Luther Kurze Erklärung des christlichen Glaubens

110–133 Minuten


MARTIN LUTHER

KURZE ERKLÄRUNG DES

CHRISTLICHEN GLAUBENS

Neu herausgegeben

von

Roland Sckerl

in Anlehnung an Luthers „Betbüchlein“ von 1522

Durmersheim

2023

    Die Texte sind Luthers Betbüchlein von 1522 entnommen, was die Darlegung zu den zehn Geboten angeht (kombiniert mit seinem Kleinen Katechismus), sowie die Auslegung des Glaubensbekenntnisses und des Vaterunsers. Dazu zum Vaterunser noch der Text Luthers für Meister Peter, der später auch im Betbüchlein abgedruckt wurde, sowie weitere Texte Luthers aus den Schmalkaldischen Artikeln.

VORREDE

    Es ist nicht ohne besonderen Grund geschehen, dass Gott einem jedem Christen, unter denen viele die Schrift nicht lesen können, geboten hat, die 10 Gebote, das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser zu lernen und sie auswendig zu kennen. In diesen drei Stücken ist fürwahr alles, was in der Heiligen Schrift geschrieben steht und auch immer gepredigt werden mag, kurz, alles, was für einen Christen zu wissen nötig ist, gründlich und vollständig zusammen­gefasst – und zwar in solcher Kürze und so verständlich, dass sich niemand beklagen oder vor­schie­ben kann, es sei zu viel oder zu schwer zu behalten, was ihm nötig ist zur Seligkeit. Drei Dinge nämlich muss ein Mensch wissen, damit er selig werde: zum ersten, was er tun und las­sen soll; zum zweiten, wenn er nun merkt, dass er es aus seinen Kräften heraus nicht tun oder lassen kann, wo er schöpfen und suchen und finden soll, damit er es dennoch tue und lasse; zum dritten, wie er es suchen und holen soll. Gleichwie bei einem Kranken ist es zuallererst nötig, dass er weiß, was er für eine Krankheit hat, d. h. was er tun und lassen und was er nicht tun und lassen kann. Danach ist es nötig, dass er weiß, woher er die Arznei bekommen kann, die ihm hilft, damit er tun und lassen kann, was ein gesunder Mensch tut oder lässt. Und zum dritten muss er diese Arznei haben wollen, d. h. sie suchen, holen oder sich bringen lassen.

    So lehren die Gebote den Menschen seine Krankheit er­kennen, dass ersieht und empfindet, was er tun und nicht tun, las­sen und nicht lassen soll und sich so als einen Sünder, d. h. einen (durch die Abkehr von Gott) verdorbenen Menschen erkennt.

    Danach hält ihm das Glaubensbekenntnis vor und lehrt ihn, wo er die Arznei, welche Gnade heißt, finden kann, welche ihm hilft, fromm zu werden, dass er die Gebote halten kann. So zeigt Gott dem Menschen also seine Barmherzigkeit, die er ihm in Jesus Christus entgegen­bringt und anbietet.

    Und drittens lehrt das Vaterunser den Menschen, auf welche Art er diese Gnade begehren, ergreifen und sich aneignen soll, nämlich durch das im Glauben gesprochene, de­mütige und trostreiche Gebet. Dann wird sie ihm gegeben werden und er wird durch die Erfül­lung der Gebote Gottes selig. Das sind die drei Dinge, um die es in der ganzen Heiligen Schrift geht.

    Darum beginnen wir, zuerst von den Geboten zu lehren, da­mit wir unsere Sünde und Ver­derbtheit – das ist unsere geist­liche Krankheit – erkennen, durch welche wir nicht tun und las­sen können, was wir zu tun und zu lassen schuldig sind.

Die erste und rechte Tafel des Mose

    Sie umfasst die ersten drei Gebote, in denen der Mensch be­lehrt wird, was er gegenüber Gott zu tun und zu lassen schuldig ist, d. h. wie er sich zu Gott verhalten soll.

    Das erste Gebot lehrt, wie sich der Mensch zu Gott innerlich in seinem Herzen verhalten soll, d. h., was er allezeit von ihm denken, halten und wie er ihn achten soll: dass Gott es nämlich ist, der ihm alles Gute zuteil werden lässt, und dass der Mensch ihn wie einen Vater und guten Freund mit seiner ganzen Treue, Liebe und seinem Glauben allezeit fürchten und nie beleidi­gen soll, ebenso wie ein Kind sich zu seinem Vater verhält. Denn das ist ja ganz natürlich (und eine allgemeine Auffassung), dass ein Gott ist, der alles Gute gibt und in allem Übel hilft. Dass es so ist, wird deutlich im Gegenüber zu den Götzen der Heiden­völker. Das Gebot lautet:

    „Du sollst keine anderen Götter haben.“ (2. Mose 20,2; 5. Mose 5,7).

Was ist das?

    Wir sollen Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen.

    Das zweite Gebot lehrt, wie sich der Mensch gegenüber Gott äußerlich in seinen Worten verhalten soll, sei es in denen, die er zu anderen Menschen oder in denen, die er innerlich zu sich [138] selbst spricht, dass er nämlich Gottes Namen ehre. Denn niemand kann Gott selbst – gemäß der Natur Gottes –die Ehre erweisen, weder vor anderen Menschen noch vor sich selbst, sondern nur seinem Namen. Das Gebot lautet:

    „Du sollst den Namen deines Gottes nicht unnütz im Munde führen.“ (2. Mose 20,7; 5. Mose 5,11).

Was ist das?

    Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir bei seinem Namen nicht schwören, zaubern, lügen oder trügen, sondern denselben in allen Nöten anrufen, beten, loben und danken.

    Das dritte Gebot lehrt, wie sich der Mensch gegenüber Gott äußerlich in seinen Werken verhalten soll, dass er nämlich darin Gott dienen soll. Das Gebot lautet:

    „Du sollst den Feiertag heiligen.“ (2. Mose 20,8; 5. Mose 5,12).

Was ist das?

    Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir die Predigt und sein Wort nicht verachten, sondern dasselbe heilig halten, gerne hören und lernen.

    So lehren diese drei Gebote den Menschen, wie er sich gegenüber Gott in seinen Gedanken, Worten und Werken ver­halten soll, d. h. in seinem ganzen Leben.

Die zweite und linke Tafel des Mose

    Sie umfasst die sieben restlichen Gebote, in denen der Mensch belehrt wird, was er den Menschen, d. h. seinen Näch­sten, zu tun und lassen schuldig ist.

     Das vierte Gebot lehrt, wie man sich gegenüber aller Obrig­keit verhalten soll, die an seiner Statt eingesetzt ist. Darum folgt dieses Gebot auch gleich vor anderen Geboten auf die ersten drei, die Gott selbst betreffen. An Gottes Stelle sind die leiblichen Eltern Vater und Mutter und die geistlichen und welt­lichen Herren. Das Gebot lautet:

    „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.“ (2. Mose 20,12; 5. Mose 5,16).

Was ist das?

    Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unsere Eltern und Herren nicht verachten noch erzürnen, sondern sie in Ehren halten, ihnen dienen, gehorchen, sie lieb und wert haben.

     Das fünfte Gebot lehrt, wie man sich gegenüber seines­gleichen oder gegenüber seinen Näch­sten, soweit es sie per­sönlich betrifft, verhalten soll: dass man ihnen nicht Leid zufügen, sondern, wo sie dessen bedürfen, sie unterstützen und ihnen helfen soll. Das Gebot lautet:

    „Du sollst nicht töten.“ (2. Mose 20,13; 5. Mose 5,17).

Was ist das?

    Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unserem Nächsten an seinem Leib keinen Schaden noch Leid tun, sondern ihm helfen und fördern in allen Leibesnöten.

    Das sechste Gebot lehrt, wie man sich gegenüber dem höch­sten Gut seines Nächsten und auch dem seiner eigenen Familie – das sind Ehegemahl, Kinder und Freunde – verhalten soll: dass man ihnen nicht Unehre antun, sondern sie in Ehren halten soll, und zwar mit allen Mitteln, die einem möglich sind. Das Gebot lautet:

    „Du sollst nicht ehebrechen.“ (2. Mose 20,14; 5. Mose 5,18).

Was ist das?

    Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir keusch und züchtig leben in [Gedanken,] Worten und Werken, und ein jeglicher sein Gemahl liebe und ehre.

    Das siebente Gebot lehrt, wie man sich gegenüber den zeit­lichen Gütern seines Nächsten verhalten soll: dass man sie ihm nicht wegnehmen noch ihn hindern soll, sie zu erwerben, sondern ihn darin unterstütze. Das Gebot lautet:

    „Du sollst nicht stehlen.“ (2. Mose 20,1 5; 5. Mose 5,19).

Was ist das?

    Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unserem Nächsten sein Geld oder Gut nicht nehmen noch mit falscher Ware oder Handel an uns bringen, sondern ihm sein Gut und Nahrung helfen bessern und behüten.

    Das achte Gebot lehrt, wie man sich gegenüber der zeitlichen Ehre und dem guten Ruf seines Nächsten verhalten soll: dass man diese nicht schwächen, sondern vermehren, schützen und erhalten soll. Das Gebot lautet:

    „Du sollst nicht falsches Zeugnis reden wider deinen Näch­sten.“ (2. Mose 20,1 6; 5. Mose 5,20).

Was ist das?

    Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unseren Nächsten nicht fälschlich belügen, verraten, nachreden oder bösen Leumund machen, sondern sollen ihn entschuldigen, Gutes von ihm reden und alles zum Besten kehren.

    So ist es also verboten, seinem Nächsten in allen seinen Gütern zu schaden, und geboten, ihm darin zu helfen. Wenn wir nun das ansehen, was von Natur ganz selbstverständlich sein soll­te, so finden wir, wie recht und billig alle diese Gebote sind. Denn hier wird nichts geboten, gegenüber Gott und dem Nächsten einzuhalten, was nicht jeder gegenüber sich selbst eingehalten haben wollte, wenn er Gott bzw. an Gottes oder seines Nächsten Stelle wäre.

    Die letzten beiden Gebote lehren, wie verdorben die mensch­liche Natur ist und wie rein wir sein sollten von allen verderb­lichen Gelüsten und dem Verlangen nach vielem Besitz. Aber hierin bleiben Kampf und Anstrengung, solange wir leben. Die Gebote lauten:

    „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. Du sollst nicht begehren seine Frau, seine Knechte und Mägde, sein Vieh und alles, was sein ist.“ (2. Mose 20,1 7; 5. Mose 5,21).

Was ist das?

    Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unserem Nächsten nicht mit List nach seinem Erbe oder Haus stehen, noch mit einem Schein des Rechts an uns bringen, sondern ihm dasselbe zu behalten förderlich und dienstlich sein.

    Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unserem nicht seine Frau, Mitarbeiter oder Vieh abspannen, abdringen oder abwendig machen, sondern dieselben anhalten, dass sie bleiben und tun, was sie schuldig sind.

Eine kurze Zusammenfassung der Zehn Gebote

    Sie geschieht Matth. 7,12 durch Christus selbst: „Was ihr wollt, das euch die Menschen tun sollen, dasselbe tut auch ihr ihnen. Das ist das ganze Gesetz und die Propheten.“ Denn niemand will Undank erleiden für seine Wohltaten oder dass mit seinem Namen ein anderer Ruhm erntet. Niemand will, dass ihn andere überheblich anschauen. Niemand will Ungehorsam oder Zorn erdulden, eine Frau haben, die die Ehe bricht, seiner Güter beraubt werden, Lug, Trug und üble Nachrede erleiden. Vielmehr will jeder Liebe und Freundschaft, Dankbarkeit und Hilfe, Wahrheit und Treue von seinem Nächsten erfahren. Das gebieten aber alles die Zehn Gebote.

ZEHN GEBOTE

Gegen das erste Gebot:

    Wer ist seiner Widerwärtigkeit Zauberei, Schwarzkunst [schwarze und weiße Magie], Teufels Bundesgenossen sucht [sich dem Teufel verschreibt];

    wer Brief, Zeichen, Kräuter, Wörter, Segen und desgleichen gebraucht [das sind magisch-esoterische Dinge, mit denen man Beschwörungen, Schutzmagie, Heilmagie versucht];

    wer Wünschelruten, Schatzbeschwörungen, Kristalle sehen, Mantel hängen, Milch stellen[, Pendeln] übt;

    wer sein Werk und Leben nach Tagen [Tagewählen], Himmelszeichen [Astrologie, Horoskop] und der Weissager Dünkel richtet;

    wer sich selbst, sein Vieh, Haus, Kinder und allerlei Gut vor Wölfen, Eisen, Feuer, Wasser, Schaden mit bestimmten [schutzmagischen] Gebeten segnet und beschwört;

    wer sein Unglück und Widerwärtigkeit dem Teufel oder bösen Menschen zuschreibt und nicht mit Liebe und Lob alles Böse und Gute von Gott alleine aufnimmt und ihm wieder heimträgt mit Danksagen und williger Gelassenheit;

    wer Gott versucht und in unnötige Gefahr Leibes oder der Seele sich begibt;

    wer in seiner Frömmigkeit, Verstand oder andern geistlichen Gaben hoffärtig [stolz, hochmütig, angeberisch] ist;

    wer Gott mit Vergessen der Seelennot nur um zeitlichen Nutzens willen ehrt;

    wer Gott nicht vertraut allezeit und in allen seinen Werken nicht Zuversicht hat in Gottes Barmherzigkeit;

    wer zweifelt an dem Glauben oder an Gottes Gnaden;

    [wer sich nicht aus Gottesfurcht vor aller Sünde scheut;

    wer aus Menschenfurcht seinen Glauben verleugnet;

    wer Menschenmeinung über Gottes Wort stellt;

    wer Güter und Gaben dieser Welt mehr liebt als Gott;

    wer sein Herz von Ehrgeiz, Karrieredenken beherrscht sein lässt;

    wer Menschen oder Ideologien vergöttert;

    wer egoistisch ist, sich nur um sich selbst dreht;

    wer sich bestimmen lässt von Sorge um Geld und Gesundheit;]

    wer nicht andern weht den Unglauben und Zweifel und hilft nicht, dass sie glauben und Gottes Gnade vertrauen, so viel er vermag. Und da hören her aller Unglauben, Verzweifeln, Missglauben.

Erfüllung des ersten Gebots:

    Gottesliebe und –furcht im rechten Glauben, und allezeit in allen Werken fest vertrauen, ganz bloß, lauter in allen Dingen gelassen stehen, sie sind böse oder gut.

    Da gehört her alles, was in der ganzen Schrift von Glauben, Hoffnung und der Liebe Gottes geschrieben ist, welches alles kürzlich in diesem Gebot begriffen ist.

Gegen das zweite Gebot:

    Wer ohne Not oder aus Gewohnheit leichtsinnig schwört;

    wer falschen Eid schwört oder sein gutes Gelübde[, Versprechen] bricht;

    wer übel Tun gelobt oder schwört;

    wer mit Gottes Namen flucht;

    wer närrische Fabeln von Gott schwätzt und die Worte der Schrift leichtfertig verkehrt;

    wer Gottes Namen nicht anruft in seiner Widerwärtigkeit und nicht lobt in Liebe und Leid, in Glück und Unglück;

    wer Ruhm und Ehre und Namen sucht von seiner Frömmigkeit, Weisheit her usw.;

    wer Gottes Namen fälschlich anruft oder falsche Lehre gibt wie die Ketzer und alle hoffärtigen Heiligen;

    wer Gottes Namen nicht lobt in allen Dingen, was vor ihn kommt;

    [wer leichtfertig über Gott, Gottesdienst, Bibel, Kirche spricht oder spottet;

    wer Gottes Namen als Mittel benutzt, um übersinnliche Kräfte in seinen Dienst zu bringen;

    wer nicht treu ist in der Fürbitte für seine Angehörigen, Vorgesetzten, Freunde, Regierung, Prediger, Kirche;

    wer nicht andächtig betet;]

    wer nicht wehrt andern, die Gottes Namen verunehren, fälschlich gebrauchen und durch denselben Böses wirken;

    und daher gehören die eitel Ehre, Ruhm und geistliche Hoffart.

Erfüllung des zweiten Gebots:

    Lob, Ehre, Gebenedeiung [Lobpreisen] und Anrufung des Namens Gottes und seinen eigenen Namen und Ehre ganz vernichten, dass allein Gott gepriesen sei, der allein alle Dinge ist und wirkt.

    Da gehört her alles, was von Gottes Lob, Ehre, Dank, Namen, Wort in der Schrift gelehrt ist.

Gegen das dritte Gebot:

    Wer nicht Gottes Wort hört oder lernt;

    wer nicht betet und Gott geistlich dient;

    wer nicht alle seine Werke lässt Gottes Werke sein;

    wer nicht geduldig ist und seinen Willen bricht und tötet;

    wer nicht gelassen steht in allen seinen Werken und Leiden, dass Gott mit ihm mache, wie er will;

    [wer nicht regelmäßig und pünktlich zum Gottesdienst kommt, auch wenn er es könnte;

    wer Gottes Wort nicht aufmerksam hört und liest;

    wer das heilige Abendmahl nicht freudig begehrt;

    wer durch seine Freizeitbeschäftigung seine Gesundheit an Leib oder Seele gefährdet;

    wer nicht jeden Tag durch Wort und Gebet heiligt;

    wer nicht nach seinen Möglichkeiten seiner Gemeinde dient;]

    wer nicht den andern dies zu tun hilft und ihnen wehrt, dagegen zu tun.

    Hierher gehören alle halsstarrigen, eigensinnigen, widerspenstigen Köpfe.

Erfüllung des dritten Gebots:

    Sich Gott ergeben, dass alle unsere Werke er alleine tu in uns, denn dieses Gebot fordert eine geistesarme Seele, die da ihres (nicht sein) für Gott opfert, dass er ihr Gott sei und ihr seine Werke und Namen bekomme nach den zwei ersten Geboten.

    Da gehört her alles, was von Gottesdienst, Predigt hören und guten Werk, den Leib unter den Geist zu werfen befohlen ist, dass alle unsere Werke Gottes sind und nicht unser.

Gegen das vierte Gebot:

    Wer sich Armut, Gebrechen, Verachtung seiner Eltern schämt;

    wer sie nicht in ihrer Notdurft mit Speise und Kleidung versorgt;

    viel mehr, wer ihnen flucht, sie schlägt, nachredet, sie hasst und ihnen ungehorsam ist;

    wer nicht von Herzen hoch von ihnen hält um Gottes Gebot willen;

    wer sie nicht ehrt, ob sie gleich Unrecht und Gewalt tun;

    wer seine Herren und Obrigkeit nicht ehrt, treu und gehorsam ist; sie seien gut oder böse;

    [wer seine Eltern, Lehrer, Vorgesetzten belügt oder betrügt;

    wer nicht die Schwächen seiner Eltern und Herren geduldig trägt und zuzudecken versucht;

    wer nicht für seine Kinder oder sonst ihm anbefohlene Menschen in allen Dingen sorgt;

    wer die, die ihm anbefohlen sind, nicht vor schlechten Einflüssen zu bewahren sucht;

    wer nicht versucht, ihnen ein gutes Vorbild zu sein;

    wer gegenüber den ihm Anbefohlenen zu streng oder zu nachsichtig ist;

    wer gegen sie heftig, lieblos, verständnislos ist;

    wer sich keine Zeit nimmt für die, die ihm anbefohlen sind;]

    wer nicht hilft zu diesem Gebot und widersteht den Übertretern desselben.

    Und da gehört her alle Hoffart, Aufruhr, Untreue und Ungehorsam.

Erfüllung des vierten Gebots:

    Williger Gehorsam, Demütigkeit, Untertänigkeit aller Gewalt um Gottes Wohlgefallen willen, wie der Apostel Paulus sagt, ohne alles Widerbellen, Klagen und Murmeln.

    Da gehört her alles, was von Gehorsam, Demut, Untertänigkeit, Ehrerbietung geschrieben ist.

Gegen das fünfte Gebot:

    Wer mit seinem Nächsten zürnt;

    wer zu ihm sagt Racha (das sind allerlei Zornes- und Hasseszeichen);

    wer zu ihm sagt Fatue, du Narr, das sind allerlei Schandworte, Flüche, Lästerung, Nachreden, Richten, Urteilen, Hohnsprüche usw.;

    wer seines Nächsten Sünde oder Gebrechen [öffentlich] rügt und nicht bedeckt und entschuldigt;

    wer seinen Feinden nicht vergibt, nicht für sie bittet, nicht freundlich ist [gegen sie], nicht [ihnen] wohltut

    [wer seinem Nächsten fahrlässig oder willentlich schadet;

    wer andere im Verkehr gefährdet;

    wer sich im Jähzorn zu bösen Worten oder Taten hinreißen lässt

    wer Hass oder Rachegedanken Raum gibt;

    wer die eigene Leibesfrucht abtreibt oder dazu rät, drängt, hilft].

    Und hierinnen sind alle Sünde des Zornes und Hasses, wie Totschlag, Krieg, Rauben, Brennen, Zanken, Hadern, Trauern über des Nächsten Glück, Freuen über sein Unglück;

    wer nicht übt die Werke der Barmherzigkeit, auch gegen seine Feinde;

    wer die Leute zusammenhetzt oder verbindet;

    wer nicht versöhnt die Uneinigen;

    wer nicht wehrt oder zuvorkommt Zorn und Uneinigkeit, wo er kann.

Erfüllung des fünften Gebots:

    Geduld, Sanftmütigkeit, Gütigkeit, Freundlichkeit, Barmherzigkeit und aller Ding ein süßes, freundliches Herz, ohne allen Hass, Zorn, Bitterkeit gegen einen jeglichen Menschen, auch den Feinden.

    Da gehört her alle Lehre von der Geduld, Sanftmütigkeit, Friede, Einigkeit.

Gegen das sechste Gebot:

    Wer Jungfrauen schwächt, die Ehe bricht, Blutschande und dergleichen Unkeuschheit wirkt;

    [wer Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe hat;]

    wer unnatürliche Weise oder Personen (das sind stumme Sünden [Selbstbefriedigung, Homosexualität]) gebraucht;

    wer mit schandbaren Worten, Liedern, Historien [Geschichten], Bildern die böse Lust reizt oder zeigt [oder andere verführt];

    wer mit sehen, greifen, willigen Gedanken sich reizt und befleckt [Selbstbefriedigung];

    wer die Ursache nicht meidet, wie Fressen, Saufen, Müßigkeit, Faulheit, Schlafen und Weibes- oder Mannspersonen Gemeinschaft;

    wer mit übrigem Schmuck, Gebärden usw. andere zur Unkeuschheit reizt;

    wer Haus, Zeit, Hilfe gestattet, solche Sünde zu tun [Kuppelei, Zuhälterei];

    wer eines anderen Keuschheit nicht hilft bewahren mit Rat und Tat[;

    wer seinem Ehepartner nicht die gebührende Liebe erweist;

    wer das geistliche Wohl seines Ehepartners nicht im Auge hat;

    wer nicht Lasten und Freuden seines Ehepartners teilt;

    wer das Gelöbnis ehelicher Treue nicht in Gedanken, Worten und Werken hält;

    wer seinen Ehepartner kränkt oder vernachlässigt;

    wer seinen Ehepartner gegen andere Menschen zurücksetzt oder vor ihnen bloßstellt;

    wer gegen seinen Ehepartner unversöhnlich ist].

Erfüllung des sechsten Gebots:

    Keuschheit, Zucht, Schamhaftigkeit in Werken, Worten, Gebärden und Gedanken; auch Mäßigkeit in Essen, Trinken, Schlafen und alles, was der Keuschheit förderlich ist.

    Da gehören her alle Lehren von der Keuschheit, Fasten, nüchtern, mäßig sein, beten, wachen, arbeiten und womit Keuschheit erhalten wird.

Gegen das siebte Gebot:

    Wer Dieberei und Räuberei und Wucher [überhöhte Preise, Mieten, Zinsnehmen] treibt;

    wer falsche Gewichte und Maße gebraucht oder schlechte Ware für gut ausgibt;

    wer unrechte Erbgüter und Zins einnimmt;

    wer verdienten Lohn vorenthält und Schulden verleugnet;

    wer seinem nächsten Bedürftigen nicht borgt noch leiht ohne allen Aufsatz [Zins];

    alle, die geizig sind und eilen, reich zu werden;

    [wer neidisch oder habsüchtig, nur auf Profit aus ist;

    wer einen Lohn bezahlt, von dem ein Arbeitnehmer nicht leben kann;]

    und wie sonst fremdes Gut behalten oder zu sich gebracht wird;

    wer des anderen Schaden nicht wehrt;

    wer den andern nicht warnt vor Schaden;

    [wer nicht sorgfältig mit ihm anvertrauten fremden Gütern umgeht;]

    wer seines Nächsten Vorteil behindert;

    wer über seines Nächsten Gewinn Verdruss hat.

Erfüllung des siebten Gebots:

    Armut des Geistes, Milde, Willigkeit, seine Güter zu leihen und zu geben, ohn allen Geiz und Begierde leben.

    Da gehören her alle Lehren von dem Geiz, unrechtem Gut, Wucher, List, Betrug, Schaden, Hindernis des Nächsten am zeitlichen Gut.

Gegen das achte Gebot:

    Wer vor Gericht die Wahrheit verschweigt und unterdrückt;

    wer schädlich lügt und betrügt;

    also alle schädlichen Schmeichler, Ohrenbläser und Doppelzüngigen;

    wer des Nächsten Gut, Leben, Werk und Wort übel auslegt und schmäht;

    wer denselben bösen Zungen stattgibt, hilft und nicht widersteht;

    wer seine Zunge nicht gebraucht zu entschuldigen seines Nächsten Namen;

    wer nicht straft den Nachredner;

    wer nicht alles Gute von jedermann sagt und alles Böse verschweigt;

    wer die Wahrheit verschweigt oder nicht verficht[;

    wer Gerüchte weiterträgt oder duldet;

    wer sich über andere lustig macht, sie verspottet;

    wer andere zur Unwahrhaftigkeit veranlasst].

Erfüllung des achten Gebots:

    Eine friedsame, heilsame Zunge, die niemand schadet und jedermann frommt, die die Uneinigen versöhnt, die Verlästerten entschuldigt und verteidigt. Das ist Wahrheit und Einfältigkeit in Worten.

    Da gehören her alle lehren von Schweigen und Reden, was des Nächsten Ehre, Recht, Sache und Seligkeit anbetrifft.

Gegen das neunte und das zehnte Gebot:

    [Wen es quält, dass andere mehr haben oder sind als er;

    wer versucht, fremdes Eigentum durch Umgehen der Gesetze und Ordnungen, mit Unredlichkeit, Scheinheiligkeit, selbstsüchtiger Berechnung sich anzueignen;

    wer geschlossene Verträge und Zusagen nicht hält;

    wer versucht, des Anderen Ansehen, Lebensstellung, Lebensglück zu untergraben;

    wer versucht, Menschen abspenstig zu machen;

     wer andere nicht an ihre Verantwortung erinnert und zur Pflichterfüllung anhält.]

    Die letzten zwei Gebote sind Ziel und Mal, gesetzt, da wir hinkommen sollen und täglich durch Buße dahin arbeiten mit Hilfe und Gnade Gottes. Denn die böse Neigung stirbt nicht eher gründlich, das Fleisch werde denn zu Pulver und neu geschaffen.

    Die fünf Sinne werden eingeschlossen im 5. und 6. Gebot; die sechs Werke der Barmherzigkeit im 5. und 7.; die sieben Todsünden, Hoffart im 1. und 2.; Unkeuschheit im 6.; Zorn und Hass im 5.; Fraß im 6.; Hochmut im 3. und wohl in allen. Die fremden Sünden sind in allen Geboten, denn mit Heißen, Raten und Hilfe gegen alle Gebote gesündigt kann werden. Die rufenden und stummen Sünden sind gegen das 5. und 6. und 7. Gebot usw.

    In allen diesen Werken sieht man nichts anders als Eigenliebe, die das ihre sucht, nimmt Gott, was sein ist, und den Menschen, was denselben ist und gibt nicht, weder Gott noch Menschen, etwas von dem, das sie hat, ist und mag, dass wohl Augustinus sagt: Der Anfang aller Sünde ist die eigene, die Selbstliebe.

    Aus diesen allen folgt, dass die Gebote nichts anders als Liebe gebieten und Liebe verbieten; und die Gebote nichts erfüllt als Liebe und auch nichts übertritt als Liebe. Darum spricht Paulus, dass die Liebe sei die Erfüllung aller Gebote, gleichwie die böse Liebe die Übertretung aller Gebote.

Erfüllung des neunten und zehnten Gebots:

    Das ist vollkommene Keuschheit [Selbstzucht] und Verachtung zeitlicher Lust und Güter gründlich, was allein in jenem Leben [in der Ewigkeit] vollbracht wird.

    In allen diesen Werken sieht man nichts anders als fremde, gemeine, das ist Gottes und des Nächsten Liebe, die sucht nicht was ihr, sondern was Gottes und des Nächsten ist und ergibt sich jedermann frei zu eigen, Dienst und Willen.

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    So siehst du, dass in den zehn Geboten gar ordentlich und kurz begriffen sind alle Lehren, die dem Menschen Not sind, welche, so jemand sie halten will, hat alle Stunde gute Werke zu tun, dass ihm nicht Not wäre, andere Werke zu erwählen, hierhin und dahin zu laufen und das tun, da nichts von geboten ist.

    Das ist alles merklich angezeigt damit, dass nichts in diesen Geboten gelehrt ist, was der Mensch sich selbst tun, lassen oder von andern begehren soll, sondern was er andern, Gott und den Menschen, tun und lassen soll, dass wir es begreifen müssen, dass die Erfüllung steht in der Liebe gegen den andern und nicht gegen uns. Denn der Mensch tut, lässt und sucht sich selbst schon zu viel, dass es nicht zu lehren, sondern zu wehren Not ist. Darum lebt der am allerbesten, der sich selbst nicht lebt.

    Und der lebt am allerärgsten, der sich selbst lebt, denn also lehren die zehn Gebote. Daraus man sieht, wie wenig Menschen wohl leben; ja, so wir da erkennen, müssen wir nun lernen, wo wir’s nehmen sollen, dass wir wohl leben und die Gebote erfüllen.

VON DER SÜNDE, DEM GESETZ, DER BUSSE UND DEM EVANGELIUM

(aus dem dritten Teil der Schmalkaldischen Artikel)

Von der Sünde

    Hier müssen wir bekennen, wie St. Paulus Röm. 5,11 sagt, dass die Sünde sei von Adam, dem einigen Menschen, hergekommen, durch welches Ungehorsam alle Menschen sind Sünder geworden, dem Tod und dem Teufel unterworfen. Dies heißt die Erbsünde oder Hauptsünde.

    Solcher Sünden Früchte sind danach die bösen Werke, so in den Zehn Geboten verboten sind, wie Unglaube, falscher Glaube, Abgötterei, ohne Gottesfurcht sein, Vermessenheit, Verzweifeln, Blindheit, und zusammenfassend, Gott nicht kennen oder achten. Danach lügen, bei Gottes Namen schwören, nicht beten, nicht anrufen, Gottes Wort nicht achten, den Eltern ungehorsam sein, morden, Unkeuschheit, stehlen, trügen usw.

    Solche Erbsünde ist so gar eine tiefe böse Verderbung der Natur, dass sie keine Vernunft kennt, sondern muss aus der Schrift Offenbarung geglaubt werden, Ps. 51; Röm. 5; 2. Mose 33; 1. Mose 3. Darum sind das eitel Irrtum und Blindheit gegen diesen Artikel, was die Schultheologen [Scholastiker] gelehrt haben, nämlich:

    Dass nach dem Erbfall Adams des Menschen natürliche Kräfte sind ganz und verdorben geblieben und der Mensch habe von Natur eine rechte Vernunft und guten Willen, wie die Philosophen solches lehren.

    Ebenso, dass der Mensch habe einen freien Willen, Gutes zu tun und Böses zu lassen, und wiederum Gutes zu lassen und Böses zu tun.

    Ebenso, dass der Mensch könne aus natürlichen Kräften alle Gebote Gottes tun und halten.

    Ebenso, er könne aus natürlichen Kräften Gott lieben über alles und seinen Nächsten wie sich selbst.

    Ebenso, wenn ein Mensch tut, so viel an ihm ist, so gibt ihm Gott gewiss seine Gnade.

    Ebenso, wenn er zum Sakrament [Abendmahl] will gehen, ist nicht not einen guten Vorsatz, Gutes zu tun, sondern sei genug, dass er nicht einen bösen Vorsatz, Sünde zu tun, habe; so gar gut ist die Natur und das Sakrament so kräftig.

    Es sei nicht in der Schrift gegründet, dass zum Guten Werk vonnöten sei der Heilige Geist mit seiner Gnade. …

+

Vom Gesetz

    Hier halten wir, dass das Gesetz gegeben sei von Gott, erstlich den Sünden zu steuern mit Drohen und Schrecken der Strafe und mit Verheißen und Anbieten der Gnade und Wohltat. Aber solches alles ist der Bosheit halben, so die Sünde im Menschen gewirkt, übel geraten. Denn ein Teil ist davon ärger geworden, als die dem Gesetz feind sind, darum, dass es verbietet, was sie gerne tun, und gebietet, was sie ungern tun. Deshalb, wo sie vor der strafe können, tun sie mehr gegen das Gesetz als zuvor. Das sind die rohen, bösen Leute, die Böses tun, wo sie Stätte und Raum haben.

    Die anderen werden blind und vermessen, lassen sich dünken, sie halten und können das Gesetz halten aus ihren Kräften, wie jetzt droben gesagt ist von den Schultheologen; daher kommen die Heuchler und falschen Heiligen.

    Aber das vornehmste Amt oder Kraft des Gesetzes ist, dass es die Erbsünde mit den Früchten und allem offenbare und dem Menschen zeige, wie gar tief seine Natur gefallen und abgrundtief verdorben ist, als dem das Gesetz sagen muss, dass er keinen Gott habe noch achte, und bete fremde Götter an, welches er zuvor und ohne das Gesetz nicht geglaubt hätte. Damit wird er erschreckt, gedemütigt, verzagt, verzweifelt, wollte gerne, dass ihm geholfen würde, und weiß nicht, wo aus, fängt an, Gott feind zu werden und zu murren usw. Das heißt dann Röm. 4: Das Gesetz erregt Zorn. Und Röm. 5: Die Sünde wird größer durchs Gesetz.

Von der Buße

    Solches Amt behält das Neue Testament und treibt’s auch, wie St. Paulus Röm. 11 tut und spricht: Gottes Zorn wird vom Himmel offenbart über alle Menschen. Ebenso 3: Alle Welt ist vor Gott schuldig. Und: Kein Mensch ist vor ihm gerecht. Und Christus Joh. 16: Der Heilige Geist wird die Welt strafen um die Sünde.

    Das ist nun die Donneraxt Gottes, damit er beide, die offenbaren Sünder und die falschen Heiligen in einen Haufen schlägt und lässt keinen Recht haben, treibt sie allesamt in den Schrecken und Verzagen. Das ist der Hammer, wie Jeremia spricht: Mein Wort ist ein Hammer, der die Felsen zerschmettert. Das ist nicht eine gemachte Reue, sondern das rechte Herzeleid, Leiden und Fühlen des Todes.

    Und das heißt denn die rechte Buße anfangen, und muss der Mensch hier hören solches Urteil: Es ist nichts mit euch allen, ihr seid öffentliche Sünder oder Heilige, ihr müsst alle anders werden und anders tun, was auch immer ihr jetzt seid und tut, ihr seid, wer und wie groß, weise, mächtig und heilig ihr wollt, hier ist niemand fromm.

    Aber zu solchem Amt tut das Neue Testament flugs die tröstliche Verheißung der Gnade durchs Evangelium, der man glauben solle, wie Christus spricht Markus 1: Tut Buße und glaubt dem Evangelium, das ist, werdet und macht’s anders und glaubt meiner Verheißung, Und vor ihm her wird Johannes genannt ein Prediger der Buße, doch zur Vergebung der Sünden, das ist, er sollte sie alle strafen und zu Sündern machen, auf dass sie wüssten, was sie vor Gott wären, und sich erkennten als verlorene Menschen, und so dem Herrn bereit würden, die Gnade zu empfangen und der Sünden Vergebung von ihm erwarten und annehmen. So sagt auch Christus Luk. 24 selbst: Man muss in meinem Namen in aller Welt predigen Buße und Vergebung der Sünden.

    Wo aber das Gesetz solches sein Amt allein treibt ohne Zutun des Evangeliums, da ist der Tod und die Hölle und muss der Mensch verzweifeln, wie Saul und Judas, wie St. Paulus sagt: Das Gesetz tötet durch die Sünde. Wiederum gibt das Evangelium nicht auf einerlei Weise Trost und Vergebung, sondern durchs Wort, Sakrament und dergleichen, wie wir hören werden, auf dass die Erlösung ja reichlich sei bei Gott, wie 130. Psalm sagt, gegen das große Gefängnis der Sünden. …

    So kann die Beichte auch nicht falsch, ungewiss oder nur teilweise sein. Denn wer bekennt, dass alles mit ihm eitel Sünde sei, der umfasst alle Sünde, lässt keine draußen und vergisst auch keine. So kann die Genugtuung auch nicht ungewiss sein, denn sie ist nicht unser ungewisses, sündliches Werk, sondern das Leiden und Blut des unschuldigen Lämmleins Gottes, das der Welt Sünde trägt. …

    Und diese Buße währt bei den Christen bis in den Tod; denn sie beißt sich mit der übrigen Sünde im Fleisch durchs ganze Leben, wie St. Paulus Röm. 7 zeugt, dass er kämpfe mit dem Gesetz in seinen Gliedern usw., und das nicht durch eigene Kräfte, sondern durch die Gabe des Heiligen Geistes, welche folgt auf die Vergebung der Sünden. Dieselbe Gabe reinigt und fegt täglich die übrigen Sünden aus und arbeitet, den Menschen recht rein und heilig zu machen. …

    Darum so ist vonnöten zu wissen und zu lehren, dass, wo die heiligen Leute über das, so sie Erbsünde noch haben und fühlen, dagegen auch täglich Buße tun und streiten, etwa in öffentliche Sünde fallen, wie David in Ehebruch, Mord und Gotteslästerung, dass alsdann der Glaube und Geist ist weg gewesen. Denn der Heilige Geist lässt die Sünde nicht walten und überhand gewinnen, dass sie vollbracht werde, sondern steuert und wehrt, dass sie nicht darf tun, was sie will. Tut sie aber, was sie will, so ist der Heilige Geist und Glaube nicht dabei; denn es heißt, wie St. Johannes sagt: Wer aus Gott geboren ist, der sündigt nicht und kann nicht sündigen. Und ist doch auch die Wahrheit (wie derselbe St. Johannes schreibt): So wird sagen, wir haben keine Sünde, so lügen wir, und Gottes Wahrheit ist nicht in uns.

Vom Evangelium

    Wir wollen nun wieder zum Evangelium kommen, welches gibt nicht einerlei Weise, Rat und Hilfe gegen die Sünde; denn Gott ist überschwänglich reich in seiner Gnade. Erstens durchs mündliche Wort, darin gepredigt wird Vergebung der Sünde in aller Welt, welches ist das eigentliche Amt des Evangeliums. Zum andern durch die Taufe. Zum dritten durchs heilige Sakrament des Altars [heiliges Abendmahl]. Zum vierten durch die Kraft der Schlüssel, und auch durch gegenseitiges Befragen und brüderlichen Trost, Matth. 18: Wo zwei versammelt sind in meinem Namen.

Der erste und Hauptartikel

    Dass Jesus Christus, unser Gott und Herr, sei um unserer Sünde willen gestorben und um unserer Rechtfertigung willen auferstanden, Röm. 4,24;

    Und er allein das Lamm Gottes ist, das der Welt Sünde trägt, Joh. 1,29, Und Gott unser aller Sünde auf ihn gelegt hat, Jes. 53,6;

    Ebenso: Sie sind allzumal Sünder und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung Jesu Christi in seinem Blut, Röm. 3,23 f.

    Dieweil nun solches muss geglaubt werden und sonst mit keinem Werk, Gesetz noch Verdienst kann erlangt oder gefasst werden, so ist es klar und gewiss, dass allein solcher Glaube uns gerecht mache, wie Röm. 3,28 St. Paulus spricht: Wir halten, dass der Mensch gerecht werde ohne Werk des Gesetzes durch den Glauben. Ebenso V. 26: Auf dass er allein gerecht sei und gerecht mache den, der da ist des Glaubens an Jesus.

    Von diesem Artikel kann man nichts weichen oder nachgeben, es falle Himmel und Erde oder was nicht bleiben will. Dennes ists kein anderer Name den Menschen gegeben, dadurch wir können selig werden, spricht Petrus Apg. 4,12. Und durch seine Wunden sind wir geheilt, Jes. 53,3. …

    Hier soll ich das Evangelium zu Rate ziehen und hören, welches lehrt, nicht, was ich tun solle, denn das ist das eigentliche Amt des Gesetzes, sondern was Jesus Christus, der Sohn Gottes, für mich getan habe, nämlich, dass er für mich gelitten hat und gestorben ist, um mich von Sünde und Tod frei zu machen. Dies anzunehmen und zu glauben befiehlt mir das Evangelium, und dies ist und heißt die Wahrheit des Evangeliums.

    Und dies ist der Hauptartikel der ganzen christlichen Lehre, in welchem die Erkenntnis der ganzen Gottseligkeit besteht. (Galaterbriefvorlesung 1535, Walch IX, Sp. 128 f.)

AUSLEGUNG DES

GLAUBENSBEKENNTNISSES

Das Glaubensbekenntnis teilt sich in drei Hauptstücke, weil darin von den drei Personen der heiligen göttlichen Dreieinig­keit die Rede ist; das erste ist dem Vater, das zweite dem Sohn, das dritte dem Heiligen Geist gewidmet. Denn der letzte ist der wichtigste Artikel im Glau­bensbekenntnis. In ihm sind die anderen alle inbegriffen.

Hier gilt es nun zu beachten, dass auf zweierlei Weise ge­glaubt wird:

1. von Gott; das ist, wenn ich glaube, dass es wahr ist, was man von Gott sagt, wie, wenn ich glaube, dass es wahr ist, was man vom Türken, vom Teufel, von der Hölle sagt. Dieser Glaube ist mehr ein Wissen oder eine Kenntnis als ein Glaube.

2. an Gott; das ist, wenn ich nicht nur glaube, dass es wahr ist, was von Gott gesagt wird, son­dern mein ganzes Vertrauen in ihn setze, es ihm gebe und es wage, mich mit ihm einzu­lassen; wenn ich ohne jeden Zweifel glaube, dass er so zu mir sein und so an mir handeln wird, wie man von ihm sagt.

Auf solche Weise würde ich dem Türken oder einem Men­schen niemals glauben, wie hoch man ihn auch loben würde. Denn ich will gern glauben, dass ein Mann gut und fromm ist, wage es aber darum doch nicht, auf ihn zu bauen. Ein solcher Glaube, der es wagt, auf Gott, wie von ihm gesagt wird, es sei im Leben oder im Sterben, fest zu vertrauen, nur der macht einen Christenmenschen und erlangt von Gott alles, was er will. Der kann kein böses, falsches Herz haben, denn das ist ein lebendiger Glaube. Er wird im ersten Gebot gefordert, das da sagt: „Ich bin dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben“ (2. Mose 20,2; 5. Mose 5,7).

Darum ist das Wörtchen „an“ sehr gut hinzugesetzt und mit Fleiß wahrzunehmen, damit wir nicht sagen: „Ich glaube Gott dem Vater“ oder „ich glaube von dem Vater“, sondern „ich glaube an Gott den Vater, an Jesus Christus, an den Heiligen Geist“. Und diesen Glauben soll man niemand geben außer allein Gott. Darum wird die Gottheit Christi und des Hl. Geistes damit bekannt, dass wir an ihn wie an den Vater glauben. Und wie es ein gleicher Glaube ist an alle drei Personen, so sind die drei Personen auch ein Gott.

Der erste Teil des Glaubens:

    Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, Schöpfer Himmels und der Erden.

Das ist:

    Ich entsage dem bösen Geist aller Abgötterei, aller Zauberei und Missglaubens.

    Ich setze mein Vertrauen auf keinen Menschen auf Erden, auch nicht auf mich selbst, noch auf meine Gewalt, Kunst, Gut, Frömmigkeit oder was ich haben mag.

    Ich setze mein Vertrauen auf keine Kreatur, sie sei im Himmel oder auf Erden.

    Ich erwäge und setze mein Vertrauen allein auf den bloßen unsichtbaren einigen Gott, der Himmel und Erden geschaffen hat und allein über aller Kreatur ist. Wiederum entsetze ich mich nicht vor aller Bosheit des Teufels und seiner Gesellschaft, denn mein Gott über sie alle ist.

    Ich glaube nichtsdestoweniger an Gott, ob ich gleich von allen Menschen verlassen oder verfolget werde.

    Ich glaube nichtsdestoweniger, ob ich arm, unverständig, ungelehrt, verachtet bin oder mir aller Dinge mangelt.

    Ich glaube nichtsdestoweniger, obwohl ich ein Sünder bin. Denn dieser mein Glaube soll und muss schweben gegen alles, was da ist und nicht ist, über Sünde und Tugend und über alles, auf dass er an Gott lauter und rein sich halte, wie mich das erste Gebot dringet.

    Ich begehre auch kein Zeichen von ihm, ihn zu versuchen.

    Ich traue beständig auf ihn, wie lange er auch verzieht und setze ihm kein Ziel, Zeit, Maß oder Weise, sondern stelle es alles anheim seinem göttlichen Willen in einem freien, richtigen Glauben.

    Da er denn allmächtig ist, was mag mir gebrechen, das er mir nicht geben und tun könne?

    Da er der Schöpfer Himmels und der Erden ist und aller Ding ein Herr, wer will mir etwas nehmen oder schaden? Ja, wie sollen mir nicht alle Dinge zugute kommen und dienen, wenn er mir Gutes gibt, dem sie alle gehorsam und untertan sind?

    Da er denn Gott ist, so kann er und weiß, wie er‘s machen soll mit mir auf‘s beste; da er Vater ist, so will er‘s auch tun und tut es herzlich gerne.

    Da ich daran nicht zweifle und setze mein Vertrauen so auf ihn, so bin ich gewiss und sein Kind, Diener und Erbe ewiglich und wir mir geschehen, wie ich glaube.

Der zweite Teil des Glaubens:

    Und an Jesus Christus, seinen einzigen Sohn, unsern Herrn, der empfangen ist von dem Heiligen Geist, geboren aus der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, niedergefahren zur Hölle, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren gen Himmel, sitzend zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von dannen er kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten.

Das ist:

  Ich glaube nicht allein, dass Jesus Christus wahrhaftiger einziger Gottessohn ist, in einer ewigen göttlichen Natur und Wesen, von Ewigkeit immer geboren, sondern auch, dass ihm vom Vater alle Dinge unterworfen sind und auch nach der Menschheit mein und aller Ding ein Herr gesetzt ist, die er mit dem Vater nach der Gottheit geschaffen hat.

    Ich glaube, dass niemand an den Vater glauben und zu dem Vater zu kommen vermag, weder durch Kunst, Werk, Vernunft noch alles, das man nennen kann im Himmel und auf Erden, als allein in und durch Jesus Christus, seinem einzigen Sohn, das ist, durch den Glauben an seinem Namen und Herrschaft.

    Ich glaube fest, dass er mir zugut empfangen ist von dem Heiligen Geist, ohne alles menschliche und fleischliche Werk, ohne leiblichen Vater oder Mannessamen, auf dass er mein und aller, die an ihn glauben, sündliche, fleischliche, unreine, verdammliche Empfängnis reinigte und geistlich machte durch den gnädigen Willen seines und des allmächtigen Vaters.

    Ich glaube, dass er mir geboren ist von der reinen Jungfrau Maria ohne allen Schaden ihrer leiblichen und geistlichen Jungfrauenschaft, auf dass er nach der Ordnung väterlicher Barmherzigkeit meine sündliche und verdammte Geburt und die aller seiner Gläubigen segnete, unschädlich und rein machte.

    Ich glaube, dass er sein Leiden und Kreuz für meine und aller Gläubigen Sünde getragen hat und dadurch alle Leiden und Kreuz gesegnet und nicht allein unschädlich, sondern auch heilsam gemacht hat.

    Ich glaube, dass er gestorben und begraben ist, meine Sünde und die aller Gläubigen ganz zu töten und zu begraben, dazu den leiblichen Tod erwürget und ganz unschädlich, nützlich, heilsam gemacht hat.

    Ich glaube, dass er zu der Hölle niedergestiegen, den Teufel und alle seine Gewalt, List und Bosheit mir und seinen Gläubigen zu dämpfen und gefangen zu nehmen, dass mir der Teufel hinfort nicht schaden kann; und mich von der Höllen Pein erlöset, die auch unschädlich gemacht.

    Ich glaube, dass er sei auferstanden am dritten Tage von den Toten, mir und allen seinen Gläubigen ein neues Leben zu geben, und also mich und alle Gläubigen mit ihm in Gnaden und Geist erwecket hat, hinfort nicht zu sündigen, sondern ihm allein zu dienen in allerlei Gnaden und Tugenden und also Gottes Gebote zu erfüllen.

    Ich glaube, dass er aufgefahren sei in den Himmel und von dem Vater empfangen hat Gewalt und Ehre über alle Engel und Kreaturen und also sitzet zu der rechten Hand Gottes; dass er ist ein König und Herr über alle Gottesgüter im Himmel, in der Hölle und auf Erden. Deshalb kann er mir und allen Gläubigen helfen in allen unseren Nöten gegen alle unsere Widersacher und Feinde.

    Ich glaube, dass er wieder von dort von dem Himmel kommen wird am Jüngsten Tage, zu richten die Lebendigen, die dann gefunden werden, und Toten, die inzwischen verstorben sind, und alle Menschen, alle Engel und Teufel vor seinen Gerichtsstuhl kommen müssen und ihn leiblich sehen; mich und alle seine Gläubigen zu erlösen von dem leiblichen Tod und allen Gebrechen und zu strafen ewiglich seine Feinde und Widersacher und uns von ihrer Gewalt auf ewig zu erlösen.

Der dritte Teil des Glaubens:

    Ich glaube an den Heiligen Geist, eine heilige christliche Kirche, die Gemeinde der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung des Fleisches und ein ewiges Leben. Amen.

Das ist:

    Ich glaube nicht allein, dass der Heilige Geist ein wahrhaftiger Gott ist mit dem Vater und Sohn, sondern auch in und zu dem Vater durch Christus und sein Leben, Sterben und alles, was von ihm gesagt ist, niemand kommen oder etwas von demselben erlangen kann ohne des Heiligen Geistes Werk, mit welchem der Vater und Sohn mich und alle die Seinen rühret, wecket, rufet, zieht, durch und in Christus lebendig, heilig und geistlich macht und so zum Vater bringt, denn er ist das, womit der Vater durch Christus und in Christus alles wirkt und lebendig macht.

    Ich glaube, dass da sei auf Erden so weit die Welt ist nicht mehr als eine heilige allgemeine christliche Kirche, welche nichts anders ist als die Gemeinde oder Versammlung der Heiligen, der frommen, gläubigen Menschen auf Erden, welche durch denselben Heiligen Geist versammelt, erhalten und regiert wird und täglich durch die Sakramente und Gottes Wort gemehrt.

    Ich glaube, dass niemand kann selig werden, der nicht in dieser Gemeinde gefunden wird, einträchtig mit ihr haltend in einem Glauben, Wort, Sakramenten, Hoffnung und Liebe und dass kein Jude, Heide, Ketzer oder Sünder mit ihr selig werde, es sei denn, dass er sich mit ihr versöhne, vereinige und ihr gleichförmig werde in allen Dingen.

    Ich glaube, dass in dieser Gemeinde oder Christenheit alle Dinge gemeinsam sind, eines jeglichen Güter des andern eigen und niemand sich selbst eigen sei, weshalb einem jeglichen Gläubigen alle Gebete und guten Werke der ganzen Gemeinde zu Hilfe kommen, beistehen und stärken müssen zu aller Zeit, im Leben und Sterben, und so ein jeglicher des andern Bürde trägt, wie Paulus lehret.

    Ich glaube, dass da sei in derselben Gemeinde und sonst nirgends Vergebung der Sünden, dass außerhalb derselben nicht Hilfe, wie viel und groß die guten Werke immer sein mögen, zur Sündenvergebung sei, aber in derselben nicht schade, wie viel, groß und oft gesündigt werden mag zu Vergebung der Sünde, welche bleibt, wo und wie lange dieselbe eine Gemeinde bleibt, welcher Christus die Schlüssel gibt und spricht Matthäus 18: Was ihr werdet binden auf Erden, soll gebunden sein in dem Himmel. Desselben zu dem einzelnen Petrus an Statt und Bedeutung der Einzelnen und einen Kirche, Matthäus 16: Was du wirst binden, usw.

    Ich glaube, dass da zukünftig ist eine Auferstehung der Toten, in welcher durch denselben Heiligen Geist wird wieder auferweckt werden alles Fleisch, da ist: alle Menschen nach dem Leib oder Fleisch, Fromme und Böse, so dass eben dasselbe Fleisch, das gestorben, begraben, verwest und auf manche Weise umkommen ist, wieder kommen soll und lebendig werden.

    Ich glaube, dass nach der Auferstehung sein wird ein ewiges Leben der Heiligen und ewiges Sterben der Sünder und zweifele an dem allem nicht, dass der Vater durch den Sohn Jesus Christus, unsern Herrn, mit und in dem Heiligen Geist werde mir diese Stücke lassen geschehen, das ist Amen, das ist: es ist treulich und gewisslich wahr.

Wie man vor Gott gerecht wird und von guten Werken

(aus dem dritten Teil der Schmalkaldischen Artikel)

    Was ich davon bisher und stetig gelehrt habe, das weiß ich gar nicht zu ändern, nämlich dass wir durch den Glauben (wie St. Paulus sagt), ein anderes neues reines Herz kriegen und Gott um Christi willen, unseres Mittlers, uns für ganz gerecht und heilig halten will und hält. Ob wohl die Sünde im Fleisch noch nicht gar weg oder tot ist, so will er sie doch nicht rächen noch wissen.

    Und auf solchen Glauben, Erneuerung und Vergebung der Sünden folgen denn gute Werke. Und was an denselben auch noch sündlich oder Mangel ist, soll nicht für Sünde oder Mangel gerechnet werden eben um desselben Christus willen, sondern der Mensch soll ganz, beide nach der Person und seinen Werken, gerecht und heilig heißen und sein aus lauter Gnade und Barmherzigkeit in Christus über uns ausgebreitet. Darum können wir nicht rühmen viel Verdienst und Werk, wo sie ohne Gnade und Barmherzigkeit angesehen werden, sondern wie geschrieben steht 1. Kor. 1: Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn, das ist, dass er einen gnädigen Gott hat. So ist’s alles gut. Sagen auch weiter, dass, wo gute werke nicht folgen, so ist der Glaube falsch und nicht recht.

    Nachdem Paulus den Grund der christlichen Lehre gelegt hat, pflegt er Gold, Silber und Edelsteine darauf zu bauen. Der Grund aber ist kein anderer, als er im ersten Brief an die Korinther sagt, nämlich Jesus Christus selbst oder die Gerechtigkeit Christi. Auf diesen Grund baut er nun gute Werke, und zwar wahrhaft gute Werke, die er alle in dieses kurze Gebot fasst: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ … Wen du daher zu wissen begehrst, wie man den Nächsten lieben solle, und ein klares Exempel davon haben willst, so gib sorgfältig Acht, wie du dich selbst liebst. Sicherlich würdest du in Not und Gefahr aufs herzlichste wünschen, dass du geliebt würdest und dir Hilfe zuteil werde mit allem Rat, Gütern und aus allen Kräften aller Menschen und Kreaturen. Darum bedarfst du keines Buchs, welches dich unterrichte und ermahne, wie du deinen Nächsten lieben sollst, denn du hast das schönste und beste Buch, welches alle Gesetze enthält, in deinem Herzen. … Dies ist die vollkommene Lehre vom Glauben und von der Liebe und die kürzeste und längste Theologie. Die kürzeste, was die Worte und Sätze anbetrifft, aber was den Gebrauch und die Sache selbst anbelangt, ist sie breiter, länger, tiefer und höher als die ganze Welt. (Galaterbriefvorlesung, a.a.O., Sp. 661.669.671)

DANACH FOLGT DIE AUSLEGUNG DES VATERUNSERS

Vorrede und Zurüstung zu den sieben Bitten, die wir an Gott richten

„Vater unser, der du bist im Himmel“

Hiermit erkennen und erbitten wir:

    O allmächtiger Gott! Du hast uns deine Barmherzigkeit ganz umsonst erwiesen. Du hast uns nicht nur erlaubt, sondern durch deinen einzigen lieben Sohn, unseren Herrn Jesus Christus, auch geboten und gelehrt, dass wir durch sein Ver­dienst und Vermittlung dich „Vater“ nennen und als solchen ehren dürfen – und das, obwohl verdientermaßen aller Gerech­tigkeit nach du ein strenger Richter über uns Sünder sein könn­test, die wir so oft und schwer gegen deinen göttlichen allerbesten Willen verstoßen und dich erzürnt haben.

    So gib uns durch dieselbe Barmherzigkeit die tröstliche Zu­versicht in unser Herz, dass du uns als ein Vater liebhast. Und lass uns empfinden den allerlieblichsten, süßen Geschmack kindli­cher Geborgenheit, dass wir dich mit Freuden einen Vater nennen und dich als einen solchen lieben und in allen Nöten anrufen können. Behüte uns, dass wir deine Kinder bleiben und nicht verschulden, dass wir aus dir, unserem allerliebsten Vater, einen schrecklichen Richter und uns selbst aus deinen Kindern zu deinen Feinden machen.

    Du willst auch, dass wir dich nicht nur (jeder für sich) „Vater“, sondern insgesamt „unser Vater“ anrufen und also alle ein­trächtig füreinander bitten sollen. Darum gib uns eine Liebe in Eintracht und Brüderlichkeit, damit wir uns alle miteinander wirklich als Brüder und Schwestern erkennen und achten und dich als unseren gemeinsamen lieben Vater ehren, damit wir für uns alle und für jeden einzelnen bitten, wie es Geschwister vor ihrem Vater tun. Lass niemanden unter uns das Seine suchen und den anderen vergessen vor dir, son­dern allen Hass, Neid und Streit ablegen, damit wir als wirkliche und fromme Kinder Gottes einander liebhaben und also einträchtig nicht „mein Vater“, sondern „unser Vater“ sagen können.

    Dich bitten wir auch, weil du nicht ein leiblicher Vater, der auf Erden ist, sondern unser Vater im Himmel bist, der nicht stirbt und nicht unsicher ist und sich etwa selbst nicht helfen kann wie der irdische und leibliche Vater, wodurch du uns zeigst, ein wieviel besserer Vater du bist. Und du lehrst uns, wie gering im Vergleich zu dir vergängliche Vaterschaft, Vaterland, Freunde, Besitz, Fleisch und Blut zu achten sind. So gib uns, o Vater, dass wir auch deine himmlischen Kinder sein können. Lehre uns, dass wir nur das Erbteil der Seelen und das ewige Erbe wahrnehmen (vgl. Kol. 1,12), damit uns das Vaterland und Gut, das wir auf Erden haben und ererben, nicht betrüge, umgarne und hindere und also gänzlich zu Kindern der vergängli­chen Welt mache; (lehre es uns) damit wir mit rechtem und wahrem Grund sagen können: „Vater unser im Himmel“, und wirklich deine himmlischen Kinder sind.

Die erste Bitte

„Geheiligt werde dein Name“

Hiermit bekennen und erbitten wir:

    O allmächtiger Gott, lieber himmlischer Vater! Dein heiliger Name wird leider in diesem elenden Jammertal so oft und auf so verschiedene Arten entheiligt, gelästert und geschmäht. Er wird mit vielen Dingen in Verbindung gebracht, an denen deine Ehre nicht ist, und ebenso in vielen Stücken und zu Sünden miss­braucht, so dass auch das schändliche Leben mit Recht eine Schande und Unehre deines heiligen Namens genannt werden muss.

    So gib uns also deine göttliche Gnade, dass wir uns vor dem allen hüten, was deinem heiligen Namen nicht zur Ehre und Lob gereicht. Hilf, alle Zauberei und falschen Segenssprüche be­seitigen.

    Hilf, dass man aufhört, den Teufel oder allerlei vergängliche Geschöpfe unter deinem Namen zu beschwören.

    Hilf, dass aller Irr- und Aberglauben ausgerottet wird.

    Hilf, dass alle Ketzerei und falsche Lehre, die sich nicht scheut, deinen Namen für sich in Anspruch zu nehmen, zunichte gemacht wird.

    Hilf, dass aller falsche Schein von Wahrheit, Frömmig­keit und Heiligkeit keinen betrüge.

    Hilf, dass niemand in deinem Namen schwört, lügt oder be­trügt.

    Behüte uns vor allem falschen Trost, der unter deinem Namen erdichtet wird.

    Behüte uns vor jeglichem geistlichem Hochmut und Stolz und vor eitler Ehrsucht nach einem vergänglichen Ruhm oder Namen.

    Hilf, dass wir in allen unseren Nöten und Gebrechen deinen heiligen Namen anrufen können.

    Hilf, dass wir in der Angst unseres Gewissens und wenn wir im Sterben liegen deinen Namen nicht vergessen.

    Hilf, dass wir in allem, was wir haben, sagen und tun, nicht uns daraus einen Namen machen oder suchen, sondern nur dich loben und ehren, dem allein alle Dinge gehören.

    Behüte uns vor dem schändlichen Laster der Undankbarkeit. Hilf, daß durch unsere guten Taten und unser Leben alle an­deren gelockt werden, nicht uns, sondern dich, der du durch uns wirkst, zu loben und deinen Namen zu ehren.

    Hilf, dass durch unsere schlechten Taten oder durch unser Verzagen niemand verleitet wird, deinen Namen zu beleidigen oder in deinem Lobe nachzulassen.

    Behüte uns, dass wir nichts, weder Zeitliches noch Ewiges be­gehren, das deinem Namen nicht zu Lob und Ehre gereicht. Und wenn wir solches erbitten, so wollest du uns in unserer Unvernunft nicht erhören.

    Hilf, dass unser Leben so ist, dass wir als wahrhaftige Kinder Gottes befunden werden und dein väterlicher Name nicht um­sonst oder zu Unrecht über uns genannt wird.

    Amen.

In diese erste Bitte gehören alle Psalmen und Gebete, mit denen man Gott lobt, ehrt, singt und dankt und alle (Bitten und Lobgesänge, wo das) Halleluja (erklingt).

Die zweite Bitte

„Zu uns komme dein Reich“

Hiermit bekennen und erbitten wir:

    Dieses arme Leben ist ein Reich voller Sünde und Bosheit, worin der böse Geist Herr ist, Anfänger aller Bosheit und Sünde und selbst der Hauptbösewicht. Dein Reich aber ist ein Reich voller Gnade und Kraft. Darin ist Jesus Christus, dein lieber Sohn, Herr, Haupt und Anfang aller Gnade und Kraft. Darum hilf uns und sei gnädig, lieber Vater. Gib uns vor allem anderen einen rechten und beständigen Glauben an Christus und eine unerschrockene Hoff­nung [WA 7,223] auf deine Barmherzigkeit gegen alle Verzagtheit unseres durch die Sünde geplagten Ge­wissens; (gib uns) eine grundgütige Liebe zu dir und zu allen Menschen. Behüte uns vor Unglauben, Verzweiflung und Neid.

    Hilf uns heraus aus der Genuss-Sucht und Unkeuschheit und gib, dass wir gern enthaltsam in mancherlei sind.

    Hilf uns heraus aus Streit, Krieg und Unfrieden und lass die Kraft deines Reiches über uns kommen, den Frieden, die Einig­keit, die Ruhe:

    Hilf uns, dass nicht Zorn oder andere Bitterkeit in uns sein Reich baue, sondern durch deine Gnade in uns die Herzlichkeit, brüderliche Treue, Freundschaft, Mildherzigkeit, Sanftmut usw. regieren.

    Hilf, dass keine verwirrende Traurigkeit und Schwermut in uns ist, sondern lass die Freude und Lust an deiner Gnade und Barmherzigkeit zu uns kommen.

    Und endlich: Hilf, dass alle Sünden von uns abgewendet wer­den und wir, von deiner Gnade, aller deiner Kraft und guten Werken erfüllt, dein Reich werden können, dass wir mit ganzem Herzen, Gemüte und Trachten, mit allen unseren Kräften, inner­lich und äußerlich. Dir, deinen Geboten und deinem Willen gehorsam dienen und uns von Dir allein regieren lassen und nicht uns selbst noch Sinneslust, Welt oder Teufel folgen.

    Hilf, dass dieses dein Reich in uns anfange und täglich besser werde und zunehme. Hilf, dass uns nicht jene hinterlistige Bos­heit überfällt, die Trägheit, die uns hindert, Gott zu dienen, damit wir nicht wieder zurückfallen.   Gib uns vielmehr einen ernsten Vorsatz und die Kraft, nicht nur anfangsweise fromm zu sein, sondern mutig darin fortzuschreiten und zu vollenden, wie der Prophet betet: „Erleuchte meine Augen, dass ich nicht im Tode entschlafe oder faul werde in dem bei mir angefangenen wahren, guten Leben und der Feind also meiner wieder mächtig werde“ (Ps. 13,4f.).

    Hilf, dass wir also beständig bleiben und dein kommendes Reich dieses dein angefangenes Reich beschließe und voll­ende.

    Hilf uns heraus aus diesem sündlichen Leben von gefahr­voller Unbeständigkeit. Hilf uns, dass wir jenes Leben begehren und diesem feind werden. Hilf uns, dass wir den Tod nicht fürch­ten, sondern-wenn er kommt- begehren.

Wende von uns ab, dass wir nur diesem Leben nachjagen und anhängen, damit in allen Dingen dein Reich bei uns wirklich wird.

In diese zweite Bitte gehören alle Psalmen, Sprüche und Gebete, in denen man von Gott Gnade und Kraft erbittet.

Die dritte Bitte

„Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden“

Hiermit bekennen und erbitten wir:

    Unser Wille ist, verglichen mit deinem Willen, niemals gut, sondern allezeit böse. Dein Wille aber ist immer der beste und auf das höchste zu lieben und zu begehren. Darum erbarme dich unser, lieber Vater, und lass nichts nach unserem Willen ge­schehen.

    Gib es und lehre uns, dass wir recht von Grund auf Geduld haben, wenn unser Wille gebro­chen oderverhindert wird.

    Hilf, dass wir nicht zornig und böse werden, nicht fluchen, klagen, schreien, richten, verdam­men, nicht Böses wünschen usw., wenn jemand etwas redet oder verschweigt, tut oder nicht tut, was unserem Willen entgegen ist.

    Hilf, dass wir denen, die gegen uns stehen und unseren Willen verhindern, in Demut weichen und also das, was wir wollten, fah­renlassen und sie loben, segnen und ihnen Gutes tun, weil sie deinen allerbesten göttlichen Willen gegen unseren vollbringen.

     Gib uns die Gnade, dass wir allerlei Krankheiten, Armut, Schmach und Verachtung, Leiden und Widerwärtigkeiten willig ertragen und in all dem erkennen, dass es dein göttlicher Wille ist, den unseren zu kreuzigen.

    Hilf uns, dass wir auch Unrecht gern erleiden und behüte uns davor, Rache zu üben. Lass uns nicht Böses mit Bösem ver­gelten und Gewalt mit Gewalt bekämpfen, sondern hilf, dass wir an diesem deinem Willen, der uns alles das zufügt, Wohlgefal­len haben, dich loben und dir danken.

    Lass es uns nicht dem Teufel oder den bösen Menschen zu­rechnen, wenn etwas gegen unseren Willen geschieht, son­dern allein deinem göttlichen Willen, der das alles ordnet, um unseren Eigensinn zu hindern, aber die Seligkeit in deinem Reich zu fördern.

    Hilf uns, dass wir willig und frohen Mutes sterben und den Tod, dann, wenn du es willst, gerne annehmen. Hilf, dass wir weder durch Ungeduld noch durch Verzagen dir ungehorsam wer­den.

    Hilf, dass wir alle unsere Glieder, die Augen, Zungen, Herzen, Hände und Füße, nicht ihren Gelüsten noch Verlangen über­lassen, sondern dass sie in deinen Willen gefangen, gebunden und (in ihrem Eigensinn) gebrochen werden.

Behüte uns vor jedem bösen, widerspenstigen, störrischen, halsstarrigen, eigensinnigen und selbstsüchtigen Willen.

    Gib uns einen rechten Gehorsam und eine vollkommene, (von jeglichem Zwange) freie Gelas­senheit in allen Dingen, den geistlichen und den weltlichen, den ewigen und den zeitlichen.

    Behüte uns vor dem entsetzlichen Laster der üblen Nach­rede, der Verleumdung und auch davor, dass wir anderer Men­schen Übeltaten richten, sie verdammen und verfluchen. 0 wende das große Unglück und die schwere Plage solcher Reden von uns ab. Lehre uns vielmehr, dass wir, sobald wir etwas sehen oder über andere etwas hören, das uns der Strafe wert erscheint und missfällt, darüber schweigen, es vor anderen zudecken und nur dir klagen und deinem Willen anheimgeben und also allen, die an uns schuldig geworden sind, von Herzen vergeben und Mitleid mit ihnen haben.

    Lehre uns erkennen, dass uns niemand einen Schaden antun kann, er schade sich denn selbst vor deinen Augen ohnehin tausendmal mehr, so dass wir dadurch mehr zum Erbarmen über ihn bewegt werden als zum Zorn, mehr ihn zu beklagen als uns zu rächen.

    Hilf, dass wir uns nicht freuen, wenn es denen schlecht geht, die nicht nach unserem Willen getan, die uns Leid zugefügt oder sonst durch ihr Leben unser Missfallen erregt haben. Hilf aber ebenso, dass wir nicht betrübt sind, wenn es ihnen wohlergeht.

In diese dritte Bitte gehören alle Psalmen, Sprüche und Gebete, in denen man um Beistand gegen die Sünde und die Feinde bittet.

Die vierte Bitte

„Unser tägliches Brot gib uns heute“

Hiermit bekennen und erbitten wir:

    Das Brot ist unser Herr Jesus Christus, der die Seele speist und tröstet. Darum, o himmlischer Vater, gib Gnade, dass Christi Leben, sein Wort und Werk und seine Leidensgeschichte uns und der ganzen Welt gepredigt, bekannt und auch behalten werde.

    Hilf, dass wir in jeder Lebenslage sein Wort und Werk für alles, was taugt, als ein eindrückli­ches Beispiel und als einen Spiegel vor Augen haben.

    Hilf, dass wir uns im Leiden und in Widerwärtigkeiten durch sein Leiden und in seinem Kreuz stärken und trösten kön­nen.

    Hilf, dass wir unseren Tod durch seinen Tod im festen Glauben überwinden und also fröhlich dem, der uns liebt und den wir lieben und der uns vorangegangen ist, in jenes Leben folgen.

    Gib Gnade, dass alle Prediger dein Wort und Christus so verkünden, dass sie zu Förderung und Heil aller Welt pre­digen.

    Hilf, dass alle, die dein Wort verkündet hören, dadurch Christus kennenlernen und daran sich selbst erkennen und bessern.

    Erweise auch darin deine Gnade, dass alle fremde Predigt und Lehre, durch welche Christus nicht erkannt werden kann, aus der heiligen Kirche vertrieben wird.

    Erbarme dich über alle Bischöfe, Priester und Geistlichen und über alle Obrigkeit, dass sie, durch deine Gnade erleuchtet, uns recht lehren und leiten mit Wort und Vorbild.

    Behüte alle, die sich wenig zum Glauben halten, dass sie nicht ärger werden, wenn ihnen die Oberen ein schlechtes Beispiel geben.

    Behüte uns vor ketzerischen und abtrünnigen Lehren, damit wir in dem einen täglichen Brot, d. h. in der einmütigen Lehre und dem einen Wort Christi, einig bleiben.

    Lehre uns durch deine Gnade das Leiden Christi recht be­trachten, von ganzem Herzen erfassen und in unser Leben hineinnehmen.

    Lass uns (ein Leben im Glauben führen, so dass wir) des hei­ligen und wahren Leibes Christi an unserem Ende nicht beraubt werden.

    Hilf, dass alle Priester das hochwürdige Altarsakrament würdig verwalten und es zur Besserung der ganzen Christenheit heilsam austeilen.

    Hilf, dass wir und alle Christen das heilige Altarsakrament zu seinerzeit und unter deiner Gnade empfangen.

    Und, um es zusammenzufassen, gib uns unser tägliches Brot, damit Christus in uns und wir in ihm ewig bleiben (vgl. Joh. 15,4-7) und wir also dem Namen „Christen“, mit dem wir nach ihm genannt sind, Ehre machen.

In diese vierte Bitte gehören alle Gebete und Psalmen, in denen man für die Obrigkeit bittet, besonders aber auch jene, in denen für die falschen Lehrer, die Juden, die Ketzer und für alle Menschen gebetet wird, die in ihren Irrtümern befangen, auch für alle, die betrübt sind und ohne jeden Trost zu leiden haben.

Die fünfte Bitte

„Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“

Diese Bitte hat einen Zusatz und eine Bedingung, dass wir nämlich zuvor unseren Schuldigem vergeben sollen.  Wenn das geschehen ist, dann können wir sprechen: „Vergib uns unsere Schuld“. Und in diesem Sinne ist oben in der dritten Bitte gebetet worden: „Dein Wille geschehe“. Denn Gott will, dass man alles geduldig ertragen und nicht Böses mit Bösem ver­gelten, sich nicht rächen, sondern Böses mit Gutem vergelten soll, wie es unser Vater im Himmel tut, der ,,seine Sonne über die Frommen und über die Bösen auf gehen lässt und es regnen lässt über die, die ihm danken und die, die ihm nicht danken“ (Matth. 5,45).

    Darum bitten wir: = Vater, tröste uns und unser Gewis­sen, das angesichts unserer Sünden und deines Gerichtes in furchtbare Schrecken gerät und noch erschrecken wird, jetzt und auch zuletzt an unserem Ende. Gib unseren Herzen deinen Frieden, so dass wir dein Gericht mit Freude erwarten können.

    Geh mit uns nicht in dein scharfes Gericht, denn dann wird kein Mensch für gerecht befunden werden (vgl. Ps. 143,2).

    Lehre uns, lieber Vater, dass wir uns nicht auf unsere guten Werke oder Verdienste verlassen noch uns mit ihnen trösten, sondern es allein auf deine grundlose Barmherzigkeit hin wagen und uns ihr völlig und fest anvertrauen. Desgleichen lass uns auch nicht verzagen, weil unser Leben strafwürdig und sündig ist, sondern deine Barmherzigkeit für höher, mehr und stärker halten als alles sonst in unserem Leben.

    Hilf allen Menschen, die in Todesnöten sind und durch solcherart Verzweiflung angefochten und geängstet werden. Und hilf ganz besonders dem N. N. und dem N. N. Erbarme dich auch all der armen Seelen, die im Fegefeuer sind, besonders des N. N. und des N. N.

    Vergib ihnen und uns allen unsere Schuld, tröste sie und nimm sie an in deiner Gnade.

    Erweise uns deine Güte anstelle unserer Bosheit, gleichwie du uns zu tun geboten hast. Gebiete dem erbarmungslosen bösen Nachredner zu schweigen, dem Ankläger, der unsere Sünden groß herausstellt, dem bösen Geist, jetzt und zuletzt bei unserem Ende und in allen Gewissensängsten, solange wir uns auch der bösen Nachrede enthalten und die Sünden der Menschen nicht groß herausstellen.

     Richte uns nicht nach der Anklage des Teufels und unseres verzagten Gewissens. Höre nicht auf die Stimmen unserer Feinde, die uns Tag und Nacht vor dir beschuldigen, wie auch wir nicht auf die hören wollen, die andere verleumden und an­klagen.

Nimm von uns die schwere Last aller Sünden und Gewis­sensnöte, damit wir mit einem unbeschwerten, fröhlichen Her­zen und voller Zuversicht aus deiner Barmherzigkeit leben und sterben, ertragen und tätig sein können.

In diese fünfte Bitte gehören alle Psalmen und Gebete, welche in Schuld die Barmherzigkeit Gottes anrufen.

Die sechste Bitte

„Und führe uns nicht in Versuchung“

Drei (Ursachen von) Versuchungen oder Anfechtungen gibt es für uns: das Fleisch, die Welt und den Teufel. Aus diesem Grund bitten wir:

    Lieber Vater, gib uns Gnade, damit wir die Gelüste des Fleisches bezwingen.

    Hilf, dass wir dem unmäßigen Essen, Trinken und Schlafen, dem Faulenzen und Müßiggang widerstehen.

    Hilf, dass wir durch Fasten, maßvolles Essen und einfache Kleidung, durch geregeltes Schlafen und Wachen und durch Arbeit dienstbar und bereit werden, gute Werke zu tun.

    Hilf uns, dass wir eine böse Neigung zur Unkeuschheit und alle Begierden und Gelüste mit Christus ans Kreuz schlagen und töten können und in keine Versuchung, die uns befällt, ein­willigen und ihr nicht nachgeben.

    Hilf, dass es uns keine Versuchung, sondern ein Anlass ist, die Keuschheit zu lieben und dich in deinen Geschöpfen zu loben, wenn wir einen schönen Menschen, ein schönes Bild oder irgendein anderes Kunstwerk sehen.

    Hilf, dass wir nicht unsere Gelüste, sondern dein Lob und deine Ehre darin suchen, wenn wir etwas Süßes und Liebliches hören oderempfinden.

    Behüte uns vor dem großen Laster des Geizes und davor, die Reichtümer dieser Welt zu begehren.

    Behüte uns davor, die Ehre und Macht dieser Welt zu suchen oder in Versuchungen durch sie einzuwilligen.

    Behüte uns, dass wir durch Untreue, falschen Schein und Ver­suchungen in der Welt nicht bewegt werden, es ihr gleichzutun.

    Behüte uns, dass wir von den Bosheiten und Widerwärtig­keiten in der Welt nicht zu Ungeduld, Rache, Zorn oder anderen Untugenden hingerissen werden.

    Hilf, dass wir dem Lug und Trug, den Versprechungen und der Falschheit der Welt und all ihrem Guten und Bösen absagen und darauf verzichten – wie wir es bereits im Taufbekenntnis versprochen haben – und darin fest stehen und täglich mehr und mehr zunehmen.

    Behüte uns vor den Einflüsterungen des Teufels, damit wir nicht auf Grund von Reichtum, Macht, Kunstfertigkeit, Adel, Schönheit und von anderen deiner Gaben hochmütig werden und der Selbstgefälligkeit und Verachtung anderer stattgeben.

    Behüte uns, damit wir nicht aus irgendeinem Grund in Hass und Neid verfallen.

    Behüte uns, dass wir weder jetzt noch bei unserem Ende der Anfechtung des Glaubens, (näm­lich) der Verzweiflung, nach­geben.

Lass dir, himmlischer Vater, alle die anbefohlen sein, die gegen diese große, vielfältige Anfechtung streiten und arbeiten. Stärke die, die ihr widerstehen. Hilf denen wieder auf, die in ihr gefallen sind und daniederliegen. Und gib uns allen deine Gnade, damit wir in diesem gefährdeten, unsicheren Leben, in dem wir zu jeder Stunde von so vielen Feinden um­geben sind, mit einem edlen und festen Glauben beständig fechten und die ewige Krone em­pfangen (vgl. Jak. 1,12; 1. Petr. 5,4).

Die siebente Bitte

„Sondern erlöse uns von dem Bösen“

In dieser Bitte wird (um Bewahrung) vor allem Bösen durch Peinigung und Strafe gebeten, wie es die heilige Kirche auch in den Litaneien tut.

    Erlöse uns, o Vater, von deinem ewigen Zorn und den Qualen der Hölle.

    Erlöse uns von deinem strengen Urteilsspruch nach dem Tode am Jüngsten Tage.

    Bewahre uns vor einem plötzlichen und gewaltsamen Tod.

    Behüte uns vor Überschwemmung und Feuersbrunst, vor Blitz und Hagel. Behüte uns vor Hungersnot und Zeiten der Teuerung.

    Behüte uns vor Kriegen und Blutvergießen. Behüte uns vor deinen großen Plagen (vgl. 2. Mose 9,14 ff.), vor der Pest, schlimmen Seuchen und anderen schweren Krankheiten.

    Behüte uns vor allen Übeln und Nöten des Leibes, jedoch so, dass in diesem allem (was wir erbitten) dein Name geehrt, dein Reich vermehrt und dein göttlicher Wille geschehe.

Amen.

„Amen“

Hilf Gott, dass wir alles, was wir erbitten, in Gewissheit empfangen. Und lass uns nicht daran zweifeln, dass du uns in allem erhört hast und erhören wirst, dass (deine Antwort) ja und nicht nein oder zweifelhaft ist.

So sprechen wir fröhlich „Amen“, das heißt, es ist wahr und gewiss. Amen.

Eine einfältige Weise zu beten, für M. Peter, Balbierer. Anno 1534

    Lieber M. Peter, ich geb’s euch so gut wie ich’s habe und wie ich selber mich mit Beten halte. Unser HERR Gott gebe es Euch und jedermann, es besser zu machen. Amen.

    Erstens, wen ich fühle, dass ich durch fremde Geschäfte oder Gedanken bin kalt und unlustig zu beten geworden (wie denn das Fleisch und der Teufel allwege das Gebet wehren und hindern), nehme ich meinen Psalter, laufe in die Kammer oder so es Tag und Zeit ist in die Kirche zum Haufen und hebe an, die zehn Gebote, den Glauben und darnach ich Zeit habe etliche Sprüche Christi, von Paulus oder den Psalmen mündlich bei mir selbst zu sprechen, aller Dinge, wie die Kinder tun.

    Darum ist’s gut, dass man frühmorgens lasse das Gebet das erste und des Abends das letzte Werk sein. Und hüte sich mit Fleiß vor diesen falschen betrüglichen Gedanken, die da sagen: Harre ein wenig, über eine Stunde will ich beten. Ich muss dies oder das zuvor fertigen. Denn mit solchen Gedanken kommt man vom Gebet; die Geschäfte, die halten und umfangen den einen, dass aus dem Gebet an dem Tag nichts wird.

    Und wiewohl etliche Werke vorfallen können, die so gut oder besser als das Gebet sind, besonders sie die Not fordert. So geht ein Spruch unter des St. Hieronymus Namen: Alle Werke der Gläubigen sind Gebet. Und ein Sprichwort: Wer treu arbeitet, der betet zweifach. Welches muss aus diesem Grund geredet sein, dass ein gläubiger Mensch in seiner Arbeit Gott fürchtet und ehrt und an sein Gebot denkt, damit er niemand Unrecht tun noch stehlen oder übernehmen oder veruntreuen wolle. Und solche Gedanken und Glauben machen ohne Zweifel aus seinem Werk ein Gebet und Lobopfer dazu.

    Wiederum muss dagegen auch die Wahrheit sein, dass eines Ungläubigen Werk eitel Fluchen sei; und wer untreu arbeitet, der flucht zweifach. Denn seines Herzens Gedanken müssen in seiner Arbeit so stehen, dass er Gott verachte und sein Gebot übertreten und seinem Nächsten Unrecht zu tun, stehlen und veruntreuen gedenke. Solche Gedanken, was sind’s anders als eitel Flüche gegen Gott und den Menschen, dadurch sein Werk und Arbeit auch ein zweifacher Fluch werden, damit er sich selbst verflucht. Und das bleiben auch endlich Bettler oder Humpler.

    Von diesem stetigen Gebet sagt freilich Christus Lukas 11: Man soll ohne Unterlass beten. Denn man soll ohne Unterlass sich vor Sünden und Unrecht hüten, welches nicht geschehen kann, wo man Gott nicht fürchtet und sein Gebot vor Augen hat, wie Psalm 1 [sagt]: Wohl dem, der Tag und Nacht denkt an Gottes Gebot usw.

    Doch muss man auch darauf sehen, dass wir uns nicht vom rechten Gebet gewöhnen und deuten uns zuletzt selbst nötige Werke, die es doch nicht sind, und werden dadurch zuletzt müde und faul, kalt und überdrüssig zum Gebet. Denn der Teufel ist nicht faul noch müde um uns her. So ist unser Fleisch noch allzu lebendig und frisch zur Sünde und gegen den Geist des Gebets geneigt.

    Wenn nun das Herz durch solch mündliches Gespräch erwärmt und zu sich selbst gekommen ist, so knie nieder oder stehe mit gefalteten Händen und Augen zum Himmel und sprich oder denke aufs Kürzeste, wie du kannst.

    Ach, himmlischer Vater, du lieber Gott, ich bin ein unwürdiger armer Sünder, nicht wert, dass ich meine Augen oder Hände zu dir aufhebe oder bete. Aber weil du uns allen geboten hast zu beten und dazu auch Erhörung verheißen, und über dasselbe uns beides, Worte und Weisen, gelehrt durch deinen lieben Sohn, unsern HERRN Jesus Christus, so komme ich auf solches dein Gebot, dir gehorsam zu sein, und verlasse mich auf deine gnädige Verheißung. Und im Namen meines HERRN Jesus Christus bete ich mit allen deinen heiligen Christen auf Erden, wie er mich gelehrt hat.

    Vater unser, der du im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden. Unser täglich Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel. Amen.

    Danach wiederhole ein Stück oder wie viel du willst, nämlich die erste Bitte.

    Geheiligt werde dein Name.

    Und sprich:

    Ach ja, HERR Gott, lieber Vater, heilige doch deinen Namen, beide ins uns selbst und in aller Welt. Zerstöre und vertilge die Greuel, Abgötterei und Ketzerei der Türken [Moslems], des Papsts und aller falschen Lehrer oder Rottengeister, die deinen Namen falsch führen und so schändlich missbrauchen und greulich lästern, sagen und rühmen, es sei dein Wort und der Kirche Gebot, so es doch des Teufels Lügen und Betrug ist. Damit sie unter deinem Namen so viele arme Seelen jämmerlich verführen in der ganzen Welt, und darüber auch töten, unschuldiges Blut vergießen und verfolgen und meinen, dir damit einen Gottesdienst zu tun.

    Lieber HERR Gott, hier bekehre und wehre. Bekehre die, so noch sollen bekehrt werden, dass sie mit uns und wir mit ihnen deinen Namen heiligen und preisen, beide, mit rechter reiner Lehre und gutem heiligen Leben.

    Wehre aber denen, die sie nicht bekehren wollen, dass sie aufhören müssen, deinen heiligen Namen zu missbrauchen, schänden und entehren und die armen Leute zu verführen. Amen.

    Dein Reich komme.

    Und sprich:

    Ach lieber HERR Gott Vater. Du siehst, wie nicht allein der Welt Weisheit und Vernunft deinen Namen schändet und deine Ehre den Lügen und dem Teufel gibt, sondern alle ihre Gewalt, Macht Reichtum und Ehre, die du auf Erden ihnen gegeben hast, weltlich zu regieren und dir damit zu dienen, gegen dein Reich setzt und strebt. Sie sind groß, mächtig und viel, dick, fett und satt und plagen, hindern, verstören den geringen Haufen deines Reichs, der schwach verachtet und wenig ist, wollen sie auf Erden nicht leiden, meinen gleichwohl, damit dir einen großen Gottesdienst zu tun.

    Lieber HERR Gott Vater, hier bekehre und wehre. Bekehre die, so noch sollen Kinder und Glieder deines Reichs werden, dass sie mit uns und wir mit ihnen dir in deinem Reich in rechtem Glauben und wahrhaftiger Liebe dienen und aus diesem angefangenen Reich in das ewige Reich kommen.

    Wehre aber denen, so ihre Macht und Vermögen nicht wollen abkehren lassen von deines Reichs Zerstörung, dass sie, vom Stuhl gestürzt und gedemütigt, ablassen müssen. Amen.

    Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden.

    Und sprich:

    Ach lieber HERR Gott Vater, du weißt, wie die Welt, wo sie nicht kann deinen Namen ganz zunichte machen und dein Reich ganz vertilgen, so gehen sie doch Tag und Nacht mit bösen Tücken und stücken um, treiben viel Ränke und seltsame Anschläge, halten Rat, rennen zusammen, trösten und stärken sich, drohen und spüren, gehen voll alles bösen Willens gegen deinen Namen, Wort, Reich und Kinder, wie sie dieselben umbringen.

    Darum, lieber HERR Gott Vater, bekehre und wehre. Bekehre, die deinen guten Willen noch erkennen sollen, dass sie mit uns und wir mit ihnen deinem Willen gehorsam seien und darüber alles Übel, Kreuz und Widerwärtigkeit gern, geduldig und fröhlich leiden und deinen gütigen, gnädigen, vollkommenen Willen hierin erkennen, prüfen und erfahren.

    Wehre aber denen, so von ihrem Wüten, Toben, Hassen, Drohen und bösem Willen, Schaden zu tun, nicht ablassen wollen. Und mache ihren Rat, böse Anschläge und Praktiken zunichte und zuschanden, dass über sie selbst ausgehe, wie Psalm 7 singt. Amen.

    Unser täglich Brot gib uns heute.

    Und sprich:

    Ach lieber HERR Gott Vater, gib auch deinen Segen in diesem zeitlichen, leiblichen Leben. Gib uns gnädig den lieben Frieden, behüte uns vor Krieg und Unfriede. Gib unserem lieben Vaterland Glück und Heil gegen seine Feinde. Gib den Regierenden Weisheit und Verstand, dass sie ihr irdisches Reich ruhig und glückselig regieren. Gib allen Königen, Fürsten und Herren guten Rat und Willen, ihr Land und Leute in stillem und gutem Recht zu erhalten. Besonders hilf und leite unseren lieben Landesherrn N., unter dessen Schutz und Schirm du uns bewahrst, dass er, vor allem Übel behütet, vor falschen Zungen und untreuen Leuten bewahrt, selig regiere.

    Gib allen Untertanen Gnade, treu zu dienen und gehorsam zu sein. Gib allen Ständen, Bürgern und Bauern, dass sie fromm werden und einander Liebe und Treue erzeigen. Gib gnädiges Wetter und Früchte der Erde. Ich befehle dir auch Haus, Hof, Frau und Kind. Hilf, dass ich sie wohl regiere und christlich ernähren und erziehen möge.

    Wehre und steure dem Verderber und allen bösen Engeln, die hierin schaden und Hindernis tun. Amen.

    Und vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unseren Schuldigern.

    Und sprich:

    Ach lieber HERR Gott Vater, gehe nicht mit uns ins Gericht, denn vor dir ist kein lebendiger Mensch gerecht. Ach rechne uns auch nicht zur Sünde, dass wir leider so undankbar sind für alle deine unaussprechliche Wohltat, geistlich und leiblich, und dass wir täglich vielmal straucheln und sündigen, mehr als wir wissen und merken können. Psalm 19.

    Aber sieh du nicht an, wie fromm oder böse wir sind, sondern deine grundlose Barmherzigkeit in Christus, deinem lieben Sohn, uns geschenkt.

    Vergib auch allen unseren Feinden und allen, die uns Leid oder Unrecht tun, wie wir auch ihnen von herzen vergeben. Denn sie tun sich selbst damit das größte Leid, dass sie dich an uns erzürnen und uns mir ihrem Verderben nichts geholfen ist, sondern sie viel lieber mit uns wollen selig sehen. Amen.

    Und wer hier fühlt, dass er nicht wohl vergeben kann, der mag um Gnade bitten, dass er vergeben könne. Aber das gehört in die Predigt.

    Und führe uns nicht in Versuchung.

    Und sprich:

    Ach lieber HERR Gott Vater, erhalte uns wacker und frisch, hitzig und fleißig in deinem Wort und Dienst, dass wir nicht sicher, faul und träge werden, als hätten wir’s nun alles, damit uns der grimmige Teufel nicht erschleiche und übereile und nehme uns wieder dein liebes Wort oder richte Zwietracht und Rotten unter uns an, oder führe uns sonst in Sünde und Schande, beide, geistlich und leiblich.

    Sondern gib uns durch deinen Geist Weisheit und Kraft, dass wir ihm ritterlich widerstehen und den Sieg behalten. Amen.

    Sondern erlöse uns von dem Übel.

    Und sprich:

    Ach lieber HERR Gott Vater. es ist doch dieses elende Leben so voll Jammer und Unglück, Unsicherheit, so voll Untreue und Bosheit (wie St. Paulus sagt: Die Tage sind böse), dass wir billig des Lebens müde und des Todes begierig sein sollten. Aber du, lieber Vater, kennst unsere Schwachheit.

    Darum hilf uns durch solches mannigfaltige Übel und Bosheit sicher fahren. Und wenn die Zeit kommt, gib uns ein gnädiges Stündlein und seligen Abschied von diesem Jammertal, dass wir vor dem Tod nicht erschrecken noch verzagen, sondern mit festem Glauben unsere Seelen in deine Hände befehlen. Amen.

    Amen.

    Zuletzt merke, dass du musst das Amen allewege stark machen und nicht zweifeln, Gott höre dir zu gewiss mit allen Gnaden und sage ja zu deinem Gebet.

    Und denke ja, dass du nicht allein da kniest und stehst, sondern die ganze Christenheit oder alle fromme Christen bei dir und unter ihnen in einmütigem, einträchtigem Gebet, welches Gott nicht verachten kann. Und gehe nicht vom Gebet, du habest denn gesagt oder gedacht: Wohlan, dies Gebet ist bei Gott erhört, das weiß ich gewiss und fürwahr. Das heißt Amen.

    Auch sollst du wissen, dass ich nicht will diese Worte alle im Gebet gesprochen haben, denn da würde doch zuletzt ein Geklepper und eitel ledig Gewäsch draus, aus dem Buch oder Buchstaben daher gelesen, wie die Rosenkränze bei den Laien und die Gebete der Pfaffen und Mönche gewesen sind. Sondern ich will das Herz damit gereizt und Unterricht haben, was es für Gedanken im Vaterunser fassen soll. Solche Gedanken aber kann das Herz /wenn’s recht erwärmt und zu beten lustig ist) wohl mit viel anderen Worten, auch wohl mit weniger oder mehr Worten, aussprechen.

    Denn ich auch selber mich an solche Worte und Silben nicht binde, sondern heute so und morgen anders die Worte spreche, wie ich warm und lustig bin. Bleibe doch so nahe ich immer kann gleichwohl bei denselben Gedanken und Sinn. Kommt wohl oft, dass ich in einem Stück oder Bitte in so reiche Gedanken spazieren komme, dass ich die andern sechs lasse alle anstehen.

VON TAUFE UND ABENDMAHL

(aus dem dritten Teil der Schmalkaldischen Artikel)

Von der Taufe

    Die Taufe ist nichts anderes als Gottes Wort im Wasser, durch seine Einsetzung befohlen, oder, wie St. Paulus sagt Eph. 5: das Wasserbad im Wort; wie auch Augustinus sagt: Füger das Wort zum Element hinzu, so wird es ein Sakrament. Und darum halten wir’s nicht mit Thomas und den Predigermönchen, die des Wortes (Gottes Einsetzung) vergessen und sagen, Gott habe eine geistliche Kraft ins Wasser gelegt, welche die Sünde durchs Wort abwasche. Auch nicht mit Scotus und den Barfüßermönchen, die da lehren, dass die Taufe die Sünde abwasche aus Beistehen göttlichen Willens, so dass diese Abwaschung geschieht allein durch Gottes Willen, gar nicht durchs Wort und Wasser.

    Von der Kindertaufe halten wir, dass man die Kinder taufen soll. Denn sie gehören auch zu der verheißenen Erlösung, durch Christus geschehen, und die Kirche soll sie ihnen reichen.

(aus dem großen Katechismus:)

    Denn in Gottes Namen getauft werden, ist nicht von Menschen, sondern von Gott selbst getauft werden. Darum, ob es gleich durch des Menschen Hand geschieht, so ist es doch wahrhaftig Gottes eigenes Werk; daraus ein jeglicher selbst wohl schließen kann, dass es viel höher ist als sonst ein Werk, von einem Menschen oder Heiligen getan. Denn was kann man für Werk größer machen als Gottes Werk? …

    Aus diesem lerne nun ein richtiges Verständnis fassen und antworten auf die Frage, was die Taufe sei, nämlich so, dass sie nicht bloß schlichtes Wasser ist, sondern ein Wasser in Gottes Wort und Gebot gefasst und dadurch geheiligt, dass nichts anderes ist als ein Gotteswasser, nicht dass das Wasser an sich selbst edler sei als anderes Wasser, sondern dass Gottes Wort und Gebot dazu kommt.

    Darum ist’s lauter Bubenstück und des Teufels Gespött, dass jetzt unsere neuen Geist, die Taufe zu lästern, Gottes Wort und Ordnung davon lassen und nicht anders ansehen als das Wasser, das man aus dem Brunnen schöpft, und danach daher geifern: Was sollte ein Handvoll Wasser der Seele helfen? Ja, Lieber, wer weiß das nicht, dass Wasser Wasser ist, wenn es voneinander zu trennen soll gelten? Wie darfst du aber in Gottes Ordnung greifen und das beste Kleinod davon reißen, damit es Gott verbunden und eingefasst hat, und nicht will getrennt haben? Denn das ist der Kern in dem Wasser, Gottes Wort oder Gebot und Gottes Namen, welcher Schatz größer und edler ist als Himmel und Erde. …

    Aufs andere, weil wir nun wissen, was die Taufe ist und wie sie zu halten sei, müssen wir auch lernen, warum und wozu sie eingesetzt sei, das ist, was sie nütze, gebe und schaffe. Solches kann man auch nicht besser als aus den Worten Christi, oben angezogen fassen, nämlich: Wer da [bis ans Ende] glaubt und getauft wird, der wird selig. Darum fasse es aufs allereinfältigste so, dass dies der Taufe Kraft, werk, Nutz, Frucht und Ziel ist, dass sie selig mache. Denn man tauft niemanden darum, dass er ein Fürst werde, sondern, wie die Worte lauten, dass er selig werde. Selig werden aber weiß man wohl, das nichts anderes heiße, als von Sünden, Tod, Teufel erlöst, in Christi Reich kommen und mit ihm ewig leben.

    Da siehst du abermals, wie teuer und wert die Taufe zu halten sei, weil wir solchen unaussprechlichen Schatz darin erlangen, welches auch wohl anzeigt, dass sie nicht kann schlicht lauter Wasser sein. Denn lauter Wasser könnte solches nicht tun, aber das Wort tut’s, und dass (wie oben gesagt) Gottes Name darinnen ist. Wo aber Gottes Name ist, da muss auch Leben und Seligkeit sein, dass es wohl ein göttlich, selig, fruchtbar und gnadenreich Wasser heißt; denn durchs Wort kriegt sie die Kraft, dass sie ein Bad der Wiedergeburt ist, wie sie auch St. Paulus nennt Tit. 3.

    Dass aber unsere Klüglinge, die neuen Geister, vorgeben, der Glaube mache allein selig, die Werke aber und äußerlichen Dinge tun nichts dazu, antworten wir, dass freilich nichts in uns tut als der Glaube, wie wir noch weiter hören werden. Das wollen aber die blinden Leiter nicht sehen, dass der Glaube etwas haben muss, das er glaube, das ist, daran er sich halte und darauf er stehe und fuße. So hängt nun der Glaube am Wasser und glaubt, dass die Taufe sei, darin eitel Seligkeit und Leben ist, nicht durchs Wasser (wie genug gesagt), sondern dadurch, dass mit Gottes Wort und Ordnung verleibt ist und sein Name darin klebt. Wenn ich nun solches glaube, was glaube ich anders, als an Gott als an den, der sein Wort darein gegeben und gepflanzt hat und uns dies äußerlich Ding vorhält, darin wir solchen Schatz ergreifen können. …

    Aufs dritte, weil wir den großen Nutzen und Kraft der Taufe haben, so lass nun weiter sehen, wer die Person sei, die solches empfange, was die Taufe gibt und nützt. Das ist abermals aufs feinste und klarste ausgedrückt eben mit den Worten: Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig. Das ist, der Glaube macht die Person allein würdig, das heilsame göttliche Wasser nützlich zu empfangen. Denn weil solches allhier in den Worten bei und mit dem Wasser vorgetragen und verheißen wird, kann es nicht anders empfangen werden, als dass wir solches von herzen glauben. Ohne Glauben ist es nichts nütze, ob es gleich an sich selbst ein göttlicher überschwänglicher Schatz ist. Darum vermag das einige Wort (wer da glaubt) so viel, dass es ausschließt und zurück treibt alle Werke, die wir tun können, der Meinung, um dadurch Seligkeit zu erlangen und verdienen. Denn es ist beschlossen, was nicht Glaube ist, das tut nichts dazu, empfängt auch nichts. …

    Auf letzte ist auch zu wissen, was die Taufe bedeutet und warum Gott eben solches äußerliche Zeichen und Gebärde geordnet hat zu dem Sakrament, dadurch wir erstlich in die Christenheit aufgenommen werden. Das Werk aber oder Gebärde ist das, dass man uns ins Wasser senkt, das über uns hergeht, und danach wieder herauszieht. Diese zwei Stücke, unter das Wasser sinken und wieder herauskommen, deuten die Kraft und das Werk der Taufe, welches nichts anderes ist, als die Tötung des alten Adams, danach die Auferstehung des neuen Menschen, welche beide unser Lebenlang in uns gehen sollen, so dass ein christliches Leben nichts anderes ist als eine tägliche Taufe, einmal angefangen und immer darin gegangen. Denn es muss ohne Unterlass so getan werden, dass man immer ausfege, was von dem alten Adam ist, und hervorkomme, was zum neuen gehört. Was ist denn der alte Mensch? Das ist er, so uns angeboren ist von Adam, zornig, gehässig, neidisch, unkeusch, geizig, faul, hoffärtig, ja ungläubig, mit allen Lastern besetzt, und von Art nichts Gutes an sich hat. Wenn wir nun in Christi Reich kommen, soll solches täglich abnehmen, dass wir je länger je milder, geduldiger, sanftmütiger werden, dem Unglauben, Geiz, Hass, Neid, Hoffart je mehr abbrechen.

    Das ist der rechte Gebrauch der Taufe unter den Christen, durch das Wassertaufen bedeutet. Wo nun solches nicht geht, sondern dem alten Menschen der Zaum gelassen wird, dass er nur stärker wird, das heißt nicht, die Taufe gebrauchen, sondern gegen die Taufe streben. Denn die außer Christus sind, können nichts anderes tun, als täglich ärger werden, wie auch das Sprichwort lautet und die Wahrheit ist: immer je ärger, je länger je böser. … Dagegen, wo Christen geworden sind, nimmt er [der alte Mensch] täglich ab, so lange, bis er gar untergeht. Das heißt, recht in die Taufe gekrochen und täglich wieder hervorgekommen. So ist das äußerliche Zeichen gestellt, nicht allein, dass es soll kräftig wirken, sondern auch etwas deuten. Wo nun der Glaube geht mit seinen Früchten, da ist’s nicht eine lose Deutung, sondern das Werk dabei; wo aber der Glaube nicht ist, da bleibt es ein bloß unfruchtbares Zeichen.

Vom Abendmahl

    Vom Sakrament des Altars halten wir, dass Brot und Wein im Abendmahl sei der wahrhaftige Leib und Blut Christi, und werde nicht allein gerecht und empfangen von frommen, sondern auch von bösen Christen.

    Und dass man nicht soll einerlei Gestalt allein geben. Und wir bedürfen der hohen Kunst nicht, die uns lehre, dass unter einer Gestalt so viel sei wie unter beiden, wie uns die Sophisten und das Konzil zu Konstanz lehren. Denn ob’s gleich wahr wäre, dass unter einer so viel sei wie unter beiden, so ist doch die einige Gestalt nicht die ganze Ordnung und Einsetzung, durch Christus gestiftet und befohlen.

(aus dem großen Katechismus:)

    Das Wort (sage ich) ist das, das dies Sakrament macht und unterscheidet, dass es nicht lauter Brot und Wein, sondern Christi Leib und Blut ist und heißt. Denn es heißt: Wenn das Wort zum äußerlichen Ding kommt, so wird’s ein Sakrament. Dieser Spruch St. Augustins ist so eigentlich und wohl geredet, dass er kaum einen besseren gesagt hat. Das Wort muss das Element zum Sakrament machen; wo nicht, so bleibst’s ein lauteres Element. Nun ist’s nicht eines Fürsten oder Kaisers, sondern der hohen Majestät Wort und Ordnung, davor alle Kreaturen sollen zu Fuß fallen und ja sprechen, es sei, wie er sagt, und mit allen Ehren, Frucht und Demut anzunehmen.

    Aus dem Wort kannst du dein Gewissen stärken und sprechen: Wenn hunderttausend Teufel samt allen Schwärmern herfahren, wie kann Brot und Wein Christi Leib und Blut sein usw.? so weiß ich, dass alle Geister und Gelehrten auf einem Haufen nicht so klug sind, wie die göttliche Majestät im kleinsten Fingerlein. Nun steht hier Christi Wort: Nehmt, esst, das ist mein Leib. Trinkt alle daraus, das ist das neue Testament in meinem Blut. Da bleiben wir bei, und wollen sie ansehen, die ihn meistern werden und anders machen, als er’s geredet hat. Das ist wohl wahr, wenn du das Wort davon tust, oder ohne Wort ansiehst, so hast du nichts als lauter Brot und Wein; wenn sie aber dabeibleiben, wie sie sollen und müssen, so ist’s laut derselben wahrhaftig Christi Leib und Blut. Denn wie Christi Mund redet und spricht, so ist es, als der nicht lügen noch trügen kann.

VON DEN SCHLÜSSELN UND DER BEICHTE

(aus dem dritten Teil der Schmalkaldischen Artikel)

Von den Schlüsseln

    Die Schlüssel sind ein Amt und Gewalt, der Kirche von Christus gegeben, zu binden und zu lösen die Sünde, nicht allein die groben und wohl bekannten Sünden, sondern auch die subtilen, heimlichen, die Gott allein erkennt. Wie geschrieben steht im 19. Psalm: Wer kann merken, wie oft er fehlt? Und St. Paulus Röm. 7 klagt selbst, dass er mit dem Fleisch diene dem Gesetz der Sünde. Denn es steht nicht bei uns, sondern bei Gott allein zu urteilen, welche, wie groß und wie viel Sünden sind, wie geschrieben steht im 143. Psalm: Gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht, denn vor dir ist kein lebendiger Mensch gerecht. Und Paulus 1. Kor. 4 auch sagt: Ich bin mir wohl nichts bewusst, aber darum bin ich nicht gerechtfertigt.

Von der Beichte

    Weil die Absolution oder Kraft der Schlüssel auch eine Hilfe und Trost ist, gegen die Sünde und böse Gewissen im Evangelium durch Christus gestiftet, so soll man die Beichte oder Absolution bei Leibe nicht lassen abkommen in der Kirche, sonderlich um der einfältigen Gewissen willen, auch um des jungen rohen Volks willen, damit es verhört und unterrichtet werde in der christlichen Lehre.

    Die Aufzählung aber der Sünden soll frei sein einem jeden, was er erzählen oder nicht erzählen will; denn so lange wir im Fleisch sind, werden wir nicht lügen, wenn wir sagen: Ich bin ein armer Mensch voller Stünde. Röm. 7: Ich fühle ein anderes Gesetz in meinen Gliedern usw. Denn dieweil die Privatabsolution von dem Amt herkommt der Schlüssel, soll man sie nicht verachten, sondern hoch und wert halten, wie alle anderen Ämter der christlichen Kirche.

    Und in diesen Stücken, so das mündliche, äußerliche Wort betreffen, ist fest darauf zu bleiben, dass Gott niemand seinen Geist oder Gnade gibt, außer durch oder mit dem vorhergehenden äußerlichen Wort. Damit wir uns bewahren vor den Enthusiasten, das ist, Geistern, so sich rühmen, ohne und vor dem Wort den Geist zu haben, und danach die Schrift oder mündliches Wort richten, deuten und dehnen nach ihrem Gefallen, wie der Müntzer tat und noch viele heute, die zwischen dem Geist und Buchstaben scharfe Richter sein wollen und wissen nicht, was sie sagen oder setzen. Denn das Papsttum auch ein eitel Enthusiasmus ist, darin der Papst rühmt, alle Rechte sind im Schrein seines Herzens, und was er mit seiner Kirche urteilt und heißt, das soll Geist und Recht sein, wenn‘ gleich über und gegen die Schrift oder das mündliche Wort ist.

Grundlinien des christlichen Glaubens:

(von Roland Sckerl, in Anlehnung an Darlegungen Luthers in der Deutschen Messe)

1) Das goldene Säckchen: Der Glaube

Das goldene Säckchen hat zwei Beutel:

a) Mit dem Beutel Gesetz verkündigt dir der Heilige Geist den Willen und Maßstab Gottes, A) um der groben Sünden zu wehren; B) dir klar zu machen, dass du Sünder abgrundtief verdorben bist, tot in Übertretungen und Sünden, darum unter Gottes Zorn und in alle Ewigkeit verdammt, und du daher einen Retter brauchst, und will so Reue, Traurigkeit über die Sünde, Hass, Ekel, Abscheu gegen die Sünde wirken; C) um dir, der du an Christus als deinen Retter glaubst, zu sagen, wie Gott will, dass du aus Christi Kraft leben sollst.

1. Mose 8,21: Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf.

Eph. 2,1-3: Ihr wart tot durch Übertretungen und Sünden, in welchen ihr einst gewandelt habt nach dem Lauf dieser Welt und nach dem Fürsten, der in der Luft herrscht, nämlich nach dem Geist, der zu dieser Zeit sein Werk hat in den Kindern des Unglaubens, unter welchen wir auch alle einst unseren Wandel gehabt haben in den Lüsten unseres Fleisches und der Vernunft und waren auch Kinder des Zorns von Natur, gleichwie auch die andern.

Joh. 3,36b: Wer dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.

Röm. 6,23a: Der Tod ist der Sünde Lohn.

b) Mit dem Beutel Evangelium verkündigt dir der Heilige Geist, dass Jesus Christus, wahrhaftiger Gott und wahrhaftiger Mensch in einer Person, dich erlöst hat von allen Sünden, von Tod und Verdammnis und der Gewalt des Teufels, indem er das Gesetz für dich stellvertretend erfüllt, deine Sünden auf sich genommen und an seinem Leib auf das Kreuz geopfert und dort vollkommen für dich bezahlt und so Gott mit dir völlig versöhnt hat und ruft dich zum Glauben an diese Zusage der Vergebung und des ewigen Lebens und schenkt ihn auch.

Joh. 3,16: So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.

Gal. 4,4-5: Da aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, damit er die, so unter dem Gesetz waren, erlöste, und wir die Kindschaft empfingen.

1. Petr. 2,24: Welcher unsere Sünden selbst geopfert hat an seinem Leib auf dem Holz, auf dass wir, der Sünde abgestorben, der Gerechtigkeit leben; durch welches Wunden ihr seid heil geworden.

1. Petr. 1,18-19: Und wisst, dass ihr nicht mit vergänglichem Gold oder Silber erlöst seid von eurem eitlen Wandel nach väterlicher Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes.

Röm. 4,25: Er ist um unserer Sünden willen dahingegeben und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt.

2. Kor. 5,19.21: Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit ihm selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. … Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt.

Joh. 3,36a: Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben.

2) Das silberne Säckchen: Das Leben

Das silberne Säckchen hat auch zwei Beutel:

Die erbarmende Liebe Gottes zu dir in Jesus Christus wirkt in dir die über alles gehende Liebe zu Gott, die sich entfaltet in der hingebenden Nachfolge Jesu Christi, denn der rechte Glaube kann nicht anders als Frucht bringen (Gal. 5,6):

a) Der Beutel Kreuz und Leid zeigt an, dass du in der hingebenden Nachfolge Jesu Christi gerade in Kreuz, Leid, Trübsal mit ihm immer gleichförmiger werden sollst, wobei aber dieser Zeit Leiden der Herrlichkeit nicht wert sind, die an dir noch soll offenbar werden in der Ewigkeit.

Apg. 14,22: Wir müssen durch viel Trübsal in das Reich Gottes eingehen.

Mark. 8,34: Wer mir will nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir.

Röm. 8,18: Ich halte es dafür, dass dieser Zeit Leiden der Herrlichkeit nicht wert sei, die an uns soll offenbar werden.

2. Tim. 3,12: Alle, die gottselig leben wollen, müssen Verfolgung leiden.

b) Durch den Beutel Nächstenliebe ruft dich der Heilige Geist durch die erbarmende Liebe Gottes zu dir in Christus dazu, Christus, der nun in dir wohnt, Raum zu geben und ihm auch gleichförmig zu werden im hingebenden Dienst am Nächsten aus Liebe.

Matth. 22,39: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.

Matht. 7,12: Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen; das ist das Gesetz und die Propheten.

Röm. 13,10: Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung.

3) Das purpurne Säckchen: Die Gemeinschaft

Das purpurne Säckchen hat auch zwei Beutel:

Dadurch, dass der Heilige Geist dich mittels des Evangeliums versetzt hat aus dem Reich des Teufels in das Reich Christi (Kol. 1,) hat er dich zugleich gesetzt in die Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott und den anderen an Christus Gläubigen (der Kirche im eigentlichen Sinn).

a) Mit dem Beutel Gottesgemeinschaft ruft dich der Heilige Geist dazu, in der Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott zu bleiben durch regelmäßigen Gebrauch seines Wortes (tägliche Bibellese, Gottesdienst, Beichte, Abendmahl, Bibelstunde) und regelmäßiges sowie akutes Gebet.

Joh. 5,39: Sucht in der Schrift; denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darinnen; und sie ist’s, die von mir zeugt.

Kol. 3,16: Lasst das Wort Christi unter euch reichlich wohnen in aller Weisheit. Lehrt und ermahnt euch selbst mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen lieblichen Liedern und singt dem HERRN in eurem Herzen.

Matth. 7,7-8: Bittet, so wird euch gegeben, sucht, so werdet ihr finden, klopft an, so wird euch aufgetan; denn wer da bittet, der empfängt, und wer da sucht, der fjndet, und wer da anklopft, dem wird aufgetan.

b) Mit dem Glaubensgemeinschaft ruft dich der Heilige Geist dazu, die konkrete, direkte Gemeinschaft der Christen um Wort und Sakrament (Ortsgemeinde) nicht zu vernachlässigen oder zu verlassen, sondern mit ihr zusammen die Gaben Christi zum Glauben und Leben zu gebrauchen und zu verwalten durch Lehre, Gemeinschaft, Brotbrechen und Gebet.

Apg. 2,42: Sie blieben aber beständig in der Apostel Lehre und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.

Kol. 3,16: Lasst das Wort Christi unter euch reichlich wohnen in aller Weisheit. Lehrt und ermahnt euch selbst mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen lieblichen Liedern und singt dem HERRN in eurem Herzen.

Hebr. 10,25: Lasst uns … nicht verlassen unsere Versammlung, wie etliche pflegen.

1. Kor. 1,10: Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, durch den Namen unseres HERRN Jesus Christus, dass ihr allzumal einerlei Rede führt und lasst nicht Spaltungen unter euch sein, sondern haltet fest aneinander in einem Sinn und einerlei Meinung.

Röm. 16,17: Ich ermahne aber euch, liebe Brüder, dass ihr aufseht auf die, die da Zertrennung und Ärgernis anrichten neben der Lehre, die ihr gelernt habt, und wicht von denselben!

4) Das blaue Säckchen: Gottes Gnadenmittel

Das blaue Säckchen enthält einen großen Beutel, der noch drei weitere Beutel enthält:

a) Christi Geist spricht zu dir und wirkt an dir durch sein Wort in Gesetz und Evangelium, um dadurch rechte Sünden-, Verdorbenheits- und Verlorenheitserkenntnis (Gesetz) und rechten lebendigen Glauben an Jesus Christus als den Retter (Evangelium) zu wirken, zu erhalten und zu stärken. Der Glaube kommt aus dem Wort und gründet sich auf das Wort und lebt daher auch aus dem Wort.

Röm. 1,16-17: Ich schäme mich des Evangeliums von Christus nicht, denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben, die Juden vornehmlich und auch die Griechen, da darin offenbart wird die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie denn geschrieben steht: Der Gerechte wird seines Glaubens leben.

Röm. 10,17:  So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Gottes.

Joh. 16,8-11: Und wenn derselbe [der Heilige Geist] kommt, der wird die Welt strafen um die Sünde und um die Gerechtigkeit und um das Gericht: um die Sünde, dass sie nicht glauben an mich; um die Gerechtigkeit aber, dass ich zum Vater gehe und ihr mich hinfort nicht seht; um das Gericht, dass der Fürst dieser Welt gerichtet ist.

Röm. 7,7: Die Sünde erkannte ich nur durch das Gesetz.

1. Petr. 1,23: Die da wiederum geboren sind, nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da ewig bleibt.

Joh. 5,39: Sucht in der Schrift; denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darinnen; und sie ist’s, die von mir zeugt.

Joh. 8,32: So ihr bleiben werdet an meiner Rede, seid ihr meine rechten Jünger und werdet die Wahrheit erkennen; und die Wahrheit wird euch frei machen.

In seiner großen Gnade und Liebe zu uns hat Christus aber in Verbindung mit dem Wort auch noch äußere Zeichen und Handlungen gesetzt, um einem jeden persönlich die Vergebung der Sünden zuzueignen und zu vergewissern:

aa) In der Taufe wirkt er durch das Wasser den Tod des alten Menschen, Abwaschen der Sünden, Auferstehung des neuen Menschen bei allen, die seiner Verheißung und Zusage glauben. So ist auch hier das alles Entscheidende das Wort, das den Glauben wirkt, worauf der Glaube sich gründet und woraus er lebt, denn die Taufe ist nicht nur der einmalige Akt, sondern will täglich durch das Sterben des alten und Aufstehen des neuen Menschen umgesetzt, entfaltet werden.

Matth. 28,18-20: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum geht hin in alle Welt und macht zu Jüngern alle Völker, indem ihr sie tauft im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und sie lehrt halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch bis an der Welt Ende.

Mark. 16,15-16: Geht hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur! Wer da glaubt bis ans Ende und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.

Röm. 6,3-4: Wisst ihr nicht, dass alle, die wir in Jesus Christus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir je mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, auf dass, gleichwie Christus ist auferweckt von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, also sollt auch ihr in einem neuen Leben wandeln.

ab) Im heiligen Abendmahl schenkt Christus uns unter Brot und Wein zum mündlichen Genuss seinen Leib, den er für uns zur Vergebung der Sünden dahingegeben, und sein Blut, das er für uns zur Vergebung der Sünden vergossen hat, um uns so der Vergebung unserer Sünden im Glauben an Christus und sein Rettungswerk gewiss zu machen und zu befestigen. Während alle Teilnehmer Christi Leib und Blut unter Brot und Wein empfangen, so haben den geistlichen Segen nur die, die auch dem Wort, als dem Hauptstück neben dem Essen und Trinken, glauben.

Matth. 26,26-28: Das sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s den Jüngern und sprach: Nehmt, esst; das ist mein Leib. Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinkt alle daraus. Das ist mein Blut des Neuen Testaments, welches vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.

Mark. 14,22-24: Und indem sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s ihnen und sprach: Nehmt, esst; das ist mein Leib. Und er nahm den Kelch und dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus. Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des Neuen Testaments, das für viele vergossen wird.

Luk. 22,19-20: Und er nahm das Brot, dankte du brach’s und gab’s ihnen und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis! Desgleichen auch den Kelch nach dem Abendmahl und sprach: Das ist der Kelch, das neue Testament in meinem Blut, das für euch vergossen wird.

1. Kor. 11,23-25: Ich habe es von dem HERRN empfangen, das ich euch gegeben habe. Denn der HERR Jesus in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach’s und sprach: Nehmt, esst; das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird. Solches tut zu meinem Gedächtnis! Desgleichen auch den Kelch nach dem Abendmahl und sprach: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut. Solches tut, sooft ihr’s trinkt, zu meinem Gedächtnis!

1. Kor. 10,16-17: Der Kelch des Segens, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Denn ein Brot ist’s, so sind wir viele ein Leib, dieweil wir alle eines Brotes teilhaftig sind.

ac) In der Absolution (Lossprechnung von Sünden) schenkt Christus durch sein Wort dem Sünder, dem seine Sünden leid sind und sie ihm bekennt die Vergebung der Sünden durch den Diener am Wort oder den Christen, in dessen Gegenwart du ihm deine Sünden bekannt hast. Durch den Glauben hast du, was Christus dir zusagt.

Matth. 18,15-18: Sündigt aber dein Bruder an dir, so gehe hin und strafe ihn zwischen dir und ihm allein. Hört er dich, so hast du deinen Bruder gewonnen. Hört er dich nicht, so nimm noch einen oder zwei zu dir, auf dass alle Sache bestehe auf zweier oder dreier Zeugen Mund. Hört er die nicht, so sage es der Gemeinde. Hört er die Gemeinde nicht, so halt ihn wie einen Heiden und Zöllner. Wahrlich, ich sage euch: Was ihr auf Erden binden werdet, das soll auch im Himmel gebunden sein; und was ihr auf Erden lösen werdet, das soll auch im Himmel los sein.

Joh. 20,21-23: Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Gleichwie mich der Vater gesandt hat, sende ich euch. Und da er das sagte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denn sind sie behalten.

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