Vorrede Es ist ein Sermon vom
ehlichen Stand ausgegangen unter meinem Namen, das mir viel lieber nit
geschehen wäre. Dann wiewohl ich mir bewußt, daß ich von der Materi geprediget,
so ist es doch nit in die Federn bracht, als wohl gleich wäre. Darum ich
verursacht, denselben zu ändern und, so viel mir muglich, zu bessern. Bitt
ein iglich frumm Mensch, wollt den ersten ausgangen Sermon lassen untergehn
und zunichte werden. Auch so jemand mein Prediget fahen will, mäßig sich
seiner Eile und laß mich auch zu meiner Wort Ausbreitung raten. Es ist ein
groß Unterscheid, etwas mit lebendiger Stimme oder mit toter Schrift an Tag
zu bringen. Ein Sermon von dem ehlichen
Stand, verändert und korrigiert durch D. Martinum Luther, Augustiner zu
Wittemberg Zum ersten. Do Gott Adam geschaffen hätt
und alle Tiere fur ihn bracht, unter welchen Adam nit befand, das ihm eben
und gleich gesellig wäre zum ehelichen Stand, do sprach Gott: Es ist nit gut,
daß Adam allein ist. Ich will ihm ein Gehulfen machen, die ihm zur Hand sein
soll, und sandt ein tiefen Schlaf in Adam und nahm eine Rippe von ihm und
schloß das Fleisch wieder zu. Und bauet aus derselben Rippen, die er von Adam
genommen hatte, ein Weib und bracht sie zu Adam. Da sprach Adam: Das ist ein
Bein von meinen Beinen und ein Fleisch von meinem Fleisch. Sie soll heißen
eine Mannine, dann sie von ihrem Mann genommen ist. Darum wird ein Mann Vater
und Mutter lassen und seinem Weib anhangen, und sollen zwei in einem Fleisch
sein. Das alls seind Gottes Wort,
in welchen beschrieben ist, wo Mann und Weib herkummen, wie sie zusammengeben
seind und wozu ein Weib geschaffen und was vor Liebe sein soll im ehelichen
Leben. Zum andern. Wann Gott selb nit gibt ein
Weib oder Mann, dann geht es zu, wie es mag. Dann das ist hie angezeigt, daß
Adam kein ehelich Gemahel fand, aber sobald Gott Evam geschaffen hätt und zu
ihm bracht, da empfand er eine rechte eheliche Liebe zu ihr und erkennet, daß
sie sein ehelich Gemahel wäre. Also sollt man lehren, die do zum ehelichen
Stand sich geben wolllen, daß sie mit rechtem Ernst Gott bitten um ein
ehelich Gemahel. Dann auch der weise Mann sagt, daß Guter und Haus mugen die
Elteren ihren Kindern versehn, aber ein Weib wird allein von Gott geben, nach
dem ein iglicher wirdig ist, gleich wie Eva allein von Gott Adam geben ist.
Und wiewohl die leichtfertige Jugen aus ubriger Lust des Fleischs in diesen
Sachen schwünd fähret, so ist es doch ein groß Ding vor Gott. Dann nit
umsunst der allmächtig Gott allein dem Menschen fur allen Tieren mit sulchem
Ratschlag und Bedenken seinen ehelichen Stand einsetzt. Den andern Tieren
spricht er schlechts: Wachset und mehret euch, und steht nit geschrieben, daß
er das Weib zu dem Mann bringt. Drum auch kein Ehe da ist. Aber Adam, dem
macht er ein einigs, sunderlichs Weib von ihm selbs, bringt sie zu ihm, gibt
sie ihm, und Adam verwilligt und nimmt sie an, und das ist dann ein Ehe. Zum dritten ist ein Weib geschaffen, dem Mann zu
einem geselligen Hulfen in allen Dingen, besondern, Kinder zu bringen. Und
das ist noch blieben, allein daß es mit böser Lust nach dem Fall vermischt
ist. Und itzt die Begierde des Manns zum Weib und wiederum nit lauter ist,
dann nit allein Gesellschaft und Kinder, dazu es allein eingesetzt ist,
sondern auch die böse Lust sehr stark gesucht wird. Zum vierten unterscheidt er die Lieb: daß Manns
und Weibs Lieb ist oder sein soll die allergroßt und lauterste Lieb vor allen
Lieben. Dann er spricht: Vater und Mutter wird der Mann lassen und hangen an
seinem Weib, und wiederum das Weib auch, wie wir dann fur Augen täglich
sehen. Nun seind dreierlei Liebe: falsche, naturliche, eheliche. Falsche
Liebe, die such das Ihre, wie man Geld, Gut, Ehre und Weiber außer der Ehe liebet
wider Gottes Gebot. Naturliche Liebe ist zwischen Vater und Kind, Bruder und
Schwester, Frund und Schwäger und dergleichen. Aber uber die alle geht die
eheliche Liebe, das ist ein Brautliebe, die brinnet wie das Feuer und sucht
nicht mehr dann das eheliche Gemahl. Die spricht: Ich will nit das deine, ich
will weber Gold noch Silber, weder dies noch das, ich will dich selb haben,
ich wills ganz oder nichts haben. Alle andere Liebe suchen etwas anders, denn
den sie liebet, diese allein will den Gliebten eigen selb ganz haben. Und
wenn Adam nit gefallen wäre, so wäre es das lieblichste Ding gewesen, Braut
und Bräutigam. Aber nu ist die Liebe auch nit rein, dann wiewohl ein ehlich
Gemahl das ander haben will, so sucht doch auch ein iglich seine Lust an dem andern,
und das fälscht diese Liebe. Derhalben ist der ehlich Stand nu nicht mehr
rein und ohn Sund, und die fleischliche Anfechtung so groß und wütend worden,
daß der ehlich Stand nu hinfurder gleich ein Spital der Siechen ist, auf daß
sie nit in schwerer Sund fallen. Dann eher Adam fiel, war es leicht,
Jungfrauschaft und Keuschheit zu halten, das nu wenig muglich und ahn sundere
Gottes Gnaden unmuglich ist. Darum haben auch weder Christus noch die
Aposteln Keuschheit gebieten wollen und doch dieselben geraten und einem
iglichen heimgeben, sich selb zu prufen: mag er sich nit halten, daß er
ehlich werde, mag er aber von Gottes Gnaden sich enthalten, ist besser die
Keuschheit. Also haben die Doctores drei
Guter und Nutz erfunden im ehlichen Stand, durch welche die sundlich Lust,
die mit unterläuft, wiedererstattet und nit verdammlich wurde. Zum ersten, daß ein Sakrament ist. Ein Sakrament
aber heißt ein heiliges Zeichen, das do bedeut etwas anders geistlich, heilig,
himmelisch und ewig Ding, gleich wie das Wasser der Taufe. Wann das der
Priester über das Kind geußt, bedeut die heilige, gottlich und ewige Gnade,
die doneben wird gossen in die Seele und Leib desselben Kinds und reiniget
aus die Erbsunde, daß do Gottes Reich inne sei, welche Ding unaussprechliche
Guter sein und gar viel unmeßlich großer dann das Wasser, das dieselben
bedeutet. Also ist auch der eheliche Stand ein Sakrament, ein äußerlichs
heiligs Zeichen des allergroßten, heiligesten, wirdigesten, edlesten Dings,
das noch nie gewesen oder werden mag, das ist: die Vereinung gottlicher und
menschlicher Natur in Christo. Dann der heilig Apostel Paulus sagt: Wie der
Mann und Weib, vereinigt im ehelchen Stand, seind zwei in einem Fleisch, also
ist Gott und die Menschheit ein Christus, Christus auch und die Christenheit
ein Leib, das ist vorwahr (spricht er) ein groß Sakrament; das ist: der
eheliche Stand bedeut vorwahr große Ding. Ist das nit groß Ding, daß Gott
Mensch ist, daß Gott sich dem Menschen eigen gibt und will sein, gleich wie
der Mann sich dem Weib gibt und sein ist? So aber Gott unser ist, so ist auch
alle Ding unser. Sieh, um der ehr willen, daß
Vermischung Manns und Weibs ein so groß Ding bedeut, muß der ehelich Stand
sulchs Bedeutnis genießen, daß die böse fleischliche Lust, der niemand ohn
ist, in ehlicher Pflicht nit verdammlich ist, die sonst außerhalb der Ehe
allezeit todlich ist, wann sie verbracht wird. Also deckt die heilige
Menschheit Gottes die Schande der fleischlichen bösen Lust. Drum sollt ein
ehlich Mensch solchs Sakraments achthaben, daß man die heilige Ding ehret und
sich mäßig in ehlichen Pflichten hielte, auf daß nit der fleischlichen Lust,
wie die Tiere tun, unvernunftig Folge gescheh. Zum andern, daß es ein Verbundnis ist der Treu.
Das ist der Grund und ganzes Wesen der Ehe, daß sich ganz eins dem andern
gibt und verspricht, Treu zu halten und kein andern einzulassen. Dieweil dann
eins sich also an das ander bindet und gefangengibt, daß es dem Fleisch alle
andere Weged versperret und sich an einen Bettgenossen gnugen läßt, so sieht
Gott an, daß das Fleisch also gedämpft wird, daß nit kreuzwegs durch die
Stadt wutet, und läßt gnädig zu, daß derselben Lust in solcher Treu etwas
nachgelassen wird, auch mehr dann zur Frucht not ist, doch daß man sich mit
Ernste mäßige und nit eine Mist und Saupfuhl draus mache. Hie sollt ich sagen, waserlei
Wort man brauchen sollt, wann sich zwei verloben. So hat man das Ding so
tief, weit und spitzig gemacht, daß ich viel zu geringe bin, selbs das zu
verstehen, und sorge, daß viel Eheleut sitzen beieinander, die wir vor
unehlich halbten. Dann dieweil der ehelich Stand grundlich stehet in einem
Verwilligen zueinander und Gott wunderlich ist in seinen Gerichten, will
ich's ihm lassen befohlen sein. Die gemeine Wort sein diese: Ich bin dein, du
bist mein, und wiewohl etlich aufs schärpfst meinen, es sei nit gnug, wann
man spricht: Ich will adder wirde dich nehmen, adder anderlei Wort brauchten,
so wollt ich doch lieber richten nach der Meinung, die sie zur Zeit gehabt
hätten. Item: Waann eins dem andern
heimlich gelobt und darnach ein anders nimmt, offentlich oder heimlich, weiß
ich noch nit, ob es alls reicht sei, daß man darvon schreibt und richtet. Das
ist mein Rat, daß die Eltern ihre Kind gewehnen, daß sie sich nit schämen,
von ihn zu begehren ein ehlich Gemahl und sie sich merken lassen, daß sie sie
beraten wollen, auf daß sie deste baß in Hoffnung sich enthalten und beharren
mugen, und wiederum die Kind nit ahn der eltern Wissen sich verloben. Dann
schämest du dich nit, einen Rock adder Haus von deinen Eltern zu begehren,
was narrst du dann und bittest nit um das, das viel großer ist, ein ehlich
Gemahl? Also tät Samson: Der kam in ein Stadt und sah ein Jungfrau. Die
gefiel ihm. Do ging er vor wieder heim und sagt zu seinem Vater und Mutter:
Ich hab ein Jungfrau gesehen, die hab ich lieb. Lieber, gebt mir dieselben
zum ehlichen Gemahl. Zum dritten, daß es Frucht bringt, dann das ist
das End und furnehmlich Amt der Ehe. Das ist aber nit gnug, da0 die Frucht
geboren wird, und also redt man nit davon, wann man sagt, die Ehe
entschuldige die Sunde, dann sulche Frucht trägt es auch den Heiden, sundern
daß man die Frucht ziehe zu Gottes Dienst, Lob und Ehre und nichts anders
darinne suche, das leider selten geschieht. Man sucht nur Erben adder Lust an
den Kindern, Gottes Dienst bleibe, wo er kann. Auch findt man, die zur Ehe
greifen und Vater adder Mutter werden, eher sie selb beten kunnten adder
wissen, was Gottes Gebot sein. Aber das solln die Eheleut wissen,
daß sie Gott, der Christenheit, aller Welt, ihn selbs und ihren Kindern kein
besser Werk und Nutz schaffen mugen, dann daß sie ihre Kinder wohl aufziehen.
Es ist nichts mit Wallfahrten gen Rom, gen Jerusalem, zu Sankt Jakob. Es ist
nichts, Kirchen bauen, Messe stiften adder waser Werk genennt werden mugen,
gegen diesem einigen Werk, daß die Ehlichen ihre Kinder ziehen, dann dasselb
ist ihre gerichtste Straß gen Himmel. Mugen auch den Himmel nit mehr und
besser erlangen dann mit diesem Werk. Es ist auch ihr eigen Werk, und wo sie
sich desselben nit fleißen, so ist es gleich ein verkehret Ding, als wann
Feur nit brennet, Wasser nit netzet. Also wiederum ist die Helle
nicht leichtlicher verdienet dann an seinen eigen Kindern. Mugen auch kein
schädlicher Werk nit tun, dann daß sie die Kind versäumen, lassen sie
fluchen, schweren, schandbar Wort und Liedlin lehren und nach ihrem Willen
leben. Darzu etlich sie selb reizen mit ubrigem Schmuck und Forderung zu der
Welt, daß sie nur der Welt wohl gefallen, hochsteigen und reich werden,
allzeit mehr sorgen, wie sie dem Leib wann der Seelen gnugsam versehen. Es
ist auch kein großer Schad der Christenheit, dann der Kinder versäumen. Dann
soll man der Christenheit wieder helfen, so muß man furwahr an den Kindern anheben,
wie vorzeiten geschah. Dies dritte Stuck dunkt mich
das großer und nutzlichste sein, das ahn Zweifel nit allein eheliche Pflicht,
sondern auch alle andere Sund mächtig ablegen kann. Aber die falsche
Naturliebe verblendet die Eltern, daß sie das Fleisch ihrer Kinder mehr
achten dann die Seelen. Drum spricht der weis Mann: Wer der Ruten schonet,
der hasset sein eigen Kind, wer aber sein Kind liebhat, der stäupt es
vielmal. Item: Es ist in ein iglichen Kinds Herzen torliche Vornehmen; aber
die Ruten mag das alles austreiben. Item Salomon: Schlägst du dein Kind mit
Ruten, so wirst du sein Seel von der Helle erlosen. Derhalben ist es hoch
vonnoten einem iglichen ehlichen Menschen, daß er seins Kinds Seel mehr,
tiefer, fleißiger ansehe dann das Fleisch, das von ihm kommen ist, und sein
Kind nit anders achte dann als einen kostlichen ewigen Schatz, der ihm von
Gott befohlen sei zu bewahren, daß ihn der Teufel, die Welt und das Fleisch
nit stehlen und umbringen. Dann er wird von ihm gefordert werden am Tod und
Jungsten Tag mit gar scharfer Rechnung. Dann wo meinst du, daß herkummen wir
das schrecklich Heulen und Klagen der, die do rufen werden: O selig sein die
Leibe, die nit Kinder geboren haben, und Bruste, die nit gesäugt haben? Ahn
Zweifel darum, daß sie ihre Kind nit wieder zu Gott gebracht haben, von dem
sie sie zu behalten empfangen haben. O wahrlich, ein edler,
großer, seliger Stand der ehelich Stand, so er recht gehalten wird! O
wahrlich, ein elender, erschrecklicher, fährlicher Stand der ehlich Stand, so
er nit recht gehalten wird! Und wer diese Ding bedächt, dem wurde der Kutzel
des Fleisches wohl vergehen und vielleicht so schier nach dem junfraulichen
Stand als nach dem ehlichen Stand greifen. Die Jugend achtet es geringe,
folgt nur den Begierden, aber Gott wird es gar groß achten und folgen dem
Rechten. Endlich: Willst du alle dein Sund wohl büßen
und den höchsten Ablaß hie und dort erlangen, seliglich sterben und dein
Geschlecht auch zeitlich weit und ferne strecken, so schau nur mit allem
Ernst auf dies dritte Stucke, die Kinder wohl zu ziehen. Kannst du es nit,
bitt und such ander Leut, die es kunnen, und laß dich kein Geld, Kost, Mühe
und Arbeit dauren, dann das sein die Kirchen, Altar, Testament, Vigilien und
Seelmessen, die du hinter dir lässest, die dir auch leuchten werden im
Sterben und wo du hinkummest. |
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