Jahre n. Chr. |
Begebenheit der Kirchengeschichte |
um 30 |
Christi Tod und Auferstehung. Ausgießung des Heiligen Geistes |
50-58 |
Missionsreisen des Apostel Paulus |
um 64 |
Paulus und Petrus sterben in Rom den Märtyrertod |
66-70 |
Jüdischer Krieg, endet mit der Zerstörung
Jerusalems, einschließlich des Tempels |
64-311 90-179 |
Zehn große Christenverfolgungen im Römischen
Reich. (unter anderem: 64 Neronische Verfolgung nach dem Brand Roms;
81-96 Verfolgungen unter Domitian, 98-117 unter Trajan (Martyrium des Ignatius);
202/203 Verfolgungen in Ägypten und Nordafrika; 250/251 Decische Verfolgung,
als erste allgemeine Verfolgung, mit dem Ziel, die Reichseinheit zu festigen;
257/258 Valerianische Verfolgung; 303-313 Diokletianische Verfolgung Märtyrer:
Ignatius, Justin (165), Polykarp (156 oder 166), Irenäus, Origines (254),
Cyprian (258) u. a. Ringen der frühen Kirche mit der „Gnosis“, die
heidnisch-mystische Elemente mit dem Christentum vermischen (u.a.: Valentin;
Marcion) Eine Sondergruppe stellt der Montanismus dar, der
enthusiastisch-ekstatische Elemente mit strengem Moralismus zu verbinden
suchte. Tertullian schloss sich ihnen an. Diese Kämpfe führten aber auch zu einer inneren
Festigung und Konsolidierung der frühen Kirche, insbesondere mit der
Feststellung der neutestamentlichen Kanons (z.B. um 180 Kanon Muratori), um
200 wird auch das Taufbekenntnis als „regula fidei“ bezeugt. Mit dieser inneren Konsolidierung beginnt aber
gleichzeitig auch ein Abweichen von der christlichen Kirche der Apostelzeit:
a) die Rechtfertigung allein aus Gnaden, allein um Christi willen, allein
durch den Glauben tritt immer mehr in den Hintergrund, das christliche Leben,
die christliche Moral wird maßgeblich (siehe Didache); Schriften der
„apostolischen Väter“, dann der „Apologeten“, neben dem Gesetz dringt die
Philosophie in die Kirche ein; b) schon Clemens von Rom behauptet 95, dass
der Episkopat nach göttlichem Recht die Leitung der Abendmahlsfeier habe,
Ignatius von Antiochien 115, dass er eine göttliche Ordnung sei; es entstehen
Bischofs- oder Priestersynoden. 190/191 beansprucht Bischof Viktor I. von Rom
in der Frage des Passahzeitpunktes, dass die ganze Kirche Rom folgen müsste;
217/221 bezieht Bischof Kalixt I. von Rom Matth. 16,18 auf den römischen
Bischof, Beginn des Papstgedankens, wogegen Tertullian und Origenes
polemisieren. Um 250 muss die Kirche mit den Novatianern kämpfen, die behaupteten, nach der Taufe und Wiedergeburt könne es keine Buße mehr geben; nach 311 mit den Donatisten, die behaupteten, das die Gültigkeit und Kraft der Gnadenmittel von denen abhängige, die sie austeilten Umfassender waren die trinitarisch-christologischen
Streitigkeiten, bei denen es letztlich um das Überleben der Kirche als
christlicher Kirche ging: im modalistischen Streit ging es darum, dass in der
Trinität tatsächlich drei Personen, nicht nur Erscheinungsweisen, Gottes
sind; im arianischen Streit (Athanasius verteidigte die biblische Lehre)
darum, dass Jesus Christus von Ewigkeit her wahrer Gott ist, nicht nur Mensch
oder ein von Gott adoptierter Mensch; im nestorianischen Streit ging es um
die Person Christi, nämlich dass seit der Empfängnis Marias sie zwei Naturen
hat, wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich, aber diese beiden Naturen nicht
einfach nebeneinander stehen, auch nicht vermischt werden, sondern in
Gemeinschaft sind und darum Maria nicht nur einen Menschen, sondern auch Gott
geboren hat (Gottesgebärerin) |
311/324 |
Das Christentum wird durch Kaiser
Konstantin zur Staatsreligion erhoben. Der Sonntag wird gesetzlicher
Feiertag. |
325/381 |
Konzil in Nizäa und später in
Konstantinopel, Nizänisches Glaubensbekenntnis, beendet den arianischen
Streit; 431 Konzil zu Ephesus und 451 zu Chalcedon, beenden den
nestorianischen Streit, es bilden sich aber Sonderkirchen. Das nizänische Konzil beschließt die
Gleichstellung der Patriarchen von Alexandrien, Antiochien, Jerusalem und
Rom. |
350-1000 |
Christianisierung der Germanen (u.a. Wulfila † 383,
Bonifatius † 754, Karl der Große † 814); bereits in den römischen Provinzen
Unter- und Obergermanien gibt es germanische Christen; christliche Gefangene,
die auf den Raubzügen der germanischen Stämme (Westgoten) mitgenommen wurden,
brachten das Christentum zu den germanischen Völkern, die durch die
Völkerwanderung mit dem Christentum in Kontakt kamen. Die Ostgermanen (Ost-
und Westgoten vor allem) wurden zunächst Arianer; Wulfila übersetzte die
Bibel ins Westgotische. Die frühen christlichen Goten trennten sich aufgrund
einer Verfolgung 348 vom Hauptstamm und blieben als „Kleingoten“ in der
Gegend des heutigen Sofia und haben von dort aus systematisch die
germanischen Stämme des Donauraums, bis zu den Alemannen, Bayern und
Thüringern missioniert, vor allem aber die Wandalen, Gepiden, Heruler,
Rugier, Langobarden, Burgunder; Bildung von stammesmäßigen Nationalkirchen. Die Franken wurden unter Chlodwig als erster
germanischer Stamm 497 nicht erst arianisch, sondern gleich lateinisch oder
katholisch-christlich und schuf so die Möglichkeit, den germanischen und
romanischen Volksteil in der einen Kirche zu verbinden. Die fränkische Kirche
hat stark staatskirchliches Gepräge, vom germanischen „Eigenkirchenrecht“
herkommend. Die Mission unter den Angelsachsen ging zunächst
von iro-schottischen Mönchen aus, später, seit der Synode von Whitby 664, ist
die Kirche römisch. Ober- und Mitteldeutschland hatte christliche
Gemeinden aus der Römerzeit und durch die Germanenmission der Kleingoten;
vollendet wurde die Arbeit aber durch die iro-schottischen Mönche, die als
Missionare kamen, und die fränkische Reichskirche. Organisiert wurde die
Kirche dann durch den Angelsachsen Wilfried-Bonifatius, als römische
Bischofs- und fränkische Reichskirche seit 741. Die Sachsen wurden durch die Franken missioniert
zur Zeit Karls des Großen, verbunden allerdings mit blutigen Kriegen. Nordeuropa ist von England und Deutschland aus
missioniert worden. |
354-430 440-461 476 492-496 590-604 610/622/630 |
Kirchenvater Augustin, starke Verbindung von
Christentum und Antike; zugleich in Auseinandersetzung mit Pelagius wichtige
Akzente setzend: Gott ist in der Bekehrung der allein Handelnde; allerdings
lehrt er eine eingegossene Gnade und eine doppelte Prädestination oder
Erwählung; die katholische Kirche hat Augustins Lehre abgeschwächt, indem sie
ein Zusammenwirken zwischen Gott und Mensch beim Zustandekommen des Heils
behauptet. Augustin kannte noch kein Papsttum. Leo I, Bischof von Rom: volle Ausprägung der Papstidee
als „Nachfolger Petri“, mit Schlüsselgewalt, höchstem Richteramt über die
Christenheit, oberster Verwaltung der Kirche, höchstem Lehramt; dagegen
erklärt das Konzil von Chalcedon 451, dass die Bischöfe von Rom und
Konstantinopel gleichrangig seien. Ende des Weströmischen Reiches mit der Eroberung
Roms durch den Germanenkönig Odoakar Gelasius I., Bischof von Rom:
„Zwei-Gewalten-Theorie“ mit „Ehrenvorrang“ der geistlichen Gewalt; ca. 500:
Consititutum Silvestri (Fälschung): „Die höchste cathedra darf von niemandem
gerichtet werden.“ Gregor I., Bischof von Rom, zentralisiert den
Kirchenbesitz und gründet damit faktisch den „Kirchenstaat“, der bis 1870
besteht; der römische Bischof sieht sich nach dem Zerbrechen des Römischen
Reiches als Symbol der Einheit; als Gegensatz zu den Germanen wurde das
lateinisch-römische Element betont, was schließlich auch dazu führte, dass
die Volkssprache nicht mehr, wie sonst üblich, im Gottesdienst verwendet
wurde. 756 wird der Kirchenstaat durch Schenkungen des Frankenkönigs Pippin
erweitert und versucht, ihn durch die gefälschte donatio Constantini zu
legalisieren, bis dahin, dass der römische Bischof damit kaiserliche Rechte
im Abendland beanspruchte, noch verstärkt durch eine weitere Fälschung, die
pseudo-isidorischen Dekretalen 847/852, die kirchliche Allgewalt für den
römischen Bischof als Universalepiskopat fordern; diese Entwicklung wurde
durch die mönchische cluniazensische Reformbewegung im 10. und 11.
Jahrhundert entgegen der eigentlichen Absicht vollendet (Gregor VII
1073-1085; Investiturstreit; Ziel: die Welt als Gottesstaat; das Decretum
Gratiani fixiert diese Vorstellungen ca. 1140 kirchenrechtlich, Thomas von
Aquin behauptet dann im 13. Jahrhundert: Es ist heilsnotwendig, dem römischen
Bischof untertan zu sein (eindeutig gegen Apg. 4,12, das Heil allein in
Christus, gerichtet). Mohammed bildet, aufgrund Visionen, den „Islam“
aus, der zwar Elemente des Juden- und den Christentums aufnimmt, aber
zugleich schroff gegen die „Religionen des Buches“ gerichtet ist und ein
eigenes Buch, den Koran, geschaffen hat. Der Islam kennt keine Trennung von
Kirche und Staat und ist keine Religion im eigentlichen Sinne, sondern eine
Weltanschauung mit Gesetzen; Autoritäten neben dem Koran: die Hadithe
(Geschichte des Lebens Mohammeds) und die Tradition; Scharia als Gesetzbuch.
Zunächst Eroberung der arabischen Halbinsel, dann Angriff gegen Byzanz und
Persien und Eroberung des Vorderen Orients, dann Nordafrikas, 711 Übergang
nach Spanien und Vernichtung des Westgotenreiches bis auf Reste in Asturien;
Angriff auf das Frankenreich schließlich abgewendet durch die Schlachten von
Tours und Poitiers durch Karl Martell. Die christlichen Kirchen haben nach
kurzem Aufblühen in den islamischen Staaten einen furchtbaren Niedergang
erlebt; das hängt zusammen u.a. mit der rechtlichen Stellung als Bürger
minderen Rechts, den furchtbaren finanziellen Lasten, denen die Christen ausgesetzt
waren, dem Verbot jeglicher Mission unter Muslimen und der geistlichen
Schwäche der meisten dieser Kirchen. Nur die nestorianische Kirche hat sich länger
gehalten und nach Asien hinein eine gewaltige Missionsarbeit betrieben, bis
nach China und die Mongolei. Vor allem durch die Nestorianer haben die Araber
die antike Kultur überliefert bekommen. |
800-1000 |
Christianisierung der Slawen (Kyrill und Method, 863):
Südlich der Alpen im 7. Jahrhundert von Aquileia aus, Missionierung der
Kroaten und deren Anschluss an Rom; nördlich der Alpen Missionarbeit vom
Frankenreich aus, Richtung heutiges Österreich, Tschechien, Mähren, von
Sachsen aus Richtung Mitteldeutschland. Eine dritte Richtung ging von Byzanz
aus, die im 7. Jahrhundert die Serben christianisierten. Die Missionierung
Russlands ging hauptsächlich von Byzanz aus. Die Mission in Polen und Ungarn
ging vom Deutschen Reich aus, im Baltikum durch Sachsen und den Deutschen
Ritterorden. |
1054 |
Trennung der morgenländischen und
abendländischen Christenheit. Konstantinopel
und Rom werden Sitze der Kirchenfürsten; die beiden Kirchenhälften hatten
sich seit langen, vor allem seit der Teilung des Römischen Reiches 395,
auseinanderentwickelt; Differenzen in der Trinitätslehre, der Christologie,
der Bilderfrage, der Verfassung, der Liturgie; gegenseitige Gebietsansprüche
und ständige Rangstreitigkeiten; der Bruch selbst wurde wegen
Patriarchatsrechten in Unteritalien 1054 verursacht. |
1096-1270 12.-14. Jahrhundert |
Zeit der sieben Kreuzzüge. Das Papsttum auf
der Höhe seiner Macht. Die Kirche gerät immer tiefer in Aberglauben und
Abgötterei, vor allem in die antichristliche Lehre und Praxis, sich selbst
durch „gute Werke“ zu erlösen (z. B. Bilderanbetung, Marienkult, Mönchtum,
Wallfahrten, Rosenkranzbeten); 11. Jahrhundert: Investiturstreit, Ringen
zwischen Kaisertum und Papsttum um die Macht in Staat und Kirche: 1059
Papstwahldekret legt Wahl durch Kardinalskollegium fest; 1074 Verbot der
Priesterehe (gemäß 1. Tim. 4 ein eindeutig antichristlicher Akt); Gregor VII.
behauptet, Lehensherr des Kaisers zu sein. Innozenz III, 1198-1216, will
Schiedsrichter über die deutsche Krone sein; 1213 völlige Freiheit der
römischen Kirche von der deutschen Krone; 1215: vierte Lateransynode:
Transsubstantiation dogmatisiert, Zwang zur Osterbeichte (alles gegen die
Bibel gerichtet). Der Machtwahn der Päpste richtete sich besonders gegen die
staufischen Kaiser und führte schließlich zum Komplott gegeen diese mit Hilfe
des Hauses Anjou und der Ermordung des letzten Stauferkönigs Konradin 1268. Die Kreuzzugsbewegung hat zum
politisch-historischen Hintergrund die gewaltsame islamische Expansion seit
dem 7. Jahrhundert, die sich gegen das Byzantinische Reich und auch das
gesamte Abendland richtete; Alexios III. von Byzanz erbat Militärhilfe des
Abendlandes gegen die Moslems. Gregor VII. und Urban II verbanden damit die
völlig unbiblische Idee eines „heiligen Krieges“ gegen die Heiden (im
Gegensatz zum Islam, für den Gewalt bei der Ausbreitung vom Koran her geboten
ist, lehnt die Bibel jegliche Gewalt in der Mission ab und kennt auch keinen
„heiligen Krieg“). Zeitweilige Eroberung Jerusalems (1099-1187) und
Errichtung lateinischer Fürstentümer im Orient (Jerusalem, Edessa, Tripolis);
die Kämpfe sind von furchtbaren Greueln der römisch-katholisch verhetzten
Soldaten gegen Juden und Moslems begleitet. Der sogenannte 4. Kreuzzug war
nichts weiter als ein von Innozenz III. und den Venezianern gesteuerter
imperialistischer Raubkrieg gegen das Byzantinische Reich, der 1204 zur
Eroberung Konstantinopels durch die Lateiner führte, begleitet von
entsetzlichen Plünderungen und Grausamkeiten und der langfristigen Folge,
dass die Vormacht und das Bollwerk gegen den Islam auf Dauer entscheidend
geschwächt war. Theologisch immer stärkeres Eindringen krasser
unbiblischer Elemente durch Zölibat, Beichtzwang; Transsubstantiation,
Leugnung der abgrundtiefen Verdorbenheit der menschlichen Natur durch die
Erbsünde, die Natur werde durch die Gnade nur vollendet; Mitwirkung des
Menschen bei seiner Erlösung, unterstützt durch die Gnade (Aquin); seit dem
12. Jahrhundert Kelchentzug für die Gemeinde; götzendienerisches
Rosenkranzgebet kommt auf (an Maria), 1264 Fronleichnamsfest, verbunden mit
den römischen Irrlehren über das Abendmahl (Verwandlung, Messopfer).; außerdem
trat neben die Bibel als Autorität die Tradition, wobei Abälard (+ 1142)
nachwies, dass sie sich widerspricht; seit dem Frühmittelalter nimmt die der
Bibel stracks widersprechende Heiligenverehrung zu, verbunden mit der ebenso
unbiblischen Reliquienverehrung. Mit dem immer stärker vor sich gehenden
Abfall der römischen Kirche von der Bibel geht auch ein immer gwalttätigeres
Vorgehen gegen Sekten und reformatorische Bewegungen einher, wobei die Kirche
sich als Oberherrin der Staaten ansah und von diesen verlangte, dass diese
die blutige Arbeit für sie verrichteten, seit 1231 (Gregor IX.) entwickelte
sich die päpstliche Inquisition mit dem Ziel des Feuertodes für
„Unbußfertige“ und „Rückfällige“; Ankläger und Richter waren dabei ein und
dieselbe Person, das Verfahren geheim, Beweisverfahren seit 1252 die Folter.
(Der berüchtigte Inquisitor Konrad von Marburg wurde 1233 von der Bevölkerung
erschlagen, ohne dass man gegen die Täter wagte vorzugehen.) Gegen die weltliche Machtanmaßung des Papsttums
(Bonifaz VIII.) erhebt sich der französische König Philipp, gestützt auf eine
geeinte Nation, und setzt das Papsttum schließlich 1309-1377 in Avignon
gefangen. In Deutschland und Italien wird der Papstmacht entgegengetreten a)
durch den Kurverein zu Rhense 1338, dass die Kurfürsten ohne Mitwirkung des
Papstes den deutschen König wählen können; b) durch König Ludwig, den Bayern,
dass die kaiserliche Gewalt direkt von Gott herrühre, ohne päpstliche
Zwischenstation; c) Marsilius von Padua (Defensor pacis) bekennt die Kirche
als geistliche Größe und verwirft die weltliche Macht der Priester und
Bischöfe; fordert Volkssouveränität, Naturrecht, lehnt den Primat des Papstes
ab; fördert den Konzilsgedanken, also die Vorrangstellung der Konzile über
dem Papst; seine Gedanken von Staat und Kirche allerdings würden die Kirche
dem Staat unterwerfen. 1378 kommt es zu einem Papstschisma, nämlich einen
in Avignon, einen in Rom; Stärkung des Konzilsidee, führt zum Konstanzer
Konzil 1414-1418, vom Kaiser berufen, nach Nationen gegliedert; 1431-1449
Baseler Reformkonzil, aber ohne durchgreifende Ergebnisse; die
Konzilsbewegung scheiterte letztlich, 1516 beschloss das 5. Laterankonzil,
die Berufung an ein Konzil als Instanz über dem Papst mit dem Bann zu
belegen. Gegen die Veräußerlichung des Glaubens und den
Abfall von der Bibel wandte sich 1176 der Lyoner Kaufmannssohn Petrus
Waldus (+ 1218), der all sein Vermögen verkaufte und den Armen gab und
arm und predigend durch das Land zog, was aber die Kirche ihm und seinen
Anhängern verbot; worauf er sich auf seinen Gehorsam gegen die Bibel berief
und erklärte, dass die Kirche nur apostolische Vollmacht beanspruchen dürfe,
wenn sie auch apostolisch lebe und sich allein an die Bibel halte. Rom hat
Waldus verdammt; seine Anhänger wurden verfolgt, Teile siedelten später im
Badischen und Württembergischen, andere in den Savoyer Alpen und dem Piemont,
wo sie sich bis heute erhalten haben, und schlossen sich der Reformation an,
wurden später calvinistisch. In England erhob sich John Wiclif (+ 1384) gegen
die Vormacht der römischen Kirche und des Papstes und kämpfte für die
apostolische Armut der Kirche, gegen die Siebenzahl der Sakramente, gegen die
Transsubstantiation, gegen die Tradition, für die alleinige Autorität der
Bibel, die jeder lesen sollte und die er daher ins Englische übersetzte; er
kämpfte für die Unabhängigkeit der Obrigkeit vom Papsttum und bezeichnete die
römische Kirche als antichristlich. Seine Anhänger, die „Lollarden“ (zu
Deutsch: „Unkrautsäer“) wurden seit 1401 blutig verfolgt. |
1291 |
Palästina wird von den Türken erobert, 1453
fällt Konstantinopel an die Türken, damit Ende des Byzantinischen
Reiches, die Türken herrschen in Kleinasien und auf dem Balkan |
1414-1418 15. Jahrhundert 1492 |
Konzil in Konstanz. Jan Hus wird 1415
verbrannt. Jan Hus hatte die Gedanken von John Wiclif aufgegriffen und
weiterentwickelt und in Böhmen und Mähren großen Einfluss gewonnen. Seine
Ermordung löste die Hussitenkriege 1419-1436 aus. Eine gemäßigte Gruppe, die
Böhmischen Brüder, seit 1467 Böhmisch-Mährische Brüderunität, konnten sich
halten, hatten später Kontakt zu Luther, dann zu Calvin und wurden zur
Urzelle der Herrnhuter Brüder-Unität. In Florenz wandte sich der Mönchprediger Hieronymus
Savonarola gegen die Verweltlichung der Kirche und die Prunksucht der
Menschen; nach anfänglichen Erfolgen wurde er 1498 auf Befehl des Papstes
verbrannt (dessen Ausspruch: „Er muss brennen, und wenn er Johannes der
Täufer wäre.“) Geistesgeschichtlich brechen in dieser Zeit mit Humanismus
und der damit verbundenen Renaissance Kräfte hervor, die eine
„Autonomie“ vom Reich Gottes beanspruchen, die nicht mehr das ganze Leben von
biblisch-kirchlichen Ordnungen bestimmt wissen wollen (hier tritt eindeutig
die Ursünde, 1. Mose 3, mit Macht hervor) und die letztlich den „Menschen zum
Maß aller Dinge“ machen, den menschlichen Willen, die menschliche Vernunft
über die Bibel, über die göttlichen Ordnungen setzen; sie beziehen ihre Ideen
vielfach aus der Antike. An die Stelle einer theozentrischen oder noch besser
christozentrischen Welt- und Lebenssicht tritt eine anthropozentrische, also
mit dem Menschen im Zentrum. Das Christentum, die Bibel, wurden in ihrer
Bedeutung und Autorität relativiert, sind nur noch eine Provinz neben anderen
im Reich der Kultur. Hier liegt der geistige Ursprung all des Unheils, das
durch die Reformation noch einmal aufgehalten wurde, dann aber mit der
Aufklärung, dem Rationalismus und deren Folgen, nämlich dem völligen Abfall
des Abendlandes von Gott, dem geistig-moralischen Nihilismus, der spätestens
seit dem 18. Jahrhundert immer mehr beherrschend geworden ist (Französische
Revolution, vor allem dann die Russische Revolution und die damit verbundenen
Umstürze am Ende des 1. Weltkrieges als endgültige Zerstörung der letzten
Dämme). Darüber täuschen auch nicht Erscheinungen wie ein ‚liberales
humanistisches Bildungschristentum’ hinweg, wie er zumeist die „Kirchen“
heute bestimmt, aber von lebendigem biblischen Christentum weit entfernt ist,
letztlich nur noch Morallehre. Zugleich bereitet Gott aber durch all die Irrungen
und Wirrungen hindurch seine Kirchenreformation vor: Humanismus und
Renaissance müssen durch die Wiederentdeckung der alten Sprachen (Hebräisch
und Griechisch) und so der Wiedergewinnung der Bibel in den Grundsprachen (griechisches
NT 1516 durch Erasmus von Rotterdam) ihm dienen; ca. 1445 erfindet Johann
Gutenberg die Buchdruckkunst und schafft so die Grundlage, dass die
Ideen der Reformation schnell in alle Länder hinaus können; die Menschen
sehnten sich nach Reformen der völlig verkommenen Kirche und ächzten unter
der Qual der römischen Gesetzesreligion. Erneute Entdeckung Amerikas (erstmalig um 1000
durch die Wikinger) durch Christoph Kolumbus – damit und mit der überhaupt
damals immer weiter ausgreifendene Seefahrt ist auch die Voraussetzung
geschaffen, dass das Evangelium, das nun bald wieder in seiner Klarheit
entdeckt und auf den Leuchter gestellt werden sollten, in alle Welt hinaus
läuft. |
1483 |
(10. November) Martin Luther in Eisleben
geboren |
1505 |
(17. Juli) Luthers Eintritt in das Kloster der
Augustiner-Eremiten in Erfurt. Voraufgegangen waren eine schwere, ofte harte
Kindheit; dann der Beginn eines sehr vielversprechenden Jurastudiums, vor
allem aber Erlebnisse über die Vergänglichkeit, die Nähe des Todes, die Angst
vor Gott, die schließlich, als auf dem Weg in der Nähe von Stotternheim
Luther von einem Gewitter überrascht wird und ein Blitz dicht neben ihm in
den Boden fährt, er unter Angst und Schrecken gelobt, ein Mönch zu werden.
Luther trat in den strengsten Orden in Erfurt, die Augustiner-Eremiten ein –
denn er wollte wirklich alles tun, um der Not seiner Seele aufzuhelfen
und Gottes Gnade zu verdienen: er fror, er fastete, er wachte, er betete, er
bettelte. Aber er bekam keinen Frieden. Vielmehr stand ihm seine
Sündenverdorbenheit immer deutlicher vor Augen, und die Frage ließ ihm keine
Ruhe: Wie kriege ich einen gnädigen Gott? In seiner Not und Angst
meint er sogar, von Gott von Ewigkeit her verdammt zu sein; selbst Jesu Kreuz
war ihm nur noch Anklage. Einzig sein Generalvikar Johann von Staupitz konnte
ihm ein wenig Trost spenden, indem er ihn darauf hinwies, dass Christi Wunden
nicht anklagen, sondern erlösen und die Buße mit der Liebe zu Gott anfangen
müsse – aber wo sollte die Liebe herkommen? |
1512 |
Luther wird Doktor der Theologie in Wittenberg und
muss sich als solcher intensiv mit der Bibel, dem Wort Gottes, beschäftigen.
Dabei trifft er immer wieder auf den Begriff der Gerechtigkeit Gottes, die
ihm als eine ungeheure Forderung erscheint – bis ihm über Röm. 1,17
aufleuchtet, dass Gottes Gerechtigkeit nicht etwas ist, was er von uns
fordert, sondern vielmehr etwas, was er uns durch Christi Verdienst, in
Christus, aus Gnaden, schenkt, frei, umsonst, nur im Glauben zu empfangen –
damit hatte er das Evangelium ergriffen und den Kern, das Zentrum der Schrift
wieder entdeckt, das weit über tausend Jahre verschüttet war. (Wann dies
stattfand, lässt sich nicht mehr genau datieren; etliche, wie Hugo Preuß,
setzen es in das Jahr 1513, andere, wie Martin Brecht, später, um 1516/1517.)
Der Glaube, das erkannte er damit auch, ist nicht das bloße Fürwahrhalten
kirchlicher Lehraussagen, sondern das herzliche Ergreifen der in Christus
angebotenen und in Wort und Sakrament dargereichten Vergebung der Sünden; und
diese Glaube, weil er von der Erlösung herkommt, tut dann auch gute Werke,
von Herzen. |
1517 |
(31. Oktober) Anfang der Reformation.
Luther schlägt 95 Thesen über Buße und Ablass an die Tür der Schlosskirche in
Wittenberg. Der Anlass für diesen Thesenanschlag war der Ablasshandel, wie er
damals vor allem durch den Dominikanermönch Johann Tetzel betrieben wurde
(„Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer in den Himmel
springt.“), wodurch die Menschen meinten, sie könnten sich und auch schon
verstorbene Angehörige von zeitlichen Fegfeuerstrafen freikaufen und
bräuchten nicht mehr Buße zu tun. Der Ablass selbst hatte seinen Hintergrund
in der päpstlichen Geldgier, der mit dem Geld den Petersdom in Rom bauen
wollte, und in der Ämterhäufung und dem Ämterkauf Albrechts von Hohenzollern,
der Erzbischof von Magdeburg und Bischof von Halberstadt war und nun auch
noch Erzbischof und Kurfürst von Mainz wurde. Die Thesen, in Latein geschrieben, wurden ohne
Luthers Zutun übersetzt und in Kürze in ganz Deutschland, ja Europa, gedruckt
verbreitet und lösten eine ungeheure Volksbewegung aus, in der sich die ganze
Not und Bedrückung von Jahrhunderten unter der Knechtschaft des Gesetzes
entlud. Rom hatte darauf keine andere Antwort als die, zu
versuchen, Luther zum Schweigen zu bringen, zum Widerruf. Luther seinerseits
setzt sich, wie auf der Disputation in Heidelberg 1518, immer energischer mit
der scholastischen Theologie auseinander, gründet seine Theologie ganz auf
die Bibel allein und verwirft die Herrschaft der Philosophie. Die Disputation
(Streitgespräch) mit Dr. Eck in Leipzig 1519 führt insbesondere in der Lehre
von der Kirche weiter: die Kirche ist eigentlich nicht die organisierte
äußere Kirche, sondern die geistliche Gemeinschaft der Gläubigen, „die
Schäflein, die ihres Hirten Stimme hören“, deren Haupt Christus allein ist,
jeder Gläubige aber ist Priester, gottunmittelbar. Erkennbar ist das
Vorhandensein der Kirche an Wort und Sakrament als den Kennzeichen der
Kirche. Die Autorität der Tradition, der Kirchenväter, der Philosophie, des
Papstes wird bestritten – und auch die der Konzile, die auch irren können.
Autorität in der Kirche hat allein die Heilige Schrift. In Vorbereitung auf
diese Disputation hatte Luther nach intensiver Arbeit erkannt, dass das
Papsttum der Antichrist ist, von dem die Bibel spricht. Im Jahr 1520 ruft Luther in dem Sendschreiben „An
den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes
Besserung“ die Obrigkeit als das vornehmste Glied der Kirche, die vornehmsten
Priester, dazu auf, die Kirche zu reformieren. In „Von der Freiheit eines
Christenmenschen“ kommt die christliche Ethik aus der Gnade hervor, nämlich
dass wir durch den Glauben als Christen ein freier Mensch sind, niemand
untertan, zugleich aber, um Christi willen, im Glauben, jedermann ein Knecht
sind, ihm im Glauben und der Liebe zu dienen. In „Von der babylonischen
Gefangenschaft der Kirche“ setzt Luther sich mit der römischen Irrlehren von
den Sakramente auseinander und lässt nur noch Taufe und Abendmahl gelten, die
kräftig sind um Christi Ordnung und Einsetzung willen und allein im Glauben
recht und geistliche Frucht bringend empfangen werden. Die Antwort Roms ist die Bannandrohungsbulle, die
Luther zusammen mit den Büchern des kanonischen Rechts am 10. Dezember 1520
vor dem Elstertor in Wittenberg öffentlich verbrennt; der Bann, der dann
Anfang 1521 kommt, berührt ihn schon nicht mehr. Faktisch ist der Bruch
zwischen Rom und der erneuerten Christenheit nun da. |
1521 |
(17. und 18. April) Reichstag in Worms. Luther
beruft sich auf sein an die Schrift Gottes gebundenes Gewissen und verweigert
den Widerruf („Hier stehe ich, ich kann nicht anders; Gott helfe mir.
Amen.“). Der Kaiser Karl V. lässt die Reichsacht über Luther verhängen. |
1521/1522 1522/1523 1523 |
Luther auf der Wartburg, wohin ihn sein Kurfürst
Friedrich der Weise entführt hat, um ihn in Sicherheit zu bringen.
Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche („Septembertestament“), damit
die Christen Gottes Wort selbst lesen und ihren Glauben auf das Wort allein
gründen können Während Luthers Wartburgzeit kommt es zu ersten
schwarmgeistigen Unruhen, veranlasst durch den Professor Karlstadt in
Wittenberg und den Zwickauer Augustiner Zwilling, die mit Gewalt die Kirche
reformieren und neue Gesetze einführen, letztlich die kirchliche Ordnung und
Ämter umstoßen wollen und sich nicht auf die Schrift allein, sondern auf
„Offenbarungen“, „Eingebungen“ berufen (Zwang zur Priesterehe; Bildersturm;
Verbot des Mönchstums). In den Invocavitpredigten stellt der nach Wittenberg
zurückgekehrte Luther die Ordnung 1522 wieder her. Karlstadt ging in seiner
unbiblischen Schwarmgeisterei weiter, griff schließlich auch das Abendmahl
an, behauptete, Gott Beginn der Reformation in der Schweiz durch Huldreich
Zwingli, veranlasst durch eine Auseinandersetzung über das Fasten.
Zwingli ist humanistisch geprägt, Erasmus-Schüler, daher mit
rationalistischem Grundzug; hat entscheidende Anregungen auch von Luther
erhalten. Vermischung der beiden Reiche: „gottlose“ Obrigkeit könne abgesetzt
werden; gesetzlicher Puritanismus: gegen Bilder, Orgeln, Altarschmuck Erste lutherische Märtyrer: Johann Esch und
Heinrich Voes in Brüssel verbrannt |
1525 1526 1527 |
Die Lage der Bauern in der damaligen Zeit war sehr
unterschiedlich; rein wirtschaftlich standen sie sich vielfach nicht
schlecht, aber rechtlich waren sie faktisch rechtlos, den „Herren“
ausgeliefert, insbesondere seit der Einführung des römischen Rechts, und
litten unter enormen Steuerdruck. Die Botschaft der Reformation wurde von
ihnen begeistert aufgenommen, aber vielfach missverstanden, Gottes Reich und
Weltreich vermischt. Sie stellten ihre Forderungen in den „Zwölf Artikeln“
auf, die insgesamt gemäßigt waren. Luther riet in seiner „Ermahnung zum
Frieden auf die zwölf Artikel“ zur Verständigung und verwarf die Vermengung
der beiden Reiche. Keine Seite hörte auf ihn; der Bauernaufstand brach los
und wütete mit entsetzlicher Brutalität; zum Teil auch durch den Schwarmgeist
Thomas Müntzer geschürt. Auf diese furchtbare Anarchie antwortete Luther mit
„Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern“, um aber in einer
dritten Schrift zur Milde gegen die zu mahnen, die überwunden waren. Aber die
Fürsten wüteten ebenso entsetzlich wie die Bauern. In dieser Lage heiratet Luther Katharina von Bora
und hilft dadurch auch mit, das evangelische Pfarrhaus zu begründen. 1524/25 Bruch mit dem Humanismus (Erasmus
von Rotterdam) über die Frage des freien Willens in geistlichen Dingen, den
Erasmus behauptete, Luther („Vom unfreien Willen“) nach der Bibel verwarf Albrecht von Hohenzollern in Ostpreußen, letzter
Hochmeister des Deutschen Ritterordens, baut das Land in ein weltliches,
evangelisches Herzogtum um. Konrad Grebel trennt sich von Zwingli und beginnt
mit der Wiedertäuferei; die Taufe wird nicht mehr als Gnadenmittel anerkannt,
sondern als „Bekenntnisakt“ an menschliche Voraussetzungen gebunden; das
Wesen der Kirche liegt nicht im Glauben, der verborgen ist, sondern in den
Menschen, sie streben daher die „Kirche der Reinen“ an. Die frühe
Täuferbewegung war sehr stark in politisch-soziale Unruhen und Umsturzpläne
verwickelt (Bauernkrieg, Münster 1535); Teile der damaligen Wiedertäufer
leugneten auch die Trinität (Täuferkongress in Straßburg) und Christi
Gottheit (Täuferkongress in Venedig 1550). Nach der Katastrophe von Münster
sammelte Menno Simons die friedlichen Reste zu einer gesetzlichen Vereinigung
(Mennoniten). „Deutsche Messe“: Vorlage für eine
deutschsprachige evangelische Liturgie; deutsche Choräle, erste
deutschsprachige evangelische Liederbücher entstehen Von Honius und Oekolampad angeregt schreibt
Zwingli gegen die biblische Lehre von der Realpräsenz Christi im Abendmahl,
worauf Luther antwortet. Es geht dabei sowohl um die Abendmahlslehre wie auch
um die Christologie Laurents Petri erster evangelisch-lutherischer
Bischof von Uppsala, Schweden wird evangelisch, dann auch Finnland (Mikael
Agricola) |
1529 |
Luther verfasst den Großen und den Kleinen
Katechismus, entstanden aus den Katechismuspredigten, zur geistlichen
Unterweisung der Familien und für die Pastoren als Anhaltspunkt; eine Antwort
auf die verheerenden geistlichen Zustände in der Kirche Auf dem 2. Reichstag zu Speyer protestieren die
evangelischen Fürsten gegen
willkürliches Aufheben der Freigabe des Glaubens, die der 1. Speyrer
Reichtstag 1527 beschlossen hatte („Protestanten“). Religionsgespräch in Marburg: Philipp von Hessen
versucht, Luther und Zwingli zusammen zu bringen; es wird tatsächlich nur
über das Abendmahl gesprochen, aber keine Einigung erreicht; die anderen
Punkte wurden nicht verhandelt, nur Sätze aufgestellt, von denen Zwingli sich
aber bald darauf auch wieder lossagt. Zwingli fällt, für ihn typisch, 1531 in
der Schlacht bei Kappel in Ausführung seiner phantastischen weltpolitischen
Pläne, die er mit der Reichgottesarbeit vermengte. |
1530 1531/34 |
(25. Juni) Übergabe der Augsburgischen
Konfession, dem Grundbekenntnis des biblisch-reformatorischen Luthertums,
auf dem Reichstag in Augsburg Heinrich VIII. von England löst sich, um seine Ehe
scheiden zu können, von Rom, behält aber die römische Lehre. |
1534 1534/1540 1536 1536/59 |
Luther und seine Mitarbeiter vollenden die
Übersetzung der Bibel ins Deutsche. Ignaz von Loyola, geprägt durch römische Mystik
und Marienverehrung, gründet den Jesuitenorden, den er vor allem durch
die personenzerstörenden Exerzitien leitet, durch die die Seelen formbar,
willenlos werden, und stellt ihn dem Papst zur Verfügung. Gehorsam wird
gefordert bis zur völligen Aufgabe des eigenen Empfindens und Willens
(Kadavergehorsam). Wirkte durch Einschleichen in die Fürstenhöfe und Aufbau
römisch-jesuitischer Gymnasien, um so die künftigen Führer in die Hand zu
bekommen. Christian II. führt die Reformation in Dänemark
durch, Norwegen und Island folgen. Calvin verfasst seine „Institutio“, beginnt damit
im Exil in Basel. Kam vom Humanismus her, erlebte dann eine Bekehrung. |
1537 1541 |
Luther verfasst die Schmalkaldischen Artikel Calvin wird nach Genf zurückgerufen;
gesetzlich-totalitärer Staatsaufbau, Kirchenordnung als Staatsgesetz, Kirche
regiert faktisch den Staat, Staat ahndet selbst Versäumnis des
Kirchenbesuchs; viel Todesurteile; Folter; große politische Pläne;
tiefgreifende Unterschiede zum biblisch-reformatorischen Luthertum:
Schriftverständnis (C. hat Erwählung und Ehre Gottes im Zentrum, nicht
Christus und das Evangelium; Christologie (C. scheidet die beiden Naturen
sehr stark); Sakramentslehre (C. leugnet die Wirksamkeit der Sakramente, gibt
ihnen nur symbolische Bedeutung), besonders in der Abendmahlslehre;
Kirchenlehre (C. sehr gesetzlich, unter Einsatz des Staates); Erwählungslehre
(C. behauptet Erwählung zum Heil und zur Verdammnis). Calvinismus ist von
Ehre Gottes, Furcht vor Gott, dem Gesetz bestimmt; Luthertum von der Liebe
Gottes, dem Evangelium, der Freiheit. C. Prädestinationslehre, die die
Heilsgewissheit untergräbt und den Menschen weg vom Wort wieder an das
Gefühl, Eingebung und die Werke verweist, führt zu einer agressiven
Rastlosigkeit. Die Bibel wird im Calvinismus praktisch zum Gesetz |
1546 1552 |
(18. Februar) Martin Luther in Eisleben gestorben.
Schmalkaldischer Krieg, Abfall Herzog Moritz’ von Sachsen-Meißen. Augsburger
und Leipziger Interim: Versuch, die evangelisch-lutherische Kirche zu
rekatholisieren, Melanchthon in das Interim verwickelt; viele evangelisch-lutherische
Pfarrer vertrieben. „42 Artikel“: Bildung der Anglikanischen Kirche
in England mit calvinistisch gefärbter Lehre und katholisch gefärbtem
Gottesdienst; 1563 „39 Artikel“ (Elisabeth I. von England). |
1555 1559 1560 1545-63 |
Augsburger Religionsfriede: Immerwährende
Religionsfreiheit für die lutherische Kirche Confessio gallicana der Hugenotten in Frankreich,
die sich aber bald in politische Händel verstricken, darauf 1562-1598 acht
blutige Hugenottenkriege, 1572 die sogenannte „Bluthochzeit“ Heinrichs von
Navarra mit Margarete von Valois, Ermordung zahlreicher Hugenotten (etwa
20.000); 1598: Edikt von Nantes: Heinrich IV. gewährt den Hugenotten
Toleranz Sieg des Calvinismus in Schottland (JohnKnox) nach
Bürgerkrieg mit Bildersturm. Konzil zu Trient: radikal
antiprotestantisch: Tradition gleichwertig neben Schrift; Rechtfertigung sei
Gerechtmachung nicht Freispruch, Mensch arbeite daran mit; Stärkung der Macht
des Papstes. |
1577 1579 |
Konkordienformel (Jakob Andreä, Martin
Chemnitz, Nikolaus Selnecker), beendet die Lehrkämpfe, die nach Luthers Tod
ausgebrochen waren. „Vereinigte Niederlande“ in Utrecht gebildet,
Unabhängigkeitskampf gegen die blutige spanisch-katholische Herrschaft
(Wilhelm von Nassau-Oranien) Seit 1573: Jesuitenorden in Deutschland aktiv
gegen die Reformation: Bayern, Österreich, Würzburg, ‚Donauwörth (1607) |
1580 1587 1613 |
Konkordienbuch der lutherischen Kirche, enthält
die drei altkirchlichen Bekenntnisse (Apostolisches, Nizänisches,
Athanasianisches Bekenntnis) und die sechs lutherischen (Augsburgisches
Bekenntnis, Apologie, Schmalkaldische Artikel, Kleiner und Großer
Katechismus, Konkordienformel).
Beginn der goldenen Zeit des bibel- und bekenntnistreuen Luthertums (lutherische
Orthodoxie) mit Blüte der Theologie (Ägidius und Nikolaus Hunnius,
Polycarp Leyser, Johann Gerhard, Abraham Calov, Johann Quenstedt, David
Hollaz), der Erbauungsliteratur (Valerius Herberger, Heinrich Müller,
Christian Scriver), des Kirchenliedes (Johann Heermann, Cornelius Becker,
Georg Weissel, Nikolaus Selnecker, Johann Mühlmann, Ludwig Helmbold, Philipp
Nicolai, Bartholomäus Ringwaldt, Martin Behm, Valerius Herberger, Paul
Fleming, Martin Rinckart, Paul Gerhardt, Michael Schirmer, Johann Matthäus
Meyfarth, Johann Rist, Kaspar Neumann, Johann Franck, Georg Neumark), der
Kirchenmusik (Heinrich Schütz, Johann Sebastian Bach). Mit König Sigismund Wasa beginnt in Polen die
gewaltsame Rekatholisierung mit Hilfe der Jesuiten (1724: Thorner Blutbad
durch die Jesuiten). Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg wird,
vor allem aus politischen Gründen, Calivinist, muss aber auf den Druck der
Landstände dem Volk das Luthertum lassen; seither hohenzollernsche
Unionsversuche; auch in andere bis dahin lutherische Länder dringt der
Calvinismus ein (Kurpfalz 1560, Nassau, Bremen, Anhalt 1595 mit gewaltsamem
Druck auf das Volk, Lippe-Detmold) |
1618 1648 1685 |
Nach Angriffen gegen evangelische Kirchen in
Braunau/Böhmen und Klostergrab kommt es zum Prager Fenstersturz und zur Wahl
des Pfälzer Kurfürsten Friedrich V. zum König von Böhmen – Auslöser zum 30jährigen
Krieg, der Deutschland völlig zerstörte, ihm 2/3 seiner Bevölkerung
kostete, es außenpolitisch ausschaltete und zu einem Spielball fremder Mächte
(Schweden, Frankreich) machte. Als Religionskrieg begonnen, wobei auch Gustav
II. Adolf zunächst noch als Verteidiger der Glaubensfreiheit auftrat, artete
er nach dessen Tod 1632 zu einem reinen Raub- und Machtkrieg aus. Die Folgen
waren furchtbare Verrohung der Sitten. Der Westfälische Friede beendet den 30jährigen
Krieg. Der Augsburger Religionsfriede wird bestätigt und auf die reformierte
Kirche ausgedehnt. Am Religionsstand hat dieser Krieg nichts geändert. Der
Grund für dieses Verhängnis liegt wohl, (siehe Hugo Preuß, Kirchengeschichte)
daran, dass das deutsche Volk mit seinen Fürsten nicht gänzlich die
Reformation angenommen hat; die Folge – schaurige Verwüstung, ein Vorspiel
der kommenden Verwüstung aufgrund der heutigen Gottlosigkeit. Während dieser Zeit (1640-43) Bürgerkrieg in
England, Ermordung des Königs; 1643-47 Westminster Synode: presbyterianisches
Westminster Bekenntnis. Aufhebung des Ediktes von Nantes durch Ludwig XIV,
nachdem Richelieu es bereits 1629 eingeschränkt hatte; Beginn einer
furchtbaren Verfolgung der Hugenotten in Frankreich („Dragonaden“),
die durch Flüchtlinge in Lausanne unter Antoine Court ein Exilseminar
errichten und Prediger ausbilden, die im Geheimen Gottesdienste halten und
die Sakramente austeilen („Kirche der Wüste“); viele Hugenotten werden als
Galeerenknechte versklavt oder eingesperrt (Marie Durant, Blanche Gamond) Zugleich seit 1640-1713 jansenistischer Streit
in der römischen Kirche Frankreichs; Bischof Cornelius Jansen von Ypern
versuchte, Augustinus’ Sünden- und Gnadenlehre zu erneuern; unter den
Anhängern Blaise Pascal („Lettres provinciales“). Das jansenistische Zentrum
Port Royal durch Ludwig XIV. zerstört; 1713 Verdammung zum Teil rein
augustinischer Sätze durch Papst Klemens XI; darauf Gründung der
altkatholischen Kirche von Utrecht. Frankreich hat damit alle eindringlichen
Rufe Gottes zur Umkehr blutig zurückgewiesen – nun wird Gott im Zorn mit ihm
sprechen (Französische Revolution). |
Ende 17./Anfang 18. Jahrhundert |
Pietismus: Philipp Jakob Spener (1682: Pia
desideria), August Hermann Francke. Formal auf dem Boden der lutherischen
Orthodoxie, tatsächlich aber ein anderer Geist: Verschiebung des
Schwerpunktes vom Objektiven (Gnadenmittel) auf das Subjektive (Bekehrung,
Werke, Gefühle, Reue, Bußkampf), von Gott (Wirken durch die Gnadenmittel,
Rechtfertigung) auf das Ich (persönliche Bekehrung, Heiligung), vom Amt auf
das allgemeine Priestertum; die Kraft der Gnadenmittel wird in Frage gestellt
und von dem Spendenden und dem Empfangenden abhängig gemacht; Ablehnung der
Privatbeichte; Neigung zu einer bedingten Rechtfertigung, die die Gnade
abhängig macht von vorausgehenden Leistungen des Sünders (Reue, Buße, Umkehr)
und von seinen folgenden Werke (rechtfertigender Glaube als Glaube, der in
der Liebe tätig ist); gute Werke als zum Heil notwendig hingestellt;
Mitarbeit an der Bewahrung. Seine Abneigung gegen die Dogmatik wie auch gegen
intensive theologische Arbeit überhaupt hat tatsächlich dem Rationalismus den
Boden bereitet, ebenso die Ausrichtung der Theologie am Ich und seinen
Erfahrungen. Der Pietismus hat aus eigenem Interesse das Bild der Orthodoxie
völlig verzeichnet. Gesetzliche Tendenzen in den Mitteldingen; Offenheit für
Schwärmer und Abneigung gegen die kofessionelle Bindung aufgrund der
„gleichen Erfahrungen“, Wegbereitung für die Union als Zusammenschluss von
Kirchen unterschiedlicher, einander entgegengesetzter Bekenntnisse. Starke
Neigung zur Selbstbeobachtung, orakelartiger Umgang mit der Bibel Pietismus fördert aber auch persönliche
Frömmigkeit, Diakonie (Franckesche Stiftungen in Halle), Schulen (Pädagogium
in Halle) und Mission (Dänisch-Hallesche Mission in Tanquebar
(Tamilenland)/Indien; Institutum Judaicum zur Förderung der Judenmission;
Canstein’sche Bibelanstalt zur Verbreitung der Bibel). Hebung der
Sittlichkeit, zum Teil Ausgleich der Standesunterschiede. Valentin Ernst Löscher ringt geistlich mit dem
Pietismus („Vollständiger Timotheus Verinus“) und bemüht sich um eine
bekenntnistreue Reform der Kirche. Pietistische Sonderrichtung: Herrnhuter
Brüdergemeine, durch Nikolaus Graf von Zinzendorf (1700-1760) 1722 gegründet,
sehr gefühlsorientiert, schwärmerisch und z.T. geschmacklos in der Art und
Weise, exaltierte Jesusliebe in der Art des Rokoko („romantischer Zweig des
Luthertums“, Georg Wehring); Schulgründungen (Niesky), eifrige
Missionstätigkeit weltweit. Kirchlicher Pietismus in Württemberg,
biblisch-theologisch ausgerichtet (Johann Albrecht Bengel), aber später
verstärkt theosophische Einflüsse (Friedrich Oetinger, Johann Michael Hahn)
und Tendenzen zur Allversöhnung. Liederdichter: Philipp Friedrich Hiller. Etwa gleichzeitig bricht die „Aufklärung“
durch, Ideen des Humanismus und der Renaissance aufnehmend und weiterführend:
Überhebung des menschlichen Ich (Der Mensch das Maß aller Dinge), der Ursünde
des Menschen überhaupt; damit verbunden: Überhebung der menschlichen Vernunft
(Rationalismus), insbesondere über Gott, seine Offenbarung, sein Wort; daraus
folgt: Loslösung eines Lebensbereiches nach dem anderen aus der Bindung an
die Bibel, aus der Autorität Gottes und seiner Ordnungen; Wegbereitung zu
einer im wahrsten Sinne des Wortes gott-losen Gesellschaft. In der Theologie
hat dies zur Folge: Gottes Wort wird der menschlichen Vernunft und ihrer
Kritik unterworfen; Gottes Wirken, wenn es überhaupt noch akzeptiert wird, an
die Gesetze der Analogie und Wiederholung gekettet; die Welt faktisch zu
einem geschlossenen System gemacht, in das Gott nur noch punktuell, wenn
überhaupt, einwirke; der Mensch werde autonom, „mündig“. An die Stelle der
Christozentrizität des Christentums tritt die Anthropozentrizität, der Mensch
im Mittelpunkt. Vertreter: René Descartes, Baruch Spinoza, Gottfried Wilhelm
Leibniz, Thomasius, Wolff, Gotthold Ephraim Lessing, Voltaire, Jean Jacques
Rousseau, Denis Diderot, Immanuel Kant. Im Staatsrecht heißt dies: Loslösung
des Naturrechts von Gott und seiner Schöpfung und Offenbarung (Hugo Grotius),
Staat nicht Gottes Ordnung, sondern wurzele im Willen des Menschen; säkulare
Bestimmung des Staatszweckes („Staatsraison“), Ausschaltung der Kirche aus
dem Reich Gottes zur Linken (Tendenz zur Staatskirche, im Pietismus stark
vorhanden) als Folge der Trenung von Staat und Kirche (aber auch mit Tendenz,
dass der Staat die Kirche sich zu unterwerfen sucht, gerade im
Staatskirchensystem des 18. und 19. Jahrhunderts wie in den totalitären Systemen
vorhanden); Staat nicht mehr bloß Rechtsstaat (Luther), sondern „Kulturstaat“
(Pufendorf), der alle geistigen, kulturellen Bereiche an sich zieht (Tendenz
zum totalitären Staat). Folge: ein von göttlichen Normen völlig losgelöstes
Staats- und Gesellschaftssystem, faktisch Herrschaft des Nihilismus
(seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts europaweit eine Tatsache). Mit der Aufklärung und dem sie vorbereitenden
englischen Deismus (Gott nur als Schöpfer der Welt und Gestalter des
Alls anerkannt, Mensch Gestalter der Welt; keine Regierung und Erhaltung der
Welt durch Gott) hängt die Gründung der modernen Freimaurerei
zusammen, einer religiös-humanistischen, antichristlichen, mystischen
Geheimlehre mit politisch-sozialen Bestrebungen; unterwandert zunehmend die
Gesellschaften und sucht, das politische System antimonarchisch umzugestalten
(fast alle führenden Leute um George Washington, ihn eingeschlossen, waren
Freimaurer). |
1706 ab Mitte des 18. Jhd 1734 ff. 1738 ab 1789 1792 ff. 1807 ff. 1813-1815 |
Erste lutherische Missionare in Tranquebar/Ostindien:
Bartholomäus Ziegenbalg und Heinrich Plütschau. Lutherische Gemeinden in
Nordamerika (New York, Hudsonbai) durch Schweden und Niederländer, später
auch Salzburger (Georgia) und Pfälzer (Josua Kochertal), erste Synodenbildung
(Justus Falckner), später durch Heinrich Melchior Mühlenberg ausgedehnt (2.
Hälfte 18. Jahrhundert), aber mit unionistischen Tendenzen; durch den
Rationalismus dann völlig irregeleitet (spätere „Generalsynode“). Die „Aufklärung“ dringt immer mehr in die Kirche
ein, die zwar hier und da sich ihr noch energisch entgegensetzt (Valentin
Ernst Löscher, Johann Goeze), aber insgesamt kaum noch ein theologisches
Fundament hat; vor allem die Autorität der Bibel wird durch die Bibelkritik,
Angriff auf die Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift sowie
durch das innerweltliche Weltbild untergraben (Semler, Reimarus, Bahrdt,
Paulus). Vom biblisch-reformatorischen Christentum bleibt im Rationalismus
nichts übrig; er hat nur eine „natürliche Religion“ mit „Gott, Tugend,
Unsterblichkeit“. Die Auswirkung, die von der Aufklärung sowohl für
die Kirche in ihrem eigensten Bereich als auch für die Geistesgeschichte
insgesamt ausgeht, kann nur als zutiefst verheerend, katastrophal bezeichnet
werden; sie prägt, bedingt auch durch den Kolonialismus und die
Globalisierung nach dem 2. Weltkrieg, heute mehr und mehr fasst die ganze
Welt (ausgenommen wohl den islamischen Bereich): Nihilismus ist die
eigentliche Grundlinie, nämlich ein Geistes- und Lebenshaltung ohne Bindung
an den lebendigen Gott, seine Gebote und Ordnungen, dadurch allmähliche
Infragestellung und Untergrabung aller bestehenden Ordnungen und Autoritäten,
was sich insbesondere in der Französischen Revolution (1789 ff.) als erster
Auswirkung, dann in den Revolutionen des 19. Jahrhunderts, dem Aufkommen der
Ideologien (Liberalismus, Nationalismus, Sozialismus, Kommunismus,
Faschismus, Nationalsozialismus) und ihrer totalitären Tendenzen, schließlich
der Russischen Revolution 1917 mit ihren weitreichenden Folgewirkungen zeigt,
bis hin zur „Frankfurter Schule“ und der „68er Bewegung“. In diese Zeit des Niedergangs und der völligen
Auflösung setzt Gott in der angelsächsischen Welt seine Akzente: 1734 „Great
Awakening“ in Nordamerika, streng calvinistisch bestimmt (Jonathan
Edwards). Bekehrung John Wesleys; ab 1739: Methodistische
Bewegung, zunächst innerhalb der anglikanischen Staatskirche;
Evangelisationen in Großbritannien und Nordamerika (John und Charles Wesley,
George Whitefield); viele schwarmgeistige und gesetzliche Elemente im
Methodismus: Erzwingen der Bekehrung durch Bußkämpfe und Gebetsversammlungen
in Wachnächten, Forderung zum Angeben der Bekehrungsstunde, starke
Gefühlsausbrüche, Tendenz zum Perfektionismus (Gabe der Vollkommenheit als
„zweiter Segen“, „voller Heiland“; das führt weiter zur Heiligungs- und dann
zur Pfingstbewegung), erfahrungsbestimmt, asketisch- gesetzliche Heiligung,
Tendenz zum Moralismus. Methodismus durch Wesley arminianisch ausgerichtet
(leugnet die völlige Verdorbenheit durch die Erbsünde, behauptet einen
(zumindest begrenzt vorhandenen) freien Willen in geistlichen Dingen, was zur
Lehre von „Entscheidung“ im Blick auf die Bekehrung führt, damit zur
psychologischen Bearbeitung des Willens; das hat vom Methodismus her die
gesamte neuere amerikanische Evangelisationsbewegung bestimmt (Charles
Finney, Dwight D. Moody, Billy Graham, Church Growth Movement, Bill Hybels,
Rick Warren) und ebenso den Neupietismus und Evangelikalismus in den anderen
Ländern. Über die Frage von freiem Willen und Prädestination Trennung
zwischen Wesley und Whitefield, der in Amerika wirkt und einen
calvinistischen Methodismus vertritt, der aber nur in kleineren Kreisen
besteht (im 20. Jahrhundert z.B. Martin Lloyd Jones in Großbritannien). Im
Methodismus tritt vor die theologische Besinnung die Aktion, der
Dienstgedanke, der Optimismus in missionarischer und sozialer Aktion,
besonders auch die Vermischung beider („social gospel“): der Mensch könne es
noch weiter bringen. Er bringt aber im Sozialen auch Großes hervor, etwa die
Beendigung des Sklavenhandels 1807 durch Wilberforce. Französische Revolution, getragen von den
Gedanken der „Aufklärung“ in „gemäßigter“ (Girondisten) und totalitärer Form
(Jakobiner: Robespierre, Danton, St. Just, Fouché): Ermordung König Ludwig
XVI, seiner Frau Marie Antoinette und des Kronprinzen („Ludwig XVII.“) und
tausender anderer in der Zeit der Jakobinerherrschaft (Terreur = Schrecken),
dem ersten neuzeitlichen totalitären System, das durch keinerlei Bindungen an
Gott mehr beschränkt war; insbesondere Verfolgung der Christen, Versuch, die
christliche Kirche der Staatsideologie hörig zu machen oder sie zu vernichten
(Notre Dame in Paris als „Tempel der Vernunft“ mit einer „Göttin der Vernunft“);
Einführung einer neuen Zeitrechnung und eines neuen Kalenders mit neuen Namen
für die Monate und Versuch, die Sieben-Tage-Woche durch eine Zehn-Tage-Woche
zu ersetzen. Die Revolution mündet schließlich in die Diktatur Napoléon
Buonapartes, erst als Konsul, dann als „Kaiser“ Fast parallel mit diesen Ereignissen beginnt Gott
die Zeit der großen Erweckungen in Europa, angefangen in Norwegen mit Hans
Nielsen Hauge; in Deutschland wurde 1780 die Deutsche
Christentumsgesellschaft gegründet (Samuel Urlsperger), in der sich
christusgläubige Gegner der Aufklärung sammelten; in der römisch-katholischen
Kirche Bayerns kommt es zu geistlichen Aufbrüchen um Johann Michael Sailer,
später zu Erweckungen im Allgäu (Feneberg) und aus dem Sailerkreis in
Dillingen, München (Martin Boos, Johannes Evangelista Goßner, Ignaz Lindl,
Christoph von Schmid), die nach den Befreiungskriegen und dem Aufkommen des
Ultramontanismus (Ausrichtung der römischen Kirche auf den Papst) unterdrückt
und verfolgt werden; Heinrich Jung-Stilling wirkt erwecklich in Baden;
Juliane von Krüdener, recht schwarmgeistig, tritt insbesondere mit Alexander
I. von Russland in Verbindung, was das zeitweilige Wirken Goßners in St.
Petersburg und eine erste dortige Erweckung, Bildung einer ersten Russischen
Bibelgesellschaft und die Missionarbeit Felicitan von Zarembas in Armenien
ermöglichte; in Berlin wirkte an der böhmisch-lutherischen Gemeinde Pastor
Jänicke erwecklich und mit Blick auf die Außenmission, später kommt dort dazu
Baron von Kottwitz und als Nachfolger Jänickes Goßner, der dann die Berliner
Missionsgesellschaft gründet (1824); in Bremen wird seit 1801 Gottfried
Menken erwecklich. Gründung der großen englischen
Missionsgesellschaften. Stein-Hardenberg’sche Reformen in Preußen bringen u.a. die grundsätzliche Gleichberechtigung der Juden. Wiener Kongress: Versuch einer Wiederherstellung
der alten Ordnung auf christlicher Grundlage („Heilige Allianz“ der drei
Ostmonarchien Österreich, Preußen, Russland), scheitert aber daran, dass die
staatliche Repression zu groß ist, dass die Erweckungen nicht zu breit und zu
tief wirken, um noch einmal das ganze Volk zu erfassen, weil die
wirtschaftlich-soziale Entwicklung (Industrialisierung, Kapitalismus) in
Verbindung mit den liberalistischen Wirtschaftsgesetzen, das soziale Gefüge
zerstört (Bildung eines Proletariats), ohne dass lange Zeit tiefgreifend
dagegen gearbeitet wurde. Im Gefolge des Wiener Kongresses kommt es zu einer
Wiedererrichtung des päpstlichen „Kirchenstaates“ und dem Abschluss
zahlreicher Konkordate. Aufkommen des „Ultramontanismus“, einer Richtung, die
alle Macht des Papst zuspricht und im 1. Vatikanischen Konzil 1870 zur
Vollendung kam. 1848 kommt es zum ersten Deutschen Katholikentag und zur
Bildung des „Zentrum“ als einer katholischen Fraktion in der Frankfurter
Paulskirchenversammlung. Seit 1850 wird ein umfangreiches katholisches
Vereinswesen aufgebaut, das sich faktisch zu einer Subkultur, einem Staat im
Staat entwickelt. 1854 wird die Irrlehre der „unbefleckten Empfängnis Marias“
zur Kirchenlehre erhoben. Die Zeit der Revolution, Revolutionskriege wurde
allgemein als Reden Gottes empfunden, der durch diese harte Rede den Boden
für die Erweckung bereitete; Erneuerung des Vertrauens auf den lebendigen
Gott (Königin Luise, Scharnhorst, Stein, Clausewitz, Arndt), was aber erst
noch zum echten Christusglauben führen musste; aus Dank für die Verschonung
der Stadt wird 1815 unter Mitwirkung der Deutschen Christentumsgesellschaft
(Carl Friedrich Spittler) die Basler Mission gegründet. |
1817/1830 |
Einführung der Union in Preußen durch König
Friedrich Wilhelm III. (ebenso in Nassau, Baden, Anhalt, Pfalz). Die
lutherische Kirche hört dort auf, selbständig als Landeskirche zu bestehen.
Sie sollte mit der reformierten die neue evangelische Kirche bilden. Konfessioneller lutherischer Aufbruch wird eingeleitet durch
Claus Harms in Schleswig-Holstein (95 Thesen). |
1830-1840 1827-1849 1838 |
Durchführung der Union in Preußen. Bildung
selbständiger evangelisch-lutherischer Gemeinden (Altlutheraner), zuerst in
Breslau (Prof. J. G. Scheibel). Verfolgung der Lutheraner durch den
preußischen Staat um ihres Glaubens willen (z. B. Pastor E. Kellner).
Scheibel hat als erster erkannt, dass Mission Kirchensache ist und daher auch
konfessionell sein muss („Lutherische Kirche treibt lutherische Mission und
baut lutherische Kirche“). Friedrich Wilhelm III., persönlich fromm, ist
völlig geprägt vom Staatsbegriff der Aufklärung, die dem Staat alles gibt;
die Kirche wird als „Erziehungsanstalt für den Staat“ angesehen und ihm
völlig unterworfen. Dadurch wird sie ihrer eigentlichen Aufgabe und
allmählich auch dem Volk, dem sie Gottes Wort bringen soll, entfremdet und
konfessionell ausgehöhlt. Die Erweckungsbewegung bricht sich in
vielen Gebieten Europas Bahn: Ludwig Hofacker (Württemberg), Aloys Henhöfer
(Baden), Moritz Görcke und Gustav Knak (Pommern), Johann Hinrich Volkening
und Theodor Schmalenbach (Minden-Ravensberg), Friedrich Brunn (Nassau),
August Vilmar (Kurhessen), Wilhelm Löhe (Bayern), Martin Stephan, Andreas
Rudelbach, Friedrich Delitzsch (Sachsen), Tilman Siebel (Siegerland),
Heinrich Kohlbrügge, Friedr. Wilh. Krummacher (Rheinland), Ludwig Feldner
(Elberfeld, Ev. Gesellschaft), Rautenberg, Amalie Sieveking, Johann Hinrich
Wichern (Hamburg), Friedrich Theodor Horning (Elsaß), August Vinet (Genf),
August Hahn (Estland), Paavo Ruotsalainen und Frederik Hedberg (Finnland),
Henric Schartau, Carl Olof Rosenius (Schweden), Gisle Johnson (Norwegen),
Thomas Chalmers (Schottland), Ludwig Harms (Lüneburger Heide), Remmer Janßen
(Ostfriesland), Emil Wacker (Nordschleswig), Vilhelm Beck (Dänemark),
Johannes Bonekemper (Südrussland). Mit der Erweckungsbewegung geht eine tiefgreifende
Erneuerung des kirchlichen Lebens einher: Missionsbewegung (Basler Mission,
Rheinische Mission, Norddeutsche Mission, Ev.-Luth. Mission zu Leipzig,
Neuendettelsauer Ev.-Luth. Mission, Hermannsburger Ev.-Luth. Mission,
Berliner Mission, Ev. Vaterlandsstiftung (Schweden); Innere Mission (Johann
Hinrich Wichern und das Rauhe Haus, Stadtmissionen, Gefängnismissionen,
Mission unter Eisenbahnarbeitern, Büchermission); Diakonie (Theodor Fliedner
und der Beginn der Diakonissenhäuser (Kaiserswerth 1836; Bethel 1867, seit
1872 von Friedrich von Bodelschwingh geleitet; Neuendettelsau, durch Wilhelm
Löhe gegründet. Von ihm der Diakonissenspruch: „Was will ich? Dienen
will ich. Wem will ich dienen? Dem Herrn in seinen Elenden und Armen. Und was
ist mein Lohn? Ich diene weder um Lohn noch Dank, sondern aus Dank und Liebe;
mein Lohn ist, dass ich dienen darf. Und wenn ich dabei umkomme? Komme ich
um, so komme ich um, sprach Esther, die doch Ihn nicht kannte, dem zu Liebe
ich umkäme und der mich nicht umkommen lässt.“); Kirchenlied (Philipp Spitta,
Gustav Knak, Friedrich Weyermüller, Jonathan Bahnmaier, C. Barth, Albert
Knapp). Karl Gützlaff wirkt als Missionar unter
Chinesen, zunächst in der Diaspora, dann in China selbst, und betreibt
die Bildung eines „Chinesischen Vereins“ als Missions-gesellschaft, zumeist
Reisepredigt, es war aber auch an systematische Erschließung der Provinzen
gedacht; nach Gützlaffs Tod 1850 wird die Arbeit bis 1860 von Neumann und
dann von Hanspach fortgeführt. Gützlaff bzw. der Berliner Verein gaben
Impulse für die Chinamission der Baseler, Barmer und Berliner Mission. Der englische
Verein, der Gützlaff unterstützt hatte, ging eigene Wege und sandte 1853-56
15 Missionare aus, unter ihnen Hudson Taylor, der das Erbe Gützlaffs
antrat und dessen Ideen der Chinamission verwirklichte und 1853-1905 in China
wirkte und die China-Inland-Mission als Glaubensmission aufbaute. Trotz der Erweckung sind die Rationalisten
vielfach noch in der Kirchenleitung und verfolgen die Gläubigen; dies führt
teilweise zur Auswanderung der Christen in die USA und Australien: Bildung
der Ev.-Luth. Missouri-Synode (1848, Carl Ferdinand Wilhelm Walther,
Friedr. Konr. Dietr. Wyneken), später auch der Ev.-Luth. Wisconsin-Synode
(Johann Bading, Adolf Hönecke); Ev.-Luth. Synode von Australien. Auch durch
die sozial bedingte Auswanderung kommt es zu vielfältiger Kirchenbildung in
Übersee (Norwegische Synode in den USA, lutherische Kirchen in Brasilien).
Diese freien lutherischen Kirchen bauen ein umfassendes freies
Gemeindeschulwesen auf. |
1845 |
Generalkonzession für die Lutheraner in Preußen:
Sie dürfen in Preußen eine gesonderte Kirchengemeinschaft bilden. König Friedrich Wilhelm IV. (1840-1861), selbst
von der Erweckung geprägt, ist der letzte Fürst, der wirklich umfassend
Politik auf christlicher Grundlage und in Verantwortung vor Gott üben will;
denkt übernational, lehnt das Nationalitätenprinzip ab und tritt ein für die
ethische Grundlage des Staates (Friedrich Julius Stahl: Staat als sittliches
Reich); der ihm verbundene Konservativismus lehnt daher den
Machtstaatsgedanken, wie er sich unter Bismarck immer schroffer ausbildtete,
ab, war konsequent antirevolutionär, gegen das Prinzip des Nationalstaates
und den Absolutismus, trat für den gegliederten Rechtsstaat auch christlicher
Grundlage ein; das Eigentum wurde als Amt von Gott betrachtet, das mit
Pflichten behaftet ist (Ernst Ludwig von Gerlach). |
1846 1860 |
Bildung selbständiger evangelisch-lutherischer
Gemeinden in Nassau (Pastor F. Brunn), die sich später der Ev.-Luth.
Freikirche anschließen. In den 1850er Jahren kommt es zur Spaltung der
Altlutherischen Kirche, nachdem Huschke gegen Schrift und Bekenntnis das
Kirchenregiment der staatlichen Obrigkeit an die Seite stellt und als
göttliche Ordnung behauptet. Die „Immanuelsynode“ (Dietrich) trennt sich,
lehrt allerdings auch falsch von der Kirchengewalt, die sie der Gemeinschaft
der Gläubigen nimmt und direkt dem Predigtamt gibt; später fällt sie auch ab
von der Lehre von der Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift,
weshalb sich Brunn von ihnen getrennt hält. Theologisch ist das 19. Jahrhundert einerseits von
einem Rückgang des Rationalismus in der ersten Hälfte gekennzeichnet und dem
Aufkommen einer von der Erweckung geprägten Theologie (Tholuck), dann der an
den Bekenntnissen orientierten (Hengstenberg, Evangelische Kirchenzeitung).
In Erlangen tritt eine neulutherische Richtung auf, die ihre Theologie auf
das „fromme Ich“ gründet und somit die objektiven Grundlagen der Theologie,
Gottes irrtumsloses Wort, und der Heilsgewissheit, das Evangelium in Wort und
Sakrament, auflöst. Gleichzeitig erhebt sich der Rationalismus in neuer Form
als Liberalismus, als „Leben-Jesu-Forschung“ und betreibt die „historisch-kritische
Methode“, vor allem zunächst im Blick auf das Alte Testament
(„Pentateuchkritik“, „Jesajakritik“, Wellhausen). Der Versuch, die lutherischen Kirchen durch die
Leipziger Mission und die Allgemeine Evangelisch-Lutherische Konferenz
zusammen zu führen, scheitert aufgrund des Staatskirchenwesens und das damit
verbundene Umsichgreifen der staatlich aufgezwungenen Union, besonders nach
der Besetzung Hannovers, Kurhessens, Nassaus und Frankfurts durch Preußen
1866, was andererseits aber auch zur Bildung lutherischer Freikirchen in
Darmstadt (Selbst. Ev.-Luth. Kirche, liberal), Kurhessen (Hessische Renitenz
um die Brüder Vilmar) und Hannover (Theodor Harms, Hannoversche Freikirche
(vilmarianische Tendenzen), Hermannsburg-Hamburger Freikirche (liberal),
Hermannsburger Freikirche (Wöhling, bibel- und bekenntnistreu) führt. Die
1852 gebildete „Eisenacher Kirchenkonferenz“ als gemeinsame Beratung aller
evangelischer Staatskirchenleitungen ist das Trojanische Pferd der Union, die
so schritt für Schritt deutschlandweit durchgesetzt werden sollte (mit dem
„Kirchenbund“ als nächstem Schritt, dann, 1948, der „Evangelischen Kirche in
Deutschland“ EKiD). Geistesgeschichtlich wirkten aber Rationalismus
und Aufklärung stark nach; die Erweckung wurde zwar in vielen Gegenden zu
einer wichtigen Bewegung, aber nicht zu einer wirklichen Volksbewegung wie
einst die Reformation; bedingt durch die hemmungslose Industrialisierung mit
Verproletarisierung breiter Schichten kam es zu einer Entfremdung großer
Teile des Volkes von der Kirche, nachdem durch die Aufklärung bereits Teile
des Bildungsbürgertums von der Kirche abgefallen waren. Die soziale Verelendung
begünstigte das Aufkommen sozialistischer und kommunistischer Ideologien
(1847: Kommunistisches Manifest von Karl Marx), was immer mehr, neben dem
bürgerlichen Liberalismus, der in seinem Grundansatz auch antichristlich war
(und ist), Staat und Volk geistlich aushöhlten, so dass die noch christlich
gesonnene monarchische Obrigkeit (mit zum Teil starken von der Erweckung
erfassten Teilen des Adels in Brandenburg, Pommern, Schlesien) nur noch mit
Mühe die christliche Grundordnung aufrecht erhalten konnte. Tatsächlich ist
die Masse auch des Bürgertums, bei aller äußerlichen Kirchenzugehörigkeit und
scheinbaren christlichen Moral, nihilistisch geprägt, das heißt, kennt keine
absoluten Normen, weil sie den nicht kennt, der sie setzt, den lebendigen
Gott. Beginn der „stundistischen Bewegung“ in der
Ukraine, einer Erweckung unter den ursprünglich ukrainisch-orthodoxen Bauern,
ausgelöst durch ihre Kontakte zur „Stunde“ in den deutschen Gemeinden
Südrusslands, insbesondere in Rohrbach; die russ.-orth. Kirche stellt sich
gegen die Erweckung, die Gläubigen treten aus und bilden eigene Gemeinden,
die unter dem Einfluss von Baptisten und Mennoniten dann baptistisch wurden
(Evangeliumschristen-Baptisten); die Bewegung wird sehr bald verfolgt, seit
1884 massiv (Pobjedonoszew) bis 1905; seit 1874 auch Erweckung in St.
Petersburg (Fürstin Lieven, Oberst Paschkow; Bund der Evangeliumschristen);
1899 Gründung der Russischen Christlichen Studentenvereinigung (RCSV, Paul
Nicolay). |
1870 1870 |
Erstes Vatikanisches Konzil der römisch-katholischen
Kirche: Es erklärt den Papst für unfehlbar in allen Fragen des Glaubens;
Papst auch über jeglicher Gerichtsbarkeit, sei universaler Bischof. Gegen
diese Richtung hatten sich schon zuvor Kreise um Ignaz Döllinger gewandt, die
sich von der römisch-katholischen Kirche trennten und die „Altkatholische
Kirche“ bildeten, die aber theologisch eher liberal ist. Im Schatten des
Deutsch-Französischen Krieges besetzt 1870 Italien Rom und beendet damit
vorläufig den Kirchenstaat (1929 durch die „Lateranverträge“ als
„Vatikanstaat“ in verkleinerter Form wieder errichtet). In Folge des 1. Vatikanischen Konzils kommt es
1871 zur Bildung der katholischen Zentrumspartei (Ludwig Windthorst) und zum
Beginn des bismarckschen Kirchenkampfes („Kulturkampf“, Virchow), der
vor allem von den Liberalen angefacht wird und sich nur vordergründig gegen
römische Einflüsse richtet, tatsächlich aber die christlichen Kirchen
allgemein und die christliche Grundordnung des Staates treffen soll (auch
wenn Letzteres nicht subjektiv von Bismarck gewollt war); es kommt zeitweise
zur massenhaften Inhaftierung röm.-kath. Priester, ebenso auch zur
gewalttätigen Übergriffen der Polizei gegen die Hessische Renitenz; 1880
werden fast alle staatlichen Maßnahmen rückgängig gemacht, ausgenommen die
1875 eingeführte Zivilehe und die Verstaatlichung des Schulwesens. Rom ging
gestärkt aus diesem Kampf hervor und baute unter Leo XIII. seine Macht immer
mehr aus (katholische Vereine; Versuch, kath. Krankenschwestern zu zwingen,
Andersgläubigen beim Sterben ihren Seelsorger zu versagen, Gründung neuer
Bistümer, Aufgreifen der sozialen Frage). Gründung des „Evangelisch-Lutherischen
Centralvereins für Mission unter Israel“ als Zusammenschluss schon
bestehender Judenmissionsvereine der verschiedenen Länder (Franz Delitzsch),
der die Missionsarbeit u.a. in Südrussland (P. Faltin) unterstützt; 1880
Gründung des „Institutum Judaicum“ als Ausbildungsstätte für Judenmissionare.
In der letzten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es zu größeren Aufbrüchen zu
Jesus, dem Messias, vor allem unter den Juden Osteuropas (Rudolf Gurland).
Bevor es mit dem Holocaust sehr dunkel wurde, gab der Herr vielen das helle
Licht des Evangeliums. |
1871 |
Bildung selbständiger evangelisch-lutherischer
Gemeinden in Sachsen (Pastor F. Ruhland, Pastor O. Willkomm). Die Evangelisch-Lutherische
Freikirche entsteht (1876). Die Entstehung hatte zum Hintergrund vor
allem die unionistische Abendmahlspraxis. Die ELFK stand in enger Verbindung
mit der Ev.-Luth. Missouri-Synode und bekennt bis heute unverrückt die
Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift. |
1878 1881/82 1885 |
Bildung selbständiger evangelisch-lutherischer Gemeinden in Niedersachsen (Hermannsburg, Pastor Th. Harms) Das Bismarckreich, vorgestaltet schon in der
Bismarckschen Politik in Preußen in den 1860er Jahren, ist geprägt von der
„Realpolitik“ oder „Interessenspolitik“, die als reine Machtpolitik betrieben
wird und nicht mehr nach Recht und göttlicher Ordnung fragt, wie die Annektionen
von 1866 zeigten, was letztlich endgültig zum Niedergang Preußens führten
sollte (nachdem er schon durch die rigorose Unionspolitik eingeleitet worden
war). Christlich-Konservative sahen in dieser Politik Revolution,
Rechtsbruch, Bruch der zehn Gebote Gottes und Befleckung des Gewissens. Christlich-soziale bzw. evangelisch-soziale Bewegung
(Johann Hinrich Wichern, Victor Aimé Huber, Adolf Stöcker, Hermann Wagener)
als Versuch, eine politisch-geistige Erneuerung zu versuchen und die von der
antichristlichen sozialistischen Ideologie verblendeten Massen
zurückzugewinnen scheitert im Großen, da einerseits die soziale Verantwortung
bei vielen reinen Klasseninteressen gewichen war, andererseits die
Unterstützung durch die Obrigkeiten versagt blieb und eine wirkliche
tiefgreifende Erneuerung nur durch eine tiefgehende Erweckung breiter
Volksschichten hätte erreicht werden können. Ansätze dazu in Berlin (Berliner
Stadtmission) und der durch Wichern ins Leben gerufenen Inneren Mission (1833
Rauhes Haus in Hamburg; Stadtmissionen, Gefangenenfürsorge,
Jungmännervereine, Herbergen zur Heimat). Hauptproblem: die Staatsbindung der
Kirchen und Schulen. Friedrich Wilhelm Dörpfeld und der Evangelische
Lehrerverband dringen nicht durch mit dem Ziel: „Freie Schule im freien
Staat“ und der Erneuerung der konfessionellen Schule. Seit 1875 ff. trat der Neupietismus,
geprägt von England her, immer deutlicher in Erscheinung, zunächst in Form
der Heiligungsbewegung (Pearsall Smith) mit den Irrlehren der zweiten und
dritten Segnung, der völligen Überwindung der Sünde, Verachtung der
Gnadenmittel. Die schon bestehenden Kreise (Stunden) schließen sich mit den
neueren in der „Gemeinschaftsbewegung“ (Gnadauer Gemeinschaftsverband)
zusammen (Jasper von Oertzen, Theodor Christlieb, Theodor Jellinghaus, Graf
Pückler), die „in der Kirche, aber nicht unter der Kirche“ arbeiten wollten;
während die Kreise um die Blankenburger Konferenz (Rubanowitsch) ganz stark
antikirchlich waren. Insgesamt stark subjektivistische Frömmigkeit, von
„Entscheidung“, Erfahrung, Werken bestimmt, zum Teil gesetzlich. Teils in
Kontakt mit diesen Kreisen, teils auch unabhängig von ihnen entstanden, schon
seit der Mitte des Jahrhunderts, verschiedene Freikirchen reformierten Typs:
Baptisten (Johann Oncken), Freie Evangelische Gemeinde (Heinrich Grafe),
Christliche Versammlungen (John Nelson Darby, Georg Müller, Carl Brockhaus),
Methodisten. Zumeist in Verbindung mit der
Gemeinschaftsbewegung aber kam es auch zu einer Reihe sozial-missionarischer
Einrichtungen: Blaues Kreuz (von Knobelsdorff), Christlicher Verein Junger
Männer (unionistisch; von Rothkirch), Jugendbund für entschiedenes
Christentum (EC); Deutsche Christliche Studentenvereinigung (DCSV, in der
auch viele Theologen mitarbeiteten: Karl Heim, Carl Stange, Hanns Lilje, Paul
Humburg) mit vielversprechender Arbeit unter den Studenten bis 1933. Beginn der jüdischen Einwanderung nach
Israel/Palästina, hauptsächlich aus Osteuropa (in Jerusalem selbst gab es
jüdische Viertel auch vorher), nachdem es 1881 zu entsetzlichen Progromen in
Russland, vor allem der Ukraine, gekommen war. Parole in den USA: „Evangelisierung der Welt noch
in dieser Generation“ |
1892 1895 1904/06 1905 1908 1909 1910 1913 1914/1918 1915/1917 1917-1989 1921 1926-1938 ab 1931 1933/39-45 1945 |
Gründung der Bleckmarer Mission. Seit 1952:
Mission der lutherischen Freikirchen (heute: Lutherische Kirchenmission). Der Dreyfuss-Prozess löst in Frankreich eine Welle
des Antisemitismus aus, entzündet in Theodor Herzl aber die Idee des Zionismus,
1896 erscheint sein Buch „Der Judenstaat“, 29.08.1897 erster
Zionistenkongress in Basel. Beginn der Pfingstbewegung in den USA
(Azusa Street, Los Angeles) und Deutschland (Kassel, Jonathan Paul), die
behauptet, die Kirche müsse wieder die außerordentlichen Gaben der
Apostelzeit haben und könnte sie auch bekommen; außerdem Behauptung einer
Vollkommenheit, besonderen Geistausgießung; sehr stark gefühls- und
erfahrungsorientiert. Christus und die Rechtfertigungslehre stehen nicht mehr
im Mittelpunkt. Vorbereitet durch die „Heiligungsbewegung“. Spaltung der
Gemeinschaftsbewegung (Christlicher Gemeinschaftsverband Mülheim); eindeutige
Abgrenzung des Gnadauer Verbandes gegen die Pfingstbewegung in der Berliner
Erklärung 1912 (Ende des 20. Jhd. wird sie in den meisten
Gemeinschaftskreisen außer Kraft gesetzt; Pietismus und
Pfingst-/charismatische Bewegung vermischen sich). Rigorose Trennung von Kirche und Staat in
Frankreich; Frankreich versteht sich seither als dezidiert antichristlicher Staat
(siehe auch seine Haltung in der europäischen Verfassungsfrage). Beginn des Social Gospel in den USA: Kirche
habe vor allem einen sozialen und moralischen Auftrag. In Europa entspricht
dem der „religiöse Sozialismus“. In den USA bildet sich um die Zeitung „The
Fundamentals“ eine gegen die Bibelkritik gerichtete Bewegung aus, der Fundamentalismus,
der an der Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift, dem
Sechstagewerk der Schöpfung, der Jungfrauengeburt Jesu Christi,, der
Versöhnung durch das Blut Christi, der wahren Gottheit und Menschheit Christi
festhält, aber auch chiliastische Tendenzen hat. In Europa bilden sich erst
Ende des Jahrhunderts fundamentalistische Gemeinden (etwa um die Konferenz
für Gemeindegründung, KfG). Weltmissionskonferenz in Edinburgh, geprägt von
ökumenischen Tendenzen. Das 20. Jahrhundert wird geistlich vor allem
geprägt von dem immer mehr um sich greifenden Unionismus (1903 Deutscher
Evangelischer Kirchenausschuss) und dem Hang zur Ökumene, bis hin zum
Synkretismus (Vermischung mit nichtchristlichen Religionen); dann von einem
immer stärkeren Verfall der Theologie (dialektische Theologie, dann
existentialistische Theologie (Bultmann, Marxen), umfassende Bibelkritik
(historisch-kritische Methode)); einem Verflachen des geistlichen Lebens
durch Rückgang des Erwecklichen, besonders nach dem 2. Weltkrieg (besonders
deutlich zu merken am dramatischen Rückgang der Diakonissen); schließlich
sehr stark von der Verfolgung der Christen weltweit: das 20.
Jahrhundert ist das Jahrhundert mit den bis dahin umfangreichsten
Verfolgungen der Kirchengeschichte. Freideutsche Jugend auf dem Hohen Meißner;
Jugendbewegung in Deutschland bis 1933; Wandervogeljugend teilweise auch
christlich geprägt; missionarisch-erweckliche Arbeit unter der Jugend in der
Mädchenbibelkreisbewegung (MBK, Magdalene Muntschick, Käthe Brandt) und der
Bibelkreisbewegung (BK); Köngener Bund in Württemberg, Ausbreitung der Arbeit
des DCSV. Erster Weltkrieg mit Russischer Revolution
(bürgerl.-sozialist. Februarrev., bolschew. Oktoberrev. 1917) und dann den
Umstürzen in Deutschland, Österreich-Ungarn; Untergang der Doppelmonarchie
und des alten, auf christlicher Grundlage aufgebauten Deutschland. Die
Russische Revolution und ihre Folgerevolutionen bedeuten eine tiefgreifende
Zäsur in der Geschichte; damit ist endgültig, vorbereitet durch Aufklärung
und Französische Revolution, die Zeit vorbei, in dem die Geschichte des
Abendlandes und der von ihm beherrschten Welt durch christliche Grundwerte
bestimmt war; die Umstürze bedeuten den Bruch der letzten Dämme, die das
Dämonische, Antichristliche, Widergöttliche noch aufgehalten haben. Es kommt
auf deutschem Boden aber nicht zur so notwendigen völligen Trennung von
Kirche und Staat; dadurch wird die volksmissionarische Bewegung (Hilbert)
geschwächt; eine tiefgreifende geistlich-theologische Erneuerung der Kirche
findet nicht statt; der Neuaufbau findet vor allem auch nicht auf
konfessioneller Grundlage statt, da die konfessionellen Kräfte bereits zu
sehr geschwächt sind. Die Folgen des Sieges der Gottlosigkeit zeigen sich
sofort, in der Ausbildung und dem Austoben der totalitären Bewegungen
(Sozialismus/Kommunismus (Lenin, Trotzki, Stalin, Sowjetunion; Mao Tse-tung;
Ho Tshi-min), Faschismus (Mussolini), Nationalsozialismus (Hitler, Himmler,
Rosenberg)) wie auch der unmenschlichen Bestrebungen des „Humanismus“
(Euthanasie, Abtreibung). Völkermord an den christlichen Armeniern (seit
1896 immer wieder massive Verfolgung) und den christlichen Assyrern (seit
1895 begonnen, geht bis 1933) in der Türkei; 1921/22 Verfolgung und
Vertreibung der christlichen Griechen aus Kleinasien durch Kemal Atatürk; die
neue Türkei, offiziell „laizistisch“ (religiös neutral) ist tatsächlich
antichristlich (Verbot des Kirchenneubaus, keine ausgesprochen christliche
Schulen, keine christliche Mission; immer wieder Verfolgung und Behinderung
christlicher Gemeinden, Versuch der Zwangsislamisierung; Verfolgung der
aramäischen Christen im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen mit den
Kurden)) Verfolgung der Christen in der Sowjetunion;
bereits erste Verfolgungen und Morde in der russischen Revolution 1905;
umfassende Verfolgung seit 1917 in verschiedenen Wellen, besonders massiv in
den ersten Jahren nach der Revolution und in den 1930er Jahren; aber auch
weiterhin bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion. Dennoch kann die Ausbreitung
der Gemeinde Jesu Christi nicht aufgehalten werden, letztlich müssen
Verfolgung und Verschleppung dem dienen. Internationaler Missionsrat als erster Teil der ökumenischen
Bewegung gegründet; 1923 Luth. Weltkonvent in Eisenach gegründet
(Vorläufer des Luth. Weltbundes); 1925 Weltkirchenkonferenz in Stockholm, vom
Social Gospel geprägt (Nathan Söderblom). 1937 Weltkonferenz für Prakt.
Christentum in Oxford und ‚Faith and Order’ in Edingburgh, 1938 Vorläufiger
Ökumenischer Rat der Kirchen, Internat. Missionskonferenz in Tambaram
(Indien) – Junge Kirchen gleichberechtigt. Die Ökumene ist nicht bestimmt vom
Ringen um die Einheit in der Wahrheit, sondern von politisch-sozialen
Gedanken und Nivellierung der Unterschiede. Christenverfolgung in Mexiko durch die dortige
linksextreme Regierung. Kirchen- und Klostersturm in Spanien, massive
Bedrängung der katholischen Kirche im Spanischen Bürgerkrieg; danach
Bevorzugung der katholischen Kirche; erst mit der Wiederherstellung des
freien Königreiches nach dem Tode Francos mehr Freiheit für evangelische
Kirchen. Nationalsozialistische Schreckensherrschaft im Deutschen Reich und
den besetzten Gebieten: massive Judenverfolgung, im Krieg Versuch der
systematischen Ausrottung des europäischen Judentums (Holocaust,
Shoa). Versuch, die christlichen Kirchen gleichzuschalten („Deutsche
Christen“), misslingt; Betheler Bekenntnis gegen Liberalismus und
Deutschchristentum dringt nicht durch, Barmer Erklärung der Bekenntnissynode
1934 (unionistisch geprägt, lutherisch und reformiert interpretierbar),
Bildung der „Bekennenden Kirche“ (Niemöller, Bonhoeffer, Humburg,
Lilje, Meiser, Wurm, Hugo Hahn) mit „Vorläufiger Kirchenleitung“, 1936 Rat
der Evang.-Luth. Kirche Deutschlands für die luth. Landeskirchen (einschl.
Schlesien). Pfarrer und Mitglieder der Bekennenden Kirche verfolgt (Pfr. Paul
Schneider stirbt im KZ). 1941: Kirche im Warthegau auf Vereinsrecht gesetzt,
Ziel: nach dem Krieg soll die Kirche ausgerottet werden. Während dieser Zeit
auch Bedrückung der Christen in Japan und den von Japan besetzten Gebieten. Stuttgarter Schuldbekenntnis der evang.
Landeskirchen; tatsächlich kommt es aber nicht zu einer breiten Bußbewegung
in Deutschland und einer umfassenden Erweckung. Geistig und geistlich ist die
Lage nach 1945 so, dass das deutsche Volk mit den materialistischen Blöcken
des Westens (BRD) und Ostens (DDR) gleichgeschaltet wird; die zuvor noch
vorhandenen starken Kräfte, die der Aufklärung und dem Liberalismus kritisch
bis ablehnend gegenüber standen, werden faktisch ausgeschaltet; der
Wiederaufbau ist eindeutig als antievangelisch und antipreußisch angelegt
(Adenauer), dazu von einem krassen Materialismus bestimmt, nachdem der
Idealismus durch die nationalsoz. Katastrophe zerstört ist. Das Vakuum hätte
nur durch eine tiefgehende Buß- und Erweckungsbewegung ausgefüllt werden
können. Lokal finden geistliche Aufbrüche statt (Krelingen (Pfr. Kemner),
Großalmerode (Pfr. Schnepf, Wolfg. Heiner), Adelshofen (Pfr. Riecker),
Selbitz (Pfr. Hümmer, Christusbruderschaft gegründet). Theologisch kommt es
zu einem raschen Verfall durch die von Bultmann initiierte „existentiale
Interpretation“, „Entmythologisierung“, „historisch-kritische Methode“, was
zur Zerstörung der Autorität der Bibel führt; Lehrzucht wird nicht mehr
durchgeführt |
1948 |
Gründung der Evangelischen Kirche in
Deutschland (Zusammenschluss aller evangelischen Landeskirchen): damit
haben die luth. Landeskirchen auch rechtlich tatsächlich aufgehört,
konfessionell lutherische Kirchen zu sein, die Arnoldshainer Erklärung 1958
führt zur Aufrichtung der Abendmahlsgemeinschaft aller EKiD-Kirchen, obwohl
keine Lehreinheit besteht; auch die seit 1949 durchgeführten Kirchentage sich
unionistisch geprägt, seit den 1960er Jahren zunehmend linkspolitisch und
dann synkretistisch (Dalai Lama als Gast) 14.05. Ausrufung des Staates Israel mit dem
Ende des britischen Mandats über Palästina; David Ben Gurion Min.Präs., Chaim
Weizmann Staatspräs. Israel als offizielle Heimstätte für alle Juden der
Welt; durch Gottes Gnade und Barmherzigkeit kann das jüdische Volk einen
eigenen Staat aufbauen – bleibt aber in seiner überwiegenden Mehrzahl dem
Messias Jesus ablehnend gegenüber; der moderne Zionismus zumeist auch eher
areligiös; vor allem das Ostjudentum bringt verstärkt orthodox-jüdische
Gedanken, die aber auch entschieden antichristlich sind. Es bilden sich aber
auch messianische Gemeinden. |
1948/1949 seit 1944 1948 seit 1949 |
Aufrichtung der Kirchengemeinschaft zwischen allen
lutherischen Freikirchen in den deutschen Staaten auf der Grundlage des „Einigungssätze“
(Schriftlehre, Kirchen- und Amtslehre, Bekehrung, Gnadenwahl, Letzte Dinge)
ohne wirkliche Einheit in der Lehre; die Jahre bis zur Fusion 1972 sind von
andauernden Lehrauseinandersetzungen geprägt. Niedergang der Missouri-Synode in den USA beschleunigt
sich (begonnen 1938 mit der Aufweichung der Lehre von der Kirchengemeinschaft
und Annäherung an die „Mitte“ (Amer. Luth. Church ALC), Eindringen der
Bibelkritik; 1951 Austritt von Pastoren und Gemeinden, Gründung der Orthodox
Lutheran Conference (P. Kretzmann, W.H. McLaughlin), die später
auseinanderbricht (Conc. Luth. Conference, Luth. Churches
of the Reformation); 1958: Ev.-Luth. Synod (ELS) hebt die Kirchengemeinschaft mit Missouri
auf; die Wisconsin-Synode (WELS) zögert noch, trotz Feststellen, dass
Missouri falschlehrend ist; Austritte aus der WELS führen zur Bildung der
Church of the Lutheran Confession (CLC), 1961 hebt auch WELS die Gemeinschaft
mit Missouri auf; 1964: Ende der Ev.-Luth. Synodalkonferenz als Vereinigung
der bibel- und bekenntnistreuen lutherischen Freikirchen. Gründung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK)
in Amsterdam mit liberaler Theologie und politisch-sozialer Ausrichtung;
gleichzeitig als Gegenbewegung fundamentalistischer und presbyterianer
Kirchen: Inter. Council of Christ. Churches (ICCC, Carl
McIntire). 1961
wird der Inter. Missionsrat in den ÖRK eingegliedert (Neu Dehli), damit
beginnt der Niedergang der Missionstheologie in den Landeskirchen; Mission
immer mehr als Sozialpolitik oder soziale Veränderung verstanden; soziales
Engagement der Kirchen tritt als gleichberechtigt neben die biblische
Verkündigung (gegen die Zwei-Reiche-Lehre). Dagegen 1970 Frankfurter
Erklärung der Konferenz Bekennender Gemeinschaften. Mit dem Sieg des Kommunismus in China
beginnt dort eine massive Christenverfolgung, die in zeitlich und regional
unterschiedlicher Intensität bis heute (2005) anhält; neben einer
staatsoffiziellen Kirche (die aber missionarisch nicht aktiv sein darf, auch
keine Kinderarbeit durchführt) bilden sich die Hauskirchen als
Untergrundkirchen, die sehr wachsen. Nach dem zweiten Weltkrieg und dem Auflösen der
Kolonialreiche werden auch die Kirchen auf den Missionsfeldern zunehmend
unabhängig |
1962-1965 1966 |
Zweites Vatikanisches Konzil der
römisch-katholischen Kirche, die weiter auf den Grundlagen des Trienter
Konzils bleibt, aber in Wortwahl und Formulierungen sich anderen Kirchen
anpasst, um so die Rückkehr-Ökumene zu beschleunigen; allversöhnerische
Grundtendenzen, Moslems würden zu dem gleichen Gott wie die Christen beten. Geistig sind die 1960er Jahre geprägt von dem, was
schließlich als „68er Bewegung“ auftritt, nämlich einem massiven
Verfall traditioneller Werte und vorgegebener Autorität, der Auflösung der
biblischen Normen und Ordnungen in Staat und Familie (Scheidungsrecht;
Pornographie, um sich greifender Sexismus in Zeitschriften und Fernsehen);
vorbereitet wurde dies durch die „Frankfurter Schule“ (Institut für
Sozialforschung) (Marcuse, Horkheimer, Adorno, Habermas), die eindeutig
marxistisch und antichristlich ausgerichtet ist, und die zerstörerische
sexistische Psychologie Wilhelm Reichs, die damit verbunden ist. Staat und
insbesondere die Kirchen werden immer mehr von diesen Kräften unterwandert.
Jegliche absoluten Normen, Werte, Autoritäten werden abgelehnt, alles müsse
dem „Diskurs“ freigegeben werden. Erste Auswirkung in der Kirche ist die
Einführung der Frauenordination (gegen 1. Kor. 14 und 1. Tim. 2). Unter
anderem werden die bis in die 1960er Jahre hinein noch sehr weit verbreiteten
christlichen Bekenntnisschulen in rein säkulare Schulen mit
Religionsunterricht (außer Bremen und Berlin) umgewandelt; auch dies ein
Zeichen, für die fortschreitende Entchristlichung der deutschen Staaten. Gegen den Verfall der biblischen Theologie und den
Niedergang der evangelischen Kirche wird mit einem Gemeindetag in Dortmund
die Bekenntnisbewegung „Kein anderes Evangelium“ gegründet (Rudolf Bräumer,
Walter Künneth, Peter Beyerhaus, Heinrich Kemner, Hellmuth Frey),
unionistisch ausgerichtet; zu der von Künneth und Beyerhaus angeregten
Bildung „Bekennender Gemeinden“ in den Landeskirchen kommt es aber nicht;
langfristig verläuft der Protest, trotz mehrfacher großer Veranstaltungen, im
Sande; gegen Ende der 1990er Jahren bricht die Bewegung auseinander, da viele
Kreise den Kampf nicht fortführen wollen; von vornherein keine klare Stellung
in der Schriftlehre. Als lutherische Bewegung wird die „Kirchliche Sammlung
um Bibel und Bekenntnis“ gegründet, die aber auch keine intensive Arbeit an
der Gemeindebasis betreibt und von daher wirkungslos bleibt. Ähnliche Entwicklungen zeichnen sich auch in den
anderen europäischen Ländern, vor allem Skandinavien, ab, wo sich ähnliche
Bewegungen bilden, die aber dort besser organisiert sind und sich zu „Freien
Synoden“ in den Staatskirchen entwickeln; die Bekenntnisbewegung in
Skandinavien ist auch zumeist eindeutig lutherisch ausgerichtet. |
1969 |
Gründung des Bundes der Evangelischen Kirchen in
der DDR |
1972 1973 1973/74 seit Mitte der 1970er Jahre 1979 1984 1990 2001 2005 |
Zusammenschluss der lutherischen Freikirchen in
der BRD zur Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK),
obwohl eine tatsächliche Einheit in der Lehre nicht besteht, wie die sehr
bald aufbrechenden Auseinandersetzungen um die Schriftlehre, auch die Lehre
von Kirche, Amt, Kirchengemeinschaft zeigen (Bildung des ev.-luth.
Arbeitskreises Bibeltheologie und Kirche); trotzdem schließt sich 1976 die
zuvor mit Wisconsin verbundene Ev.-Luth. Bekenntniskirche der SELK an. Die
Wirkung der Fusionen ist mittelfristig, dass das geistliche Erbe der ELFK in
der BRD ausgelöst wird. In der DDR bestehen die Ev.-luth. (altluth.) Kirche und
die Ev.-Luth. Freikirche weiter. Nach dem Anschluss der DDR an die BRD 1990
schließt sich die altlutherische Kirche der SELK an. Der Weg der SELK ist
immer stärker geprägt von der Bibelkritik, der Ökumene (Mitgliedschaft in der
ACK, ökumenische Gottesdienste, ökumenische Trauungen, ökumenische
Bibelwochen, Teilnahme am Kirchentag, landeskirchliche Pastoren als
Referenten bei Konferenzen). Als eine Auswirkung der 68er Bewegung wird in der
BRD und in der DDR die Abtreibung (Ermordung der Kinder im Mutterleib) in
bestimmten Fristen erlaubt. Damit ist erstmals seit der NS-Zeit der offene
Angriff auf das menschliche Leben staatlicherseits wieder erlaubt, die
Staaten sind zu Unrechtsgebilden geworden. Diese Maßnahmen kommen weltweit
zur Anwendung, ausgenommen einige katholische Länder (Polen, Irland,
Südamerika) und die islamischen Staaten. Ehe und Familie werden immer mehr
angegriffen und ausgehöhlt; es wird die „Emanzipation“ propagiert und dass
die Frau arbeiten müsse, um sich „verwirklichen“ zu können. Tendenz zur
Verstaatlichung der Kindererziehung (nochmals verstärkt seit Beginn des 21.
Jahrhunderts (PISA-Studie). Die evang. Kirchen akzeptieren mehr oder weniger
offen die Abtreibung, ausgenommen die Kreise um die Bekenntnisbewegungen. Aufgrund des Niedergangs der evang. Kirchen
wachsen die Freikirchen, insbesondere auch unabhängige Gemeinden, zumeist
baptistischer oder brüdergemeindlicher Prägung, stark an. Gründung der „Freien Evangelischen
Bekenntnisschule“ in Reutlingen als erster freier evangelikaler Schule in
der BRD. Im Gegensatz zu vielen anderen Staaten (USA, Kanada, Großbritannien,
Frankreich, Niederlande) ist das private Schulwesen aufgrund des repressiven
Staatsaufbaus nur sehr schwach entwickelt; die Bildung insbesondere freier
christlicher Schulen wird teilweise massiv behindert (etwa bei der Gründung
der August-Hermann-Francke-Schule in Hamburg); Schule zu Hause
(Homeschooling) ist im Gegensatz zu den meisten anderen Staaten in der BRD
nicht erlaubt (seit 1933), teilweise wird es geduldet, teilweise kommt es zu
massiver Verfolgung der entsprechenden Familien (besonders 2005 in
Paderborn). Die 1971 eingeleitete Lehruntersuchung am
Concordia Theological Seminary in St. Louis zeigt die dort sich ausbreitende
modernistische Irrlehre und führt zu harten Maßnahmen der Kirchenversammlung
der Missourisynode in New Orleans 1973, was 1974 zum Auszug der meisten
Professoren und Studenten aus dem CTS führt und Gründung einer eigenen,
modernistischen, Hochschule („Seminex“); das CTS wird unter Robert Preus und
Ralph Bohlmann als ein konservatives Seminar neu aufgebaut. Zwar treten auch
etwa 200.000 Glieder aus, aber die umfassende Erneuerung der LCMS findet
nicht statt, da es nicht zu Lehrzucht gegenüber liberalen Pfarrern und
Gemeinden kommt. Dadurch gewinnt der Modernismus immer mehr an Boden. Nach
der konservativen Zwischenepoche von Al Barry als Präses ist mit Gerald
Kieschnick ein Liberaler Präses geworden, der sich faktisch diktatorische
Vollmachten gesichert hat und mit einseitiger Manipulation der Delegiertenauswahl
seine Wiederwahl 2004 sicherte. Wirtschaftskrise, vor allem in der BRD, die
inzwischen (2005) die Fünf-Millionen-Linie überschritten hat; Folge: die bis
dahin zumindest ansatzweise sozial ausgerichtete Wirtschaft (noch eine Folge
der durch den „Kathedersozialismus“ geprägten Volkswirtschaftslehre im
Kaiserreich und des „liberalen Sozialismus“ Franz Oppenheimers (zu dessen
Schülern Ludwig Erhard zählte) wird
immer stärker von einem hemmungslosen Kapitalismus geprägt, die soziale
Verantwortlichkeit des Eigentums weicht immer mehr dem Profitstreben; an die
Stelle der nationalen Verantwortung tritt das Streben, durch Verlagerung der
Betriebe oder Arbeiten mit ausländischen Billiglohnarbeitern im „globalen
Wettbewerb“ zu bestehen und hohe Gewinne zu erzielen. Die Wirtschaftskrise
erscheint deutlich als ein Gericht Gottes wegen Zerstörung der biblischen
Normen. Im Iran kommt es zu einer islamistischen
Revolution, die den Sturz der Monarchie bewirkt und eine „Islamische
Republik“ errichtet; der totalitäre Grundcharakter des Islam wird sehr
deutlich. Die Wirkung dieser Revolution in der islamischen Welt ist
verheerend: überall bilden sich islamistische Gruppen, oft sehr
militant und gewalttätig, um islamische Systeme aufzurichten und den Westen,
insbesondere die USA und Israel zu bekämpfen. Nach intensivem theologischen Ringen beschließt
die Ev.-Luth. Freikirche in der DDR, die Kirchengemeinschaft mit der
altlutherischen Kirche aufzuheben; Hintergrund: die Leugnung der
Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift durch die Altlutheraner
und ihre ökumenische Öffnung. (Hartensteiner Beschluss) Da die Gespräche mit der SELK keine Einigung
bringen und die Lehrdifferenzen deutlich sind – Leugnung der
Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift in der SELK, Bibelkritik
in der SELK, unionistische und ökumenische Praxis – kommt es zur Aufhebung
der Kirchengemeinschaft mit der SELK durch die ELFK. Die Bemühungen, die mit
der SELK verbundenen Kirchen davon zu überzeugen, dass eine Trennung aus
biblischen Gründen notwendig ist, fruchtet nicht, so dass bis 1994 alle
Kirchengemeinschaften mit Kirchen der Missouri-Familie aufgehoben werden,
ohne dass es zum Teil direkte Lehrgespräche gegeben hätte. Dahinter steht
auch massiver Druck von Seiten Wisconsins, das ein Ende der
Dreiecksverhältnisse fordert. 1994 kommt es zur Gründung der „Konfessionellen
Evangelisch-Lutherischen Konferenz“ (KELK) in Oberwesel als Konferenz aller
mit der WELS verbundenen Kirchen. Lehrverhandlungen zwischen WELS und ELFK
und innerhalb der ELFK über Kirche und Amt führen zu einer Änderung der
bisherigen, von Alt-Missouri bestimmten, Lehrhaltung der ELFK und Übernahme
der Lehre der WELS, einschließlich der auch von A.T. Kretzmann kritisierten
problematischen Teile. Darauf kommt es 2001/2002 zum, Austritt der Steedener
Gemeinde (Pfr. Blechschmidt), Pfr. Voigts und der Jüterboger Gemeinde (Pfr.
Müller), die als unabhängige lutherische Gemeinden miteinander verbunden sind
und mit der Konfessionellen Lutherischen Kirche Finnlands und deren Schwestergemeinden
in Weißrussland und der Ukraine. Die Lockerung der Bedingungen in der Sowjetunion
und deren schließlicher Zusammenbruch führen auch zur Neugründung der
lutherischen Kirche (Bf. Harald Kalnins), deren meiste Gemeinden bis dahin im
Untergrund bestanden hatten, zumeist Brüderversammlungen. Leider dringen
durch die Kontakte zu den deutschen Landeskirchen die modernistischen
Irrlehren nun auch nach Russland (Frauenordination). Sup. Viktor Gräfenstein
trennt sich mit vier Gemeinden in der Ukraine, Bildung der „Vereinigung
selbständiger evang.-luth. Gemeinden“. In Sibirien bildet sich die
„Evang.-Luth. Brüderschaft“ als unabhängiger Verband von Brüderversammlungen.
Missouri, Wisconsin und die ELS beginnen Missionsarbeiten, es entstehen unter
anderem: Konfessionelle Ev.-Luth. Kirche Russlands, Ukrainische Luth. Kirche,
Luth. Kirche Bulgariens, Ev.-Luth. Schule und Gemeinde in Pilsen/Tschechien
(alle mit der KELK verbunden), Luth. Bibelkirche (Missouri) in Nowosibirsk,
unabhängig von der Missionsarbeit: Konf. Luth. Kirche Lettlands (KELK).
Kirchengemeinschaft zwischen Missouri und der Ev.-Luth. Kirche Ingermanlands
und der Ev.-Luth. Kirche Lettlands (Bf. Vanags). Am 11. September steuern arabische Terroristen
(mit Wissen US-amerikanischer Behörden?) zwei Flugzeuge in das Word Trade
Center in New York, ca. 3000 Tote. Die Militanz des Islamismus wird deutlich,
ohne die westliche Welt wirklich aufzurütteln und die Augen zu öffnen über
den Grundcharakter des Islam, der keine Trennung von Kirche und Staat kennt
und überall einen islamischen Staat errichten will und andere Religionen
verfolgt, zumindest aber deren Mitglieder entrechtet. Die geistliche und geistige Lage um Beginn des 21.
Jahrhunderts ist einerseits geprägt vom immer stärkeren Niedergang der einstmals
christlich geprägten Staaten des nordwestlichen Erdbereiches, da sie sich
immer offener gegen die christlichen Bindungen gewandt haben; die Akzeptanz
der Homosexualität im öffentlichen Leben, bis hin zu speziellen
„Lebenspartnerschaften“ ist dafür ein deutliches Zeichen; der Niedergang der
Kirchen wird dadurch dokumentiert, dass sie das akzeptieren und z.T. sogar
eigene „Segnungs-“Handlungen einführen und somit offen die Sünde segnen. Das
Luthertum tritt in der BRD kaum noch auf und verliert in dem nordwestlichen
Erdbereich an Bedeutung, während es in Afrika (Äthiopien, Kenia) und Asien im
Wachsen begriffen ist. Der Schwerpunkt des Christentums hatte sich von Europa
schon im 19. Jahrhundert eher in die USA verschoben, jetzt zeichnet sich eine
Verschiebung Richtung Afrika und/oder Asien ab. Die Gefahr besteht, dass
Europa mittelfristig islamisch wird, ähnlich wie der früher christliche
Vordere Orient, ein Gericht Gottes, wegen der zunehmenden Gottlosigkeit.
Gleichzeitig ist die Welt gekennzeichnet von der „Globalisierung“
aller Lebensbereiche, insbesondere der Politik und der Wirtschaft, die immer
mehr den nationalen Staaten entzogen wird; Tendenz, Aufgaben und
Machtbefugnisse an nichtnationale Einrichtungen (Europ. Union, UNO, NATO) zu
übertragen, die zugleich antichristlich ausgerichtet sind. Mittel- bis
langfristig besteht die Gefahr, dass es zu einer antichristlichen weltweiten
Macht kommt, verbunden mit dem nur scheinchristlichen Papsttum und dem Islam,
wie es beim Propheten Daniel und in der Offenbarung an Johannes beschrieben
wird. In den islamischen Ländern nimmt deer Druck auf die Christen, bis hin
zu Verfolgung zu, insbesondere Pakistan, Indonesien, aber auch Ägypten; in
Saudi-Arabien ist der christliche Glaube überhaupt verboten. Vermehrt Versuche
von Moslems, in den westeuropäischen Staaten eine Parallelgesellschaft
aufzubauen. Im evangelikalen Bereich macht sich seit den
1970er Jahren eine zunehmende Aufweichung geistlicher und theologischer
Standpunkte bemerkbar; Annäherung an die Pfingst- und charismatische
Bewegung, Einfluss der Gemeindewachstumsbewe-gung/ Willow Creek mit der
unbiblischen Entscheidungstheologie; Buße, Bekehrung, Hingabe treten immer
mehr in den Hintergrund; Gefühl, Erlebnis, Erfahrung werden bestimmend
(„Spring“); zugleich stark ökumenische Tendenzen mit dem Trend, auch mit den
Katholiken zusammen zu arbeiten (Pro Christ, Jahr der Bibel, Impulstour), was
zur erheblichen Auseinandersetzungen und Trennungen führt (Bildung des eher
fundamentalistisch ausgerichteten Maleachi-Kreises in der BRD). Aufgrund der Entwicklung in den Kirchen und der
evangelikalen Bewegung kommt es um die Jahrtausendwende zur Bildung
„Bekennender Evangelischer Gemeinden“ in der BRD mit einer eigenen
Ausbildungsstätte (Akademie für reformatorische Theologie, ART); ähnliche
Bewegung in den USA (Confessing Evangelicals). Aufgrund der Entwicklung in der schwedischen
Kirche und der massiven Bedrückung und Ausgrenzung bibel- und
bekenntnistreuer Christen weiht der kenianische lutherische Bischof Omwanza
P. Arne Olsson zum Bischof der Missionsprovinz der Schwedischen
Evangelisch-Luth. Kirche, gegen den Willen der Kirchenleitung; Einsetzung von
Pastoren für bekenntnistreue Kreise in Schweden und Finnland. |