armen eben zu der Stunde, an dem Ort und auf die Weise, da er’s nicht hätte begehren dürfen.

    Daher kommen die schönen Sprüche aus den Propheten, Ps. 27,14: „Harre des HERRN, sei getrost und unverzagt und harre des HERRN“; Ps. 130,5.6: „Meine Seele wartet auf den HERRN, und ich hoffe auf sein Wort. Meine Seele wartet auf den HERRN von einer Morgenröte zur andern“; Hab. 2,3: „Ob die Verheißung verzieht, so harre ihrer, sie wird gewiss kommen und nicht verziehen.“ Denn das sieht man in allen Geschichten, dass die Hilfe endlich nicht außen bleibt, ob sie gleich lange verzieht. So hat Gott auch seine besondere Rechnung darauf. Denn darum erhört er nicht so bald und verzieht die Hilfe, auf dass er Ursache habe, mehr und reichlicher zu geben als wir beten oder verstehen können, wie St. Paulus sagt Eph. 3,20.

    Was meint aber der HERR damit, nachdem er den Aussätzigen rein gemacht hat, dass er ihn zum Priester weist und heißt ihn das Opfer bringen, wie Mose befohlen hat? Es ist nicht unrecht geantwortet, dass man sagt: Der HERR Christus habe in diesem Fall uns ein Beispiel der Liebe vorgestellt; weil er, der es doch Macht hatte, den Priestern das nicht entziehen will, was ihnen von Gott gegeben und gegönnt war, dass wir auch jedermann bei seinem Rechten bleiben lassen und niemand, was ihm gebührt, entziehen sollen.

    Aber die vornehmste Ursache solches Befehls geht dahin, dass der HERR sein Wunderwerk will öffentlich bezeugt haben, auch von seinen Feinden. Denn dass der Priester das Opfer von diesem annimmt und gibt ihm das Zeugnis, er sei rein, das dient dazu, dass er und alle Menschen Christus sollen angenommen und an ihn geglaubt haben, als an den rechten Messias. Denn da standen die Prophezeiungen, Christus sollte solche Wunderwerke tun, wenn er in die Welt kommen würde. Darum führt der HERR diese Worte und spricht: „Opfere die Gaben, die Mose befohlen hat, zum Zeugnis über sie.“ Als sollte er sprechen: Sie werden bekennen müssen, dass dennoch an mich nicht glauben und mich für den Messias nicht wollen annehmen, das ist ein lauter verstockter Mutwille, der soll wohl gerächt werden. Indes soll dennoch solches Zeugnis gegen wie den andern dienen, dass sie mich annehmen und an mich glauben.

    Der Papst hat aus diesem Befehl die Beichte wollen gründen, weil sie Sünde dem Aussatz kann verglichen werden, dass man sich dem Priester zeigen und so von Sünden reinigen soll lassen. Aber es ist ein sehr fauler Grund. Denn was geht’s uns an, was Gott den Juden des Aussatzes halben geboten hat? Haben wir doch keine solchen Priester. Und wenn wir’s schon hätten, so ist’s gewiss, die Priester haben die Aussätzigen nicht rein gemacht; sondern wenn wie rein gewesen, so haben sie ihnen das Zeugnis gegeben, dass sie rein sind. Wie reimt sich aber das auf die Beichte, da man dafür gehalten, dass sie zur Vergebung der Sünden diene? Denn die Aussätzen haben den Priestern nicht den Aussatz, sondern einen schönen reinen Leib weisen sollen, wenn sie mit dem Opfer vor den Priester gekommen sind. …

    Das andere Wunderwerk mit dem kranken Knecht ist auch ein Zeugnis der Lehre Christi, dass man muss bekennen, weil Gott mit Wunderwerken so bei sich hält, dass seine Lehre rein, recht und gut, und er der rechte Messias oder Christus sei.

    Aber daneben ist hier ein treffliches Beispiel eines besonderen, hohen und großen Glaubens in dem Hauptmann; wie denn der HERR selbst solchen Glauben dermaßen rühmt, dass er desgleichen in Israel und unter dem heiligen Volk nicht gefunden habe. Solchen Glauben spürt man erstlich in dem, dass dieser Hauptmann, ob er gleich kein Jude, sondern ein Heide ist, dennoch zum HERRN Christus schickt, in vollem Vertrauen, er werde ihn nichts entgelten lassen; sondern wie er könne, so wolle er ihm auch helfen. Denn wo diese Zuversicht nicht fest in seinem Herzen gewesen, so würde er, wie Lukas schreibt, die Ältesten der Juden nicht bemüht und zu Jesus geschickt haben. Dass er sie aber zu ihm geschickt, ist ja ein Zeichen, dass er hofft, er wolle etwas bei ihm erlangen.

    Bei solchem Vertrauen und Glauben steht eine besonders hohe und große Demut, dass er sich nicht würdig achtet, dass er selbst zu Christus gehen und ihn bitten soll: sondern schickt erst die Ältesten der Synagogen und danach, wie er hört, dass der HERR komme, schickt er, wie St. Lukas sagt, seine Freunde ihm entgegen, lässt ihn bitten, er wolle sich nicht bemühen; denn er erkenne sich unwürdig, dass der HERR ihm nachgehen soll. So könne er, der HERR, die Sache, darum er gebeten sei, mit einem Wort ausrichten, ob er gleich nicht persönlich da sei. Solches glaubt dieser Hauptmann so gewiss, dass er sein eigenes Beispiel anzeigt und spricht: „Ich bin ein Mensch, der Obrigkeit untertan, und habe Kriegsknechte unter mir und spreche zu einem: Gehe hin, so geht er hin; zum andern: Komm her, so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das, so tut er’s.“ Ist nun mein Wort so kräftig, der ich ein Mensch bin; wieviel mehr muss kräftig sein, spricht er zu Christus, wenn du ein Wort sagst! Das heißt nicht allein glauben, sondern vom Glauben und seiner Art auf das beste und herrlichste predigen und lehren. Darum wäre es wohl zu wünschen, dass wir an Christus dermaßen auch könnten glauben, der durch sein Wort so reichlich bei uns wohnt, ob wir gleich seine Person nicht sehen.

    Ein sehr herrliches Beispiel ist es, dass dieser Mann so gewiss und eigentlich auf das Wort Christi fußen kann. Erstlich versieht er sich zu Christus alles Guten; danach bittet er nicht mehr, als er soll nur ein Wort sagen. Auf dasselbe harrt er mit höchstem Vertrauen und Freude, als auf den einigen Schatz; wenn er den habe, dass seinem Knecht nichts mehr fehlen, sondern er frisch und gesund werde sein.

    Das lerne ihm nachtun, der du das Wort schon hast. Denn da sind die tröstlichen Zusagen, dass Gott durch Christus gnädig sein, und wir durch den Glauben an Christus Vergebung der Sünden und das ewige Leben sollen haben. Aber es mangelt uns an dem Herzen, das dieser Hauptmann hier hat; der denkt: Wenn ich das Wort habe, so habe ich’s alles, so wird alsbald folgen, was das Wort zusagt. Solches können wir nicht tun; darum folgt, dass wir das Wort nicht achten und dieweil auf andere Dinge gaffen; so doch das Wort allmächtig ist und, wie dieser Hauptmann hier glaubt, nicht kann lügen. Was er verheißt, das soll gewiss so geschehen und uns widerfahren.

    Nun ist aber solcher Glaube auch darum desto mehr zu preisen, dass dieser Hauptmann ein Heide ist, der keine Verheißung hat wie die Juden, darf deshalb die Ehre sich nicht anmaßen noch rühmen, welche die Juden, als das Volk Gottes hatten. Denn das ist des Glaubens eigene Art, dass er demütige Herzen macht, die von sich nicht viel halten noch hoffärtig sind, und deshalb sich an die bloße Gnade und Barmherzigkeit Gottes hängen.

    Solches sollen wir uns auch trösten, auf dass, wenn dieser Gedanke in unsere Herzen auch kommt, dass wir müssen bekennen, wie wir arme elende Sünder sind, und uns keiner Würdigkeit noch Verdiensts rühmen können: Wir dennoch nicht verzagen, sondern uns an die Verheißung Gottes hängen und seine Gnade begehren. Solches gefällt Gott wohl, und will es von uns haben. Denn sonst wäre und hieße es nicht Gnade, wenn wir nicht allerdinge unwürdig und unverdient zu der Verheißung kämen. Wie dieser Hauptmann: Der kann nicht rühmen, wie die Juden, dass ihm Gott etwas schuldig sei; darum darf er selbst nicht vor den HERRN Christus, sondern denkt: Mit mir ist’s verloren, ich muss andere Leute genießen; hält dennoch fest an dem: Der Mann ist so gütig und freundlich, er wird mich nicht lassen.

    Das heißt und ist ein rechter Glaube und rechte Demut, dass man sich der Unwürdigkeit halben fürchtet und dennoch nicht verzagt. Denn Gott will beides von uns haben: Dass wir erstlich nicht stolz sollen sein; und zum andern, dass wir nicht verzweifeln, sondern auf die Gnade warten sollen; wie der 147. Psalm V. 11 sagt: „Der HERR hat Wohlgefallen an denen, die ihn fürchten, und die auf seine Güte warten.“

    Solches taten die Juden nicht, die ließen sich dünken: Dass Gott ihnen hold wäre und alles Gute täte, das tät er billig; denn sie hielten sich an seinen Willen und verdienten es um ihn; wurden stolz und sicher und verachteten die Gnade. Darum fällt der HERR so ein schweres Urteil über sie und spricht: „Viele werden kommen vom Morgen und vom Abend und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich sitzen. Aber die Kinder des Reichs werden ausgestoßen in die Finsternis hinaus, da wird ein Heulen und Zähneklappen sein.“ Das macht der schändliche Unglaube, dass sie so hoffärtig sind und die Gnade verachten. Darum, wie wenig sie das hilft, dass sie Abrahams Same sind; ebenso wenig soll es den Heiden schaden, dass sie nicht Abrahams Kinder sind, wenn sie sich nur an Christus mit festem Glauben halten und nach der Gnade und Barmherzigkeit seufzen. Denn dazu hat Gott Lust, dass er die, so satt sind, lässt hungern; wiederum aber die Hungrigen sättigen will, unangesehen es seien Heiden oder Juden. Denn vor Gott gilt weder Heide noch Jude, weder Beschneidung noch Vorhaut, sondern allein der Glaube an Christus, dass man in aller Demut sich erniedrige und nichts als Gnade begehre.

    So lehrt dies Evangelium neben der Lieber sehr fein vom Glauben, welcher Art er sei, wie er sich an das Wort halte und auf die Gnade Gottes in aller Demut harre. Wer solches tut, dem wird es geraten, wie dem Aussätzigen und danach diesem feinen Hauptmann, dass ihm geschehen wird, wie er glaubt; das ist, gleichwie er allein Gottes Güte und Gnade im Herzen hat, derselben begehrt und sich darauf verlässt: So will Gott allein nach Gnaden mit ihm handeln, ihn annehmen und ihm helfen. Gott verleihe uns seinen Heiligen Geist, der solche Zuversicht auf die Gnade durch Christus in unsern Herzen auch erwecken und so uns zu Seligkeit führen wolle. Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum vierten Sonntag nach Epiphanias ueber Matthaeus 8,23-27: Jesus stillt den Sturm – oder: Vom Glauben in Anfechtung

 

Matthäus 8,23-27: Und er trat in das Schiff, und seine Jünger folgten ihm. Und siehe, da erhob sich ein großes Ungestüm im Meer, so dass auch das Schifflein mit Wellen bedeckt ward; und er schlief. Und die Jünger traten zu ihm und weckten ihn auf und sprachen: HERR, hilf uns, wir verderben! Da sagte er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam?  Und stand auf und bedrohte den Wind und das Meer; da ward es ganz still. Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen: Was ist das für ein Mann, dass ihm Wind und Meer gehorsam ist?

 

    Wir sehen im heutigen Evangelium, dass uns eine solche Geschichte darin vorgehalten wird, aus welcher wir nicht lernen, was man tun soll; denn von unsern Werken wird hier nichts gehandelt: Sondern was man in Nöten und Widerwärtigkeit glauben, und wie man sich trösten soll. Darum ist’s der hohen Predigten eine vom Glauben, welche doch jedermann sich dünken lässt, er könne sie wohl; als sei es ein schlichtes und gemeines Ding.

    Darum wollen wir’s teilen: Erstlich reden vom Kreuz und Leiden; danach vom HERRN Christus und vom Glauben an ihn, dass derselbe allein, als der eine und beste Trost, gelte und helfe; zum dritten von der Frucht und dem Nutzen, so nach der Anfechtung aus dem Glauben folgt. Solche Stücke werden fein anzeigen, welch eine tröstliche Geschichte der Evangelist uns mit wenig Worten vorhält, der wir ja nicht gern entraten sollten.

    Das erste Stück ist, dass der HERR Jesus mit seinen Jüngern in das Schiff tritt. Da ist noch kein Ungewitter, sondern ein feines, freundliches, stilles Wetter; so ist das Meer auch sanft und still. Sonst würden sich wenigstens die Jünger gescheut haben, sich ins Schiff zu setzen. Sobald aber Christus mit seinen Jüngern in das Schiff sitzt und sie vom Land abstoßen und auf das Meer kommen, da erhebt sich so ein großes Ungestüm, dass das Schifflein mit Wellen bedeckt wird, als sollte es jetzt untergehen.

    Diese Geschichte lässt uns wohl merken und ein Sprichwort daraus machen, dass wir sagen: So geht’s; kommt Christus in das Schiff, so wird’s nicht lang still bleiben, es wird ein Wetter und Ungestüm kommen. Denn gewiss geht’s so, wie Christus Luk. 11,21.22 auch sagt, dass der starke Gewappnete seinen Palast in Ruhe und Frieden besitzt, bis ein Stärkerer kommt; alsdann geht der Unfriede an und hebt sich ein Schlagen und Kämpfen. So sieht man in der Geschichte des Evangeliums auch: Wenn es zuvor alles still ist, sobald Christus sich mit einer Predigt hören und mit einem Wunderwerk sehen lässt, da brennt es in allen Gassen. Die Pharisäer, Schriftgelehrten, Hohenpriester rotten sich, wollen ihn schlicht tot haben; und besonders der Teufel hebt erst recht an zu toben und zu wüten. Solches sagt Christus lange zuvor, Matth. 10,34-36: „Ihr sollt nicht wähnen, dass ich gekommen sei, Friede zu senden auf Erden. Ich bin nicht gekommen, Friede zu senden, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu erregen gegen seinen Vater und die Tochter gegen ihre Mutter und die Schwiegertochter gegen ihre Schwiegermutter. Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.“

    Das dient aber alles miteinander dazu, dass du dich zuvor wohl bedenkst, ob du wollest ein Christ sein oder nicht. Denn so du willst ein Christ sein, so schicke dich auf dies Ungewitter und diesen Unfrieden, da wird nicht anders drauf; wer in Christus will gottselig leben, sagt St. Paulus, der muss Verfolgung leiden. Daher ermahnt auch Jesus Sirach alle Gläubigen und spricht: „Mein Sohn, willst du Gottes Diener sein, so schicke dich zur Anfechtung, halte fest und leide dich.“ Als sollt er sagen: Wenn du Gottes Diener nicht willst sein, so fahre immer hin, der Teufel wird dich wohl zufrieden lassen, bis zu seiner Zeit. Wiederum aber, so du begehrst Gott zu dienen und ein Christ zu sein, so gib dich nur willig dahin; das Wetter und die Verfolgung werden nicht außen bleiben. Darum fasse einen Mut, dass du davor, als vor einem unvorhergesehenen Zufall, nicht erschreckst. Fürchte dich vor solchem Wetter, sondern fürchte dich vor Gott, dass du der Welt halben von seinem Wort nicht abweichst, und wag es trotzig drauf: Es sei um der Welt Gunst willen nicht angefangen; darum wollest ihrer Ungunst und Zorns halben auch nichts unterlassen. Das ist’s, das der Evangelist uns will lehren in dem, da er sagt: Das Ungestüm habe sich allererst erhoben, da Christus in das Schiff getreten und auf das Meer vom Land weg gekommen sei.

    Es dient aber solches uns auch dazu, dass wir den bösen unnützen Lästermäulern wissen zu antworten, die mehr nicht können als das Evangelium lästern und sprechen: Vorhin, ehe die Lehre aufgekommen, war es alles fein still und vollauf; jetzt ist so viel Unglück, dass niemand erzählen kann, Rotten, krieg, Aufruhr, teure Zeit, Türke und aller Jammer. Wer nun solche schändlichen Lästermäuler stopfen will, der spreche zu ihnen: Lieber, hast du es nie im Evangelium gelesen, sobald Christus in das Schiff und auf das Meer kommt, dass sich ein Ungestüm erhebt?

    Nun ist’s aber nicht des HERRN Christus, sondern des Teufels Schuld, der ihm feind ist und will ihn nicht leiden. So ist er dem Evangelium auch feind, wollte deshalb gern so viel Unruhe und Jammer auf Erden anrichten, dass es müsste zu Boden gehen. Aber das blinde, verstockte Volk will solches nicht sehen noch merken. Allein sieht’s auf den Unrat und Mangel und lästert, es sei des Evangeliums Schuld. Was aber Gutes aus dem Evangelium komme, wie man Gott dadurch erkennen, zur Vergebung der Sünden kommen und heilig könne werden, solches wollen sie nicht sehen.

    Eben wie das undankbare, störrige und unbändige Volk, die Juden in der Wüste, auch taten. Da sie in Ägypten waren und einem zweier Arbeit aufgelegt war, da riefen sie zu Gott, er sollte ihnen von dem Jammer helfen, sie wollten fromm sein. Aber was geschah? Da sie Gott von solchem Jammer erlöste und sie in die Wüste kamen, da war es alles vergessen. Das aber war das Ärgste, dass alles bei ihnen vergessen war, was und wieviel sie in Ägypten hatten arbeiten und leiden müssen. Allein dachten sie an die Fleischtöpfe und an das Brot in Ägypten. Die konnten des Papsts Kunst auch, klaubten fein heraus, was sie Gutes gehabt hatten; was sie aber daneben gelitten hatten, des konnten sie wohl schweigen. Daher, da ihnen Gott hernach das Himmelsbrot gab, verachteten sie es auch, ließen sich dünken, es wäre nicht so gut wie das Fleisch in Ägypten. So ist unsere Natur und böse Art durch die Erbsünde verderbt; es mache es Gott mit uns, wie er wolle, so kann er’s uns nicht recht tun. Darum gehört eine große und göttliche Geduld dazu, dass er solche böse Buben so lange dulden kann.

    [Wer uns vor zwanzig Jahren gefragt hätte: Ob wir lieber ein Jahr Teuerung haben oder uns von den Mönchen und Pfaffen immerdar so schinden, plagen und treiben wollten lassen, wie dazumal im Brauch gewesen; meinst du nicht, jedermann würde mit Freuden die Teuerung gewählt haben, dass man der schweren, unerträglichen, dazu, als sie anzusehen war, unendlichen Schinderei wäre abgekommen? Denn da wäre die Hoffnung gewesen, was ein Jahr nicht gewesen, dass würde das andere geben; so doch jene Schinderei für und für ging und von Tag zu Tag je länger je mehr zunahm. Solches und anderes Unrats haben wir so rein vergessen, rühmen die Rhe und das vorige Wesen, sehen nicht, was für eine greuliche Klippe dran gehängt, dass man uns nicht allein in solchem Frieden um Geld und Gut, sondern auch um Leib und Seele, durch falsche Lehre und Abgötterei, gebracht hat. Und haben es dennoch nicht können überhoben sein. Denn es sind auch zur selben Zeit teure Zeit, Pestilenz, Krieg und andere Plagen mit zugeschlagen. Weil jetzt dergleichen auch geschieht, will man’s dem Evangelium Schuld geben.]

    Wie meinst du aber, dass Gott solches gefallen werde, der keinen höheren Schatz hat als sein Wort, und uns besser und mehr nicht helfen noch raten kann von Sünde und Tod als durch das Evangelium: Und es doch so greulich ungeehrt und gelästert wird in dem, dass man ihm Schuld gibt, es errege alles Unglück usw.? Was wird aber für eine Strafe auf solche Lästerung folgen? Diese, dass Gott solcher Lästerer Herzen und Augen gar verblenden wird, dass sie die herrlichen, großen Wohltaten Gottes nicht sehen und mit den Juden so müssen verstockt werden und bleiben, dass sie nicht mehr können als Gott lästern und zuletzt zum Teufel fahren. Solcher Lohn gehört auf sie und wird ihnen gewiss begegnen. Musst du doch sonst leiden, wo gleich das Evangelium nicht ist dass dir nicht jedermann hold sei und du Feindschaft habest. So hat Rom Krieg und allerlei Unglück müssen leiden, ehe das Evangelium gekommen ist.

    Deshalb hat das Evangelium an solchem keine Schuld. Alle Schuld ist des Teufels und unserer Undankbarkeit. Der Teufel kann das Evangelium nicht leiden und wollte es gern dämpfen, darum richtet er alles Unglück an. Und je gewaltiger das Wort geht, je zorniger und wütiger er darüber wird. Wenn wir denn gegen solchen großen Schatz uns so undankbar stellen, ihn nicht annehmen noch gebrauchen, ja, noch hassen und verfolgen wollen, so kann’s Gott auch nicht dulden; muss deshalb mit allerlei Strafen und Plagen kommen, dass er dem Undank wehre.

    Das ist das erste Stück, dass du lernst, so du ein Christ willst sein, dass du dich auf das Ungewitter schickst. Willst du es aber nicht tun, so fahre hin; du wirst es wohl erfahren, wenn du sterben sollst, was du getan hast.

    Das andere Stück ist von der rechten Art des Glaubens: Der geht in solchem Kampf und Ungewitter her und findet sich zu Christus und weckt ihn auf. Das lerne auch wohl merken. Denn unsere Widersacher, die Papisten, halten den Glauben für ein sehr geringes Ding. Dagegen aber halten sie viel vom freien Willen. Ich wollte aber ihnen wünschen, dass sie auch mit im Schiff wären, dass sie versuchten, was in solcher Angst und Nöten der freie Wille vermöchte.

    Die Apostel haben’s hier fein gelernt. Es sei der Glaube so schwach und gering bei ihnen gewesen, wie er wolle; dennoch, wo solcher schwache, geringe Glaube nicht wäre gewesen, hätten sie des feien Willens haben verzweifeln müssen und wären in den Abgrund des Meers gesunken. Aber weil ein kleiner Glaube da ist, wie Christus selbst zeugt, da er spricht: „O ihr Kleingläubigen“, so haben sie einen Behelf, dass sie nicht gar verzagen, und laufen zu Christus, wecken ihn auf und begehren seine Hilfe.

    So nun solches der kleine, schwache Glaube tut, was sollte wohl der starke, große Glaube tun? Wie vor acht Tagen das Beispiel von dem Aussätzigen und dem Hauptmann zu Kapernaum zeugt. Darum ist’s mit dem freien willen nichts, er verliert sich und kann nicht bestehen, wenn die Züge herkommen und es an das Treffen geht. Denn da sind unsere Gedanken anders nichts als dass wir schreien und uns hundert Meilen Wegs davon wünschen. Das ist, der freie Wille tröstet das Herz nicht, sondern macht’s nur je länger je mehr verzagt, dass es sich auch vor einem rauschenden Blatt fürchtet.

    Aber der Glaube, ob er gleich klein und schwach ist, steht er dennoch und lässt sich nicht gar zu Tode schrecken. Wie man hier an den Jüngern sieht. Der Tod war ihnen vor Augen; denn da schlugen die Wellen so mit Macht allenthalben zu, dass sie das Schifflein gar bedeckten. Wer sollte in solcher Not und Todesgefahr nicht erblassen? Aber der Glaube, wie schwach er auch ist, hält er doch wie eine Mauer und legt sich wie der kleine David gegen Goliath, das ist, gegen Tod, Sünde und alle Gefahr, verzagt nicht, sondern sucht Hilfe, da sie zu suchen ist, nämlich bei dem HERRN Christus, weckt ihn auf und schreit ihn an: „Ach HERR, hilf uns, wir verderben.“

    So macht der Glaube, obwohl das Verderben vor Augen ist, dass man dennoch Hilfe erwartet und betet, wie der Psalm sagt: „Ich glaube, darum rede ich.“ Denn niemand kann beten, er glaube denn. Der freie Wille kann’s auch nicht; denn er sieht allein auf die gegenwärtige Not und Gefahr, die Person aber, so in solcher Not und Gefahr helfen kann, sieht er nicht; und muss also des freien Willens halben der Mensch in seinen Sünden sterben. Der Glaube aber ist’s, wenn er gleich klein und schwach ist, der diese Person, den HERRN Christus, ergreift und Hilfe erlangt. 

    Wo nun solcher Glaube stark und fest wäre gewesen, wie des Propheten Jona, der im Wal bis an den dritten Tag bleib, so hätten sie zum Meer und Wellen können sagen: Schlagt immer herein; so stark sollt ihr nicht sein, dass ihr das Schiff umstürzt; Und ob ihr’s schon vollendet, wollen wir doch mitten im Meer ein Gewölbe finden, da wir trocken sitzen und nicht ersaufen. Denn wir haben einen Gott, der kann uns erhalten, nicht allein auf dem Meer, sondern in und unter dem Meer.

    Das heißt ein rechter Glaube, der nicht, wie der feie Wille, allein auf das Gegenwärtige sieht und deshalb erschrickt und verzagt, sondern er sieht auf das Künftige und das Widerspiel. Darum, wenn er gleich in des Todes Rachen drinnen steckt, ermannt er sich doch und hält sich an diesen Trost, es könne ihm geholfen werden, wie wir hier sehen an dem schwachen Glauben der Jünger. Darum ist es nicht eine geringe Kunst, noch ein schlichtes Ding um den Glauben; es ist eine göttliche kraft, die nicht vom freien Willen kommt, sondern durchs Wort vom Heiligen Geist uns gegeben wird.

    Das wissen unsere Widersacher, die Papisten, nicht; sonst würden sie es nicht so hart widerfechten, wenn wir sprechen: Der Glaube macht allein selig, das ist, der Glaube allein findet Trost, wenn Sünde, Tod und ewige Verdammnis einher dringt und uns zu Boden will stoßen. Darum sieht man, dass sie frech und stolz sind, solange das Meer still und schön Wetter ist. Wenn aber Ungewitter sich erhebt und [es] übel zugehen will, da fallen Mut und Trost alles dahin. Denn da ist kein Glaube, sondern der ohnmächtige, trostlose Freiwille, der Gottes und seines Wortes vergisst und nirgends weiß, wo aus.

    Nun ist es hier aber ein besonders Unglück, dass Christus eben in solcher Todesnot ruht und schläft einen rechten, natürlichen, starken Schlaf, der vielleicht ihm daher gekommen ist, dass er sich den Tag müde gearbeitet und gepredigt oder die Nacht über gebetet und seine Anfechtung gehabt hatte. Denn ich achte es dafür, dass er bei Nacht sehr viel Anfechtung vom Teufel erlitten habe, wie er im 88. Psalm klagt V. 16: „Von Jugend auf bin ich elend gewesen und habe viel erlitten, ich leide deine Schrecken, dass ich schier verzage.“ Daher ist er selten fröhlich gewesen, immer in schweren Gedanken einhergegangen, als der voll Jammers und Traurigkeit gewesen ist; wie zuvor derselbe Psalm zeigt, V. 4: „Meine Seele ist voll Jammers, und mein Leben ist nahe bei der Hölle.“ Und dennoch, obwohl solcher Schlaf recht und natürlich ist, so hat er dennoch zum Glauben seiner Jünger dienen müssen, wie seine Werke alle.

    Solches geschieht noch heutiges Tages, dass der HERR sich gegen seine Christen stellt, als sehe er uns nicht, ja, hätte uns gar aus der Acht gelassen; wie er hier im Schiff tut, liegt und schläft, bekümmert sich gar nichts um das Wetter, für seine Jünger, noch für das Schiff. Aber er ist dennoch mit im Schiff, ob er gleich schläft.

    Das sind nun die Anfechtungen, die immer mit zuschlagen, dass unser HERR Christus die Wellen über das Schifflein fallen lässt; das ist, er lässt den Teufel und die Welt gegen die Christen toben, dass man muss besorgen, wie es denn heutiges Tages auch vor Augen ist, es werde ganz und gar zu Boden gehen. Der Papst und sein Haufen ist dem Wort feind, hetzt immerdar die großen Potentaten gegen uns. So lässt der Teufel den Türken auch nicht feiern. Da sitzen wir im Schiff und haben Wetter und Wind, dass es wohl besser taugte. Dennoch soll der HERR wohl still dazu sitzen und sich nicht merken lassen, dass er uns helfen wolle. Das ist sein schlaf, den er im Schiff tut.

    Aber da müssen wir uns ermannen und denken, es habe noch nicht Not. Denn er ist der HERR, ist auch bei uns im Schiff. Ob er sich nun so stellt, als sehe er uns nicht, so sollen doch wir uns stellen, dass wir ihn sehen und ihn dafür halten, dass er das Meer könne still machen, wenn es noch so sehr tobt und wütet.HERR H

    So sollen wir auch tun in unserer eigenen Gefahr und Anfechtung. Wenn der Teufel kommt, dir deine Sünde vorhält, und dich mit dem Zorn Gottes erschreckt und die ewige Verdammnis droht; da denke und zweifle ja nicht. Mein HERR Christus ist nicht weit, aber er schläft. Da gehört denn dazu, dass ich mich zu ihm durch ernstes Gebet befinde und ihn aufwecke; wie die Jünger hier tun. Denen liegt mehr an ihrem Verderben als an des HERRN Schlaf; darum denken sie: Kurz und gut , wie müssen jetzt einen wachenden Christus haben, sonst ist’s aus mit uns; lassen ihm deshalb keine Ruhe und wecken ihn. So lerne du auch tun; denn es muss beides so geschehen. Willst du mit Christus in das Schiff, so wird das Wetter nicht außen bleiben und Christus wird schlafen wollen, auf dass wir die Anfechtung recht fühlen. Sonst, wo er nicht schliefe und dem Wetter sobald wehrte, würden wir’s nimmermehr erfahren, was es um einen Christen wäre, und sollten doch wohl denken, wir täten es aus unserer Kraft. Hier aber wird der Glaube durch die Versuchung gestärkt, dass man muss sprechen: Keine menschliche Kraft hat können helfen; allein hat es Gott und sein liebes Wort getan.

    Neben dieser schönen und tröstlichen Lehre wird uns der HERR Christus hier auch vorgebildet wie ein rechter, natürlicher Mensch, der Leib und Seele hat und deshalb Essen, Trinken, Schlaf und andere natürliche Werke, so ohne Sünde geschehen, bedarf, wie wir: auf dass wir nicht in der Manichäer Irrtum fallen, die Christus für ein Gespenst, nicht für einen rechten Menschen hielten.

    Gleichwie aber der natürliche Schlaf ein gewisses Anzeichen ist, dass der HERR Christus ein rechter, natürlicher Mensch sei: So beweist er seine allmächtige Gottheit in dem, dass er mit einem Wort das Meer stillt und macht, dass der Wind sich legt; welches ist nicht ein Menschenwerk; es gehört eine göttliche Kraft dazu, der Unstürme des Meeres mit einem Wort zu wehren.

    Dass also dies Wunderwerk auch darum soll desto lieber sein, dass wir sehen, wie Gott und Menschen in Christus eine einige Person ist. Deshalb er in allen Nöten und Anfechtungen helfen kann und will allen, die Hilfe bei ihm suchen. Ob wir nun etwas darüber leiden und wagen müssen, wenn’s nicht anders kann sein, was liegt daran? Müssen doch die Gottlosen auch ihr Leiden und Kreuz tragen, dennoch in böses Gewissen dazu haben und endlich die ewige Verdammnis erwarten.

    Das dritte Stück ist von der Frucht, die aus solchem Glauben entsteht, nämlich, dass auch andere solches Wunderwerk wahrnehmen und sprechen: „Was ist das für ein Mann, dass ihm Wind und Meer gehorsam ist?“ Diese haben ihn bisher vielleicht für einen schlichten Menschen angesehen und gehalten und nicht gewusst noch geglaubt, dass man bei ihm in Todesnöten Hilfe suchen und finden soll. Aber jetzt lernen sie ihn erkennen, dass er der höchste und beste Nothelfer sei, da sonst kein Mensch helfen kann.

    So geht es allewege, dass die Anfechtung, je schwerer sie ist, je größere Frucht und Nutzen sie schafft. Die Welt setzt uns jetzt sehr hart zu, dass uns immerdar dünkt, wir müssen herhalten, das Meer und Ungewitter werde uns überwachsen und zu Grunde reißen. Aber lasst uns nur fest am Wort und Glauben halten. Was gilt’s, es soll eine schöne, herrliche Frucht folgen, darüber wir lachen und fröhlich werden sein. Der bittere Hass, der im Papst und Türken steckt gegen die Kirche, darüber uns, wie einer Frau in Kindsnöten, bange ist, kreischen und ächzen müssen, der soll, ob Gott will, etwas mitbringen. Dergleichen soll ein jeder für seine Person auch hoffen, wenn die Anfechtung ihn ergreift, dass sie ohne Frucht nicht werde abgehen.

    So sieht eure Liebe, wie dies Evangelium sehr tröstlich ist und uns eine treffliche, schöne Lehre vorhält, dass so wir wollen Christen sein, mit dem HERRN Christus in das Schiff treten und da das Wetter und die Ungestüme erwarten müssen. Wenn nun solches angeht, dass alsdann wir fest am Glauben und Wort halten sollen und hoffen, dass nicht allein dem Wetter oder der Anfechtung gewehrt und wir davon sollen errettet werden: Sondern dass auch eine gewisse Frucht und Nutzen daraus folgen soll; dass wir nicht anders sollen wünschen, als wir hätten’s versucht und durch eigene Erfahrung des Worts und Glaubens Kraft und Tugend erlernt. Wer wollte denn über das Kreuz sich beschweren, weil so gewisse Hilfe und Frucht folgen soll? Aber es tut dem alten Adam weh, der rümpft sich über solchem bittern und sauern Trunk und wollt’s lieber überhoben sein. Deshalb ist es vonnöten, dass wir an solche Beispiele oft und viele denken und mit dem Wort fleißig umgehen, auf dass, wenn die Anfechtung kommt, wir gefasst sind und uns zu Christus, der bei uns schläft und sich stellt, als nehme er sich unser nicht an, finden, Hilfe und Rettung bei ihm durch emsiges Gebet suchen.

    Solches verleihe uns allen unser lieber Vater im Himmel, um Christus willen, durch seinen Heiligen Geist. Amen.

 

 

 

Evangelienpredigt zum Verklaerungssonntag ueber Matthaeus 13,24-30: Das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen

 

Matthäus 13,24-30: Er legte ihnen ein anderes Gleichnis vor und sprach: Das Himmelreich ist gleich einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte. Da aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen und ging davon. Da nun das Kraut wuchs und Frucht brachte, da fand sich auch das Unkraut. Da traten die Knechte zu dem Hausvater und sprachen: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher hat er denn das Unkraut? Er sprach zu ihnen: Das hat der Feind getan. Da sprachen die Knechte:  Willst du denn, dass wir hingehen und es ausjäten? Er aber sprach: Nein, auf dass ihr nicht zugleich den Weizen mit ausrauft, so ihr das Unkraut ausjätet. Lasst beides miteinander wachsen bis zur Ernte; und um der Ernte Zeit will ich zu den Schnittern sagen: Sammelt zuvor das Unkraut und bindet es in Bündlein, dass man es verbrenne; aber den Weizen sammelt mir in meine Scheuern.

 

     Dies Evangelium scheint leicht zu sein und gut zu verstehen, da es der HERR selbst auslegt, was der Acker, der gute Same und das Unkraut sei. Aber da findet man so mancherlei Deutung in den Lehrern, dass Aufsehens wohl vonnöten ist, wie man die rechte Meinung treffe.

    Denn etliche deuten das Unkraut auf die Ketzereien und schließen aus diesem Evangelium, dass es weltlicher Obrigkeit nicht will gebühren, die Ketzer zu erwürgen, weil hier steht, man soll es nicht ausjäten. Und Augustinus selbst bekennt, er sei auch in solcher Meinung gewesen, aber hernach durch Beispiel und unwidersprechliche Ursache gezwungen, dass er solche Meinung habe fallen lassen.

    Etliche machen keinen Unterschied zwischen weltlicher Obrigkeit und den Knechten dieses Hausvaters und deuten das Unkraut auf die öffentlichen Ärgernisse und schließen, dass christliche Obrigkeiten kein peinliches Gericht[2] besitzen sollen.

    Etliche, wie der Papst und sein Haufen, unangesehen, dass der HERR hier verbietet, das Unkraut auszurotten, weil sie die Lehre des heiligen Evangeliums für Unkraut urteilen und verdammen, lassen sie es dabei nicht bleiben, sondern können auch dawider nicht genug toben und wüten mit Morden und allerlei greulicher Tyrannei. Weil nun der Meinungen so viel sind, so wollen wir erstlich die rechte Deutung sehen und danach von der angezeigten Frage, wie es mit den Ketzern soll gehalten werden, unsere Meinung auch anzeigen.

    So ist nun dies die Meinung, dass Christus hier nicht besonders von den Ketzern redet, sondern legt uns ein Gleichnis vor vom Himmelreich, das ist, von der ganzen christlichen Kirche, wie sie hier auf Erden ist und bleiben wird bis an der Welt ende, nämlich dass die christliche Kirche werde sein wie ein Acker, der mit gutem Samen besät wird. Aber da findet sich der Teufel und sät des Nachts, ehe sich’s die Menschen versehen und inne werden, Unkraut drein. Dass so allewege in der Kirche guter Same und Unkraut miteinander wächst, das ist, Gute und Böse sind untereinander; das wird nimmermehr verhütet werden hier in diesem Leben. Aber in jenem Leben dort, da sollen Fromme und Böse unterschieden und abgesondert werden, wie der HERR sagt, dass er solches zur Zeit der Ernte seinen Knechten befehlen wolle.

    Dass also dies Gleichnis besonders gegen die Donatisten, Novatianer, Wiedertäufer und dergleichen Rotten geht, welche damit sind umgegangen und noch, wie sie eine Kirche könnten anrichten, da gar kein Ärgernis innen wäre, sondern nur lauter Heilige. Deshalb, wo sich mit einem Christen ein Fall aus Schwachheit oder sonst zutürge, warfen sie ihn sobald aus der Gemeinde und wollten ihn für keinen Bruder mehr halten. So doch der Befehl Christi lauter und klar ist, dass an sich bekehren und Buße tun, und die Kirchendiener besonders dahin sollen arbeiten, dass die Leute nicht in Sünden fortfahren, sondern durch rechte Buße davon abstehen.

    Dass dem so sei, weisen auch die Beispiele aus. David tat einen sehr schweren, greulichen Fall; aber da es ihm leid war und wieder Gnade begehrte, ward ihm Gnade zugesagt. Petrus desgleichen fiel auch hart; aber er kommt wieder zu Gnaden, weil er seine Sünde bekennt, bitterlich darüber weint und Gnade begehrt. Auch sagt der HERR kurz vor seinem Fall: „Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre“ usw. Und Matth. 18, da er fragt, ob er siebenmal seinem Bruder vergeben soll, der gegen ihn sündigt, antwortet ihm Christus V. 22: „Ich sage dir, nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.“

    Das sind je klare und gewisse Anzeigen, dass die Christen hier auf Erden so rein nicht werden sein, wie werden zuweilen straucheln und fallen. Wer nun damit umgeht, wie er eine Kirche könne zurichten, da keine Sünde noch Fall innen sei, der wird solche schwache Christen alle, ja auch die starken (denn ihrer keiner ist so stark, er strauchelt zuweilen), als Unchristen verdammen und aus der Kirche ausschließen müssen.

    Deshalb hat’s eine solche Meinung mit der christlichen Kirche, dass nicht allein viel Heuchler und falsche Christen drinnen sind und dennoch den Namen haben, als wären sie Christen: Sondern auch die rechten Christen selbst werden nimmermehr so rein und heilig sein, es wird sich der alte Adam sehen lassen und zuweilen straucheln. Was bedürften sonst die Christen der Bitte im Vaterunser, da sie alle Tage beten: Vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unsern Schuldigern? Ebenso: Nicht führe uns in Versuchung? Solche Bitte ist ja ein gewisses Anzeichen, dass die rechten Christen alle Stunden in Anfechtung fallen und geraten können. Wer nun solche ausschließen und nicht Christen wollte lassen sein, der würde die christliche Kirche gar verlieren und nirgends einen Christen finden.

    Aber es hat diese Meinung nicht. Rechte Christen, wie gesagt, sind schwach, fallen auch oft; aber sie stehen durch die Buße und den Glauben an Christus von ihren Sünden wieder auf. Gleichwohl eben unter denselben Christen, die der rechte gute Same, aber dennoch schwach sind, findet sich das schändliche Unkraut, die falschen Christen, die dennoch den christlichen Namen führen und sich des guten Ackers rühmen. Daran muss man sich gewöhnen und es leiden und wissen, dass man solches Unkraut nicht könne ausrotten, noch die Kirche aller Dinge rein davon machen.

    Nun lehrt aber Christus uns solches nicht allein, sondern zeigt auch die Ursache an, wo doch solcher Unrat herkommt, dass in der Kirche, da der rechte Samen gesät, das ist, das Wort Gottes rein und lauter gepredigt wird, dennoch so viel schädliches Unkraut, so viel Heuchler und falsche Christen sind. Er zeigt aber solche Ursache an, uns zu warnen vor dem Ärgernis, das sonst alle Welt vor den Kopf stößt, dass sie spricht: Es komme nichts Gutes aus der Predigt des Evangeliums usw., auf dass wir nicht auch in den falschen Gedanken geraten, da sonst alle Welt innen ist.

    Wir können uns, Gott Lob, heute rühmen, dass wir das rechte Evangelium haben, und können mit Wahrheit unsere Widersacher überweisen, dass sie eine falsche, ungegründete Lehre haben. Weil aber auch unter uns das Unkraut sich in Haufen findet, dass mancherlei Ärgernisse von den Unchristen unter uns erregt werden; denn es gehen Geiz, Wucher, Unzucht, Schwelgen, Fluchen, Lügen und Trügen mit ganzer Macht, ja, mehr als vorzeiten unter dem Papsttum: Bringt solch wüstes Wesen dem Evangelium und den Predigern die Nachrede fast bei jedermann, dass man spricht: Wenn diese Lehre recht wäre, so würden die Leute frömmer sein. Aber Christus entschuldigt hier beide, die Lehre und die Lehrer, und sagt, dass unter dem Haufen, der die rechte Lehre hat und der gute Acker ist, dennoch viel Unkraut und böse Buben sind. Solches sei nicht der Lehre Schuld, die rein und heilsam ist; der Prediger Schuld sei es auch nicht, die es gern gut sehen und allen Fleiß vorwenden, ob die Leute wollten frömmer werden; sondern es sei des Feindes, des Teufels, Schuld, der tut wie ein böser Bauer oder Nachbar: Wenn man schlafe und sich keines Schadens besorge, so schlafe er nicht, sondern komme und säe Unkraut in den guten Acker. Das ist, wie im Gleichnis vor diesem steht: Er nimmt die Herzen ein, dass sie auf das Wort nicht achten, und also von Tag zu Tag je länger je weiter davon kommen und sich den Teufel führen und treiben lassen, wie er will, in allerlei Sünde und Schande.

    Da siehe aber du zu, ob es nicht ein armer Handel und eine greuliche Gotteslästerung sei, dass man Christus und seinem Evangelium des will Schuld geben und auflegen, was der Teufel selber und allein tut; und dennoch geht heute in solcher Lästerung fast die ganze Welt. Denn es erregt sich für ein Unglück, was da wolle, bald ist man da und schreit über das Evangelium, als sei es der Lehre und des guten Samens Schuld; so doch der gute Same seiner Natur nach je anders nichts als gute Frucht bringen kann; wo er aber nicht gute Frucht bringt, da muss zumal ein böses Land und ein heilloser verfluchter Boden sein.

    Deshalb hat es mit diesem Gleichnis hier diese Meinung, dass ein jeder Christ, besonders aber ein jeder Prediger, an dem verzagen und verzweifeln soll, dass er’s nimmermehr dahin werde bringen, dass er in seiner Kirche nur Heilige habe. Denn der Teufel lässt’s nicht, er wirft seinen Samen mit ein; welches man dann allererst gewahr wird, wenn er hervor schießt und aufwächst. So ist es den lieben Aposteln gegangen, Paulus, Johannes und andern; da sie hofften, sie hätten fromme Christen und treue Arbeiter im Evangelium, waren’s die ärgsten Schälke und bittersten Feinde. Uns geht’s auch so: Die wir für fromm und rechtschaffen halten, tun uns den größten Stoß und richten die meisten Ärgernisse an, während wir schlafen und uns keines Unglücks besorgen.

    Da ist nun dies der einige Trost, dass Christus selbst sagt, es werde so zugehen. Deshalb tröstet sich der heilige Johannes in seiner Epistel gegen solches Ärgernis und spricht, 1. Brief, Kap. 2,19: „Sie sind von uns ausgegangen; aber sie waren nicht von uns.“ Denn es pflegt so zuzugehen, was am besten sein sollte, das wird am ärgsten und gerät am übelsten. Aus den Engeln sind die Teufel geworden. Einer aus den Aposteln hat Christus verraten. Aus den Christen werden Ketzer. Aus Gottes Volk werden solche Buben, die Christus ans Kreuz bringen. So geht’s und nicht anders. Darum sollen wir unerschrocken sein, unser Amt nicht fahren lassen, wenn wir sehen, dass Unkraut zwischen dem Weizen aufgeht; sondern dann erst getrost anhalten, die Leute zu ermahnen, dass sie sich nicht ärgern. Denn das Unkraut will und kann nicht allein wachsen auf dem bösen Boden, sondern auch unrter dem Weizen und in einem guten Acker.

    Ursache, der Teufel, wie im Evangelium steht, kann nicht an wüsten, dürren Stätten hausen; er will im Himmel sitzen. Auch isst er gern gute, niedliche Bisslein; und tut gern an reine Örter, denn er hält seinen Unflat für Bisam und Balsam. Das reine Früchtlein will unter den Rosen wohnen, das ist, er will in der Kirche sein, sitzen und regieren. Daran müssen wir uns gewöhnen und leiden bis an jenen Tag, da wird’s anders werden.

    Wiewohl nun solches sehr weh tut, dass man unter so bösen Buben bleiben und alles dulden und leiden muss; so können wir uns doch des trösten, dass die Schuld nicht unser ist. Darum will’s uns Gott auch nicht entgelten lassen. Wenn nur wir am Wort treu und fleißig halten, so soll es eine ewige Frucht schaffen. Dagegen sollen die bösen Buben, so allerlei Ärgernis anrichten und sich nicht wie Christen halten wollen, ihre Strafe finden, nicht allein hier auf Erden, sondern auch in jenem leben, wie der HERR hier sagt: „Die unrecht tun, werden in den Feuerofen geworfen werden, da wird sein Heulen und Zähneklappen. Aber die Gerechten werden leuchten wie die Sonne in ihres Vaters Reich.“ Auf dasselbe Stündlein sollen die Gottseligen sehen und das Ärgernis, dem sie nicht wehren können, sich nicht kümmern lassen. Will der meiste Teil nicht recht tun, so lasse er’s. Wir können Gott danken, dass dennoch etliche das Wort annehmen, ihm folgen und frömmer werden.

    So ist nun dies die Zusammenfassung von dem heutigen Evangelium, dass auch unter den rechten Christen, da der rechte, gute Same, das Wort Gottes, in einem guten Feld oder Acker liegt, allwege böse, arge Buben und Unchristen sein werden. Und niemand soll sich unterstehen, solches zu ändern, denn die Bösen werden unter die Frommen gemengt bleiben, spricht Christus, bis auf den jüngsten Tag(, nämlich in der Welt, denn aus der Kirche, wie noch besprochen wird, sollen sie, wo sie erkannt werden, sehr wohl hinausgetan werden). Da sollen sie denn durch die Engel von ihnen abgesondert werden; von uns Menschen soll es nicht geschehen. Wer aber sich’s unterstehen würde, der würde das Übel ärger machen und mit dem Unkraut auch den guten Weizen entweder ausraufen oder zertreten.

    Hier haben sie zwei Fragen. Die erste: Ob die Kirche ihre Macht gebrauchen und die, so in öffentlichen Ärgernissen liegen, aus der Kirche ausschließen möge? Die andere: Ob die weltliche Obrigkeit mit dem Schwert den Ketzern wehren soll?

    Auf die erste Frage ist dies die Antwort: Der Kirche ist solche Macht, die Sünder in den Bann zu tun oder auszuschließen, in diesem Evangelium nicht genommen. Denn der HERR redet von einem solchen Ausreißen, das mit dem Schwert geschieht, da man den Bösen das Leben nimmt. Nun aber führt die Kirche oder das Predigtamt das Schwert nicht; sondern was es tut, das tut’s allein mit dem Wort. Darum, obgleich die Sünder gebannt und aus der Kirche ausgeschlossen werden, so nimmt sie doch die Kirche wieder an, wenn sie sich bekehren und Gnade begehren. Darum reden die alten Lehrer recht davon: Wenn Matthäus, da er noch ein Zöllner war, und Paulus, da er die Christen verfolgte, und der Schächer am Kreuz bald nach frischer Tat wären gerichtet und erwürgt worden, als böse Buben, wie sie denn in der Wahrheit waren: So wäre der Weizen, so hernach aus ihnen, da sie sich bekehrt haben, gewachsen ist, mit ausgerissen. Aber eine solche Meinung soll es nicht haben, dass die Kirche die Bösen erwürgen sollte. Bannen und ausschließen soll sie sie, wie Heiden, auf dass sie zur Erkenntnis ihrer Sünde kommen und sich bessern, und andere danach an ihrem Beispiel sich stoßen und sich vor Sünden hüten.

    Ja, sprichst du, warum tut man mit Dieben, Mördern und andern nicht auch so, dass man’s bei dem Bann bleiben ließe und sie mit dem Henker nicht strafte? Da könnte auch mancher erhalten werden, der ohne Glauben in seinen Sünden hinstirbt? Antwort: Hier musst du wohl merken, dass der HERR redet vom Reich Gottes. Da soll es so zugehen, dass man kein Schwert gebrauche; denn man könnte sonst den Weizen mit dem Unkraut ausreißen. Aber in der Welt Reich, da hat Gott einen anderen Befehl gegeben, der heißt so: „Wer das Schwert nimmt, der soll mit dem Schwert gerichtet werden.“ Von solchem Weltreich redet hier Christus gar nichts. Darum darf man’s nicht vermengen, sondern im Himmelreich gehen lassen, was da gehen soll. Doch soll weltliche Obrigkeit den Fleiß haben und gebrauchen, dass man die verurteilten Leute recht unterrichte, auf dass, weil der Leib seine Strafe tragen muss, dennoch der Geist erhalten werde, bis in jenem Leben der Leib auch in Ehren aufstehe, welcher hier so schändlich gerichtet ist.

    Aus diesem ist gut zu vernehmen, ob auch weltliche Obrigkeit mit dem Schwert den Ketzern wehren möge, weil Christus hier sagt: Man soll das Unkraut nicht ausreißen, sondern solches Urteil sparen bis auf den Jüngsten Tag. Denn dies Evangelium vermag mehr nicht, als dass dieses Herren Knechte das Unkraut nicht sollen ausreißen. Das sind aber Knechte, wie zuvor gemeldet, nicht in der Welt Reich, sondern im Reich der Himmel. Die sollen das Schwert nicht gebrauchen; denn Gott hat’s ihnen nicht gegeben. Nehmen sie es aber, wie der Papst, so richten sie nichts Gutes an und tun nur Schaden. … (Die Auseinandersetzung mit den Ketzern, der falschen Lehre, ist der Kirche aufgetragen, sie aus ihrer Mitte hinauszutun. Die Obrigkeit hat da kein Amt und soll sich auch nicht einmengen. Nur da, wo falsche Lehrer auch die äußere Ordnung angreifen, wie Staatsdienst, Ehe, Eigentum, Obrigkeit, da soll sie wegen solcher Dinge eingreifen, aber zu der rein kirchlichen Lehre hat sie kein Amt.)

 

    (Nun frage sich ein jeder aber selbst: Wie steht es mit dir: Bist du ein gutes Land, auf dem der Same des Wortes Frucht bringen kann, oder bist du ein böser Boden, aus dem Unkraut sprießt? Oder anders ausgedrückt: Wie gehst du mit dem Wort Gottes um? Liest du es fleißig, regelmäßig, unter Gebet, und lässt dich dadurch strafen über deine Sünden? Beugst du dich darunter und bekennst deine Schuld und ergreifst du Christi Vergebung? Dann bist du ein guter Boden, aus dem rechte Frucht erwächst. Oder liest du nur so aus Gewohnheit darüber hin, hältst aber dir sonst es vom Leibe, dass Gott dir mit seinem Gesetz, mit dem Eingreifen in dein Leben, dein Denken, Wollen, Reden, Handeln nicht eingreifen darf? Dann bist du noch ein böser Boden, dann gehörst du noch zu den bösen Buben. Denen rufe ich zu: Kehrt um, flieht nicht Gottes Wort, Gottes Anklage und Strafe, sondern beugt euch darunter, wenn ihr einst nicht von den Engeln sollt aussortiert und für die Hölle bestimmt werden. Noch ist Zeit zur Umkehr.)

    Was aber noch für böse Buben überbleiben, die nach dem Wort nichts fragen und von der weltlichen Obrigkeit nicht gestraft werden, die werden ihr Urteil an jenem Tag wohl finden. Da wolle uns Gott gnädig vor behüten und in seinem Wort, ohne alles Ärgernis, bis an das Ende erhalten und selig machen, Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum Sonntag Septuagesimae (70 Tage vor Ostern) ueber Matthaeus 20,1-16: Im Reich Christi sind alle gleich

 

Matthäus 20,1-16: Das Himmelreich ist gleich einem Hausvater, der am Morgen ausging, Arbeiter zu mieten in seinen Weinberg. Und da er mit den Arbeitern eins ward um einen Denar zum Taglohn, sandte er sie in seinen Weinberg. Und er ging aus um die dritte Stunde und sah andere an dem Markt müßig stehen und sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg; ich will euch geben, was recht ist. Und sie gingen hin. Abermals ging er aus um die sechste und neunte Stunde und tat gleich also. Um die elfte Stunde aber ging er aus und fand andere müßig stehen und sprach zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag müßig? Sie sprachen zu ihm: Es hat uns niemand gedingt. Er sprach zu ihnen:  Geht ihr auch hin in den Weinberg, und was recht sein wird, soll euch werden. Da es nun Abend ward, sprach der Herr des Weinbergs zu seinem Schaffner:  Rufe die Arbeiter und gib ihnen den Lohn und hebe an bei den letzten bis zu den ersten. Da kamen, die um die elfte Stunde gedingt waren, und empfing ein jeglicher seinen Denar. Da aber die ersten kamen, meinten sie, sie würden mehr empfangen; und sie empfingen auch ein jeglicher seinen Denar. Und da sie den empfingen, murrten sie wider den Hausvater und sprachen: Diese letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleich gemacht, die wir des Tages Last und Hitze getragen haben. Er antwortete aber und sagte zu einem unter ihnen: Mein Freund, ich tue dir nicht unrecht. Bist du nicht mit mir eins geworden um einen Denar? Nimm, was dein ist, und gehe hin! Ich will aber diesem letzten geben gleichwie dir. Oder habe ich nicht Macht zu tun, was ich will, mit dem Meinen? Siehst du darum scheel, dass ich so gütig bin? So werden die Letzten die Ersten, und die Ersten die Letzten sein. Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.

 

    … Eure Liebe hört in diesem Gleichnis, wie der Hausvater am Morgen früh ausgeht und bestellt Arbeiter in seinen Weinberg, die zwölf Stunden arbeiten; danach andere, die neun; ebenso wieder andere, die nur sechs und drei [Stunden]; zuletzt, die nur eine Stunde arbeiten. Da ist die Arbeit sehr ungleich, und ist doch der Lohn gleich. Denn der Hausvater macht mit keinem einen Vertrag, außer mit den ersten, gibt aber den letzten, die nur eine Stunde arbeiten, ebenso viel wie den ersten, mit denen er eins wurde um einen Denar zum Taglohn. Das taugte vor der Welt gar nichts, wäre auch nicht recht; da hat’s Maß und Regel: Wer viel arbeitet, dem gibt man viel zu Lohn; wer wenig arbeitet, dem gibt man wenig zu Lohn. Doch so, wo einer seinen bedingten Sohn hat, da soll und darf er dem Herrn nicht drein reden, ob er gleich einem andern etwas aus Gutwilligkeit schenkt. Aber natürlich ist’s unrecht, gleichen Lohn geben, da ungleiche Arbeit.

    Nun führt aber der HERR dies Gleichnis darum, dass er damit sein Reich will scheiden von der Welt Reich und uns lehren, dass es viel anders in seinem Reich zugehe als in der Welt Reich, da es nicht kann gleich zugehen, da die Personen ungleich sind. Denn dass die Ungleichheit auch in der Welt gefunden wird, dass der HERR im Haus mehr Güter hat als sein Knecht, und doch der Knecht mehr arbeiten muss als der HERR, das hat seine besondere Meinung; gehört aber nicht hierher zu diesem Gleichnis, in welchem der HERR alle Ungleichheit aufhebt; und er will uns lehren, dass in seinem Reich alles gleich sei, und einer so viel haben und gelten soll wie der andere.

    Aber im äußeren, weltlichen Leben, da soll die Ungleichheit bleiben; wie denn die Stände ungleich sind. Ein Bauer führt ein anderes Leben und Stand als ein Bürger; ein Fürst einen andern Stand als ein Edelmann. Da ist’s alles ungleich und soll ungleich bleiben. Aber im Reich Christi, es sei ein König, ein Fürst, ein Herr, ein Knecht, eine Frau, eine Magd oder wie sie mögen genannt werden, so sind sie doch alle gleich. Denn keiner hat eine andere Taufe, Evangelium, Glauben, Sakrament, Christus und Gott als der andere. Denn da geht man zugleich zur Predigt und hört ein Knecht, ein Bürger, ein Bauer eben das Wort, das der größte Herr hört. So die Taufe, die ich habe, die empfängt ein jegliches Kindlein, es sei, wessen es wolle. Den Glauben, den St. Petrus, St. Paulus haben, denselben hat die Magdalena und der Schächer am Kreuz auch. Ich und du, wenn wir Christen sind, haben ihn auch. So eben den Gott und Christus, den Johannes der Täufer hat, den haben alle Sünder, wenn sie sich bekehren. Da ist alles gleich, obgleich einer höher oder geringer ist als der andere, seines Standes, Amtes oder Gaben halben.

    So ist nun dies das vornehmste Stück dieses Evangeliums, dass wir den Trost daraus fassen sollen, dass wir Christen in Christus alle gleich sind. Vor der Welt muss die Ungleichheit bleiben, dass der Vater mehr sei als der Sohn; der Herr mehr als der Knecht; dass ein König und Fürst mehr sei als seine Untertanen. Das will Gott so haben, der hat die Stände so geordnet und geschaffen. Wer da wollte eine Gleichheit machen, dass der Knecht so viel gelten sollte wie sein Herr, die Magd so viel Gewalt haben wie ihre Frau, ein Bauer so viel wie sein Fürst, der würde ein löbliches Regiment anrichten; wie man an den aufrührerischen Bauern gesehen hat. Es gehe nun in der Welt so ungleich zu, wie es immer kann, so sollen wir uns doch des trösten, wie hohen oder niederen Standes wir sind, dass wir alle einen Christus, eine Taufe, ein Evangelium, einen Geist haben; dass niemand ein besseres Evangelium, eine bessere Taufe, einen anderen Christus hat als die geringste Magd und der geringste Knecht. Denn obschon ein anderer mehr Geld, Gut und anderes hat als du, so hat er doch darum nicht einen anderen oder besseren Gott.

    Das soll man lernen und mit Fleiß merken, auf dass jedermann in seinem Stand Gott mit Herzen und Lust diene und spreche: Ich bin kein Kaiser, kein König, habe nicht Städte und Schlösser wie die großen Fürsten; aber ich habe dennoch eben so eine heilige Taufe, eben den Christus, der für mich gestorben und mir das Leben erworben hat, welchen der Kaiser hat. Solche großen Güter nun, die wir durch unsern HERRN Jesus haben, sollen uns hoffärtig machen, dass wir die weltliche Herrlichkeit dabei lernen verachten, und unsern Trotz und Trost allein an dem haben, dass wir getauft sind im Namen Jesu, und er für uns gestorben ist und aufgefahren gen Himmel, da er sitzt zur Rechten Gottes, dass er uns auch helfen wolle von Sünde, Tod und allem Unglück.

    Wer nun solches hat und weiß, dass wir in Christus alle gleich sind, der geht hin an seine Arbeit mit Freuden und lässt sich nicht kümmern, ob er gleich hier auf Erden, diese kurze Zeit, in einem geringeren Wesen und Stand ist als ein anderer. Denn da soll es so zugehen, dass im äußerlichen Leben eine Ungleichheit sei, und einer viel, der andere wenig habe; einer Herr, der andere Knecht sei. Das lässt ein Christ sich nicht anfechten, sondern spricht: Im Namen Gottes, auf Erden soll’s nicht anders sein; ob ich gleich einen schwereren Stand habe als Herr und Frau im Haus; ob ich gleich nicht so gewaltig bin wie ein Fürst, König oder Kaiser: So will ich doch nicht drum murren, sondern gern und willig in meinem Stand bleiben, bis es Gott mit mir anders schafft und mich auch zum Herren oder Frau macht, und mich dieweil des trösten, dass ich weiß, dass weder Kaiser noch König einen anderen Christus oder mehr von Christus haben als ich. Wollen sie aber mehr, so weiß ich, dass sie in diesem Reich keinen Platz finden; denn da soll es alles gleich sein, da wir alle nur allein darum Gott angenehm sind, dass Christus Jesus für uns gelitten und uns allzumal, einen so viel als den andern, von unsern Sünden gereinigt hat mit seinem Blut. Den Schatz habe ich ganz und vollkommen. Deshalb soll mich’s nicht anfechten, ob ich in Äußerlichem und Zeitlichem etwa einen Mangel habe; so nur hier kein Mangel ist und ich in den ewigen Gütern allen Heiligen gleich soll sein.

    So soll nun dies unser Trotz und Trost sein, dass wir wissen, im Reich Christi sei keine Ungleichheit; sollen deshalb in solcher christlichen Hoffart willig hingehen und tun, was wir sollen: So könnte ein jeder fröhlich in seinem Stand und fromm dazu sein. Denn da muss es alles mit Freuden abgehen, wenn ein Christ von Herzen sagen kann: Was soll ich meines Standes halben murren? Ich es doch je ein guter Stand, ob er gleich gering und mühsam ist. Denn ob’s gleich kein Fürstenstand ist, so ist’s doch ein Christenstand; was will ich mehr haben oder begehren?

    Solches tun diese ersten nicht, die da murren und scheel darum sehen, dass sie nicht mehr empfangen als die andern usw. Unsere Geistlichen tun’s auch nicht. Die wollen, unser HERR Gott soll ihnen lohnen nach ihren Werken, dass er soll ansehen, wieviel sie mehr getan haben als andere, soll die deshalb höher im Himmel setzen und ihnen einen andern, größeren und besseren Christus geben. Denn so haben sie gelehrt: Wenn ein Priester über dem Altar steht, so tue er ein solches Werk, das er andern mitteilen und ihnen dadurch auch in den Himmel helfen könne, als der besser sei und einen besseren Stand im Reich Christi habe als die Laien. Diese murren über solcher Gleichheit, die im Reich Christi ist, und wollen’s zu einer Ungleichheit bringen, wie sie in weltlichen Ständen ist. Weiter haben sie gelehrt: Eine Jungfrau im Kloster sei besser des Glaubens halben als eine Ehefrau. Und wer noch heutiges Tages anders lehrt, den verdammen sie als einen Ketzer. Das ist’s, dass die ersten murren und wollen mehr haben als die andern. Zählen unserm HERRN Gott vor, wie lange sie gearbeitet und wie sauer es ihnen geworden sei. Aber was sagt er dazu? Des äußeren Lebens halben seid ihr ungleich, da mag einer fleißiger sein und mehr arbeiten als der andere; aber keiner hat eine bessere Taufe und besseren Christus als der andere. Auch predigt man keinem ein anderes oder besseres Evangelium als dem andern.

    Dass nun Mönche und Nonnen sich rühmen, die Eheleute haben nur das allgemeine Evangelium und Gebot, sie aber haben das hohe Evangelium und halten mehr als Christen zu halten im gemeinen Stand geboten ist: Das ist nicht wahr und ganz und gar gegen das Evangelium; denn sie wollen damit eine Ungleichheit aus dem Evangelium machen, so es doch Christus alles gleich macht, und lehrt besonders im heutigen Evangelium, dass in seinem Reich einer ebenso viel soll gelten wie der andere. An sich selbst ist es nicht böse, auch wehrt’s noch verbietet’s niemand, dass eine Jungfrau bleibe, wer Gnade dazu hat. Aber dass man’s vor unserm HERRN Gott rühmen und darum besser sein wollte als andere und mehr Lohn erwarten, das ist der Stoß und Ärgernis, da der Papst anstößt und uns darum beschuldigt, wir verbieten gute Werke. Aber er tut uns Gewalt und Unrecht; denn gute Werke verbieten wir nicht. Allein sagen wir, dass im Reich Christi alles gleich sei, darum, dass Gott mit uns allen nicht nach Verdienst, sondern allein nach Gnaden und Barmherzigkeit, um seines Sohnes Christus Jesus willen, handeln will.

    Danach sagen wir, wenn du solche Gleichheit in Christus hast, alsdann, du seist ein Schulmeister oder Prediger, ein Herr oder Frau, ein Knecht oder Magd, so arbeite und tue, so viel du kannst, in deinem Beruf und bleibe in solcher Ungleichheit. Aber in Christus sollen wir nicht ungleich, sondern gleich sein. An dem stößt sich die Welt und die Juden besonders, wollen unsinnig und toll drüber werden, wenn sie hören, dass wir Heiden sollen ebenso wohl selig werden, die wir nicht beschnitten sind, den Sabbath und andere Beschwerung des Gesetzes nicht halten, wie die, die solche Last mit so großer Mühe tragen, dass sie drüber schwitzen; wie es der HERR im Gleichnis fein anzieht und sagt: Die ersten meinten, sie wollten mehr empfangen, und murrten drum, da ein jeder seinen Denar empfing, eben wie die, so nur eine Stunde gearbeitet hätten. …

     Darum soll man diesen Unterschied wohl und fleißig merken zwischen weltlichem und christlichem Leben oder zwischen der Welt Reich und dem Reich Christi. Denn im Reich Christi soll es alles gleich sein; da wir alle nur einen einigen Gott, Christus, Heiligen Geist, Evangelium, Taufe, Sakrament, Glauben haben. Solcher Gleichheit halben ist einer ebenso gut, fromm und heilig wie der andere.

    Wenn wir nun solches haben, sollen wir Gott für solche Gaben danken und dieselben recht erkennen, rühmen und sagen: Man sehe mich an, wofür man wolle, mach achte mich, so gering man wolle; so habe ich doch so viel, wie alle Kaiser und Könige, ja, wie alle Heiligen und Engel im Himmel. Wodurch? Durch Christus. Darum will ich hingehen, eine Hausmutter, Hausvater, Knecht oder Magd sein, und mit Freude, mit Lust und Liebe alles tun, was mein Stand erfordert; da ich so einen großen Schatz an meinem HERRN Christus habe.

    Das ist die Lehre aus dem heutigen Evangelium, dass wir hier auf Erden ungleich bleiben, gleichwie die Personen ungleich sind. Ein Fürst ist eine andere Person als ein Prediger; eine Magd eine andere Person als ihre Frau; ein Schulmeister eine andere Person als ein Bürgermeister. Darum sollen oder können sie nicht einerlei Weise oder Wesen führen. Solche Ungleichheit muss bleiben. Aber dort im Reich Christi heißt’s: Ich will einem so viel geben wie dem andern; Ursache: Das Himmelreich, die Erlösung vom Tod und Sünden, hat mir niemand abverdient; darum bin ich’s niemand schuldig; gebe es aber aus Gnade, wem ich will. Über solchem sollen wir uns hüten, dass wir nicht murren, sondern Gott dafür danken und solchen Trost in allerlei Gefahr, Mühe und Arbeit, die wir in der äußerlichen Ungleichheit tragen, hervorziehen; so wird es uns alles sanft und leicht werden.

    Aus dem letzten Spruch: „Viele sind berufen, aber wenige auserwählt“, schöpfen die vorwitzigen Köpfe mancherlei ungereimte und ungöttliche Gedanken, denken so: Wen Gott erwählt hat, der wird ohne Mittel selig; wiederum aber, wen er nicht erwählt hat, der tue, was er wolle, sei fromm und gläubig, wie er wolle, so ist’s ihm doch geordnet, dass er fallen muss, und kann nicht selig werden: Deshalb will ich’s gehen lassen, wie es geht. Soll ich selig werden, so geschieht’s ohne mein Zutun; wo nicht, so ist’s doch verggebens, was ich tue und vornehme. Was nun für unartige, sichere Leute aus solchen gottlosen Gedanken wachsen, kann jedermann bei sich selbst abnehmen.

    Man soll sich vor solche Gedanken als vor dem Teufel hüten und eine andere Weise zu studieren und von Gottes Willen zu denken vornehmen; nämlich man soll Gott in seiner Majestät und mit der Vorsehung zufrieden lassen, denn da ist er unbegreiflich. Und ist unmöglich, dass ein Mensch nicht sollte aus solchen Gedanken geärgert werden und entweder in Verzweiflung fallen oder gar gottlos und verwegen werden.

    Wer aber Gott und seinen Willen recht erkennen will, der soll den rechten Weg gehen, so wird er nicht geärgert, sondern gebessert. Der rechte Weg ist aber der HERR Christus, wie er sagt: „Niemand kommt zum Vater als durch mich.“ Wer nun den Vater recht kennen und zu ihm kommen will, der komme zuvor zu Christus und lerne denselben erkennen, nämlich so: Christus ist Gottes Sohn und allmächtiger, ewiger Gott. Was tut nun der Sohn Gottes? Er wird Mensch um unseretwillen, er gibt sich unter das Gesetz, dass er uns vom Gesetz erlöse, er lässt sich kreuzigen und stirbt am Kreuz, dass er für unsere Sünde bezahle; und steht wieder auf von den Toten, dass er uns durch seine Auferstehung den Eingang zum ewigen Leben mache und gegen den ewigen Tod helfe; und sitzt zur Rechten Gottes, dass er uns vertrete und den Heiligen Geist schenke und durch denselben regiere und führe und gegen alle Anfechtung und Eingeben des Teufels seine Gläubigen bewahre. Das heißt Christus recht erkennen. …

    Ist’s nicht wahr, da wird dich deine eigene Vernunft zwingen, dass du musst sagen: Weil Gott seinen eingebornen Sohn um unsertwillen so hingegeben und sein um unsertwillen nicht verschont hat, so muss er’s je mit uns Menschen nicht übel meinen. Er will ja nicht, dass wir verloren sollen werden; da er die höchsten Mittel sucht und gebraucht, dass er uns zum Leben helfe. Auf diese Weise kommt man recht zu Gott; wie denn Christus selbst predigt, Joh. 3,16: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingebornen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ Man halte aber diese Gedanken gegen jene, so wird man finden, dass jene Gedanken des leidigen Teufels Gedanken sind, da ein Mensch drüber geärgert muss werden und entweder verzweifeln oder verwegen und gottlos werden; denn er kann sich zu Gott nichts Gutes versehen. …

    Deshalb hat’s eine ganz andere Meinung mit diesem Spruch: „Viele sind berufen“ usw. Denn die Predigt des Evangeliums geht insgemein und öffentlich, wer’s nur hören und annehmen will; und Gott lässt’s auch darum so gar allgemein und öffentlich predigen, dass jedermann es hören, glauben und annehmen soll und selig werden. Aber wie geht’s? Wie hernach im Evangelium folgt: „Wenige sind auserwählt“, das ist, wenige halten sich so gegen das Evangelium, dass Gott ein Wohlgefallen an ihnen hat. Denn etliche hören’s und achten’s nicht; etlichen hören’s und halten nicht fest dran, wollen auch nichts darüber zusetzen noch leiden; etliche hören’s, nehmen sich aber mehr um Geld und Gut und weltliche Wollust an. Das gefällt aber Gott nicht und mag solche Leute nicht. Das heißt Christus: „nicht auserwählt sein“, das ist, sich nicht so halten, dass Gott ein Gefallen an ihnen hätte. Das aber sind auserwählte und Gott wohlgefällige Leute, die das Evangelium fleißig hören, an Christus glauben, den Glauben mit guten Früchten beweisen und darüber leiden, was sie sollen leiden.

    Dieser Verstand ist der rechte Verstand, der niemand ärgern kann, sondern bessert die Leute, dass sie denken: Wohlan, soll ich Gott wohl gefallen und auserwählt sein; so wird sich’s nicht leiden, dass ich in bösem Gewissen lebe, gegen Gottes Gebot sündigen und der Sünde nicht wehren wollte; sondern ich muss zur Predigt gehen, Gott um seinen Heiligen Geist bitten, das Wort nicht aus dem Herzen lassen, mich gegen den Teufel und sein Eingeben wehren, und um Schutz, Geduld und Beistand bitten; da werden denn feine Christen draus. Dagegen jene, die dafür halten, dass Gott nicht jedermann die Seligkeit gönne, entweder verzweifelte oder sichere, gottlose Leute werden, die hinleben wie das Vieh und denken: Es ist doch schon geordnet, ob ich soll selig werden oder nicht; was will ich mir denn sehr wehe tun? Nein, nicht so; du hast Befehl, du sollst Gottes Wort hören und an Christus glauben, dass er dein Heiland sei und für deine Sünde bezahlt habe. Dem Befehl siehe zu, dass du ihm nachkommst. Findest du dich ungläubig oder schwach: Bitte Gott um seinen Heiligen Geist und zweifle nicht, Christus ist dein Heiland, und du sollst durch ihn, so du an ihn glaubst, das ist, dich sein tröstest, selig werden. Das verleihe und allen unser lieber HERR Jesus Christus. Amen.

   

 

Evangelienpredigt zum Sonntag Sexagesimae (60 Tage vor Ostern) ueber Lukas 8,4-15: Die vier Schueler des Wortes Gottes

 

Lukas 8,4-15: Da nun viel Volks beieinander war und aus den Städten zu ihm eilten, sprach er durch ein Gleichnis: Es ging ein Sämann aus, zu säen seinen Samen; und indem er säte, fiel etliches an den Weg und ward vertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen’s auf. Und etliches fiel auf den Felsen; und da es aufging, verdorrte es, darum dass es nicht Saft hatte. Und etliches fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten’s. Und etliches fiel auf ein gutes Land; und es ging auf und trug hundertfältige Frucht. Da er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre! Es fragten ihn aber seine Jünger und sprachen, was dieses Gleichnis wäre. Er aber sprach: Euch ist’s gegeben, zu wissen das Geheimnis des Reichs Gottes; den andern aber in Gleichnissen, dass sie es nicht sehen, ob sie es schon sehen, und nicht verstehen, ob sie es schon hören. Das ist aber das Gleichnis: Der Same ist das Wort Gottes. Die aber an dem Wege sind, das sind, die es hören; danach kommt der Teufel und nimmt das Wort von ihrem Herzen, auf dass sie nicht glauben und selig werden. Die aber auf dem Felsen sind die: Wenn sie es hören, nehmen sie das Wort mit Freuden an. Und sie haben keine Wurzel: eine Zeitlang glauben sie und zu der Zeit der Anfechtung fallen sie ab. Das aber unter die Dornen fiel, sind die, so es hören und gehen hin unter den Sorgen, Reichtum und Wollust dieses Lebens und ersticken und bringen keine Frucht. Das aber auf dem guten Land sind, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld.

 

    Eure Liebe hören im heutigen Evangelium, dass viererlei Schüler sind, so das reine Wort Gotts hören, und doch allein die letzten es behalten und Frucht bringen; auf dass ein jeder sich wohl umsehe und fleißig erforsche, unter welchem Haufen er sei, und sich so lerne schicken, dass er doch auch einmal zu denen komme, die ein gutes Land sind und da das Wort Frucht bei schafft.

    Die ersten, sagt der HERR; sind der Same, der an den Weg fällt; derselbe kommt nicht zu Frucht, denn er wird entweder zertreten oder die Vögel fressen ihn auf. Die zweiten sind, die es hören und heben an, nicht allein davon zu reden, sondern auch zu glauben, wachsen auf fein daher, wie das Korn, so auf einen steinigen Acker fällt. Aber sobald ihm ein wenig ein heißer Sommertag kommt, fängt es an zu verdorren; denn es hat nicht Wurzel noch Saft. Also, wenn Verfolgung und Anfechtung kommt, fallen solche Leute dahin, ehe die rechte Frucht des Glaubens durch Geduld folgt. Die dritten sind hier am kenntlichsten; das sind Christen, wie das Korn unter den Dornen, das, ob es gleich aufwächst, kann es doch nicht zur Frucht kommen, muss ersticken; denn die Dornen überwachsen es. Die vierten aber sind die frommen Schüler, da das Wort fällt in ein gutes Herz und bleibt darin, bis es Frucht bringt durch Geduld; denn die leiden über dem Wort, was ihnen zu leiden vorfällt, und üben sich in der Liebe und Gehorsam gegen Gott und bringen etliche hundertfältige, etliche sechzigfältige, etliche dreißigfältige Frucht. Das sind die viererlei Schüler.

    Da gehe nun ein jeder in sein Herz, bedenke sich, unter welchem Haufen er doch sei. Die ersten drei Teile sind unnütz, besonders aber die ersten sind die ärgsten, die das Wort hören, und wenn sie es hören, spricht der HERR, so kommt der Teufel und nimmt ihnen das Wort vom Herzen, dass sie nicht glauben und selig werden. Das merke ja fleißig.

    So hätte ich nimmermehr dürfen denken noch urteilen, dass die Herzen sollten mit dem Teufel besessen sein, die das Wort hören und achten doch sein nicht, vergessen es und denken nimmer dran. Uns dünkt, es sei ohne Gefahr, Gottes Wort hören und es doch nicht behalten; und die es tun, seien schlechte, unachtsame Leute, und es gehe natürlich so zu, dass sie die predigt hören und dennoch vergessen. Aber Christus urteilt hier anders und sagt: Der Teufel nehme den Leuten das Wort aus dem Herzen.

    Da siehst du, was man von den Leuten, Kindern und Mitarbeitern halten soll, wenn sie die Predigt hören und unachtsam hingehen, als hätten sie es nicht gehört, und dächten ungern einmal dran. Dieselben können sich des Heiligen Geistes nicht rühmen; denn der Teufel ist ihnen so nahe, dass er ihnen ins Herz greift und nimmt ihnen das Wort draus. Darum müssen auch andere Untugenden folgen, dass sie ungehorsam, untreu, eigensinnig, eigennützig, stolz, unversöhnlich sind; denn wo das Wort im Herzen bliebe und sie es mit Fleiß hörten, würde es feine, gehorsame, willige, treue, demütige, milde Herzen machen.

    Das sind die ersten und ärgsten. Und es verdrießt solche Unart den HERRN sehr übel, schilt auch keinen Haufen so sehr als diesen. Denn er sagt: Die Teufel, die in Lüften schweben, nehmen ihnen das Wort aus dem Herzen, dass sie des Worts sich nicht annehmen und denken, es sei ohne Gefahr, dass sie die Predigt zu einem Ohr lassen ein-, und zum andern wieder ausgehen. Aber willst du wissen, wie eine große Gefahr es sei, so höre, was Christus sagt, der es eigentlich besser weiß als die Welt; der spricht: Der Teufel tue solches.

    Darum, wo du einen Menschen siehst, der in sich lässt reden und predigen, wie in einem Klotz, wie unsere geizigen Bürger und Bauern, und besonders wie unser Gegenteil, die Papisten, tun; was man ihnen predigt, singt und sagt, ist alles, als schlüge man in ein Wasser: Da denke nicht anders, als dass der Teufel sei ihnen ins Herz gesessen und reiße den Samen, das Wort Gottes, weg, dass sie nicht glauben und selig werden. Denn wo der Teufel nicht da wäre oder solches eine natürliche, angeborne Vergessenheit wäre, wie denn immer ein Mensch gelehriger ist als der andere; so würde doch das Verlangen da sein, dass ein Mensch dächte: Ach Gott, dass ich so gar nichts merken kann! Gib mir doch auch deine Gnade und tue mir mein Herz auf, dass ich darauf möge Acht haben und behalten könne, was ich in der Predigt höre! Bei solchen Leuten, die ein Verlangen nach dem Wort haben und wollten’s gern behalten, hat der Teufel keinen Platz noch Raum; sonst würde solch Verlangen wohl dahinten bleiben. Aber jene wenden sich nicht darum; ja, lassen sich dünken, wenn sie einen Groschen oder Pfennig oder etwas, das noch geringer ist, einer Predigt halben versäumen sollten, es wäre ein großer Schade. Da ist gewiss der Teufel bei, und denke nur niemand anders.

    Das ist nun der größte Haufe, die das Wort hören und achten es nicht; denn der Teufel reißt ihnen es aus den Herzen.

    Die andern zwei Haufen sind nicht so gar böse; aber schwach sind sie, heben ein wenig an und merken etwas, lassen sich’s auch gefallen. Darum gibt sie der HERR nicht so gar dem Teufel wie die ersten, obwohl die Frucht bei ihnen auch nicht folgt. Das sind nun die, so in der Verfolgung nicht beharren noch beständig bleiben; sondern wie das wurmstichige Obst am Baum bleibt hangen, weil es still ist, sobald aber ein Wind kommt, fällt es haufenweise ab: So sind diese auch: „Eine Zeitlang“, spricht der HERR, „glauben sie“; aber sobald das Kreuz kommt, lassen sie sich schrecken, wollen und können nichts leiden. Da muss die Frucht des ewigen Lebens auch außen bleiben, samt andern guten Früchten, so aus dem Wort und Glauben herwachsen.

    Der dritte Haufe sind, die vor Geiz, Sorge und vor Wollust dieses Lebens das Wort nicht achten. Denn wer mit zeitlichen Sorgen umgeht, scharren und kratzen und allein denken will, wie er hoch und reich werde, der beschwert das Herz, wie Christus sagt Luk. 21,34, dass so die rechte Frucht erstickt, wie das Korn unter den Dornen. Arbeiten soll man, und ein jeder in seinem Beruf auf das fleißigste und emsigste sich halten, dass ist nicht verboten, sondern geboten. Aber dass man so scharren und allein auf das Zeitliche, auf Taler und Gulden denken wollt; das sind die Dornen, die das Wort Gottes ersticken im Herzen, dass es nicht kann über sich wachsen noch Frucht bringen; denn man denkt nicht daran, und lässt sich an anderm mehr gelegen sein.

    Bei diesen drei Haufen ist das Wort umsonst und vergebens. Das ist aber nicht ein geringer, sondern ein großer, greulicher Schade, den ein menschliches Herz bedenken kann. Darum ermahnt der HERR mit Fleiß uns alle und spricht: So seht nun drauf, wie ihr zuhört; „denn er da hat, dem wird gegeben; wer aber nicht hat, dem wird genommen auch das er vermeint zu haben“. Mit solchen Worten gibt er genugsam zu verstehen, dass er nicht rede von schlechten Sachen; denn es ist hier nicht zu scherzen, dass man wollte denken: O, ich will eine Weile so hingehen, sorgen und tun, was ich zu sorgen habe, will dennoch noch wohl Gottes Wort hören und glauben, wenn ich einmal müßiger werde, und zuvor gesammelt habe, was mir vonnöten ist.

    Siehe zu, dass du dich selbst nicht täuschst. Wer weiß, wie lange du lebst? Wie lange du das Wort hörst? Oder wie dich Gott angreifen und heimsuchen werde? Dich allein kannst du täuschen und betrügen; Christus wirst du nicht täuschen, der dich fleißig und ernst genug ermahnt, da er spricht: „Wer Ohren hat zu hören, der höre.“ Er will nicht, dass du es auf eine andere Zeit aufschieben sollst; wie wir doch gemeiniglich tun. Jetzt spricht er, wenn du es hörst, so nimm es an, es wird dir sonst übel geraten.

    Darum lasst uns Fleiß anwenden, dass wir unter dem kleinen vierten Häuflein gefunden werden; darum auch mit Ernst bitten, dass wir gute Herzen haben, Gottes Wort annehmen, behalten und gute Frucht bringen mögen.

    Das Häuflein nun sind die lieben Heiligen; aber nicht des Papsts Heilige, die Kappen und Platten tragen, Messe halten, fasten, besondere Kleider und dergleichen haben; sondern die Gottes Wort hören, welches der Papst und seine Heiligen, wie man sieht, die ärgsten Feinde sind und heftigsten Verfolger sind. Die aber das Wort hören, die bringen hundertfältige, das ist viel, unzählige Frucht. Oder, wie es Matthäus teilt, etliche bringen hundertfältige, etliche sechzigfältige und etliche dreißigfältige Frucht. Denn gleichwie die äußerlichen Ämter ungleich sind, so sind auch die Früchte ungleich. Ein Prediger dient der Kirche mehr als ein Handwerksmann, der nur seinem einigen Haus vorsteht; und sind doch beide Christen, durch Christus von Sünden und Tod erlöst und Erben des ewigen Lebens. Unter dies Häuflein, das das kleinste ist, lasst uns auch kommen.

    Es gehört aber ein feines, reines Herz dazu, wie Christus sagt, das ist, ein solches Herz, das erstlich nicht unachtsam sei, sondern lasse sich‘s einen rechten Ernst mit dem Wort Gottes sein. Ein solches Herz muss vor allen Dingen da sein, soll der Teufel anders nicht kommen und das Wort wegreißen. Zum andern soll das Herz gewiss und beständig, nicht weich noch feig sein, dass sich verführen oder schrecken und von der Menschen Gunst oder Ungunst sich lasse anfechten. Denn wo wir nicht Gott über alles fürchten und lieben, wird das Wort nicht lange bleiben; da es in der Welt nicht unangefochten bleibt; denn der Teufel kann es nicht dulden noch leiden. Er ist ein unmüßiger Herr, der seine Knechte immerdar treibt und nicht feiern lässt; wie wir an den Papisten sehen, und werden’s täglich noch mehr erfahren. Zum dritten muss es auch gereinigt und ausgefegt sein, dass nicht Dornen drinnen sind; das ist, wir müssen uns Gut, Geld, Ehre und Wollust nicht mehr lassen lieben als das Wort Gottes und das zukünftige Leben; auch mit andern Welthändeln uns nicht höher bekümmern als mit dem Wort Gottes, wie Christus sagt: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes“ usw.

    Wo das Herz so achtsam, der Sache gewiss, beständig und ausgefegt ist, das ist ein reines, feines Herz, da gewiss Frucht folgen wird: Aber doch in Geduld; denn ohne Kreuz und Anfechtung, ohne Widerwärtigkeit und Anstöße geht’s nicht ab; wie Paulus sagt: „Alle, die in Christus Jesus wollen gottselig leben, die müssen Verfolgung leiden.“ Da mögen wir uns auf schicken und unsere Seele, wie Christus spricht, „mit Geduld fassen“, und das Gebet nicht vergessen; denn es fehlt nicht, wie wir selbst bekennen müssen, dass leider allenthalben mit uns anstößt und nirgends fort will und natürlich so geht, dass wir das Zeitliche hier auf Erden nicht können verachten. So feiert der Teufel auch nicht, versucht e auf alle Weise, ob er das Wort uns nehmen und dagegen das herz mit Sorge, Geiz, Hoffart, Zorn und allerlei Unart beschweren könne. Wie wir sehen, dass viele feine Leute wären, wo nicht der Geiz, Ehrsucht, Unzucht und anderes sie überginge und vom Wort abhielte.

    Da ist vonnöten, dass wir auf solchen Mangel und Gebrachen unserer Natur gute Acht haben, nicht in Sicherheit fortfahren, sondern Gott um seinen Heiligen Geist bitten (wie wir denn eine klare, tröstliche Zusage haben, Luk. 11,13: „Der Vater wird seinen Heiligen Geist geben denen, die ihn darum bitten“), dass derselbe solche Stöcke und Blöcke ausrotten, solche Dornen und Disteln aus dem Herzen ausfegen wolle, auf dass wir Gottes Wort hören und behalten und die rechte Frucht, den Glauben an Christus bringen können; durch welchen Glauben wir nicht allein im Gehorsam Gottes leben, sondern auch Gottes Kindern und Erben werden; denn das ist die vornehmste Ursache, dass dieser Same gesät, das ist, das heilige Evangelium in aller Welt gepredigt werde, dass es eine solche Frucht in uns schaffen und wirken soll, die da ewig bleibe.

    Über das dient uns dies Gleichnis auch dazu, dass wir uns nicht wundern lassen, obgleich das Wort nicht allenthalben Frucht bringt; denn hier hören wir, dass es der HERR selbst so teilt, und von vier Haufen redet, da nur der eine und der kleinste rechtschaffen ist. Die andern drei großen Haufen taugen gar nichts; die soll man gehen lassen und sich an ihnen nicht ärgern. Denn wo das Evangelium gepredigt wird, da soll es so gehen, dass diese drei untüchtigen Schüler gefunden werden; und ist doch die Schuld weder des Worts noch des, der es führt oder predigt: Wie die blinden Papisten immerdar, wie tolle, rasende Leute, schreien, lassen sich bedünken, sie können unser Evangelium nicht höher schänden noch hässlicher machen, als dass sie die Ärgernisse hervorziehen, die der Teufel erregt hat, seit der Zeit, das Evangelium gepredigt ist worden.

    Aber wenn’s des soll gelten, sage mir: Da Christus selbst predigt mit Johannes und seinen Aposteln, sind da nicht auch große Ärgernisse gewesen und die größten Sünden geschehen? Da Johannes, der Täufer, aufstand und predigte, lief jedermann zu, sie hörten seine Predigten, sahen, dass er ein heiliger Mann war; dennoch musste er hören, er wäre besessen und hätte den Teufel. Und der König Herodes, der ihn, wie die Evangelisten zeugen, viel und gern hörte, ließ ihn endlich gar erwürgen. Ja, sie haben Christus, Gottes Sohn, selbst gehört, ihn sehen Tote auferwecken und große Wunderwerke tun; gleichwohl haben sie ihn an das Kreuz geschlagen. Warum sagst du nicht da auch: Ei, Johannes, Christus, die Apostel sind nicht rechte Prediger gewesen, sonst sollten die Leute nicht so böse gewesen sein und sich durch die rechte Lehre gebessert haben? Aber da müssen sie das Maul zuhalten; sonst könnte man an ihrem Urteil spüren, dass sie Feinde und Lästerer Christi sind. Sie lassen sich aber dünken, sie haben besseren Fug, uns und unsere Lehre zu schelten.

    Nun, wir wollen es mit unserer Lehre lassen beruhen und jetzt nicht sagen, wofür wir sie halten und warum wir uns davon nicht wollen lassen abtreiben. Man sehe nur hier die Worte unsers HERRN Jesus, der sagt: Der Same sei das Wort. Nun wird je kein Papist so toll und töricht sein, der da sagen dürfe, das Wort, da Christus hier von redet, sei ein böses Wort oder falsche Lehre. Was sagt aber Christus von solchem Samen, der rechtschaffen und gut ist? Wie gerät er? Nämlich so, dass nur der vierte Teil davon einwurzelt und Frucht bringt. Wer kann nun leugnen, dass die Welt nicht böse bleibe, obgleich das Wort und die Predigt recht, rein, gut und an sich selbst fruchtbar ist?

    Nun habe ich gesagt, von unserer Lehre wollen wir noch nicht reden, wofür wir sie halten. Das müssen aber die Papisten bekennen, und sollen keinen Dank dafür haben, dass, obgleich die Predigt recht und der Prediger fromm ist, dennoch die Welt bös bleibt und am Wort sich nicht bessert; denn da steht nicht allein diese Predigt Christi, dass nur der vierte Teil des Samens Frucht bringe, sondern auch sein eigenes Beispiel (wollen von Johannes und den Aposteln schweigen), dass er‘s nicht kann dazu bringen, dass jedermann glauben und das Wort annehmen wollte. Der größte Teil ist und bleibt böse und ohne Frucht, der kleinste und geringste Teil bessert sich und glaubt.

    Ist nun das Christus, Gottes Sohn und höchstem Prediger, widerfahren: Was ist’s Wunder, dass es Johannes dem Täufer, den Aposteln und uns heutigen Tags auch widerfährt? Will man darum die Lehre strafen und sagen, sie sei unrecht? So sage man auch, der Same sei nicht rechtschaffen, der auf den Weg, Felsen und unter die Dornen fällt. Aber man soll es umkehren und Gott nicht lästern. Sein Wort ist der Same, der gesät wird; dasselbe Wort ist rechtschaffen und gut und kann seiner Natur halben anders nicht als Frucht bringen. Dass es aber nicht allenthalben Frucht bringt, da beschuldige ja Gott und sein Wort nicht darum, sondern das Land, das nicht gut ist, und weshalb solcher Same darin verderben und ohne Frucht bleiben muss.

    Deshalb sollen die Papisten unsere Lehre nicht strafen noch unrecht heißen, darum, dass viele Ärgernisse dabei sich finden; sondern sollen sich selbst und alle anderen Leute strafen, die kein feines, reines Herz haben. Denn die Schuld ist nicht des Worts, sondern der Herzen; die sind unrein und untüchtig. Zu denen kommt der Teufel, der hetzt und treibt sie gegen Gottes Wort, wie der HERR im andern Gleichnis sagt, Matthäus 13, von dem guten Acker, der mit gutem Samen besät ist, und dennoch Unkraut drinnen wächst. Fragst du, wo das Unkraut herkomme? Da höre und lerne es von Christus. Der Teufel, sagt er, sät’s unter den Weizen; der kann nicht leiden, dass es alles rein sei. Und ob er’s wohl nicht alles kann ausrotten, so sät er doch das Unkraut dazwischen. Wer will aber dem Wort Gottes darum die Schuld geben und sagen: Es sei Ursache solcher Ärgernisse?

    So lerne nun jedermann hier, dass es mit dem Evangelium nimmermehr anders wird zugehen, als hier der HERR durch das Gleichnis anzeigt, nämlich: Dass etliche sich daraus bessern und frömmer werden; aber da sind allewege dreimal mehr, die sich ärgern. Darum geht’s auch, wie der HERR im nächsten Evangelium beschließt, dass ihrer viele berufen, aber nur wenige auserwählt sind; denn weil sie kein reines, feines Herz haben, sondern dem Teufel Raum geben und das Wort fahren lassen, ist’s nicht möglich, dass Gott solches gefallen könnte. Deshalb folgen nicht allein die äußerlichen Sünden und Ärgernisse, sondern, wie der HERR hier sagt, wird solche Unart mit Blindheit gestraft, dass sie mit sehenden Augen nichts sehen, und was sie hören, nicht erstehen, noch sich darein schicken können.

    Deshalb ärgere sich niemand daran, lästere auch darum das Evangelium nicht, obgleich mancherlei Ärgernisse dabei sind finden; denn die Schuld ist nichts des Worts, sondern der unartigen, boshaften, besessenen Herzen. Eben wie es des Samens Schuld nicht ist, dass er an dem Weg, auf den Felsen und unter den Dornen nicht Frucht bringt. Darum lasse sich niemand durch solche Ärgernisse anfechten, sondern arbeite dahin, dass er diesen Samen möge haben und bitte Gott um Gnade, dass er durch seinen Heiligen Geist ihm das Herz auftun und rein zurichten wolle; auf dass, wenn wir das Wort hören, es in unsern Herzen bleiben und in Geduld Frucht bringen, und wir durch den Glauben an Christus, welchen der Heilige Geist durch das Wort und heilige Sakramente in uns pflanzt, mögen selig werden. Dasselbe verleihe uns allen unser lieber HERR Jesus Christus. Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum Sonntag Estomihi (Sei mir ein starker Fels; Ps. 31,3) ueber Lukas 18,31-43: Glauben auf das Wort

 

Lukas 18,31-43: Er nahm aber zu sich die Zwölf und sprach zu ihnen: Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von des Menschen Sohn. Denn er wird überantwortet werden den Heiden; und er wird verspottet und geschmäht und angespien werden; und sie werden ihn geißeln und töten. Und am dritten Tage wird er wieder auferstehen. Sie aber vernahmen der keines, und die Rede war ihnen verborgen, und wussten nicht, was das gesagt war. Es geschah aber, da er nahe zu Jericho kam, saß ein Blinder am Weg und bettelte. Da er aber hörte das Volk, das hindurchging, forschte er, was das wäre. Da verkündigten sie ihm, Jesus von Nazareth ginge vorüber. Und er rief und sprach: Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich mein! Die aber vorne an gingen, bedrohten ihn, er sollte schweigen. Er aber schrie viel mehr: Du Sohn Davids, erbarme dich mein! Jesus aber stand stille und hieß ihn zu sich führen. Da sie ihn aber nahe zu ihm brachten, fragte er ihn und sprach: Was willst du, dass ich dir tun soll? Er sprach: HERR, dass ich sehen möge. Und Jesus sprach zu ihm: Sei sehend! Dein Glaube hat dir geholfen. Und alsbald ward er sehend und folgte ihm nach und pries Gott. Und alles Volk, das solches sah, lobte Gott.

 

    In dem heutigen Evangelium sind zwei Stücke. Das erste ist die Prophezeiung oder Weissagung, in welcher der HERR den zwölf Aposteln von seinem Leiden verkündigt. Und dies sind die Worte. Welche die Engel am Ostertag den Frauen bei dem Grab vorhalten, da sie sprechen, Luk. 24,6.7: „Gedenkt dran, wie er euch sagte, da er noch in Galiläa war, und sprach: Des Menschen Sohn muss überantwortet werden in die Hände der Sünder und gekreuzigt werden und am dritten Tag auferstehen.“ Denn der HERR Jesus ist jetzt eben auf der Reise aus Galiläa nach Jerusalem, da er geblieben und gekreuzigt ist worden. Das andere ist das Wunderwerk an dem Blinden.

    Von solcher Weissagung meldet der Evangelist wohl dreimal, dass die jünger nicht haben verstanden. Denn sie gedachten, er redet ungewöhnliche Wörter, die einen besonderen Verstand hätten. Deshalb war ihnen eben, als hörten sie eine fremde, unbekannte Sprache, deren sie kein Wort verstehen konnten. Und das darum; denn ihr Herz stand so, dass sie dachten: Der Mann tut so viele Wunderzeichen, er weckt Tote auf, macht die Blinden sehend usw., dass wir sehen und begreifen müssen, Gott sei mit ihm. Darum muss er ein großer Herr mit der Zeit werden, und wir, seine Diener, werden auch Fürsten und große Herren sein. Denn er wollte so einem mächtigen Mann, der den Tod und alle Plage mit einem Wort heilen und vertreiben kann, können einen Schaden zufügen? Deshalb stand ihr Herz so: Gott ist zu wohl an ihm, der wird ihn nichts leiden lassen; dass aber seine Worte lauten, als rede er, wie er leiden und sterben solle, das wird eigentlich eine andere Deutung haben. Das ist der lieben Apostel Einfalt gewesen.

    Damit ist nun angezeigt, dass alle Gotteswerke die Art haben, wenn man davon redet, ehe sie geschehen, so sind sie nicht zu begreifen; aber wenn sie geschehen sind, alsdann versteht man sie und sieht’s. So meldet Johannes etliche Male, dass die Jünger Christi erst hernach verstanden haben, was er mit ihnen geredet habe. Darum gehören Gottes Wort und Glaube zusammen. Denn wenn Gott redet, so kann er nicht anders reden als von Sachen, die weit über die Vernunft, und wir natürlich nicht verstehen noch fassen können; darum soll man’s glauben. Wenn man’s nun geglaubt hat, alsdann soll man’s auch erfahren, dass es wahr sei, und recht verstehen.

    Wie, dass ich ein Beispiel gebe: Gottes Wort lehrt uns von der Auferstehung der Toten; das versteht die Vernunft nicht. Darum sieht man, dass weltweise Leute, und vor andern die Gelehrten, über uns spotten und uns für Narren halten, dass wir’s glauben und uns bereden lassen, es sei ein Leben nach diesen Leben. So, dass Gott Mensch geworden und von einer Jungfrau in die Welt geboren sei, das versteht die Vernunft auch nicht; darum muss es geglaubt sein, bis wir dorthin kommen und es sehen werden und sagen: Nun verstehe ich’s, ja, sehe es auch, dass es wahr ist, was ich zuvor geglaubt habe. So, dass man durch die Wassertaufe Gottes Huld und Gnade, ohne alles Verdienst erlangen und Vergebung der Sünde durch die Absolution empfangen soll, lautet vor der Vernunft auch sehr betrügerisch; darum hält sie die Christen für toll und töricht, dass sie solches glauben. Denn die denkt: Soll man Gott versöhnen, so gehört etwas Höheres und Besseres dazu, nämlich gute Werke, die uns sauer werden und weh tun. Wie man des Papsts Beispiel vor Augen hat, der die Leute durch seine Predigt auf eigenes Verdienst weist.

    Denn es will der Vernunft nicht eingehen, dass sie glauben soll, dass allein durch die Taufe und den Glauben an Christus soll gar ausgerichtet werden, was zu Seligkeit gehört; denn sie sieht, dass das Wort ein geringes Ding ist; der es führt, ist auch ein armer, gebrechlicher Sünder. Dass nun ein Mensch soll Leib und Leben in Ewigkeit auf solche Worten setzen, das ist lächerlich. Darum, ob man gleich Gottes Wort den Leuten so klar und deutlich vorsagt, dennoch geht’s der Vernunft nicht ein, sie glaubt’s doch nicht. Und muss deshalb das Liebe Evangelium den Namen vor der Welt haben und behalten, es sei Ketzerei und eine Teufelslehre, da man die Leute mit verführ, und lehrt sie, dass sie nichts Gutes tun sollen; anders kann die Vernunft nicht urteilen.

    Darum so lernt ihr einfältig glauben dem Wort Gottes und sprecht in euren Herzen: Wohlan, sehe, greife und fühle ich’s nicht, dass es so sei, so höre ich’s doch, dass es Gott sagt. Er ist aber ja so mächtig, dass er’s kann wahr machen, dass ich’s zu seiner Zeit und in jenem Leben fassen und verstehen, ja, sehen und greifen werde, ob ich’s gleich jetzt nicht verstehe.

    So sieht man auch in Beispielen. Ehe David Goliath angreift, glaubt er, er wolle ihn schlagen und erwürgen, wie er zu Saul sagt: „Der HERR, der mich von dem Löwen und Bären errettet hat, der wird mich auch erretten von diesem Philister“; ebenso: „Dieser Philister, der Unbeschnittene, soll gleich sein wie der Löwe und Bär; denn er hat geschändet das Heer des lebendigen Gottes“, 1. Sam. 17,36.37. Ebenso, zum Philister selbst sagt er V. 46: „Heutiges Tages wird dich der HERR in meine Hand überantworten, dass ich dich schlage, und nehme dein Haupt von dir.“ Diese Worte hat jedermann aus dem Mund Davids gehört, aber für eine Lüge und lauter Gespött gehalten. Und es ist wahr, wo es allein Davids und nicht Gottes Wort gewesen wäre, so wäre es nichts. Aber es sind Gottes Worte, und David glaubt denselben, ehe er’s erfährt. Darum geht’s auch so hinaus und liegt nichts daran, ob es andern schimpflich war, und konnten nicht glauben, dass es sollte so gehen und wahr werden. Denn der Vernunft war es unglaublich, dass David, der gegen den Goliath eine geringe Person anzusehen war, sollte mit einem Stein einen so großen, starken Riesen hernieder werfen und fällen. Aber David glaubt’s und tut’s. Das konnte man sehen, ja, greifen, dass es wahr und nicht erlogen war.

    Aber vorher, da allein das Wort da war, das David sagt: „Der HERR wird dich heute mir in meine Hand übergeben, da war’s die größte Lüge, ja, ein unmögliches Ding. Denn die Vernunft macht ihre Rechnung, wie Saul 1. Sam. 17, so: David ist ein Knabe, ein Hirte, der in keinem Krieg gewesen und ganz bloß daher kommt mit einem Stecken und Schleuder, als wollte er sich eines Hundes erwehren; wie ihm den Goliath höhnisch vorwirft und spricht: „Bin ich denn ein Hund, dass du mit Stecken zu mir kommst?“ Aber der Riese kommt mit seinem Harnisch und großen Spieß. Ist solches nicht eine ungleiche Bewaffnung und Rüstung, die lächerlich ist anzusehen, dass solches der kleine junge Schütze David tun soll, was kein Mann im ganzen Lager sich darf unterstehen? Nun, David sah es selbst nicht, aber er glaubt es, dass Gott die Gotteslästerung an seinem Feind strafen und ihm helfen würde; und es geschah so.

    So geht es durch und durch: Gottes Wort und Werk hält man allezeit für unmöglich, ehe es geschieht. Dennoch geschieht es und geht über die Maßen leicht und gering zu, wenn es ins Werk kommt. Ehe es aber ins Werk kommt, soll man es nicht wissen noch verstehen, sondern einfältig glauben. Denn wie durch die Taufe die Sünde abgewaschen und wir am jüngsten Tag von den Toten auferstehen werden, das wird die Vernunft nimmermehr verstehen; besonders weil man sieht, dass mancher heilige Mensch von Vögeln gefressen, von Hunden und Wölfen zerrissen wird; etliche werden zu Asche verbrannt und die Asche in fließendes Wasser geworfen; wie der Papst dem heiligen Johannes Hus zu Konstanz getan hat. Da denkt die Vernunft so: Wo wird unser HERR Gott den Leib wieder nehmen? Wohlan, sagt Gott, ich sag’s, es ist mein Wort. Deshalb ist es nicht allein unglaublich, sondern auch unmöglich anzusehen. Aber glaubst du es, so soll es wahr werden; denn ich bin allmächtig und kann aus nichts alle Dinge machen.

    Was sind doch wir vor hundert Jahren gewesen? Ebenso wenig wie das Kind, das über 20, 30, 40 Jahre nach uns soll geboren werden. Weil nun Gott die Kunst kann, aus nichts alle Dinge zu machen, so wird er je auch das können, dass er aus dem, das etwas gewesen, wieder etwas machen wird. Darum soll man nicht danach sehen, ob ein Ding möglich sei; sondern so soll man sagen: Gott hat es gesagt; deshalb wird es geschehen, wenn es sonst schon unmöglich wäre. Denn ob ich’s gleich nicht sehen noch begreifen kann, so ist er doch der HERR, der aus einem Unmöglichen ein Mögliches und aus nichts alles machen kann.

    Darum sind’s über die Maßen verdrießliche Narren, die unserm HERRN Gott sein Wort und Werk nach ihrer Vernunft messen wollen. Denn weil ich einen Toten nicht kann lebendig machen, soll es darum Gott auch nicht können? Darum hüte sich ein jeder davor, dass er Gottes Wort und Vermögen nicht nach seinem Sinn und Vermögen rechne. Denn wo es unsere Vernunft alles fassen und begreifen könnte, so hätte unser HERR Gott seinen Mund wohl können zuhalten. Aber weil er redet, so ist’s ein Zeichen, dass unsere Vernunft nicht alles wisse noch verstehe, und dass Gottes Wort über und wider alle Vernunft sei; wie man in der Erfahrung sieht.

    Ich verkündige die Vergebung der Sünden und absolviere oder entbinde dich aus dem Befehl Christi. Da hörst du das Wort, und wenn du es gehört und von Sünden entbunden bist, so fühlst du dennoch noch nicht, dass Gott und seine Engel dich anlachen. Von solcher Freude weißt du gar nichts, davon der HERR sagt: „Die Engel im Himmel freuen sich über einen Sünder, der sich bekehrt.“

    So, wenn du jetzt getauft bist, hast du eben die Haut und das Fleisch nach der Taufe, welches du vor der Taufe hattest. Soll es aber darum beides nichts sein, die Absolution und die Taufe? O nein. Darum lerne so sagen: Gott hat mich getauft. Gott hat durch sein Wort mich absolviert und von Sünden entbunden. Darum glaube ich fest, ob ich’s gleich nicht sehe noch fühle, dass Gott mich anlache und heißt mich seinen Bruder; und die lieben Engel haben eine besondere große Freude über mir. Solches, sage ich, glaube ich und habe ganz und gar keinen Zweifel daran. Will es der Papst nicht glauben, schadet nicht; ich will es glauben; denn Gott wird mir in seinem Wort nicht lügen.

    Die Jünger hier konnten diese Kunst nicht; sonst würden sie nicht lange davon disputiert oder sich verwundert haben; sie würden geschlossen haben: Eben wie er’s redet, so wird es auch gehen; denn der Mann kann nicht lügen, es geschehe gleich, wann oder wie es wolle. Aber der Blinde, da der Evangelist von meldet, der kann solche Kunst überaus wohl. Seine Augen sind starrblind, dass er nicht ein Stück damit sieht; aber bald da das Wort klingt: „Sei sehend“, glaubt er’s. Darum widerfährt ihm auch, wie er glaubt. Solches Wort, da es noch allein ist, redet von einem Ding, das nicht vorhanden ist. Denn die Augen sind dem Blinden noch zu; aber bald auf’s Wort, weil er’s glaubt, folgt das Werk, wie er’s geglaubt hat. So sollten die Jünger auch haben getan. Ob sie gleich nicht sahen, wie es möglich war, sollten sie dennoch geglaubt haben, weil sie sein Wort hatten. Denn auf das Wort gehört nichts als der Glaube.

    Das ist das erste Stück, das wir aus dem heutigen Evangelium lernen sollen, nämlich dem Wort Gottes mit ganzem verwegenen herzen, ohne Wanken, glauben. Von solchem Glauben weiß der Papst nichts, lehrt auch nichts davon. Ihr aber sollt’s wissen und können, dass es christliches Herz sei, dass da Gottes Wort von Vergebung der Sünden nicht allein hört, sondern auch fest glaubt und daran nicht zweifelt, ob’s schon nichts davon fühlt noch sieht. Denn dasselbe soll allererst hernach sich finden und folgen. Wenn wir fest geglaubt haben, wird sich dann die Erfahrung auch finden, dass wir sagen werden: O wohl mir, dass ich geglaubt habe. Die andern aber, wie Papisten, Türken, Juden, die Gott nicht geglaubt haben, werden stehen und schreien: Zeter mordio, dass wir nicht geglaubt haben! Wer hätte sich des versehen? Werden so müssen am Ende glauben. Aber es wird verloren sein und ihnen nichts mehr helfen, es ist zu lang geharrt.

    Das ist das erste, dass wir uns nicht sollen ärgern an dem Wort Gottes, ob es gleich wunderbar, bettrügerisch und unmöglich lautet; sondern fest auf dem bestehen: Hat es Gott geredet, so wird’s auch müssen geschehen. Denn niemand soll danach fragen, ob es möglich sei, sondern allein dahin sehen, ob es Gott geredet habe. Hat es Gott geredet, so ist er so mächtig und wahrhaftig, dass er’s auch tun kann. Deshalb soll man es glauben; wer es aber nicht will glauben, der lästert Gott auf das höchste. Vor solcher Sünde sollen wir uns fleißig hüten, dass wir an Gottes Wort nicht zweifeln, Gott gebe, es laute so betrügerisch wie es immer kann. Denn was Gott redet, das wird gewiss wahr. So haben wir Gottes Wort in der Taufe, im Abendmahl, in der Absolution und in der Predigt; da redet Gott selbst mit uns, spricht uns selbst von Sünden los. Solches sollen wir glauben und für wahr halten und ja nicht daran zweifeln. Das ist das erste Stück.

    Im zweiten Stück, von dem Blinden, lehrt uns der Evangelist eine recht bettlerische Kunst, dass man vor Gott wohl begierig bitten lernen, unverschämt sein und immer anhalten soll. Denen wer furchtsam ist, der lässt sich bald abweisen und taugt nicht zum Betteln. Man muss das Schamhütlein abtun und denken, unser Gott wolle es so haben, dass wir begierig bitten und anhalten sollen. Denn es ist seine Lust und Ehre, dass er viel geben will, und gefällt ihm wohl, dass man sich viel Gutes zu ihm versieht. Darum soll man es ja so unverschämt tun, wie gern er’s hat. Denn wer so lange warten will, bis er’s würdig werde, dass ihm Gott etwas gebe, der wird freilich nimmermehr etwas bitten. Darum ist’s am besten, dass man das Schamhütlein abziehe und den Mund flugs auftue und sage: „HERR, ich stecke hier und da in großer Gefahr und Not Leibes und der Seele, bedarf deshalb deiner Hilfe und Trost; dies wollest du mir ja nicht versagen, sondern gewiss widerfahren lassen, nach deiner gnädigen Zusage.

    Die Bettler auf der Straße und Gasse können diese Kunst wohl, aber die Leute haben’s nicht gern, werden’s überdrüssig und weisen solche Bettler mit bösen Worten ab. Aber unser HERR Gott hat solche unverschämten Beter gern, die getrost anhalten und sich nicht wollen abweisen lassen. Wie wir hier an diesem Blinden sehen, der hätte gern gesunde Augen gehabt. Darum, da er den Lärm hört vorüber gehen, fragt er erst, was das wäre. Da er von Jesus hört, hebt er an zu schreien: „Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich mein.“ Die nun vorn an gehen, bedrohen ihn, er soll schweigen; aber er kehrt sich nicht daran; ja, je mehr man ihm wehrt, je getroster er schreit.

    Das ist ein rechter unverschämter Beter und feiner Bettler, wie sie unser HERR Gott gern hat. Darum sollen wir dies Beispiel wohl merken und auch vor den HERRN Christus treten und ihn bitten: OHERR, ich bin ein armer Sünder, gib, dass dein Reich auch zu mir komme, und vergib mir meine Schuld. Hilf hier, hilf da usw. Wer so bettelt und unverschämt anhält, der tut recht, und unser HERR Gott hat’s gern; denn er ist nicht so eklig wie wir Menschen. Uns kann man mit dem unverschämten Bitten müde, unlustig und unwillig machen; ihm aber ist’s eine große Ehre, dass man ihn für einen großen Herren halte und nicht ablasse, sondern sage: HERR, es ist deine Ehre, dadurch du gerühmt wirst, dass ich von dir bettle. Darum, lieber HERR, siehe nicht an, dass ich unwürdig, sondern dass ich deiner Hilfe notdürftig bin, und du der rechte einige Nothelfer bist aller Sünder. Darum geschieht’s dir zu Ehren, dass ich dich anrufe; so kann ich deiner Hilfe auch nicht entraten usw.

    Solches unverschämte Gebet, das fest anhält und sich nicht lässt abschrecken, gefällt Gott wohl. Wie wir hier an dem Blinden sehen; sobald er anfängt zu bitten, flugs fordert der HERR ihn zu sich, muss jedermann aus dem Weg weichen. Und er. Der Blinde, schämt sich auch nichts, lässt sich zu ihm leiten. Da fragt der HERR ihn alsbald: „Was willst du, dass ich dir tun soll?“ Da muss man sehen, wie die Hände dem HERRN offen stehen. Als wollte er sagen: Bitte, was du willst, es soll dir widerfahren. Der Blinde säumt sich nicht lang und spricht: Ich bitte, dass ich sehen möge. Da antwortet der HERR: Ja, du sollst sehen. Das heißt je unverschämt gebeten, aber sehr gnädig erhört. Das sollen wir lernen, dem Blinden nachzutun, so auch mit unserm Gebet herausfahren und Christus unsere Not vorbringen und gewiss glauben, er werde uns erhören und gewähren.

    Im Papsttum haben wir selbst unser Gebet verachtet und gedacht: Wo nicht andere für uns bitten, so werden wir nichts erlangen. Aber solches soll beileibe kein Christ tun; sondern, alsbald die Not herdringt, flugs in die Kammer gelaufen und auf die Knie gefallen und gesagt: HERR, hier komme ich, muss das uns jenes haben, ob ich wohl unwürdig bin. Aber siehe meine Not an und meinen Jammer, und hilf um deiner Ehre willen. So lerne unverschämt beten und zweifle ja nicht, Gott werde dir um Christi willen geben, was dir nütz und gut ist. Denn da steht die Verheißung klar und gewiss: „Was ihr im Namen Jesu bittet, das soll euch widerfahren,“ Allein, siehe darauf, dass du nicht müde werdest, sondern fest anhaltest. Je mehr du es tust, je lieber es der HERR hat; er lässt sich durch dein unverschämtes Bitten nicht müde machen. Ja, dein Gebet möchte stark und ernst sein, er sollte dir dieselbe Stunde geben, was du begehrst, das er sonst nicht täte und lange verzöge; aber er erhört und gewährt es dir um deines ängstlichen Betens willen. Wie ich hoffe, dass der jüngste Tag nicht so lang soll ausbleiben, sondern durch das ängstliche Seufzen der Christen eher kommen als wir’s denken können. Wie der HERR Luk. 18 von der Witwe ein Gleichnis gibt, die nicht nachlassen wollte, da der Richter, der da weder nach Gott noch den Menschen fragte, sagt: Ich kann’s nicht länger leiden, dass mich die Witwe so betäubt; ich will ihr helfen, dass ich ihrer abkomme und des Anlaufs fortan überhoben werde. „Sollte aber Gott“, spricht Christus, „nicht auf erretten seine Auserwählten, die zu ihm Tag und Nacht rufen, und sollte Geduld darüber haben? Ich sage euch, er wird sie erretten in einer Kürze.“ Als wollte er sagen: Das Gebet macht, dass Gott eilt, da er sonst nicht so würde eilen.

    Darum dient das Gebet dazu, dass man ein Ding desto eher erlange, welches sonst länger würde verzogen; ja, da wohl gar nichts aus würde. Dass also dies Beispiel dahin dient, dass wir sollen unverschämte Bettler sein und unverschämt bitten lernen und uns nicht lassen müde machen, sondern sagen: HERR, wahr ist’s, ich bin ein armer, unwürdiger Sünder, das weiß ich wohl; aber nichtsdestoweniger muss ich dies oder jenes haben; gib mir’s. Denn hier gilt’s nicht Disputierens, ob ich fromm sei; das einige Stück ist genug, dass ich notdürftig bin, und du gern geben willst, was mir zu Leib und Seele nützlich ist.

    Wenn du so betest und fest anhältst, so wird er gewiss zu dir sagen, wie zu diesem Blinden: „Was willst du, dass ich tun soll? Sei sehend, dein Glaube hat dir geholfen.“ Denn beten und nicht glauben, heißt unsers HERRN Gottes spotten. Der Glaube aber steht allein auf dem, dass Gott um Christi, seines Sohnes und unsers HERRN, willen uns gnädig sein, erhören, schützen, retten und selig machen werde. Dazu helfe uns unser lieber HERR und Erlöser, Christus Jesus, Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum Sonntag Invocavit (Er ruft mich an, darum will ich ihn erhoeren; Ps. 91,15) ueber Matthaeus 4,1-11: Jesu Versuchung durch den Teufel

 

Matthäus 4,1-11: Da ward Jesus vom Geist in die Wüste geführt, auf dass er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Und er antwortete und sprach: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot alleine, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes gehet. Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so lass dich hinab; denn es steht geschrieben: Er wird seinen Engeln über dir Befehl tun, und sie werden dich auf den Händen tragen, auf dass du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt. Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben: Du sollst Gott, deinen HERRN, nicht versuchen. Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, so du niederfällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Heb’ dich weg von mir, Satan! Denn es steht geschrieben: Du sollst anbeten Gott, deinen HERRN, und ihm allein dienen. Da verließ ihn der Teufel; und siehe, da traten die Engel zu ihm und dienten ihm.

 

    In diesem Evangelium hört ihr, wie der HERR Jesus nach seiner Taufe [auf] dreierlei Weise versucht ist worden, nachdem er 40 Tage und 40 Nächste in der Wüste gewesen und nichts gegessen hat; oder wie Lukas davon redet, so haben diese drei Anfechtungen die ganzen 40 Tage über gewährt, dass er mit einer etliche viel Tage umgegangen ist, und vielleicht nicht nach der Ordnung, wie Matthäus hier erzählt.

    Nun ist aber dies ein weitläufiges Evangelium, besonders wenn man es auf die ganze Christenheit ziehen will, die auch durch Hunger und Verfolgung, durch Ketzerei und endlich mit dem Reich der Welt versucht ist; wie die Geschichten, wer Achtung darauf hat, fein ausweisen. Aber wir wollen’s auf diesmal so weitläufig nicht behandeln, sondern bei der allgemeinen Lehre bleiben. Und aufs erste wollen wir dies Beispiel unsers lieben HERRN Christus vor uns nehmen, in welchem wir sehen, dass ein jeder Christ, sobald er getauft, wird er geordnet hierher in das Heer gegen den leidigen Teufel, der wird ihm aufgeladen und verfolgt ihn, solange er lebt. So es nun der giftige Feind nicht dahin kann bringen durch seine Anfechtung, dass er die Christen zu Fall bringe und über sie siege; so tut er, wie er mit Christus getan hat und sieht, dass er sie an das Kreuz hänge und umbringe.

    In solcher Gefahr stehen alle Christen. Denn das ists je gut auszurechnen, weil er den HERRN Christus selbst nicht verschont, sondern so trefflich sich gegen ihn gesetzt hat, wird er unser viel weniger schonen, da er weiß, dass wir viel schwächer und ungerüstet sind. Deshalb mögen wir uns auf solche Gefahr schicken und am HERRN Christus hier lernen, wie wir solchem Feind auch können begegnen, dass er von uns ablassen müsse. Das geschieht aber allein durch den Glauben an Gott und sein Wort. Wer solchen Harnisch hat und recht gebraucht, der wird vor dem Teufel wohl bleiben. Wer ihn aber nicht hat oder unrecht gebraucht, dem ist weder zu raten noch zu helfen gegen den giftigen Feind.

    Deshalb soll ein jeder Christ sich fleißig zur Predigt und an dem Wort Gottes halten, das mit Fleiß lernen und sich drinnen üben; daneben auch immerdar Gott in den Ohren durch ein ernstes Gebet liegen, dass er sein Reich zu uns kommen lassen und uns nicht in Versuchung wolle führen, sondern vor allem Übel gnädig bewahren.

    Nun steht hier, der HERR Jesus sei vom Geist in die Wüste geführt, das ist, der Heilige Geist habe ihn in die Wüste gerufen. Solches hat der Evangelist besonders wollen melden, dass man sich hüte vor eigenem Gutdünken; da Christus selbst nicht aus eigenem Gutdünken noch Vornehmen in die Wüste gegangen und da mit dem Teufel gerungen hat; wie viele tun und mancherlei vornehmen, ohne Gottes Wort, aus eigenem Gutdünken. Aber es soll keineswegs sein. Niemand soll etwas anfangen noch irgend hinlaufen, Gott zu dienen, er wisse denn gewiss, dass Gott ihm solches geheißen habe, entweder durch sein Wort oder durch Menschen, die an Gottes Statt über uns Macht haben. Denn wer ohne solchen Beruf etwas vornimmt, wie Mönche und Nonnen in die Klöster gelaufen sind, der tut nicht allein Gott keinen Dienst, sondern tut gegen den Gehorsam Gottes.ERR Jesus sei vom TeufeHER

    Darum ist uns dies Beispiel Christi wohl zu bedenken, dass er nicht von sich selbst ist in die Wüste gelaufen, sondern der Heilige Geist hat ihm es geheißen; auf dass wir dergleichen auch tun und nicht aus eigenem Gutdünken vornehmen; sondern in allem, das wir tun, rühmen und sagen können: Es geschehe im Gehorsam und Befehl des Wortes. Diese Lehre habt ihr oft gehört, dass man besonders danach sehen soll, dass man gewiss sei, Gott habe es befohlen, und außer seinem Wort nichts anfangen.

    Mit den gemeinen Ständen und Werken der Liebe bedarf es keines neuen Befehls; denn solches ist bereits in den Zehn Geboten befohlen. Da heißt unser HERR Gott einen jeden, dass er Gottes Wort hören, Gott lieben, Gott anrufen soll, Vater und Mutter gehorsam sein, niemand töten, nicht Unzucht treiben, sondern ehelich werden soll. Solches alles ist Gottes Geschöpf und Befehl; deshalb muss man da nicht fragen nach dem Heiligen Geist, dass er dich oder mich besonders berufe und heiße ehelich werden, Vater und Mutter sein usw. Solcher Befehl ist zuvor da. Aber etwas Besonderes anfangen, in ein Kloster laufen und da wollen Gott dienen, ebenso, die Fasten über nicht Fleisch, Eier, Butter essen, kein Halleluja in den Fasten singen, da ists kein Befehl noch Wort Gottes von; deshalb ist’s ein stinkender Dreck vor Gott und kein Gottesdienst.

    Nun wollen wir auch die Anfechtungen nacheinander besehen. Die erste ist, dass der Teufel zum HERRN Jesus spricht, da er sieht, dass ihn hungert: „Bist du Gottes Sohn, so sage, dass diese Steine Brot werden.“ Solche scheint nicht so eine harte Anfechtung zu sein. Denn wir denken so: Was hätte es Christus geschadet? Er hätte leicht können Steine zu Brot machen. Hat er doch wohl mehr und Größeres getan! Aber er will es darum nicht tun, denn er versteht den Teufel in seiner Sprache sehr wohl, der vornehmlich das nicht sucht, dass Christus ein Wunder tun soll; sondern, wie man aus des HERRN Christus Antwort klar sieht, er wollte ihm gern den Glauben und das Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit nehmen und ihm den Gedanken in das Herz stecken: Gott hat dich vergessen, er will sich dein nicht annehmen, er will dich Hungers sterben lassen und dir nicht ein Stück Brot gönnen. Darum antwortet der HERR: Ei, Teufel, nicht also; „der Mensch lebt nicht allein von dem Brot, sondern von einem jeden Wort, das da geht aus dem Mund Gottes.“ Dass also des Teufels Eingeben dies ist, er soll allein auf das Brot denken und Gottes Wort nicht weiter achten, wenn er Brot habe.

    Solche Anfechtung geht noch heute, dass der Teufel den Leuten solche Gedanken ins Herz steckt: Bist du Gottes Sohn, so kann Gott mit dir auch nicht zürnen. Darum so scharre nur getrost und sei geizig, menge dich weidlich in die Welthändel, schadet alles nichts, du kannst nicht sündigen. Denn sollte Gott dir die Nahrung und das Brot nicht wollen gönnen, so müsste er doch je ein schlechter Gott und unbarmherziger Vater sein. Mit solchen Gedanken macht er Bürger und Bauern zu Schälken, dass sie fortfahren mit Scharren und Geizen, und halten’s dafür, Gott werde nicht darum zürnen, weil es allein um das tägliche Brot und die Nahrung zu tun ist. Ich muss ja, denkt ein jeder, für Frau und Kind sorgen und ihnen genug schaffen usw. So macht der Teufel mit dem Wort einen Deckel über die Sünde, dass er spricht: Du bist Gottes Sohn. Als wollte er sagen: Du kannst ja nicht sündigen noch Unrecht tun. Wie man allenthalben in der Welt sieht, dass niemand sich ein Gewissen darüber macht, dass er nach dem Wort wenig fragt und fragt allein nach dem Brot oder Nahrung. Darum geht diese Anfechtung noch immerdar in der Welt, dass der Teufel das Wort gering macht und die Leute dahin treibt, dass sie nicht so sehr nach dem Wort sorgen als um das Brot.

    Da muss man lernen und sich gegen solche Anfechtung wehren und sagen: Teufel, du willst mich gern vom Wort bringen; nein, es soll dir nicht gelingen. Denn ehe ich Gottes Worts mangeln wollte, eher wollte ich des Brots mangeln und Hungers sterben. Denn es ist je besser, dass der Leib verderbe, als dass er durch Speise erhalten werde und die Seele ewig sollte sterben und verloren sein usw. Zu solchen Gedanken lässt der Teufel uns Menschen nicht gern kommen, legt sich deshalb mit der Anfechtung immer in den Weg und arbeitet dahin, dass wir nur auf die Bauchfülle sehen und Gottes Wort verachten und denken sollen, es habe nicht Not, Gott ist mein Vater, sollte er mir das Brot und die Nahrung nicht gönnen?

    Wer vor solcher Anfechtung sich bewahren will, der lerne hier von Christus, dass ein Mensch zweierlei Brot habe. Das erste und beste Brot, das vom Himmel kommt, ist das Wort Gottes. Das andere und geringere ist das zeitliche Brot, das aus der Erde wächst. Wenn ich nun das erste und beste Himmelsbrot habe und lasse mich davon nicht abbringen, so soll jenes zeitliche Brot auch nicht fehlen noch außen bleiben: Es müssten eher die Steine zu Brot werden. Die andern aber, die das himmlische Brot fahren lassen und nehmen sich allein um das zeitliche an: Wenn sie solche Bauchfülle haben, sie sich hin und sterben. Sie können das Gut nicht gar fressen, sondern müssen es hinter sich lassen und dort ewig Hungers sterben. Es soll aber nicht so sein. Darum, ob dich der Teufel anficht durch Verfolgung, Mangel, Hunger und Kummer: Leide dich und faste mit Christus, weil doch der Geist dich so treibt, und lass das Vertrauen auf Gottes Gnade nicht fallen. So werden alsdann die lieben Engel kommen und deine Tischdiener werden; wie der Evangelist hier am Ende von Christus sagt.

    Das ist das erste Stück, von der ersten Anfechtung, dass man Gottes Wort soll lernen hoch halten und demselben glauben und sich [durch] gar keinen Mangel noch Unglück dahin bewegen lassen, dass man wollte schließen, Gott wäre uns ungnädig, er wolle uns nicht helfen, er habe uns vergessen. Gegen solche Anfechtung tröstet niemand als das Wort Gottes. Das ist ein solches Brot und Speise: Wer davon isst, das ist, wer dem Wort glaubt, der hat das ewige leben. Das merke wohl. Wiederum das zeitliche Brot, da doch alle Welt nach scharrt, währt nur so lange, bis das Stündlein kommt, so ist’s aus und muss danach in Ewigkeit Hungers gestorben sein.

    Die andere Anfechtung ist, dass der Teufel den HERRN Jesus führt in die heilige Stadt Jerusalem und stellt ihn zu oberst auf den Tempel und spricht: Er soll sich herunter lassen, ihm werde kein leid widerfahren, denn er sei Gottes Sohn; darum müssten eher alle Engel auf ihn warten, ehe er an einen Stein sich stoßen sollte usw.

    Das ist eine schwere und geistliche Anfechtung des Glaubens, da der Glaube auf der andern Seite auch angefochten wird, eben wie er oben mit er Sünde und dem Zorn Gottes wird angefochten. Denn wo es der Teufel nicht dahin kann bringen, dass wir an Gott verzagen, so versucht er es auf der andern Seite, ob er uns könne vermessen und hoffärtig und viel zu kühn machen. Als wollte der Teufel sagen: Willst du mit mir aus Gottes Wort disputiere; halt, ich kann es auch. Da hast du Gottes Wort: „Er wird seinen Engeln über dir Befehl tun, die müssen dir eine Treppe bauen und sollen dich auf den Händen tragen.“ Nun so spring hinab, lass sehen, ob du auch solcher Zusage Gottes glaubst.

    Hier  muss man Christus verstehen und ansehen als einen Menschen, der die Gottheit in seiner Menschheit verborgen hat. Wie er am kreuz sich auch stellt als ein pur lauterer Mensch, klagt und schreit um Hilfe und Erlösung: So stellt er sich hier auch als ein pur lauterer Mensch. Darum meint der Teufel, er wolle ihn dahin bringen, dass er Gott mit einem unnötigen Wunderzeichen versuche. Führt deshalb den 91. Psalm ein, zum Zeugnis; lässt doch das nötige Stück darinnen aus: in viis tuis, der HERR wird dich bewahren „auf deinem Weg“. Mit solchem Spruch will der Schalk dem HERRN Christus aus den Augen reißen, was ihm befohlen war. Denn Christus ist jetzt in der Wüste, nicht darum, dass er soll Wunder tun; sondern dass er leiden soll, er soll ein leidender Mensch sein: So will der Teufel ihn aus dem Weg führen, da ihn Gott zugeordnet hat, und bereden, er soll ein unnötiges Wunderwerk tun.

    Aber Christus treibt ihn zurück und spricht: „Es steht geschrieben: Du sollst Gott nicht versuchen.“ Denn da ist eine Treppe oder Stiege; deshalb es unnötig ist, dass ich mich hinunter lasse. Weil ich nun ohne Gefahr die Stiege hinabgehen kann, wäre es unrecht, wenn ich mich ohne Not und Befehl Gottes wollte in Gefahr begeben.

    Das ist auch eine nötige und nützliche Lehre, dass es heißt Gott versuchen, wo jemand von dem ordentlichen Befehl abtreten und ohne Gottes Wort etwas Neues und Besonderes wollte vornehmen. Wie Mönche und Nonnen tun, die fahren aus eigenem Gutdünken zu, nehmen sich ein besonderes Leben vor; sagen danach, Christus habe es befohlen, da er sagt: „Verlasse alles und folge mir nach.“ Da ist nicht allein Vernunft, sondern auch Schrift. Aber hier siehst du, dass der Teufel auch kann Schrift führen und die Leute mit betrügen. Aber den Mangel hat es, dass er die Schrift nicht ganz führt, sondern nimmt nur so viel, wie ihm zu seiner Sache dient; was ihm nicht dient, das lässt er aus und schweigt still davon.

    Die Wiedertäufer tun auch so, führen sehr viel Schrift, wie man auf keine Kreatur sich verlassen noch darauf vertrauen soll. Danach sagen sie: Die Taufe ist auch eine Kreatur; denn das ist je nichts als Wasser; darum soll man auf die Taufe kein Vertrauen setzen noch sich darauf verlassen. Die wollen Gottes Gnade nicht bei der Taufe glauben, sondern mit den Händen tappen. An Schrift fehlt’s ihnen nicht; aber daran fehlt’s, dass sie die Schrift nicht recht führen. Denn so Gottes Wort nicht da stünde und lautete: „Wenn jemand nicht wiedergeboren werde durch das Wasser und den Geist, wo wird er das Himmelreich nicht sehen“; so wäre es unrecht, Gottes Gnade in der Taufe oder bei dem Wasser zu suchen. Aber da steht Gottes Wort fest: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig.“ Denn es muss Glaube und Taufe, Wort und Wasser beieinander sein; das wollen die blinden Leute nicht sehen.

    So widerspricht Christus dem Teufel auch und antwortet: Wenn ich auf meinen Wegen gehe, die mir Gott befohlen hat, so weiß ich wohl, dass die Engel bei mir sind und auf mich müssen sehen und mich bewahren. So wenn ein Kind in seinem kindlichen Gehorsam geht, Vater und Mutter, Knechte und Mägde in ihrem Amt und Beruf gehen, so ihnen Unfall zusteht, da will Gott durch seine Engel retten und helfen. Gehen sie aber aus dem Weg, so sollen die Engel nicht da sein; da kann ihnen der Teufel alle Stunden den Hals brechen; wie er denn oft aus Verhängnis Gottes tut, und geschieht ihnen kaum recht, denn sie sollten nicht neue noch andere Wege machen; denn das heißt Gott noch versucht.

    Das ist eine solche Anfechtung, die niemand versteht, er habe es denn versucht. Denn gleichwie die erste auf Verzweiflung treibt, diese auf Vermessenheit und auf solche Werke, die Gottes Wort und Befehl nicht haben. Da soll ein Christ die Mittelstraße gehen, dass er weder verzweifle noch vermessen sei, sondern bleibe einfältig bei dem Wort in rechtem Vertrauen und Glauben. So sollen die lieben Engel bei uns sein und sonst nicht.

    Die dritte Anfechtung ist nur traditio humana; die ist gar grob, dass der Teufel durch Ehre und Gewalt uns, wider Gottes Wort, in Abgötterei sich untersteht zu bringen. Zu solchem hilft das sehr viel, dass die äußerliche Heiligkeit so einen großen Schein hat vor der Vernunft und weit schöner gleißt als aller Gehorsam gegen das Wort Gottes. Denn der Papst hält den Ehestand nicht so für ein heiliges Leben, ebenso Kinder nähren und lehren, im Haus arbeitsam, gehorsam und treu sein, wie er es für ein heilig und groß Ding hält, wo einer hingeht, zieht einen grauen Rock oder Kappe an, hält sich nicht wie andere Leute, isst kein Fleisch am Freitag, fastet, geht wallfahren usw. Das macht einen solchen Schein, dass König und Kaiser sich davor bücken.

    Mit solcher eigenen Andacht und selbst erfundenen Geistlichkeit ist der Papst aufgekommen, dass er und sein Haufe nicht hat wollen tun, was andere Leute tun; denn dasselbe wäre zu gering. Das aber hat ein besonderes Ansehen, wenn einer in ein Kloster läuft, ein Mönch und unsers HERRN Gottes (wie sie rühmen) eigener Diener wird, da man weder Geld noch Gut sucht und der Welt ganz und gar entsagt. Denn so hat man das Mönchsleben gerühmt; wiewohl es eine andere Meinung mit gehabt hat, wie jedermann wohl weiß. Aber Summa Summarum, solches ist eine rechte teuflische Anfechtung. Denn es ist eine ungebotene Heiligkeit, und heißt nicht Gott gedient, dem man doch, wie Christus sagt, allein dienen soll. Dient man aber Gott nicht allein, so dient man gewiss dem Teufel. Der lohnt auch, wie er Christus hier verheißt, und gibt gutes Leben, feiste Pfründen und große Herrschaften zum Lohn.

    Wer aber Gott will dienen, der tue, was Gott in seinem Wort befohlen hat. Bist du ein Kind, so ehre dienen Vater und Mutter. Bist du Magd oder Knecht, so sei gehorsam und treu. Bist du Herr und Frau, so ärgere dein Gesinde nicht mit Worten noch Werken; sondern tue, was dir wohl ansteht, und halte sie auch zur Furcht Gottes. Das heißt alsdann Gott und seinem Wort und nicht der Person gedient. Denn da isst ein Wort, das solches befiehlt und haben will. Man heiße es nun vor der Welt, wie man wolle, dass es Herrn oder Frauen, Vater oder Mutter, Nachbarn oder Kinder gedient sei, so ist’s doch ein rechter Gottesdienst. Denn Gott hat je sein Wort geschrieben über meines Nächsten Haupt und gesagt. Du sollst deinen Nächsten lieben und ihm dienen.

    Dass nun der Papst solches Befehls nicht achtet und eine besondere Heiligkeit draus macht, wo man eine graue Kappe anlegt, keine Butter noch Fleisch, sondern Öl und Hering in den Fasten isst, das ist ein lauter Teufelsgespinst. Denn Gottes Befehl und Wort ist nicht da. Reimst sich deshalb eben zur Frömmigkeit, die vor Gott gilt, wie sich’s reimt zum steinernen Gebäude, wenn die Kinder Häuslein aus Kartenblättern machen. Ursache: Gott kannst du nicht dienen, du habest denn sein Wort und Befehl. Ist nun sein Wort und Befehl nicht da, so dienst du nicht Gott, sondern deinem eigenen Willen. So sagt denn unser HERR Gott: Wem du dienst, der lohne dir auch; welcher Teufel hat dich’s geheißen? Ich heiße dich Vater und Mutter, deiner Obrigkeit und deinem Nächsten dienen; das lässt du anstehen und tuest dieweil, das ich nicht befohlen habe; das soll ich mir gefallen lassen? Nein, da wird nichts draus.

    So ist der Papst und sein Haufe ein lauterer Götzendiener und Teufelsknecht. Denn das Wort verachtet er nicht allein, sondern verfolgt’s auch; will dennoch heilig sein um solches äußerlichen Gottesdiensts willen, den er angerichtet hat mit Kappen und Platten, mit Fasten, Fisch essen, Messe lesen und was dergleichen mehr ist; davon kann ihn niemand bringen. Warum? Darum, dass der Teufel ihm der Welt Reich gewiesen und verheißen hat. Das macht, dass er unserer Predigt und Gottesdiensts spottet. Denn wir sind Bettler dabei und müssen viel leiden. Aber seinen Gottesdienst hebt er in den Himmel; denn da hat er Geld und Gut, Ehre und Gewalt von und ist ein größerer Herr als Kaiser und König sein kann. Da sieht man, wie der Teufel mit dieser Anfechtung so gewaltig ist bei ihm eingesessen. Wir aber sollen dem Teufel unter die Augen treten und ihm sagen, wie Christus sagt: Teufel, heb dich von mir weg, es steht geschrieben: „D9u sollst Gott, deinem HERRN, allein dienen“, das ist, allein auf Gottes Wort sehen und demselben folgen, und außerhalb desselben keinen Gottesdienst vornehmen. Solcher Anfechtung aller drei müssen wir gewarten, so lange wir leben. Sollen deshalb hier lernen, wie wir uns mit Gottes Wort dagegen schützen und aufhalten können, auf dass wir die Mittelstraße gehen; und uns darum nicht lassen den Glauben nehmen, dass wir Stein und nicht Brot haben, wenn uns hungert, noch im Glauben vermessen werden oder endlich um Geldes und Guts willen vom rechten Gottesdienst abfallen; sondern zugleich im Glauben und der Furcht Gottes beständig bleiben. Unser lieber HERR Christus, der diese Anfechtung uns zugut selbst überwunden hat, der gebe uns auch Stärke, dass wir’s durch ihn überwinden und selig werden mögen. Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum Sonntag Reminiscere (Gedenke, HERR, an deine Barmherzigkeit; Ps. 25,6) ueber Matthaeus 15,21-28: Die Anfechtung des Glaubens, wenn Gott scheinbar nicht hoert

 

Matthäus 15,21-28: Und Jesus ging aus von dannen und entwich in die Gegend von Tyrus und Sidon. Und siehe, eine kanaanäische Frau ging aus derselben Grenze und schrie ihm nach und sprach: Ach HERR, du Sohn Davids, erbarme dich mein! Meine Tochter wird vom Teufel übel geplagt. Und er antwortete ihr kein Wort. Da traten zu ihm seine Jünger, baten ihn und sprachen: Lass sie doch von dir; denn sie schreit uns nach. Er antwortete aber und sprach: Ich bin nicht gesandt, als nur zu den verlornen Schafen von dem Haus Israel. Sie kam aber und fiel vor ihm nieder und sprach: HERR, hilf mir! Aber er antwortete und sprach: Es ist nicht fein, dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde. Sie sprach: Ja, HERR; aber doch essen die Hündlein von den Brosamen, die von ihrer Herren Tisch fallen. Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: O Frau, dein Glaube ist groß; dir geschehe, wie du willst! Und ihre Tochter ward gesund zu derselben Stunde.

 

    Das ist ein hohes Evangelium von dem rechten Kampf und Todesangst im Glauben vor Gott, daraus wir das lernen sollen, dass uns kein Ding soll abschrecken vom Rufen und Beten zu Gott, ob er schon selbst Nein dazu spricht. Wie man erfährt in Todesnöten; da schiebt und schürt der Teufel allenthalben mit Gedanken zu, dass sich unser HERR Gott nicht anders lässt ansehen, denn als wolle er unser nicht. Da geht’s denn scheußlich zu, wenn die schwarzen dicken Wolken so die liebe helle Sonne dämpfen und decken, da ist denn eine Not über alle Not.

    Dieser Kampf ist uns hier vorgebildet in der Frau, da nicht allein die Person, sondern alle anderen Umstände so böse sind, dass sie nicht können böser sein. Denn erstlich ists eine heidnische Frau, das ist der erste Umstand, welche die Sache schwer macht, dass sie kein Kind Abrahams noch von Abrahams Samen ist; hat deshalb kein Recht, hier etwas zu bitten, denn sie ist fremd. Das sollte sie dermaßen vor den Kopf haben gestoßen, dass sie gesagt sollte haben: Was soll ich bitten? Es ist verloren. Ursache: Ich bin eine heidnische, fremde Frau; er aber ist ein Jude und zu den Juden gesandt.

    Wenn wir solchen Stoß so gewaltig sollten in unsern Herzen fühlen, so würden wir bald liegen und das Gebet fallen lassen. Denn es ist kein Scherz, wenn das Gewissen da steht und spricht: Ah, du bist der keiner, die beten sollen, du gehörst zu Christus nicht; lasse Paulus, Petrus beten, dich hört unser HERR Gott nicht; du hast keinen Glauben, bist vielleicht nicht erwählt, bist nicht wert noch genug zu solchem hohen Werk, dass du vor Gott treten und ihn um etwas bitten sollst. Mit solchen Gedanken kann der Teufel uns in Verzweiflung bringen; denn es ist ein sehr großer Stoß.

    Da siehe nun hier auf diese Frau und lerne dich auch in solchem Fall halten, wie sie sich hält. Sie geht hin und sieht solches nicht, ist gleich blind im Geist, dass sie des Stücks vergisst und nicht daran denken kann, dass sie eine Heidin, er aber ein Jude ist. Denn das Vertrauen und Herz zu Christus ist so groß, dass sie denkt: Er wird mich nicht lassen. Mit solchem Glauben löscht sie das aus, dass sie eine Heidin ist. Das würde ein anderer ohne Glauben nicht getan haben; sondern würde so gedacht haben: Du bist des Teufels, es ist vergebens, dass du betest; lass ein Volk bitten, mit dir wird’s nichts tun; würde also nimmermehr gebeten haben. Denn wer nicht glaubt, der kann nicht beten. Aber die Frau lässt sich‘s nicht anfechten, disputiert nicht bei sich selbst: Du gehörst in das Haus nicht, du bist eine ausgeschlossene Heidin und nicht wert, dass dich die Erde trage.

    Solches ist eine harte und böse Anfechtung, wenn der Teufel so im Herzen zuschürt und spricht: Was willst du lange beten, du bist doch mein; hebe dafür an und fluche Gott, es gilt eben gleich viel; du wirst doch nicht selig. Solche Teufelsgedanken können ein ungeübtes Herz hindern, dass es gar nicht betet und in Verzweiflung fällt.

    Darum ist diese Geschichte um unsertwillen geschrieben, dass wir uns nicht daran stoßen, ob der böse Feind uns vorhalten wollte und sagen: Du bist kein Christ, es tut nichts mit deinem Beten. Nein, beileibe kehre dich nicht dran, sondern spricht so: Ich sei, wer ich wolle, so frage ich nichts danach. Denn ob ich gleich ein Sünder bin, so weiß ich doch, dass darum mein HERR Christus nicht ein Sünder ist, sondern er bleibt gerecht und gnädig. Darum will ich getrost zu ihm rufen und schreien und mich sonst an nichts kehren; denn ich habe jetzt nicht Weile zu disputieren, ob ich erwählt sei oder nicht. Das aber fühle ich, dass ich Hilfe brauche; komme deshalb und suche sie in aller Demut usw.

    Solches heißt diesem Beispiel hier recht gefolgt. Denn die Frau war eine Heidin, konnte deshalb, ja, sie musste wohl schließen, sie wäre nicht erwählt; dennoch verschluckt sie solchen harten großen Bissen und tritt hin vor den HERRN Jesus und lässt solche Gedanken am Gebet sich nicht hindern. So tue du auch und sprich: HERR, ich komme jetzt und muss dies und anderes haben; wo will ich’s sonst nehmen oder suchen als bei dir im Himmel durch deinen Sohn, meinen Erlöser Christus Jesus? Das ist ein Kampfstück und ein großes Wunder an dem heidnischen Fräulein.

    Nun steht im Text, dass sie schreit: „Ah HERR, du Sohn Davids, erbarm dich mein“; und klagt ihre Not: „Meine Tochter wird hart gepeinigt vom Teufel.“ Solches Geschrei hört Christus wohl, aber er antwortet ihr nicht ein Wort. Das ist der andere Stoß, dass sich unser HERR Gott stellt, eben wie sie war. Sie ist eine Heidin, die nicht in das Erbe gehört, soll auch die Wohltat nicht genießen. Darum, da sie Christus nachläuft und bittet, schweigt er stockstill, als habe er nichts mit ihr zu schaffen. Von solchen zwei Kartaunen sollte eine eiserne Mauer umfallen. Denn sie sollte je gedacht haben: Wo ist nun der Mann, der mir von jedermann so gerühmt ist, wie er barmherzig sei, erhöre bald und helfe gern? Aber wie ich sehe und erfahre, so hört er, wenn er will, und nicht, wenn wir es bedürfen. Aber es lässt sich die arme Frau noch nicht schrecken. Was begegnet ihr aber weiter?

    Zum dritten werden die Jünger des Geschreis müde, sind in ihrem Sinn frömmer als Christus selbst. Denn sie dünkt, er sei zu hart und unfreundlich; fahren deshalb zu und bitten für die Frau: Ah HERR, gib und hilf ihr, sie lässt doch sonst nicht ab usw. Das ist ein köstliches Beispiel, dass man im Gebet nicht soll ablassen.

    Tauler schreibt an einem Ort ein Beispiel, dass man soll ablassen. Aber es ist unrecht, dass man so predigen wollte. Denn das Ablassen findet sich selbst nur allzu früh bei uns. So zeigt je dies Beispiel auch genug, dass man keineswegs ablassen, sondern immerfort beten soll und mit der Frau hier sagen: Ich kann jetzt nicht disputieren, ob ich fromm oder böse, würdig oder unwürdig bin, kann’s jetzt nicht warten; ich habe etwas anderes und Nötigeres auszurichten. „Meine Tochter wird vom Teufel übel geplagt“, da muss ich Rat und Hilfe dazu haben. Da sieht man, dass solche harte Stöße Ursache geben dem, der seine Not fühlt, nur desto ernstlicher anzuhalten mit Bitten und Flehen, dass ihm geholfen werde, unangesehen, wie bös und unwürdig er der Hilfe sei usw.

    Da findet sich die dritte Anfechtung oder der dritte stoß, dass Christus spricht: „Ich bin nicht gesandt als nur zu den verlornen Schafen des Hauses Israel.“ Schlägt dadurch die Jünger auch vor den Kopf, will weder die Frau noch sie, so für sie bitten, hören.

    Da sollte sie gedacht haben: Das muss doch ein harter Mann sein, der auch andere Leute, die von sich selbst und ungebeten bitten, nicht hören will. Und ist die Wahrheit, Christus ist nirgends so hart gemalt im ganzen Evangelium wie hier. Dennoch lässt sie nicht ab, sondern bettelt für und für, hat drei große Kartaunen verschlungen.

    Da nun ihr Schreien und anderer Fürbitte nicht helfen will, kommt sie auch ins Haus hinein, wie Markus sagt. Das mag wohl halb eine unverschämte Frau heißen. Sie ist ihm auf der Gasse mit einem Geschrei nachgelaufen; da nun Christus ins Haus geht, dass er ihrer los würde, läuft sie ihm nach, fällt allererst vor ihm nieder. Aber solches ist uns zur Lehre und Trost vorgeschrieben, dass wir lernen sollen, wie ein herzliches Wohlgefallen Christus daran hat, wenn man so bettelt und anhält.

    Dennoch lässt sich der HERR noch nicht finden, wie sie ihn gern hätte. Denn höre, was sagt er dieser Frau? „Es ist nicht fein, dass man den Kindern ihr Brot nehmen und werfe es vor die Hunde.“ Wenn er solches Wort zu mir gesagt hätte, ich wäre schlicht davon gelaufen und hätte gedacht: Es ist umsonst, was du tust, da ist nicht zu erheben. Denn es ist über die Maßen ein hartes Wort, dass der HERR sie so dahin wirft vor die Füße, lässt’s bei dem nicht bleiben, dass sie kein Kind oder eine Heidin ist, sondern heißt sie einen Hund. Das ist ärger, als wenn er sie schlicht eine Heidin hätte geheißen. Ja, ist so viel gesagt, als spreche er: Du bist des Teufels, wie du gehst und stehst, troll dich nur immer hin, du hast hier nichts zu suchen. Das heißt doch ja hoch versucht. Wenn St. Peter oder Paul ein solches Wort zu mir sagten, ich würde mich zu Tode fürchten. Was soll es aber jetzt sein, da es Christus selbst zu dieser Frau sagt?

    Darum ist dies ein hohes und treffliches Beispiel, an welchem man sieht, was ein gewaltig Ding der Glaube sei: Der ergreift Christus bei seinen Worten, da er am zornigsten ist, und macht aus einem harten Wort eine tröstliche Dialektik, wie wir hier sehen. Du sprichst, sagt sie, ich sei ein Hund: Ich lasse es geschehen, will gern ein Hund sein, halte mich nur wie einen Hund. Gib deinen Kindern das Brot, setze sie zu Tisch, solches begehre ich nicht; lasse mich nur unter dem Tisch die Brosamlein auflesen und gönne mir das, was die Kinder ohnehin nicht genießen, sondern umsonst würde hinkommen; daran will ich mir genügen lassen. Fängt so den HERRN Christus mit seinen eigenen Worten. Ja, das noch mehr ist, mit dem Hunderecht gewinnt sie das Kindesrecht. Denn wo will er hin, der liebe Jesus? Er hat sich selbst gefangen und muss jetzt fort. Aber wer es nur wohl könnte, er lässt sich von Herzen gern fangen.

    Das ist nun das rechte Meisterstück, ein besonderes und seltsames Beispiel, welches darum ist uns vorgeschrieben, dass wir’s lernen sollen und uns von dem Mann nicht sollen abweisen lassen, Gott gebe, er heiße uns Hunde oder Heiden. Denn die Hunde müssen auch Herren und zu essen haben. So müssen die Heiden auch einen Gott haben.

    Mit solchem harten Anhalten und festem Glauben ist der HERR gefangen und antwortet: „O Frau“, kannst du diese Stöße in deinem Herzen erleiden und ausstehen, „so geschehe dir, wie du glaubst.“ Denn es ist ein seltsames Gericht. Er sah, dass die andern Juden sich bald an einem Wort ärgerten, da er sagt: Sie müssen sein Fleisch essen. Diese Frau aber hält immerdar fest an der Hoffnung, er werde helfen, und will von ihm nicht ablassen.

    Hier sieht man, warum sich der HERR so hart gestellt und ihr die Hilfe abgeschlagen habe, nämlich: dass er seine unfreundliche Gebärde nicht darum hat erzeigt, als wollte er nicht helfen; sondern dass so ihr Glaube offenbar würde, und die Juden, so Erben zu seinem Reich und Kinder waren, an der Heidin, so kein Erbe noch Kind war, lernten, wie sie an Christus glauben und alles Vertrauen auf ihn setzen sollten. Denn solches will Christus haben und gefällt ihm wohl, dass er seine Güte und Freundlichkeit nicht länger kann bergen und spricht: „Gehe hin, dir geschehe, wie du nur willst.“ Gibt ihr also das Hunderecht und macht nicht allein die Tochter gesund, sondern erbietet sich zu geben, was sie begehrt und haben will, und setzt sie unter Abrahams Samen. Zu solcher Gnade bringt sie der Glaube, dass sie nicht mehr ein Hund noch Heidin, sondern liebe Tochter und eine recht heilige Frau heißt und ist.

    Solches Beispiel dient uns dazu, ob uns unser HERR Gott lange aufhält, dass wir doch nicht ablassen, sondern fest glauben sollen, er werde endlich Ja dazu sagen; und ob er’s schon nicht laut und öffentlich sagt, dass er’s doch heimlich bei sich im Herzen habe, bis die Zeit kommt, dass du es erfahren und sehen musst, sofern nur du mit Beten und Anhalten nicht müde noch faul seist. Wie man in adern Beispielen auch sieht. Joseph schrie und Hielt fest an mit Besten wohl dreizehn Jahre, Gott wolle ihm helfen. Aber es ward je länger je ärger mit ihm. Je mehr er betete, je übler es ihm ging. So geht es noch heutiges Tages den Christen: Wenn sie lange gerufen und zu Gott geschrien haben, fühlen sie keine Besserung, sondern wird je länger, wie sich’s fühlen lässt, je ärger, eben wie Joseph. Wenn Gott den Joseph eher hätte erlöst, do wäre Jakob, sein Vater, wohl froh geworden. Aber Joseph hätte müssen ein Schafhirte bleiben. Da es sich aber so lange verzog, ward er ein Herr über ganz Ägypten und schafft Gott durch ihn viel Gutes, nicht allein die sieben Jahre der Teuerung über, sondern auch sonst im Welt- und Kirchenregiment; daraus nicht allein Ägypten, sondern auch die umliegenden Länder gebessert sind worden.

    So will Gott noch mit uns tun. Wenn er uns lange unsere Bitte versagt und immer das Nein gegeben hat, wir aber an dem Ja festhalten, so soll es endlich Ja und nicht Nein sein. Denn sein Wort wird nicht lügen: „Was ihr den Vater bittet in meinem Namen, das wird er euch geben.“

    Aber unsere Vernunft ärgert sich hoch an solchem Verzug und wollte gern, dass uns Gott alsbald erhörte. Da ist vonnöten, dass man sich nicht ärgere. Man lasse unsern HERRN Gott Nein sagen und die Bitte ein Jahr, zwei Jahre, drei Jahre oder noch länger aufhalten und hüte sich nur davor, dass wir die Hoffnung und Glauben an seine Verheißung uns nicht lassen aus dem Herzen reißen: So wird zuletzt etwas müssen draus werden, dass er weit mehr geben wird, als du zu geben gebeten hast. Wie dieser Frau geschieht: Hätte sie mehr begehrt und haben wollen, er hätte es ihr auch gegeben.

    So will nun unser HERR Gott uns lehren, dass es nicht allezeit gut sei, bald erhören. In großen Nöten tut er’s; so wenn du in ein Wasser fällst oder im Krieg bist, da gilt es nicht lang Harrens, wenn die Not so nahe und groß ist. Aber wo sich das Harren und der Verzug leiden kann, da soll man lernen, dass er’s gern pflegt zu verziehen, aber doch so, wie der Prophet Habakuk sagt (2,3): „Ob die Verheißung verzieht, so harre ihrer, sie wird gewiss kommen und nicht verziehen.“

    … Wir schreien und tun jämmerlich, er aber hört nicht und stellt sich, als kenne er uns nicht, lässt uns jämmerlich zurichten, als hätten wir keinen Gott. Aber es wird nicht allwege so bleiben. Darum lasst uns keinen Zweifel dran haben; das Jawort im Himmel haben wir, das steckt dem HERRN Christus und Gott, seinem Vater, gewiss im Herzen, ob er wohl hier vier oder fünf eiserne Mauern davor baut und der Teufel mit eitel Nein dazu schießt. Aber da lerne sagen: Ich halt’s ja, dass Gott seiner Kirche werde gnädig sein und sie erretten, wenn sie um Hilfe schreit. Das Jawort steckt ihm ihn seinem Herzen, laut der Zusage Christi: „Was ihr den Vater bittet in meinem Namen, das wird er euch geben.“ Darum will ich nicht disputieren, ob ich erwählt und zum Beten würdig sei; sondern dass das Jawort gewiss werde da sein, wenn ich nur bete und fest anhalte.

    So ist diese Geschichte ein besonders schönes Beispiel eines rechten Glaubens, dass derselbe will geübt sein, und soll doch endlich alles überwinden und erlangen, wenn wir dieser Frau folgen; die will sich auch den HERRN Christus selbst das Jawort nicht lassen aus dem Herzen nehmen, dass er freundlich sei und helfen werde.

    Besonders aber tröstet uns diese Geschichte gegen die allgemeine Anfechtung, der wir unser Leben lang nicht können gar abkommen, dass der Glaube und das Vertrauen dahinfällt, wenn wir an unsere Unwürdigkeit und sündiges Leben denken. Denn so Christus mehr auf unsere Würdigkeit und Verdienst als auf seine Barmherzigkeit und unsere Not sehen wollte, würde er dieser Frau nicht geholfen haben. Aber er will gnädig sein und gern helfen, wenn nur wir mit dem Vertrauen und Beten anhalten. Unser lieber HERR Gott helfe uns, dass wir auch hernach kommen und uns mit festem Glauben auf sein Wort und Zusage von ganzen Herzen verlassen, und durch Christus, mit Hilfe des Heiligen Geistes, ewig selig werden, Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum Sonntag Oculi (Meine Augen sehen stets auf den HERRN; Ps. 25,15) ueber Lukas 11,14-28: Wie der HERR Jesus die Teufel austreibt

 

Lukas 11,14-28: Und er trieb einen Teufel aus, der war stumm. Und es geschah, da der Teufel ausfuhr, da redete der Stumme. Und das Volk verwunderte sich. Etliche aber unter ihnen sprachen: Er treibt die Teufel aus durch Beelzebub, den Obersten der Teufel. Die andern aber versuchten ihn und begehrten ein Zeichen von ihm vom Himmel. Er aber vernahm ihre Gedanken und sprach zu ihnen: Ein jegliches Reich, so es mit ihm selbst uneins wird, das wird wüste, und ein Haus fällt über das andere. Ist denn der Satanas auch mit sich selbst uneins, wie will sein Reich bestehen? Dieweil ihr sagt, ich treibe die Teufel aus durch Beelzebub. So aber ich die Teufel durch Beelzebub austreibe, durch wen treiben sie eure Kinder aus? Darum werden sie eure Richter sein. So ich aber durch Gottes Finger die Teufel austreibe, so kommt je das Reich Gottes zu euch. Wenn ein starker Gewappneter seinen Palast bewahrt, so bleibt das Seine mit Frieden. Wenn aber ein Stärkerer über ihn kommt und überwindet ihn, so nimmt er ihm seinen Harnisch, darauf er sich verließ, und teilt den Raub aus. Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreuet. Wenn der unsaubere Geist von dem Menschen ausfährt, so durchwandelt er dürre Stätten, suchet Ruhe und findet sie nicht; so spricht er: Ich will wieder umkehren in mein Haus, daraus ich gegangen bin. Und wenn er kommt, so findet er’s mit Besemen gekehrt und geschmückt. Dann geht er hin und nimmt sieben Geister zu sich, die ärger sind als er selbst; und wenn sie hineinkommen, wohnen sie da; und wird hernach mit demselben Menschen ärger als zuvor. Und es begab sich, da er solches redete, erhob eine Frau im Volk die Stimme und sprach zu ihm: Selig ist der Leib, der dich getragen hat, und die Brüste, die du gesogen hast. Er aber sprach: Ja, selig sind, die das Wort Gottes hören und bewahren.

 

    Das heutige Evangelium handelt, wie ihr hört, vom Teufelaustreiben. Und ist eben der Meinung (wie das vor acht Tagen) auf diese Zeit gelegt, dass man durch Reue, Buße und Beichte sich hat bessern und den Teufel austreiben sollen. Man lese dies Evangelium aber heute oder Morgen, im Sommer oder in den Fasten, so ist’s sehr reich, darin uns unsers lieben HERRN Christi Werk vorgehalten wird, welches nicht allein dazumal geschehen ist, sondern es soll bleiben bis an der Welt Ende und solange sein Reich auf Erden bleibt. Von solchem Werk hat das Evangelium heute vor acht Tagen auch gehandelt. Aber hier steht dabei, wie es von Leuten mancherlei gedeutet worden sei. Solches gibt auch eine feine, nützliche Lehre, wie ihr werdet hören. Wir wollen aber zuvor vom Werk Christi sagen.

    Dass nun unser lieber HERR Jesus hier einen Teufel austreibt, ist uns zum besonderen Trost geschrieben, dass wir lernen und wissen sollen, dass er ein Herr über den Teufel und sein Reich sei, und dass solches Werk, so dazumal leiblich angefangen, nicht aufhöre, sondern in der Christenheit bleiben werde bis an den Jüngsten Tag. Denn zu solchem Werk hat Christus sein Werkzeug, die heilige Taufe, das hochwürdige Sakrament, das Wort und Absolution und anderes, was zum Predigtamt gehört, hinter sich gelassen, dass man dem Teufel sein Reich damit zerstören, ihm die Leute abfangen und ihn aus den Leuten treiben soll usw. Denn so steht geschrieben: Gleichwie der Regen, der auf ein dürres Land fällt, nicht ohne Frucht abgeht, es grünt hernach und wird alles lebendig; so schafft auch gewiss Gottes Wort immerdar bei etlichen Frucht. Denn der Heilige Geist will allewege bei dem Wort sein, dadurch die Herzen erleuchten, anzünden und reinigen, und so von des Teufels Tyrannei und Gewalt erlösen.

    Ob nun das vor der Welt nicht scheint, und mit leiblichen Augen nicht gesehen wird, wie dazumal, da es von Christus leiblich geschah, da liegt nicht Macht an; denn die Welt ist ohne das nicht wert, dass sie ein einiges Fünklein göttlicher Kraft sehen soll; sondern sie soll blind sein, schänden, schmähen und lästern; wie wir sehen, dass sie dem HERRN Christus hier tut. Wir aber, die das Wort haben und annehmen, sollen‘s sehen und wissen und uns von Herzen des trösten, dass Gott uns die Gewalt hier auf Erden gelassen hat, dass wir können, ja, sollen und müssen ohne Unterlass Teufel austreiben.

    Denn ein jegliches Kindlein, so zur Welt kommt, das wird geboren in des Teufels Reich, da er als ein Herr regiert und alle Tyrannei der Sünden halben übt. Man trage es aber nach dem Befehl Christi hierher zur seligen Taufe, dadurch man zum Reich Gottes wiedergeboren wird, wie Christus Joh. 3 sagt, so muss der Teufel weichen und ausfahren. Denn da wird dem Kind von Gott durch Christus Gottes Gnade zugesagt, da es in den Tod Christi getauft wird. So ein armes, betrübtes Gewissen, das der Teufel mit einem schweren Fall übereilt oder sonst durch Anfechtung versehrt hat, das kommt zu mir, klagt mir seine Not und begehrt Trost und Unterricht. Da habe ich Befehl, und ein jeder Christ, dass ich meinen Bruder trösten und stärken und ihm Gottes Gnade durch das Verdienst Christi zusagen soll. Da muss der Teufel auch weichen: Nicht mir, der ich ein armer Sünder und elender Mensch bin; sondern dem Wort, welches unser lieber HERR Christus uns auf Erden gelassen hat. So wenn du ein einfältiges, erschrockenes Gewissen hast und kannst den Trost nicht fest genug ergreifen, dass Gott dir gnädig sein und deine Sünde vergeben wolle: Da hat unser lieber HERR Jesus sein Nachtmahl zum gewissen Trost verordnet; auf dass, weil sein Leib und Blut dir zur Speise und Trank gegeben wird, du keine Ursache habest, ferner zu zweifeln, dass sein Leib für deine Sünde hingegeben und sein Blut für deine Sünde vergossen sei. Wo aber solcher Glaube und Vertrauen ist, da ist’s unmöglich, dass der Teufel länger seinen Sitz behalten und die Herberge nicht räumen müsste.

    So muss dies Werk für und für gehen in der Christenheit, die sich mit der Schlange beißen und gegen Teufels Reich immerdar mit aller Gewalt setzen und dagegen streiten muss; wie sie denn tut und mehr als Christus selbst; wie er sagt Joh. 14,2: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und wird größere als diese tun; denn ich gehe zum Vater.“

    Ursache, die christliche Kirche treibt ihr Amt viel weiter als Christus: Der hat’s nur in dem kleinen Winkel des jüdischen Landes getan und wenig Leute bekehrt; denn er hat nur bis in das vierte Jahr gepredigt. Dagegen treibt aber die christliche Kirche, durch Hilfe ihres Haupts und HERRN Christus, der zur Rechten Gottes sitzt, solches Amt für und für, dass sie predigt, die Sakramente austeilt und den Teufel in seinem gottlosen Wesen immerdar straft, und heute da, morgen an einem andern Ort austreibt, auch von ihr selbst. Denn wir sind sein noch nicht aller Dinge gar los und müssen alle Augenblicke uns sein wehren und vor ihm vorsehen.

    Solches tut dem Teufel sehr weh; darum, eben wie wir ihn durch das Predigtamt und die heiligen Sakramente austreiben, so versucht er sich wiederum an uns, wenn er nicht bei uns wieder einsitzen kann, dass er doch uns durch Verfolgung zur Welt hinaus treibe. So ist’s je gegangen und wird gehen bis an der Welt Ende; wie denn Christus es selbst begegnet ist. Denn er wollte den Teufel nicht leiden, sondern trieb ihn aus, wo man’s begehrte; da wollte ihn der Teufel auch nicht leiden, brachte ihn durch die Juden ans kreuz und stieß ihn zur Welt hinaus. Aber es geriet ihm nicht wohl.

    Denn Christus hat nicht allein von dem armen Menschen, davon dies Evangelium meldet, den Teufel ausgetrieben; sondern er ist erschienen, wie 1. Joh. 3,8 geschrieben steht, dass er die Werke des Teufels zerstöre, also, dass der Teufel keine Gewalt hat über alle, die an ihn [Christus] glauben. Die ihn aber nicht aufnehmen, die bleiben unter des Teufels Gewalt und müssen endlich, wie die Juden, zu Grunde gehen, da hilft nichts vor. Die Gläubigen aber werden wohl sicher sein; ja, sie treiben ihn, den Teufel, durchs Wort aus, und werden an jenem Tag samt Christus Richter sein über die Teufel und alle Gottlosen.

    Im Papsttum hat der Teufel, wie ihr wisst, sein Reich und Macht sehr hoch gebracht, dass, obgleich aus Gottes Barmherzigkeit und Gnade die heiligen ´Sakramente und das Wort geblieben, doch kein rechter Verstand weder vom Sakrament noch Wort da gewesen ist, wie jedermann bekennen muss. Dennoch hat der Teufel auch im Papsttum dem Wort weichen und ausfahren müssen durch die heilige Taufe. Denn Gottes Zusage kann nichts aufhalten. So will der Heilige Geist seine Wirkung darum nicht zurücknehmen, obgleich die Person, so das Wort führt und Sakrament reicht, nicht fromm, sondern gottlos ist.

    Darum sollen wir je billig Gott für solche reiche Gnade von Herzen danken und uns des nicht beschweren, obgleich der Teufel uns darum zusetzt und zuweilen plagt. Denn es verdrießt ihn überaus sehr, dass wir arme Sünden ihn, einen solchen hoffärtigen, mächtigen Geist, allein durch das Wort austreiben sollen, und er wider seinen Dank und Willen ausfahren muss. Deshalb gedenkt er sich redlich an uns zu rächen und schießt allenthalben mit Verfolgung und anderen Anfechtung auf uns. Das sollen wir gern leiden, um der Hoffnung willen, dass wir wissen, dass wir ihn nicht allein hier austreiben, sondern am Jüngsten Tag, wie gesagt, richten und verdammen werden in Ewigkeit und in den Abgrund der Hölle.

    Wir sollen aber je aus solchem Werk lernen, dass wir von dem Wort Gottes und den heiligen Sakramenten nicht so gering hielten, noch schimpflich davon redeten, wie doch gemein, und besonders von den Weltweisen, geschieht. Wahr ist’s, dass die Sakramente schlichte äußerliche Werke sind, wie die Augen urteilen; so ist das Wort auch ein äußerlich Ding, dass man mit den Ohren fassen und mit den Augen lesen kann; gleichwie die Christen aus leibliche Menschen sind. Dass man’s aber gering halten und darum verachten wollte, das taugt in keinem Weg. Ursache, wenn ein Christ daher geht und führt das Wort nach dem Befehl Christi, so ist die Gewalt da, welche den Teufel muss fliehen und kann davor nicht bestehen.

    Dass nun das Wort und die Sakramente ein so geringes Ansehen haben, soll uns nicht zur Verachtung des Worts und der Sakramente, sondern zur herzlichen Danksagung reizen, dass wir sprechen: Dank habe ja unser lieber HERR Gott, dass er die allerhöchste Kraft in so ein geringes, schwaches Gefäß gelegt hat. Denn wir Menschen sind ja wegen der Teufel wie ein Strohhalm, dass, wo er seine Gewalt gegen uns üben sollte oder könnte, sollte er uns nicht einen Augenblick leben lassen. Was tut aber unser HERR Gott? Er zündet das arme Strohhälmlein durch sein Wort, das himmlische Feuer, an, und macht so ein Licht und Glanz in der Welt, dass der Teufel nicht weiß, wo er bleiben soll; und muss heute da, morgen an einem andern Ort fliehen und ausziehen. Daher nennt der heilige Paulus das Evangelium eine Kraft Gottes, dadurch die Menschen selig werden. Das ist eine solche Macht und Stärke, die Gottes Stärke heißt, und bringt den Menschen aus der Sünde zu Gerechtigkeit, aus dem Tod ins Leben, aus der Hölle in den Himmel, und aus des Teufels Reich in Gottes Reich.

    Solches sollen wir Christen lernen und Gott dafür danke und sein Wort und heilige Sakramente herrlich und groß, ja, als unsern höchsten Schatz achten. Die Unchristen aber sind’s nicht wert, das ssie solche herrliche Majestät und Kraft des Wortes Gottes sehen sollten, nach dem Spruch: „Der Gottlose muss hinweg, auf dass er die Herrlichkeit Gottes nicht sehe.“ Und wie Jesaja von den Juden sagt: „Mit den Ohren werdet ihr hören und werdet5 es nicht verstehen; mit sehenden Augen werdet ihr sehen, und werdet es nicht vernehmen“, Kap. 6,9.10. Wir aber sollen Gott dafür danken, dass wir solche große Majestät und Kraft des Worts erkannt und erfahren haben; und sollen uns dessen billig freuen und trösten, ob wir gleich arme Bettler und Sünder sind, dass wir die Kraft bei uns haben, davor auch der Teufel sich entsetzen und fließen muss.

    Also geht das Werk noch immerdar unter den Christen, das heißt Teufel austreiben, die Stummen redend und die Tauben hörend machen, ob’s wohl nicht leiblich geschieht. Denn es ist viel größer und mehr, dass man den Teufel aus dem Herzen treibe, als dass man ihn aus dem Leib treibe. Denn im Herzen sitzt er viel fester. Christus aber treibt ihn auch leiblich aus, auf dass wir seine Macht mit den Augen sehen und desto eher glauben sollen, er werde ihn auch da heraus treiben, da er am festesten sitzt, und dazu durch so ein geringes Ding, nämlich durchs Wort, die Absolution, die Taufe, das hochwürdige Sakrament usw.

    Solche Gabe und Gnade hat uns Gott gegeben, dafür sollen wir ihm fleißig danken und sie gegen den Teufel getrost gebrauchen und ihn geistlich aus den Menschen treiben, unangesehen, dass er uns hier leiblich aus der Welt darum ausstoßen wird. Wenn aber der Jüngste Tag kommt, alsdann soll er dafür ewig ausgestoßen werden. Das ist das erste Stück, dass wir Gott danken und fröhlich drüber sein sollen.

    Weiter folgt im Evangelium, was das Frömmichen, die Jungfrau Welt, davon sagt. Hier finden wir dreierlei Schüler. Die ersten sind die frömmsten, nämlich das Volk, das sich über solchem Werk Christi verwundert, und ohne Zweifel Gott dafür dankt. Das ist das kleine Häuflein, dem die Augen aufgetan sind, und sieht die Herrlichkeit und göttliche Kraft des Worts; vor denen ist’s so ein herrliches, großes Ding, dass sie sich nicht genug können verwundern, dass das Wort so gering und leicht so viele Leute bekehren und den Teufel mit Macht austreiben soll, können sich deshalb nicht satt dran hören.

    Dagegen aber sind zwei andere Haufen, deren Herz so hart verstockt ist, dass sie auch mit sehenden Augen nicht sehen, dass eine große göttliche Kraft muss da sein, dass der stumme und taube Mensch so leicht reden und hören soll wie ein anderer Mensch und fein still und vernünftig werden, der doch zuvor rasend und ungestüm war. So umfasst nun der eine Haufe solche Schüler, die das Werk Christi mit Augen sehen, sind aber daneben so blind, toll und töricht, dass sie das Widerspiel aus solchem Wunderwerk nehmen und schreiben es dem Teufel zu.

    Wenn sie doch so sprächen: Er treibt die Teufel aus, darum wird er vielleicht eine besondere Kunst oder Gnade von Gott haben. Das tun sie nicht, sondern sagen frech heraus: Es gehe gegen Gott zu, der Teufel sei in ihm, es sei nichts als ein Betrug und ein Gespenst. Als wollten sie sage: Sollte es ein Wunderzeichen sein? Ja wohl, es ist lauter Teufelswerk. So starrblinde Augen und so ein verschlämmtes, verstocktes Herz haben sie, dass sie Gottes Wunderwerk nicht sehen, sondern kehren es gar um und sagen: Es sei ein Teufelsgespenst, wie die Gaukler gaukeln. Zudem sind sie in solcher Sünde und greulicher Gotteslästerung so sicher, dass sie dem Teufel einen so sehr verächtlichen Namen geben, heißen ihn Beelzebub, das ist auf Deutsch eine Hummel oder große Mücke. Das ist ja den Teufel hoch verachtet, als wären sie große Heilige und voll Heiligen Geistes, gegen die der Teufel wie eine Hummel wäre. Paulus, der große Apostel, verachtet ihn nicht so, sondern heißt ihn einen Fürsten und Gott der Welt. Aber diese großen Heiligen denken, je höher sie den Teufel verachten können, je eine geringere Kunst sei es an dem HERRN Christus, dass er die Teufel austreibt. Was, sagen sie, sollte dies für ein besonderes Wunder oder hohes Werk sein? Das ist dem Teufel eine schlechte Kunst, dass er einen andern Teufel austreibt.

    Also, ob sie wohl gegen die Wahrheit nicht können, dennoch lästern sie wissentlich unsers HERRN Christus Werk, sehen nicht, dass sie selbst mit tausend Teufeln besessen sind, Mörder, Lügner, Verführer, und tun den höchsten Willen des Teufels, weil sie so dahin gehen, als ginge der Teufel sie gar nichts an.

    Eben so geht’s heute auch zu. Das liebe Evangelium wird, Gott sei ewig Lob, rein und lauter, in aller Zucht und Stille gepredigt; da sollen wir uns des gewiss trösten, dass etliche Fromme solche Predigt mit Herzen annehmen, fröhlich darüber werden und sich über solcher Gnade und Wohltat verwundern und Gott dafür von Herzen danken. Wiederum fehlt es nicht, man wird derer leider nur zu viel finden, die nicht wissen, wie sie es genug sollen lästern. Unser Gegenteil bekennt, es sei in der Heiligen Schrift gegründet, dass man das Sakrament unter beider Gestalt (wie sie es nennen) soll nehmen; und dass Christus weder die Ehe och Speise verboten habe: Dennoch verdammen sie solche und andere Artikel als Ketzerei. Da wäre nicht Wunder, dass vor solcher Sünde die Sonne schwarz würde und solche Lästermäuler das Erdreich verschlänge. Aber sie sind so sicher, leichtsinnig und ohne alle Sorge, als säßen sie unserm HERRN Gott im Schoß; ich will schweigen, dass sie sich vor dem Teufel sollten fürchten, wie die Christen sich fürchten.

    Die lernen es in der Erfahrung, dass der Teufel auch den Gerechten fällen und Gottes Werk (wo es ihm verhängt wird) zurücktreiben kann. Darum heißen sie ihn nicht einen Beelzebub oder Hummel, sondern, wie Paulus, einen Fürsten und Gott der Welt. Denn sie sehen, wie stark er ist, und fühlen es, wo er jemand einmal ergreift und in Irrtum oder Ketzerei führt, da hält er so stark, dass man ihn mit viel und langem Lehren und Ermahnen kaum heraus- und wieder zurecht bringen kann. So, wenn er einen Menschen in Hurerei oder Ehebruch, in Geiz, Zorn, Hass, Neid oder andere Laster wirft, ich meine, er hält fest. Hilft ein Strick, eine Kette nicht: Er nimmt ihrer hundert, dass man sich ja nicht heraus solle wickeln.

    Darum verachten die Christen den Teufel nicht so wie die Werkheiligen, heißen ihn nicht eine Hummel, sondern einen gewaltigen Herrn, Fürsten und Gott der Welt, der die Leute würgen, in Sünde führen, in Verzweiflung, Herzeleid, Angst, Sorge, Kummer und allerlei Not stecken kann, wenn Gott nicht wehrt. Der Papst aber und sein Haufen wissen und glauben solches nicht, ob sie es gleich sehen und erfahren.

    Darum, weil die Pharisäer Christus und sein Werk so greulich lästern, ist’s leicht abzunehmen, dass, ob sie gleich nicht leibhaftig besessen sind, wie der arme Mensch hier, sie doch siebenmal heftiger und gefährlicher geistlich besessen sind; da sie (wie unsere Papisten) das Wort nicht allein nicht verstehen, sondern es so lästerlich dazu noch schänden; und sind dazu so sicher dabei, als täten sie wohl daran.

    Das ist nun uns zum Trost geschrieben, so wir Teufel austreiben und Gottes Wort predigen wollen, dass wir auch des gewarten, das hier steht, dass etliche sich wundern; die andern aber es dafür halten ,unsere Lehre sei falsch und verführerisch, die großen Schaden tue und die Leute nur von Gott wegreiße; lästern sie deshalb als Ketzerei und Teufelslehre. …

    Die dritten Schüler sind schier so arg sie die andern, nur dass sie es nicht so grob heraus sagen, stellen sich, als wollten sie glauben, wenn sie ein Zeichen hätten, wie es ihnen gefiele. Diesen fehlt’s nicht an dem, dass sie das Zeichen nicht sehen. Sie sehen es wohl, aber sie halten’s für ein irdisches und kein rechtes Zeichen, möchten leiden, so er, der HERR, wollte, dass sie etwas von ihm hielten, dass er ein Zeichen am Himmel, einen neuen Mond, neue Sterne oder dergleichen machte. Das sind sehr weise Leute, die unsern HERRN Gott so lehren wollen, was er für Zeichen tun sollte. Wollten gern, dass er, wie ein Gaukler, eine Narrenkappe anzöge, träte vor sie und gaukelte ihnen, was sie wollten. Gerade als hätte unser HERR Gott sonst nichts zu tun, als dass er ihnen ihren Vorwitz büßte.

    Heute wirst du solche Schüler in der Welt auch finden und deren nur aus der Maßen viel, und am meisten unter den großen Herren, hast du anders Achtung darauf. Denn was ist jetzt die allgemeine Rede allenthalben unter weltweisen, mächtigen Leuten, wenn nicht, dass sie sagen: Was? Sollte ich der Predigt glauben, die so von armen Bettlern, wie ausgelaufenen Mönchen und meineidigen Pfaffen, jetzt unter die Leute gekommen ist? Ich hielte davon, wenn es der Papst, der Kaiser, König und Fürsten predigten oder annähmen. Diese malen unserm HERRN Gott auch vor, wie er sollte klug werden, der fromme Mann, und die Sachen weiser angreifen und ihnen solche Predigt schicken, wie sie es gern hätten. Ja, man soll es auch bestellen, ihr lieben Junker. …

    Wo aber ein Prediger seinem nach die Laster straft, die man doch so öffentlich treibt, dass man die Personen leicht kann kennen, ob man sie gleich nicht nennt, da geht das Geschrei mit Haufen, es diene zum Aufruhr, sei deshalb der Obrigkeit nicht zu leiden. Man könne das Evangelium wohl sonst predigen, dass man die Leute nicht so öffentlich schände und schmähe. Muss also die Obrigkeit geschändet und geschmäht heißen, wenn man die Wahrheit sagt. …

    Aber es hat die Meinung nicht, wenn man sagt, weltliche Obrigkeit solle man ehren, sie nicht schelten, noch ihr übel nachreden, als sollte darum weltliche Obrigkeit über Gott und sein Wort sein; sondern sie sollen ebenso wohl unter Gott und seinem Wort sein wie ihre Untertanen und ihm gehorchen. Tun sie es nicht, so soll man ihnen den Pelz wohl waschen und den Mund redlich auftun und sagen, was sie nicht gern hören, und soll gar nichts danach fragen, ob sie darum zürnen oder lachen. Denn das Evangelium soll keinen Menschen, er sei so hoch er wolle, schonen, sondern an jedermann das Unrecht strafen. …

    Der HERR [nun] antwortet erstlich denen, die da sagten: Er treibe den Teufel aus durch Beelezbub; und führt eine feine, schlichte, natürliche Antwort: „Ein Reich, wenn es mit sich selbst uneins ist, so kann es nicht bestehen.“ So nun ein Teufel den andern austreibt, so folgt, dass die Teufel uneins sind, und kann so ihr Reich nicht bestehen.

    Dies ist ein weltliches Bild, das die Vernunft fassen und verstehen kann. Denn wo Man und Frau im Haus uneins sind, dass er Krüge und sie Töpfe zerbricht, da wird die Haushaltung nicht lange können einen Bestand haben. Denn die Erfahrung lehrt, dass Uneinigkeit Land und Leute, Haushaltung und alles zerreißt und verwüstet.

    Darum reden die Pharisäer und Schriftgelehrten hier gegen ihre eigene Vernunft, wie wollte, wahnsinnige Leute, die nicht allein keinen christlichen Verstand, sondern auch keine menschliche Vernunft haben. Wie wir an unsern Widersachern, den Papisten, auch sehen. Ob wir gleich die Schrift nicht führten, so können wir doch mit vernünftigen Ursachen in vielen Dingen ihr Wesen und Lehre strafen und unseres verteidigen. Aber da hilft nichts, es ist alle Arbeit und Mühe umsonst.

    Nun aber ist’s vonnöten, dass wir hier darauf wohl Achtung haben, dass Christus sagt, der Teufel habe ein Reich, und ein sehr einiges Reich, das sich fein zusammenhält. Darum, wer einen Teufel erzürnt, der erzürnt sie alle; wer einen angreift, der greift sie alle an. Sonst, wenn sie nicht so zusammenhielten, wollten wir viel mehr Leute dem Papst entzogen haben. Dass aber nicht alle das Wort annehmen und glauben, geschieht darum, dass des Teufels Reich so mächtig ist und so fleißig zusammenhält.

    Solches Reich greifst du an, wenn du dich taufen lässt, das Wort hörst, das Sakrament empfängst. Dass aber der Teufel dir nicht obsiegt, geschieht darum, dass eben wie die Teufel zusammenhalten, so hält sich das Reich Christi auch zusammen. Darum, wenn dich der Teufel angreift, so hat er den droben zur Rechten Gottes auch angegriffen, wie er zu Paulus sagt: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“ Des sollen wir uns trösten und so lernen, dass es kein Scherz ist um einen Christenstand, da wir so ein großes Reich gegen uns haben und alle Augenblicke in Gefahr schweben müssten, wenn nicht Gott mit seiner Gnade über uns hielte.

    Hier möchtest du fragen: Wie geht’s denn zu, dass die Exorzisten so böse verzweifelte Buben sind und dennoch Teufel austreiben? Das tut Gott nicht, sondern der Teufel. Ich habe selbst einen gesehen, der war voller Teufel, doch war der Pfaffe, der ihn beschwor, so sicher, dass er dem Besessenen die Hand ins das Maul legte. Wie kann es da anders sein, als dass ein Teufel den andern austreibt?

    Antwort: St. Paulus sagt: Der Teufel werde in der letzten Zeit Zeichen tun, aber es werden falsche Zeichen sein. Denn er tut’s nicht um des Evangeliums willen, dass er es fördere, sondern dass er die Leute vom Glauben abführe und in Abgötterei bringen könne.

    Wo aber das Teufelsaustreibern dahin geht, dass man Gottes Finger sehen und das Himmelreich nahend haben soll, da sperrt er sich und wehrt sich, solange er kann; wie Christus im Gleichnis von dem starken Gewappneten sagt.

    Darum lasst uns Gott für solche Gnade danken, dass er uns zu Hilfe seinen Sohn gegen den Teufel geschickt, ihn auszutreiben, und sein Wort bei uns gelassen hat, durch welches noch heute solches Werk geübt, des Teufels Reich zerstört und das Reich Gottes gebaut und vermehrt wird. In solcher Gnade wolle uns Gott durch seinen Sohn und den Heiligen Geist gnädig erhalten. Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum Sonntag Laetare (Freuet euch mit Jerusalem; Jes. 66,10) ueber Joh. 6,1-15: Jesus speist die Fuenftausend

 

Johannes 6,1-5: Danach fuhr Jesus weg über das Meer an der Stadt Tiberias in Galiläa. Und es zog ihm viel Volks nach, darum dass sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. Jesus aber ging hinauf auf einen Berg und setzte sich daselbst mit seinen Jüngern. Es war aber nahe Ostern, der Juden Fest. Da hub Jesus seine Augen auf und sieht, dass viel Volks zu ihm kommt, und spricht zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, dass diese essen? (Das sagte er aber, ihn zu versuchen; denn er wusste wohl, was er tun wollte.) Philippus antwortete ihm: Für zweihundert Silberstücke Brot ist nicht genug unter sie, dass ein jeglicher unter ihnen ein wenig nehme. Spricht zu ihm einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus: Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; aber was ist das unter so viele? Jesus aber sprach: Schafft, dass sich das Volk lagere! Es war aber viel Gras an dem Ort. Da lagerten sich bei fünftausend Mann. Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie den Jüngern, die Jünger aber denen, die sich gelagert hatten; desgleichen auch von den Fischen, wieviel er wollte. Da sie aber satt waren, sprach er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrigen Brocken, dass nichts umkomme! Da sammelten sie und füllten zwölf Körbe mit Brocken von den fünf Gerstenbroten, die überblieben denen, die gespeist worden. Da nun die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus tat, sprachen sie: Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll! Da Jesus nun merkte, dass sie kommen würden und ihn haschen, dass sie ihn zum König machten, entwich er abermals auf den Berg, er selbst allein.

 

    Das ist der Evangelien eins, da unser lieber HERR Christus seine Christen lehrt, wie sie ihm trauen sollen, dass er sie nicht Hungers sterben, sondern durch seinen Segen ihnen alles genug schaffen wolle, was sie bedürfen. Deshalb ist’s eine solche Predigt, welcher die Geizwänste, so nichts können, als auf ihren Nutzen denken, nicht wert sind, dass sie es hören, viel weniger, dass sie es glauben sollen. Denn sie hören wohl, wie der HERR hier durch seinen Segen ein großes Wunderwerk getan habe; aber sie wollen es dazu nicht kommen lassen, dass er’s mit ihnen auch möge tun. Deshalb geizen sie und stellen sich aller Maßen so, als könnte oder wollte Christus solch Wunder mit ihnen nicht auch tun, sondern müssten sich selbst versorgen und bedenken, sonst möchten sie versäumt werden. Mit solchen Leuten hat Christus nichts zu schaffen.

    Die aber, die an sein Wort sich halten, tröstet er hier, nicht mit Worten, sondern mit dem Werk, er wolle ihnen zu essen schaffen; auf dass wir ja nicht zweifeln, noch denken sollen, wie wir uns ernähren, sondern unser Herz und Vertrauen auf Christus stellen. Solcher Glaube wird uns nicht fehl leiten. Denn da will Christus bei uns sein und das Vermögen zu uns bringen, wo gleich nicht mehr als fünf Brote da sind, dass er’s doch so segnen will, dass 5000 Mann, ohne Frau und Kind, sollen satt werden, und dazu noch weit mehr überbleiben, als am Anfang da gewesen ist. Denn zuvor war kaum ein halber Korb voll Brot da; und bleiben doch zwölf Körbe mit Brocken davon über.

    So ist nun die Zusammenfassung der Lehre des heutigen Evangeliums diese: Wir sollen fromm sein und dem Wort Gottes mit Fleiß nachgehen wie diese Leute hier und glauben: So will Gott dafür sorgen, dass wir Essen kriegen und Nahrung finden. Wie man in der Geschichte hier sieht, dass, ob sie gleich nicht alle fromm sind, weil doch etliche rechte, fromme Herzen drunter sind und mehr nach dem denken, wie sie zum Wort kommen mögen als essen, dass der HERR für sie sorgt und schafft ihnen ohne ihre Gedanken, dass sie auch zu essen haben. Als wollte er sagen: Mein lieber Mensch, lerne und suche am ersten das Reich Gottes, höre mein Wort, glaube an mich und tue mit Fleiß, was dir zu tun in deinem Stand befohlen ist; wenn du das tust, so lasse mich für das Übrige sorgen. Bist du nicht reich, hast du nicht viel tausend Gulden, so will doch ich dir genug schaffen. Denn Gold, Silber, Geld, Stein kannst du je nicht essen, es muss Brot sein, das aus der Erde wächst. Ob du nun aus der Erde das Brot nicht kannst kriegen, weder Haus noch Hof, Acker noch Garten hast: glaube nur und folge mir nach, du sollst Brot die Genüge haben.

   Dies erfährt man und sieht’s täglich vor Augen. Ein armes Schülerlein, das fleißig und fromm ist, aus dem kann Gott wohl einen großen Doktor machen. Eine arme Dienstmagd, die gottesfürchtig ist und ihrer Herrschaft treu dient, der beschert Gott einen frommen Mann, gibt ihr Haus und Hof. Solche Beispiele sieht man täglich viel, wie Gott armen Leuten über sich hilft. Dagegen die, so Gott nicht fürchten, auf sein Wort nicht achten und sonst untreu und unfleißig sind, müssen arme Bettler bleiben und können ihr Leben lang auf keinen grünen Zweig kommen.

    Darum ein böser Bube, der nicht fleißig lernen oder sonst böse, mutwillig und untreu sein will, der soll wissen, dass ihn unser HERR Gott will lassen hingehen, in den Krieg laufen lassen, da lassen erstochen oder erschossen werden oder einem Henker oder sonst einen unwerten Menschen aus ihm werden lassen. Also eine Magd, die nicht gottesfürchtig sein, sich nicht züchtig halten, nicht gehorsam sein oder sonst untreu und unfleißig dienen will, die lässt Gott in Sünde und Schande fallen, dass ihr Lebtag nichts aus ihr wird. Solches ist recht und eitel verdienter Lohn. Warum sind sie nicht fromm und glauben an Christus, folgen seinem Wort? So würde Christus bei ihnen sein und sagen: Lasse mich sorgen, wie ich dich empor hebe, zu Ehren bringe und reich mache.

    Dass also dies Evangelium uns lehrt an Christus glauben, dass er uns erhalten und genug geben wolle, wenn wir nur fromm sind, auf sein Wort sehen und mit diesen Leutlein hier demselben nachgehen und etwas darum wagen und leiden. Denn das Werk, das der HERR hier übt, ist gleich wie eine Predigt, als wollte er sprechen: Bist du gottesfürchtig und fromm, lässt dir mein Wort lieb sein, so will ich dir zu essen geben, du sollst unverlassen sein, ich will gewiss etwas aus dir machen. Wo du aber nicht wolltest fromm sein, mein Wort verachten oder sonst unrecht dich halten und du dann ein Bettler bleibst; so habe dir’s, die Schuld ist niemandes als dein eigen. Ober, ob du schon reich wirst, so musst du doch zum Teufel, und soll dir dein Gut nicht helfen. Dass es so soll beschlossen sein: Wer Gottes Wort verachtet und nicht tun will, was Gott heißt, da will Gott wiederum nicht tun, was er gern hätte und wohl bedürfte.

    Solches will der HERR uns hier lehren, dass er mit fünf Broten 5000 Mann, die ihm in der Wüste nachgegangen, mit Frau und Kind speist, deren vielleicht auch bei 5000 gewesen sind; die haben alle genug und bleibt noch viel über. Das heißt nicht mit Worten predigen, wie er Matth. 6,33 tut, da er spricht: „Sucht am ersten das Reich Gottes, so soll euch das andere alles zufallen“; sondern mit der Tat. Als wollte er sagen: Ich bin reich und kann dich wohl nähren; siehe nur du zu, sei fromm, halte dich an Gottes Wort und folge ihm: Dann lass mich sorgen, wo du zu essen findest. Das ist die Lehre vom Glauben, so viel dieselbe in dem heutigen Wunderwerk uns vorgetragen wird.

    Aber neben solcher Lehre und Trost sind hier zwei Stücklein, welche der Evangelist mit Fleiß hat wollen anzeigen: Das erste, dass der HERR die Jünger fragt und sie ihr Gutdünken anzeigen; das andere, dass er heißt die Brocken aufheben und will nicht, dass etwas vergebens hinkomme.

    Soviel nun die Jünger Philippus und Andreas betrifft, sieht man fein, was die Ursache sei: Obgleich der HERR durch solchen wunderbaren Segen uns zum Glauben reizt, dass dennoch solcher Glaube nicht rechtschaffen in uns will. Denn es gilt uns allen, da es den Jüngern hier fehlt, dass wir nur dahin sehen, wieviel wir bedürfen. Wieviel aber Christus mit seinem Segen geben könne, das wollen wir nicht hin sehen.

    Philippus überschlägt die Zahl ziemlich genau. Er sagt: Man müsse für zweihundert Silberstücke Brot haben, wenn ein jeder nur ein wenig solle haben. Nun gilt ein Silberstück oder Pfenning, der im Lateinischen Denarirus heißt, einen halben Ort, und machen je acht solcher Silberstücke oder Groschen einen Gulden an Münze. Wo nun 5000 Mann allein, und sonst weder Frau noch Kinder da wären gewesen, so würde einem ungefähr für dreieinhalb Heller Brot gebührt haben. Das ist für einen hungrigen Magen nicht viel, wo man sonst nichts dazu hat. Aber es sind viele Frauen und Kinder auch dabei, wie Matthäus im 14. Kapitel meldet, die man nicht zählt. Also sieht man, Philippus fehlt es an dem Rechnen nicht, er überschlägt fein, was er ungefähr müsste haben, so er viel Leute mit Brot in der Wüste speisen sollte. Wir können die Rechnung auf fein machen, was wir für unser Haushalten eine Woche, ein Vierteljahr, ein ganzes Jahr bedürfen und haben müssen. Aber sobald wir sehen, dass der Vorrat nicht da ist, werden wir drüber kleinmütig und traurig und denken, wir müssen vom Haus lassen, entlaufen oder gar Hungers sterben.

    So geht es mit Andreas auch: Der sieht, wie der HERR dem armen Völklein gern helfen wollte, zeigt deshalb an, es sei ein kleiner Vorrat da, nämlich fünf Brote und zwei Fische. Sobald er aber an solchen großen Haufen, an so viele Mäuler und hungrige Bäuche denkt, ist ihm solcher Vorrat gleich als wäre nichts da. Was soll das, spricht er, unter so viele? Lässt alsbald um der Rechnung willen den Glauben fallen und denkt, da sei dem Volk nicht zu helfen.

    Das ist nun der allgemeine Mangel, den wir noch heute, nicht allein der Nahrung halben, sondern auch sonst in allerlei Nöten und Anstößen fühlen, dass wir die Rechnung fein wissen zu machen, was wir bedürfen, wie es wohl vonnöten wäre, dass uns Rat geschaffen und geholfen würde. Wenn’s aber nicht so bald da ist, wie wir’s gern hätten, so haben wir von solcher Rechnung nichts mehr als Unmut und Traurigkeit. Und wäre viel besser, wir ließen es sonst Gott walten und dächten nicht daran, was wir bedürfen. Da würde alsdann nur ein Mangel sein, wenn sich die Not finden würde; da sonst die Not nicht außen bleibt und wir doch mit unserm Sorgen nicht helfen können. Müssen deshalb vor der Zeit uns fressen und nagen mit unsern Gedanken und Anschlägen, die doch vergebens und umsonst sind. Denn wir werden uns nimmermehr reich denken noch sorgen. Wir können uns aber wohl krank, schwindsüchtig und toll und töricht denken und sorgen, wie man in täglichen Beispielen sieht.

    Weil nun unsere Vernunft anders nicht kann als genau rechnen und dahin sehen, was wir bedürfen, und solches dem Glauben ganz entgegen ist, hat der Evangelist solches nicht wollen unbemeldet lassen; auf dass wir an der Jünger Beispiel lernen sollen, wie solche Rechnung so ganz und gar falsch und vergebens sei, so wir anders Christen sind und Christus bei uns haben. Der Vernunft nach denken Philippus und Andreas recht, und ist unmöglich, dass ein vernünftiger Mensch könnte anders denken oder eine bessere Rechnung machen. Aber wir Christen haben nicht allein Vernunft, sondern haben auch das Wort Gottes. Sollen deshalb nicht allein genau rechnen, sondern auch gewiss glauben können. Und wo wir mit der Rechnung nicht können zukommen, da sollen wir uns an das Wort und Glauben halten.

    Denn siehe, was ein Christ für einen Speisemeister und Haushalter hat an dem HERRN Christus. Wir können nicht mehr noch länger geben als wir haben. Aber da sagt Johannes von Christus: Er gab vom Brot und Fischen, nicht, wieviel da war, sondern „wieviel er wollte“. Da denke nicht, dass er’s allein dazumal getan habe und wolle es nicht fortan unter seinen Christen auch tun. Denn wie zuvor gemeldet, sehen wir Beispiele dieses Segens alle Tage: Nicht allein mit der Nahrung, dass Gott armen, bedürftigen, geringen Leuten, so ihn fürchten und sein Wort lieb und wert haben, Nahrung gibt und empor hilft; sondern auch in allerlei andern Nöten, dass er wunderbar und unversehens Rat schafft. Denn er ist allmächtig und hat uns Hilfe und Rettung zugesagt.

    Deshalb liegts nur allein daran, wo uns die Rechnung fehlt, dass wir uns an den Glauben und das Gebet halten und uns des trösten, dass wir haben einen solchen Gott, der nicht allein einen kleinen Vorrat durch seinen Segen mehren könne, wie er der Witwe zu Sarepta Mehl und Öl wunderbar und unverhofft mehrte: Sondern er kann auch wohl aus nichts alles machen. Solchen Trost sollen wir wohl merken, und wir Christus Matth. 6 sagt, dahin vornehmlich trachten, dass wir am ersten das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit suchen. Das andere, was wir zu unserem Unterhalt bedürfen, da sollen wir unsern Vater im Himmel lassen drum sorgen, der will es den Seinen, wie der 127. Psalm V. 2 sagt, im Schlaf geben, das ist, sie sollen den Segen haben, und doch nicht wissen, wie und wo er herkommt; wie es hier auch zugegangen ist. Denn es ist ein solches Wunderwerk gewesen, dass das Brot und die Fische unter den Händen dem HERRN Christus sichtbar gewachsen ist, wenn er ein stück in zwei Teile gebrochen und den andern Teil von sich gegeben hat, ist dasselbe Teil bald noch einmal so groß geworden. Solches wollte der HERR uns gern in die Augen und Herzen bilden, dass wir doch ihm lernten trauen, und nicht allein die Rechnung nach dem machten, was wir vor Augen sehen oder im Vorrat haben.

    Wir sehen, wie jämmerlich es jetzt allenthalben in der Welt steht. Der Türke feiert nicht, rückt je länger je näher zu uns. Wir aber wachsen von Tag zu Tag, je länger je mehr in Uneinigkeit und Misstreue gegeneinander, nehmen an Leuten und am Geld ab. So feiert der Papst auf der andern Seite auch nicht, der ist unserm Evangelium ja so feind wie der Türke der Christenheit. Darum ist kein Aufhören bei ihm und seinem Haufen, nehmen immer eine Praktik nach der andern vor, wie sie die Lehre dämpfen und die alte Abgötterei wieder ausrichten könnten. Wenn nun ein Christ solche Händel ansieht, bleibt die Anfechtung nicht aus; Vernunft hebt an zu rechnen und der Sache fleißig nachzudenken, soviel sie kann, sucht Mittel und Wege, wie der Sache zu helfen sei. Weil aber solche Mittel sich keineswegs schicken und die Rechnung nicht zutreffen will, ist’s unmöglich, dass nicht ein Herz darüber betrübt sollte werden und schier verzweifeln, als müsste es alles zugrunde gehen und brechen. Weil aber solche Anfechtung nicht bleibt (denn Fleisch und Blut kann anders nicht, als wie seine Art ist), so sollen die Christen lernen, wo die Rechnung fehlen will, dass sie sich an das Wort halten und anfangen zu glauben.

    Was sagt aber das Wort? Ebenso, was sollen wir in solcher Not glauben? Das sollst du glauben, dass Christus die Welt hat überwunden, und dass die Pforten der Hölle seine Gemeinde nicht sollen überwältigen, Matth. 16,18; „Die Augen des HERRN sehen auf die Gerechten und seine Ohren auf ihr Gebet“, Ps. 34,16; „Wer ist, der euch kann Schaden tun, so ihr dem Guten nachkommt? Und ob ihr auch leidet um Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig“, 1. Petr. 3,12-14; „Der HERR weiß die Gottlosen aus der Versuchung zu erlösen; die Ungerechten aber zu behalten zum Tag des Gerichts, sie zu peinigen“, 2. Petr. 2,9, wie Petrus am selben Ort mit dem Beispiel des frommen Lot zu Sodom erweist.

    Wer also Gottes Wort und Zusage vor sich nimmt und fest darauf baut, den wird die Rechnung, ob sie ihm gleich fehlt, nicht können kleinmütig machen noch in Verzweiflung bringen. Denn er sieht einen HERRN über sich, der mitten unter seinen Feinden herrscht und Lust hat dazu, wo man seinem Wort nicht weichen und seine Christen nicht will zufrieden lassen, dass er seinen Namen und Macht alsdann an seinen Feinden beweise und zu Boden stoße alles, was sich gegen ihn auflehnt; wie er Pharao und den Ägyptern getan hat. So kommt man durch Hilfe des Worts dahin, dass man Hoffnung haben kann, da gleich keine Hoffnung ist. Denn Vernunft, weil sie nicht Hilfe sieht, muss sie verzagen. Aber das Wort, das zeigt gewisse Hilfe, sofern wir nur an dem Wort reu halten, fromm bleiben und Gott anrufen. Wer aber gottlos ist, in Sünden und bösem Gewissen lebt, und dennoch sich auf Gottes Zusage, mit welchen er die Frommen tröstet, verlassen wollte, der würde etwas Nichtiges legen.

    Das ist nun der Mangel hier an den Jüngern, dass sie so wohl können rechnen; sie wollen aber nicht glauben noch sehen, was für einen Herrn sie an Christus haben. Sonst würde Philippus gesagt haben: „Für 200 Silberstücke wert Brot ist nicht genug, dass ein jeder unter ihnen nur ein wenig nehme“; aber Gott Lob, dass wir dich bei uns haben, mein lieber HERR Jesus; denn durch dienen Segen und Hilfe, ob wir gleich keinen Heller haben und in der Wüste sind, wollen wir gleichwohl Brot genug haben; denn du kannst eine Kunst, die andere Menschen nicht können. Andreas würde auch so gesagt haben: „Es ist ein Knabe hier, hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische“; wenn ich’s austeilen sollte, so würde es kaum ihrer für zehn von ihnen genug sein; aber wenn es durch deine Hand geht, so werden diese alle zu essen genug haben, und wird noch überbleiben. Solches würde das Wort durch den Glauben gelehrt haben. Weil aber Wort und Glauben durch das genaue Rechnen verschwunden sind, sieht man, dass sie keine Zuversicht zum HERRN haben, dass er hier raten könne. Deshalb heißt’s so: Willst du ein Christ sein und kannst dein Rechnen nicht lassen, so nimm das Wort vor dich, halte fest dran und lerne ihm glauben; sonst ist dir nicht zu helfen.

    Wo nun unser lieber HERR Christus durch seinen Segen sich so bei uns lässt sehen, da sollen wir, wie er die Apostel hier heißt, die Brocken aufheben und nicht lassen umkommen. Denn gleichwie unsere Vernunft im Mangel nur rechnen und nicht glauben will: So, wo der Segen Gottes reichlich ist, da kann und will die Welt sich auch nicht recht drein schicken.

    Etliche missbrauchen den Segen zum Überfluss; wie man sieht, wenn ein weinreiches Jahr ist, so lässt sich jedermann dünken, Gott habe es darum gegeben, dass man desto mehr saufen und umbringen soll. Aber er hat die Meinung gar nicht. Man soll Gottes Segen fleißig aufheben und nicht verschwenden, sondern auf die künftige Not sparen. Wie Joseph den König in Ägypten lehrt, er soll die sieben guten Jahre gebrauchen dazu, dass er die sieben bösen Jahre sich und sein Land vor dem Hunger erretten könnte. So, wo Gott ein Jahr diesem oder einem andern Handwerk Glück gibt, dass die Ware wohl gilt und abgeht, solchen Segen soll man fleißig sparen und nicht denken, man wolle darum desto mehr verzehren und aufgehen lassen. Nein, Gottes Segen soll allewege in Ehren gehalten und auf eine künftige Not gespart werden. Weil man’s aber nicht tut, sondern den Segen Gottes so schändlich zu Sünden und Schanden missbraucht, treibt man Gott mit solcher Unart, dass er an sich halten, und wo ein gutes Jahr gewesen ist, zwei oder drei böse Jahre darauf geben muss. Den wie kann Gott sonst der schändlichen argen Welt und dem greulichen Missbrauch wehren?

    Etliche aber missbrauchen den Segen auch in dem Stück, dass sie darum hinter sich legen und sparen, wenn wohlfeile Jahre sind, dass sie in der Teuerung ihren Nutzen schaffen, die Armen drücken und schatzen und den Markt steigern mögen, wie sie wollen. Das sind auch verdrießliche, schädliche Leute, die sich gewiss keiner Gnade zu Gott versehen dürfen, sie bessern sich denn; sonst ist’s unmöglich, dass Gott nicht heftig über sie zürnen sollte. Denn dass der HERR die Brocken, so überblieben waren, heißt aufheben, das will er nicht so verstanden haben, dass man darum geizen sollte; sondern dass du deinem Nächsten zur Not damit dienen und den armen Leuten, denen mangelt, desto leichter helfen könntest. So willst du Korn, Wein und anderes darum zu wohlfeiler Zeit aufkaufen und sammeln, wenn es teuer wird, dass du andere Leute damit drücken und sie nach deinem Gefallen schinden und schaben könntest. Gerade als hätte Gott darum ein gutes Jahr gegeben, dass du es allein genießen und mit anderer Leute Schaden deinen schändlichen Geiz büßen möchtest.

    Deshalb muss Gott hier seine Strafe auch gehen lassen. Wer auf sein Wort traut, haben wir gehört, ob er gleich mangelt, so will doch Gott mit seinem Segen da sein, dass sich das Wenige reichlich ergeben und noch überbleiben soll. Wiederum, wer scharrt und kratzt und Gottes Segen zu seinem Geiz missbrauchen will, den straft Gott so, ob er gleich viel hat, dass es doch zerrinnen und ihm bei aller Fülle nicht anders sein soll, als wäre er der ärmste Bettler. Wie man denn sieht und erfährt, dass Geizhälse und Wucherer arme, elende, wohlgeplagte Leute sind. So sauer es ihnen wird, bis sie etwas zuwege bringen: So sauer, ja viel saurer wird es ihnen, bis sie denken, wie sie es auf das teuerste können wieder anlegen. Wo nun ein Unfall, wie allgemein geschieht, sich zuträgt, dass das Korn auf dem Boden lebendig wird, der Wein im Keller läuft oder sonst ein Unglück zuschlägt: Da haben sie allererst das Herzeleid, wissen nicht, wo aus, nagen und fressen sich selbst das Herz ab; können also ihres Gewinns nicht allein nicht froh werden, sondern wo es ein ewig umschlägt, haben sie alles Unglück, Soge, Mühe, Arbeit und Krankheit davon zum Lohn.

    Wer wollte aber nicht tausendmal lieber ein wenig mit Frieden und fröhlichem Herzen, als viel mit so ängstlicher Unruhe, Sorge und Kümmernis haben? Besonders wo man bedenken will, wie der Teufel nicht weit von solchen Leuten ist, und oft sie toll und töricht macht, wenn das Korn oder der Wein abschlägt, dass sie hingehen und sich selbst vor Leid henken oder sonst umbringen, dass Gott armen Leuten Essen und Trinken beschert. Da folgt denn auf solchen zeitlichen Jammer ein ewiger Jammer. Das hat man davon, wenn man Gottes Segen zum Geiz missbrauchen will. Verschwenden soll man ihn nicht, sondern genau und fleißig aufheben; auf dass, wo Mangel einfällt, wir andern armen, bedürftigen Leuten desto reichlicher helfen können. Denn dass unser HERR Gott einem mehr beschert als dem andern, geschieht nicht darum, dass wir’s allein zu unserer Hoffart oder Wollust missbrauchen, sondern dass wir desto williger andern, die es bedürfen, helfen und für sie und uns aufsparen sollen.

    So hat eure Liebe eine schöne, tröstliche Lehre, wie wir in Nöten auf unsern HERRN Christus sehen, uns zu seinem Wort halten und von ihm den Segen erwarten sollen. Gott verleihe seine Gnade, dass wir von Tag zu Tag je länger je frömmer werden und solchen Segen beide, in Nahrung und sonst in allerlei Not, erfahren mögen, durch Jesus Christus, unsern HERRN, Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum Sonntag Judica (HERR, schaffe mir Recht; Ps. 43,1) ueber Johannes 8,46-59: Jesu Christi Wort hoeren

 

Johannes 8,46-59: Welcher unter euch kann mich einer Sünde zeihen? So ich euch aber die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir nicht? Wer von Gott ist, der hört Gottes Wort. Darum hört ihr nicht; denn ihr seid nicht von Gott. Da antworteten die Juden und sprachen zu ihm: Sagen wir nicht recht, dass du ein Samariter bist und hast den Teufel. Jesus antwortete: Ich habe keinen Teufel, sondern ich ehre meinen Vater, und ihr verunehrt mich. Ich suche nicht meine Ehre; es ist aber einer, der sie sucht und richtet. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: So jemand mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht sehen ewiglich. Da sprachen die Juden zu ihm: Nun erkennen wir, dass du den Teufel hast. Abraham ist gestorben und die Propheten, und du sprichst: So jemand mein Wort hält, der wird den Tod nicht schmecken ewiglich. Bist du mehr denn unser Vater Abraham, welcher gestorben ist? Und die Propheten sind gestorben. Was machst du aus dir selbst? Jesus antwortete: So ich mich selber ehre, so ist meine Ehre nichts. Es ist aber mein Vater, der mich ehret, von welchem ihr sprecht, er sei euer Gott, und kennt ihn nicht. Ich aber kenne ihn. Und so ich würde sagen, ich kenne ihn nicht, so würde ich ein Lügner, gleichwie ihr seid. Aber ich kenne ihn und halte sein Wort. Abraham, euer Vater, ward froh, dass er meinen Tag sehen sollte; und er sah ihn und freute sich. Da sprachen die Juden zu ihm: Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen? Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe denn Abraham ward, bin ich. Da huben sie Steine auf, dass sie auf ihn würfen. Aber Jesus verbarg sich und ging zum Tempel hinaus, mitten durch sie hinstreichend.

 

    Das ist ein schönes, reiches Evangelium, da viel von zu predigen wäre. Aber es ist zu viel auf einen Bissen. Darum wollen wir allein das Hauptstück draus nehmen, nämlich dass Christus sagt: Man soll sein Wort gern hören. Wer es höre, der sei von Gott, wer es nicht höre, der sei nicht von Gott.

    Diese Worte redet Christus so einfältig, dass niemand meint, dass sie so große Dinge in sich haben. Aber wer sie recht ansieht, wer ihnen fleißig nachdenkt, was da sei, von Gott oder von Gott sein, der wird bekennen müssen, dass es ein großes, treffliches Ding ist, da Christus hier von redet. Denn wahr und gewiss ist’s, dass man einen Menschen härter nicht beurteilen, noch heftiger angreifen kann, als wenn man sagt, er sei nicht von Gott. Dass mich jemand einen Schalk oder Bösewicht heißt oder mir gar den Hals absticht, ist nichts gegen diesen greulichen Jammer, welchen der HERR mit kurzen Worten hier fasst, da er zu den Juden spricht: „Ihr seid nicht von Gott.“ Darum liegt es an diesem Stück alles, dass wir Gottes Wort gern hören und fleißig behalten sollen.

    In der Geschichte des Evangeliums sieht man allenthalben, dass die, so Gottes Wort nicht wollen hören, übel davon reden und es lästern, die folgen dem Teufel so lang, bis er sie endlich gar besitzt, und sie je länger je ärger werden. Wie man denn im heutigen Evangelium auch sieht. Erst zürnen die Juden, da Christus anhebt zu predigen; danach schelten sie ihn, heißen ihn einen Samariter und sagen: Er habe einen Teufel. Da sind sie schon zehn Meilen tiefer hinunter in die Hölle gefallen als zuvor. Danach werden sie noch unsinniger. Was machst du, sagen sie, aus dir selbst? Zusammenfassend, sie werden je länger je ärger; bis sie zuletzt zur Tat greifen und werden Mörder, heben Steine auf und wollen ihn zu Tode werfen. In solche greuliche Sünde fallen sie aus Verachtung des Worts, dass sie Christi Predigt nicht hören wollen, sondern lästern sie. Solches, spricht hier der HERR, ist ein Anzeichen, dass ihr Juden von dem Teufel seid. Denn wo ihr von Gott wäret, würdet ihr euch anders gegen sein Wort, das ich predige, stellen.

    Dass jetzt zur Zeit die Kinder gemeiniglich so ungehorsam und mutwillig sind gegen ihre Eltern, kommt auch daher, dass sie Gottes Wort nicht hören, nicht lernen noch behalten. Wenn sie nun beginnen einmal anzufangen, gegen Gottes Befehl Vater und Mutter zu verachten, bleibt’s bei solcher Sünde nicht, sondern fahren fort, fluchen den Eltern; und ob sie gleich mit der Hand nicht schlagen oder würgen, so wollen sie doch, dass sie tot wären oder führen so ein schändliches Leben, dass die Eltern sich drüber zu ‚Tode grämen müssen.

    So geht es durchaus; wer Gottes Wort nicht hören oder danach sich nicht halten will, der wird ein Lügner, Lästerer und Verfolger. Wie wir an den Papisten sehen, dass sie je länger je rasender werden und von ihrem Lästern und Verfolgen nicht eher werden aufhören, bis sie dermaleinst zu Mördern werden und ein greuliches Blutvergießen anrichten usw.

    Nun ist aber dies das Allerärgste. In andern Sünden, wenn einer Unrecht tut, kann man ihn doch bedeuten, dass er seine Sünde erkennt und davon ablässt. Dass aber die Papisten (auch viele unter uns) Gottes Wort nicht allein nicht hören wollen, sondern dazu auch verachten und lästern, da kann sie niemand bedeuten noch bereden, dass sie daran unrecht tun und sündigen. Ja, sie meinen, sie haben’s guten Fug und tun recht daran. Ursache, sie geben vor, es sei nicht Gottes Wort, sondern Teufelslehre und Lügen; ebenso, die es predigen, seien die ärgsten Ketzer und Verführer. Eben wie die Juden Christus schmähten und lästerten, er hätte den Teufel und wäre ein Samariter; damit sie genug zu verstehen gaben, was sie von seiner Lehre hielten. So will die greulichste Sünde die höchste Heiligkeit sein usw.

    Darum ist der leidige Teufel selbst, wo die Leute in diese Sünde geraten, dass sie Gottes Wort nicht hören wollen und verachten es. Denn da bleibt’s nicht aus, man wird endlich, wie wir hier an den Juden sehen, auf Christus mit Steinen werfen, ja ihn auch an das Kreuz hängen; und solches noch für recht halten, und in solchem größten Unrecht noch ungestraft wollen sein. Da seht euch vor, dass ihr nicht hingeratet.

    Darum ist’s ein hartes, ernstes Wort, das der HERR hier spricht zu den Juden: „Ihr hört Gottes Wort nicht, darum seid ihr nicht von Gott.“ Denn wer nicht von Gott ist, der ist von dem Teufel; so hat er seine Seuche, Pestilenz und alle höllische Plage mit Haufen: Mehr Unglück kann man ihm nicht wünschen.

    Und ist ein greulicher Jammer, dass solche große, schwere Sünde auch noch so allgemein ist in allerlei Ständen. Denn wieviel sind wohl derer (ebenso wohl unter den großen Herre als in den geringen Ständen), wenn du zu einem sagst: Ei, es ist nicht fein, dass du so gar nicht in die Predigt gehst, oder wenn du sie gleich hörst, so gar nichts draus lernst, du wirst nicht von Gott sein usw., die solches zu Herzen nehmen oder davor erschrecken? Der größte Teil ist so gesinnt, dass er antworten würde: Was frage ich nach der Predigt? So du aber ferner anhalten und sagen willst: Es taugt nicht, du musst dies anders zu Sache stellen, willst du selig werden; da wirst du erfahren, dass sie nach solcher Ermahnung nur ärger werden und dich mit diesen oder dergleichen ungeschickten Worten abweisen: Du sollst sie zufrieden lassen, in aller jener Namen, oder sie wollen anders zur Sache tun.

    Das ist eine solche greuliche Plage und Zorn, dass ein christliches Herz billig davor erschrecken sollte; da das Urteil dran hängt: Wer Gottes Wort nicht hört, der ist nicht von Gott, sondern ist des Teufels Kind. Dazu schlägt diese Unart mit zu, wie gesagt, dass solche Verächter des Worts recht haben und solche lästerliche Tugend verteidigen wollen; wie die Juden hier tun und sprechen: „Sagen wir nicht recht, dass du ein Samariter bist und hast den Teufel?“ Das ist der ärgste Teufel, der noch ein Gott und heilig will sein, will nicht unrecht haben, noch sich etwas sagen lassen.

    Das ist das eine Stück, dass, wer Gottes Wort nicht hört, derselbe nicht von Gott sei, sondern von dem Teufel. Solches soll aber nicht so verstanden werden, als hätte der Teufel die, so Gottes Wort nicht hören, geschaffen, ihnen Mund, Augen, Vernunft und anderes gegeben. Nein, solches alles ist Gottes Geschöpf und Gabe. Deshalb muss man das Wesen und den Gebrauch unterscheiden. Ein Mensch, der lügt und trügt, der hat eine gute Zunge von Gott; aber der Gebrauch der Zunge ist vom Teufel, da er die Zunge dem Teufel zu Dienst gegen Gott missbraucht. So gibt Gott gesunde, schöne Augen; wer aber seine Augen missbraucht und sieht gern unzüchtige Dinge, das ist vom Teufel. So wenn das Herz auf Unzucht, Betrug, Lügen und dergleichen denkt, da ist das Herz seines Wesens halben gut und von Gott; aber der Gebrauch ist böse und vom Teufel.

    Dagegen nun heißt „von Gott sein“, wenn man die Ohren dazu gebraucht, dass sie gern Predigt hören, lassen sich gern strafen, wo sie Unrecht haben; ebenso, wenn man mit der Zunge betet, predigt, unterweist, tröstet. Solche Ohren und Zunge sind von Gott und gut; denn sie gehen in einem göttlichen Gebrauch. So wenn das Herz nach Zucht denkt und wie man dem Nächsten nützlich und nicht hat ärgerlich möge sein. Solch Herz ist eine Kreatur Gottes, gleichwie Ohren und Zunge. Es heißt aber darum „von Gott“, dass es sich nach Gottes Wort richtet und nicht gern denken, reden, hören wollte, was gegen Gott ist. Ob’s nun zuweilen geschieht, dass wir es versehen: Fluchen, da wir sollten beten; zürnen, da wir sollten freundlich sein usw.; solches ist wohl Unrecht. Aber so wir umkehren und bekennen, dass wir haben Unrecht getan und bitten um Gnade: Solches heißt wohl straucheln oder wohl auch fallen, aber es heißt nicht, den Teufel haben noch von dem Teufel sein; denn wir kehren wieder um und haben den Vorsatz, wir wollen es nimmer tun.

    Die aber sind Teufelskinder, die den Kopf aufsetzen, und wenn man sie zu ihrem Besten straft und ermahnt, sprechen sie, wie ungeratene Kinder: Was frage ich danach? Fahren also fort, wie sie es haben angefangen, und lassen sich nicht sagen. Solche Leute sind von dem Teufel und müssen je länger je ärger werden; denn der Teufel lässt sie nicht ruhen. Aufs erste verachten sie das Wort, danach lästern sie es, schelten und fluchen. Zuletzt tun sie wie die Juden hier, heben Steine auf und wollen morden. Dass also des Teufels eigentliche Farbe ist, Gottes Wort nicht hören, sondern schmähen und lästern, dem Nächsten Leid tun und morden. Bei solcher Farbe kennt man den Teufel und seine Kinder; denn er ist ein Mörder und Lügner, verachtet Gott und sein Wort.

Darum lernt, euch vor solcher Sünde zu hüten, dass ihr Gottes Wort nicht auch verachtet, sondern es gern hört; und denkt ihm mit Fleiß nach, bildet’s in euere Herzen und richtet euer Leben danach; so könnt ihr gewiss sein, dass ihr Kinder Gottes und von Gott seid.

    Die andern sind Teufelskinder. Denn weil sie das Wort nicht wollen hören, haben sie das Leben und Gerechtigkeit verloren und stecken, mit Verlaub zu reden, dem Teufel im Hintern. Und es hilft ihnen nichts, ob sie schon solche Sünde mit dem decken können, dass sie mächtig, groß und reich sind. Der Papst steckt in solcher Sünde bis über die Ohren, mit all seinem Anhang. Denn er will Gottes Wort nicht leiden, verfolgt und mordet dazu die Christen drüber: Das ist des Teufels eigentliche Farbe.

    ‚Die aber Gottes Wort gern hören, die sind von Gott. Was ist nun Gott? Er ist nicht ein Mörder, sondern ein Schöpfer, da alles Leben herfließt. Denn der Teufel hat nie einen Menschen erschaffen oder lebendig gemacht. Wie nun Gott ein lebendiger Gott ist, so sollen auch die das Leben haben, die von ihm sind und sein Wort hören. Wie er hier mit einem trefflichen, schönen Spruch sagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, so jemand mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht sehen ewiglich.“

    Was heißt aber „Gotts Wort halten“? Anders nichts als glauben, was uns Christus von Vergebung der Sünden und ewigem Leben im Evangelium zusagt, dass es wahr sei, und an solchem Glauben und Hoffnung festhalten. Wer das tut, spricht Christus, der hat das ewige Leben; muss ich nicht fürchten vor Sünde, Hölle und Jüngstem Gericht; da ist alles Gnade und Barmherzigkeit. Der Tod wird wohl über ihn fallen und ihn würgen; aber er soll ich doch nicht fühlen, wie ihn die fühlen, so in des Teufels Namen und ohne Gottes Wort sterben. Diese sterben in allem Unwillen, strampfen, stoßen um sich, brüllen wie die Ochsen; denn sie wollen nicht sterben und müssen doch sterben. Darum, so es möglich wäre, liefen sie durch eine eiserne Mauer hindurch.

    So soll es, spricht Christus, meinen Christen, die mein Wort hören und halten, nicht gehen. Wenn sie auf dem Bett liegen und sterben sollen, werden sie solche Angst und Not nicht haben, sie werden in ihrem Herzen gegen Gott zufrieden und eines besseren Lebens hoffen, und in solcher Hoffnung entschlafen und ohne alles Zittern von hinnen scheiden. Denn obwohl der Tod sie leiblich wird würgen, so soll doch derselbe Tod so zugedeckt und geschwächt sein, dass sie ihn nicht recht fühlen, sondern für ein sanftes Ruhebettlein ansehen sollen, da sie auf entschlafen. Wie man oft an den armen Leuten sieht, die der Henker würgt, dass sie mit Freuden zum Tod gehen und sich nicht jämmerlich stellen, wie die, so den Trost des Worts nicht haben. Denn wer den Tod recht fühlt und Gottes Wort nicht hat, der wütet und tobt, als wäre er unsinnig und gar besessen.

    Darum denkt, liebe Kinder, was ihr für einen Vorteil habt, wenn ihr Gottes Wort fleißig und gern hört. Das ist das erste, dass ihr wisst, dass ihr von Gott seid und habt den Teufel und die Hölle überwunden und soll euch weder Sünde noch Gottes Gericht Schaden tun. Was neben solchem euch für Unrat begegnet, dem sollt ihr allem entlaufen können. Dagegen die Welt5 auch in dem geringsten Anliegen ungeduldig und verzagt wird und endlich verzweifeln muss.

    Die Christen müssen zwar viel leiden, als denen der Teufel und die Welt bitter feind sind, müssen deshalb Leib und Leben, Gut und Ehre wagen und in Gefahr setzen. Wie können sie aber solches alles leiden und geduldig dazu sein? Durch nichts anderes, als dass sie am Wort bleiben hangen und sagen: Lass gehen, wie es geht; ich bin nicht von der Welt, sondern von Gott; sonst würde die Welt anders mit mir umgehen. Es ist mir aber viel lieber, sie hasse mich und lege mir alles Leid an, als dass sie mich lieb hätte und ich nicht von Gott wäre usw. Wo das Herz so gesinnt ist, da gehen allerlei Anfechtung und Widerwärtigkeit überhin; gleichwie die Wolken am Himmel über uns oder die Vögel in der Luft, die uns ein wenig ankecken, fliegen danach davon und lassen uns unverworren.

    Das soll unser einiger Trost sein, dass wir des Wortes Kraft hier im Leben sollen fühlen; und besonders dazumal, wenn das letzte Stündlein hertritt, dass alsdann der Tod um des Wortes willen, dem wir glauben, gleich wie ein Schlaf sein soll. Wenn einer in einem dicken Nebel her reitet und sieht keinen Mörder, der wird erschossen oder ermordet, ehe er’s gewahr wird. So soll es hier auch sein. Der Teufel ist ein Mörder, hat uns den Tod geschworen, das wissen wir wohl. Aber weil wir das Wort haben und fest daran halten, sollen wir solches Würgens nicht recht inne werden. Denn das Wort macht feine sanfte Leute und stille fröhliche Herzen, die in Ängsten nicht verzagen noch ungeduldig werden, sondern lassen es alles überhin gehen, trösten sich des allein, dass sie einen gnädigen Vater durch Christus im Himmel haben. Solches lernen sie im Wort, sonst wüssten sie es auch nicht.

    Sage mir aber, sollte man nicht allein um täglicher Not und Widerwärtigkeit willen laufen bis zur Welt Ende nach diesem Trost, welchen das Wort uns weist, auf dass wir könnten ein friedsames Herz haben? Aber das ist noch nichts gegen das letzte und größte Unglück, den Tod, da kein Arzt, Rat noch Hilfe davon helfen und retten kann als allein unser lieber HERR Jesus Christus; der gibt uns eine solche Arznei, dass wir alles eher lassen als derselben entraten zu sollen.

    Aber wie geht’s? Wenn er solche Arznei uns darbietet, trägt’s uns zu Haus und Hof, so verachten wir’s. Da empfangen wir denn unsern verdienten Lohn drum, dass wir nicht von Gott sind, und fallen von einer Sünde in die andere, werden also alle Tage ärger. Wie ich oben genugsam habe angezeigt. Wenn dann das letzte Notstündlein herzutritt, so weiß man keinen Trost noch Rat. Das ist denn unmöglich, dass man sich nicht winden, klagen, heulen und brüllen sollte, wie ein Ochs in der Schlachtbank.

    So ist nun dies die Hauptlehre aus dem heutigen Evangelium, dass wir uns fleißig zum Wort halten, es gern hören und mit Glauben annehmen sollen. Tun wir das, so sollen wir Herren sein über Sünde, Teufel, Tod und Hölle. Obgleich der Tod uns auch fressen wird, werden wir doch seine scharfen Zähne nicht fühlen. Denn das Wort Christi ist unser Harnisch, dadurch wir ein sicheres Leben und einen friedlichen Tod und das ewige Leben haben sollen.

    Dagegen rohen, gottlosen Leuten, die das Wort nicht achten, kann man Ärgeres nicht wünschen, als das sie bereits am Hals haben. Denn weil sie Gottes Wort nicht hören, sind sie nicht von Gott. Eben wie ein böses Kind, das Gottes Gebot verachtet und Vater und Mutter nicht gehorsam ist, was kann man dem Ärgeres wünschen, als dass es ein Teufelskind und kein Gotteskind ist? Das ist in der Wahrheit kein Scherz. Denn ich wollte lieber des Henkers oder des Türken eigen sein, als dass ich des Teufels eigen sein sollte, der ein Lügner und Mörder ist und in den ewigen Tod führt.

    Vor solchem Jammer hütet euch fleißig und lernt, ja, lernt, sage ich, was für einen Schatz ihr am Wort unsers HERRN Jesus Christus habt; dass sonst keine Hilfe noch Rat gegen den Teufel, die Sünde und den ewigen Tod ist, als sich an das Wort Christi zu halten, das ist, seiner Zusage glauben und auf sein Wort sich wagen.

    Denn wenn Christus spricht: „Wer mein Wort hält, der wird den Tod nicht sehen ewiglich“, da meint er nicht das Gesetz, das durch Mose den Juden gegeben ist, welches wohl eine rechte, gute und heilige Lehre ist; aber weil wir Sünder und Kinder des Zorns von Natur sind, können wir solcher Predigt nicht folgen; gereicht deshalb uns zum Tod, zeigt uns unsere Sünde an, Gottes Horn und Strafe, die wir dadurch verdient haben. Deshalb bedürfen wir eines andern Wortes, dadurch die Sünde von uns genommen und wir vor Gott gerecht werden. Das ist nun das Wort unsers HERRN Christus Jesus, da er tröstet: „Wer an mich glaubt, der wird den Tod nicht sehen ewiglich.“

    Dies Wort muss mit dem Glauben gefasst sein, dass man ja nicht daran zweifle, es sei wahr, was uns Christus zusagt. Denn wer das Wort fahren lässt und nach dem wollte urteilen, wie er fühlt, der würde allein den Tod und kein Leben fühlen. Darum muss man in solcher not nicht nach dem wir vor Augen sehen und fühlen, sondern nach dem wir im Wort hören, urteilen und sprechen: Ich sehe, dass ich soll und muss sterben; aber ich habe meines HERRN Christus Zusage und Wort, dass ich durch ihn wieder leben soll. Denn die Sünde, um welcher willen ich den Tod sollte ewig leiden, ist durch Christus abgelegt und bezahlt, dass Gott um seines Sterbens und Auferstehens willen mir gnädig sein und das ewige Leben schenken will. Das heißt denn Christi Wort recht halten. Es kommt aber sauer an; denn Fleisch und Blut will sich nicht bereden lassen, sondern das Urteil allewege nach dem stellen, wie man’s vor Augen sieht und im Werk fühlt. Wider solche Unart müssen wir kämpfen und Gott um seinen Heiligen Geist bitten, dass er unsere Herzen durchs Wort stärken und in solchem Glauben erhalten wolle.

    Was aber die Ursache sei, dass unsers lieben HERRN Christi Wort so kräftig ist, zeigt der HERR am Ende dieses Evangeliums an und entrüstet die Juden so heftig damit, dass sie nach Steinen greifen und ihn zu Tod werfen wollen. Denn da stand den Juden das im Weg, weil Christus sagt, sein Wort werde von dem ewigen Tod bewahren, dass sie sahen, dass Abraham, Mose und andere heilige Männer, die öffentliches Zeugnis in der Schrift hätten, gestorben waren; dachten nun, Christus wäre ihnen nicht gleich. Deshalb wäre es ein vergeblicher Ruhm, dass er sein Wort so hoch rühme. Aber Christus antwortet: „Abraham war froh, dass er meinen Tag sehen sollte; und er sah ihn und freute sich.“ Das ist, wo Abraham sich nicht an mein Wort hätte gehalten, so müsste er auch im ewigen Tod geblieben sein. „Ich bin eher als Abraham.“ Das ist beides so viel gesagt: Ich bin ewiger, allmächtiger Gott. Wer nun von Sünden ledig werden, dem Tod entlaufen und zum Leben kommen soll, dem muss durch mich geholfen werden. Solches haben weder Mose noch andere Propheten können rühmen; denn sie waren alle Menschen. Christus aber ist Gott und Mensch; deshalb kann er das Leben und die Seligkeit geben und sonst niemand.

    Das ist sehr tröstlich und ein gewisser Beweis unsers Glaubens, da wir bekennen, Christus sei natürlicher und ewiger Sohn Gottes. Wie denn solcher Zeugnisse viel mehr im Evangelium sind. Deshalb wir unser Vertrauen allein auf ihn und sonst auf keinen Menschen setzen sollen, und auf sein Wort uns gewiss verlassen. Denn es ist Gottes Wort und kann nicht lügen. Was er sagt, das soll Ja sein und in Ewigkeit nicht fehlen; ebenso wenig es gefehlt hat, da Gott durch solches Wort Himmel und Erde aus nichts gemacht hat. Das lernt mit Fleiß, dankt Gott für solche Lehre und bittet, dass er durch seinen Heiligen Geist euch im Wort erhalten und so durch Christus ewig wolle selig machen, Amen.

 

 

Predigt zum Palmsonntag ueber Roemer 5,8-11: Christi stellvertretendes Leiden fuer uns

 

Römer 5,8-11: Darum preist Gott seine Liebe gegen uns, dass Christus für uns gestorben ist, da wir noch Sünder waren. So werden wir je viel mehr durch ihn behalten werden vor dem Zorn, nachdem wir durch sein Blut gerecht worden sind. Denn so wir Gott versöhnt sind durch den Tod seines Sohns, da wir noch Feinde waren, viel mehr werden wir selig werden durch sein Leben, so wir nun versöhnt sind. Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch Gottes durch unsern HERRN Jesus Christus, durch welchen wir nun die Versöhnung empfangen haben.

 

    …. Wer es den Worten nach rechnen will, so ist es eine sehr kurze Predigt, die Johannes von Christus tut, da er spricht: „Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.“ Aber man wickle sie auseinander, so wird man sehen, dass sie über die Maßen viel in sich fassen, besonders soviel den Nutzen und Gebrauch betrifft, welchen wir davon haben, so wir es glauben.

    Er4 nennt den HERRN Christus ein Lamm, darum, dass er hat sollen geschlachtet werden. Denn die Opfer im Alten Testament, da man Kühe, Ochsen, Kälber opferte, sind alle ein Vorbild gewesen auf das einige, rechte und ewige Opfer unsers HERRN Christus, der seinen Leib und Leben sollte aufopfern für der Welt Sünde und durch sein Blut uns vollkommen reinigen. An solchem Wort lässt sich Johannes genügen, dass er die Geschichten mit anzeigt, wie Christus leiden müsse. Dass er ihn aber nicht allein ein Lamm, sondern Gottes Lamm nennt, will er damit anzeigen, dass er ein solches Opfer sei, das Gott selbst geordnet hat und da Gott ein Gefallen dran hat. Will durch diesen Zusatz „Gottes Lamm“ unsern Glauben erwecken, dass wir solches Opfers uns sollen annehmen, als das Gott aus grundloser Güte und Liebe uns vermeint und uns damit zu helfen gedacht hat. Auf dass, weil Gott selbst solches Opfer verordnet hat, wir keinen Zweifel haben, es sei durch dasselbe völlig und ganz ausgerichtet, was zur Vergebung der Sünden und dem ewigen Leben uns dienen soll. Denn so lautet des St. Johannes Predigt: Er trage der Welt Sünde.

    Was heißt nun der Welt Sünde? Anderes nichts als alles gottlose Wesen und Ungerechtigkeit, darin die Welt ersoffen ist, daran Gott Missfallen hat und billig zu Zorn bewegt wird. Solches alles hat Gott aus Gnaden von der Welt genommen, spricht Johannes, und auf seinen Sohn gelegt; der hat dafür bezahlen sollen, auf dass wird er Schuld und Schuld frei würden.

    Wer nun solchem Spruch nach von dem Leiden unsers HERRN Jesus recht predigen oder gedenken will, der predige nicht allein, wie Christus den Heiden überantwortet, gegeißelt, verspien und an das Kreuz geschlagen sei. Solches ist die bloße Geschichte, die man wohl in alle Wege predigen und wissen soll; aber es ist noch nicht genug. Du sollst auch wissen und glauben, wie Johannes hier predigt, dass Christus solches um deiner Sünden willen gelitten habe, dass Gott dieselben ihm aufgeladen, und er sie in allem Gehorsam getragen und dafür bezahlt habe; auf dass, wenn du erkennst, dass du ein Sünder weist und habest Gott erzürnt, du dennoch nicht verzagst, sondern dich solches Leidens und Genugtuung unsers HERRN Christus tröstest. Alsdann kann man im Herzen einen Geschmack von solchem Leiden haben, dass nicht allein, wie in einer päpstlichen Predigt, dir die Augen übergehen, das Herz bleibt aber dürr und trocken; sondern das Herz wird dir übergehen: Erstlich vor Leid, dass du musst bekennen, die Sünde sei eine greuliche Last, weil dieselbe allein durch ein solches großes Opfer hat können abgelegt werden; danach auch vor Freuden, weil das Opfer für dich gegeben ist, dass du gewiss sollst sein, Gott wolle dich um deiner Sünde willen nicht verwerfen noch verdammen.

    Auf diese Weise hat man im Papsttum von der Passion nicht gepredigt. Die Worte haben sie wohl auch geführt, Christus sei das Lämmlein Gottes, das der Welt Sünde trägt und wegnimmt; aber daneben ist aller Gottesdienst drauf gegangen, als trüge ein jeder Christ seine Sünde selbst und Christus trüge sie nicht, hätte auch dafür nicht bezahlt, und ein jeder müsste selbst dafür genug tun. Warum hat man sonst so streng gefastet? Warum hat man mit der Beichte so sich zermartert? Warum ist man Tag und Nach in der Kirche gesteckt, hat gesungen, gebetet, so man nicht dadurch Vergebung der Sünden gehofft und gesucht? Das ist aber ebenso viel, als könnte das Opfer Christi nicht genug oder fruchtbar sein, du hülfest denn mit deinen eigenen Werken dazu und littest auch für deine Sünde, wie Christus gelitten hat.

    Wie reimt sich das mit der Predigt, die Christus Johannes im 12. Kapitel von seinem Leiden tut, da er spricht V. 23.24: „Die Zeit ist gekommen, dass des Menschen Sohn verklärt werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde falle und sterbe, so bleibt’s allein; wenn es aber stirbt, so bringt’s viel Frucht.“ Mit diesen Worten will er ja sagen, sein Leiden soll viel Frucht bringen. Nun aber sind diese Früchte nicht allein die, dass, gleichwie eine Rebe, wenn sie am Weinstock bleibt, Trauben bringt: Also ein Christ durch den Geist Gottes im Glauben gute Werke bringe, sondern die  durch den Geist Gottes im Glauben gute Werke bringe; sondern die höchste, edelste und beste Frucht ist, da der HERR bald hernach sagt, V. 32: „Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich sie alle zu mir ziehen“, das ist, durch mich, durch mein Opfer, durch mein Erhöhen am kreuz oder Sterben sollen die Leute zu mir und in das ewige Leben kommen.

    Die nun mit eigenen Werken wollen gen Himmel kommen, die ziehen Christus zu sich herunter; so es doch soll umgekehrt sein. Denn Christus muss uns hinauf zu sich ziehen; oder es ist verloren. Denn er ist’s allein, der des Teufels Reich zerstört, für unsere Sünde bezahlt und uns von der Welt, aus dem Tod über sich zum Leben gezogen hat: nicht durch unser Leiden oder Werk, sondern durch sein Leiden.

    Auf diese Weise predigt Christus von seinem Leiden auch, Johannes im 3. Kapitel, V. 14.15: „Gleichwie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat; so muss des Menschen Sohn erhöht werden, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ Das ist ja klar genug gesagt: Wer das ewige Leben haben will, der muss glauben. Denn hier meldet Christus kein Werk, sagt nicht, wer das oder jenes tut, fastet, Almosen gibt, der wird nicht verdammt usw. Denn da ist Gottes Wort und Befehl schon zuvor durch Mose in den Zehn Geboten gegangen, dass man sie halten und nicht dawider tun soll. Wer nun dawider tut, der muss deshalb seine Strafe erwarten. Wer aber nicht dagegen tut, sondern hält, soviel ihm möglich ist, der kommt darum nicht in den Himmel. Denn beschlossen ist’s: Gleichwie die Juden in der Wüste durch keine Arznei konnten gesund werden; allein half sie das, dass sie die eherne Schlange ansahen: So ist dies der einige Weg zur Seligkeit, den HERRN Christus ansehen, das ist, seines Opfers sich trösten und glauben, dass Gott um seines Sterbens willen uns unsere Sünde vergeben und schenken und selig wolle machen. Diese Frucht wächst allein aus dem Tod Christi und nicht aus unsern Werken, wie die Papisten unrecht lehren.

    Dergleichen Predigten sind in den Propheten auch sehr viel. Jesaja sagt im 53. Kapitel so, V. 4 ff: „Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der von Gott geplagt und gemartert wäre. Aber er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“

    Das lass eine schöne und rechte tröstliche Passionspredigt sein, die im Neuen Testament sich wohl erginge, und so deutlich gesetzt und geredet ist, dass ein Apostel nicht besser reden könnte. Denn dass Christus geplagt, geschwächt, verwundet und zerschlagen wird, das geschieht, spricht er, darum, dass er sich für uns hat hingegeben und hat unsere Krankheiten und Schmerzen auf sich geladen, auf dass er uns Frieden schaffte und wir geheilt würden. Es macht der liebe Prophet aus dem HERRN Christus einen Arzt und lehrt uns, so wir Frieden haben und geheilt wollen werden, dass wir solches sonst nirgends als bei dem HERRN Christus suchen sollen; der hat eine Arznei, die heißt nicht: gute Werke tun, Almosen geben, fasten, beten; sondern für uns leiden, für uns verwundet werden, für uns zerschlagen werden, die Strafe für uns tragen.

    Darum, wenn du hörst in der Geschichte, wie jämmerlich die Juden und Heiden mit deinem lieben HERRN Christus sind umgegangen, so schreib an ein jedes Stücklein: Das ist um meinetwillen geschehen, dass ich eine Arznei hätte, dadurch ich nicht von leiblicher Krankheit, sondern von Sünde und dem ewigen Tod erlöst und geheilt würde. Alsdann gebrauchst du die Geschichten und das Leiden Christi recht selig.

    Nun ist aber das Leiden Christi in zweierlei Wegen eine köstliche, heilsame Arznei. Erstlich damit, dass man an solchem leiden besser als sonst an aller andern Strafe lernen kann, wie ein greulich Ding es um die Sünde ist. Denn weil kein Mensch, kein Engel noch andere Kreatur für die Sünde hat können bezahlen, Gottes Sohn hat’s allein müssen tun: Müssen wir bekennen, dass die Sünde eine unerträgliche Last sei. Deshalb denn wir uns desto fleißiger in Gottesfurcht halten und vor solchem Jammer uns sollen hüten lernen. Denn es ist leicht geschehen, dass man in Sünde fällt; aber sehr schwer wird’s einem, dass er wieder heraus komme. Darum dient die Betrachtung des Leidens Christi erstlich dazu, dass es eine köstliche Arznei ist gegen die Sünde, dass wir lernen, gottesfürchtig sein und uns vor Sünden hüten; da dieselbe so eine greuliche, unerträgliche Last ist, welche keine Kreatur hat können tragen; Gottes Sohn selbst hat sie müssen tragen und durch so einen harten Tod dafür zahlen.

    Zum andern ist’s auch eine Arznei wider den Tod. Denn wer da glaubt, dass der Sohn Gottes für seine Sünde gestorben und mit dem Tod dafür bezahlt habe, der kann ein friedliches Herz auf Gottes Güte fassen und sich gegen Sünde und ewigen Tod trösten. Wie denn solchen Trost der Prophet hier fein herausstreicht, und Christus selbst, wie wir gehört, drauf weist.

    So predigt der Prophet Sacharja Kap. 9,11 f.: „Du lässt durchs Blut deines Bundes deine Gefangenen aus der Grube, da kein Wasser drinnen ist; so kehrt euch nun zur Festung, die ihr auf Hoffnung liegt gefangen“ usw. Die Grube, da die Menschen drinnen gefangen liegen, ist die Sünde und der Sünde Strafe, nämlich des Teufels Tyrannei und der ewige Tod. Aus solcher Grube, sagt Sacharja, haben wir nicht können kommen, es machte denn Gott einen Bund mit uns: Nicht durch Kühe- oder Ochsenblut; sondern durch das Blut des gerechten und seligmachenden Königs. Wer nun diesen Blutbund nicht hat, der muss in der Grube unter der Sünde und im ewigen Tod bleiben; wer ihn aber hat, der soll aus solcher Grube des Zorns Gottes zur Gnade und ewigem Leben kommen.

    So predigt Daniel Kap. 9,24: „Siebzig Wochen sind bestimmt über dein Volk und über deine heilige Stadt, so wird dem Übertreten gewehrt und die Sünde zugesiegelt und die Missetat versöhnt und die ewige Gerechtigkeit gebracht“ usw. Wie aber solches werde zugehen, zeigt er hernach an, nämlich dass Christus soll getötet werden.

    Das ist ja auch ein klarer, heller Spruch, dass man zu Vergebung der Sünden und Gerechtigkeit anders nicht könne kommen als durch den Tod Christi Jesu; der ist’s, der diesen Schatz zu uns bringt. Außerhalb desselben können wir dazu nimmermehr kommen. Dass also alle Predigten des Johannes, des HERRN Christus selbst und der heiligen Propheten genugsam zeugen, wie man von dem Leiden Christi recht predigen soll, nämlich dass die Herzen daraus lernen sollen, sich Gottes Güte und Gnade zu trösten. Denn solches Leiden ist geschehen, dass dadurch für unsere Sünde bezahlt, wir mit Gott versöhnt und endlich in solchem Glauben an unsern HERRN und Erlöser Christus selig würden.

    Auf solche Weise haben die heiligen Apostel vom Leiden unsers HERRN Jesus Christus auch gepredigt, wie man in ihren Schriften und Geschichten findet. Und weil solcher Sprüche sehr viel sind allenthalben, wollen wir jetzt zum Schluss nur diesen vor uns nehmen, welchen eure Liebe am Anfang aus dem 5. Kapitel [des Briefes] an die Römer gehört hat. Das isst an sich selbst ein klarer Spruch, den jedermann wohl versteht. Aber dennoch wollen wir ihn ein wenig auseinanderwickeln, dass er heller und lichter und auch tröstlicher uns sein möge.

    Wir alle erfahren, wie tief der Unglaube in unsern Herzen steckt, dass wir von wegen unserer Sünde nimmer können recht zufrieden sein, wir denken immerdar: Wärst du frömmer, so würde es besser um dich stehen, wo würdest du Gnade von Gott gewiss zu hoffen haben. Wo die Herzen so zweifelnd sind, da muss Angst und Unmut sein. Wiederum, wo wir fest glauben und auf Gottes Güte recht vertrauen könnten, da würden unsere Herzen auch in allerlei Widerwärtigkeit an solchen Trost sich halten, fröhlich und guter Dinge sein. Aber es will nirgends fort. Deshalb hat der Papst allerlei Gottesdienst angerichtet, auf dass die Leute möchten ein Vertrauen zu Gott schöpfen und desto weniger an Gottes Hilfe verzagen. Daher ist das Anrufen der Heiligen, Wallfahrten, Ablass kaufen, Messe und Vigilien, das Klosterleben und allerlei andere Abgötterei gekommen. Wer es dahin konnte bringen, der dachte, er wollte es im Himmel genießen und dadurch selig werden.

    St. Paulus, der ein gewisses Zeugnis von unserm HERRN Christus hat, dass er ein rechter Prediger und ein erwähltes, köstliches Rüstzeug sei, das Reich Gottes zu pflanzen, weiß recht, uns zum rechten Vertrauen auf Gott zu bringen und den Unglauben an dem Herzen zu reißen. Deshalb sollen wir auf seine Worte gut Acht haben.

    Erstlich spricht er: „Gott preist seine Liebe gegen uns.“ Das ist ein sehr seltsames und unglaubliches, aber, wie wir hören werden, ein teures, wahres und wertes Wort. Wahr ist’s, dass Gott den Sünden feind ist und sie strafen will, wie das Gesetz zeugt und die tägliche Erfahrung ausweist. Nun aber müssen wir bekennen, dass wir alle Sünder sind. Daher wächst der Unglaube, dass wir’s nicht können dafür halten, dass uns Gott lieb habe. Wo wir aber hören, wie hier, Gott habe die Menschen lieb, da denken wir bald an Johannes den Täufer, Petrus, Paulus und andere, die frömmer gewesen sind als wir. Uns aber können wir nicht für solche Leute halten, die Gott lieb habe, sondern fürchten uns vor seinem Zorn. Dagegen geht nun dieses Wort des heiligen Paulus, dass er nicht allein spricht: Gott hat uns lieb; sondern: Gott preist seine Liebe, das ist, er macht sie groß und so gewiss und offenbar, dass nicht möglich ist, dass ein Mensch könne daran zweifeln. Denn heißt das nicht, spricht er, Liebe beweisen, dass er seinen Sohn Christus für uns lässt sterben, die wir noch Sünder waren? Das Wort höre, merk’s und behalt’s wohl. Alle deine Sorge und Anfechtung ist, dass du ein Sünder bist; sonst würdest du dich Gottes Gnade und Freundlichkeit besser können trösten. Aber, lieber Mensch, besinne dich doch und höre hier Paulus zu, der sagt, Christus sei für unsere Sünde gestorben.

    Wer ist nun Christus? Er ist Gottes Sohn. Was tut er? Er wird Mensch und stirbt. Wofür stirbt er? Um der Sünder willen. Da muss je folgen, dass Gott die Sünder nicht übel meint, dass er sie um der Sünden willen nicht will lassen verderben; sondern er hat sie lieb und so lieb, dass er ihnen aus Sünde und Tod will helfen. Denn um ihretwillen lässt er seinen eingebornen Sohn sterben. Wie könnte er doch seine Liebe uns gewisser anzeigen? Dass Paulus je gute Ursache hat, dass er sagt: „Gott preist seine Liebe gegen uns“, dass wir’s für eine große, hohe, treffliche Liebe müssen halten, und ja kein Mensch daran zweifeln kann, Gott wolle uns gnädig sein und könne mit uns nicht zürnen. Denn wer wollte da sich eines Zorns versehen, da Gott um unsertwillen seines eingebornen Sohns nicht verschont und gibt ihn in so schmählichen Tod hin um der gottlosen Sünder willen?

    Solche Worte St. Pauli stimmen sehr fein mit der Predigt Christi Joh. 3, da er sagt, V. 16: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingebornen Sohn gab, auf dass alle, so an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ Wer nun solches weiß und glaubt, Gott habe ihn lieb, wie kann derselbe vor Gott sich fürchten? Denn wer weiß nicht, was der Liebe Art und Werk ist? Wo Liebe ist, da hadert und schlägt man sich nicht, man fürchtet sich nicht, sondern man hat ein festes und gewisses Vertrauen, so Not vorfällt, es werde sich Hilfe und Beistand finden, und ist unmöglich, dass es nicht sollte so sich finden.

    Darum liegt alles daran, dass wir solche Liebe fest in uns bilden und dieselbe uns nicht lassen nehmen noch ausreden. Denn das ist das Hauptstück, da der böse Feind am meisten sich um annimmt, ob er uns diese Liebe, die Gott zu uns hat, aus dem herzen nehmen und uns dahin könnte bringen, dass wir uns nichts Gutes zu Gott versehen, sondern ihn für unsern Feind hielten. Wo er das ausrichtet, da hat er gewonnen. Denn was will uns schützen oder retten, wenn wir Gott verloren haben? Dawider müssen wir uns wehren; und wenn unser Gewissen und Sünde uns solche Hoffnung der Liebe Gottes gegen uns nehmen will, sollen wir uns hierher halten und dies treffliche Pfand der Liebe ein unser Herz fassen, dass Gott seinen Sohn hat lassen für uns sterben, da wir noch Sünder waren. Da muss je folgen, dass es Gott mit den Sündern nicht bös meint, sondern sie lieb hat und gedenkt, ihnen zu helfen auf das Beste.

    Das ist nun der Trost, welchen wir, wie Paulus hier lehrt, an dem Tod Christi und seinem Leiden haben und uns desselben trösten sollen. Wenn uns unsere Sünden traurig machen und unser Herz zweifeln will, ob auch Gott uns Gnädig sei und lieb habe: Da sollen wir schließen und wissen, dass Gott uns nicht feind sei, und wir deshalb uns vor ihm nicht dürfen fürchten, sondern er hat uns lieb. Denn er hat für uns seinen eingebornen Sohn gegeben in den Tod; darum können wir uns seiner Gnade und Hilfe gewiss trösten.

    Ja, sprichst du, es ist wohl wahr, Gott hat seinen Sohn für mich in den Tod gegeben; aber wie oft habe ich mich solcher Gnade unwürdig gemacht durch meine Sünde! Deshalb, ob mich Gott um seines Sohnes Todes willen zuvor hat lieb gehabt; so ist er mich doch jetzt um meiner Sünde willen feind geworden. Nein, beileibe, spricht Paulus, lass dich solche Gedanken nicht verführen; sondern halte dich hierher an diesen Trost: Christus ist für dich gestorben, da du noch ein Sünder warst; solches merke wohl.

    Was hat aber sein Sterben ausgerichtet? Das hat’s ausgerichtet, dass du durch sein Blut bist gerecht geworden. So nun Gott dich hat lieb gehabt, da du ein Sünder warst, und so viel an dich gewagt, dass er seinen Sohn für dich in den Tod gegeben hat, wieviel eher und mehr will er dich vor dem Zorn behalten, nachdem du durch das Blut Christi Jesu bist gereinigt worden! Mit diesen Worten zeigt St. Paulus fein an, wie unsere höchste Anfechtung diese sei, dass wir besorgen, Gott zürne mit uns. Dawider zu trösten, spricht er: Hat Gott nicht gezürnt, da du ein Sünder warst, viel weniger wird er jetzt zürnen, da du durch den Tod seines Sohnes von Sünden abgewaschen bist. … Aber solches ist noch nicht genug; Paulus spinnt noch einen größern und höheren Trost aus dem Sterben Christi und spricht:

    So wir denn Gott versöhnt sind durch den Tod seines Sohnes, da wir noch Sünder waren, viel mehr werden wir selig werden durch sein Leben, so wir nun versöhnt sind.

    Ach Gott, dass wir doch diesen Trost recht könnten in unser Herz einschließen. Ein trefflich groß Ding ist’s, dass Christus für die Sünder stirbt; denn durch solchen Tod sind wir je von Sünden frei gemacht. So wir nun des Todes unsers HERRN Christus Jesus so hoch genießen, sollten wir denn nicht auch seines Lebens genießen? Ist er um unsertwillen gestorben, und sein Tod hat uns zum Besten dienen müssen; so wird in der Wahrheit unser lieber HERR Christus sein Leben, darinnen er jetzt ist, auch dahin wenden, dass es uns zugut komme, dass wir in Gnaden erhalten, wider den Teufel und die Welt geschützt und im Glauben von Tag zu Tag zunehmen werden. Wie wir denn sehen, dass die lieben Apostel allenthalben uns auf die fröhliche Auferstehung unsers HERRN Christus weisen, dass wir uns derselben trösten sollen und hoffen, er werde uns nicht lassen, sondern er sei darum aufgefahren, dass er uns Gaben geben und seine Christen in allen Gnaden regieren und handhaben wolle gegen alle Anfechtung.

    Auf solchen Trost weist Paulus hier auch und will, dass wir uns nichts sollen kleinmütig lassen machen, da er seine Liebe gegen uns gepriesen hat, da wir noch Sünder waren, und hat seinen Sohn für uns sterben lassen. Hat er nun dies sein höchste Gut an uns gewagt, da wir noch Sünder waren, wieviel mehr will er es an uns wagen, die wir nun zu Gnaden kommen und durch den Tod Christi von Sünden gerechtfertigt sind. Zum andern, so soll das Leben unsers HERRN Christus dazu dienen, dass wir vollends selig sollen werden.

    Deshalb so fasse ein gutes Herz gegen Gott, der dich so trefflich lieb hat gehabt, da du noch ein Sünder warst, und traue ihm, er werde dich um Christi, seines Sohnes, willen in aller Anfechtung erhalten und nicht sinken lassen, sondern dir das ewige Leben geben. Solcher Glaube ist der höchste Gottesdienst, deshalb wir fleißig darum bitten und fest und mit Ernst dran halten sollen. Nun beschließt Paulus solche Trostpredigt und spricht:

    Wir rühmen uns Gotts, durch unsern HERRN Jesus Christus, durch welchen wir nun die Versöhnung empfangen haben.

    Die Versöhnung, spricht er, haben wir durch den HERRN Jesus empfangen. Denn von wegen unserer Sünden haben wir uns zu Gott nichts Gutes können versehen. Weil aber die Sünden durch den Tod Christi hinweg sind, wissen wir, dass Gott nicht mehr mit uns zürnt; er ist unser Freund, ja, unser lieber Vater. Was soll nun auf solche Versöhnung folgen? Anderes nichts, als dass wir uns solches gnädigen, freundlichen Gottes, der die Liebe selbst ist, freuen und ihn rühmen, unser Vertrauen und Herz auf ihn in allerlei Not und Anfechtung setzen sollen. Haben wir nun Gott zum Freund, was kann uns schaden? Was kann uns bekümmern oder ängstigen? Die Sünde ist versöhnt, Gott ist mit uns zufrieden, Christus zur Rechten seines Vaters, der hält ob uns. Und obgleich der Tod kommt und uns zeitlich würgt, wissen wir doch, dass wir durch Christus zum ewigen Leben wieder sollen auferweckt werden. Darum geht es den Christen so übel hier auf Erden, wie es immer mehr wolle, so müssen sie doch im Geist fröhlich sein und können anders nicht, als ihren Vater im Himmel rühmen, auf seine Liebe und Gnade trotzen und sich in seinen Schutz befehlen. Solches haben wir allein durch die Versöhnung, so durch den Tod Christi geschehen ist. … Jetzt wollen wir Gott anrufen, dass er durch seinen Heiligen Geist den Glauben in uns anzünden und erhalten und [uns] ewig wolle selig machen. Das verleihe uns unser lieber HERR Gott, durch Christus Jesus, unsern Erlöser, Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum Karfreitag ueber Lukas 23,32-43: Von dem Gebet Christi am Kreuz und dem Schaecher zur rechten Hand

 

Lukas 23,32-43: Es wurden aber auch hingeführt zwei andere Übeltäter, dass sie mit ihm abgetan würden. Und als sie kamen an die Stätte die da heißt Schädelstätte, kreuzigten sie ihn daselbst und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten und einen zur Linken. Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht was sie tun. Und sie teilten seine Kleider und warfen das Los darum. Und das Volk stand und sah zu. Und die Obersten samt ihnen spotteten sein und sprachen: Er hat andern geholfen, er helfe sich selber, ist er Christ, der Auserwählte Gottes! Es verspotteten ihn auch die Kriegsknechte, traten zu ihm und brachten ihm Essig und sprachen: Bist du der Juden König, so hilf dir selber. Es war auch oben über ihm geschrieben die Überschrift mit griechischen und lateinischen und hebräischen Buchstaben: Dies ist der Juden König. Aber der Übeltäter einer, die da gehenkt waren, lästerte ihn und sprach:  Bist du Christus, so hilf dir selbst und uns! Da antwortete der andere, strafte ihn und sprach: Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist? Und zwar wir sind billig darinnen; denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind; dieser aber hat nichts Ungeschicktes gehandelt. Und sprach zu Jesus: HERR, gedenke an mich wenn du in dein Reich kommst! Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir, heute wirst du mit mir im Paradies sein.

 

    Weil die Geschichte des Leidens Christi überflüssig reich ist, dass man sie weder auf einen Tag noch Woche völlig kann abhandeln, deshalb wollen wir heute bei diesen zwei stücken bleiben und erstlich vom Gebet Christi am Kreuz für seine Feinde und danach vom Beispiel mit dem frommen Schächer sagen. Denn man soll nicht allein sehen auf die Werke, die der Mann tut, sondern auch seine Worte hören, die er predigt. Denn damit erklärt er sein Tun und Leiden, warum er da sei und was er mache.

    Denn das soll vor allen Dingen sein, dass man dies Leiden soll unterscheiden von aller andern Menschen Leiden. Nicht allein der Person halben, dass Jesus Christus ewiger Gott ist, durch welchen Himmel und Erde geschaffen und alles gemacht ist, sondern auch der Ursache halben seines Leidens und des Nutzens oder der Frucht halben, die aus solchem Leiden folgt, welche Frucht sonst kein Leiden kann schaffen. Denn er leidet, wie ihr erst gehört habt, nicht seinetwegen, sondern unsertwegen, dass wir dadurch von Sünde und Tod sollen befreit und ledig werden. Solches sehen wir auch hier in seinen Worten, die ein jeder Christ billig merken und in sein Herz als den höchsten Schatz und Trost einschließen sollte.

    Denn so sagt Lukas: Da man Christus an das Kreuz geschlagen habe und die Übeltäter mit ihm, habe er so gesprochen: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Kurze Worte sind’s, aber sehr tröstlich. Denn wir müssen Christus da ansehen, wie er in den Lüften am Kreuz hängt, dass er sei in seinem rechten priesterlichen Amt und vollbringe sein Werk, darum er auf Erden gekommen ist, auch mit dem Gebet. Denn darum ist er gekommen, wie er Joh. 17,19 sagt, dass er sich selbst für uns hat heiligen wollen, auf dass wir in der Wahrheit und recht geheiligt würden; ebenso Joh. 10,12, dass er sein Leben dargebe für seine Schafe. Dergleichen Sprüche findet du viel mehr, die alle zeugen, dass sein Leiden soll heißen ein Leiden für uns, nicht für sich selbst oder seinetwegen. Solches Werk und Opfer richtet er da aus, mit einem solchen Ernst, dass er auch bittet, der Vater wolle denen, so ihn kreuzigen, vergeben, die Sünde nicht strafen, sondern nachlassen, auf dass jedermann sehe, warum er hierher an das Kreuz gekommen sei und sich solches tröste.

    Das ist nun der rechte priesterliche Schmuck unsers lieben HERRN Christus, dass er nicht allein leidet, sondern auch für die Sünder bittet. Aaron im Gesetz hatte auch seinen Priesterschmuck, das war ein Schmuck zur Pracht. Aber dieses Priesters Schmuck ist, dass er da hängt und hat nicht einen Faden an seinem Leib. Und dennoch richtet er sein Priesteramt auf das allerbeste und fleißigste aus, dass er auch für seine Feinde betet.

    So stand oben zu seinen Häupten der Titel: Er wäre der Juden König. Aber wer wissen will, was er für ein König sei, der sehe ihn mit Fleiß an, so wird er finden, dass anstatt des Purpurs sein ganzer Leib blutig und voll Wunden und Striemen ist, und anstatt der Krone trägt er Dornen in den Kopf geschlagen. Einen solchen Priester und König finden wir da am Kreuz, des die Welt sich schämt, verachtet ihn, will ihn weder für König noch Priester halten; wie Jesaja sagt: „Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, dass wir sein hätten mögen begehren. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn nichts geachtet.“ Aber es lasse sich ansehen vor der Welt und mit fleischlichen Augen, wie man will, so soll es doch uns der liebste, schönste, holdseligste Schmuck sein, dass dieser Priester seinen eigenen Leib und Blut da am kreuz aufgeopfert, an einem unehrlichen, ja, auf ungeweihtem und verfluchtem Ort. Denn die Ochsen, Kühe, Kälber, die man im Tempel opferte, wurden auf einem geweihten Altar aufgeopfert. Christus aber opfert sich selbst auf einem ungeweihten und verfluchten Altar. Gleichwie noch Galgen und Rabenstein abscheuliche, unehrliche Örter sind. Denn so steht im Mose: „Verflucht sei, der am Holz stirbt.“

    Vor der Welt ist solches lästerlich und unehrlich, dass diesem Priester der Ort zu seinem Opfer nicht soll gegönnt werden, welchen Kühe und Kälber hatten. Aber es geschieht alles um unseretwillen und uns zugut, auf dass wir lernen, dass er ein völliges, genugsames Opfer für unsere Sünde getan habe. Sonst sollten doch zumindest die Leute ein Mitleiden mit ihm gehabt haben, wie man sieht, wenn verurteilte Leute ausgeführt werden: Kann jemand mit Labung, mit freundlichem Zusprechen etwas helfen, so ist jedermann willig. Aber mit Christus hat niemand solches Mitleiden: Da er Trinken begehrt, geben sie ihm Essig und Myrrhen; da er um Hilfe zu Gott schreit, verkehren sie ihm die Worte und spotten sein, sagen: Er rufe Elia an; so gar übel und unrecht hält man ihn.

    So sollte es diesem Priester mit seinem Opfer gehen, dass man ihn hielte für den ärgsten, schädlichsten Menschen und richtete ihn, wie andere Diebe und Mörder, und sind dennoch die Leute noch so bitter, dass kein Mitleiden noch Barmherzigkeit da ist. Zusammenfassend, es sollten alle Flüche über ihn gehen, und er sollte so zugerichtet werden, wie nie ein Übeltäter, und sein Opfer an dem schändlichsten Ort ausrichten. Um unseretwillen ist solches alles geschehen, denn unsere Sünden haben es so verdient.

    Darum, da er eben in solcher Not und Marter ist, lässt er sich unsere Not mehr als sein Leiden angelegen sein. Denn du hörst, dass er eher für uns als für sich selbst bittet, dass Gott uns gnädig sein und unsere Sünde vergeben wolle. Von solchem Gebet meldet die Epistel an die Hebräer im 5. Kapitel V. 7, dass Christus habe am Tage seines Fleisches Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Tränen geopfert zu dem, der ihm von dem Tode konnte aushelfen, und sei auch erhört, darum, dass er Gott in Ehren hatte.

    Solches Leidens und Gebets sollen wir uns trösten. Denn gleichwie er leidet, so betet er auch, nicht allein für die, so dazumal zugegen waren und Hände an ihn legten und ihn an das Kreuz schlugen, sondern auch für uns. Denn jene sind nur unserer Sünden Knechte und Diener gewesen. Denn wo deine und meine Sünden Christus nicht hätten an das Kreuz geheftet, sie hätten ihn wohl müssen zufrieden lassen. Weil aber Christus als der rechte Priester und das Lämmlein Gottes da ist, für der ganzen Welt Sünde mit seinem Opfer oder Tod zu bezahlen, das macht, dass Juden und Heiden Gewalt gegen ihn zu tun überkommen. Deshalb, wenn er für die bittet, die ihn kreuzigen, bittet er für uns Menschen alle, die wir mit unsern Sünden zu seinem Kreuz und Sterben Ursache geben.

    Deshalb sollen wir den Galgen und das Kreuz, daran Christus gelitten hat, anders nicht ansehen, denn als einen Altar, da Christus sein Leben aufopfert und sein priesterliches Amt auf mit dem Beten ausrichtet, dass wir von Sünden ledig und von dem ewigen Tod befreit würden. Denn wer die Sünde wegnimmt, der nimmt den Tod auch weg. Ursache, der Tod hat keine Macht mehr, wo die Sünde weg ist; also die Hölle auch. Solches hat Christus, unser einiger und ewiger Priester, am Kreuz ausgerichtet und uns mit Gott versöhnt, ohne unsere Werke, durch sein eigenes Leiden, dass er für uns zum Fluch geworden und um unserer Sünden willen am Kreuz gestorben, und endlich noch für die Sünder gebeten hat. Da gedenke, dass du ihm auch von Herzen für dankst.

    Im Papsttum predigt man solches auch. Aber unangesehen, dass der Text so klar und die Geschichte so lauter ist, dass Christus sich selbst am Kreuz geopfert und für uns gelitten habe, predigen sie, wir selbst sollen Priester sein, sollen selbst opfern und durch eigne Werke das ewige leben erwerben. Unsere Lehre aber, dass wir lehren, Christus, der einige, rechte Priester, habe uns von Sünden erlöst und das ewige Leben verdient, verfluchen und verdammen sie als Ketzerei.

    Ist das nicht ein jämmerlicher Handel? Ist solches nicht ein greulicher Zorn, Blindheit und Strafe über die undankbare Welt, dass die Papisten predigen, Christus habe sich für uns am Kreuz aufgeopfert, und gleichwohl toben sie gegen uns und vergießen unschuldiges Blut, darum, dass wir solche Lehre treiben und die Leute auf solchen Trost w3eisen? Das heißt je (wie Jesaja den Verächtern des Wortes Gottes droht), mit sehenden Augen blind sein und mit offenen Ohren nicht hören und ein verstocktes, unverständiges Herz haben. Denn wie könnte es sonst möglich sein, dass sie dieses Opfer so wenig achten und daneben ihren Trost auf eigene Werke, auf Ablass, auf eine lausige Mönchskappe setzen sollten? Warum tröstet man sich nicht dessen hier, dass Christus sein Leib und Leben aufopfert und bittet für uns und spricht: Vater, hier bin ich, ein Mittler zwischen dir und den armen Sündern; ich sterbe für sich, ich opfere mich für sie, sei ihnen gnädig.

    Solches hören und sehen unsere Widersacher; und dennoch sollen sie dawider schreien und toben und uns als Ketzer verdammen. Wohlan, es ist ein schrecklicher Gotteszorn, da wolle uns Gott ja gnädig vor behüten. Will er uns aber je lassen fallen, so lasse er uns in solche Sünde fallen, die wir fühlen und bekennen, und nicht in die, so der Gnade gar entgegen ist und dennoch geschmückt und für Heiligkeit gerühmt wird.

    Darum lasst uns unsere Herzen auftun und unsern Priester Christus in seinem rechten Schmuck anschauen. Mit den Augen wirst du keinen Schmuck an ihm finden; denn wie schmählich, elend und jämmerlich er da hängt, siehst du wohl. Aber siehe ihm ins Herz, da wirst du einen solchen Schmuck und Schatz finden, dafür du ihm nimmermehr wirst genug können danken.

    Denn erstlich ist er geschmückt mit dem groß0en, herzlichen Gehorsam gegen seinen Vater, dass er ihm zu Ehren sich so lässt zerspeien, zergeißeln, zermartern. Solchen Schmuck ist unmöglich, dass wir ihn hier gar in diesem leben könnten sehen; aber dennoch, so viel können wir sehen. Dass alle perlen, aller Samt und golden Stück nichts dagegen ist.

    Der andere Schmuck ist die große Liebe gegen uns, dass der HERR seines Lebens und Leidens so wenig sich annimmt und denkt schier nicht daran, darum, dass ihm unsere Sache und Not so herzlich angelegen ists, und er eher bittet für uns als für sich. Wer kann doch solche Liebe genügend verstehen oder fassen, dass der HERR ein solches Herz gegen uns hat, so voll Feuers, dass er in seinem größten Leiden, Marter und Schmach sich stellt, als sehe oder fühle er nichts; er denkt aber, seiht und sorgt nur auf dein und mein Elend, Not und Herzeleid? Das kann doch je eine große, ernste Liebe sein, dass er uns sich dermaßen lässt befohlen sein, dass er seiner Gefahr, Schadens und Leidens gar dabei vergisst. Gleichwie sich’s mit Kindern zuträgt, dass Vater und Mutter durch ein Feuer laufen, sie zu erretten. Da ist die Liebe so groß, dass das Herz an seine eigne Not nicht denkt und allein sich darum annimmt, wie dem Kind geholfen werde. So, sehen wir, brennt unserm lieben HERRN Christus sein Herz auch, dass er durch das Leiden hindurch, wie durch ein Feuer, reißt und erhascht uns in aller Liebe und Barmherzigkeit.

    Das ist nun der rechte Schmuck, da unser hoher und ewiger Priester mit geschmückt ist. Auswendig sieht man solchen Schmuck nicht; aber inwendig sieht man ihn, wie denn seine Worte genügend zeugen.

     So soll man vornehmlich in allen Stücken des Leidens auf den Hauptartikel sehen, denselben fast fassen und uns nicht nehmen lassen, dass Christus sich für uns geopfert hat, und lässt sich nichts so herzlich anliegen, als dass er uns errette, greift nach uns und läuft uns nach, durch alles Leiden, wie durch ein Feuer. Solchen Artikel brauchen wir nicht allein, uns damit zu trösten, sondern auch, uns zu stärken gegen des Teufels Gift, das der papst in die Leute ausgießt und sie durch eigne Gerechtigkeit, Werke und Verdienst will gen Himmel bringen. Aber so wir mit unsern Werken solches hätten können ausrichten, warum sollte Christus, der Sohn Gottes, gelitten haben? Nun aber steht er hier, bringt sein Opfer, seinen eigenen Leib und Leben, in allem Gehorsam und Geduld, und bittet noch dazu seinen Vater, dass er wolle gnädig sein und vergeben. Das ist je Zeichen genug, dass wir mit unsern Werken dergleichen nichts haben ausrichten können; denn Vergebung der Sünden ist ein Handel, der nicht so leicht zugeht, wie die Papisten meinen. Es ist bald geschehen, dass du eine kappe anziehst, viel wachst, fastest, singst, solches ist alles noch wohl zu tun: Aber Vergebung der Sünden überkommen, da gehört weit etwas anderes und Größeres dazu als deine eigenen Werke; Gott wird deines Fastens, Wachens, Betens halben dich kaum erhören; sondern so heißt’s, wie Jesaja sagt: „Um unserer Missetat willen ist er verwundet und um unserer Sünden willen zerschlagen. Er hat unser aller Krankheit getragen.“

    Nun müssen je die Papisten selbst bekennen, dass des HERRN Christi sein Leiden und Sterben etwas anderes sei als mein Gebet, meine guten Werke, meine Marter, mein Almosengeben, mein Fasten. Wer nun solches an die Sünde will setzen, der wird nichts ausrichten. Es gehört ein anderer Mann, andere Werke und Verdienst dazu, wie Jesaja klar sagt. Wer aber sein eigenes Verdienst dahin heben und wider die Sünde gebrauchen will, derselbe lästert das Sterben, Opfer und Gebet Christi; da er von seinem Opfer und Gebet ebenso viel hält wie vom Opfer und Gebet Christi. Vor solchem Greuel soll man sich fleißig hüten.

    Nun betet aber der HERR nicht einfach in den Haufen hin, sondern setzt einen Unterschied derer, für die er bittet, und spricht: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Will also zweierlei Sünder anzeigen. Etliche wissen, dass sie Unrecht tun, und tun’s dennoch ohne alle Scheu. Solches heißt alsdann gegen den Heiligen Geist gesündigt, wenn man in solcher wissentlichen Sünden beharren, sie nicht bekennen, davon nicht ablassen, noch Vergebung derselben erbitten will; wie unsere Junker, die Papisten, jetzt tun. Die wissen, dass unsere Lehre recht ist, dass Christus das Sakrament ganz zu empfangen befohlen, die Ehe nicht verboten, von dem Messopfer nichts geboten hat; und dennoch verdammen sie uns um solcher Stücke willen als Ketzer und strafen ihre Untertanen, wo sie wissen, dass sie unsere Lehre und Sakrament gebrauchen.

    Diese sündigen nicht unwissend. Deshalb ist die Natur solcher Sünden so, dass sie nicht kann vergeben werden; denn sie geht stracks gegen Vergebung der Sünden, da man davon nicht ablassen und sie nicht bekennen will. Denn Vergebung der Sünden will beides haben, dass man das Unrecht bekenne und davon abstehe. Die andern Sünder sind, die unwissend sündigen. Nicht so, als wüsste David nicht, dass es Sünde wäre, dem Uris seine frau zu nehmen und ihn erschlagen zu lassen. Er weiß es sehr wohl. Aber da treibt und jagt ihn die Sünde und der Teufel so heftig, dass er in solche Sünde fällt, ehe denn er’s recht bedenkt, was er tue. Danach aber bekennt er’s, lässt sich’s leid sein, wollte, er hätte es nicht getan und begehrt Gnade.

    Solche Sünde tragen wir alle am Hals, dass wir leicht und unversehens berückt werden, und fallen bisweilen aus Furcht, wie Petrus, bisweilen aus Unvorsichtigkeit und Schwachheit, bisweilen aus Vermessenheit. Solche Sünde hat Christus mit sich ans Kreuz getragen und dafür gebeten; denn es sind nackte, bloße Sünden, die nicht gegen die Gnade sind; da man sie erkennt und bekennt und bittet um Vergebung. So sieht man, dass oft Huren und Buben, Mörder und andere böse Leute zu Gnaden kommen; denn sie wissen, dass sie Unrecht haben getan, und wollen’s nicht verantworten. Solche bekenntliche Sünden haben das Opfer Christi zwischen sich und Gott; darum will Gott diese uns nicht zurechnen. Jene aber, die wissend und willig nicht wollen anders tun und ihre Sünde noch verteidigen, die sündigen gegen den Heiligen Geist und verleugnen die Gnade Gottes. Für diese bittet Christus hier nicht, sondern für die, die nicht wissen, was sie tun, und aus Schwachheit fallen. Die sollen dieses Opfers und Gebets sich trösten und wissen, dass ihnen die Sünden vergeben sind. Denn um solches hat Christus hier gebeten und ist gewiss erhört worden; da sollen wir nicht dran zweifeln, sondern uns desselben trösten und freuen.

    Das sei in Kürze gesagt von dem gebet Christi am Kreuz, damit er anzeigt, warum er da leide, dass diese Sünder, die unwissend sündigen und lassen’s sich leid sein, sollen um des HERRN Christi willen einen gnädigen Gott haben, der ihnen ihre Sünde vergeben wolle.

    Nun wollen wir auch ein wenig die Geschichte mit dem Schächer zur rechten Hand besehen. Das ist ein so trefflich schönes Beispiel, dergleichen man nirgends eins findet. Denn erstlich ist sich je[der] dessen wohl bewusst: Der arme Mensch kann seine Sünde nicht leugnen, er weiß, dass er gesündigt und deshalb den Tod leiden soll. Deshalb kann er sich gegen Gott keines guten Werks noch Verdiensts rühmen; wie er zu seinem Gesellen sagt, da er dem HERRN Christus übel zuredet: „Wir“, spricht er, „sind billig in solcher Strafe; denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind. Dieser aber hat nichts Ungeschicktes gehandelt.“ Hier hörst du, was er von sich selbst bekennt, dass er solchen schmählichen Tod wohl verdient habe. Das ist eines, des sich wohl zu wundern ist, dass er seiner Sünden halben Ursache hat, sich vor Gott zu fürchten; und dennoch fasst er, wie wir hören werden, den Gedanken, er werde noch in Gottes Reich kommen.

    Zum andern ist das auch ein großes Wunder, dass dieser eine Mensch sich das große Ärgernis nicht lässt anfechten, dass der ganze Rat zu Jerusalem, welches und geistliches Regiment, den HERRN Christus verspottet und lästert. Die Obersten im geistlichen Regiment sprachen: „Er hat andern geholfen, er helfe sich selbst, so er Christus ist, der Auserwählte Gottes.“ Die Kriegsknechte tun auch so: Bist du der Juden König, so hilf dir.“ Denn da stand die Überschrift über ihm zu den Häupten: „Jesus Nazarenus, der Juden König.“ So der Mörder, der mit ihm gekreuzigt war, sprach auch: „Bist du Christus, so hilf dir und uns auch.“ Solches redet er nicht der Meinung, dass er Hilfe begehrte, sondern dass er Christus verhöhnen und so verspotten wollte. Zusammenfassend, alle Welt ärgert sich an dem Christus, der am Kreuz hängt, und hält nichts von ihm. Denn die Jünger selbst, ob sie wohl ein Teil bei dem Kreuz standen, hatten sie doch keine Hoffnung mehr.

    Allein der arme Mörder zur rechten Hand reißt durch das Ärgernis hindurch und darf Christus, der neben ihm am Kreuz hängt, einen HERRN und König nennen. Straft damit die ganze Welt Lügen, sieht nicht an, was andere Leute von ihm halten oder sagen, und ruft ihn für einen ewigen König aus. Denn so lauten seine Worte: „HERR, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst.“ Er heißt ihn einen „HERRN“, und sagt, er habe ein „Reich“; und begehrt, wenn er in diesem Reich werde sein, dass er sein gedenken wolle. Nun war es je um die Zeit, dass ihrer keiner den Abend mit dem Leben erreichen konnte. Deshalb glaubt er, Christus sei ein HERR eines andern und ewigen Lebens. Das lass mir einen großen, trefflichen Glauben und ein herrliches Bekenntnis sein, da sonst alle Welt an Christus verzweifelt und nichts von ihm hält.

    So will Gott noch heutiges Tages seine christliche Kirche erhalten. Ob es gleich alles hinfiele, Kaiser, Könige, Papst, Bischöfe, so will doch Gott ein Häuflein erhalten, das seinen Geist haben und ihn vor der Welt bekennen soll. Wollen die Jünger, samt andern, die dem HERRN Christus verwandt, nicht bekennen noch glauben, sondern aus Furcht leugnen und davon laufen: So muss ein Mörder hervor, diesen Christus bekennen, von ihm predigen und andere Leute lehren, was man von ihm halten und wozu man sich sein trösten soll; denn unser HERR Gott will Christus nicht ohne Leute lassen, sollt es gleich nur ein Dieb am Galgen oder ein Mörder auf dem Rad sein.

    Darum ist dies eine tröstliche Geschichte, da wir erstlich sehen, was Christus für Leute habe, die sich zu ihm finden, und denen er alle Gnade beweisen will, nämlich die Sünder sind und ihre Sünde bekennen und um Gnade bitten; diese sollen Gnade und Barmherzigkeit finden. Denn eben wie er zuvor gebeten hat, so beweist er es hier mit der Tat, dass er darum da sei und wolle Sünden vergeben. Und ist nun dies sein erstes Werk, dass er einen Schalk und Mörder von Sünden und ewigem Tod erlöst und selig macht, auf dass man ja gewiss werde und nicht zweifle, weil er sich am Kreuz selbst aufopfert, solches geschehe nicht um der Heiligen und Frommen willen, sondern um der Sünder willen. Denn um derselben willen ist er gekommen, sie zur Buße zu rufen, und nicht um der Gerechten willen; wie er uns selbst sagt Matth. 9,13.

    Darum, wer da gedenkt, er wolle zum Himmel kommen als ein heiliger Mensch und ohne alle Sünde, der wird betrogen. Denn wer nicht will ein Sünder sein, der bedarf des HERRN Christus nirgends zu; denn er ist nicht um seiner selbst willen, sondern um der Sünder willen gestorben.

    Deshalb soll man diese Geschichte für ein Beispiel halten, da Christus mit der Tat beweist, was er mit seinem Leiden gesucht und erworben habe, da er einen Mörder am Galgen zum Heiligen macht, und will ihn nicht in Sünden bleiben noch verderben lassen. Solches aber tut er nicht darum, als hätte er ein Wohlgefallen an den Sünden, oder dass wir in Sünden bleiben und fortfahren sollten. Nein, weil er für die Sünder leidet, will er, dass sie nicht mehr so bleiben, sondern fromm und heilig sein und sich bekehren sollen. Wie man hier an dem Schächer sieht; der kehrt sich um und beschuldigt sich selbst seiner Sünden halben; hofft aber, er werde den HERRN Christus genießen, dass seine Sünden am ewigen Leben ihm nicht schaden sollen.

    So wird gar ein anderer Mensch aus ihm, und sein Tod, den er schmählich verdient hat, wird jetzt ein Gottesdienst, dass er hinfort nicht mehr leidet als ein Mörder, sondern als ein rechter Heiliger. Denn er stirbt in rechtem Bekenntnis und herzlichem Vertrauen auf die Gnade Gottes durch Christus und lässt sich seine Sünde von Herzen leid sein; und wo Gott ihn länger auf Erden ließe, würde er’s nimmer tun, was er zuvor getan hat. Solcher Glaube an Christus macht ihn nicht allein zum Heiligen, sondern bringt ihn ins Paradies und zum ewigen Leben; wie der HERR Christus ihm zusagt: „Wahrlich, ich sage dir, heute wirst du bei mir sein im Paradies.“

    Solchem Beispiel sollen wir folgen und nicht denken, wie rohe, gottlose Leute pflegen: Ich will sündigen, auf dass mich Christus erlöse und seine Gnade an mir beweise. Nein, keineswegs; sondern so denke: Ich bin in Sünden geboren, ich bin voll Unrat und böser Lüste, muss deshalb nicht erst anfangen zu sündigen, dass ich mich für einen Sünder könne rühmen; ich bin zuvor ein Sünder, ich liege allbereit in Sünden und dem Tod. Deshalb will ich mich an den halten, der durch sein Leiden für die Sünder bezahlt und durch seinen unschuldigen Tod mich vom wohlverdienten und längst verschuldeten Tod erlöst und mit Gott versöhnt hat.

    Wer aber solche Gnadenpredigt missbrauchen, von Sünden nicht ablassen, dieselbe nicht bekennen noch sich wollte leid lassen sein, der mag den andern Mörder zur Linken, die Obersten der Juden und die Kriegsknechte ansehen und bedenken, wie ihnen solches geraten und was sie mit dem unbußfertigen Leben verdient haben. Denn willst du den HERRN Christus und sein Leiden und Gebet genießen, so musst du des andern Schächers Weise folgen, der seine Sünde bekennt, um Gnade bittet und den HERRN Christus bekennt, er sei ein HERR und König des ewigen Lebens. Das verleihe uns lieber HERR Christus. Amen.

 

 

Evangelienpredigt zum Auferstehungsfest ueber Matthaeus 28,1-10: Die Auferstehung Jesu Christi

 

Matthäus 28,1-10: Als aber der Sabbat um war, in der Dämmerung am ersten Tag der Woche, kamen Maria Magdalena und die andere Maria, das Grab zu besehen. Und siehe, es geschah ein großes Erdbeben. Denn der Engel des HERRN kam vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte den Stein von der Tür und setzte sich darauf. Und seine Gestalt war wie der Blitz und sein Kleid weiß wie der Schnee. Die Hüter aber erschraken vor Furcht und wurden, als wären sie tot. Aber der Engel antwortete und sprach zu den Frauen: Fürchtet euch nicht; ich weiß, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht die Stätte, da der HERR gelegen hat! Und geht eilend hin und sagt es seinen Jüngern, dass er auferstanden sei von den Toten. Und siehe, er wird vor euch hingehen nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich hab’s euch gesagt. Und sie gingen eilend zum Grabe hinaus mit Furcht und großer Freude und liefen, dass sie es seinen Jüngern verkündigten. Und da sie gingen, seinen Jüngern zu verkündigen, siehe, da begegnete ihnen Jesus und sprach: Seid gegrüßt! Und sie traten zu ihm und griffen an seine Füße und fielen vor ihm nieder. Da sprach Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht hin und verkündigt es meinen Brüdern, dass sie gehen nach Galiläa; daselbst werden sie mich sehen.

 

    Ihr Lieben habt gehört von der Auferstehung Christi, wie es damit getan, warum es geschehen und wie wir sie gebrauchen und genießen sollen. Von solchem Gebrauch der Auferstehung lehrt dies Evangelium auch.

    Denn das ist erstlich ein Großes, dass die lieben Engel die ersten Boten sind, die das fröhliche Botenbrot gewinnen, wie Christus auferstanden und mit mehr im Grab sei, und erinnern die Frauen, dass Christus ihnen solches zuvor gesagt habe, ob sie es gleich nicht geglaubt noch verstanden haben. Solche Botschaft ist ein gewisses Anzeichen, obgleich die Engel ganz reine und heilige Geister, wir aber arme Sünder sind, dass sie dennoch uns deshalb nicht fliehen noch verachten, sondern mit uns gute Freunde wollen sein, da Christus uns zugut gestorben und wieder auferstanden ist.

    Wo nun Gott nicht hätte gewollt, dass wir solcher Auferstehung uns annehmen und trösten sollten, so würde er seine Boten, die lieben Engel, im Himmel behalten haben und uns nichts davon lassen sagen. Weil aber die Engel dazu verordnet und gesandt werden, dass sie die ersten Prediger sollen sein, die uns die Auferstehung Christi verkündigen: Das ist je ein gewisses Anzeichen, dass der HERR Christus, wie wir zuvor gehört, uns zugut sei auferstanden, und Gottes Wille dieser ist, dass wir uns sein trösten und der Engel Predigt glauben sollen. So steht erstlich das Werk an sich selbst da, weil die Engel gesandt werden, dass wir müssen schließen: Die Auferstehung Christi soll gleichsowohl wie sein Leiden uns dienen und sei um unsertwillen geschehen.

    Neben dem Werk hört man auch an den Worten, was es für eine Meinung mit der Auferstehung Christi habe. Denn da kommen die Engel mit zweierlei Befehl. Der erste ist an die Frauen, dass sie ihrer Person haben sich nicht fürchten, sondern des sich freuen sollen, dass Christus ist auferstanden; der andere Befehl ist, dass sie solche Auferstehung nicht heimlich halten, sondern eilends hingehen und den Jüngern verkündigen sollen. Solches ist sich zu beiden Teilen hoch zu freuen.

    Denn dass der Engel erstlich spricht: „Fürchtet euch nicht, ich weiß, dass ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten; er ist nicht hier, sondern von den Toten auferstanden“, solches ist je so viel gesagt, als spräche er: Was seid ihr doch für alberne, einfältige Leutlein, dass ihr euch entsetzen und fürchten wollt? Lebt doch Christus und ist von den Toten auferstanden. Deshalb gebührt euch, dass ihr fröhlich sein und euch weiter nichts besorgen sollt. Denn was Christus lebt, das lebt er euch zugut, dass ihr sein genießen, von ihm beschützt und vor allem Jammer sollt behütet werden. Denn das gibt je der Sprachen Art: Wer sich nicht fürchten soll, der soll fröhlich und guter Dinge sein, das Beste hoffen und erwarten. Wer sich aber fürchtet, der muss etwas Ärgeres erwarten, das er lieber entraten wollte. So sieht man, wer sich vor dem Henker, vor dem Tod, vor Sünden und dem Zorn Gottes fürchtet, da ist keine Freude, keine Hoffnung, sondern eitel Klagen und Trauern, Sorge und Unruhe. Solches oll nicht mehr bei euch sein, spricht der Engel, weil Christus ist auferstanden. Will damit anzeigen, wir sollen der Auferstehung Christi uns trösten gegen den Teufel, Sünde, Tod und Hölle. Denn wo diese Feinde sollten oder könnten mehr Schaden tun, wäre es unmöglich, dass wir uns nicht fürchten sollten. Das ist der erste Befehl, nicht allein an die Frauen, sondern an alle getauften und gläubigen Christen, die da glauben und wissen, Christus sei auferstanden, dass sie sich nicht sollen fürchten.

    Der andere Befehl scheint diesem ungleich zu sein, aber ist doch eben eine Meinung, dass der Engel die Frauen eilend heißt hingehen und seinen Jüngern verkündigen, wie Christus von den Toten sei auferstanden. Denn solches ist je auch ein gewisses Anzeichen, dass die Jünger seich freuen und der Auferstehung [sich] sollen annehmen. Nun aber siehe, wer sind die Jünger? Ist’s nicht wahr, arme Sünder sind’s, die bei dem HERRN übel gehalten und in seiner größten Not ihn schändlich verlassen haben, Petrus aber hat ihn gar verleugnet. Über das sind sie jetzt beieinander, dürfen sich vor den Juden nicht sehen lassen. Da ist kein Gedanke, dass Christus wieder leben und allererst sein Reich anrichten sollte. Und da die Frauen schon kommen und anzeigen, sie haben den HERRN gesehen, da Simon Petrus und die Emmaus[jünger] auch kommen, will ihrer keiner solches glauben und halten’s für eine Fabel. Ja, da der HERR selbst kommt und weist ihnen Hände und Füße, lässt sich fühlen und angreifen, wollen sie dennoch noch nicht gar daran, dass es wahr sei, halten es für ein Gespenst.

    Darum, so wir in uns dergleichen Schwachheit, Sünde und Unglauben finden, so lasst uns deshalb nicht verzweifeln, noch denken, als wollte Christus unser nicht; denn hier sehen wir, dass solchen armen, schwachen, elenden Sündern zu Trost die Engel vom Himmel kommen und durch die Frauen bestellen müssen, dass sie erfahren, Christus sei auferstanden, und deshalb Trost und Freude daraus schöpfen sollen. Denn, wie in der vorigen Predigt gehört, wo die Auferstehung Christi ist, da muss Trost, Freude und ein gutes Gewissen sein, da man weder Tod, Sünde noch Zorn Gottes an solchem Bild findet.

    Das ist nun der lieben Engel Predigt von der Auferstehung Christi, die darum vom Himmel kommen, dass die armen, erschrockenen Gewissen derselben inne werden, sich freuen und trösten sollen. An solcher Predigt und Zeugnis sollte uns genügen. Aber da kommt Christus selbst zu den Frauen und predigt ihnen eben wie die Engel, grüßt sie auf das allerfreundlichste und sagt auch zu ihnen, sie sollen sich nicht fürchten. Will damit uns alle lehren, wie wir seine Auferstehung recht sollen gebrauchen, dass wir alle Furcht ausschlagen, fröhlich und guter Dinge sein sollen.

    Denn da ist nichts in der ganzen Welt, das einen Christen, der Christus zum HERRN hat, schrecken könnte. Die Sünde wird’s nicht tun; denn wir wissen, dass Christus dafür bezahlt hat. Der Tod wird’s nicht tun; denn Christus hat ihn überwunden. Die Hölle hat er zerrissen, den Teufel gebunden und gefangen. Ob nun die Welt ihrer Art nach den Christen feind ist und alle Plage anlegt, wie soll man tun? Es ist doch nur alles ein zeitliches Leiden, da wir dagegen wissen, dass wir die Auferstehung Christi zum ewigen Leben sollen genießen. Darum soll diese Predigt des Engels, und danach unsers HERRN Christus, immerdar unter den Christen gehen und bleiben: Fürchtet euch nicht, seid fröhlich, dankt und lobt Gott; denn Christus ist auferstanden und ist nicht mehr hier.

    Nun aber lässt uns Christus bei diesem Trost nicht bleiben; er fährt noch weiter und macht ihn viel größer und herrlicher. Denn so spricht er: „Geht hin und verkündigt’s meinen Brüdern, dass sie hingehen nach Galiläa, daselbst werden sie mich sehen“, oder wie es Johannes erzählt im 20. Kapitel V. 17, dass er zu Maria gesagt habe: „Gehe hin zu meinen Brüdern und sage: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.“

    Das kann doch je tröstlich gepredigt heißen, dass er seine Jünger „Brüder“ nennt. Solcher Name ist nichts Besonderes unter den Menschen. Denn wo einer den andern Bruder nennt, da bringt solcher Name nichts mehr mit sich als einen Vorteil des Geldes und Verwandtschaft halben. Aber wenn Christus uns Brüder heißt, de da Gottes Sohn ist, da ist es allererst ein trefflicher, hoher, unaussprechlicher Name. Denn so er uns Brüder heißt, so wird er je mit uns auch teilen müssen und das Erbe, das er hat, nicht allein behalten, sondern mit uns einwerfen. Denn das müssen wir uns in allewege zu dem HERRN Christus versehen, dass er solche Namen nicht allein zum Schein führt, wie die Welt pflegt, da oft einer dem andern schreibt: Lieber Bruder, und ist doch im Herzen sein ärgster Feind, dem er alles Unglück wünscht. Solcher Unart sollen uns bei Christus nicht versehen. Heißt er uns Brüder, so meint er’s von Herzen, dass er durchaus unser Bruder sein und uns für Brüder halten und mit uns wie mit Brüdern wolle umgehen.

    Wie kommen nun die Apostel zu solcher Ehre? Haben sie denn solchen Namen damit verdient, dass sie so schändlich von ihm gelaufen, ihn verleugnet und kein Herz mehr zu ihm gehabt haben, dass er wieder leben und sein Reich anrichten sollte? Solches sollte je dem HERRN haben Ursache gegeben, dass er sie für seine Feinde und nicht für Brüder geachtet hätte. Aber, wie zuvor gesagt, er will mit armen Sündern zu tun haben und will, dass die armen Sünder seiner Auferstehung sich annehmen und trösten sollen; sonst würde er seine Jünger in der Wahrheit nicht Brüder heißen, die sich so gar übel gegen ihn gehalten und solchen Namen nicht verdient hatten; ebenso wenig wie wir, die wir auch arme Sünder sind, und dennoch uns dieses Namens sollen annehmen. Wie denn Christus allen Christen befiehlt, wenn sie beten wollen, dass sie sollen sagen: Vater unser, der du bist im Himmel. Denn heißen wir Gott im Himmel „Vater“, so müssen wir je Christi Brüder sein, wie er hier sagt: „Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zum meinem Gott und zu eurem Gott.“ Allein der Unterschied ist, dass Christus natürlicher und ewiger Sohn Gottes ist für sich selbst; wir aber kommen durch Christus zu der Ehre, da er für uns gestorben und uns zum Besten auferstanden ist, dass wir durch den Glauben an Christus Gottes Kinder werden, angenommene, aber nicht geborene Kinder, wie es Paulus unterscheidet.

    Das Wort nun, dass der HERR seine Jünger Brüder heißt, ist die rechte Absolution, damit er sie von allen Sünden entbindet, dass sie die vergessen und sich nicht mehr davor fürchten sollen. Denn Christus hat je keine Sünde. Sollen nun die Jünger Brüder Christi heißen, so dürfen sie auch keine Sünde haben; sonst hätte Christus im Erbe einen Vorteil und wäre nicht recht unser Bruder. Weil er aber sagt, wir seien Brüder, aus dem folgt, dass wir in gleiches Erbe mit gehören.

    Was ist nun das Erbe Christi? Es ist nicht Geld, Gut, große Macht und Pacht. Denn da lehrt uns die Erfahrung, dass solche Güter auch die haben, die nicht Gottes Kinder noch Brüder Christi sind. Darum kann solches nicht das rechte Erbteil Christi sein, das er und seine Brüder allein haben. Sondern es geht mit diesem Zeitlichen wie mit der Sonne, mit dem Regen und andern Gaben Gottes, die Gott gleich gibt Frommen und Bösen. Das rechte Erbe Christi aber ist dies, da Paulus von sagt, 1. Kor. 1,30.31: „Christus ist uns von Gott gemacht zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung; auf dass, wie geschrieben steht, wer sich rühme, der rühme sich des HERRN.“

    Wir armen Menschen sind durch die Sünde dermaßen geblendet, dass wir weder von Gott, von Sünden, noch Gerechtigkeit etwas Gewisses wissen. Und obgleich noch ein Fünklein Erkenntnis Gottes in uns steckt, wie Paulus Röm. 1 sagt; so sieht man doch, wie bald es sich verliert, dass wir in Irrtum und Abgötterei geraten. Das ist nun das erste Stück unsers Erbteils, zu welchem wir durch Christus kommen, dass wir Gott recht lernen erkennen; wie er sagt Matth. 11,27: „Niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn will offenbaren.“ Das ist nun die höchste und größte Weisheit, dagegen alle Weisheit der Welt eine lautere Narrheit ist. Denn ob es gleich vor der Welt ein großes Ansehen hat, so währts doch nicht länger als hier auf Erden. Diese Weisheit aber, dass uns Christus lehrt Gott erkennen, dass Gott uns gnädig und barmherzig sein wolle, ist eine ewige Weisheit und das ewige Leben selbst, wie Christus sagt Joh. 17,3, und dient uns dazu, dass wir uns nicht allein gegen die Menschen, sondern auch gegen den Teufel selbst wehren und ihn kennen und richten können.

    Das andere Stück unseres Erbes ist, dass Christus uns ist gemacht zur Gerechtigkeit. Denn wir leben nicht allein in Sünden, sondern sind in Sünden auch empfangen und geboren. Aber durch Christus kommen wir dazu, dass Gott solche Sünde nicht sehen noch uns zurechnen, sondern uns schenken und nachlassen will. Das heißt denn gerecht seien, wenn Gott uns für gerecht hält, ob wir gleich unserethalben arme, elende Sünder sind.

    Das dritte Stück unsers Erbteils ist, dass Christus uns von Gott gemacht ist zur Heiligung. Nicht allein damit, dass er, wie Joh. 17,19 steht, sich für uns heiligt und zum Opfer gibt, sondern dass er seinen Heiligen Geist uns schenkt, der in uns ein neues Leben anrichtet, der Sünde widerstrebt und uns zum herzlichen Gehorsam gegen Gott treibt.

    Das vierte Stück ist, dass er uns gemacht ist auch zur Erlösung. Es fallen vor Anfechtung, Not, Kümmernis, Verfolgung, wie sie wollen, dass doch Christus bei uns ist und ob uns hält, dass wir endlich siegen und Erlösung spüren, nicht allein hier zeitlich, sondern eine ewige Erlösung.

    Solches reichen, ewigen Erbes sollten wir uns annehmen und freuen. Denn zu solcher Hoffnung beruft uns Christus, weil er uns seine Brüder nennt. Aber ein Jammer über allen Jammer ist es, dass wir mehr Freude darüber haben, wenn uns von einem Menschen hundert Gulden geschenkt oder geschafft werden, als so uns der Sohn Gottes sin solches reiche und ewige Erbe einsetzt. Nun ist es je wahr, wir sollten uns an dem lassen genügen, wenn Christus uns ließe seine Jünger, seine Knechte, seine Schüler sein, oder so er uns seine Freunde hieß. Denn wer wollte doch so eines großen HERRN und Meisters sich nicht übernehmen? Aber er hebt uns höher und will es bei einem Geringen nicht lassen bleiben und heißt uns seine Brüder. Darum soll man solchen großen Trost nicht vergessen und immerdar an diese reiche, ewige Bruderschaft denken, und derselben uns in allen Nöten und mitten im Tod trösten.

    Aber was hat der Teufel zu schaffen? Der treibt den Papst und die irrigen, verführerischen Lehrer dahin, dass sie von solcher Bruderschaft nichts melden, und machen sich dieweil ins Teufels Namen andere Bruderschaften, da man der verstorbenen Heiligen, der Mönche und Pfaffen gute Werke als ein Erbe austeilt. Solche Strafe widerfährt ihnen billig. Denn wer dieser Bruderschaft sich nicht freuen noch trösten will, der ist nichts Besseres wert, als dass er auf andere gottlose, abgöttische, irdische und nichtige Bruderschaft sein Herz und Vertrauen setzen soll.

    Darum lasst uns dankbar sein für diese selige Lehre und mit Herzen sie annehmen und die Auferstehung Christi so gebrauchen, dass wir zu Christus, als zu unserem Bruder, ein festes Vertrauen haben, er werde sein Leben, da er jetzt drin lebt, zu unserer Seligkeit gebrauchen und, wie Paulus sagt, uns vor allem Zorn behüten. Wer solches könnte fest glauben, der würde kein Unglück sich bekümmern lassen. Denn es falle Not und Mangel vor, was da wolle, so wissen wir, dass Christus lebt, und wir sollen auch mit ihm leben. Was kann uns denn das zeitliche Leiden bekümmern, so wir das ewige Leben durch Christus so gewiss haben? Warum wollten wir mit denen zürnen, die uns Arges tun? Ist’s nicht wahr, billiger wäre es, dass wir uns mit ihnen bekümmerten und Mitleiden mit ihnen hätten, da sie mit ihrem Hass und Neid gegen uns genügend zeugen, dass sie in dieser Bruderschaft nicht seien und dieses ewige Erbe nicht genießen sollen? Was hilft sie denn ihr zeitliches Erbe, ihre Macht, Geld, Gut und Pracht, welches sie zu mehr Sünden und schwereren Verdammnis missbrauchen.

    Also, wenn wir diese Bruderschaft recht könnten glauben, so würden wir uns nicht so viel um das Zeitliche annehmen, sondern immerdar mehr nach dem ewigen Erbteil sehen, welches uns in dieser Bruderschaft angeboten wird. Wie denn St. Paulus sehr fein ermahnt, da er von der Auferstehung Christi, im 3. Kapitel an die Kolosser, predigt und sagt V. 1-3: „So ihr mit Christus auferstanden seid, so sucht, was droben ist, da Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes, und trachtet dem nach, was droben ist, und nicht nach dem, das auf Erden ist. Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott.“ Denn so wir uns wollen dieser Bruderschaft mit Ernst annehmen und uns rühmen, dass wir Gottes Kinder sind, so müssen wir je uns unsers Vaters Willen befleißigen und nicht ungehorsame Kinder sein. Und müssen, wie es Paulus sagt, unsere Glieder auf Erden, das sind die bösen Lüste und Werke, töten und ablegen und als die Auserwählten Gottes, Heiligen und Geliebten, anziehen herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmütigkeit und Geduld, dass einer den andern vertragen möge und vergebe.

     Denn darum haben wir zuvor unter dem Erbe Christi auch der Heiligung gedacht, die soll in allewege folgen, beides im Glauben und Leben; wie es Paulus am andern Ort, 1. Kor. 5,7.8, auch sagt: „Wir haben ein Osterlamm, das ist Christus, für uns geopfert. Darum lasst uns Ostern halten, nicht im alten Sauerteig; auch nicht im Sauerteig der Bosheit und Schalkheit; sondern in dem Süßteig der Lauterkeit und Wahrheit“; ebenso: „Lasst uns den alten Sauerteig ausfegen du einer neuer Teig sein, wie ihr denn schon ungesäuert seid.“ Dies ist seltsam geredet; aber es ist eben das, das wir oben aus Paulus gehört haben, Christus sei uns gemacht zur Gerechtigkeit und Heiligung. Denn weil wir in Christus glauben, dass er für unsere Sünde bezahlt hat, durch solchen Glauben haben wir Vergebung der Sünde und sind gerecht, oder, wie es Paulus nennt, sind wir ohne Sauerteig. Doch gleichwohl haben wir noch Fleisch und Blut an uns, das ist noch nicht gar tot, sondern voll Sauerteigs und böser Lust. Dieselben sollen wir ausfegen und töten, sollen ihnen nicht nachhängen, sondern uns heilig halten. Denn dazu gibt unser HERR Christus uns seinen Heiligen Geist, dass wir der Sünde widerstehen und uns nach Gottes Wort und Willen halten sollen.

    Also sieht eure Liebe, was die Auferstehung Christi in uns schaffen und wirken soll, nämlich, dass wir uns hinfort nicht fürchten und Christus für unsern Bruder erkennen und rühmen sollen und uns des rechten Erbes trösten, das er uns zugewendet hat. Und sollen uns dermaßen auch mit unserem Tun und Lassen halten, dass wir solches Erbe nicht wieder durch den Ungehorsam, wie die ungeratenen Kinder, verlieren. Das heißt alsdann die fröhliche Auferstehung recht und wohl gebrauchen und die Ostern recht feiern. Wo aber solches nicht geschieht, dass man entweder in Sünden und Ungehorsam liegen oder in Nöten und Anfechtungen zu diesem Trost nicht will greifen, da ist nichts gewisser, als dass man von dieser Auferstehung und diesem herrlichen Erbe nichts hat noch weiß. Gott verleihe uns durch Christus seinen Heiligen Geist, dass wir solcher Auferstehung uns recht trösten und in solchem Glauben, Zuversicht und Hoffnung von Tag zu Tag zunehmen und endlich dadurch selig werden. Amen.

 

 

Evangelienpredigt zu Quasimodo Geniti (Wie die neugebornen Kindlein; 1. Petr. 2,2) ueber Johannes 20,19-31: Die Vergebung der Suenden durch Wort und Sakrament

 

Johannes 20,19-31: Am Abend aber desselben Sabbats, da die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten ein und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! Und als er das sagte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den HERRN sahen. Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Gleichwie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und da er das sagte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmet hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten. Thomas aber, der Zwölf einer, der da heißt Zwilling, war nicht bei ihnen, da Jesus kam. Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den HERRN gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Es sei denn, dass ich in seinen Händen sehe die Nägelmale und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, will ich’s nicht glauben. Und über acht Tage waren abermals seine Jünger drinnen und Thomas mit ihnen. Kommt Jesus, da die Türen verschlossen waren, und tritt mitten ein und spricht: Friede sei mit euch! Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und siehe meine Hände; und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite; und sei nicht ungläubig, sondern gläubig. Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein HERR und mein Gott! Spricht Jesus zu ihm: Dieweil du mich gesehen hast, Thomas, so glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. Auch viel andere Zeichen tat Jesus vor seinen Jüngern, die nicht geschrieben sind in diesem Buch. Diese aber sind geschrieben, dass ihr glaubt, Jesus sei Christus, der Sohn Gottes, und dass ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.

 

    Diese Geschichte hat eure Liebe in der nächsten Predigt gehört, dass sie auf den Ostertag geschehen sei, nachdem die Jünger von Emmaus wieder nach Jerusalem gekommen und den andern verkündet haben, wie sie den HERRN gesehen haben. Nun hat aber Johannes die Art vor andern Evangelisten, dass er nicht allein die Historie erzählt, sondern auch die Predigt Christi und Worte hinzusetzt, da vornehmlich und am meisten dran gelegen ist. So meldet er hier die Worte, da man in den anderen Evangelisten nichts von findet, wie der HERR dazumal, nachdem er seinen Jüngern Frieden gewünscht und Hände und Füße gezeigt, habe er zu ihnen gesagt:

    Wie mich der Vater gesendet hat, so sende ich euch.

    Das sind treffliche Worte, mit welchen er ihnen das Predigtamt befiehlt und bringt das Leiden und die Auferstehung Christi in seinen rechten Gebrauch und Übung. Denn wo es außerhalb des Predigtamts allein wäre geblieben bei der Historie oder der Geschichte, so wäre die Geschichte uns gar nichts nütze gewesen. …

    Dass also dieser Befehl und das Aussenden hier allein auf die Lehre geht, dass die Jünger dieselbe von Christus führen sollen, eben wie er sie in der Welt geführt hat.

    Was nun solches für eine Lehre sei, sagt Jesaja mit feinen, herrlichen, klaren Worte, dass Christus dazu gesalbt und gesandt sei, dass er soll die erschrockenen, unverständigen, verzagten Herzen trösten. Welche Predigt nun anders als so geht, dass ist nicht die rechte Predigt Christi; Christus hat sie auch gewiss nicht befohlen, sondern es ist eine Mosepredigt. Denn Mose predigt so, dass die erschrockenen, einfältigen Herzen noch mehr erschrecken und verzagt werden. Die Predigt aber heißt Christi Predigt, dadurch die Elenden getröstet werden. Denn Christus hat sollen mit einem neuen Befehl kommen, darum, dass die Werke, die er ausgerichtet, sind auch neue Werke, dergleichen zuvor in der Welt nie geschehen, dass Gottes Sohn gelitten und von den Toten wieder auferstanden ist. Eben nun wie Jesaja von der Lehre Christi weissagt, so hören wir hier von Christus auch. Denn so lauten des Evangelisten und seine Worte:

    Und er blies seine Jünger an und sprach zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist; welchen ihr die Sünden vergebt, denen sind sie vergeben; welchen ihr sie aber behaltet, denen sind sie behalten.

    Das ist das rechte geistliche Regiment, welches man so weit vom weltlichen Regiment soll unterschieden, wie weit Himmel und Erde voneinander sind. Die nun in diesem geistlichen Regiment sind, die sind rechte Könige, rechte Fürsten, rechte Herren und haben zu regieren. Aber hier siehe und lerne, wie solches Regiment umschränkt sei und wie weit es gehe. Nämlich, wie die Worte klar lauten, so weit die Welt ist; und soll doch sonst mit nichts zu tun haben als mit den Sünden. Es soll weder mit Geld noch Gut, mit der Nahrung, noch mit allem, was zur Nahrung gehört, umgehen. Mit solchem sollen weltliche Kaiser und Könige, Fürsten und Herren zu tun haben, alles ordnen und machen, wie es dem allgemeinen Nutz und Frieden am besten ist. Aber dies geistliche Regiment ist allein auf die Sünden gestellt. Wo die Sünde angeht, da soll dies Regiment auch angehen, und sonst nicht.

    Denn davor soll man sich hüten, dass man‘s nicht menge noch ineinander werfe, wie der Papst und seine Bischöfe getan haben, die das geistliche Regiment so haben gebraucht, dass sie auch weltliche Herren geworden sind und Kaiser und Könige sich vor ihnen bücken müssen. Das hat Christus seinen Jüngern nicht befohlen und sie zu weltlichem Regiment nicht ausgesendet; sondern das Predigtamt hat er ihnen befohlen und das Regiment über die Sünde. Dass also des Predigtamts seine eigene Definition ist, dass man das Evangelium von Christus predigen und Sünde zerschlagenen, furchtsamen Gewissen vergeben, aber den Unbußfertigen und Sicheren Sünde behalten und sie binden soll. …

    Darum steht der ganze Handel dieser Lehre auf dem, dass man eigentlich wisse, was Sünde sei; dass Sünde nicht heißt Geld noch Gut, Königreich, Nahrung, Brot, Wein noch anderes dergleichen; sondern es heißt eine Last, welche dir dein Herz und Gewissen beschwert vor Gott, dass du dich vor seinem Zorn fürchten und die ewige Verdammnis erwarten musst. Denn wir reden hier von wahrhaften, rechten Sünden, die Gott für Sünde hält und des ewigen Todes wert sind; nicht von Herrn Simonis Sünden, da die Gaukler Papst und Bischof mit umgehen, dass einer an einem verbotenen Tag nicht fastet oder Fleisch isst, dass ein Mönch ohne ein Scheppler [Kopfbedeckung], eine Nonne ohne einen Schleier geht. Solches sind päpstliche Sünden, die vor dem Papst und seinen Fladenweihern, die es erdacht haben, Sünde sind; vor Gott aber sind es nicht Sünden und verdammen niemand; denn Gott hat solches nirgends verboten. Hier aber reden wir von Sünden, das rechte und wahrhafte Sünden sind, die kein Mensch erdacht hat, sondern darin wir geboren sind und leben, die gegen Gottes Gebot sind und dawider Gottes Gebot zeugt und nicht allein Menschen Gebot. Mit solchen Sünden, sagt der HERR hier, sollen die Apostel umgehen, dass sie es vergeben oder binden und behalten sollen. Mit Geld und Gut und weltlichen Händeln sollen sie nicht umgehen. Dass also in eines Apostels oder Predigers Mund Himmel und Hölle zugleich liegt: Wenn du unbußfertig, sicher und böse sein willst, dass sie dich in die Hölle hinunterwerfen können; wiederum, so du deine Sünde erkennst und des Leidens und der Auferstehung Christi dich tröstest, soll dir der Himmel offen stehen und ein solches Urteil von dem Kirchendiener über dich gesprochen werden, welches der Teufel selbst fürchten muss, und dich von allen Sünden ledig zählen, so du es mit rechtem Glauben annimmst.

    Das ist nun eine solche Gewalt, gegen welche der Kaiser und Könige Gewalt nichts ist, dass ein Apostel, ja, ein jeder Jünger Christi, darf ein Urteil sprechen über die ganze Welt, dass die Sünde soll hinweg sein. Und solches Urteil soll so gewaltig du gewiss sein, als hätte es Christus selbst gesprochen; wie denn seine Worte hier zeugen: „Wie mich mein Vater gesendet hat, so sende ich euch.“

    Das ist nun eins, dass die Sünde nicht soll heißen ein weltlich Ding, sondern eine Angst und Beschwerung des Gewissens, das uns vor Gott anklagt und schuldig macht. Das dient nun auch dazu, dass man sich vorsehe, dass man nicht mit Narrensünden, davon ich oben gemeldet, umgehe. Denn so du dich wolltest von denselben Narren- und Lügensünden entbinden lassen, so würde folgen, dass du danach dich auch den die Narren- und Lügengerechtigkeit müsstest kehren. Darum so merke diese Definition wohl, dass Sünde heißt, welche uns Gottes Gesetz aufdeckt und deshalb beschuldigt. Ist’s nicht eine solche Sünde, so ist’s keine rechte, sondern eine erdachte und gemachte päpstliche Sünde, da Gott nichts von weiß und uns nichts schadet.

    Nun sieht man aber, dass ihrer viel in rechten, großen, öffentlichen Sünden liegen, wie da ist Geiz, Ehebruch, Dieberei, Wucher, Zorn, Neid, Völlerei, Gotteslästerung und dergleichen; und dennoch bekümmern sie sich nichts darum, fahren immer fort und lassen’s Rosen tragen. Da mangelt’s an Sünde nicht, sondern daran, dass man sie nicht erkennen und davon nicht ablassen will. Solche Sünde kann man nicht vergeben, sondern es gehört das Binden dazu, und die andere Gewalt, da Christus hier von sagt: „Welchen ihr ihre Sünden behaltet, denen sind sie behalten.“

    Darum soll man hier einen gewissen Unterschied machen und die rechten Sünden so teilen: dass etliche Sünden zugleich vor uns Sünden sind und vor Gott; etliche aber sind allein vor Gott Sünde und vor uns nicht; denn wir wollen sie nicht erkennen, noch uns darum bekümmern, noch um Vergebung bitten. So sagt David: „HERR, dir habe ich gesündigt und Übel vor dir getan.“ Da ist es beides beieinander, dass David sieht, dass er Unrecht hat getan und weiß, dass es Gott übel gefällt. Als wollte er sagen: Ich erkenne und fühle die Sünde: Nicht allein damit, dass ich dran denke; sondern dass ich auch sehe und empfinde der Sünde Kraft, was die vermag, dass es ein böser Teufel und greuliche Last ist, die mich vor Gott verklagen will, in die Hölle und ewigen Tod reißen. Wie Paulus zu den Römern im z. Kapitel auch davon redet, V. 8.9: „Ohne das Gesetz war die Sünde tot, ich aber lebte etwa ohne das Gesetz.“ Will also sagen: Sünde ist allwege in uns: Aber weil das Gesetz nicht kommt, so ist die Sünde gleich, als schliefe sie; denn sie tut nicht weh, sie beißt und nagt nicht. Daher kommt es, dass du hingehst und sammelst eine über die andere; sonst würdest du Gott fürchten und frömmer werden.

    Wenn aber der Donnerschlag, das Gesetz, in das Herz kommt und rührt das Gewissen, alsdann wird die Sünde gleich lebendig, dass du siehst, wie ein mächtig Ding sie ist, dass sie dir Gott nimmt, dich dem Teufel übergibt und in die Hölle hinein stößt. Darum spricht Paulus: „Da aber das Gebot kam, ward die Sünde wieder lebendig. Ich aber starb; und es fand sich, dass das Gebot mir zum Tod gereichte, das mir doch zum Leben gegeben war“, V. 9.10.

    Das ist nun die rechte Sünde, die vor Gott und mir Sünde ist. So sieht man an David auch, da er mit Bathseba sündigte, ging er hin, kümmerte sich wenig drum; denn die Sünde schlief und war noch tot. Aber da Nathan kam und schlug ihm den Donner ins Herz: „Du bist der Mann“; da find die Sünde in Davids Herz an zu leben. Er aber fing an zu sterben. Aber Nathan tröstet ihn und sagt: „Nein, du sollst nicht sterben.“

    Das heißt nun der Apostel Regiment, eine Gewalt, die nicht über Leib und Leben, Geld und Gut, und was zu diesem Leben geht, sondern über rechte Sünde, die du und Gott für Sünden halten. Dass also aller Welt Sünden unterworfen sind den Aposteln und allen Kirchendienern, und im Fall der Not allen Christen; dass du in deinem Herzen gewiss kannst sein, wenn du von deinem Pfarrherrn, oder wo du den nicht haben kannst, von einem anderen Christen hörst, dass im Namen Christi seine Sünden dir sollen vergeben sein, dass es gewiss wahr sei und ebenso wenig fehlen kann, als wenn dir’s Christus selbst hätte zugesagt oder durch einen Engel vom Himmel zusagen lassen.

    Solcher Befehl und Macht aber soll Aposteln und Kirchendienern nicht zur Hoffart noch Pracht dienen; denn sie haben nichts davon: Dir aber sollen sie damit dienen, dass du erlöst werdest von dem Feind, der dir zu stark ist, und dich in Ewigkeit ohne diesen Trost gefangen hält. Darum ist’s eine große, herrliche Gewalt, dass ein armer Mensch, der selbst ein elender Sünder ist, sich unterstehen darf, den Feind zu vertreiben, dem sonst alle Welt weichen muss. Denn so spricht Christus: „Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen“; ebenso: „Was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel los sein.“ Weil nun die Worte klar sind: „Wie mich mein Vater sendet, so sende ich euch“, so soll je niemand zweifeln, wie er Vergebung seiner Sünden hört, so soll er sie gewiss haben. Wo aber die Sünde weg ist, da ist des Teufels Gewalt aus; er muss weichen.

    Das ist auch die Ursache, dass man eure Liebe oft ermahnt, weil Christus solche herrliche Macht seiner Kirche gelassen, dass ihr derselben gebrauchen und sie keineswegs verachten sollt. Denn darum setzt der HERR Christus dieses Amt ein, dass dadurch alle Sünden sollen vergeben werden, sofern es rechte Sünden sind, und man sie erkennt und des HERRN Christi Worten glaubt. Denn die andern närrischen Menschensünden gehören nicht hierher; es müssen Sünden sein, die das Herz rühren und ängstlich machen.

    Wie Adam seinem Sohn Kain, im ersten Buch Moses, auch predigt und sagt: „Ist’s nicht so? Wenn du fromm bist, so bis du angenehm; bist du aber nicht fromm, so ruht die Sünde vor der Tür. Das ist, du stehst jetzt da und bist ein Sünder; aber du fühlst es noch nicht: Die Sünde schläft, aber an einem sehr unruhigen Ort. Darum schaue zu, wird sie dir einmal aufwachen, so wird’s sehr anders mit dir werden. Denn sie schläft nicht darum, dass sie wolle immer schlafen; sondern sie soll aufwachen, das ist, dir ein Gewissen machen, dich schrecken und nagen, dass du nicht weißt, wo du ein oder aus sollst.

    Die sich nun ihrer Sünden nicht annehmen, die haben rechte Sünde, aber nicht vergebliche Sünde. Deshalb werden ihnen ihre Sünden behalten und gebunden; denn sie begehren nicht, dass sie davon vergeben werden; sonst würden sie davon ablassen.

    Im Papsttum hat man so gepredigt: Wer Vergebung der Sünden begehrt, der soll seine Sünde bekennen und sich selbst eine Reue oder Leid schöpfen. Auf solche Reue hat man danach Vergebung der Sünden gegründet. Nun kann es geschehen, dass solche Weise aus dem Beispiel der Alten genommen sei, die eben wie wir keinem die Absolution haben wollen sprechen, er bekenne sich denn für einen Sünder und stelle sich, dass man sehe, dass ihm die Sünde leid sei. Solches ist recht und soll auch so sein. Aber dass man wollte sagen: Solches Leid und Reue verdiene, dass die Sünde drum soll vergeben werden; das ist falsch und unrecht. Denn die Reue ist kein Verdienst, sondern es ist die Sünde selbst und der Sünden Regiment. Da darf man Vergebung der Sünden und die Gnade nicht drauf bauen.

    Denn ehe es zu solcher Reue kommt, nimmt man sich der Sünden nicht an. Denn obwohl Sünde da ist, so ist’s doch nur eine schlafende und tote Sünde, wie Adam von Kain sagt. Wenn aber die Sünde lebendig wird und nicht mehr schläft, sondern greift das Herze und Gewissen an und schreckt es, solches kann man ja kein verdienstliches Werk heißen, sondern, wie es Paulus nennt, ist’s die rechte lebendige Sünde. Wer will aber sagen, dass die Sünde könne Gnade verdienen?

    Darum sind die Leute im Papsttum jämmerlich betrogen und verführt worden, dass man sie auf solche Reue, als auf Verdienst und gutes Werk, hat absolviert. Wie allen Bullen des Papstes die Worte lauten: contritis et confessis, die bereut und gebeichtet haben, die sollen Vergebung der Sünden haben. Denn die Reue, wo sie recht ist, ist sie nichts andere als der Sünden Reich und Regiment; das kann doch je nichts verdienen. Daher aber hat man Vergebung der Sünden, wenn man dem Befehl Christi hier glaubt und das Wort, welches aus solchem Befehl und in seinem Namen uns verkündigt wird, mit herzlichem Vertrauen annimmt. Ob’s nun wohl vonnöten ist, wer Vergebung der Sünden begehrt, dass er sich seine Sünde lässt leid sein; so verdient doch solches Leid und Reue nichts. Ja, wo Gott durch den Trost des Evangeliums die Gewissen nicht wieder aufrichtete, würde solche Reue und Leid und gar vom Glauben abreißen und uns voll Furcht machen.