Die Offenbarung Jesu Christi an den Apostel Johannes

 

Luthers Vorrede auf die Offenbarung des St. Johannes                      

Einleitung                    

Kapitel 1                      

Kapitel 2                      

Kapitel 3                      

Kapitel 4                      

Kapitel 5                      

Kapitel 6                      

Kapitel 7                      

Kapitel 8                      

Kapitel 9                      

Kapitel 10                    

Kapitel 11                    

Kapitel 12                    

Kapitel 13                    

Kapitel 14                    

Kapitel 15                    

Kapitel 16                    

Kapitel 17                    

Kapitel 18                    

Kapitel 19                    

Kapitel 20                    

Kapitel 21                    

Kapitel 22                    

Chiliasmus                   

 

Luthers Vorrede auf die Offenbarung des St. Johannes

1545A

 

    1. Mancherlei Weissagung findet man in der Christenheit. Etliche weissagen so, dass sie der Propheten Schrift auslegen, davon Paulus 1. Kor. 12 und 14 und an mehr Orten sagt. Diese ist die nötigste, und man muss sie täglich haben, als die das Wort Gottes lehrt, den Grund der Christenheit legt und den Glauben verteidigt, und, zusammenfassend, die das Predigtamt regiert, erhält, bestellt und ausrichtet.

    2. Etliche weissagt von künftigen Dingen, die nicht zuvor in der Schrift stehen; und diese ist dreierlei: die erste tut’s mit ausgedrückten Worten, ohne Bilder und Figuren, wie Mose, David und dergleichen Propheten mehr, von Christus weissagen und wie Christus und die Apostel von dem Antichristen und falschen Lehrer usw.

    3. Die andere tut’s mit Bildern, aber doch setzt daneben auch die Auslegung mit ausgedrückten Worten, wie Joseph die Träume auslegt und Daniel beide, Träume und Bilder, auslegt.

    4. Die dritte, die es ohne Worte oder Auslegung, mit bloßen Bildern und Figuren tut, wie dies Buch der Offenbarung, und vieler heiligen Leute Träume, Gedichte und Bilder, welche sie vom Heiligen Geist haben, wie Apg. 2,17 Petrus aus Joel predigt: „Eure Söhne und Töchter sollen weissagen und eure Junglinge sollen Gesichte sehen, und eure Ältesten sollen Träume träumen.“ Und so lange solche Weissagung ungedeutet bleibt und keine gewisse Auslegung kriegt, ist’s eine verborgene, stumme Weissagung und noch nicht zu ihrem Nutz und Frucht gekommen, den sie der Christenheit geben soll.

    5. Wie denn auch diesem Buch bisher gegangen. Es haben wohl viel sich daran versucht, aber bis auf diesen Tag nichts Gewisses aufgebracht, etliche viel ungeschicktes Dinges aus ihrem Kopf hineingebraut. Um solcher ungewissen Auslegung und verborgenen Verstandes willen haben wir’s bisher auch lassen liegen, besonders weil es auch bei etlichen alten Vätern geachtet, dass es nicht St. Johannes des Apostels sei, wie in libro 3. Hist. Eccl. Cap. 25 steht, in welchem Zweifel wir’s für uns auch noch lassen bleiben, damit doch niemand gewehrt sein soll, dass er’s halte für St. Johannes des Apostels oder wie er will.

    6. Weil wir aber dennoch gerne die Deutung oder Auslegung gewiss hätten, wollen wir den andern und höhern Geistern Ursachen nachzudenken geben und unsere Gedanken auch an [den] Tag geben, nämlich so: Weil es soll eine Offenbarung sein künftiger Geschichte und besonders künftiger Trübsale und Unfall der Christenheit, achten wir, dass sollte der nächste und gewisseste Griff sein, die Auslegung zu finden, so man die ergangene Geschichte und Unfälle, in der Christenheit bisher ergangen, aus den Geschichten nähme, und dieselben gegen diese Bilder hielte, und so auf die Worte vergliche. Wo sichs’s alsdann würde fein miteinander reimen und eintreffen, so könnte man drauf fußen, als auf eine gewisse oder zum wenigsten als eine unverwerfliche Auslegung.

    7. Demnach halten wir, wie der Text zwar selbst sagt, dass die ersten drei Kapitel, so von den sieben Gemeinden und ihren Engeln in Asia reden, nichts anders wollen, als einfältig anzeigen, wie dieselben dazumal gestanden sind, und ermahnt werden, dass sie bleiben und zunehmen oder sich bessern sollen. Über das lernen wir daraus durch das Wort „Engel“ hernach in andern Bildern oder Geschichten verstehen Bischöfe und Lehrer in der Christenheit, etliche gut, wie die heiligen Väter und Bischöfe, etliche böse, wie die Ketzer und falschen Bischöfe, welcher doch mehr in diesem Buch stehen als jene.

    8. Im vierten und fünften Kapitel wird vorgebildet die ganze Christenheit, die solche zukünftige Trübsal und Pein leiden soll. Da sind 24 Älteste vor Gott (das sind alle Bischöfe und Lehrer einträchtig) mit dem Glauben gekrönt, die Christus, das Lamm Gottes, mit den Harfen loben, das ist, predigen und mit Räuchfassen dienen, das ist, im Beten sich üben. Das alles zu Trost den Christen, dass sie wissen sollen, die Christenheit soll dennoch bleiben in künftigen Plagen.

    9. Im sechsten gehen an die künftigen Trübsale, und erstlich leibliche Trübsale, wie da sind Verfolgung von der weltlichen Obrigkeit, welche ist der gekrönte Reiter mit dem Bogen auf dem weißen Ross. Ebenso Krieg und Blut, welche ist der Reiter mit dem Schwert auf dem roten Ross. Ebenso teure Zeit und Hunger, welche ist der Reiter mit der Waage auf dem schwarzen Ross. Ebenso Pestilenz und Drüse, welche ist der Reiter im Todesbild auf dem fahlen Ross. Denn diese vier Plagen folgen gewiss allezeit über die Undankbaren und Verächter des Wortes Gottes, neben andern mehr, Zerstörung und Änderung der Obrigkeiten, bis an den Jüngsten Tag, wie am Ende des sechsten Kapitels, V. 13, gezeigt wird, du die Seelen der Märtyrer solches auch treiben mit ihrem Geschrei.

    10. Im siebten und achten Kapitel geht an die Offenbarung von geistlichen Trübsalen, das sind mancherlei Ketzerei. Und wird abermals vorher ein Trostbild gestellt, da der Engel die Christen zeichnet, und den vier bösen Engeln wehrt, auf dass man abermals gewiss sei, die Christenheit werde auch unter den Ketzern fromme Engel und das reine Wort haben. Wie auch der Engel mit dem Räuchfass, das ist, mit dem Gebet zeigt. Solche guten Engel sind die heiligen Väter wie Spiridon, Athanasius, Hilarius und Nizänische Konzil und dergleichen.

    11. Der erste böse Engel ist Tatianus mit seinen Enkratiten, welche die Ehe verboten, ebenso aus Werken fromm sein wollten, wie die Juden. Denn die Lehre von der Werkheiligkeit musste die erste sein gegen das Evangelium, bleibt auch wohl die letzte; außer dass sie immer neue Lehrer und Namen kriegt, wie Pelagianer usw.

    12. Der andere ist Marcion mit seinen Kataphrygen, Manichäer, Montanisten usw., die ihre Geisterei rühmen über alle Schrift und fahren wie dieser brennende Berg zwischen Himmel und Erde, wie bei uns der Münzer und die Schwärmer.

    13. Der dritte ist Origenes, der durch die Philosophie und Vernunft die Schrift verbittert und verderbt hat, wie bei uns die hohen Schulen [Scholastik, Anm. d. Hrsg.] bisher getan.

    14. Der vierte ist Novatus mit seinen Katharen, welche die Buße versagten und vor andern die Reinsten sein wollten. Der Art waren die Donatisten hernach auch. Unsere Geistlichen aber sind schier alle viererlei. Die Gelehrten, die die Geschichten wissen, werden dies wohl auszurechnen wissen; denn es wäre zu lang, alles zu erzählen und zu beweisen.

    15. Im neunten [und] zehnten hebt sich der rechte Jammer; denn bisher die leiblichen und geistlichen Trübsale fast ein Scherz gewesen sind gegen diese künftigen Plagen. Wie auch der Engel am Ende des achten Kapitels, V. 13, selbst anzeigt, es sollen drei Wehe kommen; welche Wehe sollen die andern drei, das ist, der fünfte, sechste, siebte Engel ausrichten und damit der Welt ein Ende. Hier kommen beide, geistliche und leibliche Verfolgung, zusammen; derselben sollen drei sein. Die erste groß, die zweite noch größer, die dritte am allergrößten.

    16. So ist nun das erste Weh, der fünfte Engel, Arius, der große Ketzer, und seine Gesellen, der die Christenheit so greulich geplagt hat in aller Welt, dass wohl der Text hier sagt: Die frommen Leute wären lieber gestorben als solches gesehen; und haben doch solches müssen sehen und nicht sterben. Ja, er spricht, der Engel aus der Hölle, genannt Verderber, sei ihr König; als wollten sie sagen, der Teufel reite sie selbst. Denn sie nicht allein geistlich, sondern auch leiblich mit dem Schwert die rechten Christen verfolgt haben. Lies die Geschichte von den Arianern, so wirst du diese Figur und Worte wohl verstehen.

    17. Das andere Weh ist der sechste Engel, der schändliche Mohammed mit seinen Gesellen, den Sarazenen, welche mit Lehren und mit dem Schwert der Christenheit große Plage angelegt haben. Neben und mit demselben Engel, damit solches Weh desto größer sei, kommt dazu der starke Engel mit dem Regenbogen und bitterm Buch, das ist, das heilige Papsttum mit seinem großen geistlichen Schein, die Messen, und fassen den Tempel mit ihren Gesetzen, stoßen den Chor hinaus und richten eine Larvenkirche oder äußerliche Heiligkeit an.

    18. Im elften [und] zwölften werden zwischen solchen bösen Wehen und Plagen zwei Trostbilder gestellt: Eines von den zwei Predigern, und eines von der schwangeren Frau, die ein Knäblein ohne des Drachen Dank gebiert. Damit angezeigt wird, dass dennoch etliche fromme Lehrer und Christen bleiben sollen, beide unter den zwei vorigen Wehen und dem dritten künftigen Wehe. Und laufen nun die letzten zwei Wehe miteinander und greifen zugleich die Christenheit zur Letze an, und der Teufel damit endlich dem Fass den Boden ausstößt.

    19. So kommt nun im dreizehnten Kapitel (auf die Posaune des letzten unter den sieben Engeln, der im Anfang des zwölften Kapitels bläst) desselben siebten Engels Geschäft, dass dritte Wehe, nämlich das päpstliche Kaisertum und kaiserliche Papsttum. Hier kriegt das Papsttum auch das weltliche Schwert in seine Gewalt und regiert nun nicht allein mit dem Buch im zweiten Weh, sondern auch mit dem Schwert im dritten Weh. Wie sie denn rühmen, dass der Papst beide, [das] geistliche und weltliche Schwert, in seiner Macht habe.

    20. Hier sind nun die zwei Tiere: Eines ist das Kaisertum, das andere, mit den zwei Hörnern, das Papsttum, welches nun auch ein weltliches Reich geworden ist, doch mit dem Schein des Namens Christi. Denn der Papst hat das gefallene römische Reich wieder aufgerichtet und von den Griechen zu den Deutschen gebracht; und ist doch mehr ein Bild vom römischen Reich als des Reiches Körper selbst, wie es gewesen ist; dennoch gibt er solchem Bild Geist und Leben, dass es dennoch seine Stände, Rechte, Glieder und Ämter hat und geht etlichermaßen im Schwang. Das ist das Bild, das wund gewesen und wieder heil geworden ist.

    21. Was aber für Greuel, Weh und Schaden solches kaiserliches Papsttum getan hat, ist jetzt nicht zu erzählen. Denn erstlich ist die Welt durch sein Buch voll geworden aller Abgötterei mit Klöstern, Stiften, Heiligen, Wallfahrten, Fegfeuer, Ablass, Unehe und unzählige weitere Stücke der Menschenlehre und Werke usw. Zum andern, wer kann erzählen, wie viel Blut, Mord, Krieg und Jammer die Päpste haben angerichtet, beide mit eigenen kriegen und mit Aufreizen der Kaiser, Könige, Fürsten untereinander?

    22. Hier geht nun und läuft des Teufels letzter Zorn miteinander im Schwange: Dort gegen Morgen [Osten] das andere Wehe, Mohammed und die Sarazenen; hier gegen Abend [Westen], Papsttum und Kaisertum mit dem dritten Wehe; zu welchen, als Zugabe, der Türke, Gog und Magog, auch kommt, wie im zwanzigsten Kapitel folgen wird, und so die Christenheit in aller Welt und zu allen Seiten mit falschen Lehren und Kriegen, mit Buch und Schwert aufs allergreulichste und jämmerlichste geplagt wird. Das ist die Grundsuppe und die endliche Plage. Darauf folgen nun fast eitel Trostbilder vom Ende solcher aller Wehe und Greuel.

    23. Im 14. Kapitel fängt an Christus zuerst mit dem Geist seines Mundes zu töten (wie St. Paulus 2. Thess. 2,8 sagt) seinen Antichrist, und kommt der Engel mit dem Evangelium gegen das bittere Buch des starken Engels. Und stehen nun wiederum Heilige, auch Jungfrauen, um das Lamm her und predigen recht. Auf welches Evangelium folgt des andern Engels Stimme, dass die Stadt Babylon fallen soll und das geistliche Papsttum untergehen.

    24. Weiter folgt, dass die Ernte gehalten wird und die, so am Papsttum gegen das Evangelium beharren, außer der Stadt Christi, in die Kelter des göttlichen Zorns geworfen werden. Das ist, durchs Evangelium werden sie, als von der Christenheit gesondert, verurteil zum Zorn Gottes. Welcher ist viel, und die Kelter gibt viel Blut. Oder vielleicht mag noch wohl etwa eine redliche Strafe und Urteil vorhanden sein über unsere Sünden, die über die Maßen und überreif sind.

    25. Darnach im 15. Und 16. Kapitel kommen die sieben Engel mit den sieben Schalen; da nimmt das Evangelium zu und stürmt das Papsttum an allen Enden durch viele gelehrte, fromme Prediger, und wird des Tiers Stuhl, des Papsts Gewalt, finster, unselig und verachtet. Aber sie werden alle zornig und wehren sich getrost. Denn es gehen drei Frösche, drei unsaubere Geister, aus des Tiers Maul, reizen damit die Könige und Fürsten gegen das Evangelium. Aber es hilft nichts; ihr Streit geschieht doch zu Harmageddon. Die Frösche sind die Sophisten, wie Faber, Eck, Emser, die viel gäcken wider das Evangelium, und schaffen doch nichts und bleiben Frösche.

    26. Im 17. [Kapitel] wird das kaiserliche Papsttum und das päpstliche Kaisertum ganz von Anfang bis ans Ende in Ein Bild gefasst, und gleich in einer Zusammenfassung vorgestellt, wie es nicht sei (denn das alte römische Reich ist längst dahin), und sei doch (denn es sind ja etliche Länder und dazu die Stadt Rom auch noch da). Solches Bild wird hier vorgestellt, gleichwie man einen Übeltäter öffentlich vor Gericht stellt, dass er verurteilt werden soll, auf dass man wisse, wie dies Tier soll nun bald auch verdammt, und wie St. Paulus 2. Thess. 2,8 sagt, durch die Erscheinung der Zukunft unsers HERRN zerstört werden. Welches fangen an, wie er im Text sagt, auch des Papsttums Schutzherren, die es also jetzt schützen, dass die Geistlichen gar schier nackt sitzen werden.

    27. Im achtzehnten [Kapitel] geht nun an solche Zerstörung und geht die herrliche große Pracht zu Boden und hören auf die Stifträuber und Pfründendiebe, die Höflinge. Denn auch Rom darum hat müssen geplündert und durch ihren eigenen Schutzherrn gestürmt werden, zum Anfang der endgültigen ZerstörungB.

    28. Dennoch lassen sie nicht ab, suchen, trösten, rüsten und wehren sich; und, wie er hier sagt im neunzehnten Kapitel, nun sie mit der Schrift und Büchern nicht mehr können, und die Frösche ausgegäckt haben, greifen sie mit Ernst dazu und wollen’s mit Gewalt ausführen; sammeln Könige und Fürsten zum Streit. Aber sie laufen an. Denn der auf dem weißen Ross, der Gottes Wort heißt, der gewinnt, bis dass beide, Tier und Prophet, ergriffen, in die Hölle geworfen werden.

    29. Indes nun solches alles geht, kommt im zwanzigsten Kapitel auch herzu der Letzetrank, Gog und Magog, dser Türke, die roten Juden, welche der Satan so vor tausend Jahren gefangen gewesen und nach tausend Jahren wieder los geworden, bringt. Aber sie sollen mit ihm auch bald in den feurigen Pfuhl. Denn wir achten, dass dies Bild, als ein besonderes von den vorigen, um der Türken willen gestellt sei, und die tausend Jahre angefangen haben um die Zeit, da dies Buch geschrieben ist, und zur selben Zeit auch der Teufel gebunden sei. Doch muss die Rechnung nicht so genau alle Minuten treffen. Auf die Türken folgt nun flugs das Jüngste Gericht, am Ende dieses Kapitels, wie Dan. 7,7.8 auch zeigt.

    30. Zuletzt im einundzwanzigsten [Kapitel] wird der endliche Trost dargestellt, dass die heilige Stadt soll vollends bereitet und als eine Braut zur ewigen Hochzeit geführt werden, dass Christus alleine HERR sei und alle Gottlosen verdammt, samt dem Teufel in die Hölle fahren.

    31. Nach dieser Auslegung können wir dies Buch uns nütze machen und wohl gebrauchen. Erstlich zur Tröstung, dass wir wissen, wie dass keine Gewalt noch Lügen, keine Weisheit noch Heiligkeit, keine Trübsal noch Leid werden die Christenheit unterdrücken, sondern sie soll endlich den Sieg behalten und obliegen.

    32. Zum andern zur Warnung gegen das große, gefährliche, mannigfaltige Ärgernis, so sich begibt an der Christenheit. Denn dieweil so mächtige Gewalt und Schein sollte gegen die Christenheit fechten und sie so gar ohne alle Gestalt unter so viel Trübsalen, Ketzereien und anderen Gebrechen verborgen sein, ist [es] der Vernunft und Natur unmöglich, die Christenheit zu erkennen, sondern fällt dahin und ärgert sich an ihr, heißt das christliche Kirche, welches doch der christlichen Kirche ärgste Feinde sind, und wiederum heißt das verdammte Ketzer, die doch die rechte christliche Kirche sind; wie bisher unter dem Papsttum, Mohammed, ja bei allen Ketzern geschehen ist, und verlieren so diesen Artikel: „Ich glaube eine heilige christliche Kirche.“

    33. Gleichwie auch jetzt etliche Klüglinge tun, weil sie Ketzerei, Zwietracht und mancherlei Mangel sehen, dass viel falscher, viel loser Christen sind, urteilen sie flugs und frei: Es seien keine Christen da. Denn sie haben gehört, dass Christen sollen ein heiliges, friedsames, einträchtiges, freundliches, tugendreiches Volk sein; demnach meinen sie, es solle kein Ärgernis, keine Ketzerei, kein Mangel, sondern eitel Friede und Tugend da sein.

    34. Diese sollten dies Buch lesen und lernen die Christenheit mit andern Augen als mit der Vernunft anzusehen. Denn dies Buch (meine ich) zeige ja genug greulicher ungeheurer Tiere, scheußliche, feindselige Engel, wüste und schreckliche Plagen. Ich will der andern großen Gebrechen und Mängel schweigen, welche doch allzumal sind in der Christenheit und unter den Christen gewesen, das freilich alle Vernunft unter solchem Wesen die Christenheit hat müssen verlieren. Wir sehen ja hier klar, welch grausames Ärgernis und Mängel vor unsern Zeiten gewesen sind, da man doch meint, die Christenheit habe am besten gestanden, dass unsere Zeit ein goldenes Jahr gegen jene wohl zu rechnen wäre. Meinst du nicht, die Heiden haben sich auch daran geärgert und die Christen für mutwillige, lose, zänkische Leute gehalten?

    35. Es ist dies Stück: „Ich glaube eine heilige christliche Kirche“, ebenso wohl ein Artikel des Glaubens wie die andern. Darum kann sie keine Vernunft, wenn sie gleich alle Brillen aufsetzt, erkennen. Der Teufel kann sie wohl zudecken mit Ärgernissen und Rotten, dass du dich müssest dran ärgern. So kann sie Gott auch mit Gebrechen und allerlei Mangel verbergen, dass du musst darüber zum Narren werden und ein falsches Urteil über sie fassen. Sie will nicht ersehen, sondern erglaubt sein; Glaube aber ist von dem, das man nicht sieht, Hebr. 11,1.

    36. Und sie singt mit ihrem HERRN auch das Lied: „Selig ist, der sich nicht ärgert an mir.“ Es ist ein Christ auch wohl sich selbst verborgen, dass er seine Heiligkeit und Tugend nicht sieht, sondern eitel Untugend und Unheiligkeit sieht er an sich. Und du, grober Klügling, wollest die Christenheit mit deiner blinden Vernunft und unsaubern Augen sehen?

    37. Zusammenfassend, unsere Heiligkeit ist im Himmel, da Christus ist, und nicht in der Welt vor den Augen, wie ein Kram auf dem Markt. Darum lass Ärgernis, Rotten, Ketzerei und Gebrechen sein und schaffen, was sie mögen; so allein das Wort des Evangeliums bei uns rein bleibt, und wir’s lieb und wert haben, so sollen wir nicht zweifeln, Christus sei bei uns und mit uns, wenn’s gleich aufs ärgste geht, wie wir hier sehen in diesem Buch, dass Christus durch und über alle Plagen, Tiere, böse Engel dennoch bei und mit seinen Heiligen ist und endlich obliegt.

 

 

Einleitung

 

    Der Herr hatte der apostolischen Kirche die besondere Gabe der Prophetie verliehen, durch die sowohl die einfachen Christen als auch die Apostel in der Lage waren, zukünftige Ereignisse vorherzusagen. Prophetische Passagen finden sich in einer Reihe von Büchern des Neuen Testaments, zum Beispiel in 2. Thess. 2,3-10; 1. Tim. 4,1-3. Aber die Prophezeiung des letzten Buches der Bibel gehört zu jener besonderen Form der Vorhersage zukünftiger Ereignisse, die als Apokalypse bekannt ist. In ihr wird die Zukunft in Form von Visionen oder Bildern vor den Augen des Sehers enthüllt. So haben wir hier eine symbolische Geschichte der Geschicke der Kirche vom ersten Jahrhundert bis zum Ende der Zeit. „In einer Reihe von anschaulichen Bildern wurde Johannes gezeigt, wie sich die Kirche entwickeln, durch schreckliche Konflikte mit den bösen Mächten der Erde und der Hölle gehen und schließlich den Sieg erringen würde.“

    Der Autor des Buches nennt sich selbst Gottes Knecht Johannes, Kap. 1,1, ohne die Bezeichnung Apostel anzunehmen. Da er aber an sieben Gemeinden Kleinasiens schrieb und darüber hinaus als einer mit ungewöhnlicher Autorität, gibt es keinen Grund, die Überlieferung in Frage zu stellen, dass es der Apostel Johannes war, der die Offenbarung vom Herrn empfing und sie in diesem Buch niederschrieb. Er befand sich damals im Exil auf der Insel Patmos in der südöstlichen Ägäis vor der kleinasiatischen Küste und wurde an diesen gebirgigen, kargen und einsamen Ort verbannt „um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen“, Kap. 1,9. Es war am Tag des Herrn, an einem Sonntag, als Johannes diese Visionen erhielt, denn sein Geist befand sich durch den Einfluss Gottes in einem besonders losgelösten Zustand, der es ihm ermöglichte, im Geiste ferne Orte zu besuchen, während sein Körper auf Patmos war. Die Verbannung des Johannes fand wahrscheinlich während der Herrschaft des Kaisers Domitian statt, und das Buch wurde in den neunziger Jahren des ersten Jahrhunderts geschrieben.

    Das Buch der Offenbarung wurde an die sieben Gemeinden Kleinasiens geschrieben, die in Kap. 1,11 genannt werden. Es sollte ein unmittelbares Bedürfnis der Adressaten befriedigen, aber wie die anderen Bücher des Neuen Testaments dient es den Kindern Gottes zum Trost in den vielfältigen Prüfungen und Bedrängnissen, die das Los der Christusgläubigen bis zum Ende der Zeit sind. „Die Prophezeiung des endgültigen Triumphs des Reiches Gottes über alle feindlichen Mächte der Erde und der Hölle, die Verheißung des Kommens Christi, die Bilder des Himmels mit seiner Herrlichkeit und seinen Freuden sind für Millionen von Christen eine Quelle der Ermutigung, des Trostes und des Mutes gewesen.“

    Obwohl das Buch auf verschiedene Weise unterteilt werden kann, soll die folgende Gliederung zur Orientierung dienen. Nach der Einleitung können wir sieben Visionen unterscheiden. Die erste Vision zeigt uns Christus als Herrscher seiner Kirche, der die Gläubigen mit Hilfe seines Wortes regiert. In der zweiten Vision sehen wir ihn als König des Universums, der sogar das Böse zum Nutzen seiner Kirche kontrolliert und lenkt. In der dritten Vision erscheint Christus als Hoherpriester seiner Kirche, der es keinen falschen Geistern erlaubt, ihre Macht zu überwinden. Die vierte Vision zeigt den Kampf Christi mit dem Drachen, der Macht der gottlosen Welt, und mit dem Antichristen. Die fünfte Vision zeigt das rächende Gericht Gottes über die Feinde bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Auserwählten das Lied des Triumphs anstimmen. Die sechste Vision zeigt Christus als Sprengmeister des Drachens, der schließlich in den Abgrund geworfen wird. Die siebte Vision malt ein tröstliches Bild von der Vollendung des Reiches der Herrlichkeit im himmlischen Jerusalem. Das Buch schließt mit dem verlockenden Ausruf: „So komm denn, Herr, Jesus!“

 

 

Kapitel 1

 

Das Geheimnis der sieben Sterne und der sieben Leuchter (1,1-20)

    1 Dies ist die Offenbarung Jesu Christi, die ihm Gott gegeben hat, seinen Knechten zu zeigen, was in der Kürze geschehen soll; und hat sie gedeutet und gesandt durch seinen Engel zu seinem Knecht Johannes, 2 der bezeugt hat das Wort Gottes und das Zeugnis von Jesus Christus, was er gesehen hat. 3 Selig ist, der da liest, und die da hören die Worte der Weissagung und behalten, was darin geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe.

    4 Johannes den sieben Gemeinden in Asien: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist, und der da war, und der da kommt, und von den sieben Geistern, die da sind vor seinem Stuhl, 5 und von Jesus Christus, welcher ist der treue Zeuge und Erstgeborne von den Toten und ein Fürst der Könige auf Erden; der uns geliebt hat und gewaschen von den Sünden mit seinem Blut 6 und hat uns zu Königen und Priestern gemacht vor Gott und seinem Vater:  demselben sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. 7 Siehe, er kommt mit den Wolken; und es werden ihn sehen alle Augen, und die ihn gestochen haben; und werden heulen alle Geschlechter der Erde. Ja, Amen. 8 Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht der HERR, der da ist, und der da war, und der da kommt, der Allmächtige.

     9 Ich, Johannes, der auch euer Bruder und Mitgenosse an der Trübsal ist und am Reich und an der Geduld Jesu Christi, war auf der Insel, die da heißt Patmos, um des Wortes Gottes willen und des Zeugnisses Jesu Christi. 10 Ich war im Geist an des HERRN Tag und hörte hinter mir eine große Stimme wie einer Posaune, 11 die sprach: Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte; und was du siehst, das schreibe in ein Buch und sende es zu den Gemeinden in Asien, nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamus und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodicea.

    12 Und ich wandte mich um, zu sehen nach der Stimme, die mit mir redete. Und als ich mich wandte, sah ich sieben goldene Leuchter 13 und mitten unter den sieben Leuchtern einen, der war eines Menschen Sohn gleich, der war angetan mit einem Kittel und begürtet um die Brust mit einem goldenen Gürtel. 14 Sein Haupt aber und sein Haar waren weiß wie weiße Wolle, wie der Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme 15 und seine Füße gleich wie Messing, das im Ofen glüht, und seine Stimme wie groß Wasserrauschen; 16 und hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Mund ging ein scharfes, zweischneidiges Schwert, und sein Angesicht leuchtete wie die helle Sonne.

    17 Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie ein Toter. Und er legte seine rechte Hand auf mich und sprach zu mir: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte 18 und der Lebendige. Ich war tot; und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel der Hölle und des Todes. 19 Schreibe, was du gesehen hast, und was da ist, und was geschehen soll danach, 20 das Geheimnis der sieben Sterne, die du gesehen hast in meiner rechten Hand, und die sieben goldenen Leuchter. Die sieben Sterne sind Engel der sieben Gemeinden, und die sieben Leuchter, die du gesehen hast, sind sieben Gemeinden.

 

    Die Überschrift (V. 1-3): Von Anfang an beansprucht der Autor für sein Buch die göttliche Urheberschaft: Die Apokalypse Jesu Christi, die Gott ihm gegeben hat, um seinen Dienern zu zeigen, was bald geschehen wird; und er hat sie durch seinen Engel zu seinem Diener Johannes gesandt und ihm Zeichen gegeben. Normalerweise ist die Zukunft vor den Augen der Menschen verborgen; die Kenntnis von Ereignissen, die sich erst noch ereignen werden, ist eine Angelegenheit des Vorherwissens Gottes. Aber wie in anderen Fällen, so machte er auch hier eine Offenbarung, eine Enthüllung; er zog den Schleier beiseite, der die Geheimnisse der Zukunft vor den Augen der Gläubigen verbirgt. Es handelte sich um eine Offenbarung Jesu Christi, die dem Sohn vom Vater mitgeteilt worden war, wobei der eingeborene Sohn Gottes erneut als Bote und Prophet auftrat, um den Menschen die Wahrheit Gottes kundzutun. Diese Botschaft richtete sich an die Diener des Herrn, an die Christen, und ihr Inhalt bestand in der Mitteilung bestimmter Ereignisse, die nach dem Willen und der Erkenntnis Gottes bald eintreten sollten, Ereignisse von großer Bedeutung für die Geschichte der Kirche. Indem er auf diese Weise die Zukunft enthüllte, sandte der Herr seine Botschaft durch einen Engel, einen der Geister, deren Aufgabe darin besteht, ihm zu dienen und seine Befehle auszuführen. Er offenbarte sie Johannes in Visionen, nicht in ausdrücklichen Worten und genauer Sprache, sondern in Bildern, deren Bedeutung in gewisser Weise erklärt wird.

    Auf diese Weise sollte die Botschaft zu den Menschen gebracht werden: Er bezeugte das Wort Gottes und das Zeugnis von Jesus Christus, was er sah. Johannes war das Werkzeug oder Mittel zur Verbreitung der Botschaft, die er empfangen hatte. Der Inhalt seines Zeugnisses war das Wort Gottes, das Wort, das von Gott kam und von Gott sprach, und das Zeugnis von Jesus Christus, dem Erlöser. Die gesamte apostolische Lehre ist diese Botschaft von Gott und von seinem Sohn Jesus Christus, in dem er sich offenbart hat. In diesem Buch aber hat Johannes die besonderen Wahrheiten des Evangeliums niedergeschrieben, die er in den Visionen sah, die ihm auf so wundersame Weise zuteil geworden waren.

    Von den Lesern sagt er in sehr allgemeiner Weise: Wohl dem, der liest, und denen, die das Wort der Weissagung hören und festhalten an dem, was darin geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe. Dies ist die erste der sieben Seligpreisungen in der Offenbarung und steht absichtlich an der Spitze des gesamten Buches. Nicht alle Christen jener Tage konnten lesen, da viele von ihnen Sklaven waren. Deshalb werden sowohl derjenige, der die Worte dieser Botschaft anderen vorlas, als auch diejenigen, die sie hörten und beachteten, selig genannt. Denn es genügt nicht, die Prophezeiung, das Wort des Herrn, nur mechanisch zu lesen und zu hören; denn es geht hier nicht um bloße Vorhersage, sondern um religiöse Wahrheit und Unterweisung auf dem Weg des Heils. Es erfordert ein sorgfältiges und festes Halten, ein Befolgen seiner Anweisungen, ein Verlassen auf seine tröstlichen Verheißungen in festem Glauben, Luk. 11,28. Diese Haltung ist umso dringender erforderlich, als „die Zeit“ nahe ist, wir leben in Gottes letzter Stunde der Welt. Wie Luther sagt, ist dies keine Zeit, um faul zu sein und zu schlafen. Wachsamkeit im Gebet muss die Christen in diesen letzten Tagen schwerer Bedrängnis kennzeichnen.

 

    Der Prolog (V. 4-8): Dieser Absatz bringt den Grundgedanken und -ton des gesamten Buches, dessen Sätze sich mit majestätischer Größe vorwärts bewegen. Das zeigt sich schon in der Anrede: Johannes an die sieben Gemeinden, die in Asien sind: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind, und von Jesus Christus, dem treuen Zeugen, dem Erstgeborenen der Toten und dem Fürsten der Könige auf Erden. Die Wirkung dieses Grußes ist überwältigend in seiner Erhabenheit und Schönheit. Johannes wendet sich an die sieben Gemeinden in der Provinz Asien, die sieben Hauptstationen, in denen das Wort Gottes Fuß gefasst hat, Gemeinden, deren Zustand uns ein Bild von den Verhältnissen der Kirche Christi bis zum Ende der Zeit vermitteln kann. Der Gruß enthält die Zusammenfassung des Evangeliums: Gnade, die freie Gunst und Liebe, die der Sünder in der Botschaft von der Erlösung hat, durch die Barmherzigkeit des Vaters, durch das Sühnopfer des Sohnes, durch die Heiligung des Geistes; Friede, die Wirkung der Gnade, die auf die Versöhnung des Sünders mit Gott folgt, Röm. 5,1, der Friede Gottes, der alle Erkenntnis übersteigt. Das ist der Segen Jahwes, dessen, der von Ewigkeit zu Ewigkeit ist, der da war, bevor die Berge entstanden, der bald kommen wird, um die Welt in Gerechtigkeit zu richten, Jesus Christus, der Messias. Wenn Christus zur endgültigen Erlösung der Seinen kommt, um über seine Feinde zu Gericht zu sitzen, wird er sich als der offenbaren, der von Anfang an war, derselbe in allen Ewigkeiten. Die großen geistlichen Segnungen kommen auch von den sieben Geistern vor dem Thron der Gnade, von dem siebenfachen Geist: dem Heiligen Geist, dem Geist der Weisheit und der Erkenntnis, der Gnade und des Gebets, der Kraft und der Macht, der Heiligung und der Gottesfurcht, Jes. 11,2. Die Segnungen werden durch das Amt Jesu Christi vermittelt, der ein treuer Zeuge ist, ein Zeuge für die Wahrheit des Evangeliums, Joh. 3,32; 1. Petr. 2,22. Er hat seine Botschaft mit seinem Blut und seinem Tod besiegelt, aber er hat auch den Tod besiegt und ist als der Erstgeborene von den Toten auferstanden, 1. Kor 15,23. Und nun, da er zur Rechten der göttlichen Macht erhoben ist, ist er der Fürst der Herrscher auf Erden, der Herr der Herren und der König der Könige, Ps. 2.

    An diesen erhabenen Christus richtet Johannes nun eine Doxologie: Dem, der uns geliebt hat und uns durch sein Blut von unseren Sünden befreit und uns zu einem Königreich gemacht hat, zu Priestern Gottes und seines Vaters, ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen. Die ewige Liebe, die Christus in seinem Herzen für uns hatte, hat sich durch den unzweifelhaftesten Beweis gezeigt: Er hat uns um den Preis seines eigenen Lebens von unseren Sünden befreit, indem er sein Blut als Lösegeld für uns gab. Dadurch hat er uns in ein Verhältnis zu ihm gebracht, das herrliche Vorrechte einschließt. Er hat uns zu seinem Reich gemacht, wir sind Könige vor ihm, 2. Mose 19,6. Gleichzeitig sind wir Priester für Gott und seinen Vater: Durch den Opfertod Christi haben wir das Privileg eines intimen Zugangs zu Gott. Wir sind eine königliche Priesterschaft, ein auserwähltes Geschlecht, ein besonderes Volk, 1. Petr. 2,9. Alle unsere Feinde sind vor uns besiegt, und wir sind Erben des ewigen Himmelreichs. Dafür geben wir ihm allein ewiges Lob, Herrlichkeit und Macht; das ist unser wahres priesterliches Opfer.

    Der Apostel nimmt nun den Gedanken wieder auf, der durch die Doxologie unterbrochen wurde: Siehe, er kommt auf den Wolken, und jedes Auge wird ihn sehen, auch die, die ihn durchbohrt haben, und alle Stämme der Erde werden über ihn heulen. Ja, Amen. Der Prophet denkt hier an den großen Tag, an dem die Majestät des Herrn erscheinen wird, an den großen Tag des Gerichtes. Mit oder auf den Wolken wird er erscheinen, Matth. 26,64; Dan. 7,13. Die Augen aller Menschen werden Ihn sehen, wenn Er zum Gericht kommt, und diejenigen, die Seine Hände, Füße und Seiten mit Nägeln und der Lanze durchbohrt haben, alle gottlosen Menschen der ganzen Erde, denen diese Sünde aufgrund ihres Unglaubens angelastet wird, werden Ihn als ihren Richter wiederkommen sehen, denn dann wird es für Reue zu spät sein. Alles, was die Ungläubigen an jenem Tag tun können und werden, ist, um Ihn zu weinen und zu heulen, in hilflosem Schrecken vor dem schrecklichen Schicksal, das sie vor Augen haben, zu wimmern. Das ist die feierliche, furchtbare Wahrheit.

    Nun wird der Herr selbst als Redner vorgestellt: Ich bin das Alpha und das Omega, spricht Gott der Herr, der ist und der war und der kommt, der Allmächtige. Alpha und Omega, als erster und letzter Buchstabe des griechischen Alphabets, sind Bezeichnungen für den Anfang und das Ende und werden passend von Ihm und durch Ihn verwendet, der von Ewigkeit her wahrer Gott mit dem Vater ist, Jes. 41,4; 44,6; 45,12. Wie der Vater, so ist auch Christus von Ewigkeit zu Ewigkeit, und er ist der allmächtige Gott. Kein Feind ist zu mächtig für ihn, nicht einmal die Heerscharen Satans; alles ist unter seine Füße gestellt. Das ist der große Trost der Gläubigen, das sichere Fundament, auf dem ihr Glaube ruht.

 

    Auftrag an Johannes zu schreiben (V. 9-11): Zum dritten Mal nennt Johannes mit feierlichem Nachdruck seinen Namen: Ich, Johannes, dein Bruder und Gefährte in der Trübsal und im Reich und in der Geduld in Jesus Christus, habe mich auf der Insel, die Patmos heißt, um des Wortes Gottes und um des Zeugnisses Jesu willen befunden. Johannes weiß nichts von hierarchischen Bestrebungen: Er erwähnt nicht einmal sein besonderes Amt. Mit ruhiger Genugtuung bezeichnet er sich als Bruder der Gläubigen, an die er schreibt, und als ihr Begleiter in jeder Form christlicher Erfahrung. Vgl. Phil. 1,7. Alle Gläubigen haben Anteil an den Drangsalen, die über Christus gekommen sind; sie wissen, dass sie in dieser Welt nichts anderes erwarten können. Aber zugleich haben Johannes und alle Gläubigen Anteil am Reich Christi, das in den Augen der Menschen das elendeste und in den Augen Gottes das seligste ist, und deshalb haben wir auch Anteil an der Geduld Christi, denn die Trübsal, die um Christi willen ertragen wird, wirkt die Geduld, Röm. 15,5; Phil. 1,29; Hebr. 12,1. So werden wir befähigt, auszuharren, standhaft zu sein inmitten aller Not und Bedrängnis und Trübsal dieses Lebens. - Johannes sagt, dass er sich auf der Insel Patmos befand, dass er durch ein kaiserliches Dekret aus Ephesus verbannt wurde. Aber es war nicht so, dass er als Verbrecher die gebührende Strafe für irgendein Verbrechen erleiden musste. Er war dort um des Wortes Gottes willen, das er so furchtlos gepredigt hatte: wegen seines Zeugnisses von Jesus Christus, zu dem er sich so bereitwillig bekannte. Es war eine Form des Martyriums, das Johannes in der Verbannung erlitt.

    Johannes beschreibt nun die Art und Weise, wie er die Offenbarung des Herrn zum ersten Mal erhielt: Ich befand mich im Geist am Tag des Herrn, und ich hörte hinter mir eine große Stimme wie von einer Posaune, die sprach: Was du siehst, schreibe in ein Buch und sende es zu den sieben Gemeinden: nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamos und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodizea. Diese Offenbarung wurde Johannes am Tag des Herrn, an einem Sonntag, zuteil, wahrscheinlich während er mit seiner speziellen Sonntagsandacht beschäftigt war. Das ganze Buch macht, wie ein Kommentator bemerkt, den Eindruck, als gehöre es zum Sonntag; es hat etwas von einem Feiertag, etwas Festliches an sich. Johannes befand sich im Geiste, in jener eigentümlichen Ekstase, die den Geist vom Körper trennte, wie sie gewöhnlich bei besonderen prophetischen Offenbarungen auftritt (Hes. 37,1; Dan. 10; 2. Kor. 12,17. Während er sich in diesem Zustand befand, schien es ihm, als ob der Klang einer großen Trompete hinter ihm ertönte, und die Stimme in dem Klang beauftragte ihn, die Beschreibung der Visionen, die er sehen würde, zu Papier zu bringen und das Buch an die sieben Hauptgemeinden der Provinz Asien zu senden. Ephesus war die wichtigste Stadt dieses Bezirks, der am Golf von Kajstrien in Lydien liegt. Smyrna lag etwa vierzig Meilen nördlich von Ephesus am Smyrnäischen Golf; sie hat stetig an Bedeutung gewonnen und ist heute die größte Stadt am Ostufer der Ägäis. Pergamos oder Pergamon, etwa sechzig Meilen nordöstlich von Smyrna in Mysien gelegen, war die Hauptstadt eines ehemaligen kleinen, aber wohlhabenden Königreichs, das für seine prächtige Bibliothek bekannt war. Thyatira war eine Stadt in Lydien, die an der Straße von Pergamos nach Sardes lag, einer wohlhabenden Industriestadt. Sardes, dreißig Meilen südlich von Thyatira, war die alte Hauptstadt von Krösus, dem reichen König von Lydien, dessen Reich von Kyros dem Großen gestürzt wurde. Philadelphia, etwa fünfundzwanzig Meilen südöstlich von Sardes, ebenfalls in Lydien, war das Zentrum einer reichen landwirtschaftlichen Region. Laodicea schließlich, die Hauptstadt von Phrygien, etwa fünfzig Meilen von Philadelphia entfernt, war für ihren Wohlstand bekannt, was ihr eine große Unabhängigkeit bescherte. Man beachte, dass die Reihenfolge der Namen einem Rundgang entspricht, wie man ihn von Ephesus aus im Uhrzeigersinn machen würde.[1]

 

    Das Gesicht (Vision) von dem Sohn des Menschen (V. 12-16): Johannes berichtet vor allem, welchen Eindruck die Stimme auf ihn machte: Und ich drehte mich um, um die Stimme zu sehen, die mit mir sprach. Nicht aus bloßer Neugier, sondern getrieben von der Kraft von oben, die sich in allen Visionen zeigt, wandte sich Johannes um, um zu sehen, wem die Stimme gehörte, die zu ihm sprach. Der Ausdruck ist absichtlich in einer seltsamen Form gewählt, um die Aufmerksamkeit auf die Stimme, das Wort Christi, zu lenken.

    Johannes beschreibt nun, was er sah: Und als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter, und in der Mitte der Leuchter einen, der einem Menschensohn glich, bekleidet mit einem langen Gewand und gegürtet mit einem goldenen Gürtel über der Brust. Der Prophet sah nicht einen einzigen Leuchter mit sieben Lampen, 2. Mose 25,37; Sach. 4,2.10, sondern sieben einzelne Kressen oder Leuchter. Die Zeit der jüdischen Kirche war vorbei, und deshalb war ihr Symbol nicht mehr in Gebrauch. Es werden sieben Lampen erwähnt, die für sieben Gemeinden stehen, denn diese bilden nicht die Kirche, sondern die gesamte Kirche spiegelt sich in ihnen wider. In der Mitte der Kressen stand der, der wie ein Menschensohn war, Dan. 7,13. Die Gemeinden sind untrennbar mit ihrem Haupt und Zentrum Jesus verbunden, der mit der Würde und Autorität eines Hohenpriesters inmitten der Kressen seines Tempels wohnt und sich bewegt. Darauf deutet das lange, bis zu den Füßen reichende Gewand hin, das im Orient ein Zeichen der Würde war, vgl. Jes. 6,1, sowie durch den goldenen Gürtel um die Brust, der das fließende Gewand am besten zur Geltung brachte und die Majestät des Trägers noch verstärkte. Man beachte, dass Christus als menschenähnlich beschrieben wird; er besitzt eine wahrhaft menschliche Natur, aber mit dieser ist die Majestät seiner ewigen Gottheit verbunden, die ihn weit über ein bloßes menschliches Wesen erhebt. Er ist sowohl unser Hohepriester als auch unser König.

    Die Beschreibung geht weiter: Sein Haupt und sein Haar waren weiß wie Wolle, weiß wie Schnee, und seine Augen waren wie eine Feuerflamme, und seine Füße waren wie glühende Bronze, die im Ofen glüht, und seine Stimme war wie das Rauschen vieler Wasser. Vgl. Dan. 7,9. Wie in der alttestamentlichen Prophezeiung der Vater, der Alte der Tage, mit weißem Haar dargestellt wird, so wird Christus hier in gleicher Weise als der ewige Gott gezeigt, Jes. 9, 6. Die Augen wie Feuerflammen bezeichnen die Verbindung von brennendem Eifer und heiliger Allwissenheit in einem, dessen Wesen Sündhaftigkeit und Unreinheit in jeder Form verabscheut. Das Wort, das mit "Messing" übersetzt wird, bezeichnet eine Legierung von Metallen, die unserer Bronze sehr ähnlich zu sein scheint. Seine Füße waren wie dieses Metall, als es in der großen Hitze des Ofens glühte und schmolz. Wo er hingeht, verbreitet er Schrecken auf den Wegen derer, die ihn abgelehnt haben; er ist wie ein verzehrendes Feuer für die Ungläubigen. Seine Stimme war wie ein gewaltiges Rauschen vieler Wasser, Dan. 10,6, die die Feinde der Kirche bedroht und sie an ihren Plänen gegen die Heiligen des Herrn hindert.

    Schließlich schreibt der Apostel: Und er hatte in seiner rechten Hand sieben Sterne und ein zweischneidiges, scharfes Schwert, das aus seinem Munde hervorging, und sein Aussehen war wie die Sonne, die in ihrer Kraft leuchtet. Die sieben Sterne sind die Engel oder Diener der sieben Gemeinden, V. 20. Diese hält er in seiner rechten Hand, um anzuzeigen, dass sie ihm gehören, dass er sie durch seine allmächtige Macht hält und schützt, Johannes 10,28. Das scharfe, zweischneidige Schwert, das aus dem Munde des Herrn hervorgeht, ist sein Wort, der Hauch seines Mundes, Hebr. 4,12, mächtig, alle Gottlosen und Widersacher zu überwinden, Jes. 49,2; 11,4; 2. Thess. 2,8. Seine ganze Erscheinung, der Eindruck, den Johannes von der ganzen Vision erhielt, war der einer Gestalt, die von Strahlen des stärksten Sonnenlichts umgeben war, die einen größeren Glanz ausstrahlte als die Sonne zur Mittagszeit und durch Nebel und Wolken hindurchdrang. Die Gläubigen empfangen Licht und Kraft von ihm, aber die Ungläubigen schrumpfen und verdorren vor der Macht seines heiligen Blicks.

 

    Christus befiehlt Johannes zu schreiben (V. 17-20): Die erste und unmittelbare Wirkung der Vision auf Johannes: Und als ich ihn sah, fiel ich wie tot zu seinen Füßen, und er legte seine rechte Hand auf mich und sprach. Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige; und ich war tot, und siehe da! Ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle. Das ist die erste Wirkung der majestätischen Erscheinung des Herrn: tödlicher Schrecken und Furcht. Der sündige Mensch kann den Glanz und die Reinheit des heiligen Gottes nicht ertragen, 1. Mose 16,14; Jes. 6,5. Aber zugleich liegt in der Erscheinung des Herrn in dieser Vision ein wunderbarer Trost, denn es ist für seine Feinde unmöglich, vor ihm zu bestehen. Aus diesem Grund legte der Herr seine Hand auf Johannes mit der Zusicherung eines wunderbaren Trostes. Der kostbare Ruf des Evangeliums "Fürchte dich nicht" sollte ihm alle Angst aus dem Herzen nehmen und ihn mit Vertrauen und Zuversicht erfüllen. Was für den Herrn Jehova gilt, Jes. 44, 6, gilt auch für Christus: Er ist der Erste und der Letzte, er ist von Ewigkeit zu Ewigkeit, die Zuflucht und die Stärke aller Gläubigen bis zum Ende der Zeit. Er ist der Lebendige, Joh. 5,21.26. Er ist die Auferstehung und das Leben; wer an ihn glaubt, wird leben, auch wenn er tot ist; und wer lebt und an ihn glaubt, wird niemals sterben, Joh. 11,25.26. Christus war tot, er hat wirklich sein Leben für die Schuld der Menschen in den Tod gegeben, aber sein letzter Schrei am Kreuz, mit dem er seinen Geist in die Hände seines himmlischen Vaters übergab, war ein Siegesschrei, Joh. 10,18; Röm. 6,9.10. Durch seinen Sieg über Tod und Hölle ist Christus der Lebendige von Ewigkeit zu Ewigkeit, auch nach seiner menschlichen Natur. Und Er hat die Schlüssel des Todes und der Hölle, unbegrenzte Macht zu retten und zu verdammen. Diejenigen, die Ihn im wahren Glauben als den Erlöser der Welt annehmen, werden aus Seinen Händen das ewige Leben mit all der damit verbundenen unaussprechlichen Seligkeit empfangen; diejenigen, die Sein Sühnopfer ablehnen, werden das Urteil des ewigen Todes und der Verdammnis empfangen. Erhabene Majestät und Macht sind in jedem Wort, das der Herr spricht, erkennbar.

 

    Mit dieser Autorität bekleidet, befiehlt er nun: Schreibe auf, was du gesehen hast, und was ist und was nach diesem geschehen soll, das Geheimnis der sieben Sterne, die du zu meiner Rechten gesehen hast, und der sieben goldenen Leuchter. Der Inhalt der gesamten Reihe von Visionen, die sowohl die Gegenwart als auch die Zukunft betrafen, sollte von Johannes in einem Buch festgehalten werden. Die Angelegenheiten der Gegenwart waren vor allem diejenigen, von denen in den sieben Briefen an die asiatischen Gemeinden die Rede war. Der Herr wollte Johannes erklären, was er mit den sieben Sternen, V. 16, und mit den sieben Leuchtern oder Kressen, V. 12, meinte; er hatte eine Botschaft für seine Christen zu jener Zeit und für alle nachfolgenden Zeitalter. Er selbst erklärt es: Die sieben Sterne sind die Engel der sieben Gemeinden, und die sieben Leuchter sind die sieben Versammlungen. Die Engel sind die Diener des Herrn, die Hirten der Gemeinden, die Sterne genannt werden, weil sie die himmlische Lehre verkünden, Mal. 2,7; Dan. 12,3. Und die Gemeinden sind goldene Kressen oder Leuchter durch Christus, der ihnen den wahren Wert und Schmuck gibt, und durch sein Evangelium, das das Licht in ihnen ist. Dieses Licht soll sowohl von den einzelnen Christen als auch von den ganzen Gemeinden ausgehen, sowohl im christlichen Bekenntnis als auch im christlichen Verhalten; beides ist der Hauptglanz der Kirche auf Erden.

 

Zusammenfassung: Der Prophet leitet das Buch seiner Visionen mit einer Überschrift, einem Prolog und mit einem Bericht über seinen Schreibauftrag ein, den ihm der Herr Jesus Christus selbst, der große Hohepriester des Neuen Testaments, erteilt hat.

 

 

Kapitel 2

 

Die Hirtenbriefe an die Gemeinden in Ephesus, Smyrna, Pergamus und Thytira (2,1-29)

 

Der Brief an die Gemeinde zu Ephesus (2,1-7)

    1 Und dem Engel der Gemeinde zu Ephesus schreibe: Das sagt, der da hält  die sieben Sterne in seiner Rechten, der da wandelt mitten unter den sieben güldenen Leuchtern: 2 Ich weiß deine Werke und deine Arbeit und deine Geduld, und dass du die  Bösen nicht tragen kannst und hast versucht die, so da sagen, sie seien Apostel, und sind’s nicht, und hast sie Lügner erfunden, 3 und verträgst und hast Geduld, und um meines Namens willen arbeitest du und bist nicht müde geworden. 4 Aber ich habe gegen dich, dass du die erste Liebe verlässt. 5 Gedenke, wovon du gefallen bist, und tu Buße und tu die ersten Werke! Wenn aber nicht, werde ich dir kommen bald und deinen Leuchter wegstoßen von seiner Stätte, wenn du nicht Buße tust. 6 Aber das hast du, dass du die Werke der Nikolaiten hasst, welche ich auch hasse. 7 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt: Wer überwindet, dem will ich zu essen geben von dem Holz [Baum] des Lebens, das im Paradies Gottes ist.

 

    Die sieben offenen Hirtenbriefe, die im Buch der Offenbarung enthalten sind, haben alle den gleichen Aufbau: den Befehl zu schreiben, unterstützt durch eine Beschreibung der Person und des Amtes Christi; den Hauptteil des Briefes mit einem Zeugnis über den Zustand der Gemeinde, einer Ermahnung zur Umkehr oder Standhaftigkeit und einer Prophezeiung der Zukunft; eine Verheißung an die siegreichen Gläubigen.

    Die Gemeinde in Ephesus war durch den Apostel Paulus gegründet worden, Apg. 18,19, der dort drei Jahre lang trotz vieler Schwierigkeiten sehr erfolgreich wirkte, Apg. 20,31; 1. Kor. 15,32; 16,9. Später waren Aquila und Priscilla, Apollos und Timotheus in der Gemeinde in Ephesus tätig, Apg. 18,16.24; 1. Tim. 1,2.3. Seit dem Tod des Paulus und wahrscheinlich auch des Timotheus hatte der heilige Johannes in Ephesus gewohnt, wenn man sich auf den historischen Bericht in diesem Fall verlassen kann. Was Paulus in Bezug auf diese Gemeinde vorausgesagt hatte, Apg. 20,17-29, war in Erfüllung gegangen. Deshalb diktierte der Herr der Kirche selbst diesen Brief an Johannes: „Schreibe dem Engel der Gemeinde in Ephesus: Dies sagt der, der die sieben Sterne in seiner rechten Hand hält, der umhergeht inmitten der sieben goldenen Leuchter.“ Der Brief ist an den Pfarrer der Gemeinde gerichtet, denn er trägt die erste Verantwortung für die Seelen, die ihm anvertraut sind; er soll sowohl über die Lehre als auch über das Leben wachen. Es ist der Herr der Kirche, der hier spricht. Er, der die Hirten der sieben Gemeinden in seiner schützenden Hand hält, Er, der nicht nur inmitten der Kressen steht, sondern unter ihnen umhergeht. Er will, dass die christlichen Gemeinden als Lichter in dieser Welt der sündigen Finsternis leuchten, aber Er weiß auch, dass sie ständiger Erneuerung und Pflege bedürfen, und Er ist bereit, ihnen beizustehen, damit ihr Licht nicht flackert und verblasst.

    Die ersten Worte des Herrn sind Worte des Lobes: Ich kenne deine Werke und deine harte Arbeit und deine Ausdauer, und dass du die Bösen nicht erträgst und die auf die Probe gestellt hast, die behaupten, Apostel zu sein, und es nicht sind, und sie als Lügner befunden hast, und du hast Ausdauer und hast um meines Namens willen ausgehalten und bist nicht müde geworden. Nichts entgeht der Aufmerksamkeit des allwissenden Herrn, nichts ist seiner interessierten Suche verborgen. Er kannte die Werke des Glaubens, die in der Gemeinde von Ephesus vollbracht wurden, die harte Arbeit derer, die im Dienst und in den vielen Werken der Nächstenliebe tätig waren, die ausdauernde Geduld gegenüber den schwachen Brüdern im Innern und die Gefahren von außen. Vgl. 1. Tim. 3,1; 5,17. Auch in der Gemeinde zu Ephesus herrschte eine sorgfältige Wachsamkeit, ein heiliger Eifer für die Wahrheit, der es nicht zuließ, dass offensichtlich böse Menschen Mitglieder blieben. Männer, die behaupteten, Apostel und Überbringer neuer Offenbarungen zu sein, wurden auf eine harte Probe gestellt und ihr Betrug und ihre Falschheit aufgedeckt. Die Christen von Ephesus zeichneten sich dadurch aus, dass sie inmitten schwerster Bedrängnisse litten und ertrugen und ausharrten, ihr Kreuz auf sich nahmen und dem Herrn klaglos nachfolgten. Sie zeigten wahre christliche Ausdauer und hoffnungsvolle Geduld. Alle Schande, die über sie hereinbrach, alle Verfolgung von Seiten der Welt konnte ihnen nicht den Mut des Glaubens nehmen. Um des Namens Christi willen, den sie trugen, blieben sie treu; sie wurden nicht müde und matt. Merke: Wahrer christlicher Lebenswandel, Treue im Dienst des Herrn, rechte brüderliche Zucht, festes Festhalten an der reinen Lehre, Geduld und Ausdauer inmitten von Feindschaft und Bedrängnis: all das sollten Kennzeichen jeder christlichen Gemeinde sein.

    Eine Zurechtweisung und eine Warnung: Aber ich habe gegen dich, dass du die erste Liebe verlassen hast. Es ist ein trauriges „aber“, das eine solche Rüge einleitet. Trotz der vielen lobenswerten Faktoren in der Gemeinde in Ephesus bestand dieser traurige Zustand, dass sie das erste Feuer und den Eifer für die Wahrheit, für das Wort des Evangeliums, für die Ehre des Herrn, die in den frühen Tagen der Gemeinde so herausragend gewesen waren, verlassen hatten. Sie waren nicht mehr von jener Seligkeit erfüllt, die das Wesen der ersten Erfahrung des Gläubigen mit der Liebe Gottes ist; die Augenlider ihres Geistes waren schwer geworden, sie waren in Gefahr, einzuschlafen, Matth 25,5. Es war dieselbe Erfahrung, die seither unzählige Male gemacht wurde, wo Gemeinden über zwei oder mehr Generationen hinweg gegründet wurden. Der Herr ruft daher aus: So gedenke nun, woher du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke; wo nicht, so komme ich zu dir und werde deinen Leuchter von seiner Stätte entfernen, wenn du nicht Buße tust. Die Gemeinde zu Ephesus hätte auf den Höhen der ersten Liebe bleiben und in ihrer Zuneigung zum Herrn des Heils immer stärker werden sollen, Hohelied des Sal. 8,6.7. Da sie nun von dieser Vollkommenheit, von diesem idealen Zustand abgefallen war, gab es nur einen Weg, das Verhältnis zwischen dem Herrn und seiner Gemeinde wiederherzustellen, nämlich durch aufrichtige Reue, durch eine Rückkehr zu den ersten Werken, wie sie mit Liebe zum Herrn erfüllt waren, wie sie Gott durch Jesus Christus gefielen. Sollten sie sich weigern, diese treue Ermahnung zu hören, dann würde der Herr sich gezwungen sehen, mit den Christen von Ephesus hart umzugehen, indem er das Licht seines Evangeliums aus ihrer Mitte wegnimmt. Das ist, wie die Geschichte der christlichen Kirche zeigt, in Dutzenden von Fällen die Folge von Gleichgültigkeit gewesen; und diese Warnung wird nicht weniger streng durch die hinzugefügte Bedingung, dass Umkehr wesentlich ist, wo die erste Liebe nicht mehr in den christlichen Gemeinden zu finden ist.

    Gleichzeitig enthält der Herr der Gemeinde in Ephesus nicht das Lob vor, das sie verdient: Dies aber hast du, dass du die Werke der Nikolaiten hasst, die ich auch hasse. Die Nikolaiten, benannt nach einem gewissen Nikolaus, den manche mit dem Diakon dieses Namens identifizieren (Apg. 6,5), waren eine Sekte, deren Mitglieder die christliche Freiheit in Freizügigkeit verwandelten, indem sie religiöse Sinnlichkeit und Unsittlichkeit praktizierten und versuchten, viele heidnische Bräuche in die christliche Kirche einzuführen. Der Hass, den die Gemeinde von Ephesus als solche gegen die Lebensweise dieser Wüstlinge zeigte, bewies, dass die Lebensweise der Welt in ihrer Mitte noch nicht die Oberhand gewonnen hatte. Darin hatten sie die nachdrückliche Zustimmung des Herrn, der diesen Hass gegen heidnische Gräuel unbedingt aufrechterhalten will, weil er ein eifersüchtiger Gott ist und Unreinheit in der Kirche, die er durch sein Blut erlöst hat, nicht ertragen kann.

    Die Verheißung des Herrn: Wer Ohren hat, der höre, was der Geist zu den Gemeinden sagt: Wer überwindet, dem werde ich gewähren, vom Baum des Lebens zu essen, der im Paradies Gottes ist. Dies ist ein eindringlicher Appell zur Aufmerksamkeit, der sich in erster Linie an die Christen in Ephesus, aber auch an die Gläubigen überall und zu allen Zeiten richtet. Jeder, der Ohren zum Hören hat, sollte sie in sorgfältiger Anwendung von Geist und Herz auf diese Verheißung des Herrn richten. Es ist der Geist Christi, der spricht, und die Worte sind die Worte des Heiligen Geistes, 1. Kor 2,13. Jedem, der die vielen Feinde und Gefahren, die sich ihm in diesem Leben in den Weg stellen, besiegt oder überwindet, jedem, der durch die Kraft des Glaubens die Versuchungen des Lebens erfolgreich durchsteht, wird der Herr aus freier Gnade und Liebe gewähren, von der Frucht des Baumes des Lebens zu essen. Adam und Eva verloren durch ihre Übertretung des göttlichen Gebots das irdische Paradies mit dem Baum des Lebens, 1. Mose 3, 24. Wir Christen aber freuen uns auf das himmlische Paradies in der Gegenwart Gottes und Jesu Christi, unseres Erlösers, in dem wir für immer zu seiner Rechten die Fülle der Freude und unaussprechliche Seligkeit haben werden. Die Beziehung Christi zu Gott garantiert seine Verheißung eines solchen Vorrechts, denn Christi Gabe ist Gottes Gabe, Röm. 6,23.

 

Der Brief an die Gemeinde zu Smyrna (V. 9-11)

    8 Und dem Engel der Gemeinde zu Smyrna schreibe: Das sagt der Erste und der Letzte, der tot war und ist lebendig geworden: 9 Ich weiß deine Werke und deine Trübsal und deine Armut (du bist aber reich) und die Lästerung von denen die da sagen, sie sind Juden, und sind’s nicht, sondern sind des Satans Synagoge. 10 Fürchte dich vor der keinem, das du leiden wirst. Siehe, der Teufel wird etliche von euch ins Gefängnis werfen, auf dass ihr versucht werdet; und werdet Trübsal haben zehn Tage. Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben. 11 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt: Wer überwindet, dem soll kein Leid geschehen von dem andern Tod.

 

    Im Fall von Ephesus war es der innere Verfall, der den Hirtenbrief veranlasste, im Fall von Smyrna waren es Feindschaft und Verfolgung von außen. Auch in diesem Fall gibt es eine feierliche Einleitung: Und dem Engel der Gemeinde in Smyrna schreibe: Dies sagt der Erste und der Letzte, der tot war und lebendig geworden ist. Die gesamte Botschaft sollte der Gemeinde durch ihren Pfarrer übermittelt werden, der hier als Verantwortlicher angesprochen wird. Der Herr nennt sich selbst wiederum den Ersten, weil er vor Anbeginn der Welt, von Ewigkeit her, war, und den Letzten, weil er der ewige Gott ist. Er war tot, nicht nur dem Anschein nach, sondern in der Tat; er hat sein Leben für seine Freunde und die ganze Welt hingegeben: wir sind mit Gott versöhnt durch den Tod seines Sohnes, Röm. 5,10. Aber er blieb nicht im Tod; er wurde lebendig, durch seine eigene allmächtige Kraft hat er seine Seele in seinen Leib zurückgebracht. So ist er die Quelle des Lebens in denen, die an ihn glauben; durch den Glauben an ihn können sie dem Tod spotten, der durch das Sühnewerk Christi seinen Stachel verloren hat.

    Der Herr richtet Worte der Ermutigung an die Christen von Smyrna: Ich kenne deine Bedrängnis und deine Armut (du aber bist reich) und die Lästerung von Seiten derer, die behaupten, Juden zu sein, und es nicht sind, sondern die Synagoge des Satans. Das war das Kreuz, das die Gemeinde in Smyrna zu tragen hatte, die Feindschaft der Juden. Diese Gegnerschaft der Juden erschöpfte sich nicht in kleinen Gemeinheiten, bösen Reden und Verleumdungen: Durch ihre Machenschaften verloren die Christen auch ihre irdischen Güter, Geld und Besitz. Durch verschiedene Anschuldigungen wurden die Gläubigen um alles beraubt, was sie in dieser Welt besaßen; sie ertrugen den Entzug all dessen, was ihnen ihre irdische Arbeit eingebracht hatte. Und doch waren sie, wie der Herr ihnen sagt, reich, denn sie hatten noch die Gnade ihres Herrn Jesus Christus, sie hingen noch an der Liebe ihres himmlischen Vaters; sie hatten den Reichtum der göttlichen Barmherzigkeit im Evangelium, 2. Kor 6,10. Was die Feinde der Christen betrifft, so bezeichnet das Urteil des Herrn sie als Synagoge des Satans, denn der Satan ist der Lügner von Anfang an, und in seiner Schule werden die Lästerer ausgebildet.

    Noch mehr Ermutigung ist in den nächsten Worten enthalten: Fürchte dich nicht vor dem, was dir bestimmt ist zu leiden. Der Herr verspricht ihnen keine Erleichterung oder Befreiung vom Leiden. Seine Worte deuten vielmehr darauf hin, dass weitere Verfolgungen bevorstehen, und die Geschichte zeigt, dass die nächsten Jahrzehnte den Christen in diesem Teil Kleinasiens Prüfungen verschiedener Art brachten. Und doch sagt der Herr ihnen, dass sie sich nicht fürchten und nicht die geringste Sorge um ihre Sicherheit haben sollen. Ohne seinen Willen oder seine Erlaubnis könne ihnen kein einziges Haar gekrümmt werden. Sie sollen von der Kraft des Glaubens erfüllt sein, der sicher in den Händen des Vaters ruht, wie auch immer die Wechselfälle des Lebens sein mögen, Ps. 46,2.3. Und das, obwohl es ihnen gesagt wird: Siehe, es wird dem Teufel gelingen, einige von euch ins Gefängnis zu werfen, damit ihr geprüft werdet, und ihr werdet zehn Tage Bedrängnis haben. Das war eine Form der Verfolgung, die von der Regierung ausging, aber, wie der Herr sagt, auf Betreiben des Teufels, der das Wort des Evangeliums hasst und bis heute dieselben Methoden anwendet, um die Ausbreitung der Kirche zu verhindern. Schon die Aussage, dass diese Trübsal und Prüfung nur für eine bestimmte Zeit sein wird, zeigt, dass der Herr nicht zulassen wird, dass die Seinen über das hinaus geprüft werden, was sie zu ertragen vermögen, 1. Kor 10,13.

    Deshalb ruft er ihnen die goldenen Worte zu: Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben. Gerade die Verfolgungen, die die Christen dazu bringen sollten, ihren Glauben aufzugeben, dienten dazu, sie zu stärken. Die Schlacke wird im Schmelzofen des Scheiders verbrannt, aber das Gold bleibt. So wird der Glaube des Christen in der Schule der Verfolgungen erprobt; denn gerade in solchen Zeiten hat er Gelegenheit, seine Treue zu seinem Herrn zu beweisen. Und der Herr wird nicht zulassen, dass diese Treue nicht belohnt wird. Die Krone des Lebens, das ewige Leben selbst, ist der Lohn der Gnade für den Triumph des Glaubens, für die Treue des Gläubigen. Wie Könige und Priester werden wir mit Kränzen beschenkt werden, in einem ewigen Fest werden wir vor und mit unserem Herrn in den himmlischen Wohnungen leben, Jak. 1,12. Dieser Gedanke wird in einer zweiten Verheißung wiederholt: Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt: Wer überwindet, dem wird der zweite Tod nichts anhaben können. Der Geist Christi, der Geist der Wahrheit, sagt dies zu allen Gemeinden, zu allen Gläubigen. Jeder, der überwindet, der sich als Überwinder in der Kraft Gottes erweist, mag die Schmerzen des zeitlichen Todes an seinem Leib spüren, die Schwäche seiner alten sündigen Natur mag ihn in der Krankheit zucken und klagen lassen und vor dem Gespenst des Todes zurückschrecken. Wer aber Christus bis zum Ende bekennt und im wahren Glauben an ihm festhält, der wird den zweiten Tod nicht sehen, wird nicht ins Gericht und in die Verdammnis kommen, sondern durch den Tod hindurch ins Leben gehen. Der zeitliche Tod wird für ihn ein Eingang in die ewigen Wohnungen der Freude sein.

 

Der Brief an die Gemeinde zu Pergamus (V. 12-17)

    12 Und dem Engel der Gemeinde zu Pergamus schreibe: Das saget, der da hat das scharfe, zweischneidige Schwert: 13 Ich weiß, was du tust, und wo du wohnst, da des Satans Stuhl ist, und hältst an meinem Namen und hast meinen Glauben nicht verleugnet, auch in den Tagen, in welchen Antipas, mein treuer Zeuge, bei euch getötet  ist, da der Satan wohnt. 14 Aber ich habe ein Kleines gegen dich, dass du daselbst hast, die an der Lehre Bileams halten, welcher lehrte durch den Balak ein Ärgernis aufrichten vor den Kindern Israel, zu essen der Götzenopfer und Hurerei treiben. 15 So hast du auch, die an der Lehre der Nikolaiten halten. Das hasse ich. 16 Tu Buße; wenn aber nicht, so werde ich dir bald kommen und mit ihnen kriegen durch das Schwert meines Mundes. 17 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt: Wer überwindet, dem will ich zu essen geben von dem verborgenen Manna und will ihm geben ein gutes Zeugnis und mit dem Zeugnis einen neuen Namen geschrieben, welchen niemand kennt, als der ihn empfängt.

    Wie in den anderen Briefen stellt sich der Herr auch hier mit der Erwähnung einer besonderen Eigenschaft vor: Und dem Engel der Gemeinde in Pergamon schreibe: Das sagt der, der ein zweischneidiges, scharfes Schwert hat. Auf diese Weise war der Herr dem Johannes erschienen, Kap. 1,16, um die durchdringende Kraft seines Wortes zu bezeichnen, Hebr. 4,12. Das Wort der Kraft sollte dem Pastor der Gemeinde in Pergamon in seiner offensichtlich schwierigen Lage helfen. Seinem Zeugnis sollte es unter den gegebenen Umständen nicht an Schärfe und durchdringender Kraft fehlen. Alle Hirten sollen das Wort so predigen, wie es geschrieben steht, ungeachtet der Tatsache, dass ihre Verkündigung für den einen ein Geschmack des Lebens zum Leben und für den anderen ein Geschmack des Todes zum Tod ist, 2. Kor 2,16.

    Der Herr beschreibt die Situation, wie sie in Pergamon bestand: Ich kenne deine Werke und weiß, wo du wohnst, wo der Thron des Satans ist; und du hältst an Meinem Namen fest und hast den Glauben an Mich nicht verleugnet in den Tagen, als Antipas, Mein Zeuge, der Mir treu war, in deiner Mitte getötet wurde, wo der Satan wohnt. Die Aussage, dass der Satan in der Stadt Pergamon thronte und wohnte, bezieht sich wahrscheinlich auf den Götzendienst, der in dieser Stadt und in diesem Bezirk betrieben wurde. Denn Pergamon war nicht nur ein Zentrum der Kaiserverehrung in Kleinasien, wo dem römischen Kaiser göttliche Ehre erwiesen wurde, sondern dort wurde auch der heidnische Gott Äskulap, der Gott der Ärzte, und Zeus Soter, der Hauptgott der griechischen Mythologie, angebetet. All dies war für die christliche Religion besonders abstoßend, die alle Götzen und ihren Kult mit allem Nachdruck als Erfindungen Satans verurteilte. So befand sich die christliche Gemeinde in Pergamon in einer schwierigen Lage. Der Herr erkennt daher die Treue der Gläubigen an, die unter sehr schwierigen Bedingungen an seinem Namen, an dem Bekenntnis ihres christlichen Glaubens festhielten. Selbst als Antipas oder Antipater, der gegen Ende des Jahrhunderts Bischof von Pergamon gewesen sein soll, den Märtyrertod erlitt und damit das erste prominente Opfer in der Ortskirche wurde, wichen sie nicht zurück, verleugneten oder verleugneten die Wahrheit nicht, die sie angenommen hatten. Für diese Haltung werden sie vom Herrn hoch gelobt.

    Aber auch hier gab es Anlass zu einer strengen Rüge: Aber ich habe einiges gegen dich, dass du dort solche hast, die an der Lehre Bileams festhalten, der Balak lehrte, den Kindern Israel einen Stein in den Weg zu legen, Götzenopfer zu essen und Unzucht zu treiben; ebenso hast du auch solche, die an der Lehre der Nikolaiten festhalten. Obwohl der Herr die Gemeinde von Pergamon hoch gelobt hatte, war die hier ausgesprochene Zurechtweisung notwendig geworden. Eine Minderheit der Gemeinde hatte sich mit gefährlichen Übertretungen verseucht, und die Schuld der Mehrheit war Gleichgültigkeit. Sinnlichkeit und fleischliche Sünden wurden geduldet. Der Herr verweist auf Bileam, der, nachdem sein Versuch, die Kinder Israels zu verfluchen, vereitelt worden war, 4. Mose 22-25; 31,8-16, Balak, den König der Moabiter, veranlasste, den Kindern Israel eine Falle zu stellen, indem er sie von den moabitischen Frauen zu heidnischem Kult und den damit verbundenen schändlichen Orgien und sexuellen Lastern verführen ließ. Es scheint, dass einige Mitglieder der Gemeinde in Pergamon so lax geworden waren, dass sie bewusst an allen obszönen Praktiken der Götzenanbetung teilnahmen, und dass sie sexuelle Ausschweifungen als harmlosen Genuss ansahen; die Nikolaiten vertraten diese Lehre ganz offen. Vgl. V.6. Diese Irrlehrer verführten die einheimischen Christen auf dieselbe Weise, wie es Bileam gelungen war, die Israeliten ins Verderben zu locken.

    Der Warnruf des Herrn: Tue Buße; wenn aber nicht, so komme ich bald zu dir und werde mit ihnen kämpfen mit dem Schwert meines Mundes. Obwohl nur wenige Mitglieder der Gemeinde tatsächlich in diese Sünde verwickelt waren, hatte sich doch die gesamte Kirche durch ihre tolerante Haltung vor dem Herrn schuldig gemacht. Das Krebsgeschwür nicht zu entfernen und keine Gegenmaßnahmen zu ergreifen, kam einer Beihilfe zu den Schuldigen gleich. So verlangte der Herr von der ganzen Gemeinde Buße für die Sünde der Laxheit in der christlichen Disziplin. Und sollte die Gemeinde diesen Gesinnungswandel verzögern, dann wird der Herr selbst sie heimsuchen. Nicht mit der Macht der Regierung, sondern mit dem Schwert seines Wortes will er gegen die Übeltäter vorgehen. Er hat Mittel und Wege, starke Zeugen für die Wahrheit zu erwecken und allen, die sich zur christlichen Wahrheit bekennen, zu zeigen, dass er sich nicht verhöhnen lässt. Laxheit in der christlichen Disziplin ist immer eine große Gefahr für eine Gemeinde, denn nicht nur wird die ganze Gemeinde schuldig an den Übertretungen einiger weniger, sondern das Übel wird sich unweigerlich ausbreiten, wenn es nicht bekämpft wird, denn „ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig“.

    Der Herr schließt diesen Brief mit einer herrlichen Verheißung: Wer Ohren hat, der höre, was der Geist zu den Gemeinden sagt: Wer überwindet, dem gebe ich zu essen von dem verborgenen Manna, und ich gebe ihm einen weißen Stein mit einem neuen Namen, den niemand kennt als nur der Empfänger. Es ist wiederum der Geist Gottes, der Geist der Kraft, der diese Verheißung nicht nur den Christen in Pergamon, sondern zu allen Zeiten und an allen Orten gibt. Wer alle Bedrängnisse und Gefahren auf seinem Weg überwindet, dem wird der Herr himmlische Speise geben, verborgenes Manna, Joh. 6,31-35, wobei Christus selbst die wahre geistliche Speise ist, die alle Bedürfnisse der Seele stillt. Wie wir hier in der Zeit Christus und alle seine Segnungen durch die Mittel der Gnade wahrhaftig empfangen, so werden wir später im Himmel, am ewigen Sabbat, seine Herrlichkeit in ihrer ganzen Fülle genießen. Dort werden die Gläubigen auch einen feinen weißen Edelstein erhalten, der ein Zeugnis des Heiligen Geistes für ihren Glauben ist. Wie ihre Namen durch Gottes ewige Liebe in seine Hände geschrieben wurden, so sind sie hier auf den Edelsteinen der Ewigkeit eingeschrieben, weil sie zum himmlischen Jerusalem gehören, wo sie ihre Sohnschaft des Vaters durch die Lehre Christi sehen und genießen werden, ohne Ende.

 

 

Der Brief an die Gemeinde zu Thyatira (2,18-29)

    18 Und dem Engel der Gemeinde zu Thyatira schreibe: Das sagt der Sohn Gottes, der Augen hat wie die Feuerflamme und seine Füße gleich wie Messing: 19 Ich weiß deine Werke und deine Liebe und deinen Dienst und deinen Glauben und deine Geduld, und dass du je länger je mehr tust. 20 Aber ich habe ein Kleines gegen dich, dass du lässt das Weib Isebel, die da spricht, sie sei eine Prophetin, lehren und verführen meine Knechte, Hurerei treiben und Götzenopfer essen. 21 Und ich habe ihr Zeit gegeben, dass sie sollte Buße tun für ihre Hurerei; und sie tut nicht Buße. 22 Siehe, ich werfe sie in ein Bett, und die mit ihr die Ehe gebrochen haben, in große Trübsal, wenn sie nicht Buße tun für ihre Werke. 23 Und ihre Kinder will ich zu Tode schlagen. Und sollen erkennen alle Gemeinden, dass ich bin, der die Nieren und Herzen erforscht; und ich werde geben einem jeglichen unter euch nach euren Werken.

    24 Euch aber sage ich und den anderen, die zu Thyatira sind, die nicht haben solche Lehre, und die nicht erkannt haben die Tiefen des Satans (wie sie sagen): Ich will nicht auf euch werfen eine andere Last. 25 Doch was ihr habt, das haltet, bis dass ich komme. 26 Und wer da überwindet und hält meine Werke bis ans Ende, dem will ich Macht geben über die Heiden. 27 Und er soll sie weiden mit einer eisernen Rute, und wie eines Töpfers Gefäß soll er sie zerschmeißen, 28 wie ich von meinem Vater empfangen habe; und will ihm geben den Morgenstern. 29 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!

 

    Lob und Verweis für die Gemeinde zu Thyatira (V. 18-23): Dies ist der längste der sieben Pastoralbriefe, und er zeigt die besonderen Verhältnisse in der kleinen Stadt Thyatira, der Heimat der frommen Lydia, Apg. 16,14.15. Auch dieser Brief beginnt mit einer charakteristischen Beschreibung des Autors: Und dem Engel der Gemeinde in Thyatira schreibe: Das sagt der Sohn Gottes, der seine Augen hat wie eine Feuerflamme und seine Füße wie glühende Bronze. Vgl. Kap. 1,15. Als ein Richter voll heiligen Zorns, als ein verzehrendes Feuer wird Jesus, der Sohn Gottes, hier vorgestellt, als einer, von dem seine Feinde eine sichere und schreckliche Strafe zu erwarten haben.

    Wie bei den anderen Gemeinden beginnt der Herr mit einem Lobpreis: Ich kenne deine Werke und deine Liebe und deinen Glauben und deinen Dienst und dein geduldiges Ausharren, und deine letzten Werke mehr als die ersten. Das ist ein hohes Lob für eine christliche Gemeinde und spricht für den christlichen Eifer der Lydia, von der allgemein angenommen wird, dass sie diese Gemeinde gegründet hat. Die Gemeinde von Thyatira als solche zeichnete sich durch ihren Fleiß in Werken und Diensten der Liebe, der Nächstenliebe aus. Dies waren die natürlichen Früchte des Glaubens, den die große Mehrheit der Geschwister noch immer besaß. Eine weitere Frucht dieses Glaubens war das geduldige Ausharren inmitten der Verfolgungen, die von Seiten der Feinde angezettelt wurden. Es wird ihnen sogar das Zeugnis gegeben, dass sie in den Werken des Christentums beständige Fortschritte gemacht hatten, dass ihr Nutzen für alle sichtbar war, Gal. 6,9; 1. Thess. 4,1; 1. Tim. 4,15.

    Gleichzeitig gab es aber Zustände, die den Herrn mehr als beunruhigten: Aber ich habe gegen dich, dass du dieses Weib Isebel zulässt, die sich für eine Prophetin ausgibt und meine Knechte lehrt und verführt, Unzucht zu treiben und Götzenopfer zu essen; und ich habe ihr Zeit gegeben, dass sie Buße tue, und sie will nicht Buße tun von ihrer Unzucht. Offensichtlich wurden hier die Verhältnisse in Pergamon verschärft. Im Alten Testament gab es eine Isebel, die Frau des Königs Ahab, die die Kinder Israels zum Götzendienst, zum Dienst des Baal mit seinem obszönen Kult, zu vielen Gräueln und unzüchtigen Handlungen verführt hatte. Der Name Isebel war daher ein passender Name für die falsche Prophetin in Thyatira, deren Hauptverlockung in der Lehre zu bestehen scheint, dass die Christen die fleischlichen Begierden überwinden sollten, indem sie den Begierden des Fleisches bis zur Sättigung und Überdruss nachgaben, und dass sie sich an allen Gräueln der Heiden beteiligen sollten, um Einfluss auf sie zu gewinnen. Das Ergebnis war, dass viele Diener des Herrn, viele wahre Christen, zu einem Leben des Götzendienstes, der Ausschweifung, der Unmoral und der sexuellen Laster verführt wurden. Sie waren in einen wahren Abgrund der Bosheit gestürzt, in dem die abscheulichsten Werke der Finsternis begangen wurden, unter dem Vorwand, dies sei das Christentum im fortgeschrittenen Stadium. Der Herr hatte dieser unmoralischen Prophetin bereits eine Warnung zukommen lassen und ihr Zeit zur Umkehr gegeben, aber sie beharrte hartnäckig auf ihrem unzüchtigen Kurs und verachtete die Nachsicht Gottes. Und all das ließ die Gemeinde zu; sie wussten um den unaussprechlichen Schmutz, der sich in ihrer Mitte befand, und taten nichts, um den Schandfleck, den Makel, aus der Gemeinde zu entfernen.

    Deshalb tadelt der Herr die Gemeinde und fügt beiläufig die Drohung hinzu: „Siehe, ich werde sie auf eine Krankheitsliege werfen und die Ehebrecher mit ihr in großes Elend, wenn sie sich nicht von ihren Werken bekehren; und ihre Kinder werde ich ganz und gar umbringen, und alle Gemeinden sollen erfahren, dass ich der bin, der Zügel und Herzen erforscht, und ich werde euch geben, einem jeden, nach euren Werken.“ Die Geduld des Herrn ist fast erschöpft, und dann wird Er sich als der schreckliche Richter erweisen. Die falsche Prophetin selbst wollte er mit Krankheit und Pest heimsuchen, und alle, die ihrer unmoralischen Lehre folgten und sich in irgendeiner Form der Unzucht schuldig machten, würde er in einen solchen Abgrund des Elends stürzen, dass sie die Macht seines Zorns zu spüren bekämen. Anmerkung: Mitten in dieser schrecklichen Drohung bietet der Herr den Sündern volle Amnestie an, wenn sie nur Buße tun. Körperliche Not und Krankheit sollten nicht nur über die Männer und Frauen kommen, die es der Prophetin in ihrer Zügellosigkeit gleichtaten, sondern ihre Sünde sollte auch ihre Kinder heimsuchen, die der Herr auszurotten drohte. So wollte der Herr durch dieses eine Beispiel gerechten Zorns und gerechter Strafe eine nachdrückliche und feierliche Warnung an alle Gemeinden im ganzen Bezirk oder in der ganzen Provinz, ja an alle Gemeinden bis ans Ende der Zeit richten, um zu zeigen, dass er den innersten Sinn und das innerste Herz erforscht, dass keine Übertretung vor seinen Augen verborgen ist und dass er die Übeltäter nach ihren Werken bestrafen wird. Er mag nicht immer so offen zuschlagen, aber es ist dennoch wahr, dass niemand seiner rächenden Gerechtigkeit entgehen kann.

 

    Eine Ermahnung und Warnung an die Gemeinde zu Thyatira (V. 24-29): Diese Worte sind an die Gläubigen in Thyatira gerichtet: "Euch aber sage ich, den Übrigen in Thyatira, die nicht an dieser Lehre festhalten, die die Abgründe des Satans nicht kennen, wie sie sagen: Ich lege euch keine weitere Last auf. Es gab einige, die nicht von den unmoralischen Lehren der falschen Prophetin verführt worden waren, die sich von ihrer Zügellosigkeit unbefleckt gehalten hatten. Auch wenn die Wüstlinge behaupteten, dies sei der Gipfel der Vollkommenheit, dass sie die Abgründe des Satans ergründen, in die tiefsten Tiefen unmoralischen Wissens und Handelns eintauchen und dennoch an Leib und Seele unversehrt bleiben könnten, so wussten die wahren Christen, dass dies nur ein Vorwand war, um sich fleischlichen Ausschweifungen hinzugeben, und bewahrten daher eine strenge und kompromisslose Distanzierung. Diesen Menschen wollte der Herr keine weitere Last auferlegen. Er war geneigt, ihre Nachlässigkeit im Umgang mit dem Bösen in ihrer Mitte als Schwäche, als Mangel an richtiger Erkenntnis zu betrachten.

    Gleichzeitig mahnt er aber auch: Haltet nur, was ihr habt, bis ich komme. Sie sollen fest an ihrem christlichen Glauben und seinem Bekenntnis festhalten, an ihrer Liebe, ihrem Dienst und ihrer Geduld, an ihrer Weigerung, sich den Wüstlingen in ihren schrecklichen Sünden anzuschließen. Er sagt, dass sein Besuch, sein Kommen, bald zu erwarten ist; er will, dass sie treu und wahrhaftig sind, dass sie die Schlechtigkeit und das Böse in jeder Form überwinden.

    Auch den treuen Christen verspricht der Herr: Wer überwindet und meine Werke bis ans Ende bewahrt, dem will ich Macht geben über die Heiden, und er soll sie mit eisernem Stab regieren und sie zerschmettern wie die Krüge eines Töpfers, wie ich es von meinem Vater empfangen habe, und ich will ihm den Morgenstern geben. Das ist sicherlich ein herrliches Ziel, das den Christen vor Augen gehalten wird. Jeder, der die vielen Angriffe Satans, der Welt und seines eigenen bösen Fleisches überwindet und fest an Christi Wort und an den Werken festhält, durch die Christus seine Heiligung in ihm vollzieht und vervollkommnet, wird des Triumphes Christi teilhaftig werden. Denn wie von ihm geweissagt wurde, Ps. 2,8.9, dass er über die Heiden, über die Völker herrschen werde, dass ihm unbegrenzte Macht über sie gegeben werde, so wird er die, die an ihn glauben, bis ans Ende dieser Herrlichkeit und Macht teilhaftig machen. Die Gläubigen sollen und werden die Welt an der Seite ihres großen Herrn und Erlösers richten. Dort, wo die Herrlichkeit der Ewigkeit anbricht, wird ihnen der Glanz des ewigen Lebens nach den dunklen Qualen dieses Jammertals leuchten. Und damit die Christen die eindringliche Ermahnung und die herrliche Verheißung des Herrn nicht vergessen, schließt er mit dem eindringlichen Aufruf: Wer Ohren hat zu hören, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt.

 

Zusammenfassung: Der Herr diktiert seinem Diener Johannes Hirtenbriefe an die Gemeinden in Ephesus, Smyrna, Pergamus und Thyatira, in denen er die Christen für ihren Zustand und ihren Fortschritt lobt, sie aber auch für alle Mängel in Lehre und Leben tadelt, die in ihrer Mitte zu finden sind.

 

 

Kapitel 3

 

Die Hirtenbriefe an die Gemeinden in Sardes, Philadelphia und Laodizea (3,1-22)

 

Der Brief an die Gemeinde zu Sardes (3,1-6)

    1 Und dem Engel der Gemeinde zu Sardes schreibe: Das sagt, der die Geister Gottes hat und die sieben Sterne: Ich weiß deine Werke; denn du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot. 2 Sei wacker und stärke das andere, das sterben will; denn ich habe deine Werke nicht völlig erfunden vor Gott. 3 So gedenke nun, wie du empfangen und gehört hast, und halte es und tu Buße! So du nicht wirst wachen, werde ich über dich kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, welche Stunde ich über dich kommen werde. 4 Du hast auch wenig Namen zu Sardes, die nicht ihre Kleider besudelt haben; und sie werden mit mir wandeln in weißen Kleidern; denn sie sind’s wert. 5 Wer überwindet, der soll mit weißen Kleidern angelegt werden, und ich werde seinen Namen nicht austilgen aus dem Buch des Lebens, und ich will seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln. 6 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!

 

    Hier ist ein Bild von geistlichem Verfall und Verderben, das zu den traurigsten im ganzen Neuen Testament gehört. Der Herr stellt sich wieder in seiner gewohnt feierlichen Weise vor: Und dem Engel der Gemeinde zu Sardes schreibe: Dies sagt der, der die sieben Geister Gottes hat und die sieben Sterne. Vgl. Kap. 1,4.16.20. Auf dem Pastor dieser Gemeinde ruhte eine ungewöhnlich schwere Verantwortung, und er würde über die Zustände in der ihm anvertrauten Gemeinde mit einer sehr strengen Abrechnung Rechenschaft ablegen müssen. Der Herr betont mit Nachdruck, dass der siebenfache Geist Gottes sein ist, Jes. 61,1-6, dass die verschiedenen Gaben und geistlichen Segnungen des Geistes kraft des Sühnewerks Christi auf die Gläubigen kommen. Der Herr hat auch die sieben Sterne, die sieben Diener dieser Gemeinden, in seiner Hand. Er ist der Herr seiner Kirche und jeder einzelnen Gemeinde; er schützt und beschirmt seine Diener, aber er verlangt auch, dass sie ihm nach strengster Abrechnung Rechenschaft ablegen.

    Das erste Wort des Herrn ist eine scharfe Zurechtweisung: Ich kenne deine Werke, denn du hast den Namen, dass du lebst, und du bist tot. Taten des Lebens, der wahren geistlichen Kraft, erwartete der Herr von seiner Gemeinde, und statt dessen fand er nur Beweise des Todes. Vor den Menschen hatte die Gemeinde noch den Namen, den Ruf, geistlich lebendig und aktiv zu sein. Andere Christen, wahrscheinlich beeindruckt von der großen Zahl derer, die sich in Sardes zum Christentum bekannten, hielten sie für eine hellwache Gemeinde. Aber der Herr sah und kannte den tatsächlichen Zustand, und er legt ihn in zwei Worten dar: Du (bist) tot. Vgl. Matth. 23,27. Merke: Nicht die Größe der Kirche oder die Zahl der Köpfe macht eine Gemeinde aus, sondern die tatsächliche Zahl derer, die aufrichtig an Jesus Christus glauben und diesen Glauben in ihrem ganzen Leben unter Beweis stellen.

    Der Herr spricht deshalb eine eindringliche Mahnung aus: Wacht auf und stärkt den Rest, der am Sterben ist. Der Herr wendet sich an die wenigen, die noch nicht ganz von ihrer ersten Vitalität abgefallen sind, sondern die mit den anderen für den Zustand der Gemeinde verantwortlich sind. Sie sollen die Trägheit ablegen, die sie betäubt hat; sie sollen zu voller Wachheit und Wachsamkeit zurückkehren; sie sollen sich daran erinnern, dass toter Formalismus noch nie eine lebendige Gemeinde gemacht hat. Und die beste Art und Weise zu zeigen, dass sie tatsächlich allen geistlichen Schlaf aus ihren Augen gerieben hatten, bestand darin, dass sie die übrigen, die anderen Brüder, die kurz davor waren, in das geistliche Koma zu fallen, das mit Sicherheit zum Tod führen würde, aufrüttelten und stärkten. Zu diesem Verhalten hatten sie allen Grund: Denn ich habe kein Werk von dir als vollkommen vor meinem Gott befunden. In Sardes gab es noch eine formale Einhaltung des christlichen Gottesdienstes, eine bestimmte Zeit der Anbetung, Predigt, Gesang, Gebet, aber all diesen Handlungen fehlte das Element, das sie vor Gott vollkommen machen würde. Der lebendige, kraftvolle Glaube war in ihrer Mitte nicht mehr zu spüren, und deshalb waren wirklich gute Werke völlig unbekannt.

    Der Herr untermauert seine erste Ermahnung mit einer zweiten: Gedenke nun, wie du empfangen und gehört hast, und halte daran fest und tue Buße. Er erinnert sie an die Tage ihrer ersten Liebe, als sie so eifrig waren, das Evangelium zu empfangen, zu hören. Vgl. Gal. 4,15. Zu diesem Eifer, zu diesem Eifer, zu dieser Liebe sollen sie mit aller Eile zurückkehren; sie sollen daran festhalten und sich von ihrer gegenwärtigen Schläfrigkeit in wahrer Reue abwenden. Der Herr bekräftigt diese Aufforderung mit einer Warnung: Wenn du jetzt nicht aufwachst, werde ich über dich kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, zu welcher Stunde ich über dich kommen werde. Wo auf eine so eindrückliche Warnung keine Umkehr folgt, da wird das Gericht über diejenigen kommen, die im geistlichen Koma liegen, im Schlaf, der die Vorstufe des geistlichen Todes ist. Plötzlich wird der Herr kommen, wie ein Dieb, Matth. 24,42.43. Der Schrecken wird vor ihm hergehen und die Herzen der Ungläubigen vor Angst betäuben; und seine Strafe wird ihnen ewiges Verderben bringen. Vgl. Ps. 73,19.20.

    Noch einmal erhebt der Herr eine Anklage gegen die Gemeinde in Sardes, wenn auch in etwas abgeschwächter Form: Doch einige Namen hast du in Sardes, die ihre Kleider nicht verunreinigt haben, und sie sollen in weißen Kleidern mit mir wandeln, denn sie sind würdig. Unter der großen Zahl der bekennenden Christen gab es nur wenige, die des Namens wirklich würdig waren, nur wenige, die sich nicht mit Sünden befleckt hatten, nur wenige, die nicht zu Sklaven der Sünde geworden waren. Aber ihre Namen waren wertvoll in den Augen Gottes; sie waren ihm wohlbekannt, sie waren in die Handflächen seiner Hände eingraviert, Jes. 49,16. Deshalb wollte der Herr ihnen das weiße Gewand der vollkommenen Unschuld und Heiligkeit geben, das ihnen durch das Sühnewerk Christi verliehen wurde. So bekleidet und geschmückt sollten sie mit ihm im Reich seines Vaters wandeln und sich in seiner Gegenwart der Glückseligkeit der Ewigkeit erfreuen.

    Der Herr schließt mit einer aufrüttelnden Aufforderung: Wer siegt, soll mit weißen Kleidern angetan werden, und ich werde seinen Namen nicht aus dem Buch des Lebens tilgen, und ich werde seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln. Jeder Christ, der siegt, der alle betrügerischen Angriffe des Teufels, alle Schwäche und Müdigkeit des Fleisches überwindet, wird diese großen Segnungen als Lohn der Gnade Christi erhalten. Sie werden mit dem Gewand der vollkommenen Gerechtigkeit des Erlösers bekleidet sein, weiß und makellos, mit allen Flecken ihrer Sünden abgewaschen. Ihre Namen, die in das Buch des Lebens eingetragen wurden, weil sie Christus im Glauben angenommen haben, werden nicht ausgelöscht werden. Und zur Zeit des Gerichts, wenn der Zorn Gottes die Ungläubigen trifft, werden sie über alle Verdammnis erhaben sein, denn ihr Erlöser wird sie vor dem Vater und vor allen heiligen Engeln als die Seinen bekennen. Vgl. Matth. 10,32; 25,34. Die Bedeutung dieser Tatsache ist so groß, dass sie die aufmerksame Aufmerksamkeit aller Christen erregen sollte: Wer Ohren hat, der höre, was der Geist zu den Gemeinden sagt.

 

Der Brief an die Gemeinde zu Philadelphia (3,7-13)

    7 Und dem Engel der Gemeinde zu Philadelphia schreibe: Das sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der da hat den Schlüssel Davids, der auftut und niemand zuschließt, der zuschließt und niemand auftut: 8 Ich weiß deine Werke. Siehe, ich habe vor dir gegeben eine offene Tür, und niemand kann sie zuschließen; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort behalten und hast meinen Namen nicht verleugnet. 9 Siehe, ich werde geben aus des Satanas Schule, die da sagen, sind Juden, und sind’s nicht, sondern lügen. Siehe, ich will sie machen, dass sie kommen sollen und anbeten zu deinen Füßen und erkennen, dass ich dich geliebt habe. 10 Dieweil du hast behalten das Wort meiner Geduld, will ich auch dich behalten vor der Stunde der Versuchung, die kommen wird über den ganzen Weltkreis, zu versuchen, die da wohnen auf Erden. 11 Siehe, ich komme bald! Halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme! 12 Wer überwindet den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und soll nicht mehr hinausgehen. Und will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen des neuen Jerusalem, der Stadt meines Gottes, die vom Himmel herniederkommt, von meinem Gott, und meinen Namen, den neuen. 13 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!

 

    Mit noch größerer Feierlichkeit und Eindringlichkeit als in den vorangegangenen Briefen wendet sich der Herr hier an die Christen in Philadelphia: Und an den Engel der Gemeinde in Philadelphia schreibe: So spricht der Heilige, der Wahrhaftige, der den Schlüssel Davids hat. Er, der öffnet, und niemand schließt zu, und schließt zu, und niemand öffnet. Der Pastor dieser Gemeinde sollte seinen Schützlingen eine Botschaft übermitteln, die sehr ernst gemeint war. Das zeigt sich auch in dem Namen, den der Herr sich selbst gibt. Er nennt sich selbst den Heiligen, den Wahren oder den wahrhaft Heiligen. Christus ist der Heilige Gottes, frei von aller Schwäche und Unvollkommenheit der Geschöpfe, wahrer Gott mit dem Vater von Ewigkeit, vollkommen in seiner wesentlichen Heiligkeit. Er hat den Schlüssel Davids; als wahrer Nachkomme Davids nach dem Fleisch, als Menschensohn, hat er sein Reich, seine Kirche, hier auf Erden errichtet. Zu diesem Haus seiner Gnade hat er den Schlüssel, darin herrscht und regiert er: Er öffnet und schließt die Türen, er öffnet und verschließt die Schätze seiner Gnade, wem er will. Diese Beschreibung bereitet auf die wunderbaren Verheißungen vor, die der Herr dieser Gemeinde jetzt macht.

    Das erste Wort des Herrn ist ein herzliches Lob: Ich kenne deine Werke; siehe, ich habe vor dir eine offene Tür gegeben, die niemand schließen kann, weil du ein wenig Kraft hast und mein Wort bewahrt hast und meinen Namen nicht verleugnet hast. Der allwissende Herr kennt alle Umstände der Gemeinde genau; er weiß, wie sein Volk das ihm anvertraute Werk verrichtet hat, das darin bestand, andere zur gesegneten Erkenntnis ihres Erlösers zu führen. In diesem Werk wurden sie durch die Tatsache unterstützt, dass der Sohn Davids vor ihnen eine Tür geöffnet hatte, eine Tür, durch die noch viele in das Reich Christi eintreten konnten. Der Herr hatte dieser Gemeinde ungewöhnliche Gelegenheiten und Möglichkeiten gegeben, den Glauben unter Außenstehenden zu predigen und zu verbreiten, die beste Chance, die Botschaft des Evangeliums zu verbreiten. Der Eintritt von Ungläubigen jeder Klasse, die Bekehrung der Heiden, ist das Werk des Herrn, und zwar von ihm allein. Der Grund, warum der Herr diese Gemeinde für dieses Werk auswählte, wird von ihm angegeben, wenn er sagt, dass sie nur wenig Kraft hatten. Ohne Reichtum, Macht und Einfluss vor den Menschen, besaßen diese Christen doch Quellen der Kraft, wie sie kein Mensch durch eigene Vernunft, Gelehrsamkeit und Fähigkeit haben kann, nämlich das Wort Christi, an das sie sich trotz aller Feindschaft geklammert hatten; der Herr selbst, den sie trotz aller Versuche ihrer Feinde nicht verleugnet hatten, erneuerte ihre Kraft von Tag zu Tag. Er ist es, der der Verkündigung seines Wortes Kraft gibt und sie viel Frucht bringen lässt.

    Eine ermutigende Verheißung in Bezug auf die Feinde: Siehe, ich gebe aus der Synagoge des Satans, von denen, die für sich selbst behaupten, Juden zu sein, und es nicht sind, sondern lügen, - siehe, ich werde sie kommen lassen und zu deinen Füßen niederfallen und erkennen, dass ich dich geliebt habe. Unter den Feinden der Gemeinde von Philadelphia gab es Männer, die voller Hass und voller Betrug waren, Männer, die der Synagoge des Satans angehörten, die geschickte Schüler des Teufels selbst gewesen waren, besonders in der Kunst der bösartigen Verfolgung, Männer, die sich selbst als Juden bezeichneten, aber nicht zu den wahren Israeliten gehörten, in denen keine Arglist ist, zu den Menschen, die den Messias im einfachen Glauben annahmen. Aus der Mitte dieser erbitterten Feinde Christi und seiner Kirche wollte der Herr durch seine Gnade einige Seelen für das ewige Heil gewinnen. Das würde der Herr geben, das würde der Herr bewirken, denn er ist es, der die Herzen bekehrt und sie mit der Freude über ihre Erlösung erfüllt. Sie würden kommen, überwältigt von der Kraft des Wortes, und sie würden der Kirche huldigen, die sie früher verfolgten, in der vollen Überzeugung, dass die Liebe Gottes mit seiner Kirche sei und dass nur derjenige wirklich glücklich sein könne, der diese Liebe im Glauben annehme.

    Zu dieser Verheißung fügt der Herr eine zweite hinzu: "Weil du das Wort meiner Geduld bewahrt hast, werde auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird, um die zu prüfen, die auf Erden leben. Das Wort von der Geduld Christi ist das Wort des Evangeliums, denn es lehrt uns, wie geduldig Christus für uns gelitten hat, wie bereitwillig er seinen Feinden gegenüber alle Nachsicht gezeigt hat, 1. Tim. 1,16; 2. Petr. 3,15. An dieses Wort hatte sich die Gemeinde in Philadelphia gehalten; an dieser Botschaft hatte sie durch die Gnade Gottes festgehalten; durch ihre Kraft hatten die Glieder alle Bedrängnisse geduldig ertragen. Im Gegenzug verspricht der Herr in seiner großen Barmherzigkeit, die Seinen vor den großen Anfechtungen der letzten Tage der Welt zu bewahren, wenn falsche Christusse und falsche Propheten, ganz zu schweigen vom Antichristen selbst, aufstehen und gegen das Heer Christi kämpfen werden, Matth. 24,23-26. Diese letzte Stunde wird eine heftige und böse Periode sein, eine Zeit der Prüfung, der Erprobung der wahren Gläubigen im Feuer vieler Trübsale und Bedrängnisse. Aber inmitten dieser Prüfungen verspricht der Herr, die Seinen zu bewahren; niemand kann sie aus seiner Hand reißen, Joh. 10,26.29.

    Im Übrigen aber ruft Er aus: Ich komme sehr bald; halte fest, was du hast, damit dir nicht jemand deine Krone nimmt. Durch sein Wort gewinnt und bewahrt der Herr die Seelen. Deshalb wird die Gemeinde angesichts der Tatsache, dass seine Wiederkunft zum Gericht bevorsteht, aufgefordert, am Evangelium und seinen Segnungen festzuhalten. Ihre Krone, die Botschaft ihres Heils, in der die einzelnen geistlichen Gaben wie kostbare Juwelen sind, müssen sie mit aller Kraft festhalten, die ihnen zur Verfügung steht. Durch Untreue geht diese Krone, die den Segen des ewigen Lebens einschließt, verloren. Wenn die Christen auf die Stimme der Verführer hören, wenn sie sich zum Irrglauben, zur Verzweiflung, zur Lust des Fleisches, zur Lust der Augen und zum Stolz des Lebens verführen lassen, dann werden die Feinde triumphieren, dann werden sie die Krone des Lebens, die den Gläubigen vorgehalten wird, an sich reißen. Diese Worte sind nicht als eine Bedingung zu verstehen, unter der die Christen das ewige Leben verdienen, sondern als eine Ermahnung, durch die der Herr sie in der Treue stärkt. So werden wir in der Kraft Gottes durch den Glauben zum Heil bewahrt.

    Außerdem hält der Herr für die Gläubigen einen wunderbaren Endsegen bereit: Wer siegt, den will ich zu einer Säule im Tempel meines Gottes machen, und er soll nie mehr hinausgehen, und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das von meinem Gott aus dem Himmel herabkommt, und meinen eigenen neuen Namen. Hier wird der Lohn für die Standhaftigkeit im Reich der Herrlichkeit beschrieben, wie er denjenigen zuteil wird, die alle Angriffe der Feinde und alle Schwächen ihres eigenen Fleisches überwinden. Im neuen Jerusalem wird es keinen äußerlich sichtbaren Tempel geben, Kap. 21,22, aber der Bau des wunderbaren geistlichen Gebäudes der Kirche wird dort vollendet sein, wobei die treuen Christen selbst die Säulen sind, geschmückt mit Herrlichkeit und Majestät. „Mein Gott“ nennt Christus seinen himmlischen Vater, Eph. 1,17, um anzudeuten, dass er, der in der großen Passion sein Richter war, nun in Wahrheit sein Gott und unser Gott, unser wahrer Vater geworden ist, versöhnt mit uns durch sein blutiges Sühnopfer, Joh. 20,17. Der gläubige Mensch trägt dann einen dreifachen Namen: den Namen Gottes, des himmlischen Vaters, des himmlischen Jerusalems und den Namen Christi, des Erlösers, selbst. Jeder Christ ist durch den Glauben an Christus Jesus ein Kind Gottes; nachdem er Christus in der Taufe angezogen hat, ist er für alle Ewigkeit in Gottes Hand. Er trägt den Namen des neuen Jerusalems, der Stadt im Himmel, um anzuzeigen, dass er sein Bürgerrecht im Himmel hat, wo er in Ewigkeit zur Rechten Gottes Freude haben wird. Auch an dem neuen Namen Jesu Christi werden wir teilhaben, an dem Namen, der über jeden Namen erhaben ist, der ihm gegeben wurde, weil er durch seine stellvertretende Erlösung in die Herrlichkeit des Himmels eingegangen ist. Er ist der König der Könige und der Herr der Herren. Deshalb werden alle, die den Namen Jesu Christi bis zum Ende bekennen, mit Christus regieren und triumphieren in der Welt ohne Ende. Wahrlich, der Preis ist der beständigsten Anstrengung wert, und wir werden gut daran tun, den Ruf des Herrn zu beherzigen: Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Versammlungen sagt.

 

Der Brief an die Gemeinde zu Laodizea (3,14-22)

     14 Und dem Engel der Gemeinde zu Laodicea schreibe: Das sagt Amen, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Ursprung der Kreatur Gottes: 15 Ich weiß deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist. Ach, dass du kalt oder warm wärst! 16 Weil du aber lau bist und weder kalt noch warm, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde. 17 Du sprichst: Ich bin reich und habe gar satt und bedarf nichts, und weißt nicht, dass du bist elend und jämmerlich, arm, blind und bloß. 18 Ich rate dir, dass du Gold von mir kaufst, das mit Feuer durchläutert ist, damit du reich werdest, und weiße Kleider, damit du dich antust, und nicht offenbart werde die Schande deiner Blöße; und salbe deine Augen mit Augensalbe, damit du sehen kannst. 19 Welche ich liebhabe, die strafe und züchtige ich. So sei nun fleißig und tu Buße! 20 Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir. 21 Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Stuhl zu sitzen; wie ich überwunden habe und bin gesessen mit meinem Vater auf seinem Stuhl. 22 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!

 

    Die Gemeinde bestand schon zu der Zeit, als Paulus seinen Brief an die Kolosser schrieb, denn er erklärte, dass er auch um die Christen in Laodizea einen großen Kampf hatte, Kol. 2,1; 4,15-17. Offenbar gab es zu dieser Zeit noch mehr Grund zur Besorgnis, wenn man den allgemeinen Ton dieses Briefes betrachtet. Schon die Einleitung stellt den treuen und wahren Christus in einen starken Gegensatz zu den unbeständigen und schwankenden Christen dieser phrygischen Stadt: Und dem Engel der Gemeinde in Laodizea schreibe: Dies sagt Amen, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Schöpfung Gottes. Es war eine traurige, fast unangenehme Aufgabe, die dem Pastor der Gemeinde in Laodizea zufiel, zumal er die Schuld an den Zuständen in dieser Stadt trug. Es war Amen, der sprach, ein Wort, das er selbst erklärt, indem er sagt, dass er der wahre und treue Zeuge ist, dass jedes Wort, das er spricht, die ewige Wahrheit ist, dass er nicht von seinem Standpunkt abweicht oder seine Meinung ändert wie ein schwankender Schwächling. Er selbst ist der Anfang von Gottes Schöpfung, die aktive Quelle von Gottes Universum, der Schöpfer aller Dinge, allmächtig und allwissend, Joh. 1,3.

    Es ist ein Satz des göttlichen Abscheus über laue Religion, den der Herr ausspricht: Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch heiß bist; wärst du doch kalt oder heiß; weil du lau bist und weder heiß noch kalt, werde ich dich aus meinem Mund ausspeien. Der allwissende Herr, der all ihre Herzen und Gedanken kannte, kannte auch all ihr Tun, ihre Einstellung zum christlichen Glauben und alle ihre Sitten und Gebräuche. Sie waren nicht kalt, sie waren keine ausgesprochenen Ungläubigen, sie stellten sich nicht auf die Seite der Feinde des Kreuzes und des Evangeliums, sie waren nicht auf der Seite der Lästerer. Aber leider waren sie auch nicht warm oder heiß; sie besaßen nicht jene energische Wärme des religiösen Lebens, des glühenden Glaubens und der Liebe, sie hatten nichts von dem warmen Eifer, der in heiligem Zorn über die gottlose Haltung ihrer Tage und ihrer Zeit hervorbricht. Selbst eine offene Feindschaft gegen die christliche Religion ist bei einem Menschen vielversprechender als die Lauheit und geistige Gleichgültigkeit, die diese Menschen an den Tag legten. Es wäre besser für sie gewesen, nie zur Erkenntnis der göttlichen Lehre gekommen zu sein, als zu dieser Erkenntnis gekommen zu sein und nicht von geistlichem Eifer erfüllt zu sein, 2. Petr. 2,21. Ihre Haltung erfüllt den Herrn mit höchstem Abscheu, mit unsagbarem Ekel; sie wirkt auf ihn buchstäblich wie ein Brechmittel, er ist gezwungen, sie aus seinem Mund zu erbrechen. Das ist das Urteil des Herrn über alle, die sich nicht ernsthaft um ihr Christentum kümmern, die sich noch als Christen bekennen, meist aus irgendwelchen Hintergedanken heraus, und sich dennoch nicht gegen die gottlosen Wege der Welt stellen. Sie wollen zwischen Jehova und Baal, zwischen Gott und der Welt, zwischen Christus und Belial, zwischen Licht und Finsternis, zwischen Glaube und Unglaube, zwischen Rechtschaffenheit und Ungerechtigkeit vermitteln. Solche Menschen kann der Herr nicht ertragen, und wenn sie ihre Taktik nicht sehr entschieden ändern, wird seine angewiderte Haltung zu ihrer Bestrafung führen, dazu, dass sie von den Segnungen des Königreichs ausgeschlossen werden.

    Der Herr fügt eine weitere Charakterisierung des lauwarmen Verhaltens in der christlichen Kirche hinzu: Du sprichst: Reich bin ich, und Überfluss habe ich, und nichts fehlt mir, und du weißt nicht, dass du elend und jämmerlich und arm und blind und nackt bist. Selbstgenügsamkeit, Selbstzufriedenheit ist ein Merkmal der lauwarmen Christen. Sie sind von der Vollkommenheit ihres eigenen Christentums überzeugt und darauf bedacht, allen anderen die gute Meinung von sich mitzuteilen, die sie von sich selbst haben. Sie bilden sich ein, dass sie reich an aller geistlichen Wahrheit und Erkenntnis sind; sie behaupten, dass sie von der alten Lehre des Evangeliums gesättigt sind und dass niemand sie etwas lehren kann. Vgl. Hos. 12,9. Das Gerede, das man in unseren Tagen von solchen Christen hört, stimmt oft wortwörtlich mit dem überein, was hier berichtet wird. Die Menschen rümpfen angewidert die Nase über die alte Wahrheit des Evangeliums; die Lehren des Katechismus sind unter ihrer Würde. Aber sie täuschen sich selbst. Sie sind von Blindheit geplagt und wissen es nicht; sie bedürfen des Mitgefühls und fühlen es nicht; sie behaupten reich zu sein, sind aber in Wirklichkeit unvorstellbar arm; sie meinen, ihre Augen seien geöffnet worden, während sie in Wirklichkeit in die geistliche Blindheit ihres Zustandes vor der Bekehrung zurückgekehrt sind; sie sind stolz auf ihr Kleid der Selbstgerechtigkeit und wissen nicht, dass sie vor Gott nackt und bloß sind.

    Deshalb ruft der Herr ihnen warnend zu: Ich rate dir ernstlich, von mir feuergeprüftes Gold zu kaufen, damit du reich wirst, und weiße Kleider, um dich zu kleiden, damit die Schande deiner Blöße nicht offenbar wird, und Salbe, um deine Augen zu salben, damit du sehen kannst. Hier zeigt sich die aufrichtige Liebe des Erlösers auch zu denen, die ihre eigenen Fehler nicht erkennen. Er, in dem der Geist des Rates und des Verstandes ist, ist so sehr um ihr Seelenheil besorgt, dass er ihnen ernsthaft und eindringlich rät, bei ihm bewährte Waren zu kaufen. Das Gold, das im Feuer erprobt wurde, ist wahrer, gesunder Glaube, 1. Petr. 1,7, ein Glaube, der Verfolgungen und Bedrängnissen ebenso standhält wie dem des Friedens und der Ruhe. Das weiße Gewand, das die Blöße der Menschen bedeckt, ist die Gerechtigkeit Christi, die jedem, der glaubt, zugerechnet wird. Und die Salbe ist die Erleuchtung durch den Heiligen Geist, die vor allem notwendig ist, um die Menschen zur Erkenntnis ihres wahren geistlichen Zustandes zu bringen. Diese wunderbaren Gaben erlangt kein Mensch durch seine eigene Vernunft oder Kraft; der Preis, den der Mensch für sie zahlt, ist nicht sein Verdienst. Der Kauf, von dem der Herr spricht, ist der, den er in jener wunderbaren Stelle hervorhebt: „Wer durstig ist, der komme zum Wasser, und wer kein Geld hat, der komme, kaufe und esse; ja, komme, kaufe Wein und Milch ohne Geld und ohne Preis.“ Es ist alles umsonst, eine wunderbare Liebe und Barmherzigkeit von Seiten Gottes.

    Der Herr schließt seine Warnung mit einem eindringlichen Appell an: Was mich betrifft, so tadle und züchtige ich alle, die ich liebe. Seid also eifrig und tut Buße. Hier stellt Christus seine eigene Person und sein Werk in den Vordergrund und betont seine uneigennützige Liebe auch zu denen, die sich seiner Liebe als unwürdig erwiesen haben. Diese Liebe ist es, die den Herrn veranlasst, sofort zurechtzuweisen und sogar schmerzhafte Strafen zu verhängen, um die Lauwarmen zu ihrer früheren Treue zurückzuführen. Sie sollen zu einem wahren Eifer für ihn und sein Werk zurückkehren; sie sollen sofort und ein für allemal ihre Gleichgültigkeit und Unbeständigkeit bereuen. Auf diese Weise lässt der Herr die Gemeinde zu jeder Zeit die Wärme und den Eifer seiner Liebe spüren, damit wenigstens einige Christen zu neuem geistlichen Leben entfacht werden.

    Der Herr fügt nun eine sehr allgemeine Einladung hinzu: Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, so werde ich zu ihm eintreten und das Mahl mit ihm halten und er mit mir. Die Zeit der Gnade ist noch nicht vorbei, das Evangelium wird noch gepredigt. Doch das Kommen des Herrn ist nahe. Viele Ereignisse, viele Geschehnisse in Kirche und Staat sollen uns an diese Tatsache und an die Nähe seiner Wiederkunft erinnern. Uns obliegt die höchste Notwendigkeit, seine Stimme zu hören, auf das Wort seines Evangeliums zu hören und auf seinen Willen, dass alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Wenn wir so auf sein Klopfen hören und seiner Stimme gehorchen, dann wird er in unsere Herzen eintreten und bei uns wohnen, mit uns das Fest seiner immerwährenden Gnade feiern, uns mit dem himmlischen Manna seines Leibes speisen und uns aus dem Strom der himmlischen Freuden in Ewigkeit trinken lassen.

    [Wenn der HERR tadelt und mit harten Worten straft und droht und auch etwa mit der Rute der Trübsal züchtigt, so tut er das nicht, weil er hasst und verderben will, sondern er tut es, weil er liebt und retten will. Wie? Wenn wir einen verzweifelten Schaden an uns haben, der uns schon an den Rand der Hölle gebracht hat, – soll da der Herr uns den nicht zeigen und schonungslos zeigen? Soll er uns nicht sagen: Dahin hat dich deine Sünde gebracht! Und ganz in die Hölle wird sie dich bringen, wenn du nicht beizeiten umkehrst? Soll er nicht, um auf dem Weg des Verderbens uns aufzuhalten, uns auch schlagen und züchtigen? Wenn er das gut, ist das Zorn und Hass? Ist das nicht vielmehr Liebe, die allertreueste Heilandsliebe? „Welche ich lieb habe, die strafe und züchtige ich“, so sagt der Herr, und so ist es auch. Deshalb soll seine treue Strafe und Züchtigung einen heiligen Eifer und Fleiß in uns wecken, den Eifer und Fleiß nämlich, Buße zu tun. Wie der Herr spricht: „Sei nun fleißig und tu Buße!“ Buße, wahre Herzensbuße, das ist der Weg, auf welchem wir wieder zurückkehren in den Stand der Gnade Gottes, auf den rechten Weg, auf den Himmelsweg. „Siehe“, spricht der Herr so freundlich und milde, „ich stehe vor der Tür und klopfe an.“ Wollen wir ihn anklopfen und draußen stehen lassen und unsere Herzenstür ihm verschließen? Süß lockend verheißt er: „So jemand meine stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten, und er mit mir.“ Wer durch wahre Buße ihm das Herz öffnet, zu dem geht er ein, er, der Heiland, und bringt alle Gnade und alles Heil mit für Zeit und Ewigkeit, er speist und tränkt ihn mit den Gütern seines Hauses auf Erden und im Himmel und lässt ihn sich und seine selige Gemeinschaft nimmer vermissen.]1A

    Er wiederholt diesen Gedanken, um ihn zu unterstreichen: Wer überwindet, dem werde ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, so wie ich überwunden habe und mit meinem Vater auf seinem Thron saß. Wer siegt und überwunden hat, wer hier in der Zeit auf alles verzichtet hat, was Christus entgegensteht, wird in der jenseitigen Welt an der Herrlichkeit und dem Triumph Christi teilhaben, mit ihm herrschen und regieren in göttlicher Ehre, Herrlichkeit und Seligkeit, ohne Ende. Das ist es, was Christus in seiner Erhöhung geschah, und das ist der Lohn, der diejenigen erwartet, die bis zum Ende treu sind, um den Thron Gottes, des himmlischen Vaters, und des Lammes, das für sie geschlachtet wurde, zu teilen. Sie werden die innigste, die gesegnetste Gemeinschaft mit Gott und mit Christus bis in alle Ewigkeit genießen. Und wieder ertönt der Ruf des Herrn, einladend, appellierend: Wer Ohren hat, der höre, was der Geist zu den Gemeinden sagt![2]

 

Zusammenfassung: Der Herr richtet Briefe an die Gemeinden in Sardes, Philadelphia und Laodizea, in denen er sie in ihrer Treue lobt, aber alle Verunreinigungen und alle Lauheit aufs Schärfste rügt.

 

 

Kapitel 4

 

Das Gesicht von Gottes Thron von Majestät und Herrlichkeit (4,1-11)

     1 Danach sah ich, und siehe, eine Tür wurde aufgetan im Himmel; und die erste Stimme, die ich gehört hatte mit mir reden wie eine Posaune, die sprach: Steig her; ich will dir zeigen, was nach diesem geschehen soll. 2 Und sogleich war ich im Geist. Und siehe, ein Stuhl wurde gesetzt im Himmel, und auf dem Stuhl saß einer. 3 Und der da saß, war gleich anzusehen wie der Stein Jaspis und Sardis; und ein Regenbogen war um den Stuhl, gleich anzusehen wie ein Smaragd. 4 Und um den Stuhl waren vierundzwanzig Stühle; und auf den Stühlen saßen vierundzwanzig Älteste, mit weißen Kleidern angetan, und hatten auf ihren Häuptern goldene Kronen. 5 Und von dem Stuhl gingen aus Blitze, Donner und Stimmen; und sieben Fackeln mit Feuer brannten vor dem Stuhl, welches sind die sieben Geister Gottes.

    6 Und vor dem Stuhl war ein gläsernes Meer gleich dem Kristall und mitten im Stuhl und um den Stuhl vier Tiere voll Augen, vorne und hinten. 7 Und das erste Tier war gleich einem Löwen, und das zweite Tier war gleich einem Kalb, und das dritte hatte ein Antlitz wie ein Mensch und das vierte Tier gleich einem fliegenden Adler. 8 Und ein jegliches der vier Tiere hatte sechs Flügel umher, und waren inwendig voll Augen; und hatten keine Ruhe Tag und Nacht und sprachen: Heilig, heilig, heilig ist Gott, der HERR, der Allmächtige, der da war, und der da ist, und der da kommt! 9 Und da die Tiere gaben Preis und Ehre und Dank dem, der auf dem Stuhl saß, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit, 10 fielen die vierundzwanzig Ältesten vor den, der auf dem Stuhl saß, und beteten an den, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit, und warfen ihre Kronen vor den Stuhl und sprachen: 11 HERR, du bist würdig, zu nehmen Preis und Ehre und Kraft; denn du hast alle Dinge geschaffen, und durch deinen Willen haben sie das Wesen und sind geschaffen.

 

    Der Thron und der Sitz der Ältesten (V. 1-5): Die erste Vision [Gesicht] des Johannes war voller Trost für alle Gläubigen, denn sie zeigte, wie treu der Herr über seine Kirche wacht und dass seine Sorge um sie nicht aufhören wird bis zum großen Tag der Offenbarung seiner Herrlichkeit. Aber in der zweiten Vision spendet der Herr ebenso reichlich Trost. Johannes berichtet: Danach sah ich, und siehe, eine Tür öffnete sich im Himmel, und die erste Stimme, die ich wie eine Posaune gehört hatte, redete mit mir und sprach. Es scheint, dass nach der Begeisterung und Ekstase der ersten Vision eine kleine Pause eingelegt wurde, was bedeutet, dass nun eine neue Offenbarung bevorstand. Johannes wurde erneut das Privileg zuteil, einige der Geheimnisse Gottes und der Zukunft zu sehen und sie uns zu übermitteln. Nicht er selbst öffnete die Tür im Himmel, sondern sie wurde ihm geöffnet, weil der Herr ihm diese Gnade gewähren wollte, ihm die Zukunft zu offenbaren und ihm die Herrlichkeit der göttlichen Majestät zu zeigen. Die Stimme wie ein Posaunenschall, die er zu Beginn der ersten Vision gehört hatte, Kap. 1,10, gehört hatte, war wieder zu hören, sprach zu Johannes und lenkte sein Handeln: Komm herauf, und ich will dir zeigen, was nach diesem geschehen soll. Was Johannes, der Seher, sah und was er danach beschrieb, war nicht das Ergebnis seiner eigenen Spekulationen und Nachforschungen, sondern allein das Ergebnis einer Offenbarung. Er wurde von Gott berufen, sich zu nähern und Zeuge zu sein, aber nicht einzutreten.

    Der Beginn der Vision: Und siehe, ein Thron stand im Himmel, und einer saß auf dem Thron, und der, der da saß, war gleich einem Jaspis und Sardes, und ein Regenbogen umgab den Thron, gleich einem Smaragd. Die von Gott gewirkte Ekstase, die gleichsam den Geist für eine Weile vom Körper trennte, ergriff Johannes wieder und brachte seinen Geist zur offenen Tür im Himmel. Die Bildsprache der Vision, obwohl sie in den Figuren der Sprache ausgedrückt ist, die am besten die wunderbare atmosphärische Färbung eines prächtigen Sonnenuntergangshimmels beschreiben, deutet dennoch nur auf die größere Herrlichkeit hin, die keine menschlichen Worte angemessen wiedergeben können. Der erste Gegenstand, der Johannes auffiel, war ein herrlicher Thron im Himmel. Der Name desjenigen, der auf dem Thron saß, wird nicht genannt, denn seine Majestät übersteigt menschliche Vorstellungen und menschliche Sprache. Es war der ewige, allmächtige Herr, der seinen Thron in den Himmeln bereitet hat, und sein Reich herrscht über alles, Ps. 103,13. Seine Erscheinung glich den Edelsteinen Jaspis und Sardis, wobei der Jaspis klar wie Kristall war, um die erhabene Schönheit Gottes anzuzeigen, und der Sardis ein halbtransparenter, rötlicher Edelstein war, um die unerforschlichen Tiefen seiner Liebe darzustellen. Ein Regenbogen, das Symbol des Bundes Gottes mit den Menschen, eine Erinnerung an seine Güte und sein Wohlwollen, umgab den Thron. Die Besonderheit dieses Regenbogens bestand darin, dass er wie ein Smaragd aussah, so dass das Grün unter den prismatischen Farben hervorstach, als Symbol der Güte Gottes und als Zeichen der Hoffnung. Alles in allem ist die Majestät dieser Erscheinung nicht dazu da, uns zu erschrecken, sondern um uns an den Gnadenbund zu erinnern, den er mit uns in Christus Jesus geschlossen hat und der uns als Leuchtfeuer der ewigen Hoffnung vor Augen steht.

    Der Herr war zwar die zentrale Figur auf dem Bild. Er hatte andere erwählt, um seine Herrlichkeit zu teilen: Und rings um den Thron vierundzwanzig Throne, und auf den Thronen saßen vierundzwanzig Älteste, angetan mit weißen Kleidern und auf ihren Häuptern goldene Kronen. Am großen Tag der endgültigen Offenbarung der Herrlichkeit Gottes wird er Zeugen und Teilhaber an dieser Herrlichkeit auswählen. Wie im Alten Testament vierundzwanzig Priesterordnungen für den Tempeldienst zuständig waren (1. Chron. 25,5.7), so sind die vierundzwanzig Ältesten in diesem Bild ein Typus, sie stellen das königliche Priestertum der Gläubigen dar. Die Kirche aller Zeiten hat ihren Platz bei Gott, beim Vater, in Seiner unmittelbaren Nähe, in der innigsten Gemeinschaft mit Ihm. Die Gläubigen, die hier durch die vierundzwanzig Ältesten dargestellt werden, sind mit dem Blut Christi gereinigt und mit dem weißen Gewand seiner Gerechtigkeit bekleidet. Und als Lohn der Gnade hat Gott ihnen goldene Kronen auf ihren Häuptern versprochen und wird sie ihnen schließlich auch geben, die unsterbliche und unvergängliche Herrlichkeit des Himmels. Diese Krone der Herrlichkeit wird die Aufnahme eines jeden Gläubigen in das Königtum vervollständigen, zu dem er durch den Glauben Erbe geworden ist.

    Der Eindruck der Ehrfurcht, der in der gesamten Beschreibung zweitrangig ist, wird nun betont: Und von dem Thron gingen aus Blitze und Stimmen und Donner; und sieben Fackeln mit Feuer brannten vor dem Thron, das sind die sieben Geister Gottes. Es ist der liebende und barmherzige Gott, der auf dem Thron der Herrlichkeit sitzt, aber auch der gerechte und heilige Herr. Dies wird durch die Beschreibung der Geräusche deutlich, die Johannes hörte, wie die eines heftigen und schrecklichen Gewitters. Vom Thron gingen Blitze aus, und die Schreie und die lauten Stöße des tosenden Sturms und das Läuten und Murmeln des Donners, die alle laut den Zorn und das Gericht und die Zerstörung verkündeten, die allmächtige Macht Gottes, die seine Urteile vollstreckt. Zugleich aber brannten die Lampen oder Fackeln des siebenfachen Geistes Gottes leise vor dem Thron. Der Geist Gottes, der durch das Evangelium von der Liebe Gottes in Christus wirkt, kommt mit seiner erleuchtenden Kraft zu uns und schenkt uns das Licht und die Wärme des wahren geistlichen Lebens und bewahrt es in uns. Obwohl Gott in seiner Gerechtigkeit schrecklich ist, ist das pfingstliche Feuer seiner Gnade und Liebe eine Quelle des Lichts und des Lebens für alle, die Jesus Christus als ihren Retter annehmen.

 

    Das gläserne Meer, die Tiere und die Lobeshymne (V. 6-11): Diese Beschreibung unterstreicht die Erhabenheit des Bildes noch: Und vor dem Thron ist es wie ein gläsernes Meer, das einem Kristall gleicht, und in der Mitte des Throns und rings um den Thron vier lebendige Wesen mit Augen, vorn und hinten. Im Thronsaal Gottes gab es nicht wirklich ein Meer, aber das Aussehen der Luft war so klar und ruhig, so schimmernd und unbewegt, dass es den Seher an reinsten Kristall erinnerte. Der Widerschein dieser kristallartigen Oberfläche diente dazu, die Schönheit der Herrlichkeit des Herrn umso mehr hervorzuheben. Um das Bild zu vervollständigen, beschreibt Johannes nun

    Die vier lebenden Wesen, die vier Cherubim von Hes. 1,5.18, die in der Mitte auf beiden Seiten des Thrones standen, wie es vom Herrn heißt, dass er zwischen den Cherubim wohnt, 1. Sam. 4,4; 2 Sam. 6,2; Ps. 80,2; Jes. 37,16. Voller Augen waren sie nach außen und nach innen; sie konnten in alle Richtungen schauen, und doch waren einige ihrer Augen auch auf den Herrn gerichtet, damit ihnen nichts von seinen Worten und Taten entging. Nun werden die vier lebenden Wesen, die Cherubim, beschrieben: Und das erste Lebewesen war gleich einem Löwen, und das zweite Lebewesen war gleich einem Ochsen, und das dritte Lebewesen hatte ein Gesicht wie ein Mensch, und das vierte Lebewesen war gleich einem fliegenden Adler; und die vier Lebewesen, von denen jedes sechs Flügel hatte, waren voller Augen an ihren Leibern und an ihrem Inneren. Die Gestalt der vier Lebewesen oder Cherubim ist dieselbe wie in der Vision von Hesekiel, Kap. 1,4-11. Ihre Erscheinung symbolisiert in erster Linie die Macht und die königliche Majestät des Löwen aus dem Stamm Juda, dessen Wort, Geist und Kraft die Gläubigen zu Königen vor ihm macht. Sie versinnbildlichen ferner die Kraft des neutestamentlichen Opfers, Hebr. 9,13.19, das das Gewissen von toten Werken reinigt. Im menschlichen Antlitz offenbart sich die Güte und das Wohlwollen des Menschensohns, der eine wahre menschliche Natur angenommen hat, um für uns eine vollständige Erlösung zu erlangen. Und der fliegende Adler, der sich mit wunderbarer Kraft in den Himmel erhebt, bedeutet die neue Kraft, die den Gläubigen durch die Botschaft des Evangeliums zuteil wird, Jes. 40,31. Von alters her hat die Kirche in diesen Cherubim die Typen der vier Evangelisten gesehen: Matthäus, der als Mensch-Cherub die menschliche Abstammung Christi betont; Markus, der als Löw-Cherub die siegreiche Macht Christi hervorhebt; Lukas, der als Ochs-Cherub die Opfertat Christi in der Hingabe seines eigenen Leibes für die Sünden der Welt darstellt; und Johannes, der als Adler-Cherub den göttlichen Ursprung Christi und seine Rückkehr zu Gott betont. Jeder dieser Cherubim hatte sechs Flügel, die seinen ganzen Körper bedeckten, wie die Seraphim, die Jesaja sah, Jes. 6,2. Sie waren voller Augen, nicht nur am ganzen Körper, sondern auch unter ihren Flügeln; sie konnten den Herrn ständig sehen und doch alles beobachten, was sich in allen Teilen des Himmels und auf der Erde ereignete.

    Die Arbeit der Lebewesen: Und sie haben keine Ruhe bei Tag und bei Nacht und sagen: Heilig, heilig, heilig, Herr, Gott, der Allmächtige, der da war und der da ist und der da kommt. Das ist die ständige Beschäftigung dieser Cherubim vor dem Thron Gottes; ohne Unterlass, bei Tag und bei Nacht, erklingt ihr Gesang zum Lob des dreieinigen Gottes. Sie stimmen ein großes Tersanctus an, sie singen ein dreifaches Heilig zum Lob der Dreifaltigkeit, zu Ehren dessen, der allein heilig ist, dessen Name nur von denen geheiligt werden kann, die die Heiligkeit und Vollkommenheit dessen kennengelernt haben, der von den Sündern getrennt und höher als die Himmel ist. Er ist Gott, der eine Gott; Er ist Jehova der Herr, Er ist der Allmächtige; Er ist es, der heute ist, der unveränderliche, der ewige Herr; Er ist es, der von Ewigkeit her war, derselbe treue und wahre Gott; Er ist es, der kommt, dessen Wiederkunft zum letzten großen Gericht unmittelbar bevorsteht. Seine Herrlichkeit hat Himmel und Erde erfüllt, und sein Lob soll in einem endlosen Hymnus der Verherrlichung aufsteigen.

    Der Hymnus der Kirche: Und wenn die Lebewesen dem, der auf dem Thron sitzt, dem, der lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit, Herrlichkeit und Ehre und Lobpreis geben, so fallen die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem, der auf dem Thron sitzt, und beten den an, der lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit, und werfen ihre goldenen Kronen vor den Thron und sprechen: Du bist würdig, Herr, unser Gott, Herrlichkeit und Ehre und Macht zu empfangen, weil du alles geschaffen hast, und durch deinen Willen existierten sie und wurden sie geschaffen. Der Hymnus der Cherubim war eine unendliche Lobeshymne; sie lobten Gott, indem sie seine heilige Majestät priesen, ehrten ihn, indem sie ihn in heiliger Furcht anbeteten, und dankten ihm, indem sie seine Gnade und Barmherzigkeit verkündeten. All ihr Lob gilt dem allmächtigen Herrscher des Universums, dem ewigen König der Herrlichkeit. Während dieses überwältigende Zeugnis aus dem Mund der Cherubim ertönt, ist es für die Kirche durch die vierundzwanzig Ältesten, die sie vertreten, unmöglich, zu schweigen. In einem spontanen Impuls der Anbetung fallen sie vor dem großen König des Universums, vor dem ewigen Herrn, nieder, und ihr Gebet erklingt in einem endlosen Lobgesang. Gleichzeitig werfen sie ihre goldenen Kronen zu den Füßen des Herrn nieder, als Zeichen ihrer völligen Abhängigkeit von ihm und von der Barmherzigkeit, die ihnen in Christus erwiesen wurde. Alles, was die Gläubigen haben, besitzen sie durch seine Barmherzigkeit und Macht; das bekennen sie offen durch ihre Handlung. Aber nicht weniger ist dieses Bekenntnis in ihren Worten enthalten, in dieser einleitenden Lobeshymne. Aufgrund der Schöpfung, als Beweis der Macht Gottes und seiner Vorsehung, die alle Dinge durch das Wort seiner Kraft aufrechterhält, ist er dieses Lobliedes würdig, in dem ihm allein Ruhm und Ehre und Macht zuteil werden. Weder Satan, der sich anmaßte, nach der Herrlichkeit Gottes zu streben, noch irgendein Mensch kann nach dem Lob streben, das Gott allein gehört, Jes. 42,8. Alle Dinge existieren, weil er sie erschaffen hat, weil er sie durch seine allmächtige Kraft ins Leben gerufen hat; und sie haben ihr Dasein bis zum heutigen Tag und zur heutigen Stunde aufgrund des wohlwollenden Werkes, das er ihnen gegenüber hatte. Er sandte seinen Geist aus, sie wurden erschaffen, und er erneuerte das Antlitz der Erde. Verbirgt er sein Angesicht, so sind alle Geschöpfe beunruhigt; nimmt er ihnen den Odem, so sterben sie und kehren zu ihrem Staub zurück, Ps. 104,29.30. Alle Christen werden daher in diesen Hymnus des unaufhörlichen Lobes zu Ehren des allmächtigen Schöpfers und Königs des Universums einstimmen und damit ihre unendliche Schuldigkeit gegenüber seiner gütigen Macht anerkennen. Gott sei alle Ehre und aller Ruhm!

 

Zusammenfassung: Der Prophet beschreibt zu Beginn seiner zweiten Vision den Thron des Herrn, die Ältesten und die Sitze der Ältesten, die Cherubim und ihre Verkündigung der Herrlichkeit Gottes, worauf die Ältesten mit einem wunderbaren Lobgesang antworten.

 

 

Kapitel 5

 

Christus, der Löwe und das Lamm, gepriesen mit einem neuen Lied (5,1-14)

    1 Und ich sah in der rechten Hand des, der auf dem Stuhl saß, ein Buch, geschrieben inwendig und auswendig, versiegelt mit sieben Siegeln. 2 Und ich sah einen starken Engel predigen mit großer Stimme: Wer ist würdig, das Buch aufzutun und seine Siegel zu brechen? 3 Und niemand im Himmel noch auf Erden noch unter der Erde konnte das Buch auftun und hineinsehen. 4 Und ich weinte sehr, dass niemand würdig gefunden wurde, das Buch aufzutun und zu lesen noch hineinzusehen.

    5 Und einer von den Ältesten spricht zu mir: Weine nicht! Siehe, es hat überwunden der Löwe, der da ist vom Geschlecht Judas, die Wurzel Davids, aufzutun das Buch und zu brechen seine sieben Siegel. 6 Und ich sah, und siehe, mitten im Stuhl und den vier Tieren und mitten unter den Ältesten stand ein Lamm, wie es erwürgt wäre, und hatte sieben Hörner und sieben Augen, welches sind die sieben Geister Gottes, gesandt in alle Lande. 7 Und es kam und nahm das Buch aus der rechten Hand des, der auf dem Stuhl saß.

    8 Und da es das Buch nahm, da fielen die vier Tiere und die vierundzwanzig  Ältesten vor das Lamm und hatten ein jeglicher Harfen und güldene Schalen voll Räuchwerks, welches sind die Gebete der Heiligen, 9 und sangen ein neu Lied und sprachen: Du bist würdig, zu nehmen das Buch und aufzutun seine Siegel; denn du bist erwürgt und hast uns Gott  erkauft mit deinem Blut aus allerlei Geschlecht und Zungen und Volk und Heiden 10 und hast uns unserem Gott zu Königen und Priestern gemacht, und wir werden Könige sein auf Erden.

    11 Und ich sah und hörte eine Stimme vieler Engel um den Stuhl und um die Tiere und um die Ältesten her; und ihre Zahl war viel tausendmal tausend. 12 Und sprachen mit großer Stimme: Das Lamm, das erwürgt ist, ist würdig, zu nehmen Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob. 13 Und alle Kreatur, die im Himmel ist und auf Erden und unter der Erde und im Meer, und alles, was drinnen ist, hörte ich sagen zu dem, der auf dem Stuhl saß, und zu dem Lamm: Lob und Ehre und Preis und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! 14 Und die vier Tiere sprachen: Amen. Und die vierundzwanzig Ältesten fielen nieder und beteten an den, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit.

 

    Das Buch, versiegelt mit sieben Siegeln (V. 1-4): Dies ist eine Fortsetzung der zweiten Vision und zeigt erneut die Majestät Gottes und seine ewige Liebe. Eine neue Begebenheit wird eingeführt: Und ich sah zur Rechten dessen, der auf dem Thron saß, eine Schriftrolle, beschrieben auf der Innenseite und auf der Rückseite, versiegelt mit sieben Siegeln. Nicht in der geballten Hand, sondern auf der offenen Hand des Herrn lag eine Schriftrolle, die Form, in der damals Bücher hergestellt wurden, eine lange Rolle aus Pergament oder Papyrusblättern, die aneinander befestigt waren. Die Schrift auf dieser Schriftrolle bedeckte nicht nur die Vorderseite, sondern auch die Rückseite. Aber die Schriftrolle war nicht offen, um von jedem, der es wollte, entrollt zu werden, sondern sie war versiegelt, und zwar nicht nur mit einem Siegel, das auf die Schnur gedrückt wurde, die um die Rolle gelegt wurde, sondern mit sieben verschiedenen Siegeln, die vor neugierigen Händen und Augen sicher waren. Dieses Buch enthielt die Gedanken und Werke Gottes, wie sie unter den Menschen ausgeführt werden sollten, den göttlichen Lauf und Ratschluss in der Endzeit.

    Der Prophet berichtet nun: Und ich sah einen starken Engel, der rief mit großer Stimme: Wer ist würdig, die Buchrolle zu öffnen und ihre Siegel zu brechen? Alle guten Engel sind mächtige Geister, sie übertreffen sich an Kraft, Ps. 103, 20. Aber hier wird ausdrücklich gesagt, dass es einer der Mächtigen Jehovas war, der mit seinem herausfordernden Ruf hervortrat, der das ganze Universum durchdringen und jedes geschaffene Wesen erreichen sollte. Er wollte wissen, welcher Mensch auf Erden in der Lage sei, die Schriftrolle in der Hand des Herrn zu entrollen, nachdem er ihre Siegel gebrochen hatte. Nur Echo antwortete ihm: Und niemand im Himmel, noch auf der Erde, noch unter der Erde war imstande, die Schriftrolle zu öffnen oder einen Blick darauf zu werfen. Kein Engel aus dem Himmelreich, kein Mensch und kein Tier in der ganzen weiten Welt, keiner der Geister der Finsternis, die gewöhnlich in den Regionen unter der Erde wohnen, war in der Lage, herauszufinden und zu sagen, was Gott in seinen geheimen Plänen über die Ereignisse in den letzten Tagen der Welt vorgesehen hatte. Satan ist ein mächtiger Geist und kann viele böse Taten vollbringen, aber nur, wenn Gott es zulässt. Es gibt kein Geschöpf, das die Ratschlüsse des Herrn kennt, noch kann ein Mensch sie aufdecken. Johannes hat die Bedeutung dieser Tatsache einen Moment lang missverstanden: Und ich weinte sehr, weil man niemanden für würdig befand, die Schriftrolle zu öffnen oder einen Blick in sie zu werfen. Er nahm an, dass Prophezeiung und Offenbarung für immer aufgehört hätten, dass der Herr den Menschen nie wieder seine Ratschläge bekannt geben würde. Es war nicht enttäuschte Neugier, auch nicht Glaubensschwäche, die den Seher zu Tränen rührte, sondern nur seine glühende Liebe zur Kirche Christi, die oft durch so viele dunkle Täler gehen muss, ohne dass ein Licht von den Bergen den Weg weist oder Hilfe verheißt. Bis heute ist nicht der weinende Christ dem Herrn ein Dorn im Auge, sondern das gleichgültige Kirchenmitglied.

 

    Das Lamm, das geschlachtet war (V. 5-7): Die Flut von Tränen, die Johannes aus Liebe zur Kirche geweint hatte, wurde bald gestoppt: Und einer der Ältesten spricht zu mir: Weine nicht; siehe, der Löwe aus dem Stamm Juda hat gesiegt, die Wurzel Davids, um die Schriftrolle und ihre sieben Siegel zu öffnen. Einer der vierundzwanzig Ältesten, die auf vierundzwanzig Thronen um den zentralen Thron des Herrn saßen, tröstete Johannes mit einem wunderbaren Wort des Trostes und sagte ihm, er solle nicht weinen. Die Kirche hat zu allen Zeiten den besten, den zuverlässigsten Trost für alle Lebenssituationen aus dem Wort der Gnade Gottes. Mit eindrucksvoller Feierlichkeit hob der Älteste den Finger und wies auf den wahren Tröster hin, der in seiner Erniedrigung einem Lamm glich, das Lamm Gottes war, jetzt aber, in seiner Erhöhung, der siegreiche Löwe ist: Jesus Christus, der Löwe aus dem Stamm Juda, 1. Mose 49,9.10, zog aus, um alle Feinde der Menschheit zu besiegen, und er, der Gottmensch, hat sie alle überwunden und besiegt. Er, die Wurzel Davids, Jes. 11,1.10, der wie eine Wurzel aus trockenem Boden emporwuchs, ein Spross aus einem Stamm, der praktisch abgestorben war, Er hatte gesiegt, Er hatte den Sieg errungen. Und so kam es, dass er die Siegel lösen und die Schriftrolle der Ratschlüsse Gottes entrollen konnte. Der eingeborene Sohn Gottes hat uns den Vater geoffenbart, und er offenbart uns noch immer, was wir in diesem kurzen Leben wissen müssen, bis wir seine Prüfungen und Probleme hinter uns lassen und in die Gegenwart eintreten, wo uns alles, was wir wissen müssen, in der Herrlichkeit offenbart werden wird. Beachten Sie: In dem großen Werk der Erlösung und der Regierung der Kirche handelt der Herr, unser himmlischer Vater, nicht direkt mit uns, sondern durch seinen Sohn Jesus Christus. So wie Christus eine vollständige stellvertretende Erlösung für uns vollbracht hat, so ist er bis heute als unser Prophet tätig, um uns den gnädigen und guten Willen des Vaters kundzutun.

    Nachdem Johannes die Tränen seines Weinens weggewischt hatte, wurde er durch einen wunderbaren Anblick erfreut: Und ich sah mitten auf dem Thron und auf den vier Gestalten und mitten unter den Ältesten ein Lamm stehen wie geschlachtet, das hatte sieben Hörner und sieben Augen, das sind die sieben Geister Gottes, gesandt auf die ganze Erde. Die Beschreibung ist so gehalten, dass sich die ganze Aufmerksamkeit des Lesers auf dieses wunderbare Lamm richtet: Christus, der gekreuzigte und auferstandene Herr, ist der Mittelpunkt aller Betrachtungen im Neuen Testament. Das Lamm befand sich inmitten der Ältesten und der Cherubim, es saß direkt am Thron Gottes. Es trug die Zeichen der Schlachtung, es war noch zu erkennen, dass es das Sühneopfer für die Sünden der Welt gewesen war, und doch stand es in triumphierender Macht da. Denn er besaß sieben Hörner und sieben Augen, die der Prophet selbst als Zeichen für den siebenfachen Geist erklärt, den Geist der Weisheit und der Erkenntnis, der alles erforscht, auch die Tiefen Gottes. In Christus sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen. Die Kräfte des Heiligen Geistes Christi gehen in die Welt hinaus und erringen einen Sieg nach dem anderen für das Lamm, das geschlachtet wurde, so wie Er es will.

    Dass Christus, der für die Sünden der Welt geschlachtet wurde, nun aber zur Rechten der Macht Gottes erhöht wurde, unermesslich über alle Geschöpfe erhaben ist, zeigt die Handlung, die ihm zugeschrieben wird: Und er kam und nahm die Schriftrolle aus der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß. Das war Christus, das geduldige Lamm Gottes, aber auch Christus, der siegreiche Löwe aus dem Stamme Juda. Er war würdig und geeignet, er hatte das Recht und die Macht, zu seinem himmlischen Vater zu gehen und von ihm die Ratschläge für die Kirche zu empfangen. Er allein ist der richtige Ausleger des göttlichen Rates, denn er selbst ist der Herrscher, dem der Vater das Reich anvertraut hat. Als der ewige Gott, der mit dem Vater in Majestät und Macht koordiniert ist, ist Jesus auch nach seiner menschlichen Natur das Haupt der Gemeinde über alle, die sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt, Eph. 1,23. So ist Jesus Christus auf dem Thron des Vaters, aber auch inmitten seiner Gemeinde, und deshalb ist das Schicksal der Gläubigen in seinen Händen geborgen.

 

    Das Lied der Ältesten (V. 8-10): Jesus, der Erlöser, ist hier der einzige Mittelpunkt des Interesses; alles dreht sich um ihn: Und als es die Schriftrolle nahm, fielen die vier Lebewesen und die vierundzwanzig Ältesten vor dem Lamm nieder, ein jeder mit einer Harfe und goldenen Schalen, gefüllt mit Räucherwerk, das sind die Gebete der Heiligen. Die Entnahme der Schriftrolle durch das Lamm war das Signal für eine allgemeine Anbetung. Die seltsamen und wunderbaren lebenden Wesen, die vier Cherubim, die Johannes in Kap. 4,7 beschrieben hatte, vereinigten sich mit den Ältesten als den Vertretern der Kirche Christi, um dem Lamm zu huldigen. Sie warfen sich in einer Haltung der Unterwerfung und Anbetung nieder; sie brachten ihre Weihrauchschalen dar, die Gebete der Heiligen auf Erden, aller treuen Gläubigen überall; sie machten ihre Harfen zu einem eindrucksvollen Lobgesang bereit. Die goldenen Schalen waren wahrhaftig ein Bild für die gläubigen Herzen, in denen das tägliche Brandopfer des Neuen Testaments ohne Unterlass brennt, ein süßer Duft für den Herrn. Beachte, dass kein Unterschied zwischen der streitenden und der triumphierenden Kirche gemacht wird; denn diese beiden sind in Wirklichkeit eins, und es ist derselbe Geist, in dem sie gemeinsam Christus Lob und Ehre bringen.

    Und sie sangen ein neues Lied und sprachen: Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen, denn du bist geschlachtet worden und hast uns durch dein Blut zu Gott erlöst aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen, und du hast uns unserem Gott zu einem Königreich und zu Priestern gemacht, und wir werden auf Erden herrschen. Im ersten Teil der Vision war der Hymnus an Gott, den Schöpfer, gerichtet gewesen, aber hier ist er an das Lamm als Erlöser gerichtet, wegen der Kosten, des Umfangs und des Ergebnisses seiner Erlösung. Es ist ein neues Lied, das niemals veralten wird, das in der Kirche niemals ausgelassen werden wird, weder hier in der Zeit noch in der Ewigkeit. Jede neue Offenbarung der Herrlichkeit des Lammes erneuert die Schönheit der ersten Barmherzigkeit, durch die Er unser Erlöser wurde. Alle Ältesten stimmen in dieses Lied ein, denn es ist der Hymnus der ganzen Kirche. Sie preisen das Lamm als würdig der größten Ehre im Reich Gottes, als Vertrauter des Vaters in den Geheimnissen seines ewigen Rates, als Kenner der Dinge, die in der Schriftrolle der Beschlüsse Gottes geschrieben sind. Diese Würdigkeit wird durch die Tatsache verstärkt, dass das Lamm für uns geopfert wurde, dass sein Leib, sein Blut das wahre Sühneopfer für die Sünden der ganzen Menschheit wurde. Vor Gott sind wir durch das heilige, unschuldige Blut seines eingeborenen Sohnes erlöst worden. Es ist ein Heil, das für alle Menschen verdient wurde: ohne Rücksicht auf Stamm und Sprache und Volk und Nation: allen Menschen wird die freie Gnade Gottes in Christus Jesus angeboten. Die Gläubigen also, die sich der Frucht dieser herrlichen Erlösung erfreuen, sind nicht nur in seine Gemeinschaft berufen, um von ihm täglich und Gnade um Gnade aus seiner Fülle zu empfangen, sondern der Herr hat sie sogar zu einem Königreich, einer königlichen Priesterschaft gemacht, Kap. 1,6; 1. Petr. 2,9, er hat sie dazu bestimmt, mit ihm auf Erden zu herrschen. Obwohl wir jetzt von den Menschen verachtet und verworfen werden, haben wir in Wirklichkeit Anteil an der Weltherrschaft Christi, und es wird die Zeit kommen, in der diese Macht den staunenden Ungläubigen zu ihrem ewigen Unglück offenbart wird.

 

    Die Lobpreisungen (V. 11-14): Der Lobgesang wird hier von einem größeren Kreis gesegneter Geister und Geschöpfe aufgenommen, in einem heiligen Konzert mit solch herrlichem antiphonalen Gesang [Wechselgesang], wie er nur in den Hallen des Himmels zu hören ist: Und ich sah und hörte wie die Stimme vieler Engel rings um den Thron und die lebendigen Wesen und die Ältesten, und ihre Zahl war Myriaden von Myriaden und Tausende von Tausenden. Die Engel selbst geraten in Ekstase über das Erlösungswerk, das von dem geschlachteten Lamm vollbracht wurde. Mit Augen und Ohren, die vom unaussprechlichen Wunder des Ganzen aufgesperrt waren, nahm Johannes die zahllosen himmlischen Wesen wahr, die den Thron, die Cherubim und die Ältesten umkreisten und deren Stimmen sich zu solchen Hymnen der Herrlichkeit erhoben, wie sie zu den Bereichen der ewigen Freude gehören.

    Ihr Gesang ist praktisch eine Wiederholung des Gesangs der Ältesten: Sie sagen mit mächtiger Stimme: Würdig ist das Lamm, das geschlachtet wurde, Macht und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit und Lob zu empfangen. Obwohl dieser äußere Kreis von Engeln sein Lob nicht direkt an Christus richtet, loben und preisen die Engel doch das Erlösungswerk, durch das die Menschheit vom ewigen Verderben erlöst worden ist; denn die Engel selbst haben das Verlangen, in die Tiefen der Liebe Gottes zu schauen, die sich in der Erlösung der Welt zeigt. Sie erklären das Lamm, das für die Sünden der Welt geopfert wurde, als würdig für all die großen Gaben und Segnungen, die über Ihn kamen und Ihm gegeben wurden, als Er zur Rechten Gottes erhöht wurde. „Ehre und Ruhm und Lob gebühren Ihm, dessen siegreicher Tod Ihm die Macht verliehen hat, Seinem Volk unermessliche Reichtümer zu schenken und den Schleier der Zukunft zu lüften, wo Er dies im Interesse Seiner Kirche findet.“

    Und noch weiter sind die Kreise des anbetenden Lobes gezogen: Und alle Kreaturen im Himmel und auf der Erde und unter der Erde und auf dem Meer und alles, was darinnen ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm sei Lob und Ehre und Preis und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Hier wird die Erfüllung der Worte des heiligen Paulus, Phil. 2, 10. 11, aufgezeichnet und beschrieben, dass sich in dem Namen Christi alle Knie beugen sollen, im Himmel und auf Erden und unter der Erde, und dass alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus der Herr ist. Vgl. Ps. 103,22; Ps. 145,10. Ob willig oder unwillig, jedes Geschöpf ist verpflichtet, die Gottheit, die göttliche Gottheit Christi, des erhöhten Menschensohnes, anzuerkennen, ihn zu loben, zu preisen und zu preisen, sich seiner Herrschaft zu unterwerfen, zu bekennen, dass ihm alle Kraft und aller Reichtum und alle Weisheit des Lebens zu Recht gehören. Und so wird Gott verherrlicht, auch durch die Verherrlichung seines Sohnes. Das Lob Gottes, des Schöpfers, und das Lob Christi, des Erlösers, verschmelzen zu einem letzten Lied, das in alle Ewigkeit gesungen werden wird. Auf diesen großen Lobgesang antwortete das antiphonale Amen der Cherubim: Und die vier Lebewesen sprachen: Amen; und die Eiderenten fielen nieder und beteten an. Wahrlich, es wird so sein: Die ganze Erde wird voll sein von seiner Herrlichkeit. Die ganze Erde wird den Herrn fürchten, und alle Bewohner des Erdkreises werden in Ehrfurcht vor ihm stehen, Ps. 33,8.

 

Zusammenfassung: Der Prophet sieht das Buch der Ratschlüsse Gottes, dessen Siegel nur von Christus, dem geschlachteten Lamm, gebrochen werden konnte, eine Tatsache, die die Ältesten zu einem Lobgesang veranlasste, der später nicht nur von Myriaden von Engeln, sondern vom Chor aller Geschöpfe aufgegriffen wurde.

 

 

Kapitel 6

 

Das Öffnen der sechs Siegel der Schriftrolle (6,1-17)

    1 Und ich sah, dass das Lamm der Siegel eins auftat. Und ich hörte der vier Tiere eines sagen als mit einer Donnerstimme: Komm und siehe zu! 2 Und ich sah, und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf saß, hatte einen Bogen; und ihm wurde gegeben eine Krone; und er zog aus zu überwinden, und dass er siegte.

    3 Und da es das zweite Siegel auftat, hörte ich das zweite Tier sagen: Komm und siehe zu! 4 Und es ging heraus ein anderes Pferd, das war rot; und dem, der darauf saß, wurde gegeben, den Frieden zu nehmen von der Erde, und dass sie sich untereinander erwürgten; und ihm wurde ein großes Schwert gegeben.

    5 Und da es das dritte Siegel auftat, hörte ich das dritte Tier sagen: Komm und siehe zu! Und ich sah, und siehe, ein schwarzes Pferd, und der darauf saß, hatte eine Waage in seiner Hand. 6 Und ich hörte eine Stimme unter den vier Tieren sagen: Ein Maß Weizen um einen Denar und drei Maß Gerste um einen Denar; und dem Öl und Wein tu kein Leid.

    7 Und da es das vierte Siegel auftat, hörte ich die Stimme des vierten Tieres sagen: Komm und siehe zu! 8 Und siehe, und ich sah ein fahles Pferd, und der darauf saß, des Name hieß Tod, und die Hölle folgte ihm nach. Und ihnen ward Macht gegeben, zu töten das vierte Teil auf der Erde mit dem Schwert und Hunger und mit dem Tod und durch die Tiere auf Erden.

    9 Und da es das fünfte Siegel auftat, sah ich unter dem Altar die Seelen derer, die erwürgt waren um des Wortes Gottes willen und um des Zeugnisses willen, das sie hatten. 10 Und sie schrien mit großer Stimme und sprachen: HERR, du Heiliger und Wahrhaftiger, wie lange richtest du und rächst nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen? 11 Und ihnen wurde gegeben einem jeglichen ein weißes Kleid; und wurde zu ihnen gesagt, dass sie ruhten noch eine kleine Zeit, bis dass vollends dazukämen ihre Mitknechte und Brüder, die auch sollten noch getötet werden gleichwie sie.

    12 Und ich sah, dass es das sechste Siegel auftat; und siehe, da wurde ein großes Erdbeben, und die Sonne ward schwarz wie ein härener Sack, und der Mond ward wie Blut. 13 Und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, gleichwie ein Feigenbaum seine Feigen abwirft, wenn er von großem Wind bewegt wird. 14 Und der Himmel entwich wie ein eingewickeltes Buch; und alle Berge und Inseln wurden bewegt aus ihren Örtern. 15 Und die Könige auf Erden und die Obersten und die Reichen und die Hauptleute und die Gewaltigen und alle Knechte und alle Freien verbargen sich in  den Klüften und Felsen an den Bergen 16 und sprachen zu den Bergen und Felsen: Falle auf uns und verbergt uns vor dem Angesicht des, der auf dem Stuhl sitzt, und vor dem Zorn des Lammes; 17 denn es ist gekommen der große Tag seines Zorns, und wer kann bestehen?

 

    Das Öffnen der ersten drei Siegel (V. 1-6): Hier beginnt die Schilderung einiger Ereignisse, die die christliche Kirche, die militante Kirche, treffen würden, beginnend mit der Zeit, in der Johannes schrieb, und endend mit dem großen Tag des Gerichts. Jedes Mal, wenn ein Siegel der Schriftrolle geöffnet wurde, kam das besondere Ereignis, mit dem es verbunden war, aus der Rolle hervor und wurde dem Seher in einem Bild oder Symbol präsentiert. Über das erste Siegel berichtet er: Und ich sah, wie das Lamm eines der sieben Siegel öffnete, und ich hörte eines der vier lebendigen Wesen wie eine Donnerstimme sagen: Komm und sieh! Das Lamm, Christus, war allein würdig und fähig, die Siegel der Schriftrolle an Gottes Hand zu öffnen, und er öffnete sie eines nach dem anderen. Mit der Stimme des Donners wurde Johannes hier aufgerufen, Zeuge zukünftiger Dinge zu sein, denn der löwengesichtige Cherub, eines oder das erste der vier lebenden Wesen, Kap. 4,7, rief ihm zu, er solle kommen und sehen. Nachdem seine Aufmerksamkeit auf diese Weise geweckt worden war, schreibt Johannes: Und ich sah, und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf saß, hatte einen Bogen, und es wurde ihm eine Krone gegeben, und er zog aus, um zu siegen, und dass er siegte. Da der Prophet die Bedeutung dieses Symbols nicht erklärt, kann man nichts Bestimmtes darüber sagen. Einige lutherische Ausleger glauben, dass der Held Christus ist, der im Triumph auszieht, um mit der Kraft seines Evangeliums zu siegen. Andere meinen, der Text beziehe sich auf die Regierung, die unter Umständen tyrannisch werden und die Christen mit Verfolgungen und anderen Drangsalen bedrängen könne.

    Die Öffnung des zweiten Siegels: Und als es das zweite Siegel öffnete, hörte ich das zweite lebendige Wesen sagen: Komm! Hier war es der ochsengesichtige Cherub, der Johannes einlud, ein Zeuge der Dinge zu sein, die geschehen sollten. Dieses Bild ist von schrecklichem Aussehen: Und es kam ein anderes rotes Pferd, und dem, der darauf saß, wurde gegeben, den Frieden von der Erde zu nehmen, damit die Menschen sich gegenseitig schlagen, und ihm wurde ein großes Schwert gegeben. In diesem Bild deutet alles auf Krieg und Blutvergießen hin: die rote Farbe des Pferdes, die Tatsache, dass die Menschen die Macht erhielten, sich gegenseitig zu erschlagen, nachdem der Friede von der Erde genommen worden war, die Tatsache, dass diesem Reiter eine gnadenlose Waffe gegeben wurde. Die Geschichte der Welt, auch im sogenannten christlichen Zeitalter, ist ein Bericht über Kriege und Kriegsgerüchte, und auch die Kirche Christi hat die Trübsal erlitten, die durch Krieg und Blutvergießen über die Menschen kommt.

    Die Öffnung des dritten Siegels: Und als es das dritte Siegel öffnete, hörte ich das dritte lebendige Wesen sagen: Komm und sieh! Hier war es der menschengesichtige Cherub, der Johannes aufforderte, Zeuge der Dinge zu sein, die in der Zukunft über die Menschen kommen sollten. Der Ausblick ist in diesem Fall noch furchterregender: Und ich sah, und siehe, ein schwarzes Pferd, und der darauf saß, hielt eine Waage in seiner Hand; und ich hörte eine Stimme mitten unter den vier Lebewesen sagen: Ein Maß Weizen für einen Denarion und drei Maß Gerste für einen Denarion; aber das Öl und der Wein schaden nicht. Ein Denarion, der Tageslohn eines Arbeiters, Matth. 20,2, entsprach in normalen Zeiten etwa siebzehn Cent [zur Zeit von Augustus ca. 15-25 EUR]; und ein Maß war etwas mehr als zwei Pfund. Die Beschreibung deutet auf einen Zustand der Hungersnot hin, wenn die Lebensmittel grausam teuer werden, wenn die Zeiten schwarz und dunkel sind. In solchen Zeiten, die, wie die Prophezeiung zeigt, mit Sicherheit kommen würden, wäre es eine Frage des sorgfältigen Abmessens und Planens, damit das kleine tägliche Einkommen alle Ausgaben deckt. In solchen Tagen kann ein Mann durchaus gezwungen sein, auf den teureren Weizen zu verzichten und sich mit der billigeren Gerste zu begnügen. Nur eine Tatsache mildert die tristen Aussichten, nämlich die, dass wenigstens einige Lebensmittel von den steigenden Preisen ausgenommen sind. So hat auch die Kirche unter der Hungersnot und den extrem hohen Preisen zu leiden gehabt, als der Herr seine züchtigende Hand über die Welt legte.

    Das Öffnen des vierten und fünften Siegels (V. 7-11): Die prophetischen Darstellungen der kommenden Drangsal wurden immer mehr so, dass sie den Menschen Schrecken einjagten: Und als es das vierte Siegel öffnete, hörte ich die Stimme des vierten Lebewesens sagen: Komm und sieh! In diesem Fall rief der adlergesichtige Cherub Johannes zu, ein aufmerksamer Zeuge des Handelns des Lammes und seiner Ergebnisse zu sein. Der Prophet gibt diese Beschreibung: Und ich sah, und siehe, ein fahles Pferd; und der darauf saß, sein Name war Tod, und die Hölle folgte ihm nach, und ihnen wurde Macht gegeben über den vierten Teil der Erde, zu töten mit Schwert, Hunger und Tod und durch die wilden Tiere der Erde. Es ist ein schauriges Bild, das Pferd von blassgrüner, fahler Farbe und sein Reiter, der Tod, mit der Hölle an seinen Fersen, mit Pestilenz und Sterblichkeit, dem Tod in all seinen verschiedenen Formen, als ihre Strafwerkzeuge. Alles, was den Tod in außergewöhnlichen und ungewöhnlichen Formen über die Menschheit bringen wird, wird hier erwähnt. Wahrlich, diese Worte und ihr Typus haben sich in den vielen verheerenden Kriegen, Hungersnöten und Seuchen erfüllt, von denen die Geschichte berichtet, und von denen die meisten der heute lebenden Menschen Zeuge geworden sind. Aber die Hölle, obwohl sie den Tod begleitet und alle Menschen, die sterben, zu verschlingen droht, hat keine Macht über diejenigen, die in Gottes Händen sind. Es ist einerseits wahr, dass wir mitten im Leben im Tod sind; aber es ist andererseits auch wahr, dass wir mitten im Tod im Leben sind, denn wir sind in den Händen unseres Erlösers.

    Die Öffnung des fünften Siegels: Und als Er das fünfte Siegel öffnete. Ich sah unter dem Altar die Seelen derer, die um des Wortes Gottes willen und um des Zeugnisses willen, das sie abgelegt hatten, getötet worden waren. Die Szene wird hier von der Erde in den Himmel verlegt, der als ein prächtiger Tempel mit einem Brandopferaltar vorgestellt wird, wurden vor den Augen des Johannes alle Seelen derer offenbart, die wegen ihres Bekenntnisses zum Wort Gottes, zum Evangelium ihres Heils, wegen des Zeugnisses, das sie für ihren Erlöser abgelegt hatten, gemartert worden waren. Seit der Zeit des Stephanus, der wegen seines Bekenntnisses zu Christus ermordet wurde, hat die Zahl der Märtyrer für die Sache Christi ständig zugenommen, bis ihre Zahl unermesslich ist. Aber ihre Seelen befinden sich an einem sicheren Ort, in der Obhut Gottes, wo keine Plage und kein Leid sie berühren kann.

    Die gemarterten Seelen werden als bewusst dargestellt: Und sie schrien mit lauter Stimme und sprachen: Wie lange, o heiliger und wahrhaftiger Herrscher, willst Du noch zögern, unser Blut zu fordern und zu rächen an denen, die auf der Erde wohnen? Die gemarterten Seelen werden hier gezeigt, wie sie zu Gott um Rache schreien, um seine Heiligkeit und Wahrheit zu rechtfertigen. Die Feinde Christi und des Evangeliums, die das Blut der Christen wie Wasser vergossen haben, nicht nur in den großen Verfolgungen der frühen Kirche, sondern auch in der Inquisition des Mittelalters und danach, werden von der Gerechtigkeit und der rächenden Gerechtigkeit Gottes gefunden werden, denn das Blut ihrer Opfer schreit zum Herrn von der Erde. Gottes Geduld scheint die Bestrafung der Verbrechen gegen seine Kinder ungebührlich hinauszuzögern, aber zu gegebener Zeit wird er seine Heiligkeit und Wahrheit rechtfertigen.

    Dies zeigt sich auch in der Art und Weise, wie die gemarterten Seelen behandelt wurden: Und es wurde ihnen, einem jeden, ein weißes Gewand gegeben, und es wurde ihnen gesagt, dass sie noch eine kleine Weile ruhig bleiben sollten, bis zu ihnen auch ihre Mitknechte und ihre Brüder hinzukämen, die sicher getötet werden würden wie sie. Weiße Kleider, das Symbol der Heiligkeit, der Reinheit, der Gerechtigkeit und der Unschuld, wurden den vollendeten Heiligen zum Zeichen der Gerechtigkeit Christi gegeben, die ihnen durch den Glauben zugerechnet worden war und durch die alle ihre Sünden bedeckt wurden. Die Zahl der Märtyrer war noch nicht vollständig; in dem Maße, wie die Feindschaft der Heiden zunahm, würden sicherlich weitere hinzukommen, so wie die Geschichte es uns gezeigt hat und zeigt. Aber nur eine kleine Weile würde es dauern, so wie Gottes Zeit berechnet wird, und dann würde Gottes Tag des Zorns die Feinde seines Wortes überraschen, dann würde Gottes Heiligkeit und Gerechtigkeit in alle Ewigkeit gerechtfertigt werden. Geduld ist also eine der größten christlichen Tugenden, Geduld und ein gewisses Vertrauen in die Regierung Gottes.

 

    Das Öffnen des sechsten Siegels (V. 12-17): Es besteht hier eine offensichtliche Übereinstimmung mit Matthäus 24, wo der Herr von den Zeichen und Wundern spricht, die dem Gericht und dem Ende der Welt vorausgehen werden. Denn wenn auch nicht alle Szenen des Gerichts hier enthalten sind, so sind doch die wichtigsten deutlich zu erkennen: Und ich sah, als es das sechste Siegel öffnete, da geschah ein großes Erdbeben, und die Sonne wurde schwarz wie ein Sack, und der Vollmond wurde wie Blut, und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum seine Feigen abwirft, wenn er von einem starken Wind geschüttelt wird. Mit dem Öffnen des sechsten Siegels durch das Lamm geschahen vor den Augen des Johannes die besonderen Zeichen, die den letzten Tag einläuten sollten. Es geschah ein großes und furchtbares Erdbeben, Luk. 21,11; Sonne und Mond wurden verfinstert, Joel 2,31; Matth. 24,29; die Sterne fielen vom Firmament herab, Matth. 24,29; die ganze Natur war in Aufruhr, das Universum löste sich auf. Und noch mehr: Und der Himmel wurde weggerissen wie eine zusammengerollte Schriftrolle, und jeder Berg und jede Insel wurde von ihrem Platz verdrängt. Das Firmament des Himmels, scheinbar für die Ewigkeit gesichert, wird bei den letzten großen Erschütterungen des Universums nicht entkommen. Wie eine Pergamentrolle aufgerollt und beiseite gelegt wird, so wird auch das Firmament entfernt werden. Und gleichzeitig werden die festen Berge, die den Stürmen der Jahrhunderte standgehalten haben, und die Inseln, die den Wogen unzähliger Wirbelstürme getrotzt haben, verlagert, beiseite gelegt, weil sie nicht mehr gebraucht werden.

 

    Es wird auch gezeigt, welche Auswirkungen dies auf die Menschen in der Welt haben wird: Und die Könige auf Erden und die Mächtigen und die Gewaltigen und die Reichen und die Starken und alle Sklaven und Freien verbargen sich in den Höhlen und in den Felsen der Berge und sprachen zu den Bergen und Felsen: Fallt über uns und verbergt uns vor dem Angesicht dessen, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Zorn des Lammes; denn der große Tag ihres Zorns ist gekommen, und wer kann bestehen? Hier wird der Schrecken und die Verzweiflung der Feinde des Herrn geschildert, von dem er selbst prophezeit hat. Am letzten großen Tag wird die trotzige Autorität der stolzen Herrscher der Welt, der Könige und Mächtigen und Feldherren, in den Staub sinken, und sie werden wie die niedrigsten ihrer Untertanen nach Aufschub und Befreiung suchen. Dann wird aller Reichtum der Erde keine Rettung erkaufen, und die Kraft von tausend Ochsen wird kein Entrinnen bewirken. Dann werden die Sklaven und die Freien auf derselben Stufe stehen, und niemand wird an soziale Unterschiede denken. Und sie alle werden in unsagbarem Schrecken zusammenkauern und sich in die Felsen und Höhlen der Berge flüchten, in der vergeblichen Hoffnung, einen Ort zu finden, an dem die zornigen Blicke des heiligen Gottes sie nicht treffen, an dem der Zorn des Lammes, dessen Opfer sie in ihrem Unglauben verworfen haben, sie nicht treffen wird. Das ist es, was das Brechen des sechsten Siegels aufgedeckt hat: die Schrecken der gottlosen Welt am Tag des Gerichts Gottes. Nur die Christen, die sich des Sühneopfers Christi sicher sind, das sie im Glauben angenommen haben, werden sich an diesem Tag freuen, weil sie wissen, dass ihre Erlösung nahe ist.

 

Zusammenfassung: Während das Lamm sechs der sieben Siegel der Schriftrolle in der Hand Gottes öffnet, werden einige der Bedrängnisse und Verfolgungen der letzten Tage der Welt gezeigt, die in den Schrecken des letzten Tages gipfeln, aber auch die Befreiung der Märtyrer mit der Verheißung, dass Gott seine Heiligkeit rechtfertigen wird.

 

 

Kapitel 7

 

Der Trost der Gemeinde in geistlichen Anfechtungen (7,1-17)

    1 Und danach sah ich vier Engel stehen auf den vier Ecken der Erde, die hielten die vier Winde der Erde, damit kein Wind über die Erde bliese noch über das Meer noch über einen Baum. 2 Und ich sah einen anderen Engel aufsteigen von der Sonne Aufgang, der hatte das Siegel des lebendigen Gottes und schrie mit großer Stimme zu den vier Engeln, welchen gegeben ist, zu beschädigen die Erde und das Meer. 3 Und er sprach: Beschädigt die Erde nicht noch das Meer noch die Bäume, bis dass wir versiegeln die Knechte unseres Gottes an ihren Stirnen.

    4 Und ich hörte die Zahl derer, die versiegelt wurden, 144.000, die versiegelt waren von allen Geschlechtern der Kinder Israel: 5 von dem Geschlecht Juda zwölftausend versiegelt; von dem Geschlecht Ruben zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Gad zwölftausend  versiegelt; 6  von dem Geschlechte Asser zwölftausend versiegelt; von dem Geschlecht Naphthali zwölftausend versiegelt; von dem Geschlecht Manasse zwölftausend  versiegelt; 7 von dem Geschlecht Simeon zwölftausend versiegelt; von dem Geschlecht Levi zwölftausend versiegelt; von dem Geschlecht Isaschar zwölftausend  versiegelt; 8 von dem Geschlecht Sebulon zwölftausend versiegelt; von dem Geschlecht Joseph zwölftausend versiegelt; von dem Geschlechte Benjamin zwölftausend  versiegelt.

    9 Danach sah ich, und siehe, eine große Schar, welche niemand zählen konnte, aus allen Heiden und Völkern und Sprachen vor dem Stuhl stehend und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und Palmen in ihren Händen. 10 Sie schrien mit großer Stimme und sprachen: Heil sei dem, der auf dem Stuhl sitzt, unserm Gott, und dem Lamm! 11 Und alle Engel standen um den Stuhl und um die Ältesten und um die vier Tiere und fielen vor dem Stuhl auf ihr Angesicht und beteten Gott an 12 und sprachen: Amen! Lob und Ehre und Weisheit und Dank und Preis und Kraft und Stärke sei unserm Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

    13 Und es antwortete der Ältesten einer und sprach zu mir: Wer sind diese, mit den weißen Kleidern angetan, und woher sind sie gekommen? 14 Und ich sprach zu ihm: Herr, du weißt es. Und er sprach zu mir: Diese sind’s, die gekommen sind aus großer Trübsal und haben ihre Kleider gewaschen und haben ihre Kleider hell gemacht im Blut des Lammes. 15 Darum sind sie vor dem Stuhl Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel. Und der auf dem Stuhl sitzt, wird über ihnen wohnen. 16 Sie wird nicht mehr hungern noch dürsten; es wird auch nicht auf sie fallen die Sonne oder irgendeine Hitze. 17 Denn das Lamm mitten im Stuhl wird sie weiden und leiten zu den lebendigen Wasserbrunnen; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen.

 

    Die Versiegelung der Diener Gottes (V. 1-3): Das siebte Kapitel enthält die Beschreibung einer Vision, durch die der Prophet auf die Ereignisse vorbereitet werden sollte, die auf die Öffnung des siebten Siegels folgen würden. Es zeigt, wie der Herr die von ihm Auserwählten inmitten der geistlichen Bedrängnisse der Endzeit beschützt. Wie bei vielen anderen Bildern können wir nur die allgemeine Tendenz des Gedankens nachvollziehen und in Ermangelung einer prophetischen Erklärung keine spezifische Anwendung auf bestimmte historische Ereignisse vornehmen. Der Seher schreibt: Und danach sah ich vier Engel an den vier Ecken der Erde stehen, die die vier Winde der Erde festhielten, damit der Wind nicht über die Erde oder über das Meer oder über irgendeinen Baum wehe. Die vier Engel sind nach den vier Himmelsrichtungen benannt, was bedeutet, dass die Zerstörung, die auf der Erde angerichtet werden sollte, universell sein würde. Ihre Absicht scheint es gewesen zu sein, Erde und Meer und alles, was sie enthielten, zu zerstören, nicht nur die Ungläubigen und Gottlosen, sondern auch die Gläubigen, die Auserwählten Gottes. Sie waren böse Engel, und indem sie die Winde von der Erde fernhielten, wollten sie allen Geschöpfen Schaden zufügen. Der Fürst dieser Welt hat die Absicht, das Wachstum und den Lauf des Evangeliums zu behindern, und deshalb inspiriert er falsche Lehrer, den Atem und die Kraft des Heiligen Geistes im Evangelium zurückzuhalten.

    Aber Gott griff sofort ein: Und ich sah einen anderen Engel aufsteigen vom Aufgang der Sonne, der hatte das Siegel des lebendigen Gottes, und er rief mit gewaltiger Stimme den vier Engeln zu, denen die Erlaubnis gegeben worden war, die Erde und das Meer zu verletzen, und sprach: Verletzt nicht die Erde noch das Meer noch die Bäume, bis wir die Knechte unseres Gottes an ihren Stirnen versiegelt haben. Hier ist Trost und Ermutigung für die Gläubigen aller Zeiten. Vom Osten her, von der Quelle des Lichts und des Lebens, erscheint ein fünfter Engel, ein Diener des höchsten Gottes, vielleicht der Gesandte des Bundes selbst, Mal. 3,1. Er trug das Siegel des lebendigen Gottes, das ihm die Vollmacht gab, Gottes Gebote ungehindert auszuführen. Seinem Wort, als er den vier bösen Engeln zurief, sie sollten die Erde und das Meer und alles, was sie enthielten, nicht verletzen, bis er ihnen weitere Erlaubnis erteile, wurde daher sofort gehorcht. Mit Gottes Erlaubnis sind die bösen Engel oft in der Lage, in der Welt Schaden anzurichten und so ganz nebenbei Gottes Strafbefehle auszuführen; aber auf das erste Wort von ihm hin müssen sie ihre Hände zurückhalten. In diesem Fall wollte Gott zuerst seine Diener, seine Gläubigen, seine Auserwählten, auf ihren Stirnen versiegeln lassen, damit sie an dieser auffälligen Stelle den Namen Gottes und des Lammes tragen, Kap. 14,1; 22,4, zu ihrem Schutz in den geistlichen Bedrängnissen der Endzeit, Matth. 24,24. Niemand kann sie aus seiner Hand reißen, Joh. 10,28.29.

 

    Die Vollzahl der Versiegelten (V. 4-8): Man beachte, dass der Stamm Juda zuerst genannt wird, da der vierte Sohn Jakobs der Träger der messianischen Verheißung und der Vorfahre des Messias wurde. Nach einer Pause, in der die Versiegelung stattgefunden haben soll, wird die Gesamtzahl derer bekannt gegeben, die mit dem Schutzzeichen Gottes versiegelt wurden. Johannes hat die Zählung nicht selbst vorgenommen, sondern die Zahl nur gehört, denn nur der Herr kennt die Seinen. Es handelt sich offensichtlich um eine kollektive, stereotype Zahl, die alle einschließen soll, die zum wahren Israel, zur Gemeinde der Gläubigen, aus allen Sprachen und Nationen gehören. Die Aufzählung der Stämme wird auch einfach vorgenommen, um die Zahl Zwölf zu erhalten, entsprechend der alten Rechenart. Aus diesem Grund wird Ephraim durch Joseph ersetzt und Dan weggelassen; Levi wird mit den anderen erwähnt, weil es in der Kirche Christi kein besonderes Priestertum gibt, sondern alle zum königlichen Priestertum gehören. Das Siegel des Herrn wurde auf die bestimmte Zahl derer gelegt, die er zum ewigen Leben erwählt hat.

 

    Der Lobpreis der unzählbaren Schar (V. 9-12): Es ist eine Szene des Sieges und des Triumphes: Danach sah ich, und siehe, eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen, stehen vor dem Thron und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und mit Palmen in ihren Händen. Hier ist das Gegenbild des Laubhüttenfestes, die christliche Kirche in den Gewändern des Sieges, bereit, das Freudenfest des endgültigen Eintritts in die Herrlichkeit zu feiern. Wenn das Ende aller Trübsal nahe ist und das Reich der Herrlichkeit offenbart wird, dann wird die unzählige Schar der Gesegneten aus allen Nationen, Stämmen, Völkern und Sprachen vor dem Thron Gottes versammelt sein. Dort werden sie stehen, aufrecht, zuversichtlich, triumphierend. Denn sie werden nicht in den Kleidern ihrer eigenen Gerechtigkeit erscheinen, sondern in den weißen Kleidern der Gerechtigkeit Christi, die ihnen durch den Glauben zugerechnet wird, Jes. 61,10. In ihren Händen werden sie Palmen halten, Zeichen der Freude und des Sieges, alles zu Ehren des Herrn und des Lammes, Ps. 16,11.

    Johannes hörte auch ihren Lobgesang: Und sie schrien mit mächtiger Stimme und sprachen: Heil unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm! Hier ist der große Chor der Heiligen in der Seligkeit, nicht der einer leisen Hymne, sondern der eines mächtigen Schreis, der aus unzähligen Herzen hervorbricht, die von Rührung erfüllt sind. Sie schreiben ihr Heil, die Seligkeit, die sie genossen haben, ganz und allein Gott, dem Vater, zu, dessen Ratschluss der Liebe das Heil der Welt vorbereitet hat, und dem Lamm, das durch sein stellvertretendes Leiden das Heil für die Welt erworben hat. Es ist das ewige „Allein Gott in der Höh sei Ehr“, das hier erklingt, der Lobgesang, der sich mit ungebrochener Kraft erheben wird, weltweit und ohne Ende.

    Wenn das Lob Gottes gesungen wird, können die Engel nicht schweigen: Und alle Engel standen um den Thron und die Ältesten und die vier Gestalten und fielen nieder vor dem Thron auf ihr Angesicht und beteten Gott an und sprachen: Amen, Lob und Preis und Weisheit und Dank und Ehre und Kraft und Stärke sei unserem Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen. Wie in Kap. 5,11, werden die Engel als eine große Wolke von Zeugen der himmlischen Glückseligkeit dargestellt, die den Thron, die Ältesten und die Cherubim umgibt. Als die Doxologie der vollendeten Heiligen zu Ende war, griffen diese gesegneten Geister den Refrain auf und vertieften ihn mit unbändiger Begeisterung. Mit ihrem Amen stimmten sie in den Gesang der Auserwählten ein, denn es ist ein Geist, der in der Gemeinde Christi und in den Scharen der himmlischen Hallen lebt. Wie sie den Herrn vor der Öffnung der Siegel gepriesen haben, so erheben sich ihre Stimmen in herrlicher Harmonie, nachdem das Schicksal der Menschheit enthüllt worden ist. Die göttliche Weisheit zeigte sich in den Mitteln, die sich der dreieinige Gott ausgedacht hatte, um die gefallene Menschheit zu erlösen; die göttliche Kraft und Macht bewirkte die Befreiung der Menschheit durch das Werkzeug des Erlösers; und so müssen ihm von der Schar der vollendeten Gläubigen in der Seligkeit, von den Heerscharen des Himmels, in alle Ewigkeit Dank, Lob und Herrlichkeit zuteil werden. Das ist ganz gewiss wahr.

 

    Die Seligkeit der Heiligen in weißen Kleidern (V. 12-17): Ein interessantes Gespräch wird nun von Johannes berichtet: Da antwortete einer der Ältesten und sprach zu mir: Diese, die mit weißen Kleidern angetan sind, wer sind sie und woher kommen sie? Zweifellos sah der Älteste das Interesse und die Neugierde des Johannes, die sich in seinem Gesicht abzeichneten, und wollte dieses Interesse anregen und in die richtigen Bahnen lenken. Deshalb deutete er auf die große Schar der weißgewandeten Heiligen und fragte nicht nach ihrer Zahl, sondern nach ihrer Herkunft und ihrem Charakter.

    Die Antwort des Johannes zeigte den Eifer seines Herzens: Und ich sagte zu ihm: Herr, du weißt es. Es war die respektvolle Anrede eines Untergebenen an einen, den er als seinen Vorgesetzten betrachtete. Vgl. Hes. 37,3. Er erhielt die Information, die er suchte: Und er sprach zu mir: Diese sind's, die aus der großen Trübsal gekommen sind und haben ihre Kleider gewaschen und haben sie weiß gemacht in des Lammes Blut. Die große Bedrängnis war die Zeit der Verfolgung und des Martyriums, von der in Kap. 6,11 die Rede war. Diese Menschen hatten überwunden, sie hatten gesiegt, sie waren treu bis in den Tod, und deshalb hatte der Herr sie gerettet, hatte sie in den Hafen der ewigen Sicherheit gebracht. Dabei hatten sie kein Verdienst, denn all ihre Gerechtigkeit war vor Gott wie ein schmutziger Lappen, Jes. 64,6. Aber der ganze Schmutz ihrer eigenen Kleider war abgewaschen worden durch das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, das uns von allen Sünden reinigt, Jes. 1,16; 1. Joh. 1,7. Die weißen Gewänder sind die Gerechtigkeit Jesu Christi, die sie durch die Mittel der Gnade empfangen haben und an der sie bis zum Ende festhielten.

    Der gesegnete Zustand der auserwählten Gläubigen wird weiter beschrieben: Darum sind sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel, und der, der auf dem Thron sitzt, wird sie überschatten. Aus diesem Grund, nicht wegen irgendeines Verdienstes ihrerseits, sondern weil sie die Gerechtigkeit Jesu Christi und das weiße Gewand seines vollkommenen Verdienstes angenommen haben, nehmen die vollendeten Heiligen den Platz der Herrlichkeit und Ehre vor dem Thron Gottes ein. Sie sind nicht nur neue Geschöpfe, sondern sie sind Priester vor Gott und verrichten das Werk ihrer Anbetung vor ihm in alle Ewigkeit, ohne Unterlass, denn der Unterschied zwischen Tag und Nacht wird dann aufgehoben sein. Und wie die Schechinah, die Wolke des Bundes, im Alten Testament mit inniger Fürsorge über der Stiftshütte und dem Gnadenstuhl schwebte, so wird die Gegenwart Gottes die Auserwählten im Himmel überschatten, um mit ihnen in inniger Gemeinschaft verbunden zu sein und sie mit den reichen Gaben seines Hauses zu beglücken, Ps. 36,9; Jes. 49,10.

    Und noch mehr wird zur Seligkeit des Himmels gehören: Sie werden weder hungern noch dürsten, noch wird sie die Sonne oder irgendeine Hitze treffen; denn das Lamm, das mitten auf dem Thron sitzt, wird ihr Hirte sein und ihren Weg zu den Quellen lebendigen Wassers weisen, und Gott wird jede Träne von ihren Augen abwischen. Diese Behauptungen werden mit größtem Nachdruck aufgestellt. Für die, die vor dem Thron des Lammes versammelt sind, sind Hunger und Durst, die Zeit der Bedrängnis und des Leids für immer vorbei, Jes. 49,10. Der, der sich ihrer erbarmt, wird sie leiten, ja, er wird sie an den Wasserquellen führen. Nie mehr werden die brennenden Strahlen der Sonne, nie mehr wird die sengende Hitze der Bedrängnis ihren Geist ermüden. Denn Jehova selbst, das Lamm, das mit dem Vater in der Mitte des himmlischen Throns sitzt, wird der Hirte sein, der sie zu den reichen Weiden der himmlischen Segnungen führen wird; er selbst wird sie an die stillen Wasser des ewigen Lebens leiten. Er selbst ist das Brot, das Manna und das Wasser des Lebens, Joh. 4,14.15; 6,35; 7,38. Er ist es, der allen Hunger und Durst für immer stillt. Was sie hier auf Erden in den Mitteln der Gnade empfangen haben, Jes. 55,1, erhalten sie nun in reichstem, unendlichem Maße, wenn sie Gott von Angesicht zu Angesicht sehen, wenn sie der Herrlichkeit teilhaftig werden, die der Heiland durch sein Erlösungswerk für sie erworben hat. Nie wieder wird es im himmlischen Haus einen Grund für Tränen geben. Die letzte Träne, die durch die Schmerzen des Todes oder des Martyriums auf ihren Wimpern geblieben sein mag, wird abgewischt werden, ohne eine Spur, die auf ihr früheres Elend hinweist, Jes. 25,8. Das ist die wunderbare, die sichere Zukunft, die auf die verfolgte Kirche Gottes wartet, wenn sich die Tore der Ewigkeit öffnen. Ach, wäre doch dieser herrliche Trost im Herzen eines jeden Gläubigen lebendig!

 

Zusammenfassung: In der Versiegelung der Knechte Gottes, deren typische Zahl angegeben wird, in der Szene, in der die unzählige Schar den Herrn lobt, im Chor der Engel und in der Beschreibung der Seligkeit der Heiligen im Himmel bietet der Prophet allen Gläubigen den besten und dauerhaftesten Trost in allen Bedrängnissen dieses Lebens.

 

 

 

 

Kapitel 8

 

Die dritte Vision [Gesicht] und das Öffnen des siebten Siegels (8,1-13)

    1 Und da es das siebte Siegel auftat, wurde eine Stille in dem Himmel bei einer halben Stunde. 2 Und ich sah sieben Engel, die da traten vor Gott, und ihnen wurden sieben Posaunen gegeben. 3 Und ein anderer Engel kam und trat an den Altar und hatte ein goldenes Räuchfass; und ihm wurde viel Räuchwerk gegeben, dass er gäbe zum Gebet aller Heiligen auf den goldenen Altar vor dem Stuhl. 4 Und der Rauch des Räuchwerks vom Gebet der Heiligen ging auf von der Hand des Engels vor Gott. 5 Und der Engel nahm das Räuchfass und füllte es mit Feuer vom Altar und schüttete es auf die Erde. Und da geschahen Stimmen und Donner und Blitze und Erdbeben. 6 Und die sieben Engel mit den sieben Posaunen hatten sich gerüstet zu posaunen.

    7 Und der erste Engel posaunte. Und es wurde ein Hagel und Feuer, mit Blut gemengt, und fiel auf die Erde. Und das dritte Teil der Bäume verbrannte, und alles grüne Gras verbrannte. 8 Und der zweite Engel posaunte. Und es fuhr wie ein großer Berg mit Feuer brennend ins Meer. Und der dritte Teil des Meeres wurde Blut, 9 und der dritte Teil der lebendigen Kreaturen im Meer starb, und der dritte Teil der Schiffe wurde verderbt.

     10 Und der dritte Engel posaunte. Und es fiel ein großer Stern vom Himmel; der brannte wie eine Fackel und fiel auf den dritten Teil der Wasserströme und über die Wasserbrunnen. 11 Und der Name des Sterns heißt Wermut; und der dritte Teil wurde Wermut. Und viel Menschen starben von den Wassern, weil sie waren so bitter geworden. 12 Und der vierte Engel posaunte. Und es wurde geschlagen der dritte Teil der Sonne und der dritte Teil des Mondes und der dritte Teil der Sterne, dass ihr dritter Teil verfinstert wurde, und der Tag den dritten Teil nicht schien und die Nacht desgleichen. 13 Und ich sah und hörte einen Engel fliegen mitten durch den Himmel und sagen mit großer Stimme: Wehe, wehe, wehe denen, die auf Erden wohnen, vor den anderen Stimmen der Posaune der drei Engel, die noch posaunen sollen!

 

    Die Vorbereitung für das Blasen der Posaunen (V. 1-6): Die Erzählung an dieser Stelle ist bei aller Einfachheit von dramatischer Intensität: Und als er das siebte Siegel öffnete, herrschte etwa eine halbe Stunde lang Stille im Himmel. Es war eine Stille der gespannten Erwartung, der atemlosen Spannung. Die Plagen, die in Symbolen gezeigt werden sollten, waren die größten, die schrecklichsten von allen, die Drangsale, die die Kirche treffen würden, würden in ihrer Intensität furchteinflößend sein. Es war eine unheilvolle Zeit mit schrecklichen Vorzeichen.

    Nachdem die halbe Stunde verstrichen war, setzte eine Aktivität ein, die auf die kommenden Ereignisse vorbereitete: Und ich sah die sieben Engel, die vor Gott stehen, und ihnen wurden sieben Posaunen gegeben. Die Verwendung von Posaunen ist in der Heiligen Schrift immer mit wichtigen Ankündigungen verbunden, die für eine große Menschenmenge bestimmt sind. Hier werden die sieben Engel erwähnt, die Geister, die im unmittelbaren Dienst des Herrn stehen, so wie Gabriel sich selbst als einen derer bezeichnet, die vor dem Herrn stehen, Luk. 1,19. Sie waren seine Diener, um seine Befehle auszuführen, und die Trompeten wurden ihnen gegeben, damit sie die Verkünder des Herrn seien. Nun standen sie bereit, mit ihren Trompeten am Mund, und warteten auf das Signal, das Unheil zu verkünden.

    Der Gedanke, dass der Himmel ein riesiger Tempel ist, tritt nun wieder in den Vordergrund: Und ein anderer Engel kam und trat neben den Altar und hatte ein goldenes Räuchergefäß, und ihm wurde Weihrauch in Fülle gegeben, damit er ihn zu den Gebeten aller Heiligen auf dem goldenen Altar vor dem Thron hinzufüge. Auch hier weist alles auf die Feierlichkeit des Anlasses hin. Es gibt keine Eile, keine Verwirrung: Der Akt der Anbetung wird mit der ganzen Eindringlichkeit einer heiligen Würde vollzogen. Viele Ausleger identifizieren diesen Engel mit dem einen großen Hohepriester des Neuen Testaments, Jesus Christus selbst. So wie der Hohepriester des Alten Testaments ein goldenes Räuchergefäß nahm, um im Allerheiligsten Weihrauch zu opfern, so werden hier die Gebete der Heiligen, eine große Menge von ihnen, Gott dargebracht. Dies war für den Herrn annehmbar: Und der Rauch des Weihrauchs stieg auf mit den Gebeten der Heiligen aus der Hand des Engels vor Gott. Das geradlinige Aufsteigen des Rauches eines Opfers bedeutete, dass Gott es gnädig ansah, dass die Gebete der Heiligen seine Zustimmung fanden, wie es sicher der Fall ist, wenn sie nach seinem Willen verrichtet werden, um des kostbaren Verdienstes und der mächtigen Fürsprache des großen Hohenpriesters und Vermittlers Jesus Christus willen.

    Auch die letzte Handlung des Engels war bedeutsam: Und der Engel nahm das Räuchergefäß und füllte es mit Feuer vom Altar und warf es auf die Erde; und es geschahen Donner und Stimmen und Blitze und ein Erdbeben. Das Feuer vom Altar ist eine Manifestation des siebenfachen Geistes im Wort. Die Verkündigung dieses Wortes ist wie ein Donner, der harte Herzen erschüttert, wie eine mächtige Stimme, die den Verstand durchdringt, wie ein Blitz, der das Innerste des Herzens offenbart und die Erkenntnis göttlicher Dinge bewirkt, wie ein Erdbeben, das mächtige Veränderungen bewirkt, nicht nur im Herzen und im Verstand der Zuhörer, sondern in ihrem ganzen Leben. Nachdem diese vorbereitenden Handlungen stattgefunden hatten, war alles bereit für das Blasen der Posaunen: Und die sieben Engel, die die sieben Posaunen hatten, bereiteten sich vor, zu posaunen.

 

    Das Blasen der ersten und zweiten Posaune (V. 7-9): Die ersten vier Posaunen setzen zerstörerische Kräfte in Bewegung, deren Zerstörung sich gegen natürliche Objekte richtet, wobei die Katastrophen an die ägyptischen Plagen erinnern. Die erste Plage betrifft die Erde: Und der erste blies die Posaune; und es geschah Hagel und Feuer, mit Blut vermischt, und fiel auf die Erde, und der dritte Teil der Bäume wurde verbrannt, und alles grüne Gras wurde verbrannt. Hier haben wir das Bild eines schrecklichen Gewitters mit Blitz und Hagel, das Tod und Zerstörung hinterlässt, mit dem zusätzlichen Schrecken eines Blutregens anstelle von Regen. So ist es, wenn ein Wirbelsturm von Irrlehren, besonders von solchen der Werkgerechtigkeit, die Kirche Gottes trifft. Dann werden die grünen Weiden seines Wortes traurig verbrannt, und die zarten Triebe der jungen Christen verdorren.

    Die zweite Plage befiel das Meer: Und der zweite Engel blies seine Posaune, und es fiel ins Meer, was einem großen, feurigen Berg glich; und der dritte Teil des Meeres wurde zu Blut, und der dritte Teil der Kreaturen, die im Meer waren, starb, die lebenden Tiere, und der dritte Teil der Schiffe wurde zerstört. Hier haben wir ein Bild von einer besonderen vulkanischen Störung, die die Explosion des Vulkans selbst, die Verwandlung des Wassers in Blut, die Vernichtung vieler Meerestiere und die Verwüstung der Schifffahrt umfasst. So ist es, wenn ketzerischer Fanatismus in die christliche Kirche eindringt, wenn Irrlehrer auftauchen und scheinbar große Zeichen und Wunder vollbringen und sich in glänzender Größe vor den Menschen aufplustern. Leider sind nur zu viele Christen von solchen Männern in die Irre geführt worden, haben das feste Fundament von Gottes ewigem Wort verlassen und sind in ihrer eigenen Torheit untergegangen.

 

    Das Blasen der dritten und vierten Posaune (V. 10-13): Die dritte Plage befiel die Wasser der Erde: Und der dritte Engel blies seine Posaune; und es fiel ein großer Stern vom Himmel wie eine Fackel, und er fiel auf den dritten Teil der Flüsse und auf die Wasserquellen; und der Name des Sterns heißt Wermut; und der dritte Teil der Wasser verwandelte sich in Wermut, und viele unter den Menschen starben an den Wassern, weil sie bitter geworden waren. Hier ist das Bild eines riesigen Meteors, der vom Himmel herabschießt und mit einer bitteren Droge gefüllt ist, von der gesagt wird, dass sie ein tödliches Gift ist, das allen Gewässern und Quellen, mit denen sie in Berührung kommt, zugesetzt wird. So ist es mehr als einmal vorgekommen, dass Männer, die sich für leuchtende Lichter und helle Sterne am Firmament der Kirche hielten, mit dem Gift der Irrlehre erfüllt wurden, das sie allzu oft in den von ihnen verbreiteten Predigten und Büchern verteilten. Durch solche Menschen wird das Wasser des Lebens, das reine Evangelium des Erlösers, bitter und giftig gemacht, und alle Menschen, die von diesem vergifteten Wasser trinken, fallen dem geistlichen Tod zum Opfer. Die Beschreibung passt besonders gut auf die großen rationalistischen Lehrer, die die Quellen des reinen inspirierten Wortes vergifteten.

    Die vierte Plage schlug an das Firmament des Himmels: Und der vierte Engel blies seine Posaune; und es wurde geschlagen der dritte Teil der Sonne und der dritte Teil des Mondes und der dritte Teil der Sterne, so dass der dritte Teil von ihnen verfinstert wurde und der Tag kein Licht hatte für seinen dritten Teil und ebenso die Nacht. Dies ist ein Bild für eine ungewöhnliche Störung des Himmels, durch die alle Lichtkörper am Firmament in einer Weise beeinträchtigt wurden, dass ihnen sowohl bei Tag als auch bei Nacht ein Drittel ihrer Kraft genommen wurde. Das ist es, was in der Kirche geschieht, wenn Menschen, die sich Diener des Evangeliums nennen, das Licht der Heiligen Schrift durch ihre eigenen Meinungen verdunkeln und Willkür und Unsicherheit an die Stelle der unfehlbaren Grundlage der Wahrheit Gottes setzen. Sobald Spekulationen über das göttliche Wort auf die Kanzel kommen, wird auch das Licht Gottes verdunkelt. Es ist schade, dass, wie der Text durchgängig bemerkt, die dritte Art der Geschöpfe durch diese Plagen vernichtet wurde, dass ein großer Teil der Kirche immer von den verschiedenen Irrlehren betroffen war. Aber es gibt noch diesen Trost, dass der dritte Teil nicht das Ganze ist. Die ganze Kirche wird dem Irrtum nicht nachgeben; Gott wird seine Auserwählten in seinem Wort und Glauben bewahren. Die Pforten der Hölle werden seine Kirche nicht überwältigen.

   Die Erzählung zeigt nun wieder eine Unterbrechung im Geschehen: Und ich sah und hörte einen Adler (oder: Engel) mitten im Himmel fliegen mit einem lauten Schrei: Wehe, wehe, wehe denen, die auf der Erde wohnen, denn die drei Engel, die im Begriff sind, ihre Posaunen zu blasen, werden nicht aufhören! In der Mitte des Himmels, im Zenit, direkt über den Köpfen der Menschen, flog der Adler, und sein schriller Schrei war eine Warnung vor der Sicherheit, ein Aufruf zur Umkehr, bevor die restlichen Posaunen ertönen und noch größeres Leid und Elend über die Bewohner der Erde bringen sollten. Es ist absolut notwendig, dass alle Christen in diesen letzten Tagen der Welt auf die warnenden Worte ihrer Pastoren hören, damit sie nicht von dem Leid, das über die Kirche kommt, überwältigt werden.

 

Zusammenfassung: Zu Beginn der dritten Vision sieht der Prophet die Öffnung des siebten Siegels und wird Zeuge, wie vier Engel in die Posaunen blasen, was zur Folge hat, dass Plagen über die Erde, das Meer, die Wasser und den Himmel kommen.

 

 

 

 

 

Kapitel 9

 

Das Blasen der fünften und sechsten Posaune (9,1-21)

    1 Und der fünfte Engel posaunte. Und ich sah einen Stern, gefallen vom Himmel auf die Erde, und ihm wurde der Schlüssel zum Brunnen des Abgrunds gegeben. 2 Und er tat den Brunnen des Abgrunds auf. Und es ging auf ein Rauch aus dem Brunnen wie ein Rauch eines großen Ofens; und es wurden verfinstert die Sonne und die Luft von dem Rauch des Brunnens. 3 Und aus dem Rauch kamen Heuschrecken auf die Erde. Und ihnen wurde Macht gegeben, wie die Skorpione auf Erden Macht haben. 4 Und es wurde zu ihnen gesagt, dass sie nicht beleidigten das Gras auf Erden noch Grünes noch einen Baum, sondern allein die Menschen, die nicht haben das Siegel Gottes an ihren Stirnen.

    5 Und es wurde ihnen gegeben, dass sie nicht töteten, sondern sie quälten fünf Monate lang; und ihre Qual war wie eine Qual vom Skorpion, wenn er einen Menschen haut. 6 Und in diesen Tagen werden die Menschen den Tod suchen und nicht finden; werden begehren zu sterben, und der Tod wird von ihnen fliehen. 7 Und die Heuschrecken sind gleich den Rossen, die zum Krieg bereit sind; und auf ihrem Haupt wie Kronen dem Gold gleich und ihr Antlitz gleich der Menschen Antlitz. 8 Und sie hatten Haar wie Frauenhaar, und ihre Zähne waren wie der Löwen. 9 Und sie hatten Panzer wie eiserne Panzer; und das Rasseln ihrer Flügel wie das Rasseln an den Wagen vieler Rosse, die in den Krieg laufen. 10 Und hatten Schwänze gleich den Skorpionen, und es waren Stacheln an ihren Schwänzen; und ihre Macht war, zu beleidigen die Menschen fünf Monate lang. 11 Und sie hatten über sich einen König, einen Engel aus dem Abgrund; dessen Name heißt auf Hebräisch Abaddon, und auf griechisch hat er den Namen Apollyon.

    12 Ein Wehe ist dahin; siehe, es kommen noch zwei Wehe nach dem. 13 Und der sechste Engel posaunte. Und ich hörte eine Stimme aus den vier Ecken des goldenen Altars vor Gott, 14 die sprach zu dem sechsten Engel, der die Posaune hatte: Löse auf die vier Engel, gebunden an dem großen Wasserstrom Euphrat. 15 Und es wurden die vier Engel los, die bereit waren auf eine Stunde und auf einen Tag und auf einen Monat und auf ein Jahr, dass sie töteten das dritte Teil der Menschen. 16 Und die Zahl des reisigen Zeuges war viel tausendmal tausend; und ich hörte ihre Zahl.

    17 Und so sah ich die Rosse im Gesicht, und die darauf saßen, dass sie hatten feurige und gelbe und schwefelige Panzer; und die Häupter der Rosse wie die Häupter der Löwen; und aus ihrem Mund ging Feuer und Rauch und Schwefel. 18 Von diesen dreien wurde getötet der dritte Teil der Menschen von dem Feuer und Rauch und Schwefel, die aus ihrem Mund gingen. 19 Denn ihre Macht war in ihrem Mund, und ihre Schwänze waren den Schlangen gleich, und hatten Häupter, und mit denselben taten sie Schaden. 20 Und es blieben noch Leute, die nicht getötet wurden von diesen Plagen noch Buße taten für die Werke ihrer Hände, dass sie nicht anbeteten die Teufel und die goldenen, silbernen, ehernen, steinernen und hölzernen Götzen, welche weder sehen noch hören noch wandeln können, 21 die auch nicht Buße taten für ihre Morde, Zauberei, Hurerei und Dieberei.

 

    Das Fallen des Sternes (V. 1-4): Hier ist ein Bild, das außergewöhnliche Erschütterungen in der Natur darstellt, um das Kommen großer Umwälzungen in der Kirche zu lehren: Und der fünfte Engel blies seine Posaune; und ich sah einen Stern aus dem Himmel auf die Erde fallen, und ihm wurde der Schlüssel der Grube des Abgrunds gegeben. Johannes sah diesen Stern nicht im Fallen, sondern als gefallen, als bereit, sein furchtbares Werk der Zerstörung zu beginnen. Ihm wurde der Schlüssel zu einer furchtbaren Höhle gegeben, zur Grube des Abgrunds, der Wohnung des Teufels und seiner Engel; er erhielt die Macht, die Menschen in diese Wohnung der Finsternis und Verdammnis zu bringen.

    Johannes berichtet nun, dass der gefallene Engel von seiner Macht Gebrauch machte: Und er öffnete die Grube des Abgrunds, und es stieg Rauch auf aus der Grube wie der Rauch eines großen Ofens, und die Sonne wurde verfinstert und die Luft von dem Rauch der Grube. Hier wird das verderbliche Wirken des bösen gefallenen Sterns gezeigt, durch das dunkle und giftige Dämpfe aus dem Abgrund der Hölle freigesetzt wurden. Es handelte sich nicht um eine kleine und vorübergehende Erscheinung, sondern um eine, die eine so dichte Wolke höllischen Rauchs hervorbrachte, dass sie selbst die Sonne verdunkelte und die ganze Luft trübte. Dieses Übel wurde später noch verschlimmert: Und aus dem Rauch kamen Heuschrecken auf die Erde, und ihnen wurde Macht verliehen wie den Skorpionen der Erde; und es wurde ihnen gesagt, dass sie das Gras der Erde nicht verletzen dürften, noch irgendetwas Grünes, noch irgendeinen Baum, sondern nur die Menschen, die nicht das Siegel Gottes auf ihren Stirnen tragen. So verwandelte sich der dichte und giftige Dampf in einen Schwarm höllischer Geister in Form von Heuschrecken, die noch gefährlicher wurden, weil sie wie Skorpione stechen konnten. Die Feinde der Gläubigen, der Kirche Christi, werden oft mit Heuschrecken verglichen, sowohl wegen ihrer großen Zahl als auch wegen ihrer zerstörerischen Kraft, Jer. 46,23; Amos 7; Joel 1. Ihre Macht war jedoch nicht unbegrenzt, denn es wurde ihnen ausdrücklich gesagt, dass sie die Vegetation, die der Herr noch hatte stehen lassen, nicht verletzen durften, und dass sie den Auserwählten des Herrn, die das Siegel des himmlischen Vaters und des Lammes an ihren Stirnen tragen, nicht schaden durften, Kap. 7,3.

 

    Die Heuschreckenplage (V. 5-11): Hier werden die zerstörerischen Geister detailliert beschrieben. Von ihnen heißt es vor allem: Und es wurde ihnen gewährt, dass sie sie nicht töten, sondern fünf Monate lang quälen sollten; und ihre Qual ist wie die Qual eines Skorpions, wenn er einen Menschen sticht. Der Skorpion war ein bösartiger und gefährlicher Gegner, dessen Angriffe stets mit unerträglichen Schmerzen verbunden waren und tödlich enden konnten. Eine lange Zeit, fünf Monate lang, übrigens eine vom Herrn festgesetzte Zeit, über die hinaus sie nicht zu gehen wagten, sollten die bösen Horden die Christenheit quälen. Die Qualen waren fast unsagbar schwer: Und in jenen Tagen werden die Menschen den Tod suchen und ihn nicht finden, und sie werden zu sterben begehren, und der Tod wird vor ihnen fliehen. Die Verweigerung des Todes würde bei dieser Verfeinerung der Folter zu einer Verstärkung ihrer Macht führen; die Gefolterten sehnen sich vergeblich nach einer Erleichterung der Qualen und wünschen sich den Tod selbst anstelle dieser Folter. Aber diese Wohltat würde ihnen verwehrt bleiben.

    Der Eindruck der zerstörerischen Aktivität der Horden wird durch ihr Erscheinen noch verstärkt: Und das Aussehen der Heuschrecken war wie Pferde, die zum Kampf gerüstet sind, und auf ihren Häuptern sahen sie aus wie goldene Kronen, und ihre Gesichter waren wie Menschengesichter, und sie hatten Haare wie Frauenhaare, und ihre Zähne waren wie die von Löwen; und sie hatten Schuppenpanzer wie eiserne Panzer, und das Geräusch ihrer Flügel war wie der Lärm vieler Wagen, die zum Kampf eilen; und sie hatten Schwänze und Stacheln wie Skorpione, und in ihren Schwänzen war ihre Kraft, die Menschen fünf Monate lang zu verletzen. Diese Beschreibung ist teils phantasievoll, teils realistisch, wobei Ersteres auf die wie Gold schimmernden Kronen und die wie langes Mädchenhaar wehenden Fühler zutrifft, Letzteres auf die Form des Kopfes, den segmentierten, schuppigen Körper, ihren alles verschlingenden Appetit und das schwirrende Geräusch, das sie im Flug machen. Die Beschreibung wird durch die Nennung ihres Anführers vervollständigt: Ihr König war der Engel des Abgrunds, dessen Name im Hebräischen Abaddon, im Griechischen aber Apollyon ist. Sicherlich ein passender Name für den Herrscher und Anführer der zerstörerischen Horden, denn er bedeutet Zerstörer.

     Die Auslegung dieses gesamten Bildes, V. 1-11, bereitet in Ermangelung einer authentischen Erklärung durch den Herrn selbst die gleichen Schwierigkeiten wie die meisten anderen Bilder in diesem Buch der Visionen und Prophezeiungen. So viel scheint sicher zu sein, dass der gefallene Stern ein außergewöhnlich großer Lehrer ist, der jedoch von der reinen Wahrheit abgefallen ist. Seine Lehre ist eine, die nach Hölle und Verderben riecht, und das Ergebnis ihrer Verkündigung ist, dass das reine, rettende Wissen über Gott auf der Erde verdunkelt wird. Außerdem wird er viele Anhänger gewinnen, deren Irrlehre wie eine geistliche Plage inmitten der Christenheit wirken würde. Denn wo das kostbare Wort Gottes verachtet und nicht im wahren Glauben angenommen wird, dort wird Gott dieses Wort schließlich wegnehmen und zulassen, dass falsche und seelenzerstörende Lehren gelehrt werden. Und schließlich deutet die Tatsache, dass der Anführer der Falschgläubigen den Namen Zerstörer trug und die Macht hatte, die abgefallene Christenheit fünf Monate lang zu quälen, darauf hin, dass er ein mächtiger Herrscher und großer Krieger war, dessen zerstörerische Tätigkeit auch die wahren Kinder Gottes quälen würde.

    Diese Beschreibung lässt sich auf mindestens zwei historische Bewegungen von großem Ausmaß anwenden. Luther schreibt: „Das erste Wehe, der fünfte Engel, ist der große Ketzer Arius und seine Gefährten, die die Christenheit in aller Welt so furchtbar quälten, dass der Text wohl sagt, die frommen Leute wären lieber gestorben, als dass sie das alles gesehen hätten; und doch mussten sie es alles sehen und konnten nicht sterben. Er sagt sogar, dass ein Engel aus der Hölle, genannt der Zerstörer, ihr König ist.... Denn nicht nur geistlich, sondern auch leiblich, mit dem Schwert, verfolgten sie die wahren Christen.“[3] Arius war ein Presbyter der Gemeinde in Alexandria in Ägypten zu Beginn des vierten Jahrhunderts, der die schreckliche Lehre einführte, dass Christus nicht wahrer Gott mit dem Vater, sondern ein bloßes Geschöpf sei. Trotz aller Bemühungen gläubiger Lehrer, diese Lehre aus der Kirche zu verbannen, da sie die Grundfesten des Christentums umstößt, hielt sich der Arianismus mehrere Jahrhunderte lang und wurde während der so genannten Völkerwanderung sehr schnell von verschiedenen germanischen Völkern verbreitet, die ihn angenommen hatten. Es war eine wahrhaft schreckliche Heimsuchung für die Christen, die nur dem Namen nach zur Kirche gehörten, aber auch eine Qual für die wenigen Gläubigen, die an der Lehre der Heiligen Schrift festhielten. Andere Kommentatoren sehen in diesem gefallenen Stern und in den Horden, die ihm folgten, angeführt von dem Engel aus dem Abgrund, den Papst und seine gesamte Hierarchie. Und es ist wahr, dass jedes Detail des hier gezeichneten Bildes gut auf dieses antichristliche System in all seinen Verästelungen angewendet werden kann, das bis heute der größte Feind der Kirche Christi in der ganzen Welt ist. Wenn doch allen wahren Christen die Augen geöffnet würden, um diese Tatsache zu sehen und zu verstehen und sich entsprechend zu verhalten!

 

    Das Blasen der sechsten Posaune (V. 12-16): Der Apostel fügt hier eine Bemerkung ein, die eine tiefe Bedeutung hat: Das erste Wehe ist vorüber; siehe, es kommen noch zwei Wehe nach diesem. Für die wahre Kirche Gottes wird es bis zum Ende der Welt niemals eine Zeit des völligen Friedens und der Ruhe geben, und alle Träume der Chiliasten oder Millenialisten werden zunichte gemacht. Als Jünger Christi müssen wir sein Kreuz tragen, sowohl individuell als auch kollektiv, bis zu dem großen Tag der Offenbarung seiner Herrlichkeit.

    Der Apostel hat noch das Bild des himmlischen Tempels vor Augen, als er den sechsten Posaunenstoß beschreibt: Und der sechste Engel blies seine Posaune; und ich hörte eine einzige Stimme von den vier Hörnern des goldenen Altars, der vor Gott steht, die sprach zu dem sechsten Engel, der die Posaune hatte: Löse die vier Engel, die an dem großen Strom Euphrat gebunden sind. Der Euphrat, einst die östliche Grenze des jüdischen Gebietes und des Volkes Gottes, sollte der Ausgangspunkt dieses neuen Unheils sein. Es war die einzige Stimme des Herrn, die aus der Mitte der vier Hörner des goldenen Altars ertönte. Er, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist, ist in der Lage, den Engeln, die im Begriff sind, Verderben zu wirken, Einhalt zu gebieten, aber er ist auch in der Lage, sie gewähren zu lassen, wenn die Menschen das Evangelium nicht annehmen, und schreckliches Unheil über die Ketzer und ihre Anhänger zu bringen.

    Dieses Quartett von Engeln brachte unermessliches Verderben: Und es wurden die vier Engel losgelassen, die zu jener Stunde und zu jenem Tag und zu jenem Monat und zu jenem Jahr bereit waren, den dritten Teil der Menschen zu töten; und die Zahl ihrer Reiterscharen war zweihundert Millionen; ich habe ihre Zahl gehört. Die vier Engel des Verderbens waren genau für diese Zeit aufbewahrt worden, und ihre Macht war so groß, dass sie imstande waren, den dritten Teil der Menschen zu töten, den geistigen Tod zu bringen. Mittels einer fast unzähligen Schar von Reitern wirkten die Engel das Verderben, von dem der Seher spricht. Dieses Bild ist so eindeutig, dass nur wenige gläubige Kommentatoren zögern, die Bewegung mit der des Mohammedanismus zu Beginn des siebten Jahrhunderts zu identifizieren. „Das zweite Wehe ist der sechste Engel, der berüchtigte Mohammed mit seinen Gefährten, den Sarazenen, die mit ihren Lehren und mit dem Schwert große Plagen über die Christenheit brachten.“[4] Dieser falsche Prophet, ein Nachkomme Ismaels, machte es sich zur Aufgabe, ein System von Lehren zu finden, das allen Menschen gefallen würde. Von den Juden übernahm er die Beschneidung und viele andere Zeremonien; die Heiden bediente er mit seiner fleischlichen Freizügigkeit und Polygamie; von den Arianern lernte er das Wenige, das er über Christus weiß; von anderen Häretikern entlieh er die Lehre von den Werken, durch die die Menschen vor Gott den Himmel verdienen würden. Zunächst schritt dieser falsche Prophet nur langsam voran, aber nachdem er einmal Fuß gefasst hatte, überrannten seine Anhänger in Horden von Fanatikern, die zu Tausenden zählten, große Teile Asiens, Afrikas und Europas.

 

    Die weitere Beschreibung des Sehers bestätigt die Auslegung (V. 17-21): Die Beschreibung der großen Massen von Reitern verstärkt die allgemeine Wirkung des Textes, um den Schrecken und die Zerstörung dieser großen Plage zu betonen: Und so sah ich in dem Gesicht die Pferde und die darauf saßen, die hatten Panzer von Feuer und Schwefel und Schwefel; und die Häupter der Pferde glichen Löwenköpfen, und aus ihrem Maul ging Feuer und Rauch und Schwefel hervor. Hier wird ein Heer von angreifenden Reitern beschrieben, deren Rüstungen rot, dunkelblau und gelb schimmern. Sie waren die Werkzeuge des göttlichen Zorns. Keine irdische Macht allein konnte das Rauben, Morden und Verbrennen dieser Unholde aufhalten. Die Löwenköpfe, denen die Köpfe ihrer Pferde glichen, zeigten die furchtbare Macht, den schrecklichen Zorn, der die Herzen der mohammedanischen Horden erfüllte, und aus ihren Mäulern strömten Feuer, Rauch und Schwefel: Durch diese drei Plagen wurde der dritte Teil der Menschen getötet, durch das Feuer und den Rauch und den Schwefel, die aus ihren Mäulern hervorgingen. Es war und ist ein mörderischer Fanatismus, mit dem die Anhänger Mohammeds Krieg führen, wobei sie alle Abscheulichkeiten des Abgrunds der Hölle einsetzen, um ihre falsche Lehre zu verbreiten.

    Es ist so, wie der heilige Johannes schreibt: Denn die Macht der Pferde liegt in ihrem Maul und in ihren Schwänzen; denn ihre Schwänze sind wie Schlangen, die Köpfe haben, und mit ihnen richten sie Schaden an. Das ist das Geheimnis der Macht dieses falschen Propheten, die falsche, verführerische Lehre, die aus seinem Mund kommt. Die Zungen seiner Lehrer sind wahrhaftig von der Hölle mit einem verhängnisvollen Feuer entflammt, ein wahres Geheimnis der Ungerechtigkeit. Die alte Schlange, Satan selbst, ist ihre Inspiration, und wo immer sie ihr Haupt erheben, folgen Schaden und Zerstörung.

    Und nun macht Johannes eine fast unglaubliche Aussage: Und die übrigen Menschen, die nicht getötet wurden durch diese Plagen, taten nicht Buße für die Werke ihrer Hände, dass sie nicht anbeteten die Dämonen und die goldenen und silbernen und ehernen und steinernen und hölzernen Götzen, die weder sehen noch hören noch wandeln können, und taten nicht Buße für ihre Morde noch für ihre Zauberkünste noch für ihre Hurerei noch für ihre Diebstähle. So wie der Pharao sein Herz verhärtete trotz der vielen Beweise der Macht Gottes, die vor seinen Augen geschahen, so wie die Kinder Israels in der Wüste sich immer wieder weigerten, sich in wahrer Reue dem Herrn zuzuwenden, trotz der vielen Wunder, durch die er sie zu beeinflussen suchte, so ist es in der Geschichte der Welt immer gewesen. Der Herr mag noch so viele Plagen, Kriege, Seuchen, Hungersnöte senden, und doch, sobald er seine züchtigende Hand zurückzieht, verhärten die Menschen ihre Herzen erneut und weigern sich, die Werke ihrer Hände, ihren Götzendienst, ihren Missbrauch des Namens Gottes, ihre Morde und Ehebrüche und Raubüberfälle, große und kleine Bäder zu bereuen. Wahrlich, dies ist eine Beschreibung des Abgrunds menschlicher Verderbtheit, ein Bild, wie wir es nur selten in seiner Gesamtheit sehen, obwohl wir in diesen letzten Tagen vor dem Kommen des Herrn in Herrlichkeit oft genug Einblicke erhalten.

 

Zusammenfassung: Der Prophet zeichnet in der Beschreibung des fallenden Sterns und der Heuschreckenscharen, die aus der Höllengrube heraufziehen, ein Bild von einigen der wichtigsten Irrlehrer, die das Christentum je heimgesucht haben; und in ähnlicher Weise sagt er in den zahllosen Reitern, die vom Euphrat heraufkommen, den Aufstieg des Islams mit seinen falschen Lehren und allen damit verbundenen Schrecken voraus.

 

 

Kapitel 10

 

Der Seher ist ein Buch (10,1-11)

    1 Und ich sah einen anderen starken Engel vom Himmel herabkommen, der war mit einer Wolke bekleidet, und ein Regenbogen auf seinem Haupt und sein Antlitz wie die Sonne und seine Füße wie die Feuerpfeiler. 2 Und er hatte in seiner Hand ein Büchlein aufgetan; und er setzte seinen rechten Fuß auf das Meer und den linken auf die Erde. 3 Und er schrie mit großer Stimme wie ein Löwe brüllt; und da er schrie, redeten sieben Donner ihre Stimmen.

    4 Und da die sieben Donner ihre Stimmen geredet hatten, wollte ich sie schreiben. Da hörte ich eine Stimme vom Himmel sagen zu mir: Versiegle, was die sieben Donner geredet haben; dieselben schreibe nicht. 5 Und der Engel, den ich sah stehen auf dem Meer und auf der Erde, hob seine Hand auf zum Himmel 6 und schwur bei dem Lebendigen von Ewigkeit zu Ewigkeit, der den Himmel geschaffen hat, und was darin ist, und die Erde, und was darin  ist, und das Meer, und was darin ist, dass hinfort keine Zeit mehr sein soll, 7 sondern in den Tagen der Stimme des siebenten Engels, wenn er posaunen wird, so soll vollendet werden das Geheimnis Gottes, wie er hat verkündigt seinen Knechten und Propheten.

    8 Und ich hörte eine Stimme vom Himmel abermals mit mir reden und sagen: Gehe hin, nimm das offene Büchlein von der Hand des Engels, der auf dem Meer und auf der Erde steht. 9 Und ich ging hin zum Engel und sprach zu ihm: Gib mir das Büchlein! Und er sprach zu mir: Nimm hin und verschlinge es; und es wird dich im Bauch grimmen, aber in deinem Mund wird’s süß sein wie Honig; 10 Und ich nahm das Büchlein von der Hand des Engels und verschlang es; und es war süß in meinem Mund wie Honig; und da ich’s gegessen hatte, grimmete mich’s im Bauch. 11 Und er sprach zu mir: Du musst abermals weissagen den Völkern und Heiden und Sprachen und vielen Königen.

 

    Der Engel mit dem Buch (V. 1-3): So wie es nach der Öffnung des sechsten Siegels einen Abschnitt voller Trost für die wahren Gläubigen gab, so haben wir im zehnten, elften und zwölften Kapitel Ereignisse, die auf das letzte große Wehe vorbereiten. Es gibt viele Einzelheiten in diesen Szenen, die nur von einem Propheten mit Sicherheit gedeutet werden können; die allgemeine Richtung der Erzählung ist jedoch klar. In der ersten Szene finden wir: Und ich sah einen anderen starken Engel aus dem Himmel herabsteigen, der war mit einer Wolke bekleidet und hatte einen Regenbogen auf seinem Haupt und sein Angesicht war wie die Sonne und seine Füße wie Feuersäulen. Von dem einen Engel war in Kap. 5,2 die Rede gewesen. Hier war ein anderer Engel, stark und mächtig, mit allen Merkmalen, die auf ein Wesen hinwiesen, das entweder zu den Engeln des Herrn gehörte oder ihnen so sehr ähnelte, dass es die Menschen täuschen konnte. Er kommt in einer Wolke, so wie der Herr im Alten Testament auf die Stiftshütte und den Tempel herabkam. Er trägt einen Regenbogen, das Zeichen des Friedens, auf seinem Haupt. Der Glanz seines Gesichts gleicht dem der Sonne. Seine Füße ähneln Feuersäulen, genau wie die von Christus, dem großen Sieger über alle Feinde.

    Von diesem majestätischen Wesen schreibt der Seher: Und er hatte in seiner Hand ein kleines Buch, das aufgeschlagen war; und er setzte seinen rechten Fuß auf das Meer, den linken aber auf die Erde, und rief mit großem Geschrei wie ein brüllender Löwe; und als er gerufen hatte, redeten die sieben Donner ihre Donnerschläge. 5,1 hatte er sich auf ein größeres, geschlossenes Buch bezogen; hier ist es nur ein Büchlein, das er in der Hand des Engels sieht. Die kolossale Gestalt des majestätischen Wesens überzog Land und Meer, denn er war von großer Macht besessen und wollte, dass seine Botschaft in der ganzen weiten Welt Gehör fand. Deshalb brüllte er auch mit Löwengebrüll, um seine Stimme bis ans Ende der Welt dringen zu lassen, und wie ein gewaltiges Echo rollten die sieben Donner ihre Stimmen in einem artikulierten Brüllen aus, wie die siebenfachen Stimmen des Herrn im Donner, Ps. 29.

 

    Die Botschaft des Engels (V. 4-7): Hier ist ein seltsames Zwischenspiel: Und als die sieben Donner geredet hatten, wollte ich schreiben, und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel sagen: Versiegle, was die sieben Donner geredet haben, und schreibe das nicht. Die Botschaft, die von den Donnern verkündet wurde, muss deutlich gewesen sein, denn Johannes hatte die Worte offensichtlich verstanden. Und kaum war der Ton verklungen, wollte er die Botschaft zu Papier bringen. Doch eine Stimme aus dem Himmel mischte sich ein und befahl ihm, die Vision zu versiegeln oder zu verschließen, sie vor den Menschen geheim zu halten, zumindest für den Augenblick. Es ist nicht notwendig, dass die Menschen alle Mysterien und Geheimnisse der Zukunft kennen. Man beachte, dass Johannes hier seine prophetische Autorität unterstreicht.

    In der Zwischenzeit hatte sich auch der Engel zu einer weiteren Demonstration von Macht und Weisheit bereit gemacht: Und der Engel, den ich auf dem Meer und auf der Erde stehen sah, hob seine rechte Hand zum Himmel auf und schwor bei dem, der lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit, der den Himmel und was darin ist, und die Erde und was darin ist, und das Meer und was darin ist, dass es keinen Aufschub mehr geben sollte, sondern in den Tagen der Stimme des siebten Engels, wenn er seine Posaune blasen würde, sollte das Geheimnis Gottes erfüllt werden, wie er es seinen Knechten, den Propheten, verkündet hatte. Hier zeigt sich erneut die außerordentliche Weisheit und Macht des Engels. Mit großer Feierlichkeit schwört er bei dem lebendigen Gott, dem allmächtigen Schöpfer des Universums. Er weiß, dass das letzte Wehe unmittelbar bevorsteht, dass es keinen Aufschub mehr geben wird. Das Wirken Gottes in der Schöpfung und in der Vorsehung werde im Gericht gipfeln; alles sei reif für das Ende, so wie es den Propheten des Herrn verheißen worden sei. Dies ist eine gute Nachricht für die Diener Gottes, für die Gläubigen; es zeigt ihnen, dass ihre Befreiung nahe ist.

 

    Johannes verschlingt das kleine Buch (V. 8-11): Dies ist ein weiteres Zwischenspiel mit einer seltsamen Besetzung: Und die Stimme, die ich aus dem Himmel gehört hatte, hörte ich (noch einmal) zu mir sprechen und sagen: Geh und nimm das geöffnete Büchlein aus der Hand des Engels, der auf dem Meer und auf der Erde steht. Diese Vision ähnelt der aus Hes. 3,l-3, und sie hat in etwa die gleiche Bedeutung. Die Stimme vom Himmel unterscheidet sich wiederum von der des Engels, denn sie fordert Johannes auf, dem Engel das aufgeschlagene Büchlein abzunehmen.

    Die Szene wird immer merkwürdiger: Und ich ging zu dem Engel und sprach zu ihm: Gib mir das Büchlein; und er sprach zu mir: Nimm es und verschlucke es, und es wird dir bitter im Magen liegen, aber in deinem Munde wird es süß wie Honig sein. Sicherlich eine höchst merkwürdige Situation, in der der Engel einen solchen Befehl ausspricht, dass der Seher die kleine Schriftrolle verschlingen soll, die zwar süß schmecken, aber bitter zu verdauen sein würde. Aber Johannes gehorchte: Und ich nahm das Büchlein aus der Hand des Engels und verschlang es, und es war in meinem Mund süß wie Honig; und als ich es gegessen hatte, wurde mein Magen bitter. Wie ihm gesagt worden war, verschlang er die Schriftrolle eifrig, und die Wirkung war genauso, wie der Engel es vorausgesagt hatte: ein süßer Geschmack im Mund, aber ein Gefühl von großer Bitterkeit im Magen.

    Johannes erhält nun einen letzten Befehl: Und er sprach zu mir: Es ist nötig, dass du wieder von Völkern und Nationen und Sprachen und vielen Königen weissagst. Die Offenbarung war geschehen, und Johannes wurde beauftragt, die Visionen zu verkünden. Die Botschaft, die er verkünden sollte, betraf alle Menschen aus allen Nationen und Sprachen, Herrscher und Untertanen gleichermaßen. So haben wir wieder einen Beweis dafür, dass der Seher auf Befehl und durch die Inspiration des Herrn schrieb, dass wir in diesem Buch die ewige Wahrheit haben.

    Es bleibt nun zu sehen, was diese Vision in ihrer Gesamtheit zu bedeuten hat. Die Kraft des gesamten Bildes scheint auf eine Vorbereitung auf das letzte Wehe hinzuweisen, und in diesem Sinne wurde es von den meisten lutherischen Auslegern verstanden. Die gesamte Erscheinung des Engels symbolisiert das Wesen und den Charakter des letzten Wehe. Er kam mit großer geistlicher Schau, als einer, der Christus selbst verkörperte, als einer, der Christi Werk, Christi Wahrheit, Christi Reich repräsentierte, seine drohende Stimme verlangte die Anerkennung seiner Person und seiner Lehre, seiner Verordnungen, wie sie in dem Büchlein, in der kleinen Schriftrolle, enthalten waren. Wie Johannes feststellte, waren diese Dekrete und Lehren zwar süß im Geschmack und angenehm für das Fleisch, aber er war später überzeugt, dass sie für Herz und Gewissen gefährlich waren, dass sie den Glauben zerstörten. So stellt dieser Engel unter dem Deckmantel der höchsten Heiligkeit die Macht der Hölle dar, die mit großer geistlicher Schau und unter dem Namen und der Maske Christi auftrat, deren Absicht es aber war, durch Lehren der Menschen, die dem verderbten Fleisch gefielen, sowohl den Glauben als auch das Gewissen zu zerstören. Diese Beschreibung passt, wie wir sehen werden, auf den Papst von Rom als den wahren Antichristen.

 

Zusammenfassung: Der Seher sieht einen Engel mit einem Büchlein vom Himmel herabsteigen, das eine bedrohliche Botschaft enthält; er verschluckt die kleine Schriftrolle und erlebt einen süßen Geschmack im Mund, gefolgt von einem bitteren Gefühl im Magen.

 

 

Kapitel 11

 

Von den zwei Zeugen und dem Blasen der siebten Posaune (11,1-19)

    1 Und es wurde mir ein Rohr gegeben, einem Stecken gleich, und er sprach: Stehe auf und miss den Tempel Gottes und den Altar, und die darin anbeten. 2 Aber den inneren Chor des Tempels wirf hinaus und miss ihn nicht; denn er ist den Heiden gegeben; und die heilige Stadt werden sie zertreten zweiundvierzig Monate. 3 Und ich will meine zwei Zeugen geben, und sie sollen weissagen 1260 Tage, angetan mit Säcken. 4 Diese sind zwei Ölbäume und zwei Fackeln, stehend vor dem Gott der Erde.

    5 Und so jemand sie will beleidigen, so geht das Feuer aus ihrem Mund und verzehrt ihre Feinde; und so jemand sie will beleidigen, der muss so getötet werden. 6 Diese haben Macht, den Himmel zu verschließen, dass es nicht regne in den Tagen ihrer Weissagung; und haben Macht über das Wasser, zu wandeln in Blut und zu schlagen die Erde mit allerlei Plage, so oft sie wollen. 7 Und wenn sie ihr Zeugnis geendet haben, so wird das Tier, das aus dem Abgrund aufsteigt, mit ihnen einen Streit halten und wird sie überwinden und wird sie töten. 8 Und ihre Leichname werden liegen auf der Gasse der großen Stadt, die da heißt geistlich die Sodom und Ägypten, da unser HERR gekreuzigt ist. 9 Und es werden ihre Leichname etliche von den Völkern und Geschlechtern und Sprachen drei Tage und einen halben sehen; und werden ihre Leichname nicht lassen in Gräber legen. 10 Und die auf Erden wohnen, werden sich freuen über sie und wohl leben und Geschenke untereinander senden; denn diese zwei Propheten quälten; die auf Erden wohnten.

    11 Und nach drei Tagen und einem halben fuhr in sie der Geist des Lebens von Gott, und sie traten auf ihre Füße; und eine große Furcht fiel über die, so sie sahen. 12 Und sie hörten eine große Stimme vom Himmel zu ihnen sagen: Steigt herauf! Und sie stiegen auf in den Himmel in einer Wolke; und es sahen sie ihre Feinde. 13 Und zu derselben Stunde geschah ein großes Erdbeben, und der zehnte Teil der Stadt fiel; und es wurden getötet in dem Erdbeben siebentausend Namen der Menschen; und die andern erschraken und gaben Ehre dem Gott des Himmels. 14 Das andere Wehe ist dahin; siehe, das dritte Wehe kommt schnell!

    15 Und der siebte Engel posaunte. Und es wurden große Stimmen im Himmel, die sprachen: Es sind die Reiche der Welt unsers HERRN und seines Christus geworden; und er wird regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit. 16 Und die vierundzwanzig Ältesten, die vor Gott auf ihren Stühlen saßen, fielen auf ihr Angesicht und beteten Gott an. 17 Und sprachen: Wir danken dir, HERR, allmächtiger Gott, der du bist und warst und künftig bist, dass du hast angenommen deine große Kraft und herrschst. 18 Und die Heiden sind zornig geworden, und es ist gekommen dein Zorn und die Zeit der Toten, zu richten und zu geben den Lohn deinen Knechten, den Propheten, und den Heiligen und denen, die deinen Namen fürchten, den Kleinen und den Großen, und zu verderben, die die Erde verderbt haben. 19 Und der Tempel Gottes wurde aufgetan im Himmel, und die Arche seines Testaments wurde in seinem Tempel gesehen; und es geschahen Blitze und Stimmen und Donner und Erdbeben und ein großer Hagel.

 

    Das Messen des Tempels Gottes (V. 1-4): Dies ist ein Zwischenspiel, das für alle Christen voller Trost ist und sie auf das Kommen des letzten Wehs vorbereitet. Nur der erste Gedanke ist einer, der inhaltlich noch zur vorhergehenden Vision gehört: Und es wurde mir ein Rohr gegeben, gleich einem Stab, mit den Worten: Steig hinauf und miss den Tempel Gottes und den Altar und die, die darin anbeten, und den äußeren Vorhof des Tempels aus und miss ihn nicht; denn er ist den Heiden übergeben worden, und sie werden die heilige Stadt zweiundvierzig Monate lang zertreten. Der Tempel von Jerusalem, von dem der hier beschriebene Tempel ein Bild oder ein Typus ist, hatte eine Reihe von Abteilungen: den Vorhof der Heiden, den Vorhof der Frauen, den Vorhof Israels und den Vorhof der Priester. Der äußere Hof wird in diesem Fall als den Heiden, den Feinden des Herrn, überlassen beschrieben. Der innere Tempel, der eigentliche Tempel, ist also die wahre Kirche, die heilige christliche Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, während der äußere Tempel die so genannte sichtbare Kirche darzustellen scheint, die oft von Häretikern und Antichristen zerrissen und mit Füßen getreten wurde. Zweiundvierzig Monate, dreieinhalb Jahre oder 1.260 Tage: Das ist die symbolische Länge des Zeitraums, in dem das letzte Wehe seine Macht über die Menschen ausüben wird. Es ist eine lange Zeit, und doch ist sie durch die Macht des Herrn begrenzt. Keine der Mächte des Bösen darf über die Zeit hinausgehen, die der Herr ihnen zugesteht; seine Christen dürfen nicht über das hinaus versucht werden, was sie vermögen.

    Zu dieser Tatsache kommt eine weitere Zusicherung hinzu: Und Ich werde Meinen zwei Zeugen gewähren, und sie werden weissagen 1.260 Tage, bekleidet mit Säcken; das sind die zwei Ölbäume und die zwei Leuchter, die vor dem Herrn der Erde stehen. Inmitten des allgemeinen Glaubensabfalls hat der Herr noch seine Zeugen, treue Prediger und Lehrer, die während der Herrschaft des Antichristen ihre Stimme erheben und vom Erlöser und dem wahren Evangelium Zeugnis ablegen werden. Ihre Gewänder würden in der Tat aus schwarzem Haartuch bestehen, dem angemessenen Kleid der Demütigung, denn es gäbe Grund genug zur Buße, auch mitten in der Kirche. Es scheint sich um Männer zu handeln, die wie Mose und Elia ihre Stimme zur Warnung erheben würden, um die Flut antichristlicher Lehren und Praktiken aufzuhalten, die die Kirche zu verschlingen drohte. Zwei Ölbäume oder zwei Leuchter waren diese beiden treuen Zeugen, die das Öl für das Licht der Gnade und des Geistes Gottes in der Kirche lieferten. Durch ihr Zeugnis und durch ihr Leiden werden die Diener des Herrn zu Lichtern in der Welt und für die Welt.

 

    Das Schicksal der beiden Zeugen (V. 5-10): Der erste Teil dieser Beschreibung erinnert uns wieder an Mose und Elia, 2. Mose 7-10; 1. Kön. 17,1; 2. Kön. 1: Und wenn jemand sie verletzen will, so geht Feuer aus ihrem Mund und verzehrt ihre Feinde; und wenn jemand sie verletzen will, so muss er auf diese Weise getötet werden. Sie haben Macht, den Himmel zu verschließen, so dass kein Regen fällt in den Tagen ihrer Weissagung, und sie haben Macht über die Wasser, sie in Blut zu verwandeln und die Erde mit allerlei Plagen zu schlagen, so oft sie wollen. Das Verhindern von Regen war eine Strafe für Ungerechtigkeit, ebenso wie das Verwandeln von Wasser in Blut. Die gesamte Beschreibung weist auf eine göttliche Macht im Zeugnis der beiden Propheten hin. Alle, die die wahren Prediger des Evangeliums verachten und ihre Botschaft ablehnen, sind zum ewigen Tod verurteilt, der in gewisser Weise durch die zeitlichen Plagen, die von Zeit zu Zeit auf der Erde auftreten, wie Krieg, Pestilenz und Hungersnot, vorausgesagt wird.

    Der vorübergehende Triumph der Macht des Antichristen: Und wenn sie ihr Zeugnis vollendet haben, wird das Tier, das aus dem Abgrund aufsteigt, mit ihnen Krieg führen und sie überwältigen und sie töten. Wenn sie ihr Zeugnis vollendet haben, wenn sie ihr Werk getan haben, wie der Herr es ihnen befohlen hat, und nicht vorher, wird es dem Antichristen gelingen, die Absicht seines Hasses zu verwirklichen. Denn das Tier aus dem Abgrund ist niemand anderes als der Mensch der Sünde, der Greuel der Verwüstung, der falsche Messias, der römische Antichrist, verkörpert durch den Papst der römischen Kirche. Nachdem die Zeugen Gottes ihr Werk vollbracht haben, wird dem Feind die Erlaubnis erteilt, sie zu töten. Mit der Macht der Hölle führt der Antichrist Krieg gegen die treuen Diener Gottes, überwältigt sie und tötet sie schließlich. Das war die Erfahrung aller Lehrer, die es in der Finsternis des Mittelalters, als die weltliche und kirchliche Macht des Papsttums auf dem Höhepunkt war, wagten, für die Wahrheit Zeugnis abzulegen.

     All dies löste im Reich der Finsternis großen Jubel aus: Und ihre Leichname werden auf den Straßen der großen Stadt liegen, die sinnbildlich Sodom und Ägypten heißt, wo auch ihr Herr gekreuzigt worden ist; und die Menschen aus den Völkern und Stämmen und Sprachen und Nationen werden ihre Leichname drei Tage und einen halben sehen und werden nicht zulassen, dass ihre Leichname in die Gräber gelegt werden; und die, die auf Erden wohnen, werden sich über sie freuen und sehr froh sein und werden einander Geschenke schicken, weil diese beiden Propheten die gequält haben, die auf Erden wohnten. Sodom war für die Juden der Inbegriff von Abscheulichkeiten, und Ägypten war das Land, in dem ihre Väter in schändlicher Sklaverei gehalten worden waren; beide Namen standen daher für das Niedrigste und Gemeinste auf Erden. Die große Stadt, auf die diese Namen angewandt werden, ist nichts anderes als die Kirche des Antichristen, ein Sodom wegen der Sünden, die unter dem Mantel der Heiligkeit begangen werden, und ein Ägypten wegen der Unterdrückung des reinen Evangeliums, das in ihrer Mitte praktiziert wird. Keine politischen Verbrecher wurden jemals mit solcher Grausamkeit behandelt wie die Bekenner des Evangeliums, die in der Kirche des Antichristen den Märtyrertod erlitten. Selbst nachdem die wahren Zeugen getötet worden waren, durfte man sie oft nicht in ihren Gräbern ruhen lassen, sondern machte ihre Gebeine zum Gegenstand fanatischer Angriffe, wie im Fall von Wyclif. Und wann immer ein treuer Diener Christi getötet wurde, war dies ein Grund zu großer Freude in den Reihen der Feinde Christi, die sich gegenseitig beglückwünschten und sogar so weit gingen, Medaillen zum Gedenken an das Ereignis prägen zu lassen, wie im Falle des Massakers von St. Bartholomäus [Bartholomäusnacht in Paris 24.08.1572].

 

    Das Geschehen des zweiten Wehe (V. 11-14): Die Feinde des Herrn freuten sich, wie in vielen Fällen seither, zu früh: Und nach dreieinhalb Tagen kam der Geist des Lebens von Gott in sie, und sie stellten sich auf ihre Füße, und eine große Furcht befiel alle, die sie sahen. Das ist immer die Erfahrung der Kirche unter der Führung Gottes gewesen: Das Blut der Märtyrer war ihr Samen; Hus wurde in Konstanz verbrannt, aber Luther nahm seinen Platz in Deutschland ein. Und durch die Gnade Gottes haben solche Ereignisse immer eine gute Wirkung, zumindest bis zu einem gewissen Grad; sie beeindrucken zumindest einige der Seelen, die vom Antichristen gefangen gehalten wurden, und veranlassen sie, zur Erkenntnis der Wahrheit zu kommen.

    Dieses bemerkenswerte Ereignis wurde von weiteren Wundern begleitet: Und sie hörten eine große Stimme aus dem Himmel, die zu ihnen sprach: Steigt herauf! Und sie stiegen in einer Wolke zum Himmel auf, und ihre Feinde sahen sie; und zu derselben Stunde geschah ein großes Erdbeben, und der zehnte Teil der Stadt stürzte ein, und in dem Erdbeben wurden siebentausend Seelen getötet, und die übrigen erschraken und gaben dem Gott des Himmels die Ehre. Viele dieser Zeugen für Christus, die von den Schergen des Antichristen umgebracht wurden, werden jetzt zu den Heiligen gezählt, die der Herr in den Himmel aufgenommen hat. Die Feinde selbst waren in vielen Fällen gezwungen, ihre Vortrefflichkeit anzuerkennen. Die Reformation erschütterte schließlich die Kirche wie ein großes Erdbeben, und viele, die an der alten, antichristlichen Ordnung festhielten, wurden in dem Verderben, das die Grundfesten des Reiches des Antichristen bedrohte, ins ewige Verderben gestürzt. Und was den Rest betrifft, so wurden viele für die Wahrheit gewonnen, während andere zumindest so erschreckt wurden, dass sie auf einer zumindest teilweisen äußerlichen Beseitigung der vielen Missbräuche, die in der Kirche offen geduldet worden waren, bestanden und sie schließlich auch durchsetzten. Nach dieser Vision ruft der Seher aus: Das zweite Wehe ist vorüber; siehe, das dritte Wehe kommt bald. Alles, was bisher beschrieben wurde, war nur eine Vorbereitung auf das letzte große und schreckliche Wehe.

 

    Das Blasen der siebten Posaune (V. 15-19): Jetzt kommt der Beginn der Zerstörung, die dem Zerstörer alle Macht nimmt. Die Ankündigung wird in feierlicher Weise gemacht: Und der siebte Engel blies seine Posaune, und es entstand ein großes Geschrei im Himmel: Das Reich der Erde ist unseres Herrn und seines Christus geworden, und er wird König sein von Ewigkeit zu Ewigkeit. Es ist ein jubelnder Lobgesang zu Ehren Gottes und Christi, gesungen von allen Engeln und Heiligen im Himmel. Wenn das Ende kommt, wird Christus nicht nur inmitten seiner Feinde herrschen, sondern, da er über alle Himmel erhaben ist, wird er alle Reiche und Herrschaften und Mächte und Gewalten Gott, dem Vater, übergeben, und da er eins ist mit dem Vater, wird er mit ihm regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.

    Dieser Hymnus wird von dem Kreis um den Thron aufgegriffen und vertieft: Und die vierundzwanzig Ältesten, die vor Gott waren und auf ihren Sitzen saßen, fielen auf ihr Angesicht und beteten Gott an und sprachen: Wir loben dich, Herr, Gott, der Allmächtige, der da ist und der da war, weil du deine große Macht empfangen hast und regierst, und die Heiden wurden zornig, und dein Zorn war gekommen und die Zeit, dass die Toten gerichtet würden und dass du deinen Knechten, den Propheten, und den Heiligen und denen, die deinen Namen fürchten, den Kleinen und den Großen, Lohn gäbest und die Verderber auf Erden vertilgst. Hier lobt und verehrt die Kirche, vertreten durch die vierundzwanzig Ältesten, Jesus Christus, den ewigen Sohn Gottes, den erhöhten Menschensohn. Sie preisen die Offenbarung der wunderbaren Macht Jehovas, die früher von der Welt als Schwäche und Torheit angesehen wurde. Die Knechtsgestalt, in der Christus bei seinem Wirken in der Welt zu erscheinen pflegte, ist nun nicht mehr zu sehen. Er besitzt nicht nur allmächtige Macht, sondern setzt diese Macht auch ein, um Himmel und Erde zu regieren. Die Heiden, einschließlich aller antichristlichen Mächte, waren von Zorn erfüllt, aber es nützte ihnen nichts. Denn nun, nach einer so langen Zeit der Geduld und Barmherzigkeit, wird der Zorn des Herrn über die Erde ausgegossen. Alle Toten mussten vor dem Herrn zum Gericht erscheinen, und der gerechte Zorn des Herrn traf die Zerstörer der Erde, in welcher Gestalt sie auch immer auftraten, während diejenigen, die bis zum Ende treu waren, die Propheten, die Heiligen, die, die seinen Namen fürchteten, einen wunderbaren Lohn der Barmherzigkeit erhielten, das ewige Leben mit all seiner Seligkeit. So dient diese Vision des Endes der Zeit zum Trost aller Christen, besonders angesichts der Tatsache, dass das letzte Wehe noch beschrieben werden muss.

    Und eine weitere Quelle des Trostes für alle Gläubigen ist dies: Und der Tempel Gottes im Himmel wurde aufgetan, und man sah die Lade seines Bundes im Tempel, und es geschahen Blitze und Stimmen und Donner und ein Erdbeben und ein großer Hagel. Das ist die Offenbarung des Reiches der Herrlichkeit, wie es uns am Jüngsten Tag erscheinen wird. Die Lade des jüdischen Volkes wurde nach Babylon gebracht und kehrte nie wieder an ihren gewohnten Platz im zweiten und dritten [herodianischen] Tempel zurück, aber der Bund des Neuen Testaments ist ein ewiger Bund, nämlich die Verheißung, dass wir sein Volk sind, seine Kinder durch den Glauben an Christus Jesus, und dass wir mit ihm leben und herrschen werden für immer und ewig, im Tempel des Himmels. Gott ist treu; er kann und wird das, was wir ihm anvertraut haben, bis zu diesem Tag bewahren. In der Zwischenzeit ertönt seine erleuchtende und mächtig klingende Stimme auf der Erde, trotz Mohammed und Antichrist, um die Seinen aus allen Fluten der Bedrängnis zu erlösen, aber seine Feinde mit seinen Gerichten zu heimsuchen, wenn Erdbeben und Hagelstürme das Land verwüsten.

 

Zusammenfassung: Der Seher berichtet eine Vision voller Trost für die Gläubigen, die zeigt, dass das Wort Gottes inmitten der antichristlichen Häresie wenigstens von einigen wenigen treuen Zeugen verkündet wurde und dass ihr Zeugnis auch nach ihrem Tod nicht ohne Frucht blieb; er schildert eine Szene aus der Endzeit, um zu zeigen, dass der Herr die Seinen schließlich von jedem bösen Werk befreien und in sein himmlisches Reich versetzen wird.

 

 

Kapitel 12

 

Der Kampf von Michael mit dem Drachen (12,1-17)

1 Und es erschien ein großes Zeichen im Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen. 2 Und sie war schwanger und schrie und war in Kindesnöten und hatte große Qual zur Geburt. 3 Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel; und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen. 4 Und sein Schwanz zog den dritten Teil der Sterne und warf sie auf die Erde. Und der Drache trat vor die Frau, die gebären sollte, damit, wenn sie geboren hätte, er ihr Kind fräße. 5 Und sie gebar einen Sohn, ein Knäblein, der alle Heiden sollte weiden mit der eisernen Rute; und ihr Kind wurde entrückt zu Gott und seinem Stuhl. 6 Und die Frau entfloh in die Wüste, da sie hatte einen Ort bereit von Gott, dass sie daselbst ernährt würde 1.260 Tage.

    7 Und es erhob sich ein Streit im Himmel: Michael und seine Engel stritten mit dem Drachen. Und der Drache stritt und seine Engel 8 und siegten nicht; auch wurde ihre Stätte nicht mehr gefunden im Himmel. 9 Und es wurde ausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, die da heißt der Teufel und Satanas, der die ganze Welt verführt; und wurde geworfen auf die Erde; und seine Engel wurden auch dahin geworfen. 10 Und ich hörte eine große Stimme, die sprach im Himmel: Nun ist das Heil und die Kraft und das Reich und die Macht unseres Gottes, seines Christus geworden, weil der Verkläger unserer Brüder verworfen ist, der sie verklagt Tag und Nacht vor Gott. 11 Und sie haben ihn überwunden durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses; und haben ihr Leben nicht geliebt bis an den Tod. 12 Darum freut euch, ihr Himmel, und die darin wohnen! Wehe denen, die auf Erden wohnen und auf dem Meer; denn der Teufel kommt zu euch hinab und hat einen großen Zorn und weiß, dass er wenig Zeit hat.

    13 Und da der Drache sah, dass er verworfen war auf die Erde, verfolgte er die Frau, die das Knäblein geboren hatte. 14 Und es wurden der Frau zwei Flügel gegeben wie eines großen Adlers, dass sie in die Wüste flöge an ihren Ort, da sie ernährt würde eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit vor dem Angesicht der Schlange. 15 Und die Schlange schoss nach der Frau aus ihrem Mund ein Wasser wie ein Strom, dass er sie ersäufte. 16 Aber die Erde half der Frau und tat ihren Mund auf und verschlang den Strom, den der Drache aus seinem Mund schoss. 17 Und der Drache wurde zornig über die Frau und ging hin, zu streiten mit den übrigen von ihrem Samen, die da Gottes Gebote halten und haben das Zeugnis Jesu Christi.

 

    Die Frau, bekleidet mit der Sonne (V. 1-6): Trotz der Ehrfurcht, die dieses Bild und die ganze Vision in unseren Herzen erwecken, enthält es eine Botschaft von großem Trost und großer Ermutigung: Und es wurde ein großes Zeichen am Himmel gesehen: ein Frau, bekleidet mit der Sonne und dem Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen; und sie war schwanger und weinte in Geburtswehen und hatte Qualen zu gebären. Diese Frau symbolisiert die Tochter Zion, die heilige christliche Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, Jes. 54,5.6. Sie ist mit der Sonne bekleidet; denn ihr ist die Sonne der Gerechtigkeit erschienen und hat ihr so den Glanz des wahren Tages in Christus Jesus geschenkt. Der Mond, die Königin der Nacht, ist unter ihren Füßen, denn sie hat alle Veränderung überwunden und alle Finsternis besiegt. Sie hat eine Krone aus zwölf Sternen, denn die Lehre der Apostel und Propheten ist ihr größter Schmuck, ihre kostbaren Juwelen. Es ist die Aufgabe der Kirche, immer, bis zum Ende der Zeit, geistige Kinder hervorzubringen, Jes. 54; Ps. 45,17; Gal. 4,26.27; Ps. 110,3. Diese Kinder werden in der Tat mit Mühsal geboren; sie zum Glauben zu bringen und im Glauben zu erhalten, ist ein Werk, das Gott allein durch das Evangelium vollbringen kann, und das Wirken seines Geistes steht im Widerspruch zu allen natürlichen Begierden des Menschen.

    In krassem Gegensatz zu diesem Bild steht das des Drachens: Und es wurde ein anderes Zeichen am Himmel gesehen: und siehe, ein großer roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Diademe, und sein Schwanz riss den dritten Teil der Sterne des Himmels und warf sie auf die Erde; und der Drache stand vor der Frau, die gebären sollte, damit er das Kind verschlinge, wenn es geboren hätte. Der Drache stellt, wie oft in der Heiligen Schrift, den Satan dar, die alte böse Schlange, Hes. 29,3; Jes. 27,1; 51,9, hier mit besonderem Hinweis auf das Werk, das er durch sein wichtigstes Werkzeug, die Kirche des Antichristen, tut. Dort zeigt er sein ganzes Geschick und seine ganze Macht, und seine sieben Häupter und zehn Hörner, Könige und Herrscher und ketzerischen Lehrer in der Kirche, stehen ihm zur Seite und helfen ihm bei seinem Vorhaben, Christus und alle seine Christen völlig zu vernichten. Denn mit jedem neuen Gläubigen wird Christus geboren, Gal. 4,19, und deshalb will der Teufel Christus in seiner Kirche verschlingen, vernichten, indem er die Christen von ihm abwendet, indem er die Kirche verdirbt.

    Die Grimmigkeit des Drachens wird jetzt angedeutet: Und sie gebar ein Menschenkind, das sollte alle Völker mit eisernem Stab regieren; und ihr Kind wurde entrückt zu Gott und zu seinem Thron; und die Frau floh in die Wüste, wo Gott ihr eine Stätte bereitet hatte, um sie dort zwölfhundertsechzig Tage zu nähren. Die Gläubigen, die in Christus und mit Christus geboren sind, durch das Wort, durch die Taufe, wären in der Tat in großer Gefahr durch Satan und seine Schergen, wenn nicht ihre Seelen mit Christus und in Christus schon jetzt sicher am Thron Gottes, in den Händen des Herrn wären. Der Teufel kann zwar unseren Körper zerstören und uns das Leben nehmen, aber er kann uns nicht unser ewiges Heil rauben. Die Wüste, in die die Kirche fliehen musste, ist praktisch identisch mit dieser ganzen Erde; denn es ist immer wieder vorgekommen, dass die Bekenner Christi sich an den geheimsten und unwahrscheinlichsten Orten verstecken mussten, damit die Feinde des Evangeliums sie nicht finden konnten. Aber trotz all dieser Bedrängnisse, die während der Herrschaft des Antichristen besonders groß waren, wurde die Kirche genährt. Wie der Herr zur Zeit Elias siebentausend für sich behielt, die ihre Knie nicht vor Baal beugten, so beschützt er seine Kirche, die arme kleine Schar, inmitten der schwersten Wechselfälle der Versuchung und Verfolgung. Das ist ein herrlicher Trost für alle Christen.

 

    Der Drachen wird aus dem Himmel geworfen (V. 7-12): Hier wird eine seltsame Szene geschildert: Und es geschah ein Kampf im Himmel, Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen; und der Drache kämpfte mit seinen Engeln und konnte nicht siegen, und ihre Stätte wurde nicht mehr gefunden im Himmel; und es wurde hinausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, der Teufel und Satan genannt wird, der die ganze Welt verführt; er wurde auf die Erde geworfen, und seine Engel wurden mit ihm geworfen. Es scheint, dass der Drache seine Versuche, die Gläubigen zu vernichten, wie sie in dem in den Himmel entrückten Kind verkörpert sind, nicht aufgegeben hat, sondern versucht hat, den Himmel selbst zu stürmen. Schon im Alten Testament wird der Teufel unter den Söhnen Gottes, den Engeln, dargestellt, als sie zu ihrem täglichen Dienst kamen, Hiob 1,6-12. Aber sein Angriff scheiterte; denn Michael, der Erzengel, Dan. 10,13.21; 12,1, rief die Heerscharen des Himmels zusammen und kämpfte so erfolgreich, dass der Drache oder Satan - der in Anspielung auf den Sündenfall die alte Schlange und der Teufel genannt wird, weil er ständig bestrebt ist, Schmach und Schande über alle Menschen zu bringen - mit seinem Heer aus dem Himmel geworfen wurde. Der Teufel, mit dem gesamten Reich des Antichristen auf seiner Seite, ist nicht in der Lage, sich gegen Christus durchzusetzen. Alle seine fleischlichen, alle seine höllischen Waffen können den Gläubigen zwar Wunden zufügen, aber die geistliche Rüstung der Christen, Eph. 6, ist so stark, dass sie alle Angriffe Satans überwinden kann. Wir zittern nicht, wir fürchten kein Unglück, sie werden uns nicht überwältigen; der Fürst dieser Welt mag noch so grimmig dreinschauen; er kann uns nichts anhaben; er ist gerichtet, die Tat ist getan; ein Wörtlein kann ihn fällen.

    Und so hört man die Stimme des Sieges: Und ich hörte eine große Stimme im Himmel, die sprach: Nun ist das Heil und die Kraft und das Reich unseres Gottes und die Macht seines Christus gekommen; denn der Verkläger unserer Brüder ist hinabgeworfen, der sie Tag und Nacht vor Gott verklagt. Hier ist eine weitere Erklärung der Art und Weise, wie der Teufel und seine Engel die Gläubigen angegriffen haben, nämlich indem sie sie Tag und Nacht vor Gott anklagten, indem sie sorgfältig Rechenschaft über jedes Versagen und jede Übertretung, die ihnen zur Last gelegt werden kann, ablegten und dies dann dem Herrn ständig vor die Ohren hielten. Hier aber erhebt sich die Hymne des Sieges, die Gott, dem Vater, dem Urheber unseres Heils, und seinem Sohn Jesus Christus, der für uns eine vollständige Erlösung bewirkt hat, alle Ehre gibt. Sein Reich ist für immer errichtet, und alle Untertanen dieses Reiches, alle wahren Gläubigen, sind in seiner Macht sicher. Alle Anschuldigungen des Teufels, so wahr und gewichtig sie auch sein mögen, haben ihre Kraft verloren angesichts der Tatsache, dass das Sühnopfer Christi alle diese Sünden und ihre Schuld bedeckt hat, dass die von ihm bewirkte Erlösung eine vollständige Versöhnung mit Gott gebracht hat.

    Deshalb geht der Siegeshymnus weiter: Und sie haben ihn besiegt durch das Blut des Lammes und durch das Wort ihres Zeugnisses, und sie haben ihre Seele nicht geliebt bis in den Tod. Darum freuet euch, ihr Himmel, und die darin wohnen. Weh der Erde und dem Meer, denn der Teufel ist mit großem Zorn zu euch herabgestiegen, weil er weiß, dass er wenig Zeit hat. Und sie, die Gläubigen selbst, haben den Sieg über den Satan errungen; sie sind immer Sieger im Kampf gegen ihn, durch die Kraft Christi, durch die Tatsache, dass sein Blut für ihre Erlösung vergossen wurde, und dadurch, dass sie Zeugnis von dieser Erlösung geben und so die Feinde mit dem Evangelium besiegen. Im Evangelium, im Zeugnis des Heils, liegt eine mächtige, eine weltüberwindende Kraft, denn in ihm ist die Allmacht des Heiligen Geistes gegenwärtig. Deshalb sind nicht nur die Gläubigen auf der Erde vom Jubel des Triumphes erfüllt, sondern auch die Bewohner des Himmels sind aufgerufen, sich mit der Kirche über ihren Sieg zu freuen; selbst die Engel haben Anteil am Triumph über die Mächte der Finsternis. Äußerlich mag es so aussehen, als ob die Christen gezwungen waren, sich zu unterwerfen; in Wirklichkeit aber sind die Märtyrer, die für ihren Glauben sterben mussten, sich aber nicht an das Leben klammerten, die Sieger, und ihr Sieg wird am Jüngsten Tag vor den Augen aller Menschen offenbar werden. Nach dem vergeblichen Versuch des Satans, den Himmel zu stürmen, dürfen wir in der Tat furchtbare Zeiten erwarten, denn er ist jetzt wütender denn je und will die kurze Zeit, die ihm noch bleibt, bevor der letzte Tag kommt, ausnutzen. Möge er stürmen und wüten; wir Christen sind in den schützenden Händen des Lammes sicher.

 

    Der Hass des Drachen gegen die Frau (V. 13-19): Die Erzählung wird hier mit einer Beschreibung der Art und Weise fortgesetzt, wie der Drache die in V. 6 erwähnte Verfolgung der Frau durchführte: Und als der Drache sah, dass er auf die Erde geworfen war, verfolgte er die Frau, die das Menschenkind geboren hatte; und es wurden der Frau zwei Flügel eines großen Adlers gegeben, damit sie in die Wüste fliehe, an den Ort, der für sie bestimmt war, wo sie eine Zeit und eine halbe Zeit lang fern von dem Angesicht der Schlange ernährt wurde. Der Hass gegen Christus und gegen alle, die an ihn glauben, gibt Satan keine Ruhe. Durch seine Werkzeuge, die Kinder des Unglaubens, verfolgt er die Kirche. Aber der Herr hält seine schützende Hand über die Seinen, denn die Kirche besteht trotz allen Hasses weiter, wenn auch nur an geheimen Orten und verborgen vor den Augen der Menschen. All dies geschah, als die Macht des antichristlichen Reiches auf ihrem Höhepunkt war, dreieinhalb Zeiten lang, und all die Wut des Teufels schaffte es nicht, die Gläubigen zu vernichten.

    Aber der Zorn des Teufels ging unvermindert weiter: Und die Schlange goss aus ihrem Mund nach der Frau Wasser wie einen Strom, um sie mit der Flut fortzuschwemmen. Aber die Erde half dem Weibe, und die Erde tat ihren Mund auf und verschlang den Strom, den der Drache aus seinem Munde schüttete. Dies ist ein Bild für die Fluten der Drangsal, die Satan immer wieder über die Kirche ausschüttet. Wir brauchen nur an die Zeiten der großen Verfolgungen gegen die wahre Kirche, an die Zeit der Inquisition zu denken, um festzustellen, auf welche Weise der Teufel aus den Menschen Fanatiker gegen die Verkündigung der Wahrheit macht. In vielen Fällen waren die Herrscher der Erde, obwohl sie sonst der reinen Lehre gegenüber gleichgültig waren, die Werkzeuge, um die Flut der Verfolgung einzudämmen und der Kirche und ihrem Werk Zeiten relativen Friedens zu bringen.

    Und doch gibt der Zorn des Teufels ihm keine Ruhe: Und der Drache wurde zornig über die Frau und zog aus, um Krieg zu führen gegen die übrigen ihrer Nachkommen, die die Gebote Gottes halten und das Zeugnis Jesu bewahren. Solange es diese Erde gibt, wird sich der Teufel nicht ändern. Wann immer er die Gelegenheit hat und wann immer er die Gelegenheit schaffen kann, wird er seinen höllischen Krieg gegen die Christen fortsetzen, die am Wort ihres Herrn festhalten, die sich an das Evangelium der Erlösung durch die Erlösung von Jesus halten. Aber die Kirche Gottes kann nicht zerstört werden, auch wenn alle Pforten der Hölle gegen sie aufgerichtet sind; Gott ist mitten unter ihr, sie wird nicht bewegt werden; Gott wird ihr helfen, und das schon sehr früh. Das ist unser Trost.

 

Zusammenfassung: Der Seher stellt die Kirche als eine Frau dar, deren Kinder und Nachkommen der Drache, Satan, zu verschlingen versucht; aber dank des Widerstands Michaels und der himmlischen Heerscharen werden durch die Macht Christi alle Versuche des Teufels vereitelt, und die Kirche wird sicher in den Händen Gottes gehalten.

 

 

Kapitel 13

 

Das siebenhäuptige Tier der Lästerung und das zweigehörnte Tier der Verführung (13,1-18)

    1 Und ich trat an den Sand des Meeres. Und sah ein Tier aus dem Meer steigen, das hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Hörnern zehn Kronen und auf seinen Häuptern Namen der Lästerung. 2 Und das Tier, das ich sah, war gleich einem Panther und seine Füße wie Bärenfüße und sein Mund eines Löwen Mund. Und der Drache gab ihm seine Kraft und seinen Stuhl und große Macht. 3 Und ich sah seiner Häupter eines, als wäre es tödlich wund; und seine tödliche Wunde wurde heil. Und der ganze Erdboden verwunderte sich des Tieres. 4 Und sie beteten den Drachen an, der dem Tier die Macht gab, und beteten das Tier an und sprachen: Wer ist dem Tier gleich? und wer kann mit ihm kriegen?

    5 Und es wurde ihm gegeben ein Mund, zu reden große Dinge und Lästerung; und wurde ihm gegeben, dass es mit ihm währte zweiundvierzig Monate lang. 6 Und es tat seinen Mund auf zur Lästerung gegen Gott, zu lästern seinen Namen und seine Hütte, und die im Himmel wohnen. 7 Und wurde ihm gegeben, zu streiten mit den Heiligen und sie zu überwinden. Und ihm wurde gegeben Macht über alle Geschlechter und Sprachen und Heiden. 8 Und alle, die auf Erden wohnen, beten es an, deren Namen nicht geschrieben sind in dem lebendigen Buch des Lammes, das erwürgt ist von Anfang der Welt. 9 Hat jemand Ohren, der höre! 10 So jemand in das Gefängnis führt, der wird in das Gefängnis gehen; so jemand mit dem Schwert tötet, der muss mit dem Schwert getötet werden. Hier ist Geduld und Glaube der Heiligen.

    11 Und ich sah ein anderes Tier aufsteigen von der Erde; und es hatte zwei Hörner gleichwie das Lamm und redete wie der Drache. 12 Und es tut alle Macht des ersten Tieres vor ihm; und es macht, dass die Erde, und die darauf wohnen, anbeten das erste Tier, welches tödliche Wunde heil geworden war. 13 Und es tut große Zeichen, dass es auch macht Feuer vom Himmel fallen vor den Menschen; 14 und verführt, die auf Erden wohnen, um der Zeichen willen, die ihm gegeben sind, zu tun vor dem Tier; und sagt denen, die auf Erden wohnen, dass sie dem Tier ein Bild machen sollen, das die Wunde vom Schwert hatte und lebendig geworden war.

    15 Und es wurde ihm gegeben, dass es dem Bild des Tieres den Geist gab, dass des Tieres Bild redete; und dass es machte, dass, welche nicht des Tieres Bild anbeteten, getötet würden. 16 Und machte allesamt, die Kleinen und Großen, die Reichen und Armen, die Freien und Knechte, dass es ihnen ein Malzeichen gab an ihre rechte Hand oder an ihre Stirn, 17 dass niemand kaufen oder verkaufen kann, er habe denn das Malzeichen oder den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens. 18 Hier ist Weisheit. Wer Verstand hat, der überlege die Zahl des Tieres; denn es ist eines Menschen Zahl, und seine Zahl ist sechshundert und sechsundsechzig.

 

    Die Beschreibung des ersten Tieres (V. 1-4): Luther schreibt über dieses ganze Kapitel: „Es kommt also im dreizehnten Kapitel nach dem Posaunenstoß des letzten der sieben Engel, der am Anfang des zwölften Kapitels seine Posaune bläst, das Geschäft jenes siebten Engels, das dritte Wehe, nämlich das päpstliche Kaisertum und Reichspapsttum. Hier erhält das Papsttum auch die Macht des weltlichen Schwertes und herrscht nun nicht nur mit dem Büchlein im zweiten Wehe, sondern auch mit dem Schwert im dritten Wehe. So wie sie sich rühmen, dass der Papst sowohl das geistliche als auch das weltliche Schwert in seiner Macht hat. Das eine ist die kaiserliche Macht und Würde; das andere, mit den zwei Hörnern, ist das Papsttum, das nun auch ein weltliches Reich geworden ist, wenn auch mit einer kühnen Aufmachung des Namens Christi.“[5]

    Die Erklärung ist durchaus plausibel, wie eine nähere Betrachtung des Textes zeigt: Und ich stand am Ufer des Meeres und sah ein Tier aus dem Meer steigen, das hatte zehn Hörner und sieben Häupter und auf den Hörnern zehn Diademe und auf seinen Häuptern Namen der Lästerung; und das Tier, das ich sah, war gleich einem Leoparden, und seine Füße waren gleich einem Bären, und sein Maul war gleich einem Löwenmaul. Wenn wir dieses Bild mit denen in den Prophezeiungen Daniels vergleichen, besteht kaum ein Zweifel daran, dass dieses Tier das Römische Reich ist. Es erhob sich aus dem Meer der Nationen, allmählich, aber sicher, bis es die Macht über praktisch die ganze Welt hatte. Das Tier hatte sieben Köpfe, denn die Stadt Rom, die Hauptstadt dieses großen Reiches, ist auf sieben Hügeln erbaut; und Johannes sah zehn Hörner, was auf die zehn Provinzen des alten Reiches hinweist. Namen der Lästerung hatte das Tier auf seinen Häuptern; denn in der Stadt und im Reich wurde gotteslästerlicher Götzendienst und Heidentum praktiziert, und die Feindschaft gegen Christus und die christliche Religion hat in der Hauptstadt immer geherrscht. Dass das ganze Aussehen des Tieres schließlich wie ein Leopard war, aber mit Füßen wie ein Bär und mit dem Maul eines Löwen, deutet darauf hin, dass das Römische Reich alle Eigenschaften der früheren Weltreiche, wie sie im siebten Kapitel des Buches Daniel beschrieben werden, in sich vereinte.

    Wir erfahren noch mehr über dieses Tier: Und der Drache gab ihm seine eigene Kraft und seinen Thron und große Macht. Dies zeigt, dass Satan auf der Erde vor allem durch das Römische Reich herrschen und seine Macht ausüben würde, und dass seine Kaiser, Fürsten und Statthalter als seine Vertreter handeln würden, um seine Pläne gegen die Kirche Christi auszuführen. Das Ergebnis war alles, was der Teufel sich gewünscht hatte: Und eines seiner Häupter schien verwundet zu sein, aber seine tödliche Wunde wurde geheilt; und die ganze Erde wunderte sich über das Tier und betete den Drachen an, weil er dem Tier Macht gegeben hatte, und sie beteten das Tier an und sagten: Wer ist dem Tier gleich, und wer kann mit ihm kämpfen? Das große Reich und die Macht, die das Tier repräsentiert, erlitt einen vorübergehenden Rückschlag, eine Wunde, die wie eine tödliche Wunde aussah. Dies könnte sich auf das Ende des Römischen Reiches als solches beziehen, das im Jahr 476 zu Ende ging. Trotzdem behielt Rom seine Macht, denn die weltliche Autorität des Papstes stammt etwa aus dieser Zeit. Satan übt noch immer seine Macht durch den Antichristen aus, und es ist eine traurige Tatsache, aber dennoch eine Tatsache, dass praktisch die ganze Welt, sowohl die zivilen als auch die kirchlichen Autoritäten, dem Papst die Ehre geben, wobei viele von ihnen offen sagen, dass die Macht des Papsttums so groß ist, dass diese Haltung die beste Politik ist.

 

    Die Macht des ersten Tieres (V. 5-10): Aus diesen Worten geht klar hervor, dass das alte heidnische Römische Reich in der Form des Papsttums fortbesteht, denn die Beschreibung ist so klar und unmissverständlich: Und es wurde ihm ein Mund gegeben, der große Dinge und Lästerungen redete, und es wurde ihm Macht gegeben, dies zweiundvierzig Monate lang zu tun; und er öffnete seinen Mund zur Lästerung Gottes, um seinen Namen und seine Wohnung, die im Himmel wohnen, zu lästern; und es wurde ihm gegeben, mit den Heiligen Krieg zu führen und sie zu besiegen, und es wurde ihm Macht gegeben über jeden Stamm und jedes Volk und jede Sprache und jede Nation. Hier wird der Aufstieg des Reiches des Antichristen in einigen meisterhaften Strichen dargestellt. Denn es ist bezeichnend für ihn, dass er große und rühmliche Lästerungen ausspricht, nicht nur in Bezug auf seine eigene Stellung in der Kirche, sondern auch in den Lehren, die ihn als Gott in den Tempel Gottes stellen und ihm Macht über die Gottheit selbst geben, wie in der Messe, wo der Priester die Macht haben soll, die Person Christi durch seinen Segen über das Brot zu erschaffen. Mit Gottes Erlaubnis hatte der Antichrist nur eine begrenzte Zeit, in der er diesem Verhalten uneingeschränkt frönen konnte, aber er nutzte diese Zeit aus. Die Lästerungen, die in den offiziellen Erklärungen der römischen Kirche enthalten sind, insbesondere was die Macht des Papstes betrifft, sind so, dass es einen biblischen Christen schaudern lässt. Im Übrigen kann es keine größere Torheit geben, als die Macht zu unterschätzen, die der Antichrist in der Vergangenheit besaß und die er heute ausübt. Er führt nicht nur Krieg gegen die Heiligen, die Gläubigen, sondern er hat auch ungezählte Tausende überwältigt, sie in seine Macht gebracht und ihre Seelen mit seinem götzendienerischen Gift vergiftet. Seine Macht erstreckt sich nicht nur über eine einzige Stadt, einen einzigen Staat oder eine einzige Nation, sondern seine Vertreter sind in allen Stämmen und Völkern und Sprachen und Nationen zu finden. Die Macht des Antichristen ist eine Geißel Gottes, die die Völker heimsucht, und so mancher, der die einfache Lehre vom Sühnopfer Christi, von der Rechtfertigung des armen Sünders ohne die Werke des Gesetzes, allein aus Gnade, nicht annehmen wollte, hat sich in das Netz Roms und in die gotteslästerliche Lehre von der Erlösung durch Werke verstrickt.

    Aus diesem Grund fährt der heilige Johannes fort: Und alle, die auf Erden wohnen, werden es anbeten, jeder, dessen Name nicht geschrieben steht im Buch des Lebens des Lammes, das erwürgt ist von Anfang der Welt. Die Macht des Antichristen ist nicht auf diejenigen beschränkt, die tatsächlich Mitglieder seiner Kirche sind. Es gibt Tausende und Millionen außerhalb seines Reiches, die ihn heimlich oder offen verehren, weil sie die wunderbare Vollkommenheit des Systems bewundern, das er in den letzten fünfzehn Jahrhunderten aufgebaut hat, oder weil sie seine Macht fürchten. Aber durch die Gnade Gottes sind solche Anbeter nur diejenigen, deren Namen nicht in Gottes Buch des Lebens stehen, d.h. in dem des Lammes, Jesus Christus, dessen Tod für alle Sünder eine Tatsache war, die durch den Ratschluss Gottes von Grundlegung der Welt an feststand. In den allerersten Prophezeiungen und Schriftbildern wurde Christus als der Erlöser der Welt geoffenbart: 1. Mose 3,15.21; 2. Mose 12.6; 1.Kor. 5,7. Das ist ein so wichtiger Gedanke, und er muss von allen Christen ständig im Auge behalten werden, dass der Seher ausruft: Wenn jemand Ohren hat, so höre er. Und er fügt die Warnung hinzu: Wenn jemand in die Gefangenschaft führt (oder: zur Gefangenschaft bestimmt ist), so führt er in die Gefangenschaft (oder: er geht in die Gefangenschaft); wenn jemand mit dem Schwert tötet, so muss er durch das Schwert getötet werden; hier ist die Geduld und der Glaube der Heiligen. Diese Worte enthalten eine Warnung für die Feinde und einen Trost für die Gläubigen. Letztere müssen mit dem Martyrium rechnen: Das ist unvermeidlich, wo die Feinde Christi an die Macht kommen. Aber der Zorn Gottes wird sie finden und ihnen die Strafe geben, die ihre Übertretung verdient. Wer aber um Christi willen seine Freiheit und sein Leben verliert, wird zugleich die ewige Freiheit und das ewige Leben gewinnen. Hier kommt die Geduld und der Glaube der Heiligen, der wahren Gläubigen, zum Tragen; denn sie werden die Verheißung erben durch die Gnade Gottes, Hebr. 6,12.

 

    Das zweite Tier (V. 11-14): Dass es einen engen Zusammenhang zwischen den beiden Tieren dieses Kapitels gibt, wird auch hier deutlich: Und ich sah ein anderes Tier aufsteigen aus der Erde, und es hatte zwei Hörner wie ein Lamm und redete wie ein Drache, und die ganze Macht des ersten Tieres übt es vor ihm aus; und es bewirkt, dass die Erde und die darauf wohnen, dass sie das erste Tier anbeten, dessen tödliche Wunde geheilt wurde. Es wäre töricht, alle Einzelheiten dieses Bildes auslegen zu wollen, aber die allgemeine Tendenz scheint klar zu sein. Auch bei diesem Tier handelt es sich um ein großes Reich oder eine große Macht, die wie die eines Königs oder Kaisers ausgeübt wird, wenn auch mit einem lammähnlichen Aussehen. Dieses Tier ist der Nachfolger des ersten Tieres und nimmt in jeder Hinsicht dessen Platz ein, wobei es sich nur in der Gestalt von ihm unterscheidet. Es gelingt ihm vor allem, die Menschen dazu zu bringen, das erste Tier anzubeten, um die Wunde zu übersehen, die in Wirklichkeit einen lebenswichtigen Punkt getroffen hatte, der das wahre Wesen des ersten Tieres offenbart hatte.

    Zu diesem Zweck zeigt das zweite Tier große Aktivität: Und es tut große Zeichen, so dass es auch Feuer vom Himmel auf die Erde fallen lässt vor den Menschen; und es verführt die, die auf der Erde wohnen, durch die Zeichen, die ihm gegeben wurden, vor dem Tier zu tun, und sagt denen, die auf der Erde wohnen, dass sie dem Tier, das die Wunde vom Schwert hat und noch lebt, Bilder machen sollen. In diesem Tier erfüllt sich, was der heilige Paulus geweissagt hat, nämlich dass sein Kommen nach dem Wirken des Satans ist mit aller Macht und Zeichen und lügenhaften Wundern und mit aller Verführbarkeit der Ungerechtigkeit in denen, die verloren gehen, 2. Thess. 2, 9.10. Es wäre töricht, alle sogenannten Wunder, die von antichristlichen Propheten vollbracht werden, dem Aberglauben zuzuschreiben; denn der Teufel versteht es, die Kräfte der Natur für seine Zwecke zu nutzen, wenn Gott ihm die Erlaubnis dazu gibt. Der Einfluss dieses Tieres war so groß, dass es ihm sogar gelang, die Menschen dazu zu bringen, das erste Tier als Götze, als einen Gott inmitten des wahren Tempels Gottes aufzustellen und ihm göttliche Verehrung zu erweisen.

 

    Das Zeichen des zweiten Tieres (V. 15-18): Es ist eine bemerkenswerte Machtdemonstration, die hier beschrieben wird: Und es wurde ihm gegeben, dem Bild des Tieres Geist zu geben, dass das Bild des Tieres sowohl reden als auch bewirken sollte, dass alle, die das Bild des Tieres nicht anbeten wollten, sterben sollten; und es verpflichtet alle, die Kleinen und die Großen, die Reichen und die Armen, die Freien und die Sklaven, dass sie sich ein Zeichen auf ihre rechte Hand oder auf ihre Stirn machen, dass niemand kaufen oder verkaufen kann, wenn er nicht das Zeichen, den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens hat. So weit geht die Macht des Tieres mit Gottes Erlaubnis, insofern ist es Gottes Geißel über diejenigen, die das Heil durch Christus nicht annehmen wollen. Sogar das Bild, die Kopie des ersten Tieres, hat dieses zweite Tier dazu gebracht, die Fähigkeit zu sprechen und große Macht in der Welt auszuüben. Es beschränkt sich nicht auf eine bestimmte Klasse von Menschen: mächtig oder einflusslos, reich oder arm, frei oder in Sklaverei, das Tier wird versuchen, sie alle in seine Macht zu bekommen und sie nach Leib und Seele zu beherrschen. Um dies zu erreichen, wird es dafür sorgen, dass ihnen sein Zeichen entweder auf die rechte Hand oder auf die Stirn eingeprägt wird. Das Wort, das Johannes hier verwendet, bezeichnete ursprünglich den kaiserlichen Stempel auf Dokumenten und Waren, ein rotes Siegel mit dem Namen oder Bildnis des Kaisers.[6] Das Zeichen auf der Hand sollte anzeigen, dass der Träger alle seine Handlungen treu dem Willen seines Herrn anpassen würde; und das Zeichen auf der Stirn zeigte an, dass der Träger sich offen als Diener des Tieres erklärte. Die Macht des Tieres ging zu bestimmten Zeiten so weit, dass der gesamte Handel der Staaten und Nationen von ihm kontrolliert wurde und die Menschen nur mit seiner Erlaubnis Waren kaufen und verkaufen konnten.

    Was die Erklärung dieses Bildes betrifft, so schreibt der Seher: "Hier ist die Weisheit: Wer Verstand hat, der berechne die Zahl des Tieres; denn es ist die Zahl eines Menschen, und sein Name ist sechshundertsechsundsechzig. Hier ist in der Tat die Gabe der Auslegung erforderlich, wenn man absolute Behauptungen aufstellen will. Viele Ausleger haben versucht, die hier genannten Merkmale auf eine einzelne historische Person zu übertragen, auf Nero, der wahrscheinlich als Vorbild diente, auf Napoleon und andere. Aber wenn wir die Merkmale des Bildes als Ganzes betrachten, ist die wahrscheinlichste Schlussfolgerung die folgende. So wie das erste Tier das Römische Reich darstellte, das sich im Reich des Antichristen fortsetzte, wie es sich hauptsächlich vor der Reformation zeigte, so stellt das zweite Tier ihn so dar, wie er seither aufgetreten ist. Vor der Reformation übte es seine Macht offen und uneingeschränkt aus; seither hat es ein lammfrommes Aussehen angenommen, das Tausende von Menschen getäuscht hat. Das Bild des ersten Tieres ist noch da, die detaillierte hierarchische Organisation nach dem Vorbild des Römischen Reiches, wie sie von den Jesuiten verstärkt wurde. Es gibt einen Papst, es gibt Kardinäle, es gibt Erzbischöfe und Bischöfe und Priester und Diakone und Subdiakone und viele andere Beamte, die alle in das System passen. Es gibt die Inquisition, die seit der Reformation ihre größte Macht entwickelt hat. Da sind die Zeichen und Wunder, die einen so großen Eindruck auf die Menschen machen. Da sind die beiden Schwerter, das weltliche und das geistliche, die der Papst immer noch für sich beansprucht. Da sind die vielen Fälle von Interdikten oder geistlichen Boykotten, bei denen Gemeinden, Städte und Staaten von den Gnadenmitteln ausgeschlossen wurden. Es gibt die Fälle von Ablässen, in denen die Vergebung der Sünden zu einer Angelegenheit des Handels und des Feilschens gemacht wurde. Es gibt die Fälle von besonderen Handelsprivilegien, die Einzelpersonen und Gemeinschaften durch päpstliche Dispens oder Erlaubnis gewährt wurden. Es gibt viele andere Merkmale, die mit besonderer Kraft auf den Antichristen und sein Reich zutreffen.

    Luther schreibt über dieses und das vorhergehende Kapitel: „Welche Greuel, Wehe und Schaden dieses kaiserliche Papsttum begangen hat, kann jetzt nicht erzählt werden. Denn erstens ist die Welt durch sein Buch mit Götzendienst, mit Klöstern, Anstalten, Heiligen, Wallfahrten, Fegefeuer, Ablass, Ehelosigkeit und zahllosen anderen Exemplaren menschlicher Lehre und Werke erfüllt worden. Zweitens: Wer kann sagen, wie viel Blutvergießen, Mord, Krieg und Elend die Päpste verursacht haben, sowohl durch ihre eigenen Kriege als auch durch die Provokation von Kaisern, Königen und Fürsten?“[7]

 

Zusammenfassung: In den Bildern von zwei Tieren stellt der Prophet das Reich des Antichristen in seinen zwei Phasen dar, vor und nach der Reformation, und zeigt seine große Macht sowohl bei der Gewinnung von Anhängern als auch bei der Überbringung von Elend und Tod über diejenigen, die sich weigern, die Lehren des Antichristen anzunehmen.

 

 

 

Kapitel 14

 

Die Kirche der Reformation und der Fall des geistlichen Babylons (14,1-20)

    1 Und ich sah ein Lamm stehen auf dem Berg Zion und mit ihm 144.000, die hatten den Namen seines Vaters geschrieben an ihrer Stirn. 2 Und hörte eine Stimme vom Himmel wie eines großen Wassers und wie eine Stimme eines großen Donners; und die Stimme, die ich hörte, war wie der Harfenspieler, die auf ihren Harfen spielen. 3 Und sangen wie ein neues Lied vor dem Stuhl und vor den vier Tieren und den Ältesten; und niemand konnte das Lied lernen außer die 144.000, die erkauft sind von der Erde. 4 Diese sind’s, die mit Frauen nicht befleckt sind; denn sie sind Jungfrauen und folgen dem Lamm nach, wo es hingeht. Diese sind erkauft aus den Menschen zu Erstlingen Gott und dem Lamm. 5 Und in ihrem Mund ist kein Falsches gefunden; denn sie sind unsträflich vor dem Stuhl Gottes.

    6 Und ich sah einen Engel fliegen mitten durch den Himmel, der hatte ein ewiges Evangelium, zu verkündigen denen, die auf Erden sitzen und wohnen, und allen Heiden und Geschlechtern und Sprachen und Völkern; 7 und sprach mit großer Stimme: Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre; denn die Zeit seines Gerichts ist gekommen; und betet an den, der gemacht hat Himmel und Erde und Meer und die Wasserbrunnen!

    8 Und ein zweiter Engel folgte nach, der sprach: Sie ist gefallen, sie ist gefallen, Babylon, die große Stadt; denn sie hat mit dem Wein ihrer Hurerei getränkt alle Heiden. 9 Und der dritte Engel folgte diesem nach und sprach mit großer Stimme: So jemand das Tier anbetet und sein Bild und nimmt das Malzeichen an seine Stirn oder an seine Hand, 10 der wird von dem Wein der Zornes Gottes trinken, der eingeschenkt und lauter ist in seines Zornes Kelch; und wird gequält werden mit Feuer und Schwefel vor den heiligen Engeln und vor dem Lamm. 11 Und der Rauch ihrer Qual wird aufsteigen von Ewigkeit zu Ewigkeit; und sie haben keine Ruhe Tag und Nacht, die das Tier haben angebetet und sein Bild, und so jemand hat das Malzeichen seines Namens angenommen. 12 Hier ist Geduld der Heiligen; hier sind, die da halten die Gebote Gottes und den Glauben an Jesus.

    13 Und ich hörte eine Stimme vom Himmel zu mir sagen: Schreibe: Selig sind die Toten, die in dem HERRN sterben, von nun an. Ja, der Geist spricht, dass sie ruhen von ihrer Arbeit; denn ihre Werke folgen ihnen nach. 14 Und ich sah, und siehe, eine weiße Wolke, und auf der Wolke sitzen einen, der gleich war eines Menschen Sohn; der hatte eine goldene Krone auf seinem Haupt und in seiner Hand eine scharfe Sichel. 15 Und ein anderer Engel ging aus dem Tempel und schrie mit großer Stimme zu dem, der auf der Wolke saß: Schlage an mit deiner Sichel und ernte; denn die Zeit zu ernten ist gekommen; denn die Ernte der Erde ist dürre geworden. 16 Und der auf der Wolke saß, schlug an mit seiner Sichel an die Erde; und die Erde wurde geerntet.

    17 Und ein anderer Engel ging aus dem Tempel im Himmel, der hatte eine scharfe Hippe. 18 Und ein anderer Engel ging aus dem Altar, der hatte Macht über das Feuer und rief mit großem Geschrei zu dem, der die scharfe Hippe hatte, und sprach: Schlag an mit deiner scharfen Hippe und schneide die Trauben auf Erden; denn ihre Beeren sind reif. 19 Und der Engel schlug an mit seiner Hippe an die Erde und schnitt die Reben der Erde und warf sie in die große Kelter des Zornes Gottes. 20 Und die Kelter wurde außerhalb der Stadt gekeltert; und das Blut ging von der Kelter bis an die Zäume der Pferde, durch tausend sechshundert Feldwegs.

 

    Das Lamm und seine Jünger (V. 1-5): Nach dem Bild des Greuels im vorangegangenen Kapitel haben wir hier Visionen voller Trost und Kraft für alle Gläubigen. Das Lamm rückt nun wieder in den Mittelpunkt des Interesses: Und ich sah, und siehe, das Lamm stand auf dem Berg Zion und mit ihm hundertvierundvierzigtausend, die seinen Namen, den Namen des Vaters, an ihrer Stirn geschrieben hatten. Mitten in der letzten großen Wehe hat der Herr Mittel und Wege, seine Kirche zu bewahren und zu retten. Der Berg Zion wird oft im übertragenen Sinn für die Kirche Christi und für den Ort, an dem sie gegründet wird, verwendet. Das Lamm ist unser Erlöser Jesus Christus, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt. Die hier angegebene Zahl hundertvierundvierzigtausend ist die symbolische Zahl, die die Gesamtzahl der Auserwählten darstellt. Vgl. Kap. 7,4-8. Diese Auserwählten Gottes trugen nicht das Malzeichen des Tieres auf ihrer Stirn, sondern den Namen ihres Erlösers, Jesus Christus, und des Vaters im Himmel, durch dessen Macht und Willen ihnen das Heil geschenkt wurde.

    Johannes berichtet nun, was er in dieser Vision hörte: Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel wie das Rauschen vieler Wasser und wie das Grollen eines großen Donners; und die Stimme, die ich hörte, glich dem Spiel von Harfenspielern auf ihren Harfen; und sie sangen ein neues Lied vor dem Thron und vor den vier Gestalten und den Ältesten; und niemand kann das Lied lernen als nur die hundertvierundvierzigtausend, die von der Erde erlöst sind. Vgl. Kap. 5,8. Es war eine wunderbar seltsame und schöne Musik, die Johannes hörte, mal wie das Rauschen mächtiger Wasser, dann wieder wie das Grollen eines lauten Donners, dann wieder wie das zarte Spiel vieler Harfenspieler, die in vollkommener Harmonie aufeinander abgestimmt waren. Die Herrlichkeit und die Macht und die Schönheit des Herrn wurden in diesem unvergleichlichen Hymnus gepriesen, in diesem Hymnus, der nur in der himmlischen Gegenwart gesungen wird, vor dem Thron Gottes, vor den vier Cherubim, vor den Ältesten, die die Kirche Gottes auf Erden repräsentieren; nur diejenigen, die zu den Auserwählten Gottes gehören, sind in der Lage, diesen wunderbaren Hymnus zu erlernen; für Heuchler und Christen, die ihn nur dem Namen nach kennen, ist er zu schwierig Es ist wie das Bekenntnis des Petrus; Fleisch und Blut können es nicht begreifen, sondern nur die, denen der Geist Gottes es offenbart hat.

    Die treuen Gläubigen, die Auserwählten Gottes, werden nun ausführlicher beschrieben: Diese sind es, die sich nicht mit Frauen verunreinigt haben, denn sie sind Jungfrauen; diese sind von den Menschen erlöst worden als Erstlingsgabe für Gott und das Lamm, und in ihrem Mund wird keine Lüge gefunden; denn sie sind untadelig. Das ist ein Merkmal der Auserwählten Gottes inmitten der Gräuel dieser letzten Weltperiode: Sie nehmen nicht teil an dem Götzendienst des Papstes, mit dem sich so viele Menschen jetzt verunreinigen; sie sind in dieser Hinsicht rein. Sie sind aus der Mitte der Menschen durch das Blut Christi erlöst worden, das zwar für sie alle vergossen wurde, das aber die große Mehrheit ablehnt und deshalb seiner wunderbaren Wohltaten nicht teilhaftig wird. Sie sind also die Erstlinge der geistlichen Ernte der Welt, die Gott am großen Passahfest des Himmels als lebendiges Opfer dargebracht werden. Sie gehören nun Gott, ihrem himmlischen Vater, und dem Lamm, ihrem Erlöser, dessen Kreuz sie freudig mittragen. Sie machen nicht mit bei der Heuchelei, die das Lamm lobt und die Werke des Drachens tut, sondern sie sind frei von der Lüge und der Falschheit des Antichristen. Alles in allem sind sie rein, tadellos, ohne Makel, nicht um ihrer selbst willen, sondern durch das Blut Christi, das sie von allen Sünden reinigt.

 

    Der Engel in der Mitte des Himmels (V. 6-7): Hier ist eine Szene voller Majestät und Macht: Und ich sah einen anderen Engel mitten im Himmel fliegen, der hatte ein ewiges Evangelium zu verkünden denen, die auf Erden wohnen, und allen Nationen und Stämmen und Sprachen und Völkern und sprach mit mächtiger Stimme: Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre; denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen, und betet an den, der den Himmel und die Erde und das Meer und die Wasserquellen gemacht hat. Dieser Abschnitt wurde von lutherischen Auslegern, zweifellos zu Recht, so verstanden, dass er sich auf Doktor Martin Luther und die Reformation bezieht. Denn er hat als Engel des Herrn, anders als die anderen Engel, von denen in den vorangegangenen Kapiteln die Rede war, das ewige Evangelium von der Rechtfertigung des armen Sünders allein durch die Verdienste Jesu Christi durch den Glauben wiedergebracht und gepredigt. Mitten im Reich des Antichristen verkündete er dieses Evangelium, und zwar mit einem solchen göttlichen Eifer und einer solchen Kraft, dass viele Tausende von Gefangenen von Freude über die hier verkündete Befreiung erfüllt waren. Gott allein zu fürchten, das war die Botschaft, die Luther wieder zurückbrachte, und nicht zu wanken vor der Macht dessen, der den Thron Gottes an sich gerissen hat; dem Herrn allein die Ehre zu geben und nicht dem, der mit götzendienerischem Ehrgeiz seinen Platz eingenommen hat. Gott allein in Christus anzubeten, das war der Inhalt der Verkündigung Luthers, sich im Geist und in der Wahrheit an ihn zu wenden, durch die Verdienste Jesu Christi. Denn wahrlich, die Zeit war gekommen, da die Stunde des Gerichts des Herrn über die Welt gekommen war, da er eine Auswahl und Unterscheidung treffen wollte zwischen denen, die zum Antichristen gehörten, und denen, die er für sich selbst wollte. Und deshalb sollten die wahren Gläubigen nur den allmächtigen Schöpfer der Welt und von allem, was sie enthält, anbeten, ihm göttliche Ehre erweisen. Die Worte des Sehers enthalten eine der Losungen der Reformation: Gott allein alle Ehre! So predigte Luther, der von Gott durch sein Wort in einzigartiger Weise berufen wurde, inmitten des dunklen Reiches des Antichristen öffentlich, fröhlich und laut das reine, unverfälschte Evangelium des Herrn. Mit großer Kraft bezeugte er, dass der Glaube der Christen nicht auf dem Wort des Papstes oder irgendeines Menschen, nicht auf den Beschlüssen kirchlicher Versammlungen und Konzilien, sondern einzig und allein auf dem Wort Christi beruhen kann und soll, wie es in den Schriften des Alten und Neuen Testaments geschrieben steht. Mit großer Kraft bezeugte er, dass der Mensch in keiner Weise und zu keinem Teil durch sein eigenes Werk und Verdienst gerechtfertigt und gerettet wird, sondern ganz und allein durch das Werk Christi, das dem Gläubigen durch den Glauben zugerechnet wird. Und mit großer Kraft bezeugte er, dass die Werke der Christen, die dem Herrn gefallen, nicht solche sind, die sie sich selbst erwählen, sondern solche, die von den gerechtfertigten Kindern Gottes durch den Glauben, durch den Heiligen Geist, aus Liebe zu Gott und zum Nächsten und zur Ehre des Herrn vollbracht werden. Dieses Evangelium, wie es Luther gepredigt hat, wurde verbreitet, als ob die Engel selbst es von der kleinen Stadt Wittenberg in alle Sprachen und Völker hinaustrugen; und die Kirche der Reformation setzt noch immer ihren siegreichen Lauf durch die Länder fort.

 

    Von der Wirkung und dem Ergebnis der Reformation und dem Fall des geistlichen Babylons, den der nächste Engel verkündet (V. 8-12): Die Stimme des zweiten Engels ist wie ein Widerhall oder ein Echo der Stimme des ersten Engels: Und ein zweiter Engel folgte und sprach: Gefallen, gefallen ist die große Babylon, die vom Wein des Zorns ihrer Hurerei alle Völker trunken gemacht hat. Das war die Wirkung der Reformation: Sie bewirkte die Entlarvung und den Fall des geistlichen Babylons, Roms, des Sitzes des Antichristen. Und dieses Gericht kam über die römische Kirche, weil sie solche Abscheulichkeiten des Götzendienstes in den Tempel Gottes eingeführt hatte, den Papstkult und den Heiligenkult und den Kult der guten Werke und andere Methoden, mit denen die Ehre Gottes von ihm genommen wurde. Wo immer die Missionare der römischen Kirche hinkamen, verbreiteten sie diesen ehebrecherischen Götzendienst, durch den die Menschen die Liebe zu Jesus Christus als dem einzigen Erlöser verließen und auf die Fürsprache verschiedener Heiliger vertrauten. In vielen Fällen wurden die Götzen der heidnischen Völker christianisiert, indem man ihnen die Namen von Heiligen gab, während der alte Götzendienst weiterging wie zuvor.

    Der dritte Engel verkündete das Urteil Gottes über das Reich des Antichristen: Und der dritte Engel folgte ihnen nach und sprach mit gewaltiger Stimme: Wer das Tier und sein Bild anbetet und sein Malzeichen annimmt an seine Stirn oder an seine Hand, der wird von dem Wein des Zorns Gottes trinken, der unvermischt in den Kelch seines Zorns gegossen wird, und er wird gequält werden mit Feuer und Schwefel vor den heiligen Engeln und vor dem Lamm. Dies ist der Fluch und die Strafe Gottes über diejenigen, die den Antichristen und sein hierarchisches System absichtlich, vorsätzlich und böswillig anbeten und sich bereitwillig seinen Stempel oder sein Zeichen aufdrücken lassen. Er spricht nicht von denen, die durch den äußeren Prunk der römischen Kirche getäuscht wurden und dort Mitglieder sind, obwohl sie in ihrem Herzen an Jesus, ihrem Erlöser, festhalten. Er spricht von den willigen Dienern des Antichristen. Diese werden den vollen Zorn Gottes über den Götzendienst, mit dem sie sich identifiziert haben, zu spüren bekommen; sie werden den Kelch des Zornes Gottes trinken müssen, wie starken, unvermischten Wein. Und ihr Ende werden die Qualen der Hölle sein, mit Feuer und Schwefel gequält zu werden, in der Gegenwart der heiligen Engel und von Jesus Christus, dem Lamm Gottes. Die Tatsache, dass sie die Seligkeit des Himmels sehen, aber nicht an ihr teilhaben können, wird ihre Qualen tausendfach erhöhen (Lk 16,23).

    Die Qualen der Hölle werden eine ewige Pein sein: Und der Rauch ihrer Qualen wird aufsteigen von Ewigkeit zu Ewigkeit, und sie werden keine Ruhe haben Tag und Nacht, die das Tier und sein Bild angebetet haben, und wenn jemand das Malzeichen seines Namens angenommen hat. Diese einfache Aussage wirft alle falschen Träume von Sektierern über den Haufen, die versuchen, die Menschen in den Schlaf zu wiegen, indem sie eine endgültige Auflösung predigen. Die Qualen der Hölle werden körperliche Qualen sein; aber da die Körper der Verdammten unsterblich gemacht wurden, werden ihre Qualen niemals ein Ende haben; die schrecklichen Schmerzen werden niemals aufhören, das Feuer wird ewig brennen und doch niemals verzehren. Das ist das Schicksal derer, die sich dem Antichristen als seine Diener verkauft haben und so seiner Sünde und Verdammnis teilhaftig geworden sind. Umso eindrucksvoller ist das hinzugefügte Wort: Hier ist die Geduld der Heiligen, die die Gebote Gottes und den Glauben Jesu bewahren. Darin zeigt sich die geduldige Standhaftigkeit der Heiligen, dass sie trotz aller Verlockungen des Antichristen einfach am Willen Gottes festhalten, dessen höchstes Gebot dieses ist, dass wir an seinen Sohn Jesus Christus glauben und in ihm das Heil haben.

 

    Die Seligkeit der Heiligen und die Ernte der Erde (V. 13-16): Das Schicksal der Diener des Antichristen, all derer, die das Heil Christi ablehnen, wurde soeben geschildert. Die Aussicht der treuen Christen ist im Gegensatz dazu umso herrlicher: Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel sagen: Schreibe! Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben, von nun an; ja, spricht der Geist, dass sie ruhen von ihrer Arbeit; denn ihre Werke folgen ihnen nach. Hier wird der Vorhang des Himmels und der Ewigkeit für einen Augenblick gelüftet, um den treuen Gläubigen, allen, die im Glauben sterben, zu zeigen, welch wunderbarer Lohn der Barmherzigkeit sie oben erwartet. Diejenigen, die im Herrn sterben, sind diejenigen, die in seinem Wort und Glauben bis zum Ende standhaft bleiben, sei dieses Ende das eines stillen Todes oder das des Martyriums. Mit ihrem Tod gehen sie unmittelbar in die Seligkeit ein, die für sie vorbereitet ist; es gibt kein Fegefeuer, keinen Seelenschlaf im Sinne des Begriffs, wie ihn die modernen Irrlehrer verwenden: die Seele ist in der Seligkeit des Himmels, und der Leib wird dort am letzten Tag mit ihr vereint sein. Und so groß ist die Barmherzigkeit des Herrn, dass er diese himmlische Ruhe als Lohn der Mühe bezeichnet, die guten Werke der Gläubigen zum Beweis ihres Glaubens macht und die unaussprechliche Freude der Ewigkeit gnädig als Belohnung bezeichnet, obwohl sie allein aus Gnade geschieht. Dieser Vers ist wie ein ruhiges Zwischenspiel im Rauschen eines gewaltigen Sturms.

    Das nächste Bild bringt die andere Seite des Gerichts wieder zum Vorschein: Und ich sah, und siehe, eine weiße Wolke, und auf der Wolke einen sitzen wie ein Menschensohn, der hatte eine goldene Krone auf dem Haupt und eine scharfe Sichel in der Hand; und ein anderer Engel ging aus dem Tempel und rief mit lauter Stimme zu dem, der auf der Wolke saß: Sende deine Sichel aus und ernte, denn die Stunde ist gekommen, dass man ernten soll; denn die Ernte auf Erden ist reif geworden. Und der, der auf der Wolke saß, warf seine Sichel auf die Erde, und die Erde wurde abgeerntet. Der Menschensohn Jesus Christus wird am letzten Tag vom Himmel wiederkommen und auf den Wolken des Himmels reiten, mit großer Macht und Herrlichkeit. Die weiße Wolke ist wie ein Gewand aus Licht, und auf seinem Haupt trägt er die Krone der Herrlichkeit. Er ist der Herr der Ernte, und auf sein Geheiß werden die Seelen aller Menschen geerntet. Die Felder sind weiß für die Ernte, die Gesamtzahl der Auserwählten ist erreicht. Es darf keinen Aufschub geben, die Garben müssen eingesammelt werden.

 

    Die Weinpresse des Zornes Gottes (V. 17-20): Vgl. Jes. 63,4-6. Dieses Bild hat die gleiche Bedeutung wie das vorhergehende, aber statt der Getreideernte haben wir hier die Weinlese: Und ein anderer Engel kam aus dem Tempel im Himmel, der hatte auch eine scharfe Sichel; und ein anderer Engel kam aus dem Altar, der hatte Macht über das Feuer und rief mit lauter Stimme dem zu, der die scharfe Sichel hatte, und sprach: Sende deine scharfe Sichel aus und löse die Trauben vom Weinstock auf Erden, denn seine Trauben sind reif geworden. Hier wird das Feuer des Zorns Gottes, des Gerichts Gottes, sichtbar. Das Endgericht wird kein Teilgericht sein, sondern Frucht, Reben, Stängel und Wurzeln treffen. Nicht nur die Trauben werden geerntet, sondern alle Triebe und Zweige werden abgeschnitten. Die Frucht der Sünde und des Unglaubens hat ihre volle Reife erreicht, die Geduld des Herrn ist erschöpft.

    Das Ergebnis wird in einer Szene geschildert, die in ihrer Anschaulichkeit fast grauenhaft ist: Und der Engel warf seine Sichel auf die Erde und erntete den Weinstock der Erde und warf ihn in die große Kelter des Zorns Gottes; und die Kelter wurde draußen vor der Stadt zertreten, und es floss Blut aus der Kelter bis an die Zäume der Pferde, tausend sechshundert Stadien weit. Dies ist der zweite Tod. Außerhalb der Stadt Gottes, der Kirche Christi, dem himmlischen Jerusalem, ist der Ort des Zorns. Dort werden die Trauben ausgepresst, die auf dem Boden des geistlichen Sodom und Gomorra gewachsen sind. Die Schlacht ist gewonnen. Das Blut der Feinde fließt in einem Strom wie eine gewaltige Flut, die, da ein Stadion zwischen 600 und 625 Fuß [188-190,50 m] misst, fast zweihundert Meilen [ca. 321 km] breit und etwa fünf Fuß [ca. 15 m] tief ist. Der Sieg des Herrn ist vollkommen, sein gerechter Zorn straft die Ungläubigen und Spötter mit einer ewigen Strafe.

 

Zusammenfassung: In einer Reihe von Bildern zeigt der Seher die Glückseligkeit der vollendeten Heiligen, das Werk der Reformation und die endgültige Ernte des Zorns Gottes über die Ungläubigen.

 

 

Kapitel 15

 

Die Engel mit den sieben Schalen und die Öffnung des Tempels (15,1-8)

    1 Und ich sah ein anderes Zeichen im Himmel, das war groß und wundersam: Sieben Engel, die hatten die letzten sieben Plagen; denn mit denselben ist vollendet der Zorn Gottes. 2 Und sah als ein gläsernes Meer, mit Feuer gemengt; und die den Sieg behalten hatten an dem Tier und seinem Bild und seinem Malzeichen und seines Namens Zahl, dass sie standen an dem gläsernen Meer und hatten Gottes Harfen 3 und sangen das Lied Moses, des Knechts Gottes, und das Lied des Lammes und sprachen: Groß und wundersam sind deine Werke, HERR, allmächtiger Gott; gerecht und wahrhaftig sind deine Wege, du König der Heiligen! 4 Wer soll dich nicht fürchten, HERR, und deinen Namen preisen? Denn du bist allein heilig. Denn alle Heiden werden kommen und anbeten vor dir; denn deine Urteile sind offenbar geworden.

    5 Danach sah ich, und siehe, da wurde aufgetan der Tempel der Hütte des Zeugnisses im Himmel. 6 Und es gingen aus dem Tempel die sieben Engel, die die sieben Plagen hatten, angetan mit reiner, heller Leinwand, und umgürtet an ihren Brüsten mit goldenen Gürteln. 7 Und eines der vier Tiere gab den sieben Engeln sieben goldene Schalen voll Zornes Gottes, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit. 8 Und der Tempel wurde voll Rauchs vor der Herrlichkeit Gottes und vor seiner Kraft; und niemand konnte in den Tempel gehen, bis dass die sieben Plagen der sieben Engel vollendet wurden.

 

    Das gläserne Meer und der Lobgesang (V. 1-4): Die allgemeinen Wehe, die die Erde und insbesondere die Kirche direkt oder indirekt treffen sollten, wurden in früheren Visionen dargestellt. Aber in der fünften Vision, die hier beginnt, werden die Plagen oder die Offenbarung des Zorns Gottes über die Feinde der Kirche dargestellt, wobei das vorliegende Kapitel als Einleitung für die Reihe dient. Der Prophet schreibt: Und ich sah ein anderes Zeichen am Himmel, groß und wunderbar: sieben Engel, die die sieben letzten Plagen hatten; denn in ihnen ist der Zorn Gottes vollendet. Und ich sah etwas, das einem glasigen Meer glich, das mit Feuer vermischt war, und die Überwinder des Tieres und seines Bildes und der Zahl seines Namens am glasigen Meer stehen und Harfen Gottes haben. Dies war ein Zeichen, das so groß war wie alle vorhergehenden, und es war voll von Wundern. Dass sich nun das Blatt gewendet hat und das Reich des Antichristen und alle Feinde Christi mit Plagen heimgesucht werden, ist eine große und wunderbare Tatsache, aber eine Tatsache, die die Gläubigen mit Trost und Mut erfüllen sollte. Die sieben letzten Plagen, die die sieben Engel hatten, schließen die Plage des Endgerichts ein; denn der Zorn Gottes sollte in diesen Plagen seine Vollendung, seine endgültige Erfüllung finden. Das kristallene Meer, das schon in Kap. 4,6 erwähnt wurde, ist hier wieder in der Vision enthalten, vermischt mit Feuer, als Symbol der göttlichen Majestät. An seinen Ufern waren alle Gläubigen, alle Christen, die sich nicht durch antichristlichen Prunk und Lehren hatten blenden lassen, mit Harfen in den Händen versammelt, bereit, dem Gott ihres Heils ein Loblied zu singen.

    Dieses Lied wird nun beschrieben: Und sie sangen das Lied des Mose, des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes und sprachen: Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr, Gott, der Allmächtige; gerecht und wahrhaftig sind deine Wege, König der Völker. Wer sollte dich nicht fürchten, Herr, und deinen Namen preisen? Denn du allein bist heilig; alle Völker werden kommen und anbeten vor dir, weil deine gerechten Gerichte offenbart sind. Wie Mose, der Prophet und Knecht Gottes, nach der endgültigen Befreiung von den Heerscharen des Pharao ein Loblied sang (2. Mose 15), so singen die Heiligen im Himmel ein Lied zu Ehren dessen, der sie aus allen Gefahren und Bedrängnissen der Endzeit befreit hat. Sie erwähnen weder ihre eigenen Werke noch ihre eigenen Leiden; ihr einziger Gedanke ist die Verherrlichung Gottes und des Lammes. Sie preisen ihn für die Größe und Herrlichkeit seiner Taten, die er in seiner Barmherzigkeit an ihnen vollbracht hat, für die Gerechtigkeit und Wahrheit seiner Wege, die er mit allen Völkern geht. Denn das endgültige Ergebnis des Handelns des Herrn wird sein, dass alle Nationen, alle Menschen, gezwungen sein werden, seine Souveränität anzuerkennen und ihn als den heiligen Richter der Völker zu ehren. Die Gerichte des Herrn, wie sie in dieser Vision offenbart werden sollten, würden alle Menschen beeindrucken, so dass sie schließlich inmitten ihres hartnäckigen Hasses gegen ihn und trotz ihrer selbst zugeben müssten, dass sie richtig und wahr sind. Getrennt von den Sündern, rein und heilig, jenseits aller Schuldzuweisungen, regiert Er als der höchste König.

 

    Die sieben Engel mit den sieben Schalen (V. 5-8): Der Hymnus der vollendeten Heiligen diente als Prolog zu der Offenbarung, deren vorbereitende Ereignisse nun gezeigt werden. Es war ein wunderbarer Anblick, der sich den Augen des Johannes bot: Und danach sah ich, und es wurde der Tempel der Hütte des Zeugnisses im Himmel geöffnet. Das war das innerste Heiligtum, die heiligste Stätte des himmlischen Tempels. Der Tempel wird hier „Stiftshütte des Zeugnisses“ genannt, weil er die Gegenwart und Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes symbolisiert, und seine Öffnung deutet darauf hin, dass der allerheiligste Gott nun bereit war, durch seine Vertreter oder Boten zu sprechen und zu handeln. Dies beschreibt der Prophet: Und es kamen aus dem Heiligtum die sieben Engel, die die sieben Plagen hatten, bekleidet mit weißer, glänzender Leinwand und um ihre Brust gegürtet mit einem goldenen Gürtel. Die Tatsache, dass diese Engel mit Gold und Licht bekleidet waren, deutet auf ihre Herkunft hin, während das Leinen auf ihr heiliges Amt als Priester des Herrn hinweist. Diese sieben Engel waren die Überbringer der sieben letzten Plagen gegen die Feinde des Herrn.

    Und eine weitere Tatsache wird in den einleitenden Ereignissen erzählt: Und eines der vier lebenden Wesen gab den sieben Engeln sieben goldene Schalen, gefüllt mit dem Zorn Gottes, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit, und das Heiligtum wurde erfüllt von dem Rauch der Herrlichkeit Gottes und seiner Macht, und niemand kann in das Heiligtum eingehen, bis die sieben Plagen der sieben Engel vollendet sind. Einer der vier Cherubim, die um den Thron herum standen, übergab den sieben Engeln auf Gottes Geheiß Schalen oder Schalen mit dem Zorn des ewigen Gottes. Und die sieben Engel sollten sich mit diesem Zorn nicht zurückhalten, sondern ihn über die Feinde des Herrn ausgießen. Diese Offenbarung von Gottes Gerechtigkeit war mit Lob und Ehre für ihn selbst verbunden, wie der Rauch zeigt, der das Heiligtum erfüllte. Vgl. Jes. 6,4. Bis die Plagen vorüber sind, ist die Gegenwart Gottes unerträglich und seine Majestät unnahbar.

    Die Bedeutung dieses Bildes scheint ziemlich klar zu sein. Aus dem Heiligtum Gottes, aus der Mitte der christlichen Kirche, sollten Männer als Zeugen und Soldaten Christi aufstehen, um das Reich des Antichristen und alle antichristlichen Lehren anzugreifen und zu überwinden. Sie waren in Leinen gekleidet und mit goldenen Gürteln versehen, in den Gewändern des erhabenen Christus. Denn sie waren von Anfang an sicher, dass ihr Zeugnis und ihr Kampf siegreich sein würden, da sie es mit Feinden zu tun hatten, die durch den Sieg Christi wirklich überwunden worden waren. So sollten diese Engel, Zeugen Gottes und für den Herrn, Werkzeuge des Zorns Gottes sein, um allen Feinden der Kirche die Verurteilung Gottes zu überbringen. Welcher Feind wird ihnen widerstehen können, wenn der Rauch der Herrlichkeit und Macht Gottes aufsteigt und ihnen folgt?

 

Zusammenfassung: In zwei vorbereitenden oder einleitenden Bildern, dem Bild der vollendeten Heiligen, die den Herrn preisen, und dem Bild der sieben Engel, die die Schalen des Zorns Gottes empfangen, werden die sieben letzten Plagen über die Feinde des Herrn eingeläutet.

 

 

Kapitel 16

 

Die sieben Schalen des Zornes werden ausgegossen (16,1-21(

    1 Und ich hörte eine große Stimme aus dem Tempel, die sprach zu den sieben Engeln: Geht hin und gießt aus die Schalen des Zornes Gottes auf die Erde. 2 Und der erste ging hin und goss seine Schale aus auf die Erde. Und es wurde eine böse und arge Drüse an den Menschen, die das Malzeichen des Tieres hatten, und die sein Bild anbeteten. 3 Und der zweite Engel goss aus seine Schale ins Meer. Und es wurde Blut, wie eines Toten; und alle lebendigen Seelen starben in dem Meer. 4 Und der dritte Engel goss aus seine Schale in die Wasserströme und in die Wasserbrunnen. Und es wurde Blut. 5 Und ich hörte den Engel sagen: HERR, du bist gerecht, der da ist, und der da war, und heilig, dass du solches geurteilt hast. 6 Denn sie haben das Blut der Heiligen und der Propheten vergossen, und Blut hast du ihnen zu trinken gegeben; denn sie sind’s wert. 7 Und ich hörte einen anderen Engel aus dem Altar sagen: Ja, HERR, allmächtiger Gott, deine Gerichte sind wahrhaftig und gerecht.

    8 Und der vierte Engel goss aus seine Schale in die Sonne, und es wurde ihm gegeben, den Menschen heiß zu machen mit Feuer. 9 Und den Menschen wurde heiß vor großer Hitze, und lästerten den Namen Gottes, der Macht hat über diese Plagen; und taten nicht Buße, ihm die Ehre zu geben. 10 Und der fünfte Engel goss aus seine Schale auf den Stuhl des Tieres. Und sein Reich ward verfinstert; und sie zerbissen ihre Zungen vor Schmerzen 11 und lästerten Gott im Himmel vor ihren Schmerzen und vor ihren Drüsen; und taten nicht Buße für ihre Werke. 12 Und der sechste Engel goss aus seine Schale auf den großen Wasserstrom Euphrat; und das Wasser vertrocknete, auf dass bereitet würde der Weg den Königen vom Aufgang der Sonne.

    13 Und ich sah aus dem Mund des Drachen und aus dem Mund des Tieres und aus dem Mund des falschen Propheten drei unreine Geister gehen gleich den Fröschen. 14 Und sind Geister der Teufel; die tun Zeichen und gehen aus zu den Königen auf Erden und auf den ganzen Kreis der Welt, sie zu versammeln in den Streit auf jenen großen Tag Gottes, des Allmächtigen. 15 Siehe, ich komme wie ein Dieb! Selig ist, der da wacht und hält seine Kleider, dass er nicht bloß wandele, und man nicht seine Schande sehe. 16 Und er hat sie versammelt an einen Ort, der da heißt auf Hebräisch Harmageddon.

    17 Und der siebte Engel goss aus seine Schale in die Luft. Und es ging aus eine Stimme vom Himmel aus dem Stuhl, die sprach: Es ist geschehen. 18 Und es wurden Stimmen und Donner und Blitze; und ward ein großes Erdbeben, dass solches nicht gewesen ist, seit der Zeit Menschen auf Erden gewesen sind, solches Erdbeben also groß. 19 Und aus der großen Stadt wurden drei Teile, und die Städte der Heiden fielen. Und Babylon, der großen, wurde gedacht vor Gott, ihr zu geben den Kelch des Weins von seinem grimmigen Zorn. 20 Und alle Inseln entflohen, und keine Berge wurden gefunden. 21 Und ein großer Hagel wie ein Zentner fiel vom Himmel auf die Menschen.  Und die Menschen lästerten Gott über der Plage des Hagels; denn seine Plage ist sehr groß.

 

    Die ersten drei Schalen werden geleert (V. 1-7): Hier wird das geistliche Schicksal der Feinde des Herrn gezeigt: Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Heiligtum, die sprach zu den sieben Engeln: Geht hin und gießt aus die sieben Schalen des Zorns Gottes auf die Erde! Es ist die Stimme Gottes, die gehört wird, denn er ist es, der die rächenden Plagen in seiner Hand hat. Die sieben Engel, die sieben Boten Gottes, sollten die Schalen mit dem Zorn des Herrn über die Erde ausgießen, die Heimat der widerspenstigen und feindseligen Menschen; denn die Zeit der Gnade war für sie nun zu Ende, und die Zeit der Strafe war gekommen.

    Der Befehl des Herrn wird nun ausgeführt: Und der erste ging hin und goss seine Schale aus auf die Erde, und es kam ein böses und schmerzhaftes Geschwür über die Menschen, die das Malzeichen des Tieres hatten, und über die, die sein Bild angebetet hatten. Das war die Strafe, die die Diener des Tieres, des Antichristen, traf, und diejenigen, die sich durch die Zurschaustellung seiner Macht dazu verleiten ließen, ihm Ehre zu geben, die ihm nicht zustand. Aber das war nur der Anfang der Plagen: Und der zweite Engel goss seine Schale über das Meer aus, und es verwandelte sich in Blut wie das eines Toten, und alles Lebendige im Meer starb. Das war wie bei der ersten ägyptischen Plage, geronnenes Blut, tödlich für alles tierische Leben. Diese Plagen sind in der Geschichte deutlich zu sehen. Was die erste Plage betrifft, so haben die Mitglieder der römischen Hierarchie selbst zugegeben, dass die römische Kirche an einer schweren Krankheit an Haupt und Gliedern litt, an einer geschwürartigen Infektion, die sich schließlich als tödlich erweisen würde. Und was die zweite Plage betrifft, so ist die Welt seit der Zeit der Reformation von Kriegen erfüllt, die auf die verwirrte Wut des Antichristen zurückzuführen sind. Das liegt nicht an der gnädigen Botschaft des Evangeliums, die die treuen Diener des Herrn verkündet haben, sondern daran, dass das verstockte Herz der Feinde Anlass nimmt, gegen das Evangelium zu kämpfen und sein Wachstum auf jede erdenkliche Weise zu behindern. Was der heilige Paulus schrieb, ist bis heute wahr: „Wir sind Gott ein süßer Geruch Christi bei denen, die gerettet werden, und bei denen, die verloren gehen; den einen sind wir ein Geruch des Todes zum Tode, den anderen ein Geruch des Lebens zum Leben“, 2. Kor. 2,15.16.

    Die gleiche Tatsache wird in der dritten Plage deutlich: Und der dritte Engel goss seine Schale aus über die Ströme und die Wasserquellen, und sie wurden zu Blut. Und ich hörte den Engel der Wasser sagen: Gerecht bist Du, der Du bist und der Du warst, der Heilige, weil Du diese Urteile gefällt hast; denn sie haben das Blut der Heiligen und Propheten vergossen, und Blut hast Du ihnen zu trinken gegeben, denn sie haben es verdient. Hier werden die Wasser nicht als Symbol für alle Völker betrachtet, wie im vorangegangenen Bild, sondern als die Quellen des Trinkwassers. Die Stadt Gottes, die Kirche Christi, hat reines Wasser, das Wasser des Evangeliums, in Hülle und Fülle. Aber die Kirche des Antichristen hat vor allem die Traditionen der Kirche, die Beschlüsse der Konzilien und die Dekrete der Päpste, die alle voller Blutdurst sind, wie die Inquisition zeigt. Blut wollten die Jesuiten, und Blut gab ihnen die Vergeltung des Herrn, denn das ist die Folge der höchsten Heiligkeit und Majestät Gottes. Diese Tatsache wird vom Engel des Wassers in seinem Lobgesang hervorgehoben. Es war recht und billig für den Herrn, diesen Feinden Blut zu trinken zu geben, da sie sich daran ergötzten, dasselbe zu vergießen; die Strafe wurde so der Übertretung angepasst. Deshalb wird diese Aussage auch im Himmel selbst wiedergegeben: Und ich hörte den Altar sagen: So ist es, Herr, Gott, der Allmächtige, wahrhaftig und gerecht sind deine Gerichte. Dies scheint die Stimme der Seelen unter dem Altar zu sein, Kap. 6,9, die Stimme aller Märtyrer seit der Zeit von Abel. Sie alle sehen die Hand des allmächtigen und gerechten Gottes in diesen Urteilen der Strafe und des Verderbens, die die Diener des Antichristen als Folge der Verkündigung des Evangeliums treffen, nicht weil die Macht des Verderbens im Evangelium liegt, sondern weil die Feindschaft der Menschen durch diese tröstliche Botschaft erregt wird und sie in ihrem selbstgewählten Verderben erzürnt und bestätigt werden. Möge Gott alle wahren Christen vor antichristlichen Irrlehren bewahren!

 

    Die vierte, fünfte und sechste Schale werden geleert (V. 8-12): Jede neue Plage scheint noch tödlicher zu sein als die vorhergehende: Und die vierte goss aus ihre Schale auf die Sonne, und es wurde ihr gegeben, die Menschen mit Feuer zu versengen; und die Menschen wurden von großer Hitze versengt und lästerten den Namen Gottes, der die Macht über diese Plagen hat, und taten nicht Buße, ihm die Ehre zu geben. Hier sehen wir, dass aufgrund des Zeugnisses der Zeugen des Herrn das Reich des Antichristen mit unerträglicher Hitze geplagt wird. Als Luther und seine Mitarbeiter und ihre Schüler nach ihnen die Botschaft des Heils, der Rechtfertigung aus Gnade, in ihrer ganzen Einfachheit und Kraft verkündeten, erwiesen sich die Strahlen dieser reinen Lehre als zu grell und zu versengend für die römische Hierarchie. Anstatt diese Strahlen in ihre Herzen eindringen zu lassen und wahre Bekehrung in ihnen zu bewirken, widersetzten sie sich bewusst dem Heiligen Geist, hielten am Reich des Antichristen fest und lästerten den Namen Gottes in unbändiger Wut. Doch noch immer wird das Wort der Gnade verkündet, noch immer vergrößert die Plage ihre Verstocktheit, noch immer verhärten sie ihre Herzen.

    Und das Ende ist noch nicht gekommen: Und der fünfte goss seine Schale aus auf den Thron des Tieres, und sein Reich wurde mit Finsternis bedeckt, und die Menschen zerbissen ihre Zungen vor Angst und lästerten den Gott des Himmels um ihrer Schmerzen und um ihrer Geschwüre willen und taten nicht Buße für ihre Werke. Der Antichrist, dessen Sitz in Rom ist, hatte sich großspurig eingeredet, dass seine Lehre die Sonne sein würde, das Licht, das die ganze Welt erleuchten würde. Aber er musste feststellen, dass seine Pläne durch die freie Verkündigung des Evangeliums der Freiheit, das seine falschen Lehren weitgehend in den Schatten gestellt hat, zunichte gemacht wurden. Das Ergebnis war, dass er und seine Gefolgsleute sich vor Angst auf die Zunge bissen und an ihr nagten, dass sie von einem Schmerz verzehrt wurden, den sie für unerträglich hielten. Aber so tief sind der Papst und mit ihm seine Anhänger in seinen Irrtümern gegen die Grundlehren des Christentums versunken, dass sie Gott für ihren Zustand, für ihre Schmerzen und für ihre Geschwüre verantwortlich machen, dass sie Ihn lästern und ihre Herzen gegen die Reue verhärten: sie verharren in ihren antichristlichen Werken.

    Auch die sechste Plage ändert nichts an der Situation: Und die sechste goss ihre Schale aus in den großen Strom Euphrat, und sein Wasser vertrocknete, damit der Weg der Könige vom Aufgang der Sonne an bereitet würde. Das Reich des Antichristen wird hier mit dem alten Königreich Babylon verglichen, dessen Hauptstadt am Euphrat lag. Diese Stadt wurde von Kyrus durch den einfachen Trick eingenommen, dem Wasser des Flusses ein neues Bett zu geben und die Stadt durch den so freigelegten Weg zu betreten. In gleicher Weise wurde die Macht und Herrlichkeit des antichristlichen Roms durch die Verkündigung des Evangeliums ausgetrocknet und so der Weg geöffnet, um sowohl in die Stadt einzudringen und ihre Bollwerke einzuebnen als auch den Weg zur Freiheit für viele Völker und Nationen zu öffnen. Eine Zeit lang schien es tatsächlich so, als sei die Macht des Antichristen für immer gebrochen worden.

 

    Das Papsttum wird nicht ohne Kampf überwunden (V. 13-16): Der Satan selbst eilt hier dem Antichristen zu Hilfe: Und ich sah aus dem Maul des Drachen und aus dem Maul des Tieres und aus dem Maul des falschen Propheten drei unreine Geister wie Frösche; denn es sind Geister von Dämonen, die Wunder tun, die hinausgehen zu den Königen der ganzen Erde, um sie zu versammeln zum Kampf an jenem großen Tag des allmächtigen Gottes. Diese drei sind hier in einem Bund der Ungerechtigkeit vereint: der Drache, Satan, das Tier, der Antichrist und der falsche Prophet, welcher Papst auch immer gerade in Rom auf dem Thron sitzt. Die Geister der Dämonen sprechen aus ihren Mündern, klamm und hässlich wie Frösche. Und sie sind gefährlich, denn sie haben die Macht des Satans, auf der Erde Wunder zu vollbringen. Sie ziehen aus und beeinflussen die Könige und Mächtigen der ganzen Erde für die letzte große und entscheidende Schlacht, deren Ende erst am letzten großen Tag der Welt sein wird, wenn der Herr selbst sie durch sein Erscheinen zum Gericht beenden wird.

    Mitten in dieses düstere Bild fügt der Herr eine Warnung an die Seinen ein: Siehe, ich komme wie ein Dieb; selig, wer wacht und seine Kleider festhält, damit er nicht nackt geht und die Menschen seine Schande sehen. Der Hinweis bezieht sich wahrscheinlich auf die Tatsache, dass die Priester und Leviten, die nachts im Tempel Dienst taten, nicht schlafen gehen durften, damit der Beamte bei seinem Rundgang nicht ihre priesterlichen Gewänder anzündete und sie nackt ausziehen und in Schande wegschicken konnte. Diese Worte sind an alle Christen gerichtet. Die Stunde der Mitternacht, die Stunde der Wiederkunft des Herrn, ist nahe, und er kommt wie ein Dieb, der niemandem die genaue Minute seiner letzten Offenbarung verraten hat. Zu wachen und zu beten, jederzeit und in jedem Augenblick für sein Kommen bereit zu sein, das ist die Pflicht, die auf jedem Gläubigen ruht.

    Nach dieser Abschweifung fährt der Prophet fort: Und er versammelte sie an einem Ort, der auf Hebräisch Armageddon heißt. Der allmächtige Gott, mit dem der Drache und seine Verbündeten zu kämpfen gedenken, hat den Sieg in seinen Händen, bevor der erste Angriff erfolgt. Und es ist für uns Gläubige ein großer Trost zu wissen, dass er die Völker vor sich versammeln wird, um über sie Gericht zu halten. Es kann nur ein Ende geben, wenn der Herr auszieht, um die Völker zu versammeln, denn der Name des Schlachtfeldes ist bekannt: Armageddon, die Vernichtung ihres Heeres. Der Triumph des Herrn unseres Heils ist gewiss.

 

    Die siebte Schale wird geleert (V. 17-21): Dies ist der Höhepunkt, das Endgericht, das Ende. Der Antichrist wird mit dem Glanz der Ankunft des Herrn vernichtet werden, 2. Thess. 2,8. Hiervon schreibt der Seher: Und der Siebte goss aus seine Schale in die Luft; und es kam eine laute Stimme aus dem Tempel, von dem Thron, die sprach: Es ist vollbracht! Der Herr selbst erklärt, dass mit dem Kommen dieser letzten Plage alles vorbei ist. Es beginnt in der Luft und endet im Abgrund, der mit Feuer brennt. Der Triumph des Herrn ist im Voraus gesichert.

    Die Stimme, die den Sieg im Himmel verkündet, findet ihren Widerhall auf der Erde, unter den Geschöpfen: Und es geschahen Blitze und Stimmen und Donner, und es geschah ein großes Erdbeben, wie es nicht geschehen ist, seit der Mensch auf der Erde ist, ein Erdbeben von solchem Ausmaß. Dies ist ein Bild für den Zerfall, die Auflösung der Welt: Blitze, laute Stöße, Donnergrollen, ein schreckliches, beispielloses Erdbeben. Das Ergebnis dieses Sturms wird beschrieben: Und die große Stadt zerfiel in drei Teile, und die Städte der Heiden fielen; und Babylon, die Große, wurde vor Gott gebracht, dass er ihr den Kelch des Weins seines Zorns gäbe; und alle Inseln flohen, und Berge wurden nicht mehr gefunden. Die Stadt des Antichristen wird in drei Teile zerbrochen und versinkt in Trümmern, gefolgt von den Städten der Heiden. Und das geistliche Babylon, Rom, der Sitz des Antichristen, muss nun den Kelch des Zornes Gottes bis zum letzten Tropfen trinken, Jes. 51,22. Die Inseln werden entfernt, und die Berge versinken, denn das Endgericht ist gekommen, und das Ende aller Dinge ist nahe. Dies wird auch im letzten Vers angedeutet: Und es fiel ein großer Hagel, gleich einem Zentner, vom Himmel auf die Menschen, und die Menschen lästerten Gott wegen der Plage des Hagels; denn die Plage ist sehr groß. Das ist die Strafe, die alle Feinde des Herrn vernichten wird, ein Hagel des Zorns Gottes, der vom Himmel auf die Lästerer fällt und sie in die unterste Hölle stürzt. Und doch lästern die Feinde inmitten ihrer Vernichtung den Herrn, so wie sie ihn in der Ewigkeit lästern werden, wenn sie von den Qualen der Hölle verzehrt werden.

 

Zusammenfassung: Im Bild der sieben Plagen, die im Endgericht gipfeln, wird die Wirkung der Verkündigung des Evangeliums seit der Reformation auf das Reich des Antichristen und auf seine Anhänger und Anbeter dargestellt.

 

 

Kapitel 17

 

Das Reich des Antichristen, symbolisiert durch die große Hure (17,1-18)

    1 Und es kam einer von den sieben Engeln, die die sieben Schalen hatten, redete mit mir und sprach zu mir: Komm, ich will dir zeigen das Urteil der großen Hure, die da auf vielen Wassern sitzt, 2 mit welcher gehurt haben die Könige auf Erden, und die da wohnen auf Erden, trunken geworden sind von dem Wein ihrer Hurerei. 3 Und er brachte mich im Geist in die Wüste. Und ich sah das Weib sitzen auf einem rosinfarbenen Tier; das war voll Namen der Lästerung und hatte sieben Häupter und zehn Hörner. 4 Und das Weib war bekleidet mit Purpur und Scharlach und übergoldet mit Gold und Edelsteinen und Perlen und hatte einen goldenen Becher in der Hand voll Greuels und Unsauberkeit ihrer Hurerei; 5 und an ihrer Stirn geschrieben den Namen, das Geheimnis: Die große Babylon, die Mutter der Hurerei und aller Greuel auf Erden. 6 Und ich sah das Weib trunken von dem Blut der Heiligen und von dem Blut der Zeugen Jesu. Und ich verwunderte mich sehr, da ich sie sah.

    7 Und der Engel sprach zu mir: Warum verwunderst du dich? Ich will dir sagen das Geheimnis von dem Weib und von dem Tier, das sie trägt, und hat sieben Häupter und zehn Hörner. 8 Das Tier, das du gesehen hast, ist gewesen und ist nicht und wird wiederkommen aus dem Abgrund und wird fahren in die Verdammnis, und es werden sich verwundern, die auf Erden wohnen (deren Namen nicht geschrieben stehen in dem Buch des Lebens von Anfang der Welt), wenn sie sehen das Tier, dass es gewesen ist und nicht ist, wiewohl es doch ist.

    9 Und hier ist der Sinn, da Weisheit zu gehört. Die sieben Häupter sind sieben Berge, auf welchen das Weib sitzt, und sind sieben Könige. 10 Fünf sind gefallen, und einer ist, und der andere ist noch nicht gekommen, und wenn er kommt, muss er eine kleine Zeit bleiben. 11 Und das Tier, das gewesen ist und nicht ist, das ist der achte und ist von den sieben und fährt in die Verdammnis. 12 Und die zehn Hörner, die du gesehen hast, das sind zehn Könige, die das Reich noch nicht empfangen haben; aber wie Könige werden sie eine Zeit Macht empfangen mit dem Tier. 13 Diese haben eine Meinung und werden ihre Kraft und Macht geben dem Tier. 14 Diese werden streiten mit dem Lamm, und das Lamm wird sie überwinden; denn es ist der HERR aller Herren und der König aller Könige; und mit  ihm die Berufenen und Auserwählten und Gläubigen.

    15 Und er sprach zu mir: Die Wasser, die du gesehen hast, da die Hure sitzt, sind Völker und Scharen und Heiden und Sprachen. 16 Und die zehn Hörner, die du gesehen hast auf dem Tier, die werden die Hure hassen und werden sie wüst machen und bloß und werden ihr Fleisch essen und werden sie mit Feuer verbrennen. 17 Denn Gott hat’s ihnen gegeben in ihr Herz, zu tun seine Meinung und zu tun einerlei Meinung und zu geben ihr Reich dem Tier, bis dass vollendet werden die Worte Gottes. 18 Und das Weib, das du gesehen hast, ist die große Stadt, die das Reich hat über die Könige auf Erden.

 

    Das Gesicht von der großen Hure (V. 1-6): Obwohl dieses Kapitel den Eindruck einer eigenständigen Vision erweckt, steht es in engem Zusammenhang mit dem vorhergehenden Kapitel und mit den Plagen der sieben Engel, wie die Einleitung zeigt: Und es kam einer von den sieben Engeln, die die sieben Schalen hatten, und redete mit mir und sprach: Komm, ich will dir zeigen das Gericht der großen Hure, die an vielen Wassern sitzt, mit der die Könige auf Erden Hurerei getrieben haben, und die Bewohner der Erde sind trunken geworden von dem Wein ihrer Hurerei. Einer der besonderen Boten des Herrn, der die Schalen seines Zorns über das Reich des Antichristen und über alle seine Diener ausgegossen hatte, nahm Johannes mit, um ihm den Untergang, die Vollstreckung des Urteils über die antichristliche Hure zu zeigen. Mit Nachdruck wird sie die große Hure genannt, denn ihre Unverfrorenheit und Schamlosigkeit ist unter den Völkern zum Sprichwort und zum geflügelten Wort geworden. Es war eine mächtige Hure, denn sie übte ihre Macht über viele Gewässer, über viele Völker aus; und es war eine schlaue Hure, denn sie hatte die Könige und Fürsten der Erde dazu verführt, mit ihr Hurerei zu treiben, sie hatte durch ihre List eine solche Macht über sie gewonnen, dass sie ihre Wünsche bereitwillig erfüllten, und sie hatte alle Völker mit dem Wein ihrer Hurerei betrunken gemacht, mit dem Glanz und dem Prunk ihrer falschen Lehren, so dass sie die Liebe vergaßen, die sie allein zu Jesus Christus haben sollten.

    Johannes selbst hat diese Hure gesehen: Und er nahm mich im Geiste mit in die Wüste. Die Seele und der Geist des Propheten wurden für kurze Zeit von seinem Körper getrennt, damit er dieses Bild sehen konnte: Und ich sah ein Weib sitzen auf einem scharlachfarbenen Tier, das mit Namen der Lästerung bedeckt war und sieben Häupter und zehn Hörner hatte; und das Weib war bekleidet mit Purpur und Scharlach und trug Schmuck von Gold und Edelsteinen und Perlen und hatte einen goldenen Becher in der Hand, gefüllt mit den Gräueln und Unreinheiten ihrer Hurerei, und auf ihrer Stirn stand geschrieben: Mysterium, Babylon die Große, die Mutter der Huren und der Gräuel auf Erden. Das ganze Bild macht den Eindruck von Abscheu, gemischt mit Erstaunen darüber, dass die große Hure mit ihren Plänen gegen die Erde und ihre Bewohner so erfolgreich sein sollte. Überall ist eine verschwenderische Zurschaustellung barbarischer Pracht zu sehen, verbunden mit einer abstoßenden Zurschaustellung des Handels mit Blut und Schmutz. Das Tier, auf dem sie sitzt, ist scharlachrot gefärbt und mit gotteslästerlichen Titeln bedeckt, um dem Herrn des Himmels die Ehre zu nehmen, und seine sieben Köpfe und zehn Hörner bilden eine seltsame und furchterregende Kombination. Das Weib selbst, bekleidet mit den Gewändern der Könige und geschmückt mit Juwelen, die den Reichtum der Welt darstellen, den sie im Laufe ihres unsäglichen Handels gesammelt hatte, hatte einen goldenen Becher in der Hand, das Gefährlichste auf dem Bild, denn er war gefüllt mit all den Abscheulichkeiten und dem Schmutz ihrer Unzucht, ihres ehebrecherischen Lebens, mit den Lehren des Satans, der die ganze Welt zu verführen versucht. Aber auf der Stirn der Hure sah Johannes Namen, die sie nicht dort eingraviert hatte, denn es erklärte allen Menschen, die es lesen würden, wer und was diese Frau war. Es war ein geheimnisvoller Name, der dort geschrieben stand, wie es in der koptischen Version des Neuen Testaments heißt,[8] und der allen Menschen sagte, dass dies Babylon die Große war, die Verkörperung des Reiches des Antichristen. Und wie sie selbst den Herrn ihrer Jugend verlassen hatte, so war sie nun die Mutter aller anderen ehebrecherischen und götzendienerischen Völker der Welt und die Mutter aller größten Gräuel auf der Erde geworden.

    Der ekelhafte Eindruck des Bildes wird durch den letzten Teil der Beschreibung noch verstärkt: Und ich sah das Weib trunken von dem Blut der Heiligen und von dem Blut der Märtyrer Jesu, und ich verwunderte mich, als ich sie sah, mit großem Erstaunen (großem Erstaunen). Das Reich des Antichristen ist die Hure des Teufels, und da er von Anfang an ein Mörder ist, hat sie sich ihm angeschlossen, um das Blut der Heiligen und der Zeugen Christi zu vergießen, bis sie sich aufgrund der großen Menge an Blut, die sie verzehrt hat, in einem ständigen Zustand der Trunkenheit befindet. Kein Wunder, dass Johannes von dem schrecklichen Aussehen der Frau fasziniert war. Jes. 1,21.

 

    Das Geheimnis des Weibes (V. 7-8): Der Engel bemerkte die entsetzte Verwunderung auf dem Gesicht des Johannes und beeilte sich, ihn aufzuklären: Und der Engel sprach zu mir: Weshalb hast du dich gewundert? Ich will dir das Geheimnis des Weibes und des Tieres sagen, das sie trägt und sieben Häupter und zehn Hörner hat. Der Engel selbst nimmt sich vor, dem Seher zu erklären, was er nicht erraten oder erklären konnte, das Geheimnis der großen Hure und des Tieres zu enthüllen, das als Lasttier für ihre Schamlosigkeit und die Abscheulichkeiten ihres Schmutzes diente.

    Der Engel erklärt nun zunächst die Bedeutung des Tieres: Das Tier, das du gesehen hast, war und ist nicht und wird aus dem Abgrund aufsteigen und in die Verdammnis fahren; und es werden sich wundern, die auf Erden wohnen, deren Name nicht geschrieben steht im Buch des Lebens von Grundlegung der Welt an, wenn sie das Tier sehen, das da war und nicht ist und doch gegenwärtig ist. Hier ist der erste Schritt zur Lösung des Geheimnisses, das die Hure, das Reich des Antichristen, mit dem Tier, dem Römischen Reich, in Verbindung bringt. Denn das Römische Reich, auf dem die Kirche des Antichristen sitzt, ist an sich eine Fortsetzung des antiken römischen Weltreichs. Denn dieses war vor dem Reich des Antichristen; dann ging es 476 unter, als die germanischen Horden Rom eroberten; dann stieg es zur großen Überraschung aller, die sein Zeichen an der Stirn tragen, wieder aus dem Abgrund hervor; es wurde durch die Reformation in seiner ganzen Scheußlichkeit enthüllt und hat seinen uneingeschränkten Einfluss verloren; und dennoch ist es bis zum heutigen Tag vorhanden, wobei es am letzten Tag zum ewigen Verderben bestimmt ist.

 

    Die Erklärung der Häupter, der Tiere und der Hörner (V. 9-14): Wie der Engel Johannes sagt, ist es nicht leicht, das hier offenbarte Geheimnis zu verstehen: Hier ist der Verstand, der Weisheit hat. Hier ist Arbeit für den erkennenden Verstand, um zu erkennen, was die Bedeutung der verschiedenen Merkmale auf dem Bild ist. Er erklärt: Die sieben Köpfe sind sieben Berge, auf denen die Frau sitzt. Die Stadt der sieben Hügel wird Rom genannt, und so ist dieser Hinweis auf die Kirche des Antichristen, auf die Kirche von Rom, klar; denn Rom war von Anfang an der Sitz des Papstes, und alle Anhänger des Papsttums erkennen Rom als die Hauptstadt ihres Reiches an.

    Aber es gibt auch eine andere Auslegung: Das Römische Reich wird hier als die Fortsetzung der alten Weltreiche verstanden, von denen fünf untergegangen waren: das ägyptische, das assyrische, das babylonische, das persische und das griechisch-mazedonische. Zu der Zeit, als Johannes schrieb, war das Römische Reich an der Macht. Und was den siebten Herrscher und das siebte Reich betrifft, so ist dieser zweifellos im christianisierten Römischen Reich zu finden, im Reich des Antichristen. Der päpstliche Staat war zwar nicht von großer Ausdehnung, aber die Herrschaft des Papstes reichte während der tausend Jahre seines Reiches weit über die Grenzen seiner Provinz hinaus, und sein Einfluss und seine Autorität sind im Leben der Völker noch immer offensichtlich. Diese Tatsache wird auch im nächsten Vers deutlich: Und das Tier, das war und nicht ist, ist selbst das achte und ist von den sieben und geht ins Verderben. Es ist also die sogenannte geistliche Macht des Papsttums, auf die hier angespielt wird, deren weltliches Reich heute ein zu vernachlässigender Faktor ist und die noch als Reich anerkannt werden will.

    Auf welche Weise das Papsttum seine Macht ausübt, wird als nächstes angedeutet: Und die zehn Hörner, die du gesehen hast, sind zehn Könige, die noch kein Reich empfangen haben; aber sie werden Macht als Könige empfangen für eine Stunde mit dem Tier. Diese sind eines Sinnes und geben dem Tier ihre Kraft und ihre Macht. Hier wird auf die zehn großen Provinzen verwiesen, in die das Römische Reich aufgeteilt war. Zur Zeit der Vision des Johannes waren diese Provinzen noch nicht unabhängig, aber sie wurden später autonom und hatten ihre eigenen Herrscher. Ihre Erben und Nachfolger sind heute praktisch in der ganzen Welt zu finden. Und für die große Mehrheit der Herrscher und Staaten gilt, dass sie direkt oder indirekt die Sache des Tieres, des Antichristen, gefördert haben. Wie unterschiedlich sie auch sonst sein mögen, in ihrer Bewunderung für das Papsttum sind sie sich alle gleich, und sie stellen sich mehr oder weniger direkt in die Macht des Antichristen, um als Werkzeug des Papstes benutzt zu werden.

    Der Höhepunkt wird im nächsten Vers erreicht: Diese werden mit dem Lamm Krieg führen, und das Lamm wird sie besiegen, denn es ist der Herr der Herren und der König der Könige, und mit ihm sind die Berufenen und Auserwählten und die Gläubigen. Es ist nicht nur ein Verteidigungsbündnis, das die Herrscher der Welt mit dem Antichristen geschlossen haben, sondern auch eine Koalition für offensive Taktiken. Immer wieder haben sich nicht nur römische Fürsten und Herrscher, sondern auch solche, die sich zum protestantischen Glauben bekennen, zu Werkzeugen Roms gemacht und versucht, die wahre Verkündigung des Evangeliums mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterdrücken. Aber was werden ihre armseligen Versuche am Ende nützen? Wenn sie gegen das Lamm, den König der Könige und den Herrn der Herren, Krieg führen, ist ihr Ende unausweichlich die Vernichtung. Und indem das Lamm diese Feinde stürzt, schützt es ganz nebenbei die Seinen, die, die es berufen hat, die, die es erwählt hat, die, die ihm bis zum Ende treu sind.

 

    Der Schlussteil der Erklärung (V. 15-18): Der Engel nimmt hier seine Auslegung wieder auf, um bestimmte Merkmale des oben gezeigten Bildes zu erklären: Und er spricht zu mir: Die Wasser, die du gesehen hast, auf denen die Hure sitzt, das sind Völker und Scharen und Nationen und Sprachen. Der Engel beschreibt die Kirche des Papstes treffend als die große Hure, die auf vielen Wassern sitzt, d.h. als eine, die einen stolzen Thron über viele Völker und Scharen und Nationen und Sprachen innehat, sie durch ihre Macht beherrscht und sie zur Unzucht ihres Götzendienstes verführt.

    Und nun wird eine besondere Tatsache festgestellt: Und die zehn Hörner, die du gesehen hast, und das Tier, die werden die Hure hassen und sie verwüsten und nackt ausziehen und ihr Fleisch fressen und sie mit Feuer verbrennen; denn Gott hat ihnen ins Herz gegeben, seine Absicht auszuführen und ihren einzigen Vorsatz zu verwirklichen und ihr Reich dem Tier zu geben, bis die Worte Gottes erfüllt sind. Es ist eine merkwürdige Tatsache, die aber durch viele Seiten der Geschichte hinreichend bestätigt wird, dass gerade die Herrscher und Fürsten, die mit dem Tier Macht und Autorität erhielten, sich zu bestimmten Zeiten gegen die Herrschaft des Antichristen wandten, besonders was seine Einmischung in weltliche Angelegenheiten betrifft. Schon vor der Reformation wurde mehr als ein Jahrhundert lang gegen die Usurpation der römischen Hierarchie geklagt, und eine Reihe von Konzilien versuchte, die Dinge zu regeln. Und seit der Reformation haben viele der Herrscher der Welt trotz ihrer äußerlichen Verbundenheit mit der Kirche von Rom ihre Institutionen geplündert, sie ihrer weltlichen Macht und ihrer Güter beraubt und sie relativ mittellos und hilflos zurückgelassen. Sogar das eigene zeitliche Reich des Papstes, ein Stück Land in Italien, wurde ihm genommen, und er sitzt nun in seinem riesigen Palast, dem Vatikan, und nennt sich selbst einen Gefangenen. Das war eine Phase des Gerichts Gottes über das antichristliche Tier; diese Herrscher führten die Absicht und den Vorsatz aus, den er ihnen ins Herz gelegt hatte.

    Aber die Macht des Antichristen ist noch lange nicht erschöpft: Und die Frau, die du gesehen hast, ist die große Stadt, die über die Reiche der Erde herrscht. Das Endgericht ist also noch nicht über die Kirche von Rom, über das Reich des Antichristen, gekommen. Rom ist immer noch ein sehr mächtiges Reich, mit dem man rechnen muss; es hat immer noch königliche Autorität über viele Herrscher der Welt; es ist immer noch in der Lage, sich mit dem Schmuck seines götzendienerischen und ehebrecherischen Handels zu schmücken, und es gibt viele Tausende, die von diesem Prunk beeindruckt sind und ihren Bitten nachgeben. Möge Gott gnädig seine schützende Hand über alle wahren Christen halten!

 

Zusammenfassung: Die Kirche des Antichristen wird ausführlich im Bild einer großen Hure beschrieben, die zeitliche und geistliche Macht in einer Autorität vereint, die sich sogar über die Herrscher der Welt erstreckt, obwohl diese Vasallen sie wiederholt ihrer Macht und ihres Reichtums beraubt haben.

 

 

Kapitel 18

 

Der Fall und die Zerstörung des antichristlichen Reiches (18,1-24)

1 Und danach sah ich einen anderen Engel niederfahren vom Himmel, der hatte eine große Macht, und die Erde wurde erleuchtet von seiner Klarheit. 2 Und er schrie aus Macht mit großer Stimme und sprach: Sie ist gefallen, sie ist gefallen, Babylon, die große, und eine Behausung der Teufel geworden und ein Behältnis aller unreinen Geister und ein Behältnis aller unreinen und feindseligen Vögel. 3 Denn von dem Wein des Zorns ihrer Hurerei haben alle Heiden getrunken; und die Könige auf Erden haben mit ihr Hurerei getrieben, und ihre Kaufleute sind reich geworden von ihrer großen Wollust.

    4 Und ich hörte eine andere Stimme vom Himmel, die sprach: Geht aus von ihr, mein Volk, dass ihr nicht teilhaftig werdet ihrer Sünden, auf dass ihr nicht empfangt etwas von ihren Plagen; 5 Denn ihre Sünden reichen bis in den Himmel, und Gott denkt an ihren Frevel. 6 Bezahlt sie, wie sie euch bezahlt hat, und macht’s ihr zwiefältig nach ihren Werken; und mit welchem Kelch sie euch eingeschenkt hat, schenkt ihr zweifältig ein. 7 Wieviel sie sich herrlich gemacht und ihren Mutwillen gehabt hat, so viel schenkt ihr Qual und Leid ein. Denn sie spricht in ihrem Herzen: Ich sitze und bin eine Königin und werde keine Witwe sein, und Leid werde ich nicht sehen. 8 Darum werden ihre Plagen auf einen Tag kommen, der Tod, Leid und Hunger; mit Feuer wird sie verbrannt werden. Denn stark ist Gott der HERR, der sie richten wird.

    9 Und es werden sie beweinen und sich über sie beklagen die Könige auf Erden, die mit ihr gehurt und Mutwillen getrieben haben, wenn sie sehen werden den Rauch von ihrem Brand. 10 Und werden von ferne stehen vor Furcht ihrer Qual und sprechen: Wehe, wehe, die große Stadt Babylon, die starke Stadt! Auf eine Stunde ist dein Gericht kommen. 11 Und die Kaufleute auf Erden werden weinen und Leid tragen bei sich selbst,  dass ihre Ware niemand mehr kaufen wird, 12 die Ware des Goldes und Silbers und Edelsteine und die Perlen und kostbare Leinen, Purpur, Seide und Scharlach und allerlei wohlriechendes Holz und allerlei Gefäße von Elfenbein und allerlei Gefäße von köstlichem Holz und von Erz und von  Eisen und von Marmor 13  und Zimt und Thymian und Salben und Weihrauch und Wein und Öl und Feinmehl und Weizen und Vieh und Schafe und Pferde und Wagen und Leichname und  Seelen der Menschen. 14 Und das Obst, daran deine Seele Lust hatte, ist von dir gewichen; und alles, was völlig und herrlich war, ist von dir gewichen; und du wirst solches nicht mehr finden.

    15 Die Kaufleute solcher Ware, die von ihr sind reich worden, werden von fern stehen vor Furcht ihrer Qual, weinen und klagen 16 und sagen: Wehe, wehe! die große Stadt, die bekleidet war mit kostbarem Leinen und Purpur und Scharlach und übergoldet war mit Gold und Edelsteinen und Perlen! 17 Denn in einer Stunde ist verwüstet solcher Reichtum. Und alle Schiffsherren und der Haufe, die auf den Schiffen hantieren, und Schiffsleute, die auf dem Meer hantieren, standen von fern 18 und schrien, da sie den Rauch von ihrem Brand sahen, und sprachen: Wer ist gleich der großen Stadt? 19 Und sie warfen Staub auf ihre Häupter und schrien, weinten und klagten und sprachen: Wehe, wehe! die große Stadt, in welcher reich geworden sind alle, die da Schiffe im Meer hatten, von ihrer Ware! Denn in einer Stunde ist sie verwüstet. 20 Freue dich über sie, Himmel und ihr heiligen Apostel und Propheten! Denn Gott hat euer Urteil an ihr gerichtet.

    21 Und ein starker Engel hob einen großen Stein auf wie einen Mühlstein warf ihn ins Meer und sprach: So wird mit einem Sturm verworfen die große Stadt Babylon und nicht mehr gefunden werden. 22 Und die Stimme der Sänger und Saitenspieler, Pfeifer und Posaunen soll nicht mehr in dir gehört werden; und kein Handwerksmann irgendeines Handwerks soll mehr in dir gefunden werden; und die Stimme der Mühle soll nicht  mehr in dir gehört werden; 23 und das Licht der Leuchte soll nicht mehr in dir leuchten; und die Stimme des Bräutigams und der Braut soll nicht mehr in dir gehört werden; denn  deine Kaufleute waren Fürsten auf Erden; denn durch deine Zauberei sind verirrt worden alle Heiden. 24 Und das Blut der Propheten und der Heiligen ist in ihr gefunden worden und aller derer, die auf Erden erwürgt sind.

 

    Die Ankündigung des Engels (V. 1-3): Dieser ganze Absatz erinnert an Kap. 14 6.7, wo ein Engel in der Mitte des Himmels fliegt: Darnach sah ich einen anderen Engel aus dem Himmel herabsteigen, der hatte große Macht, und die Erde wurde von seiner Herrlichkeit erleuchtet. Der Hinweis bezieht sich zweifellos auf Luther und seine Mitarbeiter im großen Werk der Reformation. Das Evangelium, das sie einmal mehr verkündeten, war nicht ihr eigenes, sondern die Botschaft Gottes vom Himmel und daher voller Kraft. Diese Bewegung geschah auch nicht im Verborgenen, sondern das Predigen und Schreiben dieser Männer Gottes geschah vor der ganzen Welt und gab allen Menschen, die die reine Heilslehre annahmen, wahres geistiges Licht.

    Die spezifische Botschaft des Engels bei dieser Gelegenheit wird von dem Propheten aufgezeichnet: Und er rief mit großer Stimme und sprach: Gefallen, gefallen ist Babylon, die Große, und ist eine Behausung der Dämonen geworden und ein Hort aller unreinen Geister und ein Hort aller unreinen und ekelhaften Vögel; denn von dem Wein des Zorns ihrer Hurerei haben alle Völker getrunken, und die Könige der Erde haben mit ihr gehurt, und die Kaufleute der Erde sind reich geworden durch die Macht ihres Luxus. Das war die Wirkung der Verkündigung des reinen Evangeliums auf das Reich des Antichristen, insbesondere auf den Papst und seine Hierarchie. Geistig ist das Reich des Papstes niedergeworfen worden; seine geistliche Schau ist ihm genommen worden, seine Magie ist nicht mehr so wirksam wie früher. Allen Gläubigen, die nicht willentlich die Augen verschließen, ist die wahre Natur der römischen Kirche als solche offenbart worden. Seitdem die Papstkirche offiziell die Verkündigung des reinen Evangeliums abgelehnt und sich zu den grundlegenden Irrtümern bekannt hat, die sich im Mittelalter in die Kirche eingeschlichen haben, hat die Papstkirche als solche ihr Herz verhärtet, ist verstockt gegen jede wahre Reform. Sie ist zur Behausung von Teufeln, unreinen Geistern und abscheulichen Vögeln geworden, wie die Propheten den Zustand aller antichristlichen Körper beschreiben, Jes. 13,21.22; 34,14; Jer. 50,39; 51,8.38. Und das ist eine gerechte Strafe Gottes über das Reich des Antichristen, denn die vorsätzliche Schuld dieser Kirche als solche ist so groß, dass man sie nicht hinreichend beschreiben kann. Sie hat mehr für die Verbreitung der antichristlichen Werklehre getan als irgendeine andere Organisation in der Welt, indem sie vor allem versucht hat, Einfluss auf die Großen und Mächtigen in der Welt zu gewinnen, um sie auf die Wege des Götzendienstes zu führen und sie zu ihren willigen Dienern zu machen. Und was die Kaufleute der Erde betrifft, einschließlich vieler ihrer eigenen hohen Beamten, so haben der Luxus und der Prunk dieser Kirche ihnen unermesslichen Reichtum gebracht. Der Name Gottes, den die Kirche des Papstes fromm gebrauchte, wurde und wird zum Köder für die Unvorsichtigen gemacht, und der Zorn des eifrigen Gottes ist bis zum Äußersten erregt.

 

    Die warnende Stimme vom Himmel (V. 4-8): Dieser Abschnitt erinnert stark an die so genannten Rachepsalmen, in denen der Zorn Gottes in furchtbarem Ausmaß über seine Feinde ausgegossen wird. Die Stimme des Herrn folgt auf die Stimme des Engels: Und ich hörte eine andere Stimme aus dem Himmel, die sprach: Gehet aus von ihr, mein Volk, dass ihr nicht schuldig werdet an ihren Sünden und nicht empfanget von ihren Plagen; denn ihre Sünden häufen sich bis an den Himmel, und der Herr hat ihre Missetaten ins Gedächtnis gerufen. Vergeltet ihr, wie sie euch vergolten hat, und vergeltet ihr doppelt und dreifach nach ihren Werken; in dem Becher, den sie gemischt hat, mischt ihr doppelt. Dies ist eine erschreckende Anklage, deren richtiges Verständnis vielen Menschen die Augen öffnen sollte. Rom hat Sünde auf Sünde angehäuft, in einem Haufen, der jetzt bis zum Himmel reicht; es hat sich so vieler Ungerechtigkeiten schuldig gemacht, dass es dem Herrn unmöglich ist, die Situation zu ignorieren. Sein Warnruf ergeht daher an alle, die äußerlich mit dieser Kirche verbunden sind, aber die Tiefe der Verderbtheit, die ihre Organisation darstellt, nicht erkennen, dass sie ihre Organisation verlassen sollen; denn wenn sie in ihrer Verbindung mit ihr bleiben, werden sie der gleichen Strafe ausgesetzt, die sie treffen wird, da ihre Verbindung mit ihr sie ihrer Sünden schuldig macht. Gott wird sie mit einer furchtbaren doppelten Strafe richten und bestrafen; und wehe allen, die sich in ihrer Gesellschaft befinden! Der Herr will keine falsche Sympathie mit der Kirche des Antichristen, zu der viele in unseren Tagen neigen; er will, dass das Zeugnis gegen die große Hure doppelt so stark wird, damit die Menschen überall erkennen, was der Kelch der Abscheulichkeiten in ihrer Hand wirklich ist, nämlich die Summe aller götzendienerischen Praktiken, die je gegen die Heiligkeit des Herrn erfunden worden sind.

    Das wird auch in den nächsten Versen deutlich: Wie sie sich selbst verherrlicht und ein ausschweifendes Leben geführt hat, so wird sie gequält und geplagt; denn in ihrem Herzen sagt sie: Ich sitze als Königin und bin keine Witwe und kenne keinen Kummer. Darum werden ihre Plagen auf einen Tag kommen, Tod und Leid und Hungersnot, und sie wird mit Feuer verbrannt werden; denn stark ist Gott der Herr, der sie richtet. Hier zeigt sich, dass die Strafe, obwohl sie bis zu einem gewissen Grad von Menschen als Gottes Werkzeugen ausgeführt wird, gänzlich göttlich ist und keine persönliche Rache seitens der Menschen beinhaltet. In der großen Hure gibt es nicht den geringsten Anflug von Reue; sie rühmt sich immer noch, sie setzt ihr luxuriöses, ausschweifendes Leben fort, ihre Pracht- und Machtentfaltung ist so groß wie immer. Sie rühmt sich auch heute noch, die Königin der Welt zu sein, und dass sie, die Kirche von Rom, die einzige rettende Kirche ist. Ihre bloße Existenz ist eine Lästerung Jesu Christi, denn sie ist die Kirche des Antichristen. Aber der Tag und die Stunde ihres endgültigen Gerichts sind schon jetzt im Ratschluss des Herrn festgelegt; an einem Tag, dem Tag der Rache Gottes, werden alle Plagen über sie hereinbrechen, Tod, Leid, Hunger und Feuer; die gewaltige Macht des Herrn wird in seinem Gericht offenbar werden.

 

    Die Beschreibung der Verwüstung (V. 9-14): So ist das Gericht des Herrn, von dem in Kap. 17,16.17 angekündigt wurde, bereits eingetreten, wie es hier mit großer dramatischer Kraft geschildert wird: Und die Könige der Erde, die mit ihr Unzucht getrieben und ein ausschweifendes Leben geführt haben, werden über sie schreien und jammern, wenn sie den Rauch ihres Brandes sehen, und aus Furcht vor ihrer Qual in der Ferne stehen und sagen: Weh und weh, die große Stadt, Babylon, die mächtige Stadt! Denn in einer Stunde ist dein Untergang gekommen. Dieselben Herrscher und Könige, die als Werkzeuge Gottes die Bestrafung des antichristlichen Reiches herbeigeführt haben, waren auch die Gefährten der großen Hure in ihren Sünden. Sie selbst haben das Feuer der Zerstörung Roms angezündet, aber wenn sie den Rauch ihres Brandes sehen, erschrecken sie und ziehen es vor, in sicherer Entfernung zu bleiben, da ihr Gewissen sie auf ihre Schuld hinweist. Das Wehklagen der Mächtigen der Erde ist in den letzten vierhundert Jahren immer wieder erklungen, wenn die Macht des Antichristen einen schweren Rückschlag erlitten hatte. Die große und mächtige Stadt, die allen Feinden die Stirn geboten hat, ist besiegt, ihre eigentliche Macht ist für immer gebrochen. Das Verhängnis eines Stärkeren als sie ist über sie hereingebrochen, und sie wird ihr ursprüngliches Ansehen nie wieder erlangen.

    Aber der Untergang der päpstlichen Macht trifft eine andere Klasse von Menschen noch schlimmer: Und die Kaufleute der Erde weinen und trauern über sie, weil ihre Ware nicht mehr gekauft wird, die Ware aus Gold und Silber und Edelsteinen und Perlen; und feines Leinen und Purpur und Seide und Scharlach und alle Arten von Zitronenholz und allerlei Gefäße aus Elfenbein und allerlei Gefäße aus kostbarem Holz und aus Erz und Eisen und aus Marmor und Zimt und Balsam und Gewürze und Myrrhe und Weihrauch und Wein und Öl und feinstes Mehl und Weizen und Rinder und Schafe und einige Pferde und Wagen und Sklaven und die Seelen der Menschen; und die Frucht des Begehrens deiner Seele ist von dir gewichen, und alles Üppige und Prächtige ist von dir gewichen, und man wird es nicht mehr finden. Es liegt eine bewusste Ironie in der langen Aufzählung der Dinge, die das Herz der großen römischen Hure erfreut haben, die sie zum Gegenstand ihrer Begierde gemacht hat, die ihre Kaufleute, ihre Vasallen, die Männer, die mit diesen Dingen zu ihrer eigenen Bereicherung gehandelt haben, nun als für immer verloren beklagen. Denn der Besitz vieler dieser Dinge ist an sich nicht verwerflich; er ist nur bei der Kirche des Antichristen zur Sünde geworden wegen des sündhaften Gebrauchs, den man mit diesen Dingen getrieben hat. Der Prunk, die verschwenderische Zurschaustellung der Herrlichkeit, die Rom überall dort ausübt, wo es Fuß fasst, erfordert solche kostspieligen und luxuriösen Dinge; wenn ihr also diese Macht genommen wird, bedeutet das einen Verlust für die intriganten Mitglieder der Hierarchie und andere Kriecher, die unter der fürsorglichen Obhut ihrer geistlichen Mutter, der Kirche von Rom, reich werden und in Luxus leben. Aber der Höhepunkt wird in dem Seelenhandel erreicht, der in dieser Kirche betrieben wird, indem die einfache Lehre des Glaubens an die Erlösung durch Christus weggenommen und durch von Menschen gemachte Lehren ersetzt wird, insbesondere durch die Lehre von der Erlösung durch Werke, und in der Täuschung, die jedes Jahr Tausende von jungen Männern und Frauen in Klöster und Nonnenklöster bringt, in der vergeblichen Hoffnung, dass sie dadurch den Himmel und seine Herrlichkeit verdienen.

 

    Diese Dinge sind so bedeutend, dass sie besonders behandelt werden (V. 15-20): Wie die Könige und Herrscher vor ihnen, so beklagen hier die Kaufleute den Untergang des antichristlichen Reiches, das ihnen stets einen so lukrativen Handel geboten hat: Die Händler, die sich an ihr bereichert haben, stehen aus Furcht vor ihrer Qual in der Ferne, weinen und klagen und sagen: Weh und weh, die große Stadt, die mit feinem Leinen und Purpur und Scharlach gekleidet und mit Gold und Edelsteinen und Perlen geschmückt war! Denn in einer Stunde ist ein so großer Reichtum verödet worden. All dies ist nicht auf bloße äußere Sympathie zurückzuführen, sondern sie sind in den Bankrott der großen Hure einbezogen. Sie haben die Ware für ihren sündigen und gottlosen Handel geliefert und sind daher zwangsläufig an dem Schaden beteiligt, der ihr entsteht. Gleichzeitig hält sie ihr Egoismus dazu an, sich von ihr fernzuhalten, damit man sie nicht mit ihr identifiziert, deren Verwüstung so offensichtlich geworden ist.

    Schließlich gesellt sich zu ihrem Wehklagen noch eine andere Klasse von Menschen, die durch den Verkehr Roms reich geworden ist: Und alle Schiffer und alle Seefahrer und Matrosen und alle, die auf dem Meer zu tun haben, standen in der Ferne und weinten, als sie den Rauch ihrer Verbrennung sahen, und sagten: Wer ist der großen Stadt gleich? Und sie warfen Staub auf ihre Häupter und schrien, weinten und klagten und sprachen: Weh und weh, die große Stadt, in der alle, die Schiffe auf dem Meer haben, durch ihre teuren Gewohnheiten reich geworden sind! Denn in einer Stunde ist sie wüst geworden. Diese Szene erinnert stark an die Zerstörung der großen Handelsstadt Tyrus, Hes. 27,32, denn auch das antichristliche Rom wird so dargestellt, als säße es auf großen Gewässern und mache große Geschäfte in allen Teilen der Welt. Kein Wunder, dass Schiffer und Seeleute und alle, die auf dem Meer tätig sind, den Verlust von Geschäften sehr stark empfinden, wenn die Macht Roms schwindet, dass sie sich zu den äußersten Beteuerungen des Kummers hinreißen lassen und den Untergang der Stadt beklagen, deren luxuriöse Neigungen und teure Gewohnheiten für sie eine Quelle großen Gewinns waren.

    In scharfem Kontrast zu diesen selbstsüchtigen Klagen und Wehklagen steht der triumphale Ausruf, der hier eingefügt ist: Freut euch über sie, o Himmel und Heilige und Apostel und Propheten, denn Gott hat sie mit eurem Urteil gerichtet. Der Sieg liegt immer beim Herrn und bei all denen, die ihm treu sind, und so feiert der Himmel den Triumph über die große Hure, über das Reich des Antichristen. Und nicht nur Gott und die ganze Heerschar des Himmels sind hier zur Freude aufgerufen, sondern auch die Apostel und Propheten, denn ihre ernste Lehre und Warnung richtete sich gegen alle antichristliche Lehre und Tätigkeit, die sich schließlich im Reich des Antichristen zuspitzte. Durch den Fall Roms sind sie gerächt worden, sie sind gerechtfertigt worden, sie sind durch Gottes Rache an der großen Hure zu ihrem Recht gekommen.

 

    Die Strafe wird vollendet (V. 21-24): Hier schildert der Seher den unausweichlichen Untergang, die totale und schreckliche Verwüstung: Und ein mächtiger Engel hob einen Stein auf wie einen Mühlstein und warf ihn ins Meer und sprach: So wird Babylon, die große Stadt, mit Gewalt niedergeworfen und nicht mehr gefunden werden; und die Stimme der Harfenspieler und Spielleute und Flötenspieler und Trompeter soll nicht mehr in dir gehört werden, und alle Handwerker aller Art sollen nicht mehr in dir gefunden werden, und das Geräusch des Mühlsteins soll nicht mehr in dir gehört werden, und das Licht der Lampe soll nicht mehr in dir scheinen, und die Stimme von Bräutigam und Braut soll nicht mehr in dir gehört werden, weil deine Kaufleute die Großen der Erde waren, weil durch deine Beschwörungen alle Völker verführt wurden und in ihr das Blut von Propheten und Heiligen und von allen, die auf Erden erschlagen worden sind, gefunden wurde. Das ist das Urteil des Verhängnisses, das in Form eines rhythmischen Liedes vorgetragen und durch eine symbolische Handlung eingeleitet wird, die der in Jer. 51,63.64 ähnelt. Das Urteil über die große Stadt, das geistliche Babylon, das Reich des Antichristen, ist besiegelt; der Schlag, den die Reformation ihr versetzte, war so stark, dass sie für immer niedergeschlagen wurde. Ganz gleich, welche Anstrengungen das Papsttum unternimmt, um seine frühere absolute Herrschaft in der Welt wiederzuerlangen, alle diese Versuche müssen zum Scheitern verurteilt sein. Die Herrlichkeit, die es einst innehatte, ist ihm für immer abhanden gekommen. Die Sünden des geistlichen Ehebruchs, des Götzendienstes und der Zaubersprüche, mit denen Rom die Mächtigen der Erde zu verführen vermochte, das Blut, das es in den mehr als tausend Jahren seines Bestehens vergossen hat, rufen den Fluch des Herrn, seine ewige Verdammnis auf es herab.

 

Zusammenfassung: Der Fall und die Zerstörung des Reiches des Antichristen wird hier ausführlich beschrieben, zusammen mit dem Wehklagen der Herrscher und Kaufleute und Schiffer, die durch den Handel mit ihren Gütern und Luxusgütern reich geworden sind, während der Himmel über die Rechtfertigung der Märtyrer, Propheten und Apostel jubelt.

 

 

Kapitel 19

 

Der Triumph der Erwählten im Himmel (19,1-21)

    1 Danach hörte ich eine Stimme großer Scharen im Himmel, die sprachen: Halleluja! Heil und Preis, Ehre und Kraft sei Gott, unserm HERRN! 2 Denn wahrhaftig und gerecht sind seine Gerichte, dass er die große Hure verurteilt hat, welche die Erde mit ihrer Hurerei verderbt, und hat das Blut seiner Knechte von ihrer Hand gerächt. 3 Und sprachen erneut: Halleluja! Und der Rauch geht auf ewig. 4 Und die vierundzwanzig Ältesten und die vier Tiere fielen nieder und beteten an Gott, der auf dem Stuhl saß, und sprachen: Amen Halleluja!

    5 Und eine Stimme ging von dem Stuhl: Lobt unseren Gott, alle seine Knechte, und die ihn fürchten, beide, klein und groß! 6 Und ich hörte eine Stimme einer großen Schar und wie eine Stimme großer Wasser und wie eine Stimme starker Donner, die sprachen: Halleluja! Denn der allmächtige Gott hat das Reich eingenommen. 7 Lasst uns freuen und fröhlich sein und ihm die Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Frau hat sich bereitet. 8 Und es wurde ihr gegeben, sich anzutun mit reiner und schöner Seide. (Die Seide aber ist die Gerechtigkeit der Heiligen.) 9 Und er sprach zu mir: Schreibe: Selig sind, die zum Abendmahl des Lammes berufen sind. Und er sprach zu mir: Dies sind wahrhaftige Worte Gottes. 10 Und ich fiel vor ihn zu seinen Füßen, ihn anzubeten. Und er sprach zu mir: Siehe zu, tu es nicht; ich bin dein Mitknecht und deiner Brüder und derer, die das Zeugnis Jesu haben. Bete Gott an! (Das Zeugnis aber Jesu ist der Geist der Weissagung.)

    11 Und ich sah den Himmel aufgetan; und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf saß, hieß Treu und Wahrhaftig und richtet und streitet mit Gerechtigkeit. 12 Und seine Augen sind wie eine Feuerflamme, und auf seinem Haupt viele Kronen; und hatte einen Namen geschrieben, den niemand wusste als er selbst. 13 Und er war angetan mit einem Kleid, das mit Blut besprengt war; und sein Name heißt Gottes Wort. 14 Und ihm folgte nach das Heer im Himmel auf weißen Pferden, angetan mit weißer und reiner Seide. 15 Und aus seinem Mund ging ein scharfes Schwert, dass er damit die Heiden schlüge; und er wird sie regieren mit der eisernen Rute. Und er tritt die Kelter des Weins des grimmigen Zornes des allmächtigen Gottes. 16 Und hat einen Namen geschrieben auf seinem Kleid und auf seiner Hüfte so: Ein König aller Könige und ein HERR aller Herren.

    17 Und ich sah einen Engel in der Sonne stehen; und er schrie mit großer Stimme und sprach zu allen Vögeln, die unter dem Himmel fliegen: Kommt und versammelt euch zu dem Abendmahl des großen Gottes, 18 dass ihr esst das Fleisch der Könige und der Hauptleute und das Fleisch der Starken und der Pferde und derer, die darauf sitzen, und das Fleisch aller Freien und Knechte, beide, der Kleinen und der Großen. 19 Und ich sah das Tier und die Könige auf Erden und ihre Heere versammelt, Streit zu halten mit dem, der auf dem Pferd saß, und mit seinem Heer. 20 Und das Tier wurde gegriffen und mit ihm der falsche Prophet, der die Zeichen tat vor ihm, durch welche er verführte, die das Malzeichen des Tieres nahmen, und die das Bild des Tieres anbeteten; lebendig wurden diese beide in den feurigen Pfuhl geworfen, der mit Schwefel brannte. 21 Und die andern wurden erwürgt mit dem Schwert des, der auf dem Pferd saß, das aus seinem Mund ging. Und alle Vögel wurden satt von ihrem Fleisch.

 

    Die Hymne auf den Herrn im Himmel (V. 1-4): Der Gedanke, der im vorangegangenen Kapitel, V. 20, nur angedeutet wurde, wird hier in einer Szene, die den endgültigen Triumph der Kräfte des Lichts und der Gerechtigkeit darstellt, ausführlich ausgeführt: Danach hörte ich eine Stimme, die einer großen Schar im Himmel glich, die rief: Halleluja! Das Heil und die Herrlichkeit und die Macht sind unseres Gottes; denn wahrhaftig und gerecht sind seine Gerichte, denn er hat die große Hure gerichtet, die die Erde mit ihrer Hurerei verderbt hat, und er hat das Blut seiner Knechte an ihrer Hand gerächt. Die Herrlichkeit des Jüngsten Tages wird hier vorweggenommen. Wie das Volk einer Nation den zurückkehrenden Eroberern mit Siegesgeschrei entgegenzieht, so brechen die Scharen der vollendeten Heiligen bei der Rückkehr des siegreichen Herrn der Heerscharen in Triumphgesänge aus. Die Rettung der Heiligen lag in seinen Händen, und er hat sie durch die mächtige Manifestation seiner Gnade gewirkt. Und so gehören alle Herrlichkeit und Macht unserem Herrn allein in alle Ewigkeit. Seine Gerichte, seine Urteile sind wahr, sie sind in Übereinstimmung mit seinen Verheißungen ergangen, und sie sind gerecht, denn die Herrscher des antichristlichen Reiches hatten jede Gelegenheit, die Irrtümer ihres Weges einzusehen und zur Wahrheit zurückzukehren, aber sie weigerten sich absichtlich und luden damit den Zorn des Herrn ein. Für die zahllosen Seelen, die die große römische Hure mit ihrem Götzendienst verderbte, und für das Leben weiterer Tausender, deren Blut sie vergoss, wird sie am Jüngsten Tag eine scharfe Rechnung zu begleichen haben.

    Das Triumphlied wird von den Sängern und den Ältesten angestimmt: Und zum zweiten Mal riefen sie: Halleluja! Und ihr Rauch steigt auf für immer und ewig. Und die vierundzwanzig Ältesten und die vier Lebewesen fielen nieder und beteten Gott an, der auf dem Thron sitzt, und sprachen: Amen, Halleluja! Die große Hure wird in den Abgrund von Feuer und Schwefel geworfen, um in Ewigkeit mit Feuer verbrannt zu werden, Kap. 18, 8. Und diese Tatsache veranlasst sowohl die Ältesten, die die Kirche Gottes repräsentieren, als auch die vier Cherubim, die als seine Diener und Boten fungierten, in einem Akt der Anbetung vor dem Thron Gottes niederzufallen und in endlosem Refrain ihren Lobgesang zu wiederholen: Amen, Halleluja; Gott allein sei alles Lob und alle Herrlichkeit, in alle Ewigkeit!

 

     Die Stimme aus dem Thron (V. 5-10): Der Lobgesang auf die Vernichtung der großen Hure wird in Form von antiphonalen Gesängen vorgetragen: Und eine Stimme ging aus von dem Thron und sprach: Lobt unseren Gott, alle seine Knechte, die ihn fürchten, die Kleinen und die Großen. Das war die eine Strophe, die sich an die Diener des Herrn richtete, an diejenigen, die nicht nur Glieder seiner Gemeinschaft sind, sondern durch ihre besondere Hingabe an seine Interessen, an seinen Dienst und seine Anbetung die engste Gemeinschaft mit ihm haben. Das ist ihr herrliches Vorrecht in der Ewigkeit, den Herrn ihres Heils zu loben und zu preisen. Deshalb antworten sie in einem hymnischen Gesang auf die dringende Aufforderung: Und ich hörte eine Stimme wie die einer großen Schar und das Brausen vieler Wasser und das Rauschen gewaltiger Donner, die sprachen: Halleluja, denn Gott der Herr, der Allmächtige, ist König. Wie das Geschrei ungezählter Menschenmassen, wie das unwiderstehliche Rauschen mächtiger Ströme, wie das Murren und Murmeln eines starken Donners, so bricht das Lied der Auserwählten auf das Wort des Herrn aus und preist ihn, den Herrn, den allmächtigen Gott, den König der Zeitalter. Der allmächtige Gott hat die Pforten aller seiner Feinde überwunden und sich als König über alles offenbart.

    Zu dieser Tatsache gibt es noch einen weiteren Grund zur Freude: Lasst uns frohlocken und jubeln und ihm die Ehre geben, denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Frau hat sich bereit gemacht; und ihr wurde gegeben, mit strahlend weißem, feinem Leinen bekleidet zu werden (denn das feine Leinen waren die gerechten Taten der Heiligen). Was von den Propheten vorhergesagt und von Christus und den Aposteln immer wieder angekündigt worden war, wird hier als im Himmel vollendet dargestellt. Die Braut Christi, die heilige christliche Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, die ganze Zahl derer, die zum Glauben gekommen und dem Herrn bis ans Ende treu geblieben sind, feiert ihre Hochzeit mit dem Lamm, mit dem Erlöser, mit Christus. Das ist in der Tat ein Grund zu größter Freude, zu höchstem Jubel, zu wissen, dass alle Hoffnungen der Jahrhunderte nun in Erfüllung gegangen sind, dass alle Gläubigen nun mit ihrem Erlöser in Ewigkeit vereint sind. Die Braut ist außerdem in das prächtigste Hochzeitsgewand gekleidet, das ganz in Weiß gehalten ist und vor Glanz strahlt. Es ist ein reines, kostbares Kleid der Ehre, das Kleid des Heils. Denn während ohne Christus alle unsere Gerechtigkeiten wie schmutzige Lumpen sind, sind in ihm durch den Glauben auch unsere kleinsten Werke, alle Taten unseres täglichen Lebens, dem himmlischen Vater angenehm. So werden wir im Himmel mit dem Gewand geschmückt sein, das der himmlische Bräutigam durch seinen vollkommenen Gehorsam gegenüber dem Gebot Gottes, durch das Vergießen seines Blutes, durch seinen Tod und seine Auferstehung verdient hat.

    Die Bedeutung dieser Begebenheit wird durch einen zusätzlichen Faktor erhöht, der hier aufgezeichnet ist: Und er spricht zu mir: Schreibe: Selig sind, die berufen sind zum Hochzeitsmahl des Lammes. Und er spricht zu mir: Das sind die wahren Worte Gottes. Die Braut, die vollendeten Heiligen, die Gläubigen, die bis zum Ende treu geblieben sind, sind also auch zum Hochzeitsmahl des Lammes eingeladen, zu der Verbindung, die Er vor Anbeginn der Welt geplant hatte. Wahrlich, diese Menschen sind mit einem Glück gesegnet, das jede menschliche Vorstellung übersteigt, und es kann nicht den geringsten Zweifel daran geben, dass sie Erben all dieser Freuden sind, denn Er, der Treue, der Wahre, hat die Verheißung gegeben, und Er macht keinen Fehler. Die Szene, die Johannes erlebt hat, hat ihn so überwältigt, dass er berichtet: Und ich fiel vor seinen Füßen nieder und betete ihn an. Er war bereit, diesem himmlischen Boten, der ihm den endgültigen Triumph auf so einzigartige Weise enthüllte, göttliche Ehre zu erweisen, aber der Engel schaltete sich ein: Ich bin dein Mitknecht und einer von deinen Brüdern, die das Zeugnis Jesu haben; bete Gott an (denn das Zeugnis Jesu ist der Geist der Weissagung). Das Zeugnis Jesu, auf das sich der Engel bezog, ist der Geist der Weissagung, durch dessen Kraft alle Propheten und Apostel, einschließlich Johannes selbst, von Jesus und seinem Reich Zeugnis abgelegt hatten. Obwohl die Engel himmlische Geister sind, mächtig und gesegnet, sind sie doch nur Diener und Zeugen Christi und sollten daher nicht mit göttlicher Ehre bedacht werden; denn diese gehört Gott allein.

 

    Die Vision [Gesicht] von dem erhöhten Christus (V. 11-16): Hier wird die letzte Tür geöffnet, und der große Sieger erscheint in Person: Und ich sah den Himmel aufgetan, und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf saß, hieß treu und wahrhaftig, und in Gerechtigkeit richtet er und führt Krieg. Und seine Augen waren wie eine Feuerflamme, und auf seinem Haupt hatte er viele Diademe, und er hatte einen Namen geschrieben, den niemand kennt als er selbst, und er war bekleidet mit einem Gewand, das mit Blut besprengt war, und sein Name heißt "Das Wort Gottes". Jeder Bibelleser erkennt diesen Mann auf einen Blick; denn jedes Merkmal dieses Bildes wird dargestellt und immer wieder wiederholt. Der Herr Jesus Christus selbst erscheint hier auf einem weißen Pferd als der Sieger, als der triumphierende König. In diesem blutigen Kampf um die Seelen der Menschen hat Er sich als der Stärkere erwiesen, Er hat alle Feinde der Menschheit besiegt und sie gezwungen, Seine Macht für immer anzuerkennen. Er ist treu, denn er hat sein Versprechen gehalten, wie es sogar im Garten Eden nach dem Sündenfall gegeben wurde; er ist wahrhaftig, man kann ihm jederzeit bedingungslos vertrauen, denn er ist ein Fels, auf dem unser Vertrauen ruhen kann, ohne zu wanken. Er hat in der gerechten Sache, die er vertrat, eine Entscheidung herbeigeführt; er hat in dem Krieg, den die Feinde selbst begonnen hatten, gesiegt. Der Eifer der Gerechtigkeit und des Gerichts leuchtet aus seinen Augen, und er hat die Macht über alle Diademe und Kronen der Welt; alle Könige und Herrscher sind nur Lehm in seinen Händen. Alle Sprachen der Welt können unmöglich die unaussprechliche Majestät des Namens des Herrn ausdrücken, Matth. 11,27. Sein Gewand ist mit dem Blut besprengt, das er für das Heil der Welt vergossen hat, 1. Mose 49,11; Jes. 63,2.3. Wie die Wunden in seinen Händen und Füßen und in seiner Seite ist sein blutbespritztes Gewand ein Zeugnis seines Triumphes. Einer der Namen, die er mit Stolz trägt, ist „Wort Gottes“ (Joh 1,1). Als das allmächtige Wort des Vaters hat er sich in diesem Krieg durch den Sieg offenbart, den er errungen hat und durch den Welt, Tod und Satan überwunden und für immer besiegt sind.

    Der Herr und seine Gefährten werden weiter beschrieben: Und das Heer des Himmels folgte ihm auf weißen Pferden, bekleidet mit weißem, reinem, feinem Leinen; und aus seinem Munde geht ein scharfes Schwert, dass er damit die Völker schlage und selbst mit eisernem Stabe herrsche und selbst die Kelter des Zornes des allmächtigen Gottes trete; und er hat auf seinem Gewand und auf seiner Hüfte einen Namen geschrieben: "König der Könige und Herr der Herren." Das große Heer des Himmels, bestehend aus den Truppen aller Auserwählten, nimmt am Triumph des Siegers teil. Mit weißem, reinem, seidenartigem Leinen werden die Heiligen bekleidet, wie der Herr es ihnen verheißen hat, Kap. 3,5 versprochen hatte; denn ihr Gewand ist die vollkommene Gerechtigkeit ihres Erlösers. Sie können ihrem Herrn umso mehr vertrauen, als das scharfe, zweischneidige Schwert des Wortes aus seinem Mund kommt. Das ist das Wort, mit dem der Herr seine Feinde töten wird, Jes. 66,16, und alle Antichristen und Widersacher überwinden wird, Jes. 11 4; 2. Thess. 2,8. Gegen sie ist es das Wort seines Zornes, mit dem er herrschen wird wie mit einem eisernen Zepter, Ps. 2,9. Er ist es, der die Kelter des Zornes Gottes zertritt, von der der Seher gesprochen hatte, Kap. 14,19.20. So wird sich der erhöhte Christus bei der endgültigen Vernichtung seiner Feinde als König der Könige und Herr der Herren offenbaren, mit göttlicher Macht und Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit.

 

    Die Zerstörung der antichristlichen Kräfte (V. 17-21): Diese Szene wird mit einer schrecklichen und erschreckenden Ankündigung eingeleitet: Und ich sah einen einzelnen Engel in der Sonne stehen, und er rief mit lauter Stimme und sprach zu allen Vögeln, die in der Mitte des Himmels fliegen: Kommt, versammelt euch zu dem großen Festmahl Gottes, damit ihr das Fleisch der Könige und das Fleisch der Feldherren und das Fleisch der Mächtigen und das Fleisch der Pferde und derer, die darauf sitzen, und das Fleisch aller Freien und aller Sklaven, der kleinen und der großen. Dies ist eine grausige Ankündigung, die umso mehr durch ihre Endgültigkeit besticht. Der Engel mit diesem Befehl steht in einer höchst befehlenden und auffälligen Position, damit alle Zuhörer seine Bedeutung erkennen und schätzen. Dies ist sicherlich ein Kontrast zum freudigen Hochzeitsmahl des Lammes; denn nicht nur werden die Leichen der Feinde des Herrn unbestattet liegen bleiben, was an sich schon eines der schlimmsten Unglücke ist, das die Menschen kennen, sondern ihre Leiber sollen zur Beute, zur Nahrung der Vögel werden, vor allem der Geier, die am Himmel über den Köpfen der Menschen fliegen. Die Vernichtung des Antichristen und seiner Heerscharen ist also von vornherein gesichert; sie werden den bösen Geistern, dem Teufel und seinen Engeln, übergeben, um für immer vernichtet und gequält zu werden.

    Diese Ankündigung diente als Zeichen für die Mächte des Bösen, sich zu einem letzten großen und verzweifelten, aber vergeblichen Versuch zu versammeln, den Himmel zu stürmen: Und ich sah das Tier und die Könige der Erde und ihre Scharen versammelt, um Krieg zu führen gegen den, der auf dem Pferd sitzt, und gegen sein Heer. Und das Tier wurde gefangen genommen und mit ihm der falsche Prophet, der vor ihm die Wunder tat, durch die er die verführte, die das Malzeichen des Tieres annahmen, und die, die sein Bild anbeteten; diese beiden wurden lebendig in den Feuersee geworfen, der mit Schwefel brennt. Dies ist der endgültige Sturz des Tieres, des Reiches des Antichristen, seines falschen Propheten, der Päpste und all derer, die zu Dienern des Tieres geworden waren, indem sie sein Malzeichen an ihrer Stirn oder an ihrer Hand angenommen hatten, die sein Bild angebetet hatten, indem sie das hierarchische System der Kirche von Rom als eine Organisation Gottes annahmen. Und die Führer des antichristlichen Reiches, die Verführer der Welt, die erklärten und unerbittlichen Feinde des Herrn und seines Evangeliums, wurden mit ewiger Verdammnis in dem See, der mit Feuer und Schwefel brennt, bestraft. Die Hölle selbst wird sie verschlingen, und sie werden die Strafe erhalten, die ihre Werke verdient haben. Ihr Los wird von ihren Nachfolgern geteilt: Und die übrigen wurden getötet durch das Schwert dessen, der auf dem Pferd sitzt, das aus seinem Mund geht, und alle Vögel wurden von ihrem Fleisch gesättigt. Ein grausiges Bild, das die Menschen zur Umkehr aufruft. Denn das Schwert des Herrn ist das Wort: "Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer" (Matth 25,41). Wie die Geier sich an den Kadavern laben, auf die sie ihre Aufmerksamkeit richten, so werden Satan und seine Engel sich für immer an den Seelen und Körpern derer laben, die es gewagt haben, sich dem allmächtigen Herrn zu widersetzen und die Rolle des Antichristen zu übernehmen. Das ist das Ende der Kirche von Rom, des Reiches des Antichristen.

 

Zusammenfassung: Der Triumph des erhöhten Christus und der Auserwählten im Himmel wird in einer Reihe von Bildern dargestellt, die den Siegeshymnus wiedergeben, die das Heer des Herrn gegen die Horden des Antichristen aufstellen und den vollständigen Sturz und die endgültige Bestrafung der Feinde des Herrn zeigen.

 

 

Kapitel 20

 

Von dem gebundenen und gelösten Drachen, von Gog und Magog und dem Jüngsten Gericht (20,1-15)

    1 Und ich sah einen Engel vom Himmel fahren, der hatte den Schlüssel zum Abgrund und eine große Kette in seiner Hand 2 und ergriff den Drachen, die alte Schlange, welche ist der Teufel und der Satan, und band ihn tausend Jahre. 3 Und warf ihn in den Abgrund und verschloss ihn und versiegelte oben darauf, dass er nicht verführen sollte die Heiden, bis dass vollendet würden tausend Jahre; und danach muss er los werden eine kleine Zeit.

    4 Und ich sah Stühle, und sie setzten sich darauf, und ihnen wurde gegeben das Gericht; und die Seelen der Enthaupteten um des Zeugnisses Jesu und um des Wortes Gottes willen, und die nicht angebetet hatten das Tier noch sein Bild und nicht genommen hatten sein Malzeichen an ihre Stirn und auf ihre Hand: Diese lebten und regierten mit Christo tausend Jahre. 5 Die andern Toten aber wurden nicht wieder lebendig, bis dass tausend Jahre vollendet wurden. Dies ist die erste Auferstehung. 6 Selig ist der und heilig, der teilhat an der ersten Auferstehung; über solche hat der andere Tod keine Macht, sondern sie werden Priester Gottes und Christi sein und mit ihm regieren tausend Jahre.

    7 Und wenn tausend Jahre vollendet sind, wird der Satanas los werden aus seinem Gefängnis 8 und wird ausgehen, zu verführen die Heiden in den vier Örtern der Erde, den Gog und Magog, sie zu versammeln in einen Streit, welcher Zahl ist wie der Sand am Meer. 9 Und sie traten auf die Breite der Erde und umringten das Heerlager der Heiligen und die geliebte Stadt. Und es fiel das Feuer von Gott aus dem Himmel und verzehrte sie. 10 Und der Teufel, der sie verführte, wurde geworfen in den feurigen Pfuhl und Schwefel, da das Tier und der falsche Prophet waren; und werden gequält werden Tag und Nacht von Ewigkeit zu Ewigkeit.

    11 Und ich sah einen großen weißen Stuhl und den, der darauf saß, vor welches Angesicht floh die Erde und der Himmel; und ihnen wurde keine Stätte gefunden. 12 Und ich sah die Toten, beide, groß und klein, stehen vor Gott. Und die Bücher wurden aufgetan; und ein anderes Buch wurde aufgetan, welches ist des Lebens. Und die Toten wurden gerichtet nach der Schrift in den Büchern, nach ihren Werken. 13 Und das Meer gab die Toten, die darin waren; und der Tod und die Hölle gaben die Toten, die darin waren. Und sie wurden gerichtet, ein jeglicher nach seinen Werken. 14 Und der Tod und die Hölle wurden geworfen in den feurigen Pfuhl. Das ist der andere Tod. 15 Und so jemand nicht wurde gefunden geschrieben in dem Buch des Lebens, der wurde geworfen in den feurigen Pfuhl.

 

Vgl. zu diesem Kapitel auch: Wie ist Offenbarung 20 zu verstehen? https://www.lutherische-bekenntnisgemeinde.de/default.htm unter: Das prophetische Wort.

 

    Satan wird für tausend Jahre gebunden (V. 1-3): Das Buch der Offenbarung ist keine chronologisch geordnete Geschichte von Ereignissen, sondern eine Reihe von Visionen, die sich mit den größten Gefahren und den wichtigsten Segnungen befassen, die über die Kirche Christi kommen werden. Die Visionen ergänzen sich also gegenseitig und fügen sich zu einem Gesamtbild zusammen. Nur wenn wir uns diese Tatsache vor Augen halten, können wir die vorliegende Vision verstehen. Der Seher schreibt: Und ich sah einen Engel aus dem Himmel herabsteigen, der hatte den Schlüssel des Abgrunds und eine große Kette in seiner Hand. Der Engel, von dem hier die Rede ist, war entweder einer der Geister Gottes, die speziell für dieses Werk abgestellt wurden, oder es war der große Engel Jehovas, der Sohn Gottes selbst; denn er ist es, der die Schlüssel des Todes und der Hölle hat, Kap. 1,18; er ist es, der die Macht hat, alle Feinde zu binden, seien sie materiell oder geistig. Es war die erhabene Macht und Majestät Christi, der hier mit den notwendigen Werkzeugen erschien, um einen Feind zu fesseln.

    Und das tut der Engel auch: Und er überwältigte den Drachen, die alte Schlange, das ist der Teufel und der Satan, und band ihn tausend Jahre und warf ihn in den Abgrund und verschloss und versiegelte ihn über ihm, damit er nicht auch noch die Heiden verführte, bis die tausend Jahre vollendet wären. Nach diesen ist er gebunden, um für eine kurze Zeit losgelassen zu werden. So wurde der Teufel, der zu Recht ein Drache, ein wildes Ungeheuer, die alte Schlange genannt wird, die seit der Zeit Adams und Evas die Menschen verführt, für eine bestimmte Zeit seiner Macht beraubt; nicht, dass er und seine Horden ganz aus der Welt verschwinden würden, sondern dass sie während dieser Zeit nicht in der Lage sein würden, auch die Heiden zu verführen und zu ihren Verbündeten zu machen. Es würde also eine Zeit relativer Ruhe für die Kirche Christi sein; denn Satan würde insofern unschädlich gemacht werden, als er in der Grube gebunden wäre, die über ihm versiegelt war. Solange die Heiden in seiner Macht standen, seine Diener waren, würde der Bann von Satans Autorität sie nicht mehr mit den Ketten absoluter Tyrannei festhalten. Mit der Botschaft von der Niederlage des Satans, die im Evangelium von der Auferstehung Jesu verkündet wurde, war die Macht des Teufels gebrochen. Wie lange dieser Zustand andauern sollte, wurde von Gott definitiv festgelegt, wenn auch wahrscheinlich nicht in der Zeit, wie wir sie verwenden. Und wenn die letzte Stunde dieser tausend Jahre zu Ende ist, dann wird der Satan für eine kurze Zeit losgelassen sein, dann wird der phänomenale und siegreiche Marsch des Evangeliums durch die Nationen zu Ende sein. Es ist nicht so, dass dann der Tag des Gerichts kommen wird, denn Gott hat bestimmt, dass die Zeit des Neuen Testaments die tausend Jahre der siegreichen Ausbreitung des Evangeliums unter den Völkern plus die kurze Zeit, in der der Satan los ist, umfassen soll. „Der Satan wird losgelassen werden, nicht um seiner selbst willen, auch nicht um derer willen, die während der Zeit seiner Bindung den süßen Ruf des Evangeliums missachtet haben; der Satan wird um der lieben Kinder Gottes willen losgelassen. Diese Loslösung des Satans ist für eine feurige Prüfung der Kinder Gottes bestimmt; und dass es zu dieser Zeit ein Gericht über die Ungläubigen ist, ist ihre eigene Schuld. In dieser feurigen Prüfung will Gott den Glauben seiner Kinder von aller Schlacke reinigen und ihn stark machen.... So sagen uns die Verse 1-3, dass Johannes sah, wie Jesus, der mächtige Überwinder, den Satan band, damit er während des größten Teils der neutestamentlichen Zeit die Verkündigung des Evangeliums und die Gewinnung der Völker für Christus nicht verhindern sollte, und dass für eine kleine Zeit, die dem Tag des endgültigen Gerichts unmittelbar vorausgeht und ihn einleitet, der Satan losgelassen werden sollte.“[9]

 

    Das Ergebnis der Predigt des Evangeliums in der Zeit des Neuen Testaments (V. 4-6): Hier wird das Schicksal eines Teils der Kirche Gottes während der tausend Jahre beschrieben: Und ich sah Throne und die darauf saßen, und ihnen wurde das Gericht gegeben, und die Seelen derer, die um des Zeugnisses Jesu und um des Wortes Gottes willen getötet worden waren, und so viele, wie das Tier und sein Bild nicht anbeteten und sein Malzeichen nicht an ihre Stirn und an ihre Hand nahmen; und sie lebten und regierten mit Christus tausend Jahre. Die Menschen, deren Glück hier beschrieben wird, waren die Märtyrer, die hingerichtet wurden, während das Evangelium auf der Erde siegreich voranschreitet. Sie erlitten das Martyrium wegen ihres Bekenntnisses zu Jesus und zum Evangelium. Unter ihnen war nicht ein einziger, der das Tier, das Reich des Antichristen, oder sein Bild, die hierarchische Struktur der römischen Kirche, anbetete. Die Tatsache, dass jemand die Lehren des Papsttums in ihrer ganzen götzendienerischen Tragweite annimmt und somit das Zeichen des Tieres auf der Stirn oder an der Hand trägt, schließt ihn von der Seligkeit des Himmels aus. Nur diejenigen, die ihren Glauben mit ihrem Blut und Leben besiegelt haben, sind in die vollendete Erlösung im Himmel eingeschlossen. Denn dieses Leben und Herrschen ist nicht, wie die Chiliasten meinen, eine sichtbare Herrschaft hier auf Erden vor dem Jüngsten Tag. Es ist ein Leben der verstorbenen Kinder Gottes im Himmel, der Seele nach. Obwohl die Christen hier auf Erden sterben, leben sie doch der Seele nach mit Christus im Himmel, erleben die Freude und schätzen die Seligkeit ihres Lebens im Himmel. Dass sie nun von allen Leiden befreit sind und an den ewigen Freuden des Himmels teilhaben, das ist ihre Herrschaft mit Christus; in diesem Sinne sind sie die Beisitzer Christi und sitzen auf Thronen in seiner Gegenwart. Dies geschah in der Zeit, die Gott für die Bindung des Satans bestimmt hatte, um ihm die absolute Macht über die Völker zu nehmen.

    Der Prophet fügt hinzu: Die übrigen Toten aber wurden nicht lebendig, bis die tausend Jahre vollendet waren; das ist die erste Auferstehung. Diejenigen, die in Christus im Bekenntnis zu ihrem Herrn starben, waren von dem Augenblick an gesegnet, als sie ihre Augen für diese Welt schlossen; ihre Seelen wurden in die Gegenwart Gottes und Christi aufgenommen, um sogleich der Seligkeit der Ewigkeit teilhaftig zu werden. Die übrigen Toten jedoch, die den physischen Tod erleiden, während sie sich im Zustand des geistigen Todes befinden, werden an dieser Glückseligkeit nicht teilhaben, sondern sind zum ewigen Tod verurteilt. Die Sklaven des Götzendienstes, die Diener des Antichristen, haben keinen Anteil an der ersten Auferstehung, durch die die Gläubigen sofort in die Reiche der Seligkeit aufgenommen werden, wie es ihrer Seele entspricht. Davon schreibt der Prophet: Selig und heilig ist, wer an der ersten Auferstehung teilhat; über diese hat der zweite Tod keine Macht, sondern sie werden Priester Gottes und Christi sein und mit ihm tausend Jahre regieren. Das ist gewiss Freude und Glückseligkeit in reichstem Maße, dass die Seele aus ihrer irdischen Behausung entlassen und in die Heimat der ewigen Seligkeit aufgenommen wird. Auf diejenigen, die so gestorben sind und nur den physischen Tod erfahren haben, hat der zweite Tod, die ewige Verdammnis, keine Macht. Mit den weißen Kleidern eines ewigen Priestertums bekleidet, werden sie Gott und Christus dienen, ohne Ende, denn die tausend Jahre sind nur die Vorstufe der Zeit, in der Seele und Leib in der zweiten Auferstehung wieder vereint sein werden.

 

    Das Lösen Satans und das Auftreten von Gog und Magog (V. 7-10): Nach dieser Beschreibung wird die letzte Periode der Geschichte der Erde und der Kirche auf Erden eine sein, in der die Treue der Heiligen auf eine harte Probe gestellt werden wird: Und wenn die tausend Jahre vollendet sind, wird der Satan aus seinem Gefängnis losgelassen werden und wird hinausgehen, um die Völker an den vier Ecken der Erde, Gog und Magog, zu verführen, um sie zum Kampf zu versammeln, deren Zahl wie der Sand am Meer war. Das ist der letzte Akt im Drama der Welt: Satan wird aus seiner tausendjährigen Gefangenschaft befreit und zieht mit Wut und Blutdurst aus, um gegen das Heer des Herrn, gegen die christliche Kirche, Krieg zu führen. Zu diesem Zweck versammelt er Gog und Magog, das unzählige Heer aller Feinde des Volkes Gottes, unter welchem Namen sie auch immer in der Welt auftreten mögen. Satan versammelt alle antichristlichen Mächte - und ihre Zahl ist unermesslich - zu einem letzten schrecklichen Angriff.

    Dieser Kampf und sein Ausgang werden im Folgenden geschildert: Und sie zogen hinauf auf die weiten Felder der Erde und umzingelten das Lager der Heiligen und die geliebte Stadt. Und es fiel Feuer von Gott aus dem Himmel herab und verzehrte sie. Und der Teufel, der sie verführte, wurde in den Feuer- und Schwefelsee geworfen, wo auch das Tier und der falsche Prophet sind; und sie wurden gequält Tag und Nacht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Von allen Seiten kommen die Feinde des Herrn und seiner Gläubigen, ausgerüstet mit allen möglichen Waffen, um die geliebte Stadt Gottes einzunehmen, um die Kirche Jesu Christi zu überwinden. Aber selbst dieser letzte Versuch ist vergeblich gegen die Macht des Herrn, der Feuer vom Himmel herabschickt, um sie zu vernichten, denn er selbst ist ein verzehrendes Feuer, Ps. 18,8; Hes. 15,7; Hebr. 12,29. Gott, in ihrer Mitte, wird sie nicht bewegen; Gott wird ihr helfen, und das schon früh, Ps. 46, 5. Es war auch das Ende für Satan, denn er wurde in den Feuer- und Schwefelsee geworfen, um sich zu denen zu gesellen, die er zuvor inspiriert hatte, das Tier und der falsche Prophet, der Antichrist und sein Vertreter, der Papst. An diesem Ort der Qualen werden sie für immer bleiben. Es wird kein Lösen und Befreien mehr geben. Satan wird bei der Wiederkunft Christi am jüngsten Tag für immer gebunden sein.

 

    Das Jüngste Gericht (V. 11-15): In wenigen kühnen Strichen skizziert der Prophet das Bild des Jüngsten Gerichts: Und ich sah einen großen weißen Thron und den, der darauf saß, vor dessen Angesicht die Erde und der Himmel flohen, und es wurde keine Stätte für sie gefunden. Dies ist der Thron Christi, dem der Vater das Gericht übertragen hat. Es ist ein weißer und reiner Thron der ewigen Unschuld, Heiligkeit und Gerechtigkeit. Er ist jedoch nicht mehr der arme Menschensohn in seinem Zustand der Erniedrigung, sondern der erhabene König und allmächtige Richter, vor dessen Anblick sich die Erde und der Himmel selbst abwandten und flohen, weil sie die flammenden Augen mit ihrem schrecklichen Gerichtszeichen nicht ertragen konnten. Die Himmel werden in Flammen aufgehen und die Elemente mit glühender Hitze zerschmelzen, 2. Petr. 3,12.

    Da der Richter anwesend ist, kann die letzte große Prüfung beginnen; alle Menschen müssen vor seinem Richterstuhl erscheinen: Und ich sah die Toten, die Großen und die Kleinen, stehen vor dem Thron, und die Bücher wurden aufgetan; und ein anderes Buch wurde aufgetan, das des Lebens. Und die Toten wurden gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben war, nach ihren Werken. Und das Meer gab die Toten, die in ihm waren, und der Tod und die Hölle gaben die Toten, die in ihnen waren, und sie wurden gerichtet, ein jeder nach seinen Werken. Wo auch immer die Menschen den Tod gefunden haben, ob auf dem Meer oder auf dem Land; wo auch immer ihre Seelen an jenem Tag sein mögen, ob in der Hölle oder im Himmel, sie müssen mit ihren Leibern wieder vereint werden, um vor dem Richterstuhl Christi zu erscheinen. Und dann werden die Urkundenbücher hervorgeholt und aufgeschlagen, die Bücher der Schuld und der Verdammnis, in denen die Namen derer verzeichnet sind, die im Unglauben und in der Feindschaft bis zum Ende geblieben sind, sowie das Buch des Lebens mit den Listen derer, die treu waren bis in den Tod. Kein einziger Name wird ausgelassen werden; der Name eines jeden Menschen wird entweder in der einen oder in der anderen Gruppe zu finden sein. Wie sich ihr Glaube oder ihr Unglaube in ihren Werken manifestiert hat, so wird der Herr sein Urteil fällen. Und gegen dieses Urteil wird es keine Berufung geben, es wird das ewige Schicksal eines jeden Menschen entscheiden, der jemals in dieser Welt gelebt hat. Es ist das unausweichliche Verhängnis.

    Nachdem oben die Glückseligkeit der Gläubigen angedeutet wurde und im nächsten Kapitel eine Beschreibung folgt, wird ganz kurz das Verhängnis der Feinde Gottes angedeutet: Und der Tod und die Hölle wurden in den Feuersee geworfen. Diese beiden großen Feinde der Menschheit, die ihr seit der ersten Sünde auf den Fersen sind, werden für immer mit einer Strafe belegt, die ihrem Verbrechen entspricht: Das ist der zweite Tod, der Feuersee. Von diesem Tod sind alle Kinder Gottes befreit, da sie der ersten Auferstehung teilhaftig sind, da der zweite Tod, die ewige Verdammnis, keine Macht über sie hat. Was aber die Ungläubigen betrifft: Und wenn jemand nicht im Buch des Lebens geschrieben gefunden wurde, wurde er in den Feuersee geworfen. Im Buch des Lebens sind die Namen all derer verzeichnet, die in Christus Jesus sind. Diese kann nicht einmal der Tod trennen von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn. Wenn aber der Name eines Menschen nicht in diesem Buch steht, bedeutet das, dass er für immer an den Ort verdammt ist, wo der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt und er ein Gräuel für alles Fleisch ist.

 

Zusammenfassung: Der Seher beschreibt die Zeit der relativen Ruhe, in der sich die Kirche Christi ausbreiten wird, gefolgt von der Loslösung Satans, seinem anschließenden Versuch, mit Hilfe aller antichristlichen Kräfte die Kirche zu stürzen, und seiner Verurteilung zu ewigen Qualen; das Kapitel schließt mit einer kurzen Beschreibung des Jüngsten Gerichts.

 

 

Chiliasmus

    Der Chiliasmus oder Millennialismus ist jene besondere Lehre, die eine Ära der zeitlichen Glückseligkeit auf der Erde erwartet, mit einem irdischen Königreich für alle Gläubigen, wobei Christus der König ist, während Satan und alle Mächte des Bösen vorläufig von der Erde entfernt sind. All dies soll vor dem Tag des Gerichts geschehen und nach menschlichem Ermessen tausend Jahre dauern. Daher der Name Millennialismus oder Chiliasmus, nach den tausend Jahren, von denen in diesem Kapitel die Rede ist.

    Die Lehren des Chiliasmus werden fast seit der Gründung der Kirche von bestimmten Enthusiasten vertreten, und es gibt fast so viele verschiedene Formen des Chiliasmus wie es Vertreter der Theorien gibt. Für unsere Zwecke wird es jedoch genügen, die Chiliasten in zwei Gruppen zu unterteilen. Zur ersten Gruppe gehören die Chiliasten, die die extremen Ansichten vertreten. Sie glauben nicht, dass der Papst der Antichrist ist, sondern meinen, dass das Kommen des Antichristen noch zu erwarten ist. Am Ende der Zeit, die dem Antichristen zugebilligt wird, glauben diese Enthusiasten, dass Christus sichtbar und in Herrlichkeit mit allen himmlischen Heerscharen kommen, den Antichristen und seinen falschen Propheten richten und sie zu den Qualen der Hölle verdammen wird. Gleichzeitig, so sagen sie, wird Satan gefangen genommen und für tausend Jahre gefesselt, um bis zu seiner Freilassung absolut hinter Schloss und Riegel gehalten zu werden. Auf der Erde werden auch Throne für die auferstandenen Apostel aufgestellt, die dann das Urteil sprechen und entscheiden werden, wer von den Gläubigen in der ersten physischen Auferstehung auferstehen darf; und diejenigen, die für würdig befunden werden, werden von den Toten auferweckt und erhalten geistige Körper, während die anderen Toten in ihren Gräbern bleiben müssen. Die Gläubigen werden dann als Priester Gottes in der Welt herrschen und alle Menschen auf der Erde dazu bringen, Christus als Herrn anzuerkennen. Die Sünde wird ihre Macht verloren haben. Und das Zentrum dieses wunderbaren Reiches wird das Land Kanaan mit der wiederaufgebauten Stadt Jerusalem sein, wo Christus als sichtbarer König herrschen wird. Aber nach tausend Jahren, so träumen die Chiliasten, wird Satan aus seinem Gefängnis befreit werden, um alle Heiden, die noch unbekehrt sind, zum Kampf gegen Jerusalem aufzurufen. Und dann, wenn die Gefahr am größten ist, wird Christus, der inzwischen in den Himmel zurückgekehrt ist, zum Endgericht kommen. Das ist der Traum der Chiliasten.

    Andere Millennialisten vertreten modifizierte Ansichten, die in die gleiche Richtung gehen, wobei sie weder auf der materiellen Seite des Reiches noch auf der physischen Gegenwart Christi bestehen. Sie träumen lediglich von einer Zeit, in der die christliche Kirche und die christliche Religion die Welt beherrschen werden, in der die Bergpredigt und die Zehn Gebote die Gesetze der Welt sein werden, in der sich alle Menschen unter dem Kreuz Christi verneigen werden, in der Schiedsgerichte Kriege überflüssig machen werden und in der alles in Frieden und Harmonie sein wird. Diese Träume wurden in den letzten Jahren ziemlich unsanft erschüttert, und sie werden noch viel mehr erschüttert werden, da solche Ansichten völlig im Widerspruch zur Heiligen Schrift stehen.

     Chiliasmus in jeder Form ist falsch und daher im Übrigen auch sehr gefährlich. Erstens gibt es, wie wir oben gesehen haben, im Text nichts, was die Träume und Behauptungen der Millennialisten rechtfertigen oder untermauern würde. Zweitens sagt uns die Bibel an zahlreichen Stellen, und zwar an Stellen, die nicht in bildhafter und prophetischer Sprache gehalten sind, dass es nur eine Wiederkunft Christi geben wird, nämlich um die Lebenden und die Toten zu richten, die alle gleichzeitig vor ihm erscheinen müssen. Darüber hinaus sagt uns die Bibel durchweg klar und unmissverständlich, dass die Kirche Christi hier auf Erden bis zum Ende, bis zum großen Tag des Gerichts, eine militante Kirche sein wird, und dass Verfolgung, Bedrängnis und Feindschaft ihr Los sein werden bis zum letzten Tag der Erlösung, Apg. 14,22; Luk. 9,23; 2. Tim. 3,12; Matth. 24. Und schließlich lehrt die Bibel die Plötzlichkeit und Unerwartetheit der Wiederkunft Christi zum Gericht, der keine tausend glorreichen Jahre einer sichtbaren Herrschaft hier auf Erden vorausgehen, Mark. 13,35-37; Matth. 24,44-5 1.

    Wir werden daher weiterhin glauben und bekennen, was wir im Augsburger Bekenntnis festgehalten haben: "Sie lehren auch, dass Christus bei der Vollendung der Welt zum Gericht erscheinen und alle Toten auferwecken wird. Den Frommen und Auserwählten wird er ewiges Leben und ewige Freuden geben, die Gottlosen aber und die Teufel wird er verdammen, dass sie ohne Ende gequält werden.

    „Sie verurteilen die Wiedertäufer, die meinen, dass es ein Ende der Strafen für die Verdammten und die Teufel geben wird. Sie verurteilen auch andere, die jetzt gewisse jüdische Meinungen verbreiten, dass vor der Auferstehung der Toten die Frommen das Reich der Welt in Besitz nehmen werden, während die Gottlosen überall unterdrückt werden.“[10]

 

 

Kapitel 21

 

Die siebte Vision: Das himmlische Jerusalem (21,1-27)

    1 Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde. Denn der erste Himmel und die erste Erde vergingen, und das Meer ist nicht mehr. 2 Und ich, Johannes, sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabfahren, zubereitet als eine geschmückte Braut ihrem Mann. 3 Und hörte eine große Stimme von dem Stuhl, die sprach: Siehe da, eine Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen; und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein. 4 Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. Und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerzen werden mehr sein; denn das Erste ist vergangen. 5 Und der auf dem Stuhl saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu. Und er spricht zu mir: Schreibe; denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss. 6 Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von dem Brunn des lebendigen Wassers umsonst. 7 Wer überwindet der wird’s alles ererben; und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein. 8 Den Verzagten aber und Ungläubigen, den Greulichen und Totschlägern und Hurern und Zauberern und Abgöttischen und allen Lügnern, deren Teil wird sein in dem Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennet, welches ist der andere Tod.

    9 Und es kam zu mir einer von den sieben Engeln, welche die sieben Schalen voll hatten der letzten sieben Plagen, und redete mit mir und sprach:  Komm, ich will dir die Frau zeigen, die Braut des Lammes. 10 Und führte mich hin im Geist auf einen großen und hohen Berg und zeigte mir die große Stadt, das heilige Jerusalem, herniederfahren aus dem Himmel von Gott. 11 Und sie hatte die Herrlichkeit Gottes; und ihr Licht war gleich dem alleredelsten Stein, einem hellen Jaspis. 12 Und hatte große und hohe Mauern und hatte zwölf Tore und auf den Toren zwölf Engel und Namen geschrieben, welche sind die zwölf Geschlechter der Kinder Israel: 13 vom Morgen drei Tore, von Mitternacht drei Tore, vom Mittag drei Tore, vom Abend drei Tore. 14 Und die Mauer der Stadt hatte zwölf Gründe und in denen die Namen der zwölf Apostel des Lammes.

    15 Und der mit mir redete, hatte ein goldenes Rohr, dass er die Stadt messen sollte und ihre Tore und Mauern. 16 Und die Stadt liegt viereckig, und ihre Länge ist so groß als die Breite.  Und er maß die Stadt mit dem Rohr auf zwölftausend Feldwegs. Die Länge und die Breite und die Höhe der Stadt sind gleich. 17 Und er maß ihre Mauern, hundertvierundvierzig Ellen, nach dem Maß eines Menschen, das der Engel hat. 18 Und der Bau ihrer Mauern war von Jaspis und die Stadt von lauterem Gold, gleich dem reinen Glas. 19 Und die Gründe der Mauern und der Stadt waren geschmückt mit allerlei Edelsteinen. Der erste Grund war ein Jaspis; der andere ein Saphir, der dritte ein Chalzedonier, der vierte ein Smaragd, 20 der fünfte ein Sardonich, der sechste ein Sardis, der siebente ein Chrysolith, der achte ein Beryll, der neunte ein Topasier, der zehnte ein Chrysopras, der elfte ein Hyazinth, der zwölfte ein Amethyst. 21 Und die zwölf Tore waren zwölf Perlen, und ein jegliches Tor war von einer Perle. Und die Gassen der Stadt waren lauter Gold, wie ein durchscheinendes Glas.

    22 Und ich sah keinen Tempel darin; denn der HERR, der allmächtige Gott, ist ihr Tempel und das Lamm. 23 Und die Stadt bedarf keiner Sonne noch des Mondes, dass sie ihr scheinen; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm. 24 Und die Heiden, die da selig werden, wandeln in diesem Licht. Und die Könige auf Erden werden ihre Herrlichkeit in diese bringen. 25 Und ihre Tore werden nicht verschlossen des Tages; denn da wird keine Nacht sein. 26 Und man wird die Herrlichkeit und die Ehre der Heiden in sie bringen. 27 Und es wird nicht hineingehen irgendein Gemeines, und das da Greuel tut und Lügen, sondern die geschrieben sind in dem lebendigen Buch des Lammes.

 

    Die Einführung (V. 1-8): Die Augen der Gläubigen sind hier auf das kommende, vollkommene Heil gerichtet. Hier dürfen wir hinschauen und unsere Augen erheben, denn unsere Erlösung ist nahe: Und ich sah den neuen Himmel und die neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Johannes sieht die Erfüllung aller Prophezeiungen, die sich auf die Herrlichkeit am Ende beziehen, Jes. 65,17; 66,22; 2. Petr. 3,12.13. Die Gläubigen erben das Reich, das seit Anbeginn der Welt für sie bereitet war, Matth. 25,34. Der neue Himmel und die neue Erde werden sie genannt, weil sie ganz anders sind als diese gegenwärtige Welt, die von Sünde durchdrungen ist, wie sie ist. Alles, was mit der Sünde zu tun hat, wird ganz und gar verschwinden. Deshalb wird auch das Meer, aus dem der Drache hervorkam, nicht mehr sein.

    Aber die Mitte des Bildes war die herrlichste: Und die heilige Stadt, das neue Jerusalem, sah ich von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereit wie eine Braut, die für ihren Mann gekleidet ist. Alles war bereit für die Hochzeit des Lammes, und so kam das neue Jerusalem, die heilige Stadt Gottes, die Kirche Jesu Christi, bestehend aus der Summe aller, die treu waren bis ans Ende, vom Himmel herab, wohin die große Mehrheit ihrer Glieder gegangen war, der Seele nach, gekleidet in alle Gaben der Gnade und Barmherzigkeit ihres Mannes. So wird hier der Einzug der gesegneten Gemeinde Gottes in die für sie vorbereitete ewige Wohnstätte beschrieben. Davon lesen wir weiter: Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Thron, die sprach: Siehe, die Wohnung Gottes ist bei den Menschen, und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott, wird bei ihnen sein. Und er wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Die göttliche Stimme selbst erklärt das Bild und hebt damit alle Typen auf. Als die Kinder Israel durch die Wüste zogen, war auch die Stiftshütte des Herrn in ihrer Mitte, und Gott wohnte im Allerheiligsten. Aber das war ein zeitlicher, irdischer, unvollkommener Typus, der auf die gesegnete Vollkommenheit des Himmels hinwies. Aus der gesamten Beschreibung geht hervor, dass es unmöglich ist, mit Worten menschlicher Zunge auch nur eine entfernte Vorstellung von den Herrlichkeiten des Himmels zu vermitteln. Aber die unaussprechlichen Schönheiten der ewigen Glückseligkeit werden zumindest angedeutet. Dort wird Gott in unserer Mitte leben, als unser eigener Gott, unser höchstes Gut und höchste Quelle der Freude und Zufriedenheit. Und wir werden sein Volk sein, sein Eigentum, erkauft mit dem Blut des Lammes, und nun die Schätze seines Hauses. Jede Träne, die in dieser Welt durch ihr Elend, ihren Kummer, ihre Sünde und ihr Leid verursacht wurde, wird von unseren Augen abgewischt werden; und es wird keinen Anlass mehr zum Weinen geben, keinen Tod, keinen Kummer, keine Klage und keinen Schmerz. All diese Dinge waren charakteristisch für diese Welt, und sie sind alle vergangen, wenn der letzte Tag uns die Vollendung unseres Heils bringt.

    Gott, der Vater, selbst hat diese Freude und Glückseligkeit verkündet: Und Er, der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu. Alle Geschöpfe, Himmel und Erde, wir selbst, werden neu sein. Die Sünde und alle Folgen der Sünde werden vollständig aus unserem Körper entfernt werden, und wir werden mit einem neuen, ewigen Leben erfüllt sein. Alles wird herrlicher sein, als es die Schöpfung am Ende der sechs Tage war, als der Herr sah, dass alles sehr gut war. Wieder ertönte die Stimme Gottes: Und er sprach: Schreibe, denn diese Worte sind treu und wahr. Unser Glaube und unsere Hoffnung gründen sich nicht auf unsere eigenen Meinungen und Vorstellungen, sondern auf das unfehlbare Wort Gottes, das bestehen bleiben wird, wenn Himmel und Erde vergehen werden.

    Mit feierlichem Nachdruck ertönt eine weitere Ankündigung vom Thron: Und er sprach zu mir: Es ist vollbracht: Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende. Ich will dem, den da dürstet, geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. Wer überwindet, wird dies alles erben; und ich werde ihm Gott sein, und er wird mir ein Sohn sein. Wie Christus, als er am Kreuz hing, rief: Es ist vollbracht, womit er der Welt die Vollendung des Erlösungswerkes ankündigte, so erklärt Gott der Vater hier, dass es vollbracht ist. Alles Warten und Hoffen hat ein Ende; Er, der Alpha und Omega, der Anfang und das Ende ist, der von Ewigkeit her ist und alles in seiner Hand hat, wird denen, die seine Kinder sind, den vollen Genuss der himmlischen Seligkeit zuwenden, des Erbes, das er vor Grundlegung der Welt denen bereitet hat, die ihn lieben. Die Erlösung ist das Werk Gottes allein, und jeder Mensch in der weiten Welt, der nach dieser Erlösung dürstet, der die Barmherzigkeit Gottes in Christus Jesus begehrt, kann dieses wunderbare Wasser des Lebens ohne Geld und ohne Preis haben, Jes. 55,1.2. er wird Gottes Sohn, Gottes Tochter sein, und Gott wird sein Vater sein in Ewigkeit.

    Für die Ungläubigen, die böswilligen Feinde Christi, ist das genaue Gegenteil vorgesehen: Die Feigen aber und die Ungläubigen und die Abscheulichen und die Mörder und die Ehebrecher und die Zauberer und die Götzendiener und alle Lügner, deren Los wird sein in dem See, der mit Feuer und Schwefel brennt, das ist der zweite Tod. Also all die Menschen in der Welt, die das Evangelium von Jesus Christus abgelehnt haben: Diejenigen, die den Teufel und seine Macht mehr fürchteten als Gott; diejenigen, die sich weigerten zu glauben; diejenigen, die in Gräueln aller Art schwelgten; diejenigen, die das Volk des Herrn verfolgten; diejenigen, die ein Leben in äußerster Unmoral führten; diejenigen, die sich in irgendeiner Weise der Zauberei bedienten; diejenigen, die das antichristliche Tier und sein Bild anbeteten; diejenigen, die die Liebe zur Wahrheit nicht annehmen wollten, sondern sich als wahre Kinder des Teufels erwiesen, des Lügners von Anfang an: Sie alle werden zu ihrem großen Leidwesen erfahren, dass Gott sich nicht spotten lässt. Sie werden ihren Lohn haben, zusammen mit dem Drachen, dem Tier und dem falschen Propheten, im Abgrund der Hölle, in dem See, der mit Feuer und Schwefel brennt. Das ist der zweite Tod, ewige Zerstörung, ewige Verdammnis.

 

    Das Gesicht von dem himmlischen Jerusalem (V. 9-14): Obwohl die ganze Beschreibung in Bildern, in Typus und Allegorie gegeben wird, können wir doch von der Herrlichkeit der Braut, der Kirche Christi, auf die Herrlichkeit der Hochzeit im Himmel schließen: Und es kam einer von den sieben Engeln, die die sieben Schalen haben, gefüllt mit den sieben letzten Plagen, und er redete mit mir und sprach: Komm, ich will dir die Braut zeigen, das Weib des Lammes. Hier ist der Gegensatz zur großen Hure, der Dienerin des Teufels, wie sie in den vorhergehenden Kapiteln dargestellt wurde: die heilige, unbefleckte Braut des Lammes, die Kirche Christi, gereinigt durch das Blut Jesu Christi.

    Es ist eine beeindruckende Szene und eine wunderbare Beschreibung: Und er nahm mich im Geist mit auf einen großen und hohen Berg und zeigte mir die große Stadt Jerusalem, die von Gott aus dem Himmel herabgestiegen war und die Herrlichkeit Gottes hatte; ihre Pracht glich der eines sehr kostbaren Steins, gleich dem Jaspis, klar wie Kristall, und hatte eine große und hohe Mauer und zwölf Tore und auf den Toren zwölf Engel und Namen, welche die zwölf Tribute sind. Im Osten drei Tore und im Norden drei Tore und im Süden drei Tore und im Westen drei Tore; und die Mauer der Stadt hatte zwölf Fundamente, und auf ihnen die zwölf Namen der zwölf Apostel des Lammes. So wurde Johannes' Geist und Seele vorläufig wieder von seinem Körper getrennt, als der Engel ihn mitnahm, um ihm einen vollständigen Blick auf die Herrlichkeit der Kirche in ihrem Triumphzustand zu geben. Die Herrlichkeit Gottes leuchtete um sie herum, nicht von Engeln, wie auf den Feldern von Bethlehem, sondern vom Thron des Herrn selbst. Diese Herrlichkeit wird die Kirche im ewigen Leben durchdringen und ihr einen Glanz verleihen, den man nur durch den Vergleich mit dem schillerndsten aller Edelsteine beschreiben kann. Das himmlische Jerusalem ist sicher vor allen Feinden, denn seine Mauern sind groß und hoch, und seine zwölf Tore werden von starken Engeln bewacht. Die zwölf Stämme werden erwähnt, weil die Kirche Christi das geistliche Israel in seiner Vollkommenheit ist. Und die Stadt ist mit einer Festigkeit gebaut, mit einem soliden Fundament, das nirgendwo anders zu finden ist, denn sie ist auf dem Fundament der Apostel und Propheten errichtet, wobei Jesus Christus selbst der wichtigste Eckstein ist, Eph. 2, 20. Jeder, der seinen Glauben auf Jesus Christus und auf ihn allein gegründet hat, ist hier in der Zeit auf das Fundament der Kirche gebaut und wird im Jenseits zur vollendeten Gemeinschaft der Heiligen gehören.

 

    Die Maße und die Ornamente der Stadt V. 15-21): Es handelt sich um ein Bild, das als Ganzes, durch den Eindruck, den es in seiner Gesamtheit und in all seinen verschiedenen Zügen und Teilen macht, jede Vorstellung übersteigt. Es steht alles so absolut jenseits aller menschlichen Vorstellung: Und der, der mit mir sprach, hatte einen goldenen Stab als Mess-Stab, um die Stadt und ihre Tore und ihre Mauer zu messen. Und die Stadt ist viereckig, und ihre Länge ist so groß wie ihre Breite. Und er maß die Stadt mit dem Stab, zwölftausend Stadien [bei sechshundert bis sechshundertfünfundzwanzig Fuß], ihre Länge und ihre Breite und ihre Höhe sind gleich; und er maß ihre Mauer, hundertvierundvierzig Ellen, das ist das Maß eines Menschen, das heißt eines Engels. Dies alles soll zeigen, dass die Kirche der vollendeten Heiligen, die triumphierende Kirche im ewigen Leben, jene Vollkommenheit haben wird, die Gott für sie in jeder Hinsicht vorgesehen hat, 1. Kor 13,10. Es wird keine Ungleichheit oder Ungleichheit mehr geben, sondern alle Gläubigen ohne Ausnahme werden Gott vollkommen kennen, das vollkommene Bild Gottes in ihrem eigenen Körper tragen, vollkommen glücklich und gesegnet sein, alle Gaben und Segnungen der Ewigkeit in der Fülle der Vollkommenheit genießen.

    Aber die Beschreibung hat erst begonnen: Und das Material ihrer Mauer war Jaspis, und die Stadt ist reines Gold, das durchsichtigem Glas gleicht; die Fundamente der Mauer der Stadt sind mit allen Arten von Edelsteinen geschmückt: der erste Grundstein: Jaspis; der zweite: Saphir; der dritte: Chalzedon; der vierte: Smaragd; der fünfte: Onyx; der sechste: Sardius; der siebte: Chrysolith; der achte: Beryll; der neunte: Topas; der zehnte: Chrysopras; der elfte: Hyacinth; der zwölfte: Amethyst. Und die zwölf Tore waren zwölf Perlen, jedes einzelne Tor aus einer einzigen Perle gemacht. Und die Straßen der Stadt sind aus reinem Gold, durchsichtig wie Kristall. Zu der Vorstellung von Vollkommenheit und Unermesslichkeit, die im ersten Teil der Beschreibung vermittelt wird, gesellt sich hier die Vorstellung von einer Pracht, die alles menschliche Verständnis übersteigt. Eines steht außer Zweifel: Es wird eine solche Herrlichkeit, eine solche Schönheit, eine solche Pracht herrschen, wie sie selbst die kühnste und liebste Phantasie des Menschen nicht erreichen kann. Alles wird hell, klar und von unaussprechlicher Herrlichkeit sein. Alle Wege Gottes werden vor unseren Augen offenbar werden, und ein Wunder nach dem anderen wird sich uns offenbaren.

 

    Die wunderbare Herrlichkeit der Stadt (V. 22-27): Einige Merkmale des Bildes geben uns zumindest eine Ahnung von der unaussprechlichen Glückseligkeit, die uns in unserer himmlischen Heimat erwartet: Und einen Tempel sah ich nicht in ihr; denn Gott, der Herr, der Allmächtige, ist ihr Tempel, und das Lamm. Wenn wir die Vollendung unserer Hoffnungen im ewigen Leben erreicht haben, werden wir keiner Gnadenmittel mehr bedürfen, des Wortes und der Sakramente; denn wir werden Gott von Angesicht zu Angesicht sehen und ihn erkennen, wie wir erkannt sind, 1. Kor 13,12. Derselbe Gedanke wird im nächsten Vers wiederholt: Und die Stadt bedarf nicht der Sonne noch des Mondes, dass sie ihr Licht gebe; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm. Wie wir hier auf Erden das physische Licht, das wir brauchen, von der Sonne am Tag und vom Mond in der Nacht erhalten, aber nur insofern, als Sonne und Mond Träger des Lichts sind, so erhalten wir unser geistiges Licht durch das Evangelium und nicht durch die direkte Offenbarung der ungetrübten Herrlichkeit Gottes. Im Himmel aber werden wir weder Sonne noch Licht noch das Evangelium brauchen, denn dort wird die offene Herrlichkeit Gottes und unseres Erlösers zu unserer ewigen Erleuchtung dienen.

    Es ist ein gesegnetes Licht, das uns in jener Zeit umgeben wird, wie Johannes schreibt: Und die Völker werden durch ihr Licht wandeln, und die Könige der Erde werden ihre Herrlichkeit zu ihr tragen, und ihre Tore werden sie bei Tag nicht verschließen, denn es wird keine Nacht darin sein; und sie werden die Herrlichkeit und die Ehre der Völker zu ihr tragen. Vgl. Jes. Die auserwählten Werkzeuge Gottes in der Streitenden Kirche, die Patriarchen und Propheten und Apostel und Märtyrer und alle anderen, die hier auf Erden Führer der Kirche Gottes waren, werden zusammen mit denen, die hier auf Erden mächtig waren, die Herrlichkeit, die ihnen durch ihre Errettung gegeben wurde, in die heilige Stadt Gottes bringen. Es wird eine große, glückliche, ewige Gemeinschaft der Heiligen geben, derer, die die Erlösung Christi angenommen haben. Die Stadt ist sicher im Licht des Thrones und des Lammes, und der Herr selbst wird die Tore für diejenigen offen halten, die mit dem Preis des Blutes des Lammes erkauft sind und seine Verdienste angenommen haben. So wird alle Herrlichkeit und Ehre der ganzen Welt und aller Völker in der Stadt Gottes versammelt sein, zum Lobe des Erlösers.

    Nur eine Klasse von Menschen ist ausgeschlossen: Und es soll nicht in sie hineingehen, was gottlos ist und Gräuel und Lüge begeht, sondern nur die, die in das Buch des Lebens des Lammes eingeschrieben sind. Diejenigen, die nicht in die Tore des himmlischen Jerusalems eintreten dürfen, sind diejenigen, die sich selbst durch ihren Unglauben und ihr daraus resultierendes Leben mit Gräueln und Lügen ausgeschlossen haben, was ein Beweis für ihren Unglauben war. Diejenigen aber, die im Buch des Lammes geschrieben stehen, die wahren Kinder, die Auserwählten Gottes, werden in die himmlische Stadt eingehen, wo sie vollkommenes und vollkommenes Heil haben werden. Dann werden die Gerechten im Reich ihres Vaters leuchten wie die Sonne. Wer Ohren hat zu hören, der höre!

 

Zusammenfassung: Dem Seher wird das himmlische Jerusalem, die triumphierende Kirche, gezeigt, wie sie von Cod aus dem Himmel herabsteigt, und er gibt eine Beschreibung der Herrlichkeit der Vollkommenheit, so gut das in Worten menschlicher Zunge möglich ist.

 

 

Kapitel 22

 

Vom gewissen Segen des ewigen Lebens (22,1-21)

    1 Und er zeigte mir einen lauteren Strom des lebendigen Wassers, klar wie ein Kristall; der ging von dem Stuhl Gottes und des Lammes. 2 Mitten auf ihrer Gasse und auf beiden Seiten des Stromes stand Holz des Lebens, das trug zwölferlei Früchte und brachte seine Früchte alle Monate; und die Blätter des Holzes dienten zu der Gesundheit der Heiden. 3 Und es wird kein Verbanntes mehr sein; und der Stuhl Gottes und des Lammes wird darin sein; und seine Knechte werden ihm dienen 4 und sehen sein Angesicht; und sein Name wird an ihren Stirnen sein. 5 Und wird keine Nacht da sein, und man wird nicht bedürfen einer Leuchte oder des Lichts der Sonne; denn Gott der HERR wird sie erleuchten, und sie werden regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.

    6 Und er sprach zu mir: Diese Worte sind gewiss und wahrhaftig. Und Gott, der HERR der heiligen Propheten, hat seinen Engel gesandt, zu zeigen seinen Knechten, was bald geschehen muss. 7 Siehe, ich komme bald! Selig ist, der da hält die Worte der Weissagung in diesem Buch. 8 Und ich bin Johannes, der solches gesehen und gehört hat. Und da ich es gehört und gesehen, fiel ich nieder, anzubeten zu den Füßen des Engels, der mir solches zeigte. 9 Und er spricht zu mir: Siehe zu, tu es nicht; denn ich bin dein Mitknecht und deiner Brüder, der Propheten, und derer, die da halten die Worte dieses Buchs; bete Gott an!

    10 Und er spricht zu mir: versiegle nicht die Worte der Weissagung in diesem Buch; denn die Zeit ist nahe. 11 Wer böse ist, der sei immerhin böse; und wer unrein ist, der sei immerhin unrein. Aber wer fromm ist, der sei immerhin fromm; und wer heilig ist, der sei immerhin heilig. 12 Und siehe, ich komme bald und mein Lohn mit mir, zu geben einem jeglichen, wie seine Werke sein werden. 13 Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, der Erste und der Letzte. 14 Selig sind, die seine Gebote halten, auf dass ihre Macht sei an dem Holz des Lebens, und zu den Toren eingehen in die Stadt. 15 Denn draußen sind die Hunde und die Zauberer und die Hurer und die Totschläger und die Abgöttischen und alle, die liebhaben und tun die Lüge.

    16 Ich, Jesus, habe gesandt meinen Engel, solches euch zu zeugen an die Gemeinden. Ich bin die Wurzel des Geschlechts Davids, ein heller Morgenstern. 17 Und der Geist und die Braut sprechen: Komm! Und wer es hört, der spreche: Komm! Und wen dürstet, der komme; und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst. 18 Ich bezeuge aber allen, die da hören die Worte der Weissagung in diesem Buch: So jemand dazusetzt, so wird Gott zusetzen auf ihn die Plagen, die in diesem Buch geschrieben stehen. 19 Und so jemand davon tut von den Worten des Buchs dieser Weissagung, so wird Gott abtun sein Teil vom Holz des Lebens und von der heiligen Stadt und von dem, was in diesem Buch geschrieben steht. 20 Es spricht, der solches zeugt: Ja, ich komme bald. Amen. Ja komm, HERR Jesus! 21 Die Gnade unseres HERRN Jesus Christus sei mit euch allen! Amen. 

 

    Das Wasser und der Baum (Holz) des Lebens (V. 1-5): In dem Versuch, die Herrlichkeiten der Kirche Christi in ihrer endgültigen Vollendung konkret zu beschreiben, gibt der Prophet noch weitere Einzelheiten des Bildes, das er im vorangegangenen Kapitel begonnen hat: Und er zeigte mir den Strom des Lebenswassers, hell wie Kristall, der aus dem Thron Gottes und des Lammes hervorgeht. So wie ein großer Strom oder Fluss den Garten Eden bewässerte, so erhält hier das himmlische Paradies sein Wasser aus einem heilenden Strom von immerwährendem Wasser, das vom Thron Gottes und des Lammes selbst ausgeht. Diese Besonderheit würde die Stadt sicher wohlhabend und sicher machen und allen Bewohnern der Stadt eine Fülle von erfrischendem, heilendem Wasser in alle Ewigkeit sichern.

    Ein sehr markantes Merkmal oder Wahrzeichen wird nun beschrieben: In der Mitte ihrer Straßen und entlang des Flusses zu beiden Seiten der Baum des Lebens, der zwölf Früchte hervorbringt, wobei jeder Monat seine eigene Frucht hervorbringt; und die Blätter des Baumes spannen sich zur Heilung der Völker. So war der Strom der Wasser des Lebens, der durch die Straßen der Stadt floss, an beiden Ufern mit Bäumen des Lebens gesäumt, so wie es im irdischen Paradies einen einzigen Baum des Lebens gab, 1. Mose 2,9. So wie das Wasser des lebendigen Stroms allen Bewohnern offen stand, so waren auch die Früchte dieser Lebensbäume allen zugänglich, die in der himmlischen Stadt lebten. Es würde nie an Früchten mangeln, denn einige davon hatten immer Saison, weil jeden Monat eine neue Ernte reifte. Selbst die Blätter dieser wunderbaren Bäume würden ihren Wert haben, denn sie würden zur Heilung der in der himmlischen Stadt versammelten Völker dienen, um sie für immer glücklich und zufrieden in wahrer himmlischer Glückseligkeit zu halten. Das bedeutet, dass wir in der himmlischen Heimat geistig genährt werden, dass unser himmlisches Leben und unser Heil durch die reichsten Gaben der Gnade Gottes erhalten und vermehrt werden. Wir werden eine Fülle himmlischer Segnungen haben und doch immer mehr von der Liebe unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus begehren. Das wird wahrlich das Leben im vollsten und wahrsten Sinne des Wortes sein.

    Diese himmlische Glückseligkeit wird weiter umrissen: Und alles Verfluchte wird abwesend sein, und der Thron Gottes und des Lammes wird in ihr sein, und seine Knechte werden ihm dienen, und sie werden sein Angesicht sehen, und sein Name wird an ihrer Stirn sein. Die Seligkeit des Himmels wird nicht durch die Anwesenheit eines Menschen getrübt werden, der sich durch ein Leben des Unglaubens und der Sünde dem Fluch Gottes unterworfen hat; denn alle diese Verfluchten werden dann an der Stelle der Verdammten sein. In der himmlischen Stadt, unserer ewigen Heimat, werden wir den Thron Gottes und des Lammes, unseres Erlösers, immer vor uns haben, immer in unserer Gegenwart. Wir alle werden das Vergnügen, die heilige Freude einer ungehinderten und unverdorbenen, anbetungsvollen Hingabe an unseren Gott und an Christus haben. Denn der Gipfel unserer himmlischen Glückseligkeit wird darin bestehen, dass wir das Antlitz Gottes und unseres Erlösers ständig sehen werden, ohne Unterlass, auch wenn wir seinen Namen auf unserer Stirn als seinen eigenen tragen werden, den er mit seinem kostbaren Blut erworben und gewonnen hat. Es wird die innigste und glücklichste Gemeinschaft und Zuversicht sein, die es überhaupt geben kann; sie wird uns teilhaben lassen an der höchsten Vollkommenheit des Glücks, das Gott gehört von Ewigkeit zu Ewigkeit.

    Und noch etwas kommt hinzu: Und es wird keine Nacht mehr sein, und sie werden weder des Lichtes einer Lampe noch des Lichtes der Sonne bedürfen; denn Gott der Herr wird über ihnen leuchten, und sie werden herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit. Dieser Gedanke ist derselbe wie in Kap. 21,25. Als vollendete Heilige werden wir in ewigem Licht wohnen. Die dunkle Nacht der Sünde, der Unwissenheit, des Irrtums, des Leids und des Todes wird dann vergangen sein, und der helle Tag der Gerechtigkeit, der Erkenntnis, der Rechtschaffenheit, der Wahrheit, des Heils und des Lebens wird ohne Ende über uns sein. Das Licht des Antlitzes Christi wird uns immer umgeben und jedes andere Licht, an das wir in dieser Welt gewöhnt waren, völlig überflüssig machen. Wir werden mit Christus leben, und nicht nur das, wir werden mit Christus herrschen in ewiger Macht, Herrlichkeit und Glückseligkeit.

 

    Johannes und der Engel (V. 6-9): Die eigentlichen Visionen sind nun zu Ende; es bleibt nur noch der Schluss zu betrachten. Die ersten Worte sind gleichsam das Siegel Gottes über dem ganzen Buch: Und er sprach zu mir: Diese Worte sind treu und wahrhaftig; denn der Herr, der Gott der Geister der Propheten, hat seinen Engel gesandt, um seinen Knechten zu zeigen, was in Kürze geschehen soll; und siehe, ich komme sehr bald; selig ist, wer die Worte der Weissagung dieses Buches bewahrt. Diese Worte könnten von dem Engel gesprochen worden sein, der Johannes in seiner Vision der heiligen Stadt oben geführt hat, aber ihr Inhalt scheint es plausibler zu machen, dass sie von dem Herrn selbst gesprochen wurden. Er erklärt hier, dass die prophetischen Worte, die Johannes überliefert wurden, zuverlässig und wahr sind, denn es war seine Absicht, seinen Dienern, seinen Gläubigen, damit die Zukunft zu offenbaren. Gleichzeitig kündigt Er an, dass Er sehr bald zum Endgericht, zum Ende der Welt, wiederkommen will. Gesegnet, ewig glücklich, wird daher jeder Mensch sein, der diese Worte hört, beachtet und bewahrt, so wie sie Johannes zum Schreiben gegeben wurden. Das gilt für dieses Buch der Weissagung ebenso wie für alle anderen Worte des Herrn: Selig ist, wer das Wort Gottes hört und bewahrt. Alle Christen sollten durch die Betrachtung der Verheißungen Gottes, wie sie in diesem Buch enthalten sind, Kraft und Trost erhalten, um inmitten der Gefahren des letzten Tages standhaft zu bleiben.

    Johannes berichtet nun eine Begebenheit, die fast identisch ist mit der in Kap. 19,10: Und ich, Johannes, war es, der dies sah und hörte; und als ich es gehört und gesehen hatte, fiel ich nieder und betete an vor den Füßen des Engels, der mir dies gezeigt hatte. Und er sprach zu mir: Nicht das; ich bin dein Mitknecht und deiner Brüder, der Propheten, und derer, die die Worte dieses Buches halten; bete Gott an. Johannes war überwältigt von dem Wunder all der Dinge, die er in den verschiedenen Visionen, die ihm gezeigt worden waren, gesehen und gehört hatte; er fühlte die völlige Bedeutungslosigkeit des Menschen angesichts solch gewaltiger Offenbarungen. Und so warf er sich in der Ekstase seiner Gefühle zu Füßen seines Führers nieder, in der Absicht, ihn anzubeten. Aber der Engel griff sofort ein und befahl Johannes, Gott allein anzubeten, da er nur ein Mitgeschöpf und ein Mitknecht sei. Engel sind große und mächtige Geister, und sie stehen in einem besonders engen Verhältnis zu Gott; aber trotzdem darf man ihnen keine göttliche Ehre erweisen.

 

    Christi Ruf, an den Segnungen des Himmels teilzuhaben (V. 10-15): Hier erhebt der Herr selbst seine Stimme in Worten der Ermahnung und Warnung: Und er spricht zu mir: Versiegle nicht die Worte der Weissagung dieses Buches; denn die Zeit ist nahe. Im Falle Daniels wurde der gegenteilige Befehl gegeben, nämlich seine Prophezeiung zu versiegeln. Aber die Offenbarungen, die Johannes gemacht worden waren, sollten sich sehr bald erfüllen, und die Gläubigen würden ihre Erfüllung in kurzer Zeit erkennen können. Vgl. Kap. l,3. Es stimmt natürlich, dass die Menschen dieses Buch missbrauchen, und deshalb fügt der Herr sogleich hinzu: Lasst die Gottlosen noch gottlos sein, und lasst die Unreinen noch unrein sein, und lasst die Gerechten noch Gerechtigkeit üben, und lasst die Heiligen noch heilig sein. Die Ungläubigen, alle Feinde Christi, alle Gottlosen und Unreinen sind genug gewarnt worden. Wenn sie auf ihrem Weg beharren, dann wird ihr Weg sie schließlich in die ewige Verdammnis führen; je mehr sie ihr Herz verstocken, desto geringer werden ihre Heilschancen, und ihr letztes Ende wird eine Sache des Weinens und des Zähneklapperns sein. Diejenigen aber, die durch die Annahme der Gerechtigkeit Christi gerecht und heilig sind, werden sich in der Kraft Gottes nicht von diesem Weg der Heiligkeit abbringen lassen. Es ist der Herr, der sie stärken und zum Ziel, zum Heil ihrer Seelen, führen wird.

    Der Herr wiederholt nun seinen feierlichen Aufruf: Siehe, Ich komme sehr bald, und Mein Lohn ist bei Mir, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk ist. Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende. Es ist die letzte Stunde dieser Welt, und die Rückkehr des Herrn zum Gericht kann jederzeit erwartet werden. Er ist der gerechte Richter, der jeden Menschen nach seinen Werken, die er in diesem Leben getan hat, belohnen kann und wird, da diese Werke einen Zustand des Glaubens oder einen Zustand des Unglaubens anzeigen. Er ist der allmächtige, ewige Gott, der die Welt und alles, was in ihr ist, in seiner Hand hält; er ist eine Quelle des unerschütterlichen Trostes für die Gläubigen, aber ein Schrecken für alle, die sein Heil abgelehnt haben.

    Wie ein antiphonaler [Wechsel-] Gesang erklingt hier die Stimme des Engels: Selig sind, die ihre Kleider waschen, dass sie ein Recht haben an dem Baum des Lebens und durch die Tore in die Stadt eingehen; draußen sind die Hunde und die Zauberer und die Ehebrecher und die Mörder und die Götzendiener und alle, die Unrecht tun und lieben. Das ist das herrliche Vorrecht der Gläubigen, ihre sündenbefleckten Kleider im Blut des Lammes zu waschen und so in den reinen weißen Kleidern der Gerechtigkeit Christi vor dem Thron Gottes zu erscheinen. Sie sind es, die das Recht haben, von der Frucht des Baumes des Lebens zu essen; sie sind es, die Gott einlädt, in die Tore des himmlischen Jerusalem einzutreten. Dort wird ewige Freude auf ihnen ruhen, und Schmerz und Seufzen werden der Vergangenheit angehören. Aber von den Ungläubigen und den vorsätzlichen Übertretern der Gebote Gottes, von den Irrlehrern und Lästerern, von denen, die die Menschen vom Glauben abbringen, von denen, die sich am geistlichen Ehebruch ergötzen, von denen, die in Hass und Verfolgung gegen die Kirche Gottes schwelgen, von denen, die Götzendienst in jeder Form betreiben, kurz von allen, die die Falschheit lieben und in jeder Form praktizieren, wird gesagt, dass sie außerhalb des himmlischen Jerusalems sind und nicht hineingehen werden. Sie haben sich ihr Los ausgesucht, und sie werden ihren Vorzug erhalten, in dem Abgrund, der mit Feuer und Schwefel brennt.

 

    Ein Schlussruf: Komm! (V. 16-21): Der Herr selbst unterschreibt das Buch der Offenbarung mit seinem Namen: Ich, Jesus, habe meinen Engel gesandt, um euch dies zu bezeugen, was die Gemeinden betrifft: Ich bin die Wurzel und das Geschlecht Davids, der helle Stern des Morgens. Es ist eine feierliche und eindrucksvolle Erklärung, die hier von dem aufgezeichnet wird, der Johannes zum Schreiben inspiriert hat, als sein Engel ihm Zeugnis über die Gemeinden Kleinasiens und die Kirche als Ganzes bis zum Ende der Zeit gab. Er hat das Recht, die Vollmacht, dies zu tun; denn Er, Jesus, ist sowohl der Spross als auch der Nachkomme Davids, die Beziehung dieser beiden ist wie die Morgenröte und der Sonnenaufgang, sowohl Davids Herr als auch Davids Sohn; und Er ist der helle Stern des Morgens, der Tagesspring aus der Höhe, Lukas 1,78, von dem die Propheten gesprochen haben; Er ist der ewige Gott.

    Es ist die zärtlichste und gnädigste Einladung, die er in diesem Buch und im ganzen Evangelium ausspricht: Und der Geist und die Braut sagen: Komm, und wer es hört, soll sagen: Komm, und wer durstig ist, soll kommen, und wer es begehrt, soll das Wasser des Lebens umsonst nehmen. Dies ist sicherlich ein ausreichender Beweis für die Aufrichtigkeit von Gottes Aufruf zur Umkehr und zum Glauben. Was der Geist in so vielen Abschnitten der Heiligen Schrift sagt, was die Kirche seit so vielen Jahrhunderten gepredigt hat, das sollte jeder, der die gnädige Einladung hört, an den Freuden des ewigen Heils teilzuhaben, nachempfinden können. Wer nach der Gerechtigkeit des Herrn, wie sie in seinem Wort offenbart ist, hungert und dürstet, ist frei eingeladen, an ihr in vollem Maße teilzuhaben, ohne Geld und ohne Preis. Mit diesem gnädigen Ruf und dieser Einladung im Ohr sollten die Gläubigen ihren Marsch vorwärts und aufwärts fortsetzen, bis ihr Schlachtruf in den ewigen Triumphschrei verwandelt wird.

    Nun fügt Johannes sein eigenes persönliches Zeugnis für die göttliche Wahrheit seiner Aussagen hinzu. Denn ich bezeuge jedem, der die Worte der Weissagung dieses Buches hört: Wenn jemand etwas hinzufügt, so wird Gott ihm die Plagen zufügen, die in diesem Buch geschrieben stehen; und wenn jemand etwas wegnimmt von den Worten des Buches dieser Weissagung, so wird Gott sein Teil wegnehmen von dem Baum des Lebens und von der heiligen Stadt, wie sie in diesem Buch beschrieben sind. Johannes hat die Visionen und Offenbarungen, die er hatte, beschrieben; er hat die Prophezeiungen, die er empfangen hat, aufgeschrieben. Er selbst hat nichts hinzugefügt und nichts weggenommen. Aber er rät auch anderen eindringlich, sich nicht in die von ihm aufgezeichneten Prophezeiungen einzumischen. Wer das täte, würde all die Glückseligkeit verlieren, die denen in Aussicht gestellt wird, die treu sind bis in den Tod, und all die schrecklichen Plagen erleiden, die im ganzen Buch als auf die Feinde Gottes herabkommend beschrieben werden.

    Noch einmal hört Johannes die Stimme des Herrn: Er, der dies bezeugt, sagt: Ja, ich komme bald. Diese Tatsache dürfen die Christen nie vergessen: Die Ankunft des Herrn kann jederzeit erwartet werden. Und wir, alle Gläubigen, antworten dem Herrn mit einem freudigen Ruf: Amen, komm, Herr Jesus! Und in diesem Sinne nehmen wir den apostolischen Segen, mit dem Johannes sein Buch schließt, an und begrüßen ihn: Die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit euch allen. Amen. Wer Vergebung der Sünden hat, hat auch Leben und Heil. Das ist unser Trost in diesem Leben, bis wir in der Ewigkeit unsere Augen öffnen, um zu sehen und zu genießen, was wir hier gehofft und geglaubt haben.

 

Zusammenfassung: Der Seher beendet sein Bild von der Herrlichkeit des Himmels und beschreibt die Sehnsucht Christi nach seinen Gläubigen und ihren sehnlichen Ruf nach seinem Kommen.



A Aus: Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften. Hrsg. von Joh. Georg Walch. Nachdr. der 2., überarb. Aufl. St. Louis, Missouri. Bd. 14. Groß Oesingen: Verl. der Lutherischen Buchhandlung Heinrich Harms. 1987. Sp. 130-139

B Luther bezieht sich hier wohl auf das Sacco di Roma, die Einnahme und Plünderung Roms durch Soldaten Kaiser Karls V. 1525. (Anm. d. Hrsg.)

[1] Über die sieben Städte, vgl. Cobern, The New Archeological Discoveries. 561-571; Barton, Archeology and the Bible, 221-230.

1A Zusatz, entnommen aus: Carl Manthey-Zorn: Die Offenbarung St. Johannis. Zwickau i.S.: Johannes Herrmann. 1910. S. 67-69.

[2] Für Kapitel 1-3, vgl. Syn. Ber., Iowa Dist., 1894; Lehre Und Wehre, 1920, 289 ff.

[3] Luther, 14, 134

[4] Ebd.

[5] Luther, 14, 135.

[6] Cobern, The New Archeological Discoveries, 37.

[7] Luther, 14, 135.

[8] Cobern, The New Archeological Discoveries, 192.

[9] Synodal- Bericht., Südlicher Distrikt, 1918, 22; Englischer Distrikt, 1918. [Missouri-Synode]

[10] Concordia Trigotta., 51; Synodal-Bericht, Südlicher Distrikt, 1918; Englischer Distrikt, 1918; Allgemeine Synode, 1857; Ebeling, Gottes Wort, der Christen Hoffnung und der Welt Träume; Schumm, Essay on. Rev. 20. [Lehrt Offenbarung 20 ein tausendjähriges Reich?] https://www.lutherische-bekenntnisgemeinde.de/default.htm Unter: Das prophetische Wort