Luther
über den Glauben der Kinder in der Taufe
(aus
seiner Predigt über Matth. 8,1 ff.; entnommen aus WA
17 II, 78 ff.)
Dieser Predigtausschnitt stellt eine
bedeutende Aussage Luthers im Zusammenhang mit der Kindertaufe dar, denn hier
geht er näher auf den Glauben der Kinder ein, der zwar nicht absolut aus der
Schrift erwiesen werden kann, aber der, wie Luther hier ausführt, als sehr
wahrscheinlich anzusehen, da die Zusage Christi, die Kinder, die zu ihm
gebracht werden, zu segnen und ihnen das Himmelreich zu geben, eindeutig und
fest ist. Luther hat seine Aussagen dazu später noch weiter ausdifferenziert,
was zusammenfassend hier der Predigt über den Glauben der Kinder vorangestellt
werden soll.
Niemand kann
beweisen, dass die Säuglinge nicht glauben oder nicht glauben können; die
Schrift zeigt vielmehr, dass sie glauben können, wie bei Johannes dem Täufer
und den Säuglingen, die zu Jesus gebracht wurden und denen er das Himmelreich
zusprach. Sie werden getauft auf den Namen dessen, der will, dass die Kindlein zu ihm gebracht werden und ihm befehlen wir
ihren Glauben an, er, Jesus Christus, übernimmt für sie die Verantwortung –
anders können wir es letztlich auch bei einer Erwachsenentaufe nicht machen,
als dass wir Christus ihren Glauben anbefehlen. Dass Christus den Kindern den
Glauben gibt, davon dürfen wir überzeugt sein, wie er das macht, wie dieser
(unbewusste) Glaube aussieht, das überlassen wir ihm. Aber dieser Glaube der
Kinder ist nicht die absolute Grundlage für die Kindertaufe, sondern Christi
Taufbefehl und sein Wille, dass die Kindlein zu ihm
gebracht werden. Der Glaube macht ja nicht die Taufe, sondern empfängt sie nur.
Diejenigen, die
die Säuglingstaufe ablehnen und die Erwachsenentaufe als „Glaubenstaufe“
verlangen verkennen, dass sie dabei stets im Ungewissen bleiben, ob sie
überhaupt jeweils taufen dürfen, wenn sie die Taufe vom Glauben abhängig machen
– da niemand mit Sicherheit bestimmen kann, ob der Täufling tatsächlich glaubt,
auch das Bekenntnis des Täuflings ist es nicht. Auch der Täufling selbst hat
seinen Glauben ja nicht in der Hand, denn der Teufel kann ihm jederzeit den
Glauben, auf den hin er sich hat taufen lassen, zweifelhaft machen – womit dann
ja auch seine darauf vollzogene Taufe zweifeilhaft würde. Außerdem wäre ein
Taufen auf einen Glauben hin, auf den man sich verlässt, Werkerei,
weil es den Glauben zu einem Werk machen würde, zu einer menschlichen Haltung,
wie ja die Großtäufer zumeist die Taufe überhaupt als ein menschliches
Gehorsamswerk ansehen, nicht als eine Handlung Gottes am Täufling. Letztlich
wollen sie die Taufe durch ihre Frömmigkeit heilig machen, anstatt umgekehrt
durch die Taufe geheiligt zu werden, Gnade zu empfangen. Das Problem ist die
Reflexion auf den Glauben. Hier wird der Unterschied zwischen der
missionarischen und der innerkirchlichen Situation deutlich. Denn es ist eine
Sache, jemanden, der aus einer anderen Religion sich Christus zuwendet, nach
dem Glauben zu fragen, mit dem er nun anfängt, und jemanden, der im
christlichen Umfeld aufgewachsen ist und daher eine gewisse „Geschichte des
Glaubens“ mitbringt und nun meint, die rechte Art des Glaubens für die Taufe zu
haben, reif und bewusst genug zu sein: Hier wird aus einem schlichten
Bekenntnis eine Reflexion auf die eigene Gläubigkeit. Da muss der Mensch dann
auf sich selbst schauen, auf die Gabe, die er von Gott bekommen hat, und nicht
mehr auf Gottes Wort allein. Besonders deutlich wird dies bei der Wiedertaufe,
da dabei die zuvor gegebene Gerechtigkeit für „untüchtig“ erklärt wird, was
tatsächlich ein Übergehen zu einer Gerechtigkeit der Werke ist. ES GEHT ALSO
LETZTLICH UM DIE REINHEIT DES RECHTFERTIGUNGSGLAUBENS. (nach: Althaus: Die
Theologie Martin Luthers. S. 313-317)
„Wahr ist’s,
dass man glauben soll zur Taufe, aber auf den Glauben soll man sich nicht
taufen lassen. Es ist gar ein ander Ding, den Glauben
haben und sich auf den Glauben verlassen und so sich drauf taufen lassen. …
Wenn nun gleich ein alter Mensch sollte getauft werden und spräche: Herr, ich
will mich taufen lassen, so fragst du: Glaubst du auch? … So wird er mir nicht
so herfahren und sagen: Ich will wohl Berge versetzen mit meinem Glauben!
Sondern so: Ja, Herr, ich glaube, aber auf solchen Glauben baue ich nicht; er
könnte mir zu schwach oder ungewiss sein. Ich will getauft sein auf Gottes
Gebot, der es haben will von mir. Auf solch Gebot wag ich’s. Mit der Zeit mag
mein Glauben werden, wie er kann. Wenn ich auf sein Gebot getauft bin, so weiß
ich, dass ich getauft bin. Wenn ich auf meinen Glauben getauft würde, sollte
ich morgen wohl ungetauft gefunden werden, wenn mir der Glaube entfiele oder
ich angefochten würde, als hätte ich gestern nicht recht geglaubt.“ (Luther, WA 26
164,39; 26, 165,17)
„Ich danke Gott
und bin fröhlich, dass ich als ein Kind getauft bin. Denn da habe ich getan,
was Gott geboten hat. Ich habe nun geglaubt oder nicht, so bin ich dennoch auf
Gottes Gebot getauft. Die Taufe ist recht und gewiss – Gott gebe, mein Glaube
ei noch heute gewiss oder ungewiss. Ich mag denken (das heißt, darauf bedacht
sein) dass ich noch glaube und gewiss werde. An der
Taufe fehlt nichts, am Glauben fehlt’s immerdar. … Er kann fallen. … Aber von
der Taufe kann man nicht sagen: Siehe, da ist die Taufe gewesen und ist nicht
mehr Taufe. Nein, sie steht noch, und was nach seinem Gebot getan ist, steht
auch und wird auch bleiben.“ (Luther, WA 26, 165,34)
Jesus sagt:
„Wer da glaubt …“, nicht: „Wer da weiß, dass er glaubt.“ „Glauben muss man,
aber wir wollen noch können’s nicht gewiss wissen.“ (Luther, WA
26, 155.16.21)
Und weil es hier die Zeit und das
Evangelium gibt, müssen wir ein wenig von dem fremden Glauben und seiner Macht
sagen, da sich viele damit bekümmern, allermeist um der jungen Kinder willen,
die man in der Taufe hält nicht durch eigenen, sondern durch fremden Glauben
selig zu werden, wie hier dieser Knecht nicht durch seinen eigenen Glauben,
sondern durch seines Herrn Glauben gesund geworden ist. Die Sache haben wir
noch nie gehandelt, darum müssen wir sie hier um künftiger
Gefahr und Irrtum willen, so viel an uns ist, zuvor zu kommen,
behandeln.
Aufs erste müssen wir hier den Grund lassen
fest und gewiss sein, dass niemand selig wird durch anderer
Glauben oder Gerechtigkeit, sondern durch seine eigene. Wiederum,
niemand verdammt wird um eines anderen Unglauben oder
Sünden, sondern um seines eigenen Unglaubens willen, wie das Evangelium hell
und klar sagt, Markus 16: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig. Wer
nicht glaubt, der wird verdammt.“ Und Röm. 1: „Der Gerechte wird seines
Glaubens leben.“ Und Joh. 3: „Wer an ihn glaubt, wird nicht verloren werden,
sondern hat das ewige Leben.“ Ebenso: „Wer an ihn glaubt, der wird nicht
gerichtet. Wer nicht an ihn glaubt, der ist schon gerichtet.“ Das sind helle
offenkundige Worte, das ein jeglicher muss für sich selbst glauben, und kann
ihm keiner helfen durch fremden Glauben, ohne eigenen Glauben. Von diesen
Sprüchen darf man nicht weichen noch sie umdeuten, es betreffe, was es wolle.
Und sie sollen eher lassen alle Welt verderben, ehe man diese göttliche
Wahrheit ändere. Und ob etwas scheinbar Stichhaltiges würde dagegen
aufgebracht, das du nicht könntest beantworten, so sollst du eher bekennen,
dass du es nicht verstehst und Gott befiehlst, ehe du gegen diese klaren
Sprüche etwas zulässt. Es bleiben Heiden, Juden, Türken, junge Kinder und alles,
was da ist, wo sie wollen, diese Worte sollen müssen recht haben und wahr sein.
Nun ist die Frage, wie es um die jungen
Kinder steht, so sie doch keine Vernunft haben und für sich selbst nicht können
glauben, weil geschrieben steht Röm. 10: „Der Glaube kommt durchs Hören. Das
Hören aber kommt durchs Predigen des Wortes Gottes.“ Nun hören noch verstehen
ja die jungen Kinder Gottes Wort nicht, so können sie auch keinen eigenen
Glauben haben. Auf diese Frage haben die Sophisten in den Hochschulen und des
Papstes Rotte eine solche Antwort erdichtet. Dass die jungen Kinder werden ohne
eigenen Glauben getauft, nämlich auf den Glauben der Kirche, welchen die Paten
bekennen bei der Taufe. Danach, in der Taufe werde dem Kindlein aus Kraft und
Macht der Taufe die Sünde vergeben und eigener Glaube eingegossen mit Gnaden,
dass ein neugeborenes Kind wird aus dem Wasser und Heiligen Geist.
Wenn man sie aber fragt nach dem Grund
solcher Antwort, und wo das in der Schrift stehe, so findet man es nirgends
oder verweisen auf ihr Lehramt und sagen: Wir sind die hochgelehrten Doktoren
und sagen solches, darum ist’s recht, da darfst du nicht weiter fragen. Wie
denn so ziemlich alle ihre Lehre keinen anderen Grund hat, als ihre eigenen
Träume und Dunkel. Und wenn sie aufs höchste sich rüsten, so bringen sie
allenfalls einen Spruch, an den Haaren herbeigezogen, aus St. Augustinus oder
sonst einem heiligen Vater. Aber das ist uns nicht genug in den Sachen, die der
Seelen Heil betreffen. Denn sie selbst und alle heiligen Väter sind Leute und
Menschen gewesen. Wer will mir Bürge und Garant dafür sein, dass sie recht
sagen? Wer will darauf sich verlassen und darauf sterben, weil sie es ohne
Schrift und Gottes Wort sagen? Heilige hin, Heilige her, wenn mir’s die Seele gilt ewig zu verlieren oder zu erhalten,
kann ich mich nicht auf alle Engel und Heiligen verlassen, geschweige auf einen
Heiligen oder zwei, wenn sie mir nicht Gottes Wort zeigen.
Aus dieser Lüge sind sie weiter gefahren
und so weit gekommen, dass sie haben gelehrt und auch noch halten: Die
Sakramente haben solche Kraft, dass, ob du schon keinen Glauben hast und das
Sakrament empfängst (sofern du nicht im Vorsatz seiest zu sündigen), so kriegst
du doch die Gnade und der Sünden Vergebung ohne allen Glauben, das haben sie
aus der vorigen angeführten Lehre abgeleitet mit der Begründung, dass die
kleinen Kinder also ohne Glauben allein aus Macht und Kraft der Taufe Gnade
empfangen, wie sie träumen. Darum messen sie es auch den Alten und allen
Menschen so zu und reden solches alles aus eigenem Kopf, damit sie den
christlichen Glauben gar meisterlich ausgerottet, zunichte und unnötig gemacht
und allein unser Werk mit der Kraft der Sakramente aufgerichtet haben. Davon
habe ich genug geschrieben über die Artikel der Bulle Leos (s. WA 6, 595 ff.
und 613 ff.).
Die heiligen alten Väter haben doch ein
wenig besser davon, wiewohl nicht klar genug, geredet, die nicht sagen von
solcher erdichteten Kraft der Sakramente, sondern sagen so. Dass die jungen
Kinder getauft werden im Glauben der christlichen Kirche. Aber weil sie nicht
dasselbe gründlich darlegen, wie derselbe christliche Glaube den Kindern zu
Hilfe komme, ob sie dadurch einen eigenen Glauben bekommen oder also nur auf
den christlichen Glauben ohne eigenen Glauben getauft werden, gehen die
Sophisten weiter, deuten der heiligen Väter Wort dahin, dass die Kinder ohne
eigenen Glauben getauft werden, allein in der Kirche Glauben Gnade erlangen. Denn
sie sind dem Glauben feind. Wo sie nur die Werke erheben können, muss sich der
Glaube unterordnen. Denken nicht einmal, ob die heiligen Väter irrten oder sie
selbst die Väter recht verstanden.
Vor diesem Gift und Irrtum hüte dich,
wenn’s gleich aller Väter und Konzile ausdrückliche Meinung wäre, denn sie hat
keinen Bestand, hat keinen Grund der Schrift für sich, sondern nur
Menschendünkel und Träume. Dazu ist sie stracks und offensichtlich gegen die
vorigen Hauptsprüche, in denen Christus spricht: „Wer glaubt und getauft wird“
usw. das kurz zu schließen ist: Die Taufe hilft niemanden, ist auch niemandem
zu geben, er glaube denn für sich selbst, und ohne eigenen Glauben ist niemand
zu taufen, wie auch S. Augustin selbst spricht: Nicht das Sakrament
rechtfertigt, sondern der Glaube im Sakrament.
Über diese sind etliche andere, wie die
Waldenser, die halten, dass ein jegliche müsse für sich selbst glauben und mit
eigenem Glauben die Taufe oder Sakrament empfangen, wenn nicht, so sei ihm die
Taufe oder Sakrament nichts nütze. Sofern reden und halten sie recht. Aber dass
sie weitergehen und taufen gleichwohl die kleinen Kinder, von welchen sie auch
halten, dass sie keinen eigenen Glauben haben, das ist ein Spott der heiligen
Taufe und sie sündigen gegen das zweite Gebot, dass sie Gottes Namen und Wort
unnütz und ohne Grund bewusst und mutwillig führen. Es hilft ihnen auch nicht
die Ausrede, dass sie sagen: Die Kinder taufe man auf ihren zukünftigen
Glauben, wenn sie zur Vernunft kommen. Denn der Glaube muss vor oder in der
Taufe da sein, sonst wird das Kind nicht los vom Teufel und den Sünden.
Darum, wenn ihre Meinung recht wäre, so
müsste das alles nur Lüge und Scherz sein, was mit dem Kind in der Taufe
gehandelt wird. Denn da fragt der Täufer, ob das Kind glaube, und man antwortet
„Ja“ an seiner Statt, und ob es wolle getauft worden, da antwortet man auch
„Ja“ an seiner Statt. Nun wird ja doch niemand an seiner Statt getauft, sondern
es wird selbst getauft. Darum muss es auch selbst glauben, oder die Paten
müssten lügen, wenn wie sagen an seiner Statt „Ich glaube“. Ebenso rühmt der
Täufer, es sei neu geboren, die Sünden vergeben, vom Teufel los und zieht ihm
dafür zum Zeichen ein weißes Hemd an und handelt in allen Dingen ganz so mit
ihm wie mit einem neuen heiligen Gotteskind, welches müsste alles falsch sein,
wenn nicht eigener Glaube da wäre, und wäre besser, nimmer ein Kind zu taufen
als so mit Gottes Worten und Sakrament narren und gaukeln, als wäre er ein
Götze oder Narr.
Es hilft auch nicht, dass sie das Reich
Gottes in drei Teile scheiden. Einmal sei es die christliche Kirche, das andere
Mal das ewige Leben, zum dritten das Evangelium. Und danach sagen, die Kinder
werden zum Himmelreich getauft, auf die dritte und erste Weise, das ist, sie
werden getauft, nicht dass sie dadurch selig seien und Vergebung der Sünden
haben, sondern sie werden in die Christenheit aufgenommen und zum Evangelium
gebracht. Das ist alles nichts geredet und aus eigenem Dünkel erdichtet. Denn
das heißt nicht, ins Himmelreich kommen, dass ich unter die Christen komme und
das Evangelium höre, welches auch die Heiden tun könnten und ohne Taufe
geschieht. Solches heißt auch nicht, ins Himmelreich kommen, du redest vom
Himmelreich auf die erste, zweite oder dritte Weise, wie du willst. Sondern das
heißt im Himmelreich sein, wenn ich ein lebendiges Glied der Christenheit bin
und das Evangelium nicht allein höre, sondern auch glaube. Sonst wäre ein
Mensch ebenso im Himmelreich, wenn ich einen Klotz und Block unter die Christen
würfe oder wie der Teufel unter ihnen ist. Darum taugt dies gar nichts.
Auch folgt daraus, dass die christliche
Kirche zweierlei Taufe hätte und die Kinder nicht die gleiche Taufe mit den
Alten hätten. So doch Paulus sagt Eph. 4, es sei nur eine Taufe, ein Herr, ein
Glaube. Denn wenn die Taufe nicht ausreicht und gibt den Kindern, was sie den
Alten tut und gibt, so ist’s nicht dieselbe Taufe, ja, ist gar keine Taufe,
sondern ein Spiel und Spott der Taufe, da keine Taufe vorhanden ist außer der,
die da selig macht. Wenn man weiß oder hält, dass sie nicht selig macht, dann
soll man sie nicht geben. Gibt man sie aber, so gibt man nicht die christliche
Taufe, denn man glaubt nicht, dass sie wirke, was die Taufe wirken soll. Darum
ist’s eine andere und fremde Taufe. Deshalb wäre schier not, dass sich die
Waldenser selbst anders ließen taufen, wie sie die unseren anders taufen, weil
sie nicht allein ohne Glauben die Taufe empfangen, sondern auch gegen den
Glauben und zu Gottes Spott und Unehre eine andere, fremde, unchristliche Taufe
geben.
Wenn wir nun nicht besser könnten auf die
Frage antworten und beweisen, dass die jungen Kinder selbst glauben und eigenen
Glauben haben, da ist’s mein treuer Rat und Urteil, dass man stracks abstehe,
je eher, desto besser, und taufe nie mehr ein Kind, dass wir nicht die
hochgelobte Majestät Gottes mit solchen Possen und Gaukelwerk, da nichts
dahinter ist, spotten und lästern.
Darum sagen wir hierzu und schließen, dass
die Kinder in der Taufe selbst glauben und eigenen Glauben haben. Denselben
Gott in ihnen wirkt durch die Fürbitten und das Herzubringen durch die Paten im
Glauben der christlichen Kirche. Und das heißen wir die Kraft des fremden
Glaubens. Nicht, dass jemand durch denselben könne selig werden, sondern dass
er dadurch als durch seine Fürbitte und Hilfe könne von Gott selbst einen
eigenen Glauben erlangen, dadurch er selig werde.
Gleich, wie es mir mit meinem natürlichen
Leben und Sterben zugeht. Soll ich leben, so muss ich selbst geboren werden,
und kann niemand für mich geboren werden, dass ich dadurch lebe. Aber die
Mutter und Hebamme können durch ihr Leben mir wohl helfen zu meiner Geburt,
dass ich auch dadurch lebe. So muss ich selbst den Tod leiden, soll ich
sterben, und kann niemandes Tod mir tun, dass ich daran sterbe. Aber er kann
mir wohl helfen zum eigenen Tod, wenn er mich erschreckt, auf mich fällt,
erstickt oder erdrückt oder durch giftige Dünste mich umbringt. Ebenso kann
niemand für mich in die Hölle fahren. Er kann mich aber verführen mit irriger
Lehre und Leben, dass ich selbst hinfahre durch eigenen Irrtum, durch jenes Irrtum, auf mich gebracht. So kann niemand für
mich zum Himmel fahren. Er kann mir aber helfen dazu, predigen, lehren,
regieren, bitten und bei Gott erlangen Glauben, dadurch ich könne zum Himmel
fahren. Und dieser Hauptmann ist nicht gesund geworden von der Gicht [Lähmung]
seines Knechts. Aber er hat’s dennoch erworben, dass ein Knecht die Gesundheit
erlangt hat.
So sagen wir auch hier, dass die Kinder
nicht werden im Glauben der Paten oder der Kirche getauft. Sondern der Paten
und der Christenheit Glaube bittet und erwirbt ihnen den eigenen Glauben, in
welchem sie getauft werden und für sich selbst glauben. Dafür haben wir starke
und feste Sprüche: Matth. 19; Mark. 10; Luk. 18. Als
etliche dem Herrn Jesus Kindlein brachten, dass er sie anrührte, und die Jünger
ihnen wehrten, straft er die Jünger und herzt die Kinder und legt die Hände auf
sie und segnet sie und sprach: Solcher ist das Reich Gottes usw. Diesen Spruch
wird uns niemand nehmen, noch ihn mit gutem Grund widerlegen. Denn hier
steht’s, dass Christus will unverboten haben, die Kindlein zu ihm zu bringen. Ja, heißt sie zu ihm bringen
und segnet sie und gibt ihnen das Himmelreich, das lasst uns wohl merken.
Es ist ohne Zweifel von den natürlichen
Kindern geschrieben und gilt nicht, dass man Christi Wort wollte deuten, als
hätte er gemeint geistliche Kinder, die von Demut klein sind. Denn es waren
leibliche kleine Kinder, die Lukas infantes nennt [brephos im Griechischen, das sind Säuglinge, Kleinstkinder,
Anm. d. Hrsg.] und sein Segen geht über diese und spricht von ihnen, das
Himmelreich sei ihrer. Was wollen wir hier sagen? Wollen wir sagen, sie seien
ohne eigenen Glauben gewesen, so sind die vorigen Sprüche falsch: Wer nicht
glaubt, der ist verdammt usw. So würde auch Christus lügen und spiegelfechten,
da er sagt, das Himmelreich sei ihrer, und wird nicht mit Ernst vom rechten
Himmelreich reden. Deute nun diese Worte Christi, wie du willst, so haben wir,
dass die Kinder sind zu Christus zu bringen, und man ihnen nicht wehren soll.
Und wenn sie zu ihm gebracht sind, so zwingt er hier uns zu glauben, dass er
ihnen Segen und Himmelreich gebe, wie er diesen Kindlein
tut. Und wird uns kein anders gebühren zu tun und zu
glauben, so lange das Wort steht: „Lasst die Kindlein
zu mir kommen und wehrt ihnen nicht.“ Nicht weniger will uns gebühren zu
glauben, wenn sie zu ihm gebracht sind, dass er sie herze, seine Hand auf sie
lege, sie segne und den Himmel gebe, so lange der Text steht, dass er die Kindlein, die zu ihm gebracht wurden, segnete und ihnen
den Himmel gab. Wer kann an diesem Text vorübergehen? Wer will dagegen so kühn
sein und die Kindlein nicht zur Taufe kommen lassen
oder nicht glauben, dass er sie segne, wenn sie dahin kommen?
Nun ist er in der Taufe ja so gegenwärtig,
wie er dazumal war, das wissen wir Christen gewiss, darum wir nicht dürfen den
Kindern die Taufe verwehren. So dürfen wir auch nicht zweifeln, er segne sie
alle, die dahin kommen, wie er jenen tat. So bleibt nun hier nicht mehr als der
fromme Wunsch und der Glaube derjenigen, die die Kindlein
zu ihm brachten, dieselben machen und helfen durch ihr Zubringen, dass die
Kindlein gesegnet werden und das Himmelreich erlangen. Welches nicht sein kann,
sie haben denn eigenen Glauben für sich selbst, wie gesagt ist. So sagen wir
auch hier, dass die Kindlein zur Taufe gebracht werden
wohl durch fremden Glauben und Werk. Aber wenn sie dahin gekommen sind und der
Priester oder Täufer mit ihnen handelt an Christi Statt,
so segnet er sie und gibt ihnen den Glauben und das Himmelreich. Denn der
Priesters Wort und Tat sind Christi eigene Worte und Werk.
Hierzu stimmt auch S. Johannes in seinem
ersten Brief, da er spricht: Ich schreibe euch Vätern. Ich schreibe euch
Jünglingen. Ich schreibe euch Kindern, lässt sich nicht begnügen, dass er den
Jünglingen schreibt, schreibt auch den Kindern. Und schreibt, sie haben den
Vater erkannt. Daraus folgt ja, dass die Apostel haben auch die Kinder getauft
und dafür gehalten, sie glauben und erkennen den
Vater, gerade, als wären sie zur Vernunft gekommen und könnten lesen. Wiewohl
das Wort „Kinder“ niemand möchte deuten auf die Alten, wie Christus seine
Jünger etwa nennt, so ist’s doch gewiss, dass er hier redet von denen, die
jünger sind als die Jünglinge, wie es lautet, er rede von dem jungen Haufen,
der unter fünfzehn oder achtzehn Jahren ist, und nimmt niemand aus von den
Jahren bis aufs erste Jahr. Denn das heißen alle Kinder.
Aber wir wollen doch sehen ihre Ursache,
warum sie die Kinder nicht für gläubig haben. Sie sprechen, weil sie noch nicht
zur Vernunft sind gekommen, können sie Gottes Wort nicht hören. Wo aber Gottes
Wort nicht gehört wird, da kann kein Glaube sein, Röm. 10: „Der Glaube kommt
durchs Hören, das Hören aber kommt durch Gottes Wort“ usw. Sage mir, ist das
auch christlich geredet, so von Gottes Werken urteilen nach unserem Gutdünken?
Die Kinder sind nicht zur Vernunft gekommen, darum können sie nicht glauben?
Wie, wenn du durch solche Vernunft wärst schon vom Glauben abgekommen, und die
Kinder durch ihre Unvernunft zum Glauben gekommen? Lieber, was für Gutes tut
die Vernunft zum Glauben und Gottes Wort? Ist’s nicht sie, die dem Glauben und
Wort Gottes aufs höchste widersteht, dass niemand wegen ihr zum Glauben kann
kommen, nach Gottes Wort leiden will, sie werde denn geblendet und geschändet,
dass der Mensch muss ihr absterben und geradezu werden wir ein Narr und ja so
unvernünftig und unverständig wie ein junges Kind, soll er anders gläubig
werden und Gottes Gnade empfangen, wie Christus spricht Matth.
18: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die jungen Kinder, so werdet ihr
nicht in das Himmelreich kommen.“ Wie oft hält uns Christus vor, dass wir zu
Kindern und Narren werden müssen, und verdammt die Vernunft?
Ebenso sage mir, was hatten die Kindlein für eine Vernunft, die Christus herzt und
segnet und den Himmel zuteilt? Waren sie nicht auch noch ohne Vernunft? Warum
heißt er sie denn zu ihm bringen und segnet sie? Wo haben sie solchen Glauben
her, der sie zu Kindern des Himmelreichs macht? Ja eben
weil sie ohne Vernunft und närrisch sind, sind sie besser zum Glauben geschickt
als die Alten und Vernünftigen, welchen die Vernunft immer im Weg liegt, und
will ihren großen Kopf nicht durch die enge Tür stoßen. Man darf hier nicht
Vernunft noch ihre Werke ansehen, wenn man vom Glauben und Gottes Werk redet.
Hier wirkt Gott allein, und die Vernunft ist tot, blind und gegenüber diesem
Werk wie ein unvernünftiger Block, damit bestehe die Schrift, die da sagt: „Gott
ist wunderlich in seinen Heiligen.“ Ebenso Jesaja 55: „Wie der Himmel über die
Erde erhaben ist, so sind meine Wege über eure Wege erhaben.“
Aber weil sie so tief in der Vernunft
stecken, müssen wir sie mit ihrer eigenen Klugheit angreifen. Sage mir, warum
taufst du den Menschen, wenn er zur Vernunft ist gekommen? Antwortest du: Er
hört Gottes Wort und glaubt; frage ich: Wie weißt du das? So sprichst du: Er
bekennt’s mit dem Mund. Was soll ich sagen, wie wenn er lügt und trügt? Du
kannst ja sein Herz nicht sehen. Wohlan, so du denn hier tauft auf keinen
anderen Grund, als dass der Mensch sich äußerlich beweist, und bist seines
Glaubens ungewiss und musst denken, wenn er nicht inwendig im Herzen mehr hat,
als du außen erfährst, so hilft weder sein Hören noch Bekennen noch Glauben.
Denn es kann ein lauter Wahn sein und nicht ein rechter Glaube. Wer bist du
denn, dass du sagst, äußerlich hören und bekennen sei nötig zur Taufe, wo das
nicht sei, soll man nicht taufen, wo es sei, soll man taufen, und musst selbst
hier bekennen, solches Hören und Bekennen sei ungewiss, dazu auch nicht genug,
dass der die Taufe empfange. Worauf taufst du? Wie willst du verantworten, dass
du die Taufe so wegschleuderst im Zweifel?
Ist‘s nicht so, du musst hierher
kommen und sagen, dir gebühre nicht mehr zu tun noch zu wissen, als dass
man dir den zubringe, den du taufen sollst, und von dir die Taufe fordere, und
musst glauben ihn Gott befehlen, ob er inwendig recht glaube oder nicht, damit
bist du entschuldigt und taufst recht. Warum willst du denn das hier den
Kindern nicht tun, die Christus heißt zu ihm bringen und will sie segnen?
Sondern willst vorher das äußerliche Hören und Bekennen haben, das du doch
ungewiss und dem Getauften nicht genügend zur Taufe selbst bekennst? Und lässt
das gewisse Wort Christi fahren, (da er heißt, die Kindlein
zu ihm zu bringen) um deines ungewissen äußerlichen Hörens willen.
Dazu sage mir, wo bleibt die Vernunft des
Christgläubigen, wenn er schläft, so doch sein Glaube und Gottes Gnade ihn
nimmer verlässt? Kann hier der Glaube ohne Zutun der Vernunft bleiben, dass sie
es nicht gewahr wird, warum sollt er nicht auch anfangen in den Kindern, ehe
die Vernunft darum etwas weiß? Ebenso, so möchte ich auch sagen von allen
Stunden, darin ein Christ lebt und etwas arbeitet oder sonst zu schaffen hat,
dass er des Glaubens und Vernunft nicht gewahr wird, und doch darum der Glaube
nicht ablässt. Gottes Werk ist verhüllt und wunderlich, wo und wann er will.
Wiederum auch offenbar genug, wo und wann er will, dass uns drüber zu urteilen
zu hoch und zu tief ist.
Weil er denn hier heißt, die
Kindlein nicht wehren, zu ihm zu kommen, dass er sie segne, und von uns
nicht gefordert wird, dass wir gewiss sein müssten, wie der Glaube inwendig
steht, und das äußerliche Hören und Bekennen dem Getauften nicht genug ist. So
sollen wir’s dabei lassen bleiben, dass unserethalben, nämlich der Täufer,
genug sei, des Getauften Bekenntnis zu hören, der von selbst herzukommt. Und
das darum, damit wir das Sakrament nicht geben gegen unser Gewissen, denen, da
keine Frucht zu hoffen ist. Wenn sie aber unser Gewissen versichern mit ihrem
Suchen und Bekennen, dass wir’s mögen geben als ein Sakrament, das Gnade gibt,
so sind wir entschuldigt. Ist sein Glaube nicht recht, das sei Gott befohlen.
Wir haben’s doch nicht gegeben als ein unnützes Ding, sondern mit solchem
Gewissen, dass es nützlich sei.
Das rede ich alles darum, dass man nicht so
gedankenlos taufe, wie jene tun, die es auch mit mutwilligem Wissen so geben,
bewusst und überzeugt davon, dass es nichts tun noch nutz sein soll. Denn damit
versündigen sich die Täufer, dass sie Gottes Sakrament und Wort wissentlich
unnütz gebrauchen, oder haben je ein solches Gewissen, dass es nichts schaffen
soll noch könne, welches ist gar unwürdig, das Sakrament zu handhaben, und Gott
versuchen und lästern. Denn das ist nicht Sakrament gegen, sondern mit dem
Sakrament Spott getrieben. Wenn aber der Getaufte lügt und nicht glaubt,
wohlan, so hast du doch recht getan und ein rechtes Sakrament gegeben mit gutem
Gewissen, das da sollte Nutzen schaffen.
Welche aber nicht von selbst herzukommen,
sondern herzu gebracht werden, wie Christus heißt, die
Kindlein herzu zu bringen, deren Glauben befiehl dem, der sie heißt
herzu bringen und taufe sie auf desselben Befehl und spricht: Herr, du bringst
sie her und heißt sie taufen, so wirst du wohl für sie die Verantwortung
übernehmen. Da verlass ich mich drauf. Ich tue sie
nicht wegtreiben noch ihnen wehren, haben sie das Wort nicht gehört, dadurch
der Glaube kommt, wie es die Alten hören, so hören sie es aber wie die jungen Kindlein. Die Alten fassen’s
mit Ohren und Vernunft oft ohne Glauben. Sie aber hören‘s
mit Ohren ohne Vernunft und mit Glauben. Und der Glaube ist so viel näher, so
viel weniger die Vernunft ist und je stärker der ist, der sie herzu bringt.
Denn der Wille ist der Alten, die von selbst kommen.
Es ficht solche Phantasten das am meisten
an, dass in den Alten Vernunft ist, die sich stellt, als glaube sie dem Wort,
das sie hört, das heißen sie denn glauben, wiederum sehen sie, dass in den
Kindern noch keine Vernunft ist, und es stellt sich, als glauben sie nicht.
Aber darauf sehen sie nicht, dass glauben
an Gottes Wort gar viel ein anderes und tieferes Ding ist als das, was die
Vernunft mit Gottes Wort tut. Denn jenes ist allein Gottes Werk über alle
Vernunft, welchem das Kind so nahe ist wie der Alte, ja, viel näher und der
Alte so ferne wie das Kind, ja, viel ferner.
Dies aber ist ein menschliches Werk, aus
der Vernunft gemacht, dass ich denke, soll eine Taufe gewiss sein, so sei der
Kinder Taufe die allergewisseste, eben um des Wortes Christi willen, da er sie
heißt zu sich bringen, da die Alten von sich selbst kommen. Und das in den
Alten kann Betrug sein der offenen Vernunft halben, in den Kindern kein Betrug
sein kann, der verborgenen Vernunft wegen, in welchen Christus seinen Segen
wirkt, wie er sie hat heißen zu sich bringen. Es ist gar ein treffliches Wort
und nicht so in den Wind zu schlagen, dass er die Kinder heißt zu sich bringen,
und straft, die es wehren.
Damit wollen wir aber das Predigtamt nicht haben
geschwächt oder niedergelegt. Denn freilich auch Gott nicht predigen lässt um
des vernünftigen Hörens willen, da daraus keine Frucht kommt, sondern um des geistlichen
Hörens willen, welches, wie gesagt ist, auch die Kinder haben sowohl und besser
als die Alten. So hören sie ja auch das Wort. Denn was ist die Taufe anderes
als das Evangelium, dazu sie gebracht werden? Wiewohl sie das einmal nur hören.
Sie hören’s aber desto kräftiger, weil Christus sie
aufnimmt, der sie hat heißen bringen. Denn die Alten haben hier einen Vorteil,
dass sie oft hören und wieder dran denken können. Doch geht es auch mit den
Alten so zu im geistlichen Hören, dass es nicht durch viele Predigten eingeht,
sondern es kann einmal treffen in einer Predigt, so hat er’s genug ewiglich.
Was er danach hört, da hört er entweder dasselbe zur Besserung oder wieder zum
Verderben.
Zusammenfassend: Der Kinder Taufe und Trost
steht in dem Wort „Lasst die Kindlein zu mir kommen
und wehrt ihnen nicht, denn solcher ist das Reich Gottes.“ Das hat er geredet
und lügt nicht. So muss recht und christlich sein, die
Kindlein zu ihm zu bringen, dass kann nicht geschehen als in der Taufe.
So muss auch gewiss sein, dass er sie segnen und das Himmelreich gebe allen,
die so zu ihm kommen, wie die Worte lauten: „Solcher ist das Reich Gottes.“ Das
sei davon genug diesmal.