Der erste Brief des Apostels Johannes

 

Luthers Vorrede auf die drei Episteln des Johannes 

Einleitung                                            

Kapitel 1                                              

Kapitel 2                                              

Kapitel 3                                              

Kapitel 4                                              

Kapitel 5                                              

Paul Edward Kretzmann, Die Authentizitaet von 1. Joh. 5,7                                                

 

Luthers Vorrede auf die drei Episteln des Johannes

1522A

 

    1. Die erste Epistel St. Johannes‘ ist eine rechtschaffene apostolische Epistel und sollte billig bald nach seinem Evangelium folgen. Denn gleichwie er im Evangelium den Glauben treibt, so begegnet er in der Epistel denen, die sich des Glaubens rühmten ohne Werke, und lehrt mannigfaltig, wie Werke nicht außen bleiben, wo der Glaube ist. Bleiben sie aber außen, so ist der Glaube nicht rechtschaffen, sondern Lügen und Finsternis. Er tut aber dasselbe nicht mit Treiben aufs Gesetz, wie Jakobus [in seiner] Epistel tut, sondern mit Reizen, dass wir auch lieben sollen, wie Gott uns geliebt hat.

    2. Er schreibt aber auch darinnen hart gegen die Cerinther und gegen den Geist des Antichrists, der dazumal schon anfing, Christus zu verleugnen, dass er ins Fleisch gekommen sei, welches nun allererst recht im Schwange geht. Denn ob man wohl jetzt nicht leugnet mit dem Mund öffentlich, dass Christus ins Fleisch gekommen sei, so leugnen sie es doch mit dem Herzen, mit der Lehre und Leben. Denn wer durch seine Werke und Tun will fromm und selig werden, der tut ebenso viel, wie der Christus verleugnet, da Christus darum ins Fleisch gekommen ist, dass er uns ohne unsere Werke, allein durch sein Blut, fromm und selig machte.

    3. So streitet die Epistel gegen beide Teile, gegen die, so gar ohne Werke sein wollen im Glauben, und gegen die, so mit Werken wollen fromm werden. Und behält uns auf rechter Mittelstraße, dass wir durch den Glauben fromm und der Sünden los werden, und darnach auch, wenn wir nun fromm sind, gute Werke und Liebe um Gottes willen üben, frei ohne alles Gesuch.

 

 

Einleitung

 

    Obwohl der Verfasser dieses Briefes seinen Namen nicht nennt, lässt die Tatsache, dass er von sich selbst als Augenzeuge des Wirkens und der Passion Christi spricht, sowie die Tatsache, dass die Gedanken, der Stil und der gesamte Inhalt des Briefes so eng mit denen des vierten Evangeliums übereinstimmen, keinen Zweifel daran, dass Johannes, der Apostel der Liebe, der Verfasser ist. Aus dem Ton, den er durchgängig anschlägt, geht hervor, dass Johannes seine Leser gut kannte und mit ihnen eine liebevolle Vertrautheit pflegte. Es wird allgemein angenommen, dass es sich um Mitglieder der christlichen Gemeinden in Kleinasien, insbesondere im westlichen Teil der römischen Provinz Asien, handelte. Es scheinen dieselben Menschen gewesen zu sein, für die auch Johannes sein Evangelium geschrieben hat. Diese Gemeinden waren von Paulus oder seinen Begleitern und Schülern gegründet worden. Doch nachdem Paulus um 67 n. Chr. als Märtyrer in Rom gestorben war, verließ Johannes Jerusalem und ließ sich in Ephesus nieder. Während der verbleibenden etwa dreißig Jahre seines Lebens hatte er die Aufsicht über die Gemeinden in Kleinasien. Gegen Ende seines Lebens schrieb er diesen Brief. Als einziger überlebender Apostel und als betagter Pastor, der sich an Menschen einer späteren Generation wendet, spricht er in einem Ton, der seinem Stand entspricht, nämlich dem eines Vaters, der seine Kinder belehrt und ermahnt, in einer Reihe von sehr schönen Appellen.

    Der allgemeine Zweck des Briefes besteht darin, vor Irrlehrern zu warnen, von denen die meisten, wenn nicht alle, aus den Gemeinden selbst gekommen waren. Er bezeichnet sie als falsche Propheten und als Antichristen, weil sie das Geheimnis der Menschwerdung Jesu leugneten, versuchten, den Schrecken, den Christen gegenüber der Sünde empfinden sollten, zu verringern, und die brüderliche Liebe leugneten. Dies war eine Tendenz im Denken und in der Praxis, die in jenen Tagen ganz allgemein anzutreffen war, auch bei den Sektierern, die die christliche Kirche fast ein weiteres Jahrhundert lang beunruhigten.

    Obwohl der Brief keine klare Gliederung aufweist, da er in Briefform geschrieben ist, können wir doch bestimmte Gruppen von Anweisungen und Ermahnungen unterscheiden. Die Einleitung gibt das Thema und den Zweck des Briefes an. Unter dem allgemeinen Gedanken „Gott ist Licht“ zeigt der Apostel, dass der Wandel im Licht die Gemeinschaft mit Gott und mit den Brüdern, das Bewusstsein und das Bekenntnis der Sünde und das Halten der Gebote Gottes einschließt; er schließt den Hass auf die Brüder, die Liebe zur Welt und die Nachfolge unter falschen Lehrern aus. Unter einem zweiten allgemeinen Thema „Gott ist Liebe“ schildert der Apostel die einzigartige Liebe Gottes, der uns zu seinen Kindern berufen hat, und nennt als Beweise der Sohnschaft Gerechtigkeit und Bruderliebe. Er warnt davor, allen Lehrern zu glauben, die sich des Geistes rühmen. Er ermahnt die Gläubigen, einander zu lieben und Gott gleich zu sein, der die Liebe ist und in dieser Liebe seinen Sohn als unseren Erlöser gesandt hat. Er zeigt, dass der Glaube an Christus die Quelle der Liebe ist, und beschreibt die Zeugen unseres Glaubens. Zum Schluss fasst er all seine Belehrungen und Ermahnungen in einem eindringlichen Appell zusammen.[1]

 

 

Kapitel 1

 

Christi Person und Amt (1,1-10)

    1 Das da von Anfang war, das wir gehört haben, das wir gesehen haben mit  unsern Augen, das wir beschaut haben, und unsere Hände betastet haben, vom Wort des Lebens 2 (und das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen und zeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist, welches war bei dem Vater und  ist uns erschienen); 3 was wir gesehen und gehört haben: das verkündigen wir euch, auf dass auch  ihr mit uns Gemeinschaft habt, und unsere Gemeinschaft sei mit dem Vater und mit Sohn, Jesus Christus. 4 Und solches schreiben wir euch, damit eure Freude völlig sei.

    5 Und das ist die Verkündigung, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen, dass Gott ein Licht ist, und in ihm keine Finsternis. 6 Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, und wandeln in Finsternis, dann lügen wir und tun nicht die Wahrheit. 7 Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, dann haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.

    8 Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, dann verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. 9 Wenn wir aber unsere Sünde bekennen, dann ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünde vergibt und reinigt uns von aller Untugend. 10 Wenn wir sagen, wir haben nicht gesündigt, dann machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.

 

    Zur Person Christi (V. 1-4): Der Apostel gibt hier das Thema oder den Gegenstand seines Briefes bekannt: Jesus Christus, das ewige Wort, ist Fleisch geworden, um die Menschen zu erlösen. In der Form, die seine intime Kenntnis des Themas zeigt, schreibt er: Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir mit eigenen Augen gesehen haben, was wir beschaut und mit unseren Händen berührt haben, das ist das Wort des Lebens. Das Wort des Lebens ist sein Thema, das ewige, wesentliche, persönliche Wort, das im Anfang bei Gott war und Gott war, Joh. 1,1.14. Es ist Jesus Christus, der „Wort“ genannt wird, weil Gott sich in ihm geoffenbart hat, sich selbst und seinen ganzen Heilsplan den Menschen bekannt gemacht hat. Er ist das „Wort des Lebens“, weil er als der wahre Gott die Fülle des wahren, ewigen Lebens in sich hat, weil er die Quelle und der Quell allen wahren Lebens ist und weil er allen, die in Wahrheit zu ihm kommen, ewiges Leben schenkt. Von Ihm sagt der heilige Johannes, dass Er von Anfang an war; Er ist nicht am Anfang, bei der Erschaffung der Welt, in der Zeit, in der man die Zeit zu zählen begann, entstanden, sondern Er war. Er existierte bereits: Er ist von Ewigkeit her. Der ewige Sohn Gottes wurde Mensch, denn Johannes sagt, dass er ihn hörte, dass seine eigenen Ohren die Lehre des Lebens von seinen Lippen aufnahmen, dass er ihn mit seinen eigenen Augen sah. Ja, mehr noch: er hatte Gelegenheit genug, diesen wunderbaren Gottmenschen zu betrachten, ihn genau zu betrachten, alles zu bemerken, was er tat; seine Hände berührten und betasteten ihn sogar, denn er war der geliebte Jünger, und der Abend des Passahmahls im Obergemach war zweifellos nicht die einzige Zeit, in der er sich an die Brust Jesu lehnte.

    Johannes hat noch mehr über die Inkarnation und ihren Zweck zu sagen: Und das Leben wurde offenbart, und wir haben das ewige Leben gesehen und bezeugen und verkünden es euch, das, was beim Vater war und uns offenbart wurde. Das Leben, Er, der das Leben ist, die Verkörperung allen wahren Lebens, wurde den Menschen offenbart, offenbart. Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, Joh. 1,14. Johannes spricht absichtlich davon, dass ihr Schauen eine lange Zeit gedauert hat. Sie waren lange genug bei dem Herrn, um zu wissen, dass sie es nicht mit einem Phantom zu tun hatten, sondern mit der persönlichen Offenbarung der zweiten Person der Gottheit. Sie, Johannes und seine Mitapostel, hatten allen Grund, ihrer Aussage und ihres Zeugnisses so sicher zu sein. Sie sahen seine Herrlichkeit, die Herrlichkeit des eingeborenen Sohnes des Vaters. Sie wussten, dass Jesus Christus der wahre Gott und das ewige Leben war. Als solcher, als die ewige Verkörperung und Quelle allen wahren geistlichen Lebens, als derjenige, der von Ewigkeit her beim Vater war und Fleisch geworden ist, der sich uns offenbart hat, der unter den Menschen lebte, Gott und Mensch in einer Person, hatte Johannes ihn verkündet und verkündete ihn.

    Der Apostel nennt auch den Grund für diese nachdrückliche Verkündigung: Was wir gesehen und gehört haben, das verkünden wir auch euch, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt. Johannes und die anderen Jünger machten es sich zur Aufgabe ihres ganzen Lebens, die wunderbare Botschaft des Evangeliums zu verkünden, die wunderbare Geschichte Jesu und seines Erlösungswerkes zu erzählen, damit auch andere Menschen Christus kennenlernen, an ihn glauben und so in die innigste geistliche Gemeinschaft mit den Aposteln und mit allen wahren Gläubigen eintreten können. Durch den Glauben sind alle Gläubigen auf der Erde, unabhängig von ihrer Rasse und ihrer sozialen Stellung, in der Gemeinschaft der Heiligen, in der christlichen Kirche, vereint. Diese Gemeinschaft umfasst aber noch mehr: Unsere Gemeinschaft aber ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. Durch den Glauben sind die Christen nicht nur in einem Verein vereint, der dieselben Lehren vertritt und durch dasselbe Bekenntnis zusammengehalten wird, sondern sie werden dadurch Glieder des Leibes Christi und treten in eine innige Beziehung zu Gott, dem Vater, selbst. Denn als der ewige Vater Jesu Christi, sein Vater auch nach der Menschwerdung, wie er selbst wiederholt bezeugt hat, ist er kraft der Erlösung Christi auch unser Vater. Der Erlöser hat alle Ursachen der Feindschaft beseitigt, indem er unsere Sünden und ihre Schuld auf sich genommen und mit seinem Blut gesühnt hat, wodurch er Gott den Vater mit uns versöhnt hat. So sind wir alle Kinder Gottes durch den Glauben, der in Christus Jesus ist. Es ist eine wunderbare, eine herrliche Beziehung, in der wir stehen. Kein Wunder, dass der Apostel sich gezwungen sieht, hinzuzufügen: Dies aber schreiben wir, damit eure Freude vollkommen sei. Diese Gewissheit der Gottessohnschaft, die Tatsache, dass alle Gründe für Befürchtungen und Ängste beseitigt sind, wird immer dieselbe Wirkung auf die Christen haben, nämlich die, dass sie ihre Freude im Glauben vollständig und vollkommen macht, dass sie ihr Heil ohne das geringste Zögern oder den geringsten Zweifel in Christus und ihrem himmlischen Vater ruhen lässt, dass sie ihnen jenes unaussprechliche Glück des Glaubens vermittelt, das niemand den Gläubigen nehmen kann und das sie selbst inmitten von Elend und Trübsal bewahren. Das ist die Einleitung des Johannesbriefes, ein bemerkenswertes Beispiel für die tröstliche Qualität der Botschaft des Evangeliums.

 

    Wandeln im Licht, gereinigt durch Christi Blut (V. 5-7): Der Apostel beginnt nun seinen eigentlichen Brief, in dem er zunächst sein Thema entwickelt, dass Gott Licht ist: Und das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkünden, dass Gott Licht ist und dass in ihm keine Finsternis ist. Johannes will eine Ankündigung machen, eine Erklärung, eine Botschaft überbringen. Es ist keine Botschaft oder Philosophie, die er selbst erdacht hat; er bietet nicht das Ergebnis einer eigenen Forschung an. Was er schreibt, was er verkündet, ist die Wahrheit Christi, die Wahrheit Gottes; er ist ein Bote Christi, ein Diener des Heils, wie es jeder wahre Seelsorger sein soll. Gott ist Licht, und Finsternis - in ihm gibt es keine. Licht ist Reinheit, Heiligkeit; er ist die Quelle aller wahren Erkenntnis, Weisheit, Glück und Heiligkeit. In Ihm gibt es keine Dunkelheit, keine Unwissenheit, keine Unvollkommenheit, kein Elend, keine Sündhaftigkeit. So wie das Licht das Symbol der Reinheit, der Güte und der Vollkommenheit ist, so symbolisiert die Dunkelheit Unwissenheit, Sündhaftigkeit, Elend und Verderbnis.

    Auf diese Tatsache stützt der Apostel eine Schlussfolgerung für das Verhalten und das Leben der Christen: Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, und in der Finsternis wandeln, sind wir Lügner und praktizieren nicht die Wahrheit. Dass wir durch den Glauben Gemeinschaft mit Gott als unserem himmlischen Vater haben, hatte der Apostel gerade festgestellt. Wenn wir aber nun, die wir bekennen, Christen zu sein und damit mit Gott in innigster Verbindung zu stehen, so leben und uns verhalten, als wären wir noch in der Finsternis, wenn wir der Sünde verfallen sind, wenn wir in irgendeiner Weise der Sünde und dem Verderben dienen, dann ist unser ganzes Leben eine Lüge.  Wir mögen uns unter Umständen selbst täuschen, aber die Lüge ist trotzdem da.  Wir tun dann nicht die Wahrheit, die verlangt, dass wir ein reines und heiliges Leben nach dem Willen unseres himmlischen Vaters führen. In Sünden zu wandeln und zu leben, während wir behaupten, Kinder Gottes zu sein, bedeutet, uns als Lügner und Heuchler zu brandmarken.

    Der heilige Johannes beschreibt das Verhalten der Christen, wie es sein sollte: Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde. Wir sind ein Licht in dem Herrn durch den Glauben, und darum ist es gut, dass wir als Kinder des Lichts wandeln, Eph. 5, 8. Gott, unser himmlischer Vater, ist im Licht, sein ganzes Wesen ist Heiligkeit, alles, was er tut, ist rein und heilig. An diesem Wesen haben wir durch den Glauben teil, und unser Verhalten soll von dem Glauben zeugen, der uns zu Kindern des Lichts gemacht hat und uns befähigt, als Kinder des Lichts zu wandeln, nach Gottes Wohlgefallen und Willen. Wenn wir auf diese Weise ein heiliges und gerechtes Leben führen und beständig Licht, Kraft und Leben von ihm empfangen, dann hat ein solches Verhalten zwei glückliche Folgen.  Erstens haben wir die Gewissheit, dass wir Gemeinschaft miteinander haben: Wir sind durch den Glauben eng mit unserem himmlischen Vater verbunden; wir sind mit den heiligen Aposteln und mit den Christen aller Zeiten durch das Band desselben Glaubens vereint. Wie ein unheiliges, sündiges Leben, ein Verhalten der Sünde und Schande, den Täter von jeder Gemeinschaft mit den Heiligen Gottes und mit Gott selbst ausschließt, so bindet uns ein rechtschaffenes und heiliges Leben, das in der Kraft Gottes durch den Glauben gelebt wird, immer enger an den Herrn und aneinander. Gleichzeitig haben wir die Gewissheit, dass das Blut Jesu, unseres Erlösers, des Sohnes Gottes, uns von allen Sünden reinigt. Trotz der Schwächen und Unvollkommenheiten dieses irdischen Lebens, trotz der vielen Anklagen und Versuchungen seitens des Teufels und der Kinder dieser Welt, haben wir Vergebung der Sünden. Jesus, der wahre Mensch, unser Bruder nach dem Fleisch, aber zugleich der Sohn Gottes, der ewige Gott selbst, hat sein Blut einmal für uns vergossen, und doch hat sein Opfer ewige Gültigkeit und Kraft kraft jener geheimnisvollen, wunderbaren Personalunion der beiden Naturen. Immer, jeden Tag, ohne Unterlass, haben wir Vergebung der Sünden, sind wir gerecht und gerecht und heilig vor Gott durch das Blut Jesu Christi, das immer wirksam ist; bei jeder Sünde haben wir Vergebung, die uns immer und immer wieder im Wort und im Sakrament angeboten und vermittelt und von uns im Glauben angenommen wird.

 

    Die Sünde und ihre Vergebung (V. 8-10): Was Johannes hier bespricht, ist die Irrlehre des Perfektionismus, die Idee, die bis heute von vielen Menschen vertreten wird, nämlich dass sie in dieser Welt einen so vollkommenen Zustand erreichen können, dass sie in ihrer eigenen Person völlig frei von Sünde sind, "in einem ununterbrochenen Gehorsam". Zu diesen sagt der Apostel: Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit, sie ist nicht in uns. Schon die Stellung der Worte drückt das Entsetzen aus, das Johannes bei der bloßen Andeutung einer solchen Lästerung empfunden haben muss. Es gibt in diesem Leben keine vollkommene Heiligung in uns selbst, was die Vergebung der Sünden für uns überflüssig macht. Wer diese törichte Vorstellung hat und sie sogar bekennt, der täuscht sich selbst, der führt sich selbst in die Irre, der verlässt die ewige Wahrheit, wie sie im Wort Gottes offenbart ist. Er leugnet die Wahrheit, dass alle Menschen gesündigt haben und der Herrlichkeit Gottes nicht gerecht werden, dass es keinen gibt, der Gutes tut, nein, nicht einen. Er hat die Wahrheit verlassen, dass wir Sünder vor Gott aus Gnade gerechtfertigt sind, um Christi willen, durch den Glauben. So wird die Wahrheit nicht mehr in einem solchen Menschen sein, er ist verloren in der Blindheit der Selbstgerechtigkeit, er hat die Gemeinschaft mit Gott und mit Jesus Christus, seinem Retter, verloren.

    Aber auf der anderen Seite: Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns von aller Ungerechtigkeit reinigt. Das ist der Brauch der Christen, ihre Übertretungen vor ihren himmlischen Vater in Reue und Buße zu bringen, sie alle zu bekennen, ohne Entschuldigung oder Versuch der Milderung. Wir können das so frei tun, weil wir wissen, dass Gott durch das Blut seines Sohnes mit uns versöhnt ist. Er vergibt uns unsere Sünden um Christi willen, er reinigt uns von all unseren Unvollkommenheiten und Ungerechtigkeiten, von den Sünden, die noch an uns haften und uns in der Erfüllung des Willens Gottes zurückbleiben lassen. Das kann er tun, weil die Gerechtigkeit Christi in ausreichender Menge vorhanden ist, um alle unsere Schuld aufzuwiegen; seine Sühne ist groß genug, um alle unsere Sünden zu bedecken. Außerdem erweist sich unser himmlischer Vater damit als treu gegenüber seinen Verheißungen (Hebr. 10,23). Und er ist gerecht. Nachdem er die Erlösung Christi, seine vollkommene Versöhnung, angenommen hat, wäre es ein Akt der Ungerechtigkeit und des Unbilligen, wenn er sein Versprechen, das durch das Blut Jesu bestätigt wurde, brechen würde. Wäre Christus noch im Grab, dann wäre unsere Hoffnung vergeblich; aber mit dem auferstandenen, zur Rechten Gottes erhobenen Christus sind wir mutig und trotzig im Glauben.

    Der Apostel erhebt erneut warnend den Finger, um den Stolz und die Selbstgerechtigkeit unserer Herzen zu bremsen: Wenn wir sagen, dass wir nicht gesündigt haben, machen wir Ihn zum Lügner, und sein Wort, das ist nicht in uns. Wenn jemand, der das Wort Gottes überhaupt kennt, so blind und verkehrt ist, dass er seine eigene Sündhaftigkeit leugnet, dann erstickt er die Stimme seines Gewissens, er legt das gesamte Wort des Evangeliums beiseite, er verwirft die gesamte Erfahrung der Menschheit. So macht er Gott zum Lügner; denn der gesamte Inhalt seines Wortes kann in den beiden Worten Sünde und Gnade wiedergegeben werden; und er hat ganz gewiss nicht die geringste Vorstellung von der Wahrheit Gottes, wie sie in seinem geoffenbarten Wort enthalten ist. Jeder Christ möge sich daher mit aller Wachsamkeit vor einer solchen Täuschung hüten und zu diesem Zweck das Studium des Wortes Gottes zu einer täglichen Übung machen. Dann wird ihm seine eigene Sünde, vor allem aber die Größe der Barmherzigkeit Gottes mit immer größerem Nachdruck offenbart werden.

 

Zusammenfassung: Der Apostel gibt eine kurze Zusammenfassung der Lehre über die Person und das Amt Christi und zeigt gleichzeitig, dass Gott Licht ist und dass wir in diesem Licht wandeln sollen, indem wir unsere Sünden erkennen und anerkennen, aber auch die Vergebung Gottes durch das Blut Christi.

 

 

Kapitel 2

 

Christi Sühnopfer und seine Auswirkung auf unser Leben (2,1-29)

    1 Meine Kindlein, solches schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt. Und wenn jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus, der gerecht ist. 2 Und derselbe ist das Sühnopfer für unsere Sünde, nicht allein aber für die unsere, sondern auch für die der ganzen Welt.

    3 Und an dem merken wir, dass wir ihn kennen, so wir seine Gebote halten. 4 Wer da sagt: Ich kenne ihn, und hält seine Gebote nicht, der ist ein Lügner, und in solchem ist keine Wahrheit. 5 Wer aber sein Wort hält, in solchem ist wahrlich die Liebe Gottes vollkommen. Daran erkennen wir, dass wir in ihm sind. 6 Wer da sagt, dass er in ihm bleibt, der soll auch wandeln, gleichwie er gewandelt hat.

    7 Brüder, ich schreibe euch nicht ein neu Gebot, sondern das alte Gebot, das ihr habt von Anfang gehabt. Das alte Gebot ist das Wort, das ihr von Anfang gehört habt. 8 Wiederum ein neues Gebot schreibe ich euch, das da wahrhaftig ist bei ihm und bei euch; denn die Finsternis ist vergangen, und das wahre Licht scheint jetzt. 9 Wer da sagt, er sei im Licht, und hasst seinen Bruder, der ist noch in Finsternis. 10 Wer seinen Bruder liebt, der bleibt im Licht, und ist kein Ärgernis bei ihm. 11 Wer aber seinen Bruder hasst, der ist in der Finsternis und wandelt in der Finsternis und weiß nicht, wo er hingeht; denn die Finsternis hat seine Augen verblendet.

    12 Liebe Kindlein, ich schreibe euch, dass euch die Sünden vergeben werden durch seinen Namen. 13 Ich schreibe euch Vätern; denn ihr kennt den, der von Anfang ist. Ich schreibe euch Jünglingen; denn ihr habt den Bösewicht überwunden. Ich schreibe euch Kindern; denn ihr kennt den Vater. 14 Ich habe euch Vätern geschrieben, dass ihr den kennt, der von Anfang ist. Ich habe euch Jünglingen geschrieben, dass ihr stark seid, und das Wort Gottes bei euch bleibt, und ihr den Bösewicht überwunden habt. 15 Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebhat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters. 16 Denn alles, was in der Welt ist (nämlich des Fleisches Lust und der Augen Lust und hoffärtiges Leben), ist nicht vom Vater, sondern von der Welt. 17 Und die Welt vergeht mit ihrer Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit.

    18 Kinder, es ist die letzte Stunde; und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, und nun sind viel Antichristen geworden; daher erkennen wir, dass die letzte Stunde ist. 19 Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns. Denn wenn sie von uns gewesen wären, so wären sie ja bei uns geblieben; aber damit sie offenbar würden, dass sie nicht alle von uns sind. 20 Und ihr habt die Salbung von dem, der heilig ist; und wisst alles.

    21 Ich habe euch nicht geschrieben, als wüsstet ihr die Wahrheit nicht, sondern ihr wisst sie und wisst, dass keine Lüge aus der Wahrheit kommt. 22 Wer ist ein Lügner, außer der da leugnet, dass Jesus der Christus ist? Das ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet. 23 Wer den Sohn leugnet, der hat auch den Vater nicht. 24 Was ihr nun gehört habt von Anfang, das bleibe bei euch. So bei euch bleibet, was ihr von Anfang gehört habt, so werdet ihr auch bei dem Sohn und Vater bleiben. 25 Und das ist die Verheißung, die er uns verheißen hat: das ewige Leben.

    26 Solches habe ich euch geschrieben von denen, die euch verführen. 27 Und die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibt bei euch, und bedürft nicht, dass euch jemand lehre, sondern wie euch die Salbung allerlei lehrt, so ist’s wahr, und ist keine Lüge; und wie sie euch gelehrt hat, so bleibt bei demselben. 28 Und nun, Kindlein, bleibt bei ihm, damit, wenn er offenbart wird, dass wir Freudigkeit haben und nicht zuschanden werden vor ihm bei seinem Kommen. 29 So ihr wisst, dass er gerecht ist, so erkennt auch, dass, wer recht tut, der ist von ihm geboren.

 

    Christus, unser Fürsprecher und Sühnopfer (V. 1-2): Wenn es eine Form der Ermahnung gibt, die einen tiefen Eindruck hinterlassen sollte, dann ist es diese Form des liebevollen und persönlichen Appells, den der Apostel hier verwendet: Meine lieben Kinder, dies schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt. Dies ist die Lieblingsansprache des Apostels, die eines liebevollen Vaters an die Kinder, die er zärtlich liebt. Er erinnert sie daran, dass sie ihre neue geistliche Natur zeigen müssen, indem sie der Sünde widerstehen. Er hat ihnen bereits gesagt, dass ihre Gemeinschaft mit Christus und Gott sie daran hindert, der Sünde zu dienen.  Er hat ihnen den gesegneten Trost gegeben, dass Gott ihnen die Sünden vergibt, die sie sozusagen unversehens begehen. Die Folge muss natürlich sein, dass die Christen von der Sünde ablassen, dass sie nicht zulassen, dass die Sünde sie beherrscht, wie Luther schreibt, dass sie sich weigern, willige Knechte der Sünde zu sein, Röm. 6,12.14.

    Es ist eine tröstliche Aussage, die der Apostel hinzufügt: Und wenn jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus, den Gerechten; und er ist die Versöhnung für unsere Sünden, aber nicht für die unseren allein, sondern auch für die der ganzen Welt. Wenn jemand sündigt, wenn er trotz aller Wachsamkeit stolpert und fällt, dann ist es nicht Gottes Wille, dass er in seinem unglücklichen Zustand bleibt und verzweifelt. Er soll vielmehr daran denken, dass Jesus Christus, der in sich selbst absolut gerecht und ohne eine einzige Sünde, einen Fleck oder Makel ist, der auch das Gesetz Gottes an unserer Stelle vollkommen erfüllt hat, unser Fürsprecher, unser Fürsprecher beim Vater ist. Er starb für unsere Vergehen, wurde aber zu unserer Rechtfertigung auferweckt. Er ist zur Rechten Gottes, er tritt für uns ein, Röm. 8,34. Er kann auf sein vollkommenes Sühnopfer verweisen, das für alle Menschen erworben wurde und allen Gläubigen zugerechnet wird. Jesus kann wahrhaftig der Fürsprecher für unsere Sache sein, denn er ist der Sühneträger für unsere Sünden. „Unser Fürsprecher plädiert nicht auf unsere Unschuld und führt auch keine mildernden Umstände an. Er anerkennt unsere Schuld und stellt sein stellvertretendes Werk als Grund für unseren Freispruch dar.“[2] Er hat die volle Strafe für die Sünden der ganzen Welt erlitten. Er selbst ist die Versöhnung, er ist Hoherpriester und Opfer zugleich. Man kann diesen einen Punkt nicht oft und nicht stark genug betonen, nämlich dass die Erlösung Christi für die ganze Welt, für jeden einzelnen Menschen, der je gelebt hat oder heute lebt, erfolgt ist, dass sie ohne unser Verdienst und sogar ohne unseren Glauben da ist, wobei letzterer nur die Hand ist, die das Heil annimmt, wie es für alle Menschen bereit liegt. Das ist die große Kunst des Glaubens, sich inmitten von Versuchung und Sünde an Christus zu klammern, in dem Wissen, dass seine Genugtuung jeden denkbaren Fall abdeckt und nicht auf einen Einzelfall oder eine Klasse von Menschen beschränkt war. Er ist mein Beistand, mein Fürsprecher, mein Erlöser.

 

    Christi Gebote halten (V. 3-6): Der Glaube an Christus, den Erlöser, bestätigt und festigt die Gemeinschaft, die wir mit ihm und unserem himmlischen Vater haben. Das Ergebnis ist eine lebendige Erkenntnis von Christus: Daran können wir erkennen, dass wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote halten. Ein bloßes kaltes, äußerliches Wissen über Gott, ein bloßes Kopfwissen über sein Wesen und seine Eigenschaften, ist kein wahrer Glaube und wird keine Frucht bringen. Eine echte Vorstellung von Gott ist diejenige, die Gott anerkennt und auf ihn als den himmlischen Vater vertraut, der uns in Christus versöhnt hat und uns um seinetwillen liebt. Wenn wir nach den Geboten dieses himmlischen Vaters leben, wenn wir tun, was sein heiliger Wille von uns verlangt, dann dürfen wir dies als Beweis dafür nehmen, dass wir die richtige Gotteserkenntnis besitzen. Unser Leben als Christen ist das Zeichen für unsere Gemeinschaft mit Gott.

    Heuchler und nur dem Namen nach Gläubige sollten sich also hüten: Wer sagt: „Ich kenne ihn“, und seine Gebote nicht hält, ist ein Lügner, und in ihm ist die Wahrheit nicht. Gott will ein echtes Halten seines Willens. Er verabscheut Betrug und Heuchelei. Ein bloßes äußeres Glaubensbekenntnis, ein bloßes Rufen "Herr, Herr" kann den gewünschten Eindruck auf die Menschen machen, zumal echte gute Werke nachgeahmt werden können. Gott prüft den Zustand der Werke sehr genau; er kennt den Beweggrund, der jedes Wort und jede Tat eines jeden Menschen veranlasst. Der Heuchler mag andere täuschen, aber sich selbst kann er nicht wirklich täuschen, und seine Bemühungen, Gott zu täuschen, sind eitel und töricht. Der Heuchler, der bloße Kopf- und Mundchrist, ist ein Lügner, er weiß nicht wirklich, was Wahrheit ist; er hat sich so weit vom ehrlichen Christentum entfernt, dass alle seine vorgetäuschten Bemühungen ihm nichts nützen.

    Vom wahren, ehrlichen Christen schreibt Johannes: Wer aber sein Wort bewahrt, in dem ist die Liebe Gottes wahrhaft vollendet; an ihm wissen wir, dass wir in ihm sind. Aus der Gotteserkenntnis im Glauben fließt die wahre Liebe Gottes. Diese Liebe findet ihren Ausdruck darin, dass der Christ das Wort Gottes bewahrt, dass wir tun, was wir als seinen Willen kennen, dass wir alles unterlassen, was seinem Willen widerspricht. Wenn dies unsere Haltung ist, wenn dies in unserem ganzen Verhalten, in unserem ganzen Leben zum Ausdruck kommt, dann ist unsere Liebe zu Gott wirklich vollendet, gibt einen richtigen, lebendigen Rechenschaftsbericht ab, gibt einen untrüglichen Beweis für den rechten Zustand unseres Herzens. Ein wirklich christliches Leben ist das Zeichen der Gemeinschaft mit Gott, es zeigt, dass unser Leben mit ihm verbunden ist, dass wir alle unsere Kraft von ihm erhalten.

    Daraus folgt, wie der heilige Johannes es ausdrückt: Wer sagt, dass er in ihm bleibt, ist auch verpflichtet, sich so zu verhalten, wie er sich verhalten hat. Die Gemeinschaft mit Gott, in die wir durch den Glauben eintreten, ist keine Angelegenheit von ein paar Stunden oder Tagen, sondern eine lebendige, dauerhafte Kraft im Leben des Christen. Der Christ möchte in der Gemeinschaft mit Gott bleiben, von dessen wunderbarem Einfluss er eine Kostprobe bekommen hat. Deshalb nimmt er sich das Leben und Verhalten Christi zum Vorbild und versucht mit aller Kraft, die ihm der Glaube verleiht, seinen Schritten zu folgen. Das Leben Christi ist das Muster, das Vorbild; wir müssen zumindest seine vorbildliche Lebens- und Handlungsweise nachahmen. So ist das ganze christliche Leben Gehorsam gegenüber Gottes Gebot. Dieser Gehorsam resultiert aus der wahren Gemeinschaft mit Gott und ist ihr Kennzeichen und Beweis. Und alles gründet sich auf die Gewissheit der Vergebung der Sünden.

 

    Im Licht bleiben (V. 7-11): Der wichtigste Faktor im Leben der Gläubigen ist die Liebe zu den Brüdern, und deshalb widmet der Apostel diesem Thema einen eigenen Abschnitt: Geliebte, ich schreibe euch nicht ein neues Gebot, sondern ein altes Gebot, das ihr von Anfang an hattet; das alte Gebot ist das Wort, das ihr gehört habt. Als Apostel der Liebe wendet sich Johannes in der liebevollen Art und Weise an seine Leser, die von seiner Liebe zeugt. Es ist kein neues, neues, seltsames, unerhörtes Gebot, über das er schreibt, so dass sie sich alle fragen würden, warum er in dieser Weise zu ihnen spricht. Es war ein altes Gebot, eines, das sie seit Beginn ihres christlichen Lebens gehört hatten. Mit anderen Worten, er erklärte ihnen das Wort Gottes, wie sie es immer gehört hatten, von allen ihren Lehrern; denn alle Apostel und ihre Helfer predigten dieselbe Wahrheit.

    Obwohl es aber die alte, alte Wahrheit war, die er verkündete, konnte er trotzdem schreiben: Wiederum schreibe ich euch ein neues Gebot, was in ihm und in euch wahr ist, denn die Finsternis vergeht, und das wahre Licht leuchtet schon jetzt. Die Wahrheit ändert sich nicht, sie bleibt immer dieselbe. Aber der Apostel sagt, dass seine Lehre und das besondere Gebot, das er im Sinn hat, aus einem anderen Blickwinkel, aus einer anderen Sicht, ein neues Gebot ist. Die Form, in der er es darlegt, die Vehemenz, mit der er darauf besteht, verleiht ihm einen Hauch von Neuheit, weckt neues Interesse dafür. Das Gebot ist in der Offenbarung Jesu Christi enthalten, hat sich in ihm erfüllt und wird durch die Erfahrung der Gläubigen bestätigt. Christus hat seine Brüder wahrhaftig geliebt und uns damit ein Beispiel für wahre Bruderliebe hinterlassen. Bei ihm gab es weder in dieser noch in einer anderen Hinsicht irgendeine Finsternis. Aber auch für uns Christen gilt, dass die frühere Finsternis der Sünde und der Selbstsucht vergeht und das wahre Licht von Gott uns erleuchtet. Unsere Herzen sind von der Schönheit und der Kraft der Gnade Gottes in Christus Jesus erleuchtet worden, und in dieser Kraft beginnen wir, das Bild Gottes in unseren Herzen zu erneuern. Und obwohl die Schatten aufgrund unserer sündigen Natur noch häufig sind, wissen wir, dass sie vollständig und endgültig vertrieben werden, wenn die Sonne des ewigen Lebens über uns aufgehen wird.

    Der Apostel fügt hier eine ernste Warnung ein: Wer sagt, er sei im Licht, und doch seinen Bruder hasst, ist bis jetzt in der Finsternis. Wer seinen Bruder liebt, bleibt im Licht, und es gibt keinen Anlass zum Stolpern; wer aber seinen Bruder hasst, ist in der Finsternis und wandelt in der Finsternis und weiß nicht, wohin er geht, weil die Finsternis seine Augen verblendet hat. Die Unterscheidung, die der Apostel macht, ist sehr klar. Wenn sich jemand zum Christentum bekennt, haben die Menschen das Recht, ein entsprechendes Verhalten von ihm zu erwarten, ein Verhalten, das mit dem Willen und dem Charakter Christi übereinstimmt, ein Verhalten, das sich durch den Ausdruck der brüderlichen Liebe auszeichnet. Fehlt also die Bruderliebe, gibt es Anzeichen von Haß, so zeigt das, daß ein solcher Mensch trotz aller Beteuerungen noch in der Finsternis ist; er ist noch nicht wirklich bekehrt, Glaube und Hoffnung haben keinen Platz in seinem Herzen. Wo ein Mensch echte Bruderliebe hat und zeigt, nicht die billige Imitation, die in unseren Tagen so oft als das Echte gepriesen wird, da ist und bleibt ein solcher Mensch im Licht der Gnade Gottes, mit Glaube und Liebe in seinem Herzen. Da er im Licht steht, ist er nicht in Gefahr, in Fallen zu stolpern, die ihm die Arglist des Teufels und böser Menschen stellen kann, wie zum Beispiel die Teilnahme an der falschen Nächstenliebe unserer Tage, die besonders von den vielen antichristlichen Gesellschaften praktiziert wird. Der Herr kann Heuchelei, Betrug und Scheinheiligkeit nicht ertragen. Wenn jemand in seinem Herzen Hass gegen seinen Bruder hegt, liegt sein ganzes Leben, alles, was er tut und unternimmt, in der Dunkelheit des Unglaubens und der falschen Nächstenliebe. Er mag versuchen, das zu tun, was echte Christen tun, aber weil das Licht des Glaubens in seinem Herzen noch nicht aufgegangen ist, weil die Augen seines Verstandes noch nicht erleuchtet sind, weil er kein Urteilsvermögen in geistlichen Dingen hat, deshalb sind alle seine Bemühungen vergeblich, sie führen ihn nirgendwohin, was das wahre Christentum betrifft, sie haben keinen Wert vor Gott, was die wahre Heiligung betrifft. Welch ein eindringlicher Appell an alle Christen, sich um die Reinheit der brüderlichen Liebe auf der Grundlage des rechtfertigenden und heiligenden Glaubens zu bemühen!

 

    Ein Aufruf an Jung und Alt (V. 12-14): Der Apostel ist im Begriff, eine ernste Warnung vor den Versuchungen und Gefahren der Liebe zur Welt einzufügen. In der Einleitung zu dieser Warnung erinnert er die Christen verschiedener Altersstufen an ihre Stellung und an die Pflicht, die sie sich selbst auferlegt haben: Ich schreibe euch, meine lieben Kinder, weil euch eure Sünden um seines Namens willen vergeben worden sind. Es ist der liebevolle Ton und die Anrede des geistlichen Vaters, der sich an diejenigen wendet, die mit ihm in der Gemeinschaft der christlichen Liebe verbunden sind. Sein Appell beruht darauf, dass sie der wunderbarsten Gabe Gottes teilhaftig geworden sind, der Vergebung der Sünden um des Namens Christi willen. Weil Christus eine vollkommene Genugtuung für die Sünden der ganzen Menschheit erlangt hat, weil er sowohl ihre Schuld als auch ihre Strafe auf sich genommen und Gott mit der ganzen Welt versöhnt hat, sind wir mit dem Vater in jener wunderbaren mystischen Vereinigung vereint, die es für uns selbstverständlich macht, auf den Wegen seines Willens zu wandeln.

    Der heilige Johannes unterscheidet nun zwischen den verschiedenen Klassen von Christen, an die er schreibt: Ich schreibe an euch, Väter, weil ihr den erkannt habt, der von Anfang an war; ich schreibe an euch, Jünglinge, weil ihr den Bösen überwunden habt. An die Väter, an die älteren Christen, wendet sich Johannes, weil sie gelernt haben, den zu kennen und auf den zu vertrauen, der von Anfang an war, nämlich auf den ewigen Sohn Gottes, weil ihr Glaube auf ihm als ihrem Herrn und Erlöser ruht. Den jüngeren Christen sagt er, dass er diesen Appell an sie richtet, weil sie bereits dem Bösen, dem Teufel, mit all seinen Versuchungen zum Bösen entsagt und ihn überwunden haben. Obwohl der Kampf noch andauert, sind die Gläubigen immer im Vorteil gegenüber den Machenschaften und Tricks des Satans, sie sind in der Lage, alle seine Vorstöße wirkungsvoll zu unterbinden.

    Dieser Punkt ist so wichtig, dass der Apostel seinen Appell variiert: Ich habe euch geschrieben, ihr Kinder, weil ihr den Vater erkannt habt; ich habe euch geschrieben, ihr Väter, weil ihr den erkannt habt, der von Anfang an ist; ich habe euch geschrieben, ihr Jünglinge, weil ihr stark seid und das Wort Gottes in euch bleibt und ihr den Bösen überwunden habt. Auch hier soll das Wort Kinder auf die innige Beziehung hinweisen, die zwischen den Lesern dieses Briefes und dem Schreiber, aber noch mehr zwischen den Christen und ihrem himmlischen Vater besteht. Denn er schreibt, dass sie den Vater kennengelernt haben, dass sie glauben gelernt haben, dass er um Christi willen ihr Vater ist, dass sie mit ihm durch eine solche Glaubensgemeinschaft verbunden sind. Die Väter, die älteren Christen, sollten nie vergessen, dass sie die Person und das Amt Christi richtig verstanden haben, als des ewigen Sohnes Gottes, der in diese Welt kam, um der Erlöser der ganzen Menschheit zu werden. Und die Jüngeren, deren siegreichen Kampf gegen den Teufel der Apostel soeben erwähnt hat, sollen nie aus den Augen verlieren, dass ihre Kraft nicht aus ihnen selbst kommt, sondern ihnen durch das Wort Gottes vermittelt wird. Durch das Evangelium gibt uns der Heilige Geist die Kraft, allen Angriffen des Teufels zu widerstehen und bis zum Ende siegreich zu bleiben. So erinnert uns der heilige Johannes an die Segnungen, die wir in unserer Stellung als Christen genießen, an die Herrlichkeit, die uns in dieser Beziehung zu Gott zukommt, um in uns den unerschütterlichen Vorsatz zu wecken und zu bekräftigen, Christus treu zu sein und uns von niemandem die Krone nehmen zu lassen.

 

    Warnung davor, die Welt lieb zu haben (V. 15-17): Auf die Tatsache, dass er es mit Gläubigen zu tun hat, die eine große Erfahrung mit der Barmherzigkeit des Vaters und der Gnade Christi haben, stützt der Apostel seinen warnenden Aufruf: Liebt nicht die Welt noch die Dinge, die in der Welt sind. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm. Es ist einerseits richtig, dass wir alle Menschen, unabhängig von ihrer Einstellung zum Evangelium, zum Gegenstand unserer barmherzigen und wohlwollenden Betrachtung machen sollen, Gal. 6,9.10. Vor allem sollen wir versuchen, ihnen allen die wunderbare Botschaft von der Gnade Gottes in Christus Jesus zu bringen, Matth. 28,19.20. Aber eine ganz andere Sache ist es, sich mit ihnen zu verbrüdern, während die Ungläubigen darauf beharren, das Wort Gottes zu verwerfen und in ihrer geistlichen Finsternis und Verdammnis zu bleiben. In diesem Sinne können und sollen wir die Welt, die Ungläubigen, nicht lieben. Wir sollten die Dinge meiden und verabscheuen, an denen sich die Ungläubigen erfreuen, mit denen sie sich ausschließlich beschäftigen - die geizige Liebe zum Geld, die Vergnügungen der Sünde, insbesondere die Übertretungen des sechsten Gebots, das Streben nach Ehre vor den Menschen, geschäftliche Pläne und Praktiken, die im Widerspruch zum Gesetz der Liebe stehen. Wenn jemand bekennt, Christ zu sein, und dennoch die Gesellschaft der Welt, der Kinder der Welt sucht und an den sündigen Vergnügungen, Zeitvertreib und Praktiken teilnimmt, denen sie frönen, so überführt er sich damit selbst, kein echter Jünger des Herrn zu sein, und zeigt, dass die Liebe zu Gott, seinem himmlischen Vater, nicht in seinem Herzen lebendig ist. Denn wie kann ein Mensch mit den Feinden Gottes in den Banden einer wahren Freundschaft verbunden sein? Wo die Liebe zur Welt und ihren Wegen beginnt, da beginnt auch der Hass gegen Gott. Wo die Liebe zur Welt die Oberhand gewinnt, gibt es nichts als den geistlichen Tod.

    Wie es zu diesem Zustand kommt, erklärt der Apostel: Denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der stolze Prunk des Lebens, das ist nicht vom Vater, sondern von der Welt. Das ist die ganze Vorstellung, das einzige Ziel der Kinder dieser Welt: die Lust des Fleisches, das Verlangen, das zu haben und zu genießen, was ihrer verderbten Natur gefällt, die böse Neigung ihres Herzens, sei es in Essen und Trinken oder in sinnlichen Genüssen; die Begierde der Augen, wenn die Menschen die Sinnlichkeit ihres Herzens durch Anblicke zu befriedigen suchen, die dazu bestimmt sind, diese Begierde zu befriedigen, wie in unreinen, unzüchtigen Bildern und schmutzigen Theateraufführungen; der Stolz, die Prahlerei, die auffällige Zurschaustellung dieses Lebens, wenn die Menschen es darauf anlegen, ihren Reichtum, sehr oft unrechtmäßig erworbenen, zur Schau zu stellen. All diese Dinge stimmen nicht mit der neuen geistlichen Gesinnung überein, die in den Gläubigen, in den Kindern Gottes zu finden sein sollte; sie kommen nicht von oben, vom Vater des Lichts, sondern von unten, aus dem Reich der Finsternis. Diese Sünden sind die Sphäre, in der die Kinder der Welt leben und sich bewegen, und von der die Gläubigen immer weit entfernt sein sollten.

    Mit warnendem Nachdruck fügt der Apostel deshalb hinzu: Und die Welt vergeht und ihre Lust; Wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit. Diese Welt mit all ihren sündigen Lüsten und Begierden vergeht; das Urteil der Verurteilung ist gesprochen, und die endgültige Vernichtung ist unausweichlich. Der Gedanke ist nicht nur, dass die Welt und all ihre so genannten Vergnügungen vergänglich sind, sondern auch, dass sie verdorben sind und der ewigen Verdammnis unterliegen. Nur derjenige, der den Willen Gottes tut, der immer in Übereinstimmung mit dem Willen des himmlischen Vaters wandelt und sich verhält, dessen Gemeinschaft mit dem Herrn sich in einem Verhalten ausdrückt, das immer seine Zustimmung findet, nur er wird das ewige Leben erlangen, denn nur er wird jenen Beweis in der Liebe erbracht haben, der die Anwesenheit des Glaubens im Herzen beweist. So dürfen wir Christen nie vergessen, dass unser Glaube die Frucht eines christlichen Verhaltens, wahrer brüderlicher Liebe und der Verleugnung der Welt und ihrer Begierden tragen wird.

 

    Eine Warnung vor antichristlichen Lehren (V. 18-20): Bei aller Ernsthaftigkeit ist diese Warnung liebevoll formuliert: Kinder, es ist die letzte Stunde, und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, und nun sind viele Antichristen erschienen; daher wissen wir, dass es die letzte Stunde ist. Der Apostel eröffnet auch diesen Abschnitt mit einer Erinnerung an unsere Gemeinschaft mit Gott, an unsere Sohnschaft zu Gott. Die letzte Periode der Welt wurde mit dem Kommen des Erlösers im Fleisch eingeläutet, und Johannes nennt diese Periode in der Terminologie Gottes passenderweise die letzte Stunde, denn es ist eine kurze, eine sehr kurze Zeit, bis der Herr in Herrlichkeit wiederkommen wird, um die Lebenden und die Toten zu richten. Es ist die Zeit des Bestehens der Welt, in der, wie der heilige Paulus gelehrt hatte und die Christen von allen ihren Lehrern gehört hatten, der große Antichrist auftreten sollte, 2. Thess. 2,3-7. Und so wie das Geheimnis der Ungerechtigkeit bereits am Werk war und den Weg für den Aufstieg des einen großen Antichristen, des Papstes von Rom, bereitete, so sahen die Christen jener Tage viele kleine Antichristen, viele falsche Lehrer, deren Lehren im Widerspruch zu den ewigen Wahrheiten des Evangeliums standen, und kamen mit ihnen in Kontakt. All diese Faktoren waren selbst für die Christen der frühen Kirche Zeichen des Endes. Anmerkung: Der große Antichrist ist durch das Werk Martin Luthers als solcher entlarvt worden, womit wir den Beweis haben, dass wir in den letzten Tagen der Welt leben. Dieser Eindruck wird überdies zur absoluten Gewissheit, wenn wir die Zahl der kleinen Antichristen, der kleinen Irrlehrer, betrachten, die die Wahrheit der Heiligen Schrift leugnen und so dem Papst bei der Zerstörung der Seelen helfen.

    Von den antichristlichen Lehrern sagt der heilige Johannes: Von uns sind sie ausgegangen, aber sie waren nicht von uns; denn wenn sie von uns gewesen wären, wären sie bei uns geblieben; aber um zu zeigen, dass sie nicht alle von uns sind. Es gibt zahlreiche Stellen, die zeigen, dass die gefährlichsten Feinde und Gegner der christlichen Gemeinden in den frühen Tagen jene Männer waren, die Mitglieder waren und dann von der Wahrheit abfielen, indem sie von der gesunden Lehre, die sie gelehrt worden waren, abkamen, woraufhin sie prompt versuchten, auch andere mit ihnen in den Irrtum zu führen. Natürlich konnten sie unter solchen Umständen keine Mitglieder bleiben, sie wurden exkommuniziert, sie mussten gehen; in der Mehrzahl der Fälle gingen sie wahrscheinlich aus eigenem Antrieb. Auf jeden Fall wurde durch ihren Austritt aus der Gemeinde der große Gegensatz zwischen ihnen und den wahren Christen deutlich, dass sie sich als Feinde des Herrn zu erkennen gaben. Markus: Auch in unseren Tagen gibt es sehr viele Antichristen, falsche Gläubige, falsche Lehrer mitten in der Christenheit, in den Reihen derer, die sich als Mitglieder der christlichen Kirche bekennen.  Und an vielen Orten ist die äußere Organisation der Kirche so stark degeneriert, dass diese antichristlichen Kräfte praktisch ungehindert am Werk sind, wie gerade jetzt die Vertreter des sozialen Christentums. Unsere Aufgabe ist es, solche Antichristen mit Hilfe des Wortes Gottes zu entlarven und uns von ihrem abscheulichen Treiben strikt fernzuhalten.

    Das ist uns möglich, denn der Apostel schreibt: Und ihr habt die Salbung von dem Heiligen empfangen, und ihr alle habt Erkenntnis. Dies ist ein Ausdruck des Vertrauens in die Christen, der ihnen durchaus als Ermutigung dienen kann, sich nicht verführen zu lassen. Sie haben die erleuchtende Gnade des Heiligen Geistes empfangen, durch den Glauben sind sie die Gesalbten des Herrn, Christen im wörtlichen Sinne des Wortes. Derselbe Glaube gibt allen Gläubigen auch nicht nur ein äußeres Wissen, ein bloßes Verstehen des Verstandes, sondern eine wahre innere Gewissheit der göttlichen und heilbringenden Wahrheit, die auf dem Wort des Evangeliums beruht. Das ist der Vorteil, den jeder Christ gegenüber den Mächten der Finsternis hat, die ihn zu überwältigen versuchen.

 

    Beschreibung der Antichristen und die Haltung der Christen (V. 21-25): Johannes schreibt hier fast apologetisch, um Missverständnissen vorzubeugen und die Christen in der Erkenntnis voranzutreiben: Ich habe euch nicht geschrieben, weil ihr die Wahrheit nicht kennt, sondern weil ihr sie kennt, und weil keine Lüge mit der Wahrheit verbunden ist. Die vollständige und sorgfältige Unterweisung, die der Apostel hier gab, sollte ihnen kein Misstrauen seinerseits vermitteln, als ob sie noch nicht zur richtigen Erkenntnis der Wahrheit gekommen wären. Sie hatten gelernt, was alle Christen in Bezug auf die göttlichen und rettenden Lehren wissen sollten. Er wusste, dass die Wahrheit des Wortes Gottes die Kraft war, die ihr Leben beherrschte und kontrollierte. Die Wahrheit hat nichts mit der Lüge, mit der Falschheit gemein. Deshalb sind alle wahren Christen gut in der Lage, alle Lehren und Lebensweisen zu erkennen, die nicht mit der Wahrheit übereinstimmen. Dieses Wissen sollten sie nutzen, um zu verhindern, dass die Falschheit in ihrer Mitte Fuß fasst.

    Vor allem in einer Hinsicht müssen die Christen alle Wachsamkeit walten lassen: Wer ist ein Lügner, wenn nicht derjenige, der leugnet, dass Jesus der Christus ist? Das ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet. Schon damals haben einige Irrlehrer sehr sorgfältig zwischen Jesus und dem Christus unterschieden, indem sie sagten, Jesus sei der Sohn von Josef und Maria, und der Christus sei eine übernatürliche Kraft, die ihm bei seiner Taufe gegeben wurde, die ihn aber wieder verließ, als er litt und starb. Ähnliche Lehren werden in unseren Tagen von Irrlehrern vertreten. Der heilige Johannes behauptet daher mit Nachdruck, dass die menschliche und die göttliche Natur in der Person Jesu Christi vereint waren, und bezeichnet jeden, der leugnet, dass Jesus von Nazareth der Christus, der verheißene Messias und Erlöser, der eingeborene Sohn Gottes, der in der Fülle der Zeit Mensch geworden ist, ist, mit einem Ausdruck, dem es an Kraft und Deutlichkeit nicht mangelt, als Lügner. Wer diese Wahrheit leugnet, offenbart damit seinen antichristlichen Charakter, verwirft alles, was Gott zu unserem Heil geoffenbart hat, und leugnet jede wahre Gotteserkenntnis. Denn wer den Sohn leugnet, leugnet auch den Vater und kann keine Gemeinschaft mit dem Vater beanspruchen.

    Dies wiederholt der Apostel mit Nachdruck: Wer den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht; wer den Sohn bekennt, hat auch den Vater. Wer den Sohn als den Christus, als den Erlöser der Welt, wie er sich in der Schrift geoffenbart hat, leugnet, der lehnt auch den Vater ab, denn die beiden Personen sind untrennbar miteinander verbunden; der Sohn ist im Vater, und der Vater ist im Sohn, Johannes 14, 10. Andererseits hat jeder Mensch, der Jesus so bekennt, wie er uns in der Schrift offenbart ist, als den ewigen Sohn des ewigen Vaters, als Jesus den Christus, den Vater, hat Gemeinschaft mit dem Vater, ist mit dem Vater durch das Band des wahren Glaubens verbunden.

    Das ergibt sich aus dieser Diskussion, soweit es alle wahren Christen betrifft: Was euch betrifft, so soll das, was ihr von Anfang an gehört habt, in euch bleiben; wenn das in euch bleibt, was ihr von Anfang an gehört habt, so werdet auch ihr in dem Sohn und in dem Vater bleiben.  Um seinem Appell Nachdruck zu verleihen, stellt der Apostel das Pronomen voran: Ihr jedenfalls, was euch betrifft, haltet fest an dem, was ihr von Anfang an gehört habt, lasst die Wahrheit des Evangeliums in euch bleiben, die ihr zur Zeit eurer Bekehrung gelernt habt. Damals hatten sie die Wahrheit über die Person und das Amt Christi angenommen. Diese Gewissheit sollte weiterhin eine Kraft in ihren Herzen und in ihrem Leben sein. Und wenn das unverfälschte Evangelium, wie sie es aus dem Munde der Apostel gehört hatten, die einzige Grundlage ihres Glaubens bleiben würde, dann würden sie ihrerseits sicher sein, in der wahren Gemeinschaft mit dem Sohn und mit dem Vater zu bleiben. Wie der Vater und der Sohn durch den Glauben an das Wort in unsere Herzen eingedrungen sind, so werden sie durch denselben Glauben in uns bleiben. Wenn wir nur in seinem Wort bleiben, dann bleibt unsere Nachfolge sicher, dann bleibt er in uns, Joh. 15,1-6.

    Dann haben wir auch die weitere Gewissheit: Das ist die Verheißung, die er selbst uns gegeben hat, das ewige Leben. Das ist eine Verheißung, die Jesus in den Tagen seines Fleisches immer wieder gegeben hat, dass die, die an ihn glauben, ewiges Leben haben sollen, Joh. 3,15.16.36; 6,24; 6,40.47.54. Wenn wir diesen Glauben an den Vater und an den Sohn bewahren, als an den, der unsere Erlösung für uns und in uns gewirkt hat, dann wird er uns als Lohn der Barmherzigkeit in die ewige Heimat, in die Segnungen des Heils, in die Seligkeit des Himmels aufnehmen. Wenn wir auch noch nicht die Wonnen dieses Lebens bei Gott genießen, so sind wir doch Besitzer seiner Herrlichkeit und Seligkeit, und wir wissen, dass er imstande ist, das, was wir ihm anvertraut haben, bis zu jenem Tag zu bewahren, Phil. 1,6; 2. Tim. 1,12. Welch ein mächtiger Ansporn zur Treue!

 

    Bleibt ihr Christus (V. 26-29): Die gesamte Diskussion, wie sie der Apostel in den letzten Abschnitten geführt hatte, war im Interesse seiner Leser gewesen: Dies habe ich euch über die geschrieben, die euch in die Irre führen. Das war seine Sorge; er wusste, dass es immer Menschen gab, die darauf aus waren, Seelen von der Wahrheit in Christus abzubringen, und deshalb erhob er seine Stimme in einer solch feierlichen Warnung. Denn trotz aller Verachtung, die die Irrlehrer der Rechtgläubigkeit entgegenbringen, wissen wir, dass jeder, der das Wort des Evangeliums über Christus, den Sohn Gottes, verlässt, nicht in der Gemeinschaft Gottes bleibt und das ewige Leben nicht erben kann.

    Was die Christen betrifft, so drückt der Apostel seine Zuversicht aus: Und was euch betrifft, so bleibt die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, in euch, und ihr habt es nicht nötig, dass euch jemand belehrt; vielmehr, wie seine Salbung euch über alles belehrt, und es ist wahr und keine Lüge; und wie sie euch belehrt hat, so bleibt in ihm. Die Gläubigen, an die sich Johannes wendet, haben die erleuchtende Gnade des Heiligen Geistes empfangen und erfahren. Diese Salbung war nicht nur eine vorübergehende Erfahrung, deren Wirkung bald hätte nachlassen können. Kraft dieser Salbung, die ihnen durch das Wort des Evangeliums zuteil wurde, übte der Heilige Geist seine Macht in ihnen aus. Es war nur notwendig, dass sie seiner Führung durch das Wort folgten. Diese Salbung, dieses erleuchtende Wirken des Geistes im Wort gab ihnen alle Informationen, die sie in jeder Lebenslage brauchten, und zwar in genau der Form, in der sie wahr waren, ohne den geringsten Hauch von Falschheit oder Lüge. Deshalb sollten sie die Lehre des Evangeliums zu jeder Zeit und unter allen Umständen beherzigen und so in ihm, in ihrem Retter Jesus Christus, bleiben. Für echte Gläubige ist die bloße Andeutung, dass Christus nicht als der ewige Sohn Gottes, der Erlöser der Welt, angesehen werden sollte, so blasphemisch, dass sie sich mit Abscheu und Ekel von diesem Gedanken abwenden. Jesus Christus ist das ewige Fundament unseres Glaubens.

    Da dies wahr ist, trifft uns der Appell des Apostels mit voller Wucht: Und nun, meine lieben Kinder, bleibt in ihm, damit wir, wenn er geoffenbart wird, kühn sind und uns bei seiner Ankunft vor ihm nicht schämen müssen. Der heilige Johannes hat alle Gründe aufgezählt, die uns veranlassen sollten, mit ganzem Herzen an unserem Herrn und Heiland Jesus Christus festzuhalten. Seine dringende Ermahnung bildet daher den Höhepunkt des Kapitels. In ihm zu bleiben, fest, unerschütterlich, unerschütterlich, das ist unser herrliches Vorrecht. Mehr noch, es ist eine Notwendigkeit, denn obwohl die Erscheinung des Herrn am letzten Tag gewiss ist, ist der Zeitpunkt seines Kommens nicht bekannt. Indem wir bis zum Ende standhaft in seinem Wort und Glauben bleiben, erlangen wir jene Kühnheit, Furchtlosigkeit und Zuversicht, die uns veranlassen werden, sein Kommen mit aller Freude zu begrüßen. Wir werden unser Haupt nicht in Schande hängen lassen, wenn wir die Aufforderung des Apostels befolgt haben, sondern wir werden aufblicken und unser Haupt mit Freude erheben, denn unsere Rettung ist gewiss. Sein Kommen wird das Signal für die Vollendung unserer Erlösung sein.

    Und noch einen Punkt dürfen die Christen nicht übersehen: Wenn ihr wisst, dass er gerecht ist, versteht ihr auch, dass jeder, der Gerechtigkeit übt, aus ihm geboren ist. Das Kommen des Herrn zum Gericht erinnert die Christen an seine Gerechtigkeit, an seine Rechtschaffenheit. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf wird sich der Christ nicht törichterweise auf die Barmherzigkeit Gottes verlassen und in der Zwischenzeit ein Leben führen, wie es seiner alten bösen Natur entspricht. Weil er weiß, dass Christus rechtschaffen und gerecht ist, wird er sein ganzes Leben so gestalten, dass er in Werken der Gerechtigkeit gefunden wird. Das ist die sichere Folge der Glaubensgerechtigkeit, nämlich die Lebensgerechtigkeit. Der Gläubige, der aus Ihm geboren ist und durch die Kraft des Heiligen Geistes im Wort regeneriert wurde, ist verpflichtet, das zu denken, zu reden und zu tun, was dem Herrn gefällt. Diese Tatsachen kann man nicht oft genug lehren oder zu gut lernen.[3]

 

Zusammenfassung: Indem der Apostel das Sühnopfer Christi und seinen Einfluss auf das Leben der "Gläubigen" erörtert, zeigt er, was das Halten seiner Gebote beinhaltet, nämlich das Bleiben im Licht seiner Kraft; er appelliert an alle Klassen unter den Christen, indem er vor der Liebe zur Welt und vor antichristlichen Lehren und Praktiken warnt; zum Schluss zeigt er noch einmal die Notwendigkeit des Bleibens in Christus.

 

 

Kapitel 3

 

Die Herrlichkeit, Privilegien und Verpflichtungen der Sohnschaft (3,1-24)

    1 Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeigt, dass wir Gottes Kinder sollen heißen! Darum kennt euch die Welt nicht, denn sie kennt ihn nicht. 2 Meine Lieben, wir sind nun Gottes Kinder, und ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, dass wir ihm gleich sein werden; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. 3 Und ein jeglicher, der solche Hoffnung hat zu ihm, der reinigt sich, gleichwie er auch rein ist.

    4 Wer Sünde tut, der tut auch Unrecht; und die Sünde ist das Unrecht. 5 Und ihr wisst, dass er ist erschienen, damit er unsere Sünden wegnehme; und es ist keine Sünde in ihm. 6 Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht; wer da sündigt, der hat ihn nicht gesehen noch erkannt.

    7 Kindlein, lasst euch von niemand verführen! Wer recht tut, der ist gerecht, gleichwie er gerecht ist. 8 Wer Sünde tut, der ist vom Teufel; denn der Teufel sündigt von Anfang. Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre. 9 Wer aus Gott geboren ist, der tut nicht Sünde; denn sein Same bleibt bei ihm, und kann nicht sündigen; denn er ist von Gott geboren. 10 Daran wird’s offenbar, welche die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels sind. Wer nicht recht tut, der ist nicht von Gott, und wer nicht seinen Bruder liebhat. 11 Denn das ist die Botschaft, die ihr gehört habt von Anfang, dass wir uns untereinander lieben sollen. 12 Nicht wie Kain, der von dem Argen war und erwürgte seinen Bruder. Und warum erwürgte er ihn? Dass seine Werke böse waren und seines Bruders gerecht.

    13 Verwundert euch nicht, meine Brüder, dass euch die Welt hasst! 14 Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben gekommen sind; denn wir lieben die Brüder. Wer den Bruder nicht liebt, der bleibt im Tod. 15 Wer seinen Bruder hasst, der ist ein Totschläger; und ihr wisst, dass ein Totschläger nicht hat das ewige Leben bei ihm bleibend. 16 Daran haben wir erkannt die Liebe, dass er sein Leben für uns gelassen hat; und wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen. 17 Wenn aber jemand dieser Welt Güter hat und sieht seinen Bruder darben und schließt sein Herz vor ihm zu: wie bleibt die Liebe Gottes bei ihm? 18 Meine Kindlein, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit.

    19 Daran erkennen wir, dass wir aus der Wahrheit sind, und können unser Herz vor ihm stillen, 20 dass, wenn uns unser Herz verdammt, dass Gott größer ist als unser Herz und erkennt alle Dinge. 21 Ihr Lieben, so uns unser Herz nicht verdammt, so haben wir eine Freudigkeit zu Gott; 22 und was wir bitten, werden wir von ihm nehmen; denn wir halten seine Gebote und tun, was vor ihm gefällig ist. 23 Und das ist sein Gebot, dass wir glauben an den Namen seines Sohnes Jesus Christus und lieben uns untereinander, wie er uns ein Gebot gegeben hat. 24 Und wer seine Gebote hält, der bleibt in ihm und er in ihm. Und daran erkennen wir, dass er in uns bleibt: an dem Geist, den er uns gegeben hat.

 

    Die Schönheit der Sohnschaft Gottes (V. 1-3): Es war die Rechtschaffenheit im Leben und im Verhalten, die der Apostel angemahnt hatte. Nun führt er ein weiteres Motiv für ein solches Verhalten ein: Seht, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns erwiesen hat, dass wir Gottes Kinder heißen sollen und es auch sind. Die Christen sollen schauen und sehen, sie sollen die Augen des Leibes und des Geistes gebrauchen, sie sollen ihre Aufmerksamkeit auf dieses Wunder, auf dieses Geheimnis richten, dass wir mit dem Namen Kinder Gottes geehrt werden sollen. Aus dem Zustand des Zorns und der Verdammnis herausgenommen worden zu sein und in eine so innige Gemeinschaft mit Gott gestellt worden zu sein, dass wir durch die Kraft seines Geistes im Wort von neuem geboren wurden, das ist die Erfahrung, die wir gemacht haben. Kinder Gottes, das sind wir durch den Glauben an Christus Jesus, Gal. 3, 26, Söhne Gottes, geleitet durch den Geist Gottes, Erben Gottes und Miterben Christi, Röm. 8,14.17. Das Bild Gottes, das durch den Sündenfall verloren gegangen ist, wird in uns erneuert, Christus selbst wird in uns gebildet. Gal. 4,19. Welch unaussprechliche, unermessliche Majestät ist unser! Mit dieser Gewissheit im Herzen können wir gut ertragen, was der Apostel uns sagt: Darum kennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht kennt. Die Kinder dieser Welt kennen uns nicht, erkennen uns nicht an, halten uns für unbedeutend, weil wir Kinder Gottes sind, mit allem, was diese Beziehung mit sich bringt. Die Welt hat Gott nicht erkannt, hat ihn nicht als Herrn anerkannt, hat ihn nicht im Glauben angenommen, und deshalb kann sie unmöglich mit uns in freundschaftliche Beziehungen treten. Die Ungläubigen weigern sich, den neuen, geistlichen, göttlichen Charakter anzuerkennen, den die Christen zeigen.

    Zu unserem Trost wiederholt und erweitert der Apostel jedoch seine Aussage: Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen aber, dass wir, wenn es offenbar werden wird, ihm gleich sein werden; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Von Natur aus waren wir Kinder des Zorns und des Satans, aber jetzt, durch unsere Bekehrung, sind wir Kinder Gottes geworden und sind es. Das wird uns an so vielen Stellen in der Heiligen Schrift zugesichert, dass wir keinen Zweifel daran haben können. Diese Zuversicht wird auch nicht durch die Feststellung erschüttert, dass noch nicht offenkundig ist, was wir sein werden. Obwohl wir schon jetzt die Gewissheit unserer Sohnschaft haben und viele ihrer Segnungen genießen, ist uns die volle Herrlichkeit unseres zukünftigen Zustands noch nicht offenbart worden. Aber wenn diese Offenbarung stattfinden wird, an dem Tag, an dem Christus uns in der Fülle seiner Herrlichkeit erscheinen wird, dann werden wir Gott, dem Herrn, so ähnlich sein, wie es für Geschöpfe möglich ist, zu werden; dann wird das Bild Gottes in uns in der Vollkommenheit seiner Schönheit wiederhergestellt werden; dann werden wir heilig und gerecht vor ihm sein. Wir werden ihn dann nicht mehr durch ein dunkles Glas betrachten, sondern wir werden Gott von Angesicht zu Angesicht sehen, so wie er ist, in der ganzen unaussprechlichen Schönheit seiner Heiligkeit und Liebe. Dieses Schauen Gottes wird zugleich das Mittel sein, durch das das Bild Gottes in uns immer wieder erneuert und in der Fülle seiner Herrlichkeit erhalten wird. Das ist die sichere Hoffnung der Gläubigen, ein Vertrauen, das nicht enttäuscht werden kann.

    Sie ist also für einen Christen eine Selbstverständlichkeit: Und jeder, der diese Hoffnung auf sich ruhen hat, wird sich reinigen, wie er rein ist. Jeder, der sich ausnahmslos an diese Hoffnung auf die letzte herrliche Offenbarung klammert, jeder, der sein Vertrauen auf Gott als den Urheber und Vollender seines Heils setzt, wird es als selbstverständlich empfinden, dass er sich von allen Verunreinigungen und fleischlichen Verlockungen trennt und reinigt, von allem, was vor Gott ein Gräuel ist. Wir haben immer das Beispiel Christi vor Augen, der vollkommen rein und heilig war. Für Christen, die eine solche Hoffnung im Herzen tragen, ist es unmöglich, der Sünde länger zu dienen. Diese Hoffnung nährt und stärkt das neue Leben, das in der Wiedergeburt in uns geschaffen wurde, zur wahren Gerechtigkeit des Lebens.

 

    In ihm bleiben heißt, nicht sündigen (V. 4-6): Hier zeigt der Apostel, dass vorsätzliches, böswilliges Sündigen mit dem neuen Leben der Christen unvereinbar ist: Wer Sünde begeht, begeht auch Gesetzlosigkeit, und Sünde ist Gesetzlosigkeit. Dass der Apostel zwischen den Sünden der Bosheit und den Sünden der Schwachheit, die den Menschen unversehens treffen, unterscheidet, geht aus Kap. 2,1 hervor; von den ersteren spricht er hier. Jeder, der die Gewohnheit hat, Sünden zu begehen, stellt sich damit in dauerhaften Widerspruch zum Gesetz Gottes. Er begeht Gesetzlosigkeit, er tut absichtlich das Gegenteil von dem, was der heilige Wille Gottes von allen Menschen verlangt; er tut, was Gott hasst, was er mit zeitlichem Tod und ewiger Verdammnis zu bestrafen gedroht hat.

    Das gilt ganz allgemein für die Sünden aller Menschen: Und ihr wisst, dass er geoffenbart wurde, um unsere Sünden zu tragen, und die Sünde ist nicht in ihm. Dies ist der Kern der Botschaft des Evangeliums, die große Wahrheit, mit der alle Gläubigen vertraut sind. Christus ist offenbart worden. Er kam in die Welt. Er ist in der Fülle der Zeit erschienen, um unsere Sünden zu tragen und wegzunehmen, um alle Sünden der ganzen Menschheit zu sühnen, um sich selbst als vollkommenes Sühneopfer für alle Zeiten darzubringen. Die Handschrift, die gegen uns war, ist durch die Erlösung Christi völlig ausgelöscht worden. Sein Opfer war deshalb so unendlich wertvoll, weil in ihm keine Sünde ist; er ist das Unschuldslamm Gottes, sein Blut als das des heiligen Gottessohnes ist der vollständige Lösegeldpreis für alle Schuld, die vor dem gerechten Gott aufgehäuft wurde.

    Aus dieser grundlegenden Tatsache folgt: Wer in ihm bleibt, sündigt nicht; wer sündigt, hat ihn nicht gesehen und nicht erkannt. Unser Wissen um die Erlösung durch Christus ist ein lebendiges Wissen, ein lebendiger Glaube. Durch diesen Glauben haben wir Gemeinschaft mit Christus, wir sind und bleiben in Christus. In dieser Gemeinschaft sündigt der Christ als solcher nicht, er weigert sich, der Sünde zu dienen, er hält sein Herz, seinen Geist und seine Gedanken von sündigen Dingen fern, er wird seine Glieder nicht zu Dienern der Ungerechtigkeit machen, Röm. 6,1-14. Andererseits gibt jeder, der in der Sünde, in der Gesetzlosigkeit, im Widerspruch zu Gottes heiligem Willen verharrt, damit zu erkennen, dass er Christus weder gesehen noch im Glauben erkannt hat. Wenn jemand in irgendeiner Weise ein williger Diener der Sünde ist und trotzdem versucht, sich selbst und andere davon zu überzeugen, dass er ein Christ ist, betrügt er sich nur selbst. Anmerkung: Diese Worte des Apostels besagen nicht, wie die so genannten Perfektionisten behaupten, dass ein Christ hier auf Erden ein Stadium erreichen wird, in dem er in seiner eigenen Person sündlos ist. Weil wir immer noch mit unserer sündigen Natur zu kämpfen haben, sind wir Christen anfällig dafür, zu stolpern und sogar zu fallen. Nach dem neuen Menschen sind wir rein vor Gott, um der Gerechtigkeit Christi willen; nach unserem wiedergeborenen Selbst begehen wir keine Sünde und halten alle unsere Glieder der Heiligkeit untertan. Aber unser fleischliches Selbst, der alte Adam, übertritt den Willen Gottes in zahllosen Fällen, was uns die Pflicht auferlegt, einen unaufhörlichen Kampf gegen ihn zu führen, wie der heilige Paulus es so deutlich dargestellt hat, Röm. 7,14-24.

 

    Recht tun (V. 7-12): Von der Aufrichtigkeit des christlichen Verhaltens hängt so viel ab, dass der Apostel vor jeder Form der Täuschung warnt: Ihr Kinder, lasst euch von niemandem täuschen: Wer Gerechtigkeit übt, ist gerecht, wie er gerecht ist; wer Sünde tut, ist vom Teufel, denn der Teufel sündigt von Anfang an. Diese klare Aussage soll alle Missverständnisse ausräumen und jede Form von Täuschung verhindern. Die gerechte Gesinnung des Herzens, der christliche Charakter, wie er durch den Glauben geformt wird, muss sich in gerechtem Verhalten äußern. Christus, der Herr, ist der Typ, das Beispiel, das Muster der Gerechtigkeit, eines Lebens in vollkommener Heiligkeit. Ein geistliches Kind Gottes wird seinen Charakter haben, ein Jünger Christi wird dem Meister nachfolgen. Wer dagegen bewusst sündigt, ein Diener der Sünde ist, erweist sich damit als Schüler, als Kind des Teufels, als Werkstatt des Satans, denn er wirkt in den Kindern des Ungehorsams, benutzt sie als seine Werkzeuge, um jede Art von Übertretung zu begehen, Eph. 2,2; Joh. 8,44. Denn der Teufel sündigt von Anfang an. Die allererste Sünde, von der berichtet wird, wurde von ihm verursacht, denn er hatte sich schon vorher gegen Gott aufgelehnt; und von da an hat er die Menschen zur Sünde verleitet, sie zu seinen Sklaven gemacht, zu Dienern der Ungerechtigkeit und Verdammnis. Es ist ein schreckliches Bild, das der Apostel malt, ein Bild, von dem sich ein Christ wohl mit Schaudern abwenden kann.

    Umso größer ist der Trost in den nächsten Worten: Zu diesem Zweck ist der Sohn Gottes geoffenbart worden, damit er die Werke des Teufels zerstöre. Dieses herrliche Ziel wurde als eines der Ziele der Erlösung Christi erreicht. Er wurde geoffenbart, er kam in die Welt. Er nahm wahre Menschlichkeit an, damit er als unser Stellvertreter jedes Werk, durch das der Teufel seine Macht ausübte, gänzlich auflöse und damit zerstöre, die Fesseln der Sünde löse, in denen die Menschen gefangen gehalten wurden, die Macht und den Einfluss des Teufels wegnehme, durch die er versuchte, uns für immer in sein Reich hinabzuziehen, uns von seiner Herrschaft befreie, kraft derer alle Unbekehrten die Werke der Finsternis verrichten.

    Und es gibt noch eine weitere herrliche Wahrheit: Jeder, der aus Gott geboren ist, begeht keine Sünde, denn seine Nachkommenschaft bleibt in ihm; und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist. Die Geburt aus Gott findet durch das Evangelium und durch die Kraft des Heiligen Geistes im Evangelium statt. Wenn diese Wiedergeburt, diese Neugeburt, vollzogen ist, dann gilt, dass ein solches Kind Gottes gemäß der neuen, göttlichen Natur, die es in sich hat, nicht sündigen kann, nicht in die Sklaverei der Sünde zurückgedrängt werden kann. Es ist natürlich, dass die Kinder, die Nachkommen Gottes, in Ihm bleiben und daher nur das tun, was Ihm wohlgefällig ist. Darüber hinaus bleibt der Same des Wortes Gottes, der die Wiedergeburt im Christen bewirkt hat, in ihm, hat seine Heimat in seinem Herzen und macht sein Herz fruchtbar in allen guten Werken. Die neue Geburt in Gott ist der Grund, warum ein solcher Mensch nicht sündigen kann; denn wenn er ein Diener der Sünde würde, würde er sich der Taten schuldig machen, die die neue Geburt leugnen und zerstören würden. So offenbart die Haltung eines jeden Menschen in Bezug auf Sünde und Gerechtigkeit seine Nachkommenschaft: Daran erkennt man die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels: Wer nicht Gerechtigkeit übt, der ist nicht von Gott, und wer seinen Bruder nicht liebt. Jeder, der die Gerechtigkeit nicht zu seinem Ziel macht, der nicht mit aller Kraft nach Vollkommenheit strebt, der nicht den Willen Gottes zum Bereich seines Handelns macht, gibt damit unmissverständlich zu erkennen, dass er nicht aus Gott geboren ist, dass er noch ein Kind des Teufels ist - ein schrecklicher Zustand!

    Und derselbe Test kann auf die Praxis der Bruderliebe angewandt werden: Denn das ist die Botschaft, die ihr von Anfang an gehört habt, dass wir uns untereinander lieben sollen. Der Apostel kommt immer wieder auf dieses Thema zurück: Für ihn ist die Bruderliebe das eigentliche Wesen und die Substanz des christlichen Lebens. Man erkennt den Baum an seinen Früchten, und der Glaube des Christen muss sich in der Liebe offenbaren. Das ist nach dem Wort Gottes, nach den letzten Weisungen Jesu, das herausragende Merkmal des Gläubigen: Er muss seine Wertschätzung für die wunderbaren Segnungen Christi, deren er teilhaftig geworden ist, in der Liebe zu seinen Mitchristen und zu allen Menschen zeigen. Das genaue Gegenteil einer solchen selbstlosen Liebe zeigt sich im Beispiel Kains: Nicht wie Kain, der vom Bösen war und seinen Bruder erschlug; und aus welchem Grund erschlug er ihn? Weil seine Werke böse waren, die seines Bruders aber gerecht. Kain, der erste Mörder, erhielt die Anregung zu seiner bösen Tat vom Teufel selbst, der von Anfang an ein Mörder ist, Johannes 8, 44. Da er das Gute ablehnte, wurde er zum Diener der Selbstsucht und der Sünde. Zugleich war er eifersüchtig auf den reinen Charakter seines Bruders Abel, so wie die Ungläubigen in unseren Tagen sich darüber ärgern, dass die Christen sich weigern, sich ihnen in ihrer Gotteslästerung und in ihren verschiedenen Übertretungen des heiligen Willens Gottes anzuschließen, 1. Petr. 4,4. Das war der Grund, warum er seinen Bruder erschlug, weil er den Vergleich zugunsten Abels nicht ertragen konnte, weil es ihn ärgerte, dass Gott Abels Opfer annahm und nicht sein eigenes.

 

    Wahre brüderliche Liebe (V. 13-18): Der Apostel wendet den Gedanken, der im letzten Satz enthalten war, zunächst einmal allgemein an: Wundert euch nicht, liebe Brüder, wenn die Welt euch hasst. Was der gerechte Abel in den ersten Tagen der Weltgeschichte erlebte, ist das Los aller Gerechten seit seiner Zeit. Es darf uns also nicht überraschen, wenn wir den Hass und die Feindschaft der Kinder der Welt auf uns ziehen und ertragen müssen. Joh. 15,18.19; 17,14; Matth. 10, 6.  Obwohl die Christen den Ungläubigen die wunderbarsten Segnungen anbieten, die je auf diese Erde gebracht wurden, obwohl ihr einziges Ziel darin besteht, allen Menschen Gutes zu tun, nehmen die Unwiedergeborenen den Christen hartnäckig übel, dass sie sich weigern, sich ihnen in ihren Übertretungen anzuschließen. Aber das ist nicht verwunderlich, denn wir haben es mit der Welt zu tun, mit den Kindern des Unglaubens, mit solchen, die sich bereitwillig mit der Übertretung Kains identifizieren. Weil die Ungläubigen ihr Leben der Sünde und des Unglaubens vorziehen, das sie schließlich ins ewige Verderben führen wird, können sie die Christen nur hassen.

    Der Gegensatz wird also bestehen bleiben: Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben übergegangen sind, weil wir die Brüder lieben; wer seinen Bruder nicht liebt, bleibt im Tod. Der Unterschied zwischen Ungläubigen und Gläubigen, zwischen Welt und Kirche ist klar und wird bis zum Ende der Zeit bestehen bleiben. Was uns betrifft, so haben wir das Wissen und die Gewissheit, dass wir unseren früheren Zustand des geistlichen Todes verlassen haben und zum wahren Leben in und mit Gott übergegangen sind. Unsere Herzen, die früher tot in Sünden waren, sind nun im Glauben und in der Liebe Gott zugewandt. Wir wissen, dass wir Vergebung der Sünden haben, und so haben wir die Bereitschaft und die Kraft, das zu tun, was Gott gefällt. Nicht wir haben uns entschieden, die Wahrheit anzunehmen, sondern Gott hat uns erwählt und uns in der Fülle seiner Barmherzigkeit und Gnade zu sich gezogen. Davon zeugt die Tatsache, dass wir die Brüder lieben. Wären wir nicht durch die Kraft Gottes bekehrt worden, wäre es uns unmöglich, die Brüder zu lieben. Kein nicht wiedergeborener Mensch ist in der Lage, echte, echte Liebe zu empfinden und zu zeigen. Aber das Fehlen dieser Liebe ist ein sicheres Zeichen dafür, dass ein solcher Mensch noch im Tod der Sünden liegt. Außerdem wird er in diesem geistlichen Tod bleiben, solange er in seiner lieblosen Haltung verharrt. In einem solchen Fall nützt alle äußere Anbetung, alles vorgetäuschte Gebet, aller Kirchgang, alles Reden über Gott und die göttlichen Dinge nichts: Wer keine wahre Liebe hat und kein Zeichen wahrer Liebe gibt, bleibt im Tod, bis der Geist Gottes geistliches Leben in ihm wirkt.

    Der Apostel wiederholt dieselbe Wahrheit von der positiven Seite her: Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Mörder, und ihr wisst, dass kein Mörder das ewige Leben in sich hat. In der Ausdrucksweise des Johannes sind "nicht lieben" und "hassen" offensichtlich Synonyme; es gibt keinen neutralen Boden. Das ist der Zustand des natürlichen Menschen nach dem Sündenfall: Er hat keine wahre Liebe zu seinem Nächsten in seinem Herzen, sondern nur Hass, denn Gleichgültigkeit vor Gott ist gleichbedeutend mit Hassen. Der natürliche Mensch ist selbstsüchtig und liebt nur sich selbst. Und deshalb ist er vor Gott ein Mörder, ein Totschläger; denn Gott beurteilt die Gesinnung des Herzens. Dies ist eine der stärksten Stellen in der Heiligen Schrift, die dem Sünder die Verantwortung auch für die Sünden der Begierde, des Herzens, aufbürdet. Und alle solchen Menschen, alle, die sich des Hasses, des Mangels an richtiger Bruderliebe schuldig gemacht haben, haben nicht das ewige Leben in sich, jenes geistliche Leben, das in der Bekehrung beginnt und über das Grab hinaus währt. Sie gehören in das Reich des Teufels, der von Anfang an ein Mörder ist. Das ist das schreckliche, das furchtbare Los derer, die ihre Brüder nicht lieben. Welch eine ernste Warnung an die Christen, die Liebe zu ihren Brüdern nicht aus ihren Herzen zu lassen, da das neue geistliche Leben unter solchen Umständen nicht in ihren Herzen bleiben kann!

    Der Apostel gibt nun eine Beschreibung und ein Beispiel für echte Bruderliebe: Darin haben wir die Liebe erkannt, dass er sein Leben für uns hingegeben hat, und wir sollen unser Leben für die Brüder hingeben. Dies ist das eine vollkommene Beispiel und der Typus der Liebe für alle Zeiten. Wir Christen haben erkannt und wissen, was Liebe ist und bedeutet, worin die wahre Liebe besteht, wie sie sich ausdrückt, am Beispiel Christi. Denn er hat aus freier Liebe und barmherziger Gnade sein Leben für uns hingegeben; er hat den Tod erlitten, den wir durch unsere Sünden verdient hatten. Er hat sein eigenes heiliges Leben als Lösegeld, als Preis, hingegeben und damit die größte, die kostbarste Gabe der Erde aufgegeben, um uns zu erlösen. Als einer, der von Gott verflucht war, als Verbrecher in den Augen der Menschen, gab er sein Leben hin. Dieses Beispiel der Liebe, das vollkommener nicht sein kann, haben wir Christen immer vor Augen.  Es lehrt uns die große Lehre und Verpflichtung, unsere Brüder so zu lieben, dass wir auch bereit sind, unser Leben für sie hinzugeben, wenn es zu ihrem Nutzen, zu ihrem Vorteil ist. Zu diesem größten Opfer gehören natürlich auch all die kleineren Dienste, die wir für die Brüder zu leisten aufgerufen sind, wobei die Christen sich selbst immer wieder vergessen und verleugnen, um anderen zu helfen und zu dienen.

    Diametral entgegengesetzt zu solcher Selbstlosigkeit ist das Verhalten, das der Apostel beschreibt: Wer aber in dieser Welt lebt und sieht, dass sein Bruder Not leidet, und verschließt seine Barmherzigkeit vor ihm, wie bleibt da die Liebe Gottes in ihm? Wenn wir verpflichtet sind, das höchste und kostbarste Geschenk, das Leben, um des Bruders willen aufzugeben, werden die kleineren Opfer, die geringeren Beweise der Liebe, gewiss keine Schwierigkeiten bereiten. Wenn ein Mensch in dieser Welt ein angenehmes Leben führt, wenn er genug von den Gütern dieser Welt besitzt, um seinen eigenen Unterhalt und den seiner Familie, die von ihm abhängig ist, zu bestreiten, sollte er eigentlich Ansporn genug haben, bereitwillig mit den Bedürftigen zu teilen. Wenn ein solcher aber seinen Bruder, seinen Nächsten, in Not sieht, wenn ihm das Lebensnotwendige fehlt, wenn er Zeuge seiner traurigen Lage wird und dennoch sein Herz vor ihm verschließt, sich in der Härte seines Herzens von ihm abwendet, so ist doch der Schluss gerechtfertigt, dass er die Liebe und den Glauben verloren hat, die er einstmals besessen haben mag. In einem solchen Fall wird sich auch der Herr von ihm abwenden, wird er dem herzlosen Menschen seine Liebe entziehen, weil die Liebe, die der Herr von ihm verlangt hat, in seinem Verhalten und Leben nicht mehr zu erkennen ist. Er ist in den geistlichen Tod zurückgefallen.

    Deshalb mahnt der heilige Johannes: Ihr Kinder, lasst uns nicht lieben mit Worten oder mit der Zunge, sondern mit der Tat und in der Wahrheit. Reden ist billig, wie der heilige Jakobus zeigt, Kap. 2,15.16, aber es sorgt nicht für warme Kleidung oder nahrhafte Nahrung. Die bloße Bekundung guten Willens ist wertlos, ein hohles Geräusch, wenn sie nicht durch wirkliche Taten untermauert wird, durch Handlungen, die die Hilfe leisten, für die das Bedürfnis nachweislich besteht. In einigen Fällen mag es tatsächlich Vergesslichkeit der Christen sein, wenn sie es versäumen, für die erwiesenen Bedürfnisse zu sorgen, aber in anderen besteht die Gefahr verdammenswerter Heuchelei, dass Habgier und Geldliebe den bekennenden Christen daran hindern, konkrete Beweise für die brüderliche Liebe zu erbringen, die er unter Beweis stellen sollte. Diese Ermahnung ist in diesen letzten Tagen des Aussterbens der wahren Liebe gewiss aktuell, Matthäus 24,12.[4]

 

    Die Vergewisserung durch den Geist (V. 18-24): Dieser Abschnitt enthält einen Trost besonderer Art, denn er beruhigt den Gläubigen gegen sich selbst: Daran werden wir erkennen, dass wir nicht in der Wahrheit sind, und unser Herz vor Ihm beruhigen, dass, wenn unser Herz uns verurteilt, Gott größer ist als unser Herz und alle Dinge weiß. Ein Gläubiger will natürlich nichts mit Heuchelei zu tun haben; er will vielmehr ein Kind der Wahrheit sein, ein Anhänger der Wahrheit, auch in Sachen der Bruderliebe. Die Liebe zu den Brüdern ist an sich schon ein Beweis, ein Beweis für das neue geistliche Leben im Herzen der Gläubigen. Wenn der Christ jedoch in der Heiligung wächst, wird er oft feststellen, dass sein Herz mit den erzielten Fortschritten unzufrieden ist und ihn deshalb wegen mangelnder Liebe anklagt. Es ist natürlich wahr, dass wir, wie in allen Fragen der Lebensgerechtigkeit, auch in der Bruderliebe weit von der Vollkommenheit entfernt sind. Und doch können wir vor dem Gericht trotz der Verurteilung unseres Herzens beruhigt sein. Denn Gott ist ein größerer, ein zuverlässigerer Richter als unser Herz, und er hat uns in seinem Wort die feste Zusicherung gegeben, dass alle unsere Unzulänglichkeiten in Sachen vollkommener Gerechtigkeit durch die vollkommene Gerechtigkeit unseres Erlösers, wie sie uns durch den Glauben zugerechnet wurde, wettgemacht werden. Er, der alles weiß, weiß auch, dass wir trotz unserer Fehler und Schwächen durch den Glauben an Christus Jesus seine Kinder sind und dass unsere Unvollkommenheiten nicht auf unseren mangelnden geistlichen Willen oder auf Heuchelei zurückzuführen sind. So können wir uns gegen die Verwerfungen unseres eigenen Herzens wehren.

    Das Ergebnis ist, wie der Apostel es ausdrückt: Geliebte, wenn unser Herz uns nicht verurteilt, haben wir Freimut vor Gott, und was wir bitten, empfangen wir von ihm, weil wir seine Gebote halten und tun, was vor ihm gut ist. Wenn wir in unserem geistlichen Leben die Stufe erreicht haben, in der die Gewissheit des Wortes Gottes die Anklagen unseres Herzens beruhigt hat und wir uns ohne Selbstvertrauen auf seine Verheißungen verlassen, dann sind wir mit Kühnheit, mit kindlichem Vertrauen zu Gott erfüllt; wir können dann frei zu ihm gehen, wie liebe Kinder zu ihrem lieben Vater. In diesem Vertrauen legen wir auch unsere Nöte vor unseren himmlischen Vater und vertrauen darauf, dass er uns gibt, was er für richtig hält. Unser Vertrauen wird nie enttäuscht, denn wir werden von Ihm empfangen, was wir im Gebet erbitten. Denn wir sind Gottes Kinder, die durch das Blut seines Sohnes mit ihm versöhnt sind; wir haben seine volle Vergebung für alle unsere täglichen Sünden und Unzulänglichkeiten, und wir halten seine Gebote und bemühen uns, wenn auch in großer Schwäche, nur das zu tun, was ihm in jeder Hinsicht gefällt. In dieser Beziehung zwischen ihm und uns sind wir glückliche, wenn auch nicht vollkommene Christen. Wir wissen natürlich, dass all unsere Bemühungen uns keine Erhörung unserer Gebete einbringen, aber wir haben auch die Gewissheit, dass Gott mit uns zufrieden ist. Aber wir haben auch die Gewissheit, dass Gott an uns, seinen Kindern, um der großen und barmherzigen Liebe willen, die er zu uns hat, Gefallen findet und uns die Kraft geben wird, um die wir bitten.

    Und diese Kraft brauchen wir wirklich, um sein großes Gebot zu halten: Und das ist sein Gebot, dass wir an den Namen seines Sohnes Jesus Christus glauben und dass wir einander lieben, wie er es uns geboten hat. Das ist das erste und höchste Gebot und der Wille Gottes, dass wir armen Sünder getrost an den Namen unseres Erlösers, Jesus Christus, seines Sohnes, glauben, dass wir uns ohne zu wanken auf das Sühnopfer verlassen, das durch sein Blut geschehen ist, und dass wir diesen Glauben unseres Herzens in glühender Liebe zueinander zeigen, wie er selbst uns geboten hat, Joh. 13,34; 15,12. Aus dem Glauben, den Gott wünscht, den er gebietet, den er schenkt und wirkt, wird die wahre Liebe zu unseren Brüdern so natürlich fließen, dass das Halten der Gebote Gottes wie selbstverständlich folgt.

    Der Apostel schließt daher: Wer seine Gebote hält, der bleibt in ihm und er in ihm; und hierin wissen wir, dass er in uns bleibt, durch den Geist, den er uns gegeben hat. Johannes hebt noch einmal die herrliche Frucht der Gemeinschaft hervor, die durch den Glauben zwischen dem Vater und Christus einerseits und den Gläubigen andererseits besteht. Das Halten der Gebote des Herrn und die Liebe zu den Brüdern ist eine Frucht des Glaubens und ein Beweis für die Gegenwart des Erlösers im Herzen des Gläubigen. Dieser Beweis ist so sicher, so zuverlässig, weil der Heilige Geist, den er uns gegeben hat, die Bruderliebe in unseren Herzen wirkt. Die brüderliche Liebe könnte nicht vorhanden sein, wenn der Erlöser nicht in unseren Herzen leben würde; und der Erlöser hätte niemals unsere Herzen zu Seinem Wohnsitz gemacht, wenn es nicht die Kraft des Geistes gegeben hätte. Aber diese Kombination von Umständen ist so stark, dass sie alle Zweifel und Ängste vertreibt und unsere Herzen mit dem ruhigen Vertrauen des Glaubens erfüllt.

 

Zusammenfassung. Der Apostel spricht ausführlich über -die Herrlichkeit, die Vorrechte und die Pflichten der Gotteskindschaft, zeigt, worin diese Schönheit besteht, erklärt, dass wahre Gemeinschaft mit Gott die Überwindung der Sünde und das Tun der Gerechtigkeit einschließt, und erklärt, dass die Bestätigung des Geistes die Verurteilung unseres eigenen Herzens überwindet.

 

 

Kapitel 4

 

Die Haltung der Christen gegenüber falschen Lehrern und gegenüber einander (4,1-21)

    1 Ihr Lieben, glaubt nicht einem jeglichen Geist, sondern prüft die Geister, ob sie von Gott sind; denn es sind viel falsche Propheten ausgegangen in die Welt. 2 Daran sollt ihr den Geist Gottes erkennen: Ein jeglicher Geist, der da bekennt, dass Jesus Christus ist in das Fleisch gekommen, der ist von Gott; 3 und ein jeglicher Geist, der da nicht bekennt, dass Jesus Christus ist in das Fleisch gekommen, der ist nicht von Gott. Und das ist der Geist des Antichristen, von welchem ihr habt gehört, dass er kommen werde, und ist jetzt schon in der Welt.

    4 Kindlein, ihr seid von Gott und habt jene überwunden; denn der in euch ist, ist größer, als der in der Welt ist. 5 Sie sind von der Welt; darum reden sie von der Welt, und die Welt hört sie. 6 Wir sind von Gott, und wer Gott erkennt, der hört uns; welcher nicht von Gott ist, der hört uns nicht. Daran erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums.

    7 Ihr Lieben, lasst uns untereinander liebhaben; denn die Liebe ist von Gott; und wer liebhat, der ist von Gott geboren und kennt Gott. 8 Wer nicht liebhat, der kennt Gott nicht; denn Gott ist die Liebe: 9 Daran ist erschienen die Liebe Gottes gegen uns, dass Gott seinen eingeborenen Sohn gesandt hat in die Welt, dass wir durch ihn leben sollen. 10 Darin steht die Liebe, nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsere Sünden.

    11 Ihr Lieben, hat uns Gott also geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben. 12 Niemand hat Gott jemals gesehen. So wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist völlig in uns. 13 Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns, dass er uns von seinem Geist gegeben hat. 14 Und wir haben gesehen und zeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat zum Heiland der Welt. 15 Welcher nun bekennt, dass Jesus Gottes Sohn ist, in dem bleibt Gott und er in Gott. 16a Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat.

     16b Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. 17 Daran ist die Liebe völlig bei uns, auf dass wir eine Freudigkeit haben am Tag des Gerichts; denn gleichwie er ist, so sind auch wir in dieser Welt. 18 Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht völlig in der Liebe. 19 Lasst uns ihn lieben; denn er hat uns zuerst geliebt. 20 So jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner; denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht? 21 Und dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.

 

    Die falschen Propheten (V. 1-3): Nachdem der Apostel die Rechtschaffenheit des Lebens und die Notwendigkeit der Bruderliebe betont hat, greift er nun noch einmal das Thema der antichristlichen Verführung auf: Ihr Lieben, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie von Gott sind; denn es sind viele falsche Propheten ausgegangen in die Welt. Die Worte „Propheten“ und „Geister“ werden hier als Synonyme verwendet, die beide Prediger bezeichnen. Propheten sind Prediger. Gute Propheten sind Prediger, durch die der Geist Gottes, der Heilige Geist, lehrt und predigt, sei es durch direkte Eingebung, wie im Alten Testament, oder sei es durch die Lehre des reinen Evangeliums, wie bei allen wahren Predigern heute. In diesem Sinne sind sie Geister. Aber die Christen werden hier gewarnt, alle Vorsicht walten zu lassen und unablässig wachsam zu sein; denn leider ist nicht jeder, der sich als wahrer Prophet ausgibt, in der Lage, eine solche Legitimation vorzulegen, wie sie das Wort Gottes in einem solchen Fall verlangt. Diese Männer, die sich die Rechte und Pflichten wahrer christlicher Geistlicher anmaßen, gehen in die Welt hinaus, sie legen eine bemerkenswerte missionarische Tätigkeit an den Tag, sie machen die anstrengendsten Versuche, Anhänger für ihre falschen Lehren zu gewinnen. Deshalb müssen die Christen, wenn ihnen das Heil ihrer Seele am Herzen liegt, solche Geister und ihre Lehren prüfen, ob sie von Gott sind. Der bloße Schein, der Name, der Glamour darf ihre Aufmerksamkeit nicht erregen. Es lohnt sich sicher nicht, den Geistern der Finsternis auch nur zuzuhören. Hinweis: Allein die Tatsache, dass falsche Propheten ohne Einladung in die Häuser kommen und versuchen, sich in die Gunst eines Mitglieds des Haushalts einzuschleichen, brandmarkt diese Männer als Geächtete in der christlichen Kirche. Sie sollten ohne Anhörung abgewiesen werden.

    Der Apostel zeigt, worin die Prüfung der Geister, der Prediger, besteht: Daran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der bekennt, dass Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, ist aus Gott; und jeder Geist, der nicht bekennt, dass Jesus im Fleisch gekommen ist, ist nicht aus Gott; und das ist der des Antichristen, von dem ihr gehört habt, dass er kommen wird, und er ist schon jetzt in der Welt. Die Christen müssen nach Beweisen für den Geist Gottes Ausschau halten, nach einem Beweis dafür, dass er im Werk der Menschen gegenwärtig ist, die behaupten, von seiner Weisheit geleitet zu werden. Eine der grundlegenden Tatsachen des Christentums ist die Lehre, dass Jesus Christus in die Welt kam und Fleisch wurde. Das ist der Prüfstein, der es den Gläubigen ermöglicht, zwischen wahren und falschen Lehrern zu unterscheiden. Denn zu dieser Lehre gehört das Bekenntnis, dass Jesus Christus der ewige Sohn Gottes ist, der nach der Verheißung Gottes Mensch wurde und durch sein stellvertretendes Leiden und Sterben und durch seine siegreiche Auferstehung und Himmelfahrt unsere Gerechtigkeit und unser Heil verdient hat. Wer diese Wahrheiten mit allem, was sie mit sich bringen, unzweideutig annimmt und bekennt, kann als Prediger Gottes angesehen werden. Aber jeder bekennende Lehrer in der Kirche oder außerhalb der Kirche, der die Inkarnation des ewigen Sohnes Gottes leugnet; der leugnet, dass Jesus Christus unsere einzige Gerechtigkeit und unser einziges Heil ist; jeder, der lehrt, dass wir, um gerettet zu werden, nicht allein auf Christus und seine Verdienste, sondern auch auf unsere eigenen Werke vertrauen sollen: ein solcher Mensch ist nicht von Gott. Ein solcher kann sofort als der Geist des Antichristen abgetan werden, denn schon in den ersten Tagen der Kirche hat dieser Geist, der jetzt im Papsttum und allen verwandten Sekten seinen Höhepunkt erreicht hat, sein Haupt erhoben. Wahrlich, der antichristliche Geist, dessen Wirken schon am Ende des ersten Jahrhunderts spürbar war, hat rasche Fortschritte gemacht, und alle wahren Christen können nicht nachdrücklich genug vor seiner heimtückischen Macht gewarnt werden.

 

    Die Unterscheidung zwischen dem Geist der Wahrheit und dem Geist des Irrtums (V. 4-6): Der Geist, den der Apostel oben den Geist des Antichristen genannt hat, wird hier mit dem Geist dieser Welt identifiziert, mit dem Geist, der in den Kindern des Ungehorsams wirkt, Eph. 2,2. Das zeigt der Gegensatz: Ihr seid von Gott, meine lieben Kinder, und ihr habt sie besiegt; denn er ist größer, der in euch ist, als der in der Welt ist. Die Gläubigen gehören zu Gott, sie sind Kinder Gottes, da sie aus dem Wasser der Taufe und dem Geist wiedergeboren sind. Deshalb haben sie nicht nur das nötige Wissen, um die Geister zu prüfen und zu testen, sondern sie haben auch die Fähigkeit, die Kraft, ihren Verlockungen zu widerstehen, sie zu besiegen. Alle antichristliche Versuchung ist machtlos gegen die Kraft Gottes, die in den Gläubigen lebt. Denn wenn auch der Satan, der Fürst der Finsternis und der Vater der Lüge, in den Irrlehrern ist, in ihnen lebt und sie antreibt, so ist doch Gott, der in uns lebt, der unsere Stärke und unsere Zuflucht ist, größer und stärker als der Teufel mit all seinen bösen Engeln.

    Der Apostel fügt einen weiteren Grund hinzu, um die Behauptungen sorgfältig zu prüfen und sich vor dem bösen Einfluss der Irrlehrer zu hüten: Sie sind von der Welt, deshalb reden sie wie von der Welt, und die Welt hört auf sie. Die Irrlehrer gehören zur Welt, ganz gleich, was sie vorgeben und wie sie glänzen, sie haben die Art und den Geist der Welt. Das zeigt sich auch in ihrem Reden, in ihrer Lehre und Verkündigung, denn deren Inhalt ist nicht göttlich und führt zur Gottseligkeit, sondern sie ist von der Welt inspiriert, von ihrer Art zu denken und zu handeln. Falsche Lehrer haben gewöhnlich Botschaften, die die juckenden Ohren ihrer Zuhörer kitzeln. Die Kinder der Welt hören ihnen gerne zu, die Welt nimmt ihre Lehren mit Begeisterung auf. Es ist ein fast unfehlbares Kriterium: Wenn ein bestimmter Prediger weithin beworben und als Prophet für unsere Zeit gefeiert wird, hat er es wahrscheinlich geschafft, die alte biblische Sprache an seine eigene Philosophie anzupassen, indem er die Grundlagen der Bibel leugnet. Ein Beispiel dafür ist das sogenannte Christentum des sozialen Evangeliums.

    Von sich selbst und seinen Mitarbeitern schreibt Johannes im Gegensatz dazu: Wir sind aus Gott; wer Gott kennt, der hört uns, wer nicht aus Gott ist, der hört uns nicht; daran erkennt man den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums. Die Apostel waren nicht nur bekehrte Christen, wahre Gläubige, sondern sie waren auch Boten, Botschafter Gottes. So sind alle wahren Prediger, die von Gott berufen sind, Boten Gottes, auch wenn sie in den Augen der Welt noch so niedrig sind. Wahre Christen zeigen ihre Gotteserkenntnis, ihren Glauben an ihn, indem sie auf diese Boten hören, indem sie der Botschaft des Evangeliums, die sie bringen, den gebührenden Gehorsam leisten. Dadurch unterscheiden sie sich von denen, die nichts von der Wiedergeburt wissen und nichts vom Evangelium des Heils wissen wollen. Die Haltung der Menschen gegenüber den wahren Predigern des Evangeliums ist ein zuverlässiger Hinweis auf ihren eigenen geistlichen Zustand, ob sie noch vom Geist des Irrtums, der Lüge und des Betrugs beherrscht werden oder ob sie ihr Herz dem Geist der Wahrheit geöffnet haben und zum Glauben gekommen sind.

 

    Die Größe der Liebe Gottes (V. 7-10): Dieser Abschnitt ist einer der schönsten und zugleich einer der kraftvollsten im gesamten Neuen Testament. Er beginnt mit einem liebevollen Appell: Geliebte, lasst uns einander lieben, denn die Liebe ist aus Gott, und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und kennt Gott. Zum dritten Mal in diesem Brief sieht sich Johannes genötigt, von der brüderlichen Liebe zu sprechen und alle Christen aufzufordern, die Liebe zu zeigen, die ihnen durch den Glauben ins Herz gegeben wurde. Diese Liebe ist ein Geschöpf Gottes, sie ist ein Abglanz der Liebe Gottes in den Herzen derer, die seine Liebe kennengelernt haben. Sie ist ein Teil der neuen göttlichen Gesinnung und des neuen Verhaltens, das die Gläubigen kennzeichnet. Sie ist ein Beweis für die neue Geburt aus der Kraft Gottes durch das Evangelium; sie ist ein Auswuchs, eine Frucht des Glaubens, der rettenden Erkenntnis Gottes. Andererseits: Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht. Wo es im Verhalten und Leben eines Menschen keine Liebe zu den Brüdern gibt, ist das ein sicheres und gewisses Zeichen dafür, dass er Gott noch nicht so erkannt hat, wie er es sollte, dass es in seinem Herzen keine rettende Erkenntnis, keinen Glauben an Gott gibt.

    Dass dies wahr ist, bringt Johannes in einem unkontrollierbaren Ausbruch von Ekstase zum Ausdruck: Denn Gott ist Liebe: Darin ist die Liebe Gottes zu uns offenbar geworden, dass Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben. Die Prüfung, die der heilige Johannes vorschlägt, ist deshalb so eindeutig, weil es unmöglich ist, Gott zu kennen, mit ihm im wahren Glauben verbunden zu sein und dennoch keine Liebe im Herzen zu haben. Denn Gott ist selbst die Liebe: Er ist die Personifizierung, die Verkörperung, die Quelle der Liebe. Wie kann jemand aus dieser Liebe geboren werden, eine neue geistige Natur von dieser Liebe erhalten, mit ihrer göttlichen Kraft voll vertraut sein und dennoch nicht von der Liebe zu den Brüdern beseelt sein? Denn die Liebe Gottes hat sich offenbart, ist offenkundig geworden, ist uns und in uns auf so wunderbare Weise erschienen, dass selbst die Engel bis in die Tiefe ihres Wesens ergriffen wurden. Seinen eingeborenen Sohn, an dem es kein Wesen im Himmel und auf Erden gab, an dem er mehr Gefallen fand, mit dem er in innigerer Verbindung stand, diesen geliebten Sohn sandte Gott vom Himmel herab, aus dem Ort der ewigen Seligkeit, in diese Welt, in dieses Tal der Sünde und des Verderbens und des Todes, damit wir, die verlorenen und verdammten Sünder, die wir in uns selbst sind, durch ihn und in ihm das Leben, das wahre, geistige, ewige Leben haben. Es gibt keine Botschaft im ganzen Universum, die tröstlicher ist, es gibt keinen Text in der gesamten Literatur, der stärker ist als diese einfache Aussage über Gottes Liebe in Jesus Christus, seinem Sohn.

    Und es ist ein Geschenk der freien Liebe und Barmherzigkeit Gottes, von dem Johannes spricht: Darin besteht die Liebe, nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat. Hier ist jegliches Verdienst, jegliches Rühmen des Menschen ausgeschlossen, denn dieses einzigartige Beispiel der Liebe ist nicht bei den Menschen zu finden, als ob wir mit unserer Vernunft und Kraft Liebe zu ihm empfunden und uns danach gesehnt hätten, mit ihm vereint zu sein. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Als wir noch Sünder waren, als wir noch Feinde Gottes waren, Röm. 5, 8, hat Gott uns geliebt, und es war allein seine Liebe, die ihn veranlasste, seinen einzigen Sohn in die Welt zu senden, um ein Sühnopfer für alle unsere Sünden zu sein, um sich selbst als stellvertretende Genugtuung für die Übertretung der ganzen Menschheit zu opfern. Ein vollkommenes Sühnopfer ist vollbracht, eine vollkommene Erlösung ist für alle errungen, und alle Segnungen dieses Heils sind bereit, durch den Glauben empfangen zu werden, und wir, die Gläubigen, sind durch die Kraft Gottes im Wort an ihnen allen teilhaftig geworden.

 

    In Gott und seiner Liebe wohnen (V. 11-16a): Die Liebe, die Gott uns in Christus gezeigt hat, ist das ewige Vorbild und Muster der vollkommenen Liebe. Deshalb fordert uns der heilige Johannes auf, ihr nachzueifern: Geliebte, wenn so. Gott uns geliebt hat, sollen auch wir uns untereinander lieben. Wenn Gott uns so sehr und mit einer so wunderbaren Liebe geliebt hat, wenn wir die Wohltat seiner unverdienten Gunst in so reichem Maße empfangen haben, dann kann es nicht ausbleiben, dass seine Liebe uns inspiriert, dass wir uns verpflichtet fühlen, etwas von seiner Liebe an die Geschwister weiterzugeben, wenigstens als Reflexion. Wir sollten nie aufhören, von Ihm zu lernen, worin die reine, selbstlose Liebe wirklich besteht und wie sie aktiv wird und bleibt, ein Element, das den Christen vorwärts treibt und dessen Führung er freudig alle seine Kräfte überlässt.

    Der Apostel bringt ein weiteres Argument vor: Gott, den kein Mensch je gesehen hat; - wenn wir einander lieben. Gott bleibt in uns und seine Liebe ist in uns vollkommen. Dass kein Mensch jemals Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen hat, wurde von Gott selbst gesagt, 2. Mose 33,20, und von Johannes, Joh. 1,18. Dies ist eine Glückseligkeit, die dem ewigen Leben vorbehalten ist. Aber obwohl wir ihn nicht sehen können, haben wir doch einen Beweis für seine Gegenwart in uns, durch die brüderliche Liebe, die wir in unseren Herzen fühlen. Denn es wäre uns unmöglich, diese Liebe zu haben und einen praktischen Beweis für ihre Gegenwart in uns zu geben, wenn nicht Gott uns zu seinem Wohnsitz erwählt hätte und seine Liebe, die das neue geistige Leben in uns bewirkt hat, in uns zur Vollendung gekommen wäre und in unseren Herzen Wohnung genommen hätte.

    All dies ist keine bloße Vermutung unsererseits: Darin erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns, weil er uns seinen Geist gegeben hat. Wäre es nicht so, dass Gott uns von seinem Geist vermittelt hat, uns etwas von seinem Leben und seiner Kraft gegeben hat und uns dadurch auch befähigt hat, wahre brüderliche Liebe zueinander zu empfinden, dann könnten wir uns unseres Status als Christen nicht sicher sein. Aber unsere Zuversicht ruht auf dem Wirken des Geistes im Wort; so haben wir die Erkenntnis gewonnen, dass wir in Gott bleiben und Gott in uns. Die brüderliche Liebe, die wir empfinden, ist ein starker Beweis dafür, dass Gott in uns Wohnung genommen hat und dass wir mit Gott in Verbindung und Gemeinschaft stehen. So werden wir zumindest bis zu einem gewissen Grad für die Tatsache entschädigt, dass wir Gott nicht sehen können, solange wir im Fleisch sind.

    Zugleich haben wir eine weitere Quelle der Ermutigung: Und wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn als Retter der Welt gesandt hat. Johannes gibt seinen Lesern nicht weiter, was er nur vom Hörensagen erfahren hat. Er und seine Mitapostel hatten reichlich Gelegenheit, das Wirken Christi in seinem Dienst von allen Seiten zu betrachten und sich von der Identität Jesu von Nazareth und seinem Werk für die Welt zu überzeugen. Sie sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit wie die des eingeborenen Sohnes des Vaters, voller Gnade und Wahrheit, Joh. 1,14. Sie alle bekannten aus tiefstem Herzen, dass Jesus der Christus, der verheißene Messias, war, Matth. 16,17. Johannes wusste, dass es keinen Irrtum geben konnte, dass sein Zeugnis nicht in Frage gestellt werden konnte: Jesus von Nazareth war und ist wahrhaftig der Retter der ganzen Welt, und es gibt keinen einzigen Sünder, der von seiner gnädigen Errettung ausgenommen wäre.

    Und noch eine andere Wahrheit will Johannes hervorheben: Wer bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, in dem ist Gott und er in Gott. Es ist notwendig, dass die Gläubigen sich dem Bekenntnis des Johannes anschließen, dass sie sein Zeugnis über Christus ohne Zweifel annehmen. Diese Tatsache, dass der verachtete Jesus, der den Tod eines gewöhnlichen Verbrechers am Kreuz starb, dennoch der wahre, ewige Sohn Gottes ist, ist die Grundlage des christlichen Glaubens. Kein Christ kann sich seines Heils sicher sein, wenn er diese Tatsache nicht kennt. Wo aber dieser Glaube im Herzen eines Menschen fest verankert ist, dort entsteht jene wunderbare Gemeinschaft, deren Herrlichkeit Johannes immer wieder hervorhebt, dort lässt sich Gott im Herzen nieder, dort ist der Gläubige in Gott, vereint mit seinem himmlischen Vater durch die Bande einer so vollkommenen Verbindung, wie sie nirgendwo sonst zu finden ist. Der Apostel und alle Christen sind solche Menschen, denn von ihnen schreibt Johannes: Und wir haben die Liebe erkannt und geglaubt, die Gott in uns hat. Diese herrliche Erkenntnis und Gewissheit ist uns durch den Glauben an Christus Jesus zuteil geworden. Wir haben zumindest ansatzweise erkannt, was die Liebe bedeutet, die Gott uns in unserem Erlöser gezeigt hat. Anmerkung: Diese Liebe ist eine Sache der Erfahrung und doch auch des Glaubens, denn sie ist so groß und wunderbar, dass es für einen Menschen unmöglich ist, ihren ganzen Umfang zu begreifen. Wir müssen so lange glauben, bis wir in jenen Zustand eintreten, in dem wir ihn von Angesicht zu Angesicht sehen und ihn so erkennen, wie wir erkannt werden.

 

    Vollkommenheit in der brüderlichen Liebe (V. 16b-21): Die Liebe ist praktisch das Thema des gesamten Briefes, aber in diesem Abschnitt tritt sie mit besonderer Kraft hervor. Johannes hält uns erneut das stärkste Motiv der brüderlichen Liebe vor Augen: Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm. Liebe, nichts als unermessliche, unbegreifliche Liebe: das ist das Wesen Gottes. Diese Liebe hat sich uns in seinem Sohn gezeigt, in der Erlösung, durch die er uns von der ewigen Verdammnis befreit hat. In dieser Liebe müssen wir bleiben, indem wir unser ganzes Vertrauen im Glauben auf sie setzen, indem wir sie zur einzigen Grundlage unserer Gerechtigkeit vor Gott, unseres Heils machen. Wenn dieser Glaube in unseren Herzen zu finden ist, dann wird Gott auch in sie eintreten und sie zu seinem Tempel machen, in dem er mit der Fülle seiner Liebe lebt und herrscht. Was für eine gesegnete Gemeinschaft der Liebe mit Gott!

    Die Schönheit der Liebe Gottes in uns hat ein weiteres herrliches Ergebnis: Darin ist die Liebe in uns vollendet, dass wir am Tag des Gerichts Kühnheit haben, denn wie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt. Wenn wir die Liebe Gottes tatsächlich im Glauben ergriffen haben, dann wird diese Liebe Tag für Tag in uns wirken, immer mehr an Kraft und Inbrunst gewinnen und unserem Glauben immer mehr Kraft verleihen. So wird das Endergebnis sein, dass, wenn der Tag des Gerichts kommt, alle Furcht aus unseren Herzen verschwindet und wir ruhig und fröhlich vor dem Thron des Gerichts erscheinen werden. Wir haben diese frohe Zuversicht, weil wir uns ganz auf die Liebe Gottes in Christus Jesus verlassen. Vgl. Röm. 8,35-39. Dieses Vertrauen wird auch dadurch gestärkt, dass, wie Christus ist, so sind auch wir, seine Jünger, in dieser Welt. Wie Christus jetzt, als unser erhabener Meister, in seiner Herrlichkeit zur Rechten Gottes ist, so sind auch wir im Geiste bei ihm, obwohl wir unserem Körper nach noch in diesem Jammertal sind. Durch den Glauben haben wir Anteil an der Herrlichkeit, dem Leben, dem Heil, das Christus für uns erworben hat. Unser Bürgerrecht ist im Himmel. Der Tag des Gerichts bedeutet für uns nur den Eintritt in unser ewiges Erbe.

    Der Apostel wiederholt den Gedanken, dass auf den wahren Glauben stets fröhliches Vertrauen und Zuversicht folgt: Die Furcht ist nicht in der Liebe; vielmehr vertreibt die vollkommene Liebe die Furcht, denn die Furcht hat mit Strafe zu tun; wer aber in der Furcht ist, ist nicht vollkommen in der Liebe. Johannes hatte oben gesagt, dass die Gläubigen mit Freimut vor dem Richterstuhl des Herrn erscheinen werden. Dies wird hier bekräftigt. Furcht, sklavische Angst und Furcht vor Strafe, ist niemals mit Liebe verbunden. Jeder Christ, der im Glauben weiß, dass Gott ihn liebt, hat keine Furcht vor Zorn und Verdammnis, weil er weiß, dass ihm alle Sünden um Jesu Christi willen vergeben sind. So vertreibt die Liebe Gottes, wenn sie in unseren Herzen vollkommen wird, alle sklavische Furcht, denn sie beweist uns, dass wir keine Strafe mehr zu fürchten haben. Die Strafe ist ertragen worden, und deshalb kann es keine Angst mehr geben. Natürlich werden wir diesen Zustand der vollkommenen Zuversicht, der völligen Furchtlosigkeit, nicht erreichen, solange wir in dieser sterblichen Gestalt verweilen. Aber das letzte Überbleibsel der alten Furcht vor dem Gesetz wird am großen Tag der Wiederkunft des Herrn aus unseren Herzen verschwinden. Dann werden wir vollkommen und ohne den geringsten Makel in unserer Liebe sein und uns der grenzenlosen Liebe Gottes erfreuen, ohne den geringsten Stich oder Gewissensbisse zu verspüren.

    Die Ermahnung des Johannes kommt an dieser Stelle mit besonderer Kraft: Lasst uns Liebe zeigen, weil er uns zuerst geliebt hat. Wir, die wir die große Liebe Gottes erfahren haben, die wir in seiner Liebe verbleiben, können nicht anders, als die Verpflichtung zu spüren, Liebe um Liebe zu erwidern, Liebe zu allen Menschen. Dieses Gefühl wird in uns umso mehr hervorgerufen, weil Er uns zuerst geliebt hat, weil Seine wunderbare Liebe in Christus unsere unwilligen Herzen erobert und uns von Feinden zu Freunden gemacht hat. Je vollständiger und vollkommener die Liebe Gottes in unserem Herzen ist, je fröhlicher unser Glaube sie ergreift, desto stärker und glühender wird unsere Liebe zu Gott sein, Ps. 73,25.26.

    Aber der Apostel hält es für notwendig, auch eine Warnung auszusprechen: Wenn jemand sagt: "Ich liebe Gott", und er hasst seinen Bruder, so ist er ein Lügner; denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, der kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht. Der Apostel spricht hier auf dieselbe Weise wie in Kap. 3,14.15, und hat vor allem solche im Sinn, die nur dem Namen nach Christen sind oder die den Eifer ihrer ersten Liebe verlassen haben. Es gibt viele Menschen, die fromm die Liebe zu den Brüdern beteuern. Aber sein ganzes Verhalten zeigt, dass er ihrem Wohlergehen gegenüber völlig gleichgültig ist, sowohl zeitlich als auch geistlich. Eine solche Person wird offen als Lügner bezeichnet. Und Johannes untermauert seine scheinbar harsche Kritik, indem er vom Kleinen zum Großen argumentiert. Es ist verhältnismäßig leicht, Menschen zu lieben, die wir sehen. Wenn wir also jemanden, den wir lieben sollten, nämlich alle unsere Brüder, nicht lieben oder ihm gegenüber gleichgültig sind, dann sind alle unsere frommen Beteuerungen bezüglich unserer Liebe zu Gott eitel, und wir betrügen uns selbst.

    Der Hauptgrund, warum die Liebe zu Gott nicht ohne die Liebe zu den Brüdern bestehen kann, ist in den Worten enthalten: Und dieses Gebot haben wir von Ihm, dass, wer Gott liebt, auch seinen Bruder lieben soll. Dies ist ein klares Gebot unseres Herrn Jesus Christus, Matth. 22,37-40. Das eine Gebot kann nicht ohne das andere sein, denn das Gesetz Gottes ist eine Einheit, sein Wille ist nur einer. Wer gegen das Gebot der Nächstenliebe verstößt, verstößt gegen das Gebot der Gottesliebe. Wer keine Bruderliebe zeigt, kann nicht sagen, dass er Gott liebt, denn er verstößt gegen das Gebot Gottes. Die wahre Liebe zu Gott und die rechte Liebe zu den Brüdern sind also eng miteinander verbunden, und unsere Verpflichtung ist klar.[5]

 

Zusammenfassung: Der Apostel schildert die Haltung der Christen gegenüber Irrlehrern und untereinander, indem er die falschen Propheten charakterisiert und zwischen dem Geist der Wahrheit und dem Geist des Irrtums unterscheidet, die wunderbare Größe der Liebe Gottes aufzeigt und auf der Vollkommenheit der Bruderliebe besteht.

 

 

Kapitel 5

 

Die Kraft, das Zeugnis und das Wesen des Glaubens (5,1-12)

    1 Wer da glaubt, dass Jesus sei der Christus, der ist von Gott geboren. Und wer da liebt den, der ihn geboren hat, der liebt auch den, der von ihm geboren ist. 2 Daran erkennen wir, dass wir Gottes Kinder lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten. 3 Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer. 4 Denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. 5 Wer ist aber, der die Welt überwindet, außer der da glaubt, dass Jesus Gottes Sohn ist?

    6 Dieser ist’s, der da kommt mit Wasser und Blut, Jesus Christus, nicht mit Wasser allein, sondern mit Wasser und Blut. Und der Geist ist’s, der da zeuget, dass Geist Wahrheit ist. 7 Denn drei sind, die da zeugen [im Himmel: der Vater, das Wort und der Heilige Geist; und diese drei sind eins. 8 Und drei sind, die da zeugen auf Erden]5A: der Geist und das Wasser und das Blut; und die drei sind beisammen.

    9 So wir der Menschen Zeugnis annehmen, so ist Gottes Zeugnis größer; denn Gottes Zeugnis ist das, das er gezeugt hat von seinem Sohn. 10 Wer da glaubt an den Sohn Gottes, der hat solch Zeugnis bei sich. Wer Gott nicht glaubt, der macht ihn zum Lügner; denn er glaubt nicht dem Zeugnis, das Gott zeugt von seinem Sohn. 11 Und das ist das Zeugnis, dass uns Gott das ewige Leben hat gegeben, und solches Leben ist in seinem Sohn. 12 Wer den Sohn Gottes hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.

 

    Die wundervolle Kraft des Glaubens (V. 1-5): Der Apostel kehrt hier praktisch zu dem Thema zurück, mit dem er seinen Brief eröffnet hat, und zeigt, dass der Glaube die Quelle allen christlichen Lebens ist: Wer glaubt, dass Jesus der Christus ist, der ist aus Gott geboren; und wer den liebt, der ihn hervorgebracht hat, der liebt auch den, der durch ihn hervorgebracht wurde. Das ist der große Prüfstein des Christentums, die Einstellung eines Menschen zu Jesus Christus, Matth. 22,42. Wenn er glaubt, dass Jesus von Nazareth der Christus ist, der verheißene Messias, der ewige Sohn Gottes und der Retter der Welt, dann ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass er aus Gott geboren, wiedergeboren ist, dass er das neue geistliche Leben empfangen hat. Ein solcher Mensch wird Gott, seinen himmlischen Vater, in einem doppelten Sinne lieben, das ist selbstverständlich. Genauso selbstverständlich sollte aber auch die Liebe zu allen anderen von Gott Gezeugten sein, zu allen anderen Kindern Gottes, die kraft ihrer Wiedergeburt seine geistigen Brüder sind. Das ist eine notwendige Folge des neuen geistlichen Lebens: Liebe zu Gott und zu den Brüdern.

    Diese Liebe der Christen ist eine lebendige Kraft. Daran erkennen wir, dass wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten. Die Liebe zu Gott ist keine Sache sentimentaler Gefühle und besteht noch weniger in dem scheinheiligen Gerede, es sei unsere Pflicht, den himmlischen Vater zu lieben. Es muss einen konkreten Beweis geben, auch zu unserer eigenen Zufriedenheit, nämlich das Halten der Gebote Gottes, das Leben nach seinem heiligen Willen. Wahre Kinder Gottes können nicht anders, als ihre Sohnschaft auf diese Weise zu zeigen. Damit hängt auch die Liebe zu den Brüdern eng zusammen. Auch hier geht es nicht um fadenscheiniges, frommes Gerede, sondern darum, sich den Brüdern gegenüber jederzeit so zu verhalten, wie es der Wille des himmlischen Vaters will.

    Weil das Wissen um unsere Gotteskindschaft so wichtig für unser Leben ist, wiederholt der Apostel: Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht beschwerlich. Das ist das Wesen der wahren Liebe zu Gott, dass seine Kinder ihre größte Freude darin finden, seine Gebote zu erfüllen, alles zu tun und zu praktizieren, was ihm gefällt, und deshalb auch unsere Brüder in Tat und Wahrheit zu lieben. Und ein solches Verhalten unsererseits betrachten wir nicht als eine schmerzliche, lästige Last, denn die Liebe fühlt keine Lasten. Der Glaube an Gott, die Liebe zu Gott bringt Kraft von Gott; und "durch seine Liebe und seine Kraft sind alle seine Gebote nicht nur leicht und leicht, sondern angenehm und herrlich" (Clarke).

    Diese Tatsache, dass die Gebote Gottes für einen Christen nicht beschwerlich sind, wird nun ausführlicher erklärt: Alles, was aus Gott geboren ist, besiegt die Welt; und dies ist der Sieg, der die Welt besiegt, unser Glaube.  Der Apostel verwendet den stärksten Ausdruck, den er finden kann, um darauf hinzuweisen, dass seine Aussage ein universaler Grundsatz ist, dass sie ohne Ausnahme für jeden Christen gilt. Wo immer die neue Geburt stattgefunden hat, wo immer der Glaube in das Herz eingepflanzt wurde, dort ist diese wunderbare Kraft vorhanden, dort ist der Gläubige in der Lage, die Welt zu besiegen, alle Kräfte in dieser Welt, die sich dem geistlichen Leben in ihm entgegenstellen, das gesamte Reich der Sünde und des Bösen.[6] Dieser Sieg, diese Überwindung der Welt ist ein ständiger Prozess; das ist das Werk, mit dem die Wiedergeborenen immer beschäftigt sind. Nicht aus eigener Kraft kämpfen sie gegen die Mächte der Finsternis, sondern in und durch den Glauben, den Gott bei der Bekehrung in ihnen entzündet hat. Ohne diesen Glauben wären die bekennenden Gläubigen verloren, ganz gleich, welche Wunder an Klugheit und Weisheit sie sonst vollbringen mögen. Aber mit diesem Glauben sind sie schon im Voraus Sieger, denn sie werden des Sieges teilhaftig, den ihr Meister, Jesus Christus, über das Reich der Finsternis errungen hat. Er hat die Sünde, den Tod und die Hölle besiegt, und deshalb sind diese Feinde machtlos gegen den Glauben, der sich an den Erlöser und seinen Sieg klammert.

    Dieser Glaube ist natürlich keine Sache der Einbildung: Wer ist derjenige, der die Welt besiegt, wenn nicht der, der glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist? Es gibt in unseren Tagen viele Dinge, die als Glaube bezeichnet werden, die mit dem rettenden, rechtfertigenden Glauben nichts gemein haben, Meinungen, die die Erlösung durch Christus leugnen und sich fatalerweise darauf verlassen, dass Gott die angeborene Güte des Menschen irgendwann anerkennt. Es gibt nur einen wahren Glauben, nämlich diese Erkenntnis und Überzeugung, dass Jesus von Nazareth der Sohn Gottes ist, dass Gott selbst in Christus war und die Welt mit sich versöhnt hat, dass er uns um Christi willen gnädig und barmherzig ist. Nur dies ist der Glaube, nur diese Überzeugung hat jene allmächtige Kraft, von der der heilige Johannes spricht; alles andere ist eitle Einbildung. Wie das ganze christliche Leben eine Frucht des rechtfertigenden, rettenden Glaubens ist, so auch die unaufhörliche Überwindung des Bösen mit all seiner Macht.

 

    Das Zeugnis Gottes (V. 6-8): Johannes zeigt hier, dass das Fundament unseres Glaubens absolut fest und sicher ist, da es auf dem mächtigen Zeugnis Gottes selbst ruht: Das ist der, der durch Wasser und Blut gekommen ist, Jesus Christus, nicht im Wasser allein, sondern im Wasser und im Blut; und der Geist ist es, der bezeugt, denn der Geist ist die Wahrheit. Hier werden uns die beiden wichtigsten Ereignisse im Leben Jesu vor Augen gestellt, nämlich seine Taufe, mit der er sein öffentliches Amt antrat, und sein Leiden und Sterben, mit dem er sein Erlösungswerk krönte. Diese beiden Ereignisse beweisen mit besonderem Nachdruck, dass Jesus der Christus, der Erlöser der Welt ist. Er nahm die für die Sünder bestimmte Taufe an und erklärte sich damit bereit, volle Genugtuung für die Sünden der Welt zu leisten. Er vergoss sein Blut und gab sein Leben in den Tod für die Versöhnung der Welt. Und es zählte nicht nur seine erste Bereitschaft, das Werk der Erlösung zu übernehmen, sondern auch das Vergießen seines Blutes, sein Leiden und Sterben. Von diesen Tatsachen legt der Geist Gottes im Evangelium Zeugnis ab und bezeugt ohne Unterlass, dass Jesus Christus der Retter der Welt ist. Das ist das besondere Werk des Heiligen Geistes, die Wahrheit zu bezeugen, die Wahrheit zu lehren, denn er selbst ist die Wahrheit, der ewig treue Gott. So verherrlicht das Zeugnis des Geistes Christus in den Herzen der Gläubigen.

    Der Text fährt fort: Denn drei sind es, die im Himmel Zeugnis ablegen: der Vater, das Wort und der Heilige Geist; und diese drei sind eins.[7] Dies ist das große Geheimnis der Dreifaltigkeit: Gott der Vater, Gott der Sohn, das ewige Wort und der Heilige Geist, drei an Personen, eine an Wesen. Diese drei in einer Person bezeugen für Jesus, dass er der Christus ist, der Retter der Welt. Und mit ihrem Zeugnis stimmt das der drei Zeugen auf Erden überein: der Geist und das Wasser und das Blut; und diese drei stimmen in einem überein. Hier auf Erden ist der Heilige Geist der Hauptzeuge. So wie er die Jünger Christi in alle Wahrheit führte und sie inspirierte, das Evangelium von Jesus Christus, dem Erlöser der Welt, zu schreiben, so wirkt er auch heute noch den Glauben in unseren Herzen durch das Wort des Evangeliums, lehrt er uns den Wert der anderen Zeugen für die Erlösung Christi, seiner Taufe und seines Leidens und Sterbens. So haben wir unmissverständliche und unwiderlegbare Beweise dafür, dass Jesus, unser Erlöser, das Erlösungswerk wirklich vollbracht und eine vollkommene Sühne für die ganze Welt erwirkt hat. Die drei Zeugen haben also nur einen einzigen Zweck, nämlich auf Christus hinzuweisen und das Heil zu bezeugen, das wir in ihm haben.

 

    Das Wesen des Glaubens (V. 9-12): Hier zeigt der Apostel, mit welchem Vertrauen wir das Zeugnis des Evangeliums annehmen sollen: Wenn wir das Zeugnis der Menschen annehmen, so ist das Zeugnis Gottes größer; denn dies ist das Zeugnis Gottes, das er über seinen Sohn bezeugt hat. Hier haben wir wieder ein Argument vom Kleineren zum Größeren. Es ist unter den Menschen üblich, das Zeugnis anderer Menschen anzunehmen, es sei denn, es besteht ein begründeter Verdacht auf Betrug. Das Zeugnis Gottes muss daher unendlich viel sicherer und glaubwürdiger sein, da Gott höher ist als jeder Mensch. Das Evangelium ist das Zeugnis Gottes selbst über das Heil, das durch seinen Sohn Jesus Christus erworben wurde. Indem der Heilige Geist, der selbst wahrer Gott ist, uns die Tatsache der Taufe Christi und des Vergießens seines Blutes in seiner großen Passion vor Augen hält, gibt er uns den unumstößlichen Beweis, dass Christus die Welt, alle Menschen, von Sünde, Tod und der Macht des Teufels erlöst hat.

    Der Glaube ist im Wesentlichen die Annahme und Anwendung dieser Tatsache: Wer an den Sohn Gottes glaubt, hat dieses Zeugnis in sich; wer Gott nicht glaubt, hat ihn zum Lügner gemacht, weil er dem Zeugnis, das Gott über seinen Sohn abgelegt hat, nicht glaubt. Jeder, der an den Sohn Gottes glaubt, hat das Vertrauen, die Überzeugung, die Zuversicht, dass Jesus von Nazareth der ewige Sohn Gottes und der Retter der Welt ist, und dass dieses Heil dem Gläubigen selbst gilt.  Der Heilige Geist, der im Herzen des Gläubigen wohnt, versichert ihn dieser Tatsache, besiegelt diese Tatsache in seinem Herzen durch das Wort des Evangeliums. So sicher, wie der Heilige Geist die Wahrheit ist und nicht lügen kann, so sicher können wir die Botschaft von unserer Erlösung durch Christus annehmen. Die Ungläubigen hingegen sind nicht nur töricht, sondern auch gotteslästerlich, denn indem sie sich weigern, dem Zeugnis Gottes im Evangelium über seinen Sohn und die Erlösung durch sein Blut zu glauben, erklären sie Gott für einen Lügner, indem sie sein historisches Zeugnis als nicht glaubenswürdig betrachten.[8]

    Johannes gibt eine Zusammenfassung von Gottes Zeugnis: Und das ist das Zeugnis, dass Gott uns das ewige Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in seinem Sohn. Das ist das Zeugnis des Evangeliums; das ist die wunderbare Nachricht, die wir auf jeder Seite des Apostelbriefes finden; das ist die Botschaft, die alle Apostel verkündet haben, dass Gott uns das ewige Leben gegeben hat, dass dieses Leben ein freies Geschenk seiner Gnade und Barmherzigkeit ist. Denn es gibt nichts in uns, was einen solchen Lohn verdienen würde; der einzige Grund, warum Gott ihn gegeben hat, warum er ihn allen Menschen vorhält, ist seine göttliche Liebe in Christus Jesus; denn in seinem Sohn haben wir dieses ewige Leben, wenn wir unser ganzes Vertrauen auf ihn setzen, wenn wir uns auf seine vollkommene Sühne im Leben und im Tod verlassen.

    Deshalb fügt der Apostel hinzu: Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht. Wir Christen, die wir die Heilsbotschaft empfangen haben, die sie uns durch das Wort und die Sakramente vermittelt hat, vertrauen auf Jesus, den Sohn Gottes, den Retter der Welt, unseren Erlöser. Damit haben wir das ewige Leben als definitiven Besitz. Sein tatsächlicher Genuss, die Glückseligkeit, Gott von Angesicht zu Angesicht zu sehen, liegt noch in der Zukunft, aber es kann kein Zweifel daran bestehen, dass wir das Geschenk des ewigen Lebens besitzen. Das Zeugnis des Evangeliums ist zu gewiss, zu eindeutig, um einen Zweifel zuzulassen. Wer den Sohn Gottes, der auch sein Retter ist, törichterweise ablehnt, lehnt damit das ewige Leben ab und entscheidet sich bewusst für den ewigen Tod und die Verdammnis. Der Ungläubige hat nur sich selbst schuld, wenn er dem Los überlassen wird, das er selbst vorgezogen hat.

 

Eine abschließende Zusammenfassung (5,13-21)

    13 Solches hab’ ich euch geschrieben, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes, damit ihr wisst, dass ihr das ewige Leben habt, und dass ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes. 14 Und das ist die Freudigkeit, die wir haben zu ihm, dass, wenn wir etwas bitten nach seinem Willen, dann hört er uns. 15 Und so wir wissen, dass er uns hört, was wir bitten, so wissen wir, dass wir die Bitten haben, die wir von ihm gebeten haben.

    16 So jemand sieht seinen Bruder sündigen, eine Sünde nicht zum Tod, der mag bitten; so wird er geben das Leben denen, die da sündigen nicht zum Tod. Es ist eine Sünde zum Tod; dafür sage ich nicht, dass jemand bitte. 17 Alle Untugend ist Sünde; und es ist etliche Sünde nicht zum Tode. 18 Wir wissen, dass, wer von Gott geboren ist, der sündigt nicht, sondern wer von Gott geboren ist, der bewahrt sich, und der Arge wird ihn nicht antasten. 19 Wir wissen, dass wir von Gott sind; und die ganze Welt liegt im Argen. 20 Wir wissen aber, dass der Sohn Gottes gekommen ist und hat uns einen Sinn gegeben, dass wir erkennen den Wahrhaftigen und sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohn Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben. 21 Kindlein, hütet euch vor den Abgöttern! Amen.

 

    Das Vertrauen der Christen (V. 13-15): Der Brief ist beendet, und der Apostel spricht nun seine Schlussworte, in denen er die wichtigsten Punkte des Briefes zusammenfasst: Dies habe ich euch geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr das ewige Leben habt, weil ihr an den Namen des Sohnes Gottes glaubt. Der Apostel bezieht sich damit auf alles, was er in diesem Brief geschrieben hat. Seine gesamte Erörterung hatte das Ziel und den Zweck, die Leser, die ihren Glauben auf Jesus Christus, den Sohn Gottes, als ihren Erlöser gerichtet haben, in dem Wissen zu bestätigen, dass sie dadurch das ewige Leben besitzen. Der Glaube hat nichts mit Zweifeln und Ungewissheit zu tun, er ist keine Sache der persönlichen Meinung und des Gefühls; er ist eine herrliche, sichere Erkenntnis, die auf dem Wort des Evangeliums beruht. Wir wissen, dass wir durch den Glauben das ewige Leben haben, weil die Heilige Schrift es uns sagt.

    Und dieser Glaube hat eine weitere Wirkung in uns: Das ist die Kühnheit, die wir gegenüber Ihm haben, dass, wenn wir etwas nach Seinem Willen erbitten, Er uns erhört. Die Gebete der Gläubigen, die wirklichen Gebete, werden immer erhört, sie bleiben nie unbeantwortet. Diese heitere Gewissheit, diese freimütige Kühnheit, haben wir. Wir treten in die Gegenwart des Herrn mit der ruhigen Gewissheit, dass unsere Bitten erhört werden, wenn wir sie im Glauben und im festen Vertrauen auf die Sohnschaft, die uns in Christus gegeben wurde, vorbringen. Es versteht sich von selbst, dass wir als Kinder Gottes nur um das bitten, was dem Willen unseres himmlischen Vaters entspricht. Mit anderen Worten: Wir legen die Erhörung unserer Gebete in seine Hände, weil wir wissen, dass seine Weisheit und Barmherzigkeit immer einen Weg finden, uns das zu geben, was für uns am besten ist, unabhängig davon, in welche Form wir unsere Bitten kleiden. Beachten Sie, dass sein Versprechen nicht lautet, alles zu gewähren, was wir erbitten, sondern unsere Gebete zu erhören: Er antwortet auf seine eigene Weise.

    Diese Gewissheit sollte unsere gesamte Haltung gegenüber Gott beeinflussen: Wenn wir wissen, dass er alles erhört, was wir bitten, dann wissen wir, dass wir die Bitten haben, die wir von ihm erbeten haben. Gott hört immer auf die Gebete seiner Kinder und liest ihren Inhalt sogar besser, als sie ihn beabsichtigen. Wir sind sicher, dass wir unsere Bitten erhalten, das, was wir brauchen, vielleicht nicht immer so, wie unsere Bitte formuliert war, aber immer so, wie es für uns am besten war und wie wir unser Gebet hätten sprechen sollen, wenn wir klüger gewesen wären. Das Gebet ist kein Diktat an Gott, dies und jenes zu tun, sondern eine Darlegung unserer Bedürfnisse, wie wir sie sehen. Und es ist unser himmlischer Vater, der uns mehr gibt, als unsere Kurzsichtigkeit uns zu wissen erlaubt. Wenn wir diesen Punkt in unserer christlichen Erkenntnis erreicht haben, dann wird unsere Beziehung zu unserem himmlischen Vater nicht durch mangelndes Vertrauen zu ihm getrübt.

 

    Die Verpflichtungen der Gotteskindschaft (V. 16-21): Nachdem der Apostel versichert hat, dass jedes wahre Gebet eines Christen von Gott erhört wird, nennt er nun eine Form des Gebets, nämlich die der Fürbitte: Wenn jemand sieht, dass sein Bruder eine Sünde begeht, die nicht zum Tode führt, so soll er beten, und ihm wird das Leben geschenkt werden, denen, die nicht zum Tode sündigen; - es gibt eine Sünde zum Tode, ich sage nicht, dass er darum beten soll. Unsere Brüder bedürfen immer unserer ernsthaften Fürbitte, aber was sie am meisten brauchen, ist, dass sie von der Sünde bewahrt werden. Und sollte einer von ihnen in Sünde fallen, indem er ein Gebot des Herrn so übertritt, dass er aus der Gnade fällt und seinen Halt an Christus vorläufig verliert, dann sollten wir uns nicht in Abscheu und Selbstgerechtigkeit von ihm abwenden, sondern ihn ernsthaft ermahnen und auch mit aller Inbrunst beten, dass Gott ihn von seinem Irrweg umkehrt. Wenn wir so dem Willen Gottes folgen, werden wir unsererseits unseren Teil dazu beitragen, solchen gefallenen Brüdern oder Schwestern das Leben zurückzugeben, das ihnen vorläufig entglitten war. Es gibt nur eine Sünde, bei der das Gebet vergeblich und töricht ist, nämlich die Sünde der vorsätzlichen Ablehnung der anerkannten Wahrheit des Heils, die Sünde gegen den Heiligen Geist. Diese Sünde wird nur sehr selten mit Sicherheit erkannt werden, aber wenn dies der Fall ist, kann die Fürbitte ebenso gut aufhören, denn diese Sünde schließt aufgrund ihrer besonderen Natur die Vergebung aus. Vgl. Matth. 12,31; Mark. 3,29; Luk. 12,10; Hebr. 6,4.6.

    Zugleich sollten wir bedenken: Alle Ungerechtigkeit ist Sünde, und es gibt eine Sünde, die nicht zum Tod führt. Wann immer unser Leben nicht dem heiligen Willen Gottes entspricht, wann immer wir seine Gebote übertreten, und sei die Übertretung in den Augen der Menschen noch so geringfügig und unbedeutend, so ist diese Ungerechtigkeit doch Sünde. Deshalb mahnt der Apostel: Wehret den Anfängen. Selbst die kleinste Verfehlung darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden, damit die Gewohnheit des Sündigens nicht auf uns übergreift und wir schließlich der einen schrecklichen Lästerung schuldig werden, die zum Tod, zum ewigen Tod und zur Verdammnis führt. Durch die Gnade und die Kraft Gottes sollen wir die Zeit zwischen den Übertretungen immer länger werden lassen und uns von jedem Sturz im festen Vertrauen auf seine Barmherzigkeit erheben.

    Damit wir nicht ziellos über unsere Sünden grübeln, schreibt der Apostel: Wir wissen, dass jeder, der aus Gott geboren ist, nicht sündigt; wer aber aus Gott geboren ist, der achtet auf ihn, und der Böse rührt ihn nicht an. Vgl. Kap. 3,9. Was unsere neue geistliche Natur betrifft, die wir durch die Wiedergeburt erhalten haben, so sündigen wir Christen nicht; wir begehen nach dem neuen Menschen keine Sünde, wir dienen nicht der Sünde. Stattdessen halten alle wahren Kinder Gottes ein wachsames Auge auf Ihn, sie achten sehr genau auf Seinen heiligen Willen. Diese Haltung ist die beste Verteidigung gegen die Angriffe des Teufels, dem es unter solchen Umständen unmöglich ist, einen erfolgreichen Angriff zu unternehmen. Selbst wenn es ihm gelingt, einen vergifteten Pfeil zu platzieren und einen Christen zu Fall zu bringen, wird dieser unverzagt aufstehen und zur wahren Gemeinschaft mit Gott zurückkehren.

    Zu der Sicherheit, die wir durch die Vormundschaft Christi genießen, kommt noch die der Umarmung und der Gemeinschaft mit Gott hinzu: Wir wissen, dass wir von Gott sind, und die ganze Welt liegt im Bösen. Wir Christen sind von Gott, von Gott geboren, durch seine Kraft im Evangelium wiedergeboren. Wir sind Gottes liebe Kinder und wollen dieses Verhältnis zu ihm bewahren, obwohl die ganze Welt, die große Masse der Ungläubigen und Feinde Gottes, in Bosheit und Sünde liegt, voll Feindschaft gegen Gott ist. Wir sind unter der schützenden Macht Gottes geborgen wie ein Kind in den Armen seiner Mutter.

    Und eine letzte Gewissheit und Garantie ist unsere: Wir wissen, dass der Sohn Gottes gekommen ist und uns Einsicht gegeben hat, damit wir den Wahren kennenlernen; und wir sind in dem Wahren, in seinem Sohn Jesus Christus. Wenn wir tausendmal an unserem Heil zweifeln, an der Gewissheit, dass wir in die ewige Freude mit unserem Erlöser eingehen, wird uns dieses Wissen stützen. Der ewige Sohn Gottes ist Fleisch geworden, und seine Menschwerdung ist nicht nur ein überwältigender Beweis für Gottes Interesse an uns und seine Sorge um unser Seelenheil, sondern er hat in uns auch das Verständnis des Glaubens bewirkt. Durch seine barmherzige Macht erkennen wir den wahren Gott als den Gott aller Gnade. Die Gemeinschaft, in der wir mit Gott und mit Jesus Christus, seinem Sohn, stehen, ist keine Sache unserer Einbildung, sondern eine Gewissheit, die uns weder ein Mensch noch ein anderer Feind nehmen kann. Wir vertrauen nicht auf einen bloßen Menschen, dessen ernsthaftester Versuch, das Heil für die Welt zu erlangen, kläglich gescheitert wäre, sondern: Dieser Jesus Christus ist der wahre Gott und das ewige Leben. Er, unser Erlöser, Jesus von Nazareth, wahrer Mensch, ist zugleich wahrer Gott mit dem Vater; und er selbst ist das ewige Leben, das Leben, das in diese Welt kam, um der Welt das Leben zu bringen, und in dem wir das vollkommene, herrliche, unendliche Leben haben.

    Mit einem letzten, liebevollen Appell schließt der Apostel seinen Brief: Meine lieben Kinder, hütet euch vor den Götzen. Seine Leser, mit denen er durch die Bande engster Zuneigung verbunden war, kannten Jesus Christus als den wahren Gott, als den einen Erlöser, in dem sie des ewigen Lebens sicher waren. Deshalb sollten sie sich an ihn klammern und nicht die antichristlichen Ersatzprodukte annehmen, die die Irrlehrer einzuführen versuchten. Während sie sich vor Gefahren von außen hüten sollten, sollten sie ebenso eifrig auf der Hut sein vor den Gefahren, die von falschen Brüdern ausgehen. Das war keine Sache, die man auf die leichte Schulter nehmen durfte, denn es ging um ihr Seelenheil. So müssen auch wir in diesen letzten Stunden der Welt wachsam und nüchtern sein, um alle antichristlichen Irrtümer zurückzuweisen und uns unbefleckt zu halten für die herrliche Offenbarung Jesu Christi, unseres Erlösers.[9]

 

Zusammenfassung: Der Apostel spricht über die Kraft, das Zeugnis und die Substanz des Glaubens und schließt mit einer Zusammenfassung, die die Gewissheit des Vertrauens des Christen, die Verpflichtung, seine Sohnschaft und die Gottheit Jesu Christi, seines Erlösers, zeigt.

 

 

Paul Edward Kretzmann, Die Authentizitaet von 1. Joh. 5,7

 

    Die Entscheidung über die Echtheit von 1 Johannes 5, 7 ist fast ebenso schwierig wie bei Matth. 6,13b. Luther bemerkt zu diesem Vers: „Es scheint, dass dieser Vers von den Rechtgläubigen mit Bezug auf die Arianer eingefügt worden ist, was aber nicht stimmig ist, weil er in beiden Fällen nicht von den Zeugen im Himmel, sondern von den Zeugen auf der Erde spricht“ (9, 1507 f.). Das war im Jahr 1527. 1529 und 1530 hatte Luther offenbar eine spätere Ausgabe des Erasmusschen Neuen Testaments, denn er erklärt Vers 7 ohne Kommentar zu seiner Authentizität (9, 1507). In seiner Kirchenpostille sind die Worte weggelassen (12,535). Unter den neueren lutherischen Schriftstellern in diesem Lande sind die Meinungen geteilt (Hom. Mag., 28 [1904], 104; Zorn, Die Drei Episteln Sankt. Johannis, 30).

    Die handschriftlichen Belege sprechen mit überwältigender Mehrheit gegen die Passage, da letztere in keiner der Unzialen und in keiner der keiner der Kursiven bis zum vierzehnten oder fünfzehnten Jahrhundert gefunden werden, nämlich im Codex rescr. 173, in den Nummern 34 und 162, und 6l (Dublin), und 629. Die Worte fehlen auch in praktisch allen alten Fassungen und sind in den lateinischen Fassungen vor dem achten Jahrhundert nicht zu finden. Kein einziger der älteren griechischen Väter zitiert den Vers, noch wird er von einem den älteren lateinischen Vätern erwähnt.

    Einige Autoren haben zwar gegen diese Aussage Einspruch erhoben und nennen Tertullian (+220 oder 240), Cyprian (+ 258) und Phoebadius (Bischof von Aginnum, in der Nähe von Bordeaux, gest. nach 392) als Männer, die diese Passage in Argumenten verwendet haben. Aber eine genaue Untersuchung der fraglichen Passagen bestätigt dies nicht. Tertullian schreibt: Connexus Patris in Filio et Filii in Paracleto, tres efficit cohaerentes

alterum ex altero; quis tres unum sunt, non unus, quomodo dictum est, Ego et Pater unum sumus [Johannes 10, 30], (Gegen Praxean, Kap. 25). [Die Verbindung des Vaters im Sohn und des Sohnes im Tröster macht die drei miteinander verbunden; die drei sind eins, nicht einer, wie gesagt wurde, ich und der Vater sind eins in der Höhe.]  Er entnimmt seinen Belegtext ausdrücklich dem Johannesevangelium, nicht aus der Epistel. Die Worte von Cyprians sind: Dicit Dominus: Ego et Pater unum sumus, et iterum de Patre et filio et Spiritu Sancto scriptum est: ET HI TRES UNUM SUNT (De Unitate Ecclesiae). [Der Herr sagt: Ich und der Vater sind eins, und wiederum steht geschrieben über den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist: UND DIESE DREI SIND EINS.] Aber er bezieht sich auf Vers 8, gemäß der späteren symbolischen Auslegung, die pneuma [Geist], hyder [Wasser] und haima [Blut] mit den drei Personen der Gottheit identifiziert. (Vgl. die Scholia von Matthaei und die Erklärung des Facundus von Hermiane aus dem

dem 6. Jahrhundert.) Die Passage von Phoebadius lautet: Unum tam Deus, QUIA TRES UNUM SUNT (Contra Arianos, Kap. 45; Migne, Patrologia Latina, 20,31-50), [Denn einer ist Gott, WWEIL DREI EINS SIND.] ein Hinweis, der nicht vollständig genug ist, um definitive Schlussfolgerungen zu erlauben.

    Es gibt nur einen einzigen Hinweis, der nicht in Frage gestellt werden kann, nämlich denjenigen, der von dem Conventus generalis episcoporum catholicorum diversarum provinciarum Africae, A. D. 484 (Mansi, 7,1149) berichtet. [Allgemeine Versammlung der katholischen Bischöfe der verschiedenen afrikanischen Provinzen] Hier lesen wir, unter der Überschrift: B. Eugenii episcopi cathargenensis fidei catholicae ratio: Et ut adhuc luce clarius unius divinitatis esse cum Patre et Filio Spiritum Sanctum doceamus, Joannis evangelista testimonio comprobatur; ait namque, tres sunt, qui testimonium dant (perhibent) in coelo, Pater, Verbum, et Spiritus Sanctus, et hi tres unum sunt. [Eugenius, Bischof von Karthargo, Bericht über den katholischen Glauben: „Wir lehren, dass es das deutliche Licht der einen Gottheit gibt mit dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie Johannes das Zeugnis ablegt, nämlich dass es  drei sind, die im Himmel Zeugnis ablegen: der Vater, das Wort und der Heilige Geist, und diese drei sind eins.] Sein Zeugnis ist so klar, dass es nur zwei Erklärungen zulässt: Entweder war in Nordafrika eine Handschrift in Gebrauch, die die Worte enthielt, oder die Interpolation geschah auf der Grundlage der allegorischen Auslegung Cyprians, die allgemein akzeptiert worden war.

    Mit dieser einen Ausnahme scheint es zweifelsfrei festzustehen, dass Vers 7 eine spätere Hinzufügung ist, die gewöhnlich der Zeit von Priscillian (gest. 385) und nach ihm Vigilius von Thapsus, etwa ein Jahrhundert später, zugeschrieben wird. Der Vers war ursprünglich auf Latein, die griechische Übersetzung wurde in das Complutensianische Polyglott nach den Vorgängen auf dem Laterankonzil von 1215 eingefügt. Erasmus übernahm den Vers nicht in seine Ausgaben von 1516 und 1518, gab aber 1522 dem Druck der Kirche nach, weil er im Codex Britannicus (Nr. 34) enthalten war. Robert Stephanus folgte Erasmus in den Jahren 1546-1569, Beza in den Jahren 1565-1576, und so haben die Worte ihren Weg in den Textus Receptus gefunden. In den deutschen Versionen, also den Wittenberger Bibeln, erscheint der Vers nicht zwischen 1522 und 1545. So sehr wir die Passage auch lieben, und so wahrhaftig wir wissen, dass sie göttliche Wahrheit enthält, so können wir nicht zulassen, dass unsere subjektive Einstellung unbestreitbare objektive Tatsachen beiseite schiebt.9A



A Entnommen aus: Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften. Hrsg. von Joh. Georg Walch. Nachdr. der 2., überarb. Aufl. St. Louis, Missouri. Bd. 14. Groß Oesingen: Verl. der Lutherischen Buchhandlung Heinrich Harms. 1987. Sp. 126-127

[1] Vgl. Fürbringer, Einleitung in das Neue Testament, 102; Concordia Bible Class, Nov., 1919,184.

[2] Expositor's Greek Testament, 5, 173.

[3] Für VV.24—28, vgl. Homiletisches Magazin, 38 (1914), 49-59.

[4] Für VV 13—18, vgl. Homiletisches Magazin, 28 (1904), 161-175.

[5] Für VV. 16—21, vgl. Homiletisches Magazin, 30 (1906), 161-171.

5A Nur sehr wenige, und dazu relativ junge, griechische Texte haben diese Worte, keine der älteren Handschriften (s.a. Exkurs am Ende des Kommentars von Kretzmann. Anm. d. Hrsg.)

[6] Vgl. Luther, 12, 529

[7] Obwohl die Zweifel an der Authentizität dieser Passage augenscheinlich wohl begründet sind (s. Theological Monthly, 1921, S. 80-81 [siehe Exkurs nach dem Kommentar]), kann es keine Frage geben, dass der Inhalt göttliche Wahrheit ist; daneben vertreten noch viele Gelehrte die Authentizität der Passage [das hat sich inzwischen geändert; es geht kaum noch jemand davon aus; Anm. d. Hrsg.]

[8] Für VV 4-10, vgl. Homiletisches Magazin, 28 (1904), 97-107.

[9] Für die gesamte Epistel vgl. Luther, 9, 1398 bis 1743.

9A Ursprünglich auf Englisch erschienen in Theological Monthly, 1921, Vol. 1, Nr. 3, S. 80-81 unter dem Titel: The Authenticity of Matt 6,13b and 1 John 5,7. [Übersetzung mit deepL; eingefügt durch den Hrsg.]