Originaltitel:
Church and Ministry.
Erschienen in: The Faithful
Word. 1969.
Nr. 1, S 3-15
Nr. 2, S. 23-29
Inhaltsverzeichnis
3.
Die göttliche Einsetzung der Ortskirche
4.
Das der Ortskirche gegebene Schlüsselamt
Neil N. Hilton, geboren am 3. März 1925,
beendete seine Ausbildung für das Predigtamt 1946 am Bethany Lutheran Seminary (ELS) [Evangelical Lutheran Synod, d.i.
die ‚kleine’ norwegische Synode] nachdem er zuvor das Wartburg Seminary, TALC [The American Lutheran
Church] aus Lehrgründen verlassen hatte. Bevor er 1966 einen Ruf zu Our Redeemer Church (LCR) [Lutheran Churches of the Reformation], Grant Park,
Illinois, annahm, diente er Gemeinden der Evangelical
Lutheran Synod in Sutton's
Bay, Michigan, und Waterville, Iowa. Am 16. August
1967 rief ihn unser HERR nach längerer Krankheit zur ewigen Ruhe ab.
Die Abhandlung, die hier vorgestellt wird,
wurde beauftragt von der Iowa-Süd-Minnesota-Pastoralkonferenz der ELS, als
Hilton Pastor in Waterville war. Sie wurde vor seiner
letzten Krankheit vollendet und bei der Konferenz nach seinem Tode verlesen.
Als Antwort auf eine Bitte der Konferenz,
dass das Papier doch weiter verbreitet würde, wurde es im Lutheran
Synod Quarterly [theol. Organ des Bethany Lutheran Seminary der ELS]
veröffentlicht. Es wurde die Erlaubnis gegeben, es hier [das war in: The Faithful Word, 1/1969, S. 3 ff.; dem theol.
Organ der LCR] noch einmal zu veröffentlichen, allerdings mit dem Hinweis,
anzumerken, dass das Erscheinen dieser Abhandlung nicht besage, dass jeder in
der ELS sie in toto [also vollständig] unterschreibe.
Es sei jedoch auch darauf hingewiesen, dass
die ELS (damals die ‚Norwegische Synode der Amerikanischen Lutherischen Kirche’)
1943 durch eine Resolution erklärte, dass sie ‚A Brief Statement’ (das die in
dieser Abhandlung dargelegte Lehre bekennt) „uneingeschränkt“ (Orig.: „unreserved“) annimmt und die Missouri-Synode dringend
ersuchte, das „‚Brief Statement’ uneingeschränkt und ohne Abstriche als unser
klares und gemeinsames Bekenntnis stehen zu lassen“ (Report, 1943, zw. S. 68
und 69 beigelegtes, extra gedrucktes Blatt).
Die Darlegung ist ein beredtes Zeugnis
sowohl von der behandelten Schriftlehre als auch von des Verfassers theologischem
Scharfsinn und seine Würde.
Die Kirche,
im eigentlichen Sinne des Begriffes, ist die Gemeinde der Heiligen, also die
Summe aller jener, die vom Heiligen Geist durch das Evangelium aus der
verlorenen und verdammten Menschheit berufen wurden, die wahrhaft an Christus
glauben, die durch diesen geheiligt und in Christus eingeleibt
wurden, Eph. 1,22.23; 5, 23-27; Matth. 16,18. Zu
dieser Kirche gehören keine Heuchler, niemand, der nicht wiedergeboren ist,
Röm. 8,9. Diese Kirche ist unsichtbar [verborgen, Anm. d. Übers.], Luk. 17,20.21.
Ihr hat Christus die Schlüssel des Himmelreiches gegeben. Daher ist sie die wahre
und einzige Inhaberin und Trägerin der geistlichen, göttlichen und himmlischen
Segnungen, Rechte, Kräfte, Aufgaben usw., die Christus erworben hat und die in
seiner Kirche bereit sind, Matth. 16,15-19; Joh.
20,22.23. Obwohl die wahre Kirche ihrem Wesen nach unsichtbar ist, so ist ihre
Gegenwart doch erkennbar: Ihre Kennzeichen sind die reine Lehre des Wortes
Gottes und die Verwaltung der heiligen Sakramente gemäß Christi Einsetzung,
Mark. 4,26; Matth. 13,33 ; Jes
55,10.11 (Walther, Kirche und Amt. Thesen I-V). In diesem Punkt herrscht
Übereinstimmung zwischen den Positionen von [Alt-]Missouri und Wisconsin.
Obwohl die
Kirche im eigentlichen Sinne die Summe aller Gläubigen ist, Matth.
16,18; Eph. 1, 22.23; Kol. 1,13, so verwendet die Schrift den Namen ‚Kirche’ (ekkleesia) auch für Gruppen von Christen an verschiedenen
Orten: 1 Kor. 16,19: „die Gemeinden1 in Asien“,
„die Gemeinde in ihrem Hause“; 16,1: „die Gemeinden in Galatien“;
1 Kor. 1,2: „die Gemeinde Gottes zu Korinth“; Apg. 8,1: „die Gemeinde zu
Jerusalem“. Der Begriff ‚Kirche’ [Gemeinde] (ekkleesia)
wird in der Schrift auch verwendet für
die regelmäßigen Versammlungen oder Treffen solcher örtlicher Gruppen, z.B. 1
Kor. 11,18: „wenn ihr zusammenkommet in der Gemeinde“ ; 14, 19: „ich will in
der Gemeinde lieber fünf Worte reden mit
meinem Sinn“; 14,28: „so schweige er unter der Gemeinde“; 14,34: „eure Weiber
lasset schweigen unter der Gemeinde“; 35: „Es steht den Weibern übel an,
unter der Gemeinde zu reden“; Kol. 4,16: „schaffet,
dass sie auch in der Gemeinde zu Laodicea gelesen
werde".
Solche örtlichen Gruppen von Christen
werden in der Schrift beschrieben als „die Gemeinde Gottes zu Korinth, die
Geheiligten in Christus Jesus, die berufenen Heiligen“, 1 Kor. 1,2; „die Heiligen zu Kolossä und die gläubigen
Brüder in Christus“ Kol. 1,2; „die Gemeinde zu Thessalonich,
in Gott, dem Vater, und dem HERRN Jesus Christus“, 1 Thess. 1,1. Ebenso: Apg.
2,47. Diese Abschnitte zeigen uns, dass auch die örtlichen Gruppen, die in der
Schrift ‚Gemeinde’ (Kirche) genannt werden, aus wahrhaft Gläubigen bestehen, dass
nur wahrhaft Gläubige die wahren Glieder der Ortskirche sind. Heuchler gehören zwar
zur äußerlichen Gemeinschaft der Kirche, haben Teil an äußeren Zeichen und
Ämtern, sind unter die Kirche
gemischt, aber sie sind nicht wahre Glieder der Kirche, weder der Universalkirche
noch der Ortskirche. Gott hat eine gemischte Gesellschaft aus Gläubigen und
Heuchlern weder befohlen noch angeordnet, sondern er hat die Versammlung der
Gläubigen um Wort und Sakrament befohlen und eingesetzt. Dass aber Heuchler
unter die sichtbare Versammlung von Christen gemischt sind, das ist das Werk des
Bösen. „Das bat der Feind getan“, Matth. 13,28.
Wenn also die gesamte sichtbare Gruppe
derer, die bekennen, Christen und Glieder der Kirche zu sein, ‚Kirche’ genannt
wird, so ist das synechdoche, eine Sprachfigur, bei
der das Ganze nach seinem hauptsächlichen Teil benannt wird oder das Teil nach
dem Ganzen, wie ein Erzschürfer, der Gold in einem Stück Quarz findet und ruft
„Gold! Gold!“ nicht „Quarz“. Er will ja nicht sagen, dass das Quarz Gold sei,
sondern für ihn ist das Gold die Hauptsache. Wenn wir also die sichtbare Gruppe
eine Kirche nennen, so wollen wir damit keinesfalls sagen, dass die Heuchler
die Kirche sind, sondern dass die Gläubigen die Hauptsache sind, dass sie es
sind, die aus dieser Gruppe eine Kirche machen, ja, dass sie tatsächlich die
Kirche sind, während die Heuchler unter die Kirche eingemengt sind, aber nicht
wirklich zu ihr gehören. Dass dieser synechdoche
Gebrauch des Wortes ‚Kirche’ kein Missbrauch ist, wird durch die Tatsache
gezeigt, dass er so in der Schrift selbst gefunden wird, z.B. Gal. 1,2: „die
Gemeinden in Galatien“; 3. Joh. 10: „stößt sie aus
der Gemeinde“; Offb. 1,4: „den sieben Gemeinden in Asien“; Offb. 3,1: „der
Gemeinde zu Sardes ... denn du hast den Namen, dass
du lebst, und bist tot“; 3,4: „Du hast auch wenige Namen zu Sardes,
die nicht ihre Kleider besudelt haben“.
Es gehört zur Definition einer Ortskirche, dass
sie eine Gruppe gläubiger Christen ist, die sich um Wort und Sakrament
versammelt. Die Gnadenmittel gehören zwar nicht, wie einige irrtümlich
annahmen, zum Wesen der Kirche, aber sie sind die Kennzeichen dafür, dass sie
da ist, Jes. 55,10.11. Nur da, wo die Gnadenmittel auch in Gebrauch sind, haben
wir tatsächlich die Verheißung, dass die Kirche (wahrhaft wiedergeborene und
gläubige Seelen) da ist. Des weiteren
spricht die Schrift von Ortskirchen als von Gruppen die um das Wort und die
Sakramente versammelt sind, z.B. Apg. 2,14 ff; 2,41.42.46; 6,2.4; 13,1; 18,11;
20, 7.20.27.28.32; 1 Kor. 11,18. 20.33; 14,4.5.12.26.39.31.
Die Ortskirche ist also, von ihrem Wesen
her, eine Gruppe wieder geborener Menschen, die an einem bestimmten Ort leben
und sich um die Gnadenmittel versammeln. Wenn die Ortskirche als eine Gruppe
bekennender Christen definiert wird, so wird sie so definiert, wie sie den
Menschen erscheint und nicht nach ihrem Wesen. Dieser Punkt enthält einen
berechtigten Nachdruck in Walthers ‚Rechte Gestalt’, in F. Piepers Vortrag (Delegatensynode 1893) und in seiner ‚Christlichen Dogmatik’,
im ‚Brief Statement’ von 1932 und in den Vorträgen über Kirche und Amt, wie sie
in den alten Synodalberichten der Missouri-Synode zu finden sind.
Dass die örtlichen Gruppen, denen in der
Schrift der Name ‚Kirche’ gegeben wird,
keine bloß gelegentliche oder zeitweilige Versammlungen, noch weniger zufällige
Zusammenkünfte waren, wird deutlich aus den Abschnitten, in denen ‚ekkleesia’ als ‚Partikularkirchen’ verwendet wird. Die
örtliche ekkleesia ist eine Gruppe mit festgelegten
Mitgliedskreis, Apg. 1,15: „Es war aber die Schar der Namen zuhauf bei hundertundzwanzig.“ Die Ortskirchen kommen regelmäßig
zusammen zum Predigen und Lehren des Wortes Gottes, zum Brotbrechen, wegen
eines :Falles von Kirchenzucht oder anderer Angelegenheiten der Kirche,
Apg. 2,42; 13,1 .3; 149.27; 15, 4; 1 Kor. 11 18: „Wenn ihr zusammenkommt in der Gemeinde“; 1 Kor. 14,23: „Wenn nun die
ganze Gemeinde zusammenkomme an einem Ort“; 1 Kor. 5,4.5: „In euer Versammlung
ihn zu übergeben dem Satan“; 2 Kor. 2., 5-8.: „dass ihr die Liebe an ihm
beweiset“ (hier haben wir einen Fall von Kirchenzucht sich über einen längeren
Zeitraum erstreckte, wobei jemand gebannt und später wieder in die christliche
Gemeinschaft aufgenommen wurde); um Grüße entgegenzunehmen oder weiterzugeben,
Apg. 18,22; Kol. 4,15; 1 Kor 16,19; Briefe abzuschicken oder zu empfangen, Apg.
15,23, und sie in einer öffentlichen Versammlung vorzulesen. Ebenso, um Kontakt
mit einander zu haben, Kol. 4,16; sie haben einen regelmäßigen Versammlungsort,
Römer 16,23; nehmen Sammlungen vor, 2. Kor. 8,1.2.4; 11, 8; 9, 1-15; - empfangen
Unterweisungen über eine geordnete Art und Weise der Sammlung, 1. Kor. 16,1 ff
; sie haben Gebräuche, 1. Kor. 11,16; ihre Glieder kümmern sich um einander, 2. Kor. 11,28;
sie wählen Männer, damit sie in ihrem Auftrag bestimmte Aufgaben ausführen, 2.
Kor. 8,19.23; haben Menschen in ihrem Dienst, Röm. 16, 1, und richten das
Predigtamt in ihrer Mitte auf, Apg. 14,23; Tit. 1,5; Apg. 1,15-26 und berufen
in ein Hilfsamt, das sie eingerichtet haben, Apg. 6.
Es wurde
behauptet [WELS], dass jede Gruppe von Christen oder jede Gruppe in der
Christen sein mögen, als ‚Kirche’ bezeichnet werden könnte2.
Aber dem gegenüber erkennen wir, dass die zwei oder drei, die einen Bruder, der
gesündigt hat, ermahnen gewiss im Namen des HERRN versammelt sind, um das zu
tun, was er geboten hat, aber sie werden unterschieden von der ‚Kirche’ in Matth. 18,17. Wenn der Apostel Paulus verbietet, dass Frauen
in der Kirche reden, so ist es klar, dass er sich nicht auf jede und jegliche
Zusammenkunft von Christen bezieht auch
nicht auf jede Versammlungen von Christen, die mit dem Ziel, Gottes Wort zu
lernen oder zur Arbeit im Reich Gottes beizutragen, sondern er hat vielmehr
eine ganz bestimmte, festgelegte Zusammenkunft im Sinne: die öffentliche
Versammlung der Ortskirche; und er wusste, dass die Korinther verstehen würden,
welche Gruppe oder Zusammenkunft mit ‚hee ekkleesia’ bezeichnet wird. Dass die Kirche, über die in
Abschnitten gesprochen wird, die sich auf eine örtliche Gruppe beziehen, eine
festgelegte Größe ist wird auch durch
Ausdrücke gezeigt wie „der ganzen Gemeinde“, Röm. 16, 23; 1. Kor. 14,23 oder „wie
ich den Gemeinden in Galatien geordnet habe“, „es
grüßen euch die Gemeinden in Asien“, „welchen nicht allein ihr dankt, sondern
alle Gemeinden, unter den Heiden“ 1 Kor. 16,1.19; Röm. 16, 4. Paulus reist mit
Männern, die ihn in seiner Arbeit unterstützten oder Aufträge für die Kirchen
ausübten. Beachten Sie, dass er nirgends sich auf eine solche Gruppe als auf
eine Kirche bezieht [nämlich was die Gruppe seiner Mitarbeiter angeht, Anm. d.
Ubers.] sondern sie „Apostel [Boten] der Gemeinden“, 2. Kor. 8,23, nennt. Die
Behauptung [wie sie WELS, ELS, CoLC, LCMS, LCCF
aufstellen, Anm. d. Übers.], dass ‚Kirche’ jegliche Gruppe von Christen oder jegliche
Gruppe, die in Christi Namen versammelt sei, bezeichne, ist eine menschliche
Folgerung aus der Etymologie [Wortkunde] und der Bedeutung des Wortes, eine
Folgerung, der aber jegliche Bestätigung durch die Schrift fehlt und die
tatsächlich gegen die Schrift gewendet ist.
Zuweilen wird angeführt, dass wir die Form,
dieser Ortskirchen nicht kennen würden, dass sie verschieden sein könnten von der
Form unserer Gemeindeversammlungen. Nein, das Bild, das wir etwa in den beiden
Korintherbriefen von der Ortskirche bekommen, ist das einer örtlichen Gemeinde, wie wir sie kennen, und wir finden
kein Anzeichen in der Schrift für eine Ortskirche die eine andere Form hatte.
Die Kirchen des Neuen Testaments waren Gruppen, die sich als ein Körper versammelten,
um das Wort zu hören, die Sakramente zu empfangen, Gott zu loben, den großen Auftrag
auszuführen und die Angelegenheiten zu erledigen die notwendig sind, die
Aufgaben zu erfüllen, die der HERR gestellt hat. Wenn dann aber eingeworfen
wird, dass die ekkleesia in dieser oder jener Stadt
die Form einer Gesamtgemeinde gehabt haben könnte, wie die Kirche der Missouri-Synode
in St. Louis in den frühen Tagen, so gibt es keinen Grund, dass eine
christliche Gemeinde, in christlicher Freiheit, nicht diese Form bilden dürfte.
Das Wesentliche ist doch, dass Christen eines Ortes sich vereinen zum gemeinsamen
Gebrauch und der gemeinsamen Verwaltung der Schlüssel und zu diesem Zweck das heilige
Predigtamt aufrichten, das Wort und die Sakramente gebrauchen, Kirchenzucht
üben und den großen Auftrag ausführen. (Beachte: Eine Gemeinde, die nicht
Kirchenzucht übt, hört darum nicht auf, eine christliche Gemeinde zu sein , denn
die Predigt des Wortes und die Verwaltung der Sakramente sind die Kennzeichen
der Kirche, Aber eine Gemeinde, die willentlich die Kirchenzucht unterlässt
oder sich weigert, das heilige Predigtamt aufzurichten, hört auf, das zu tun,
was, gemäß dem offenbarten Willen Gottes, sie als christliche Gemeinde tun
sollte. Die Dinge gehören daher richtig zu den Funktionen der örtlichen ekkleesia.)
Was ist die
Ortskirche? Sie ist nichts anderes als die Kirche an einem bestimmten Platz. Da
sie, ihrem Wesen nach aus Gläubigen besteht, unterscheidet sie sich nicht
wesentlich von der Universalkirche. Jedes Glied hat das Schlüsselamt und das
Recht, es zu gebrauchen. Zu jeder örtlichen Gemeinde von Gläubigen gehören der
Name, die Rechte, Pflichten und die Autorität der Kirche. Wenn ein Spiegel in
viele Teile zerbrochen wird, so wird jedes Teil dasselbe Bild wiedergeben, das
auch der gesamte Spiegel wiedergab. So ist die Ortskirche die Kirche an einem
bestimmten Platz mit all den Schätzen der Kirche in ihrem Besitz. Sie ist, wie
die Universalkirche die Schöpfung Gottes des Heiligen Geistes. Und es ist
natürlich, dass die Gläubigen eines
Ortes mit denen zusammenkommen, die den gleichen Glauben bekennen (denn wir
müssen uns an das Bekenntnis der Menschen halten und nicht die Herzen richten).
Die Gläubigen eines bestimmten Ortes bilden einen Körper. „Ihr seid aber der
Leib Christi und Glieder, ein jeglicher nach seinem Teil.“ 1 Kor. 12,27.
Der Heilige Geist hat durch das Evangelium
die Kirche dieses und jenes Ortes geschaffen, indem er den seligmachenden
Glauben zueignete und ihn erhält. Das äußere Zusammenkommen der Christen ist
eine Frucht dieses Glaubens. Aber das ist keine Sache der christlichen Freiheit.
Gott hat vielmehr in seinem Wort offenbart, dass die Ortskirche eine göttliche
Einrichtung ist. Lasst uns sehen, was die Schrift dazu sagt.
Zuerst sagt uns Gottes Wort, dass die erste
christliche Gemeinde in Jerusalem von Gott gegründet wurde. In Apg. 1,4 haben
wir den Befehl des HERRN an seine Jünger, in Jerusalem zu bleiben wegen der
Ausgießung des Heiligen Geistes. In Apg.
2 haben. wir die Erzählung über die Erfüllung der Verheißung, die ihnen gegeben
war als der Geist über sie kam und die erste Gemeinde schuf, Apg. 2,41-47.
Beachte die Aussage von Vers 47: „Der HERR aber tat hinzu täglich, die da selig
wurden, zu der Gemeinde.“ Wie die Erschaffung Evas durch Gott und dass er sie
Adam in der ersten Hochzeit brachte den Ehestand als eine göttliche Einrichtung
aufrichtete, so zeigt auch die Gründung der ersten Gemeinde durch das Ausgießen
des Heiligen Geistes, wie es in der Schrift niedergelegt wird, dass. die Ortskirche eine göttliche Einrichtung ist.
Dazu gibt es die Abschnitte in der Schrift,
die die Christen auffordern, sich zum gemeinsamen Gebrauch der Gnadenmittel
zusammen zu tun. Gott hat uns geboten, einander zu lehren und zu ermahnen Kol. 3,15.16; Hbr. 10,24.25; Apg. 2,42; 20,7; Missionsarbeit zu treiben, Matth. 28,19.20; die
Werke der christlichen Liebe zu üben, Gal. 6,9.10; das heilige Predigtamt
aufzurichten, Tit. 1,5; das Heilige Abendmahl zu gebrauchen, 1. Kor. 11,1.7-33,
und Kirchenzucht zu üben, Matth. 18,15-20; 1. Kor. 5,1-13 2. Kor. 2,5-11. Nun,
einige dieser Dinge können außerhalb der Organisation der örtlichen Gemeinde so
gut getan werden wie in ihr. Wir können die Mission durch eine Missionsgesellschaft
führen oder die Liebesarbeit durch eine Wohltätigkeitsgesellschaft, und so
fort. Aber einige dieser Dinge können nur in der örtlichen Gemeinde gemacht
werden. Wenn Christen sich in .einem gemeinsamen Bekenntnis des Evangeliums
vereinen, um sich regelmäßig um die Gnadenmittel zu versammeln, das heilige Predigtamt in ihrer Mitte
aufzurichten, indem sie Pastoren berufen, das Heilige Abendmahl gebrauchen und
Kirchenzucht gemäß Gottes Wort üben, so haben sie das gebildet, was wir eine
Ortsgemeinde, eine örtliche Gemeinde nennen. Das Heilige Abendmahl ist
innerhalb der Gemeinde zu gebrauchen, 1. Kor. 10,17; 11,20.26.33-34, und von
den berufenen Dienern des Wortes zu verwalten, 1 Kor. 4, 1. Selbst wenn es, wie
es etwa im Falle von Krankheit auch in Ordnung ist, zu Hause gereicht wird, so
geschieht dies durch den Pastor als dem Diener der Gemeinde. Die Errichtung des
Predigtamtes erfordert, dass die Christen, die die Dienste dieses Amtes
empfangen sollen, in einer Gemeinde vereint sind. Denn sie müssen ja schon
vereinigt sein, um zu berufen. Da ja die Gläubigen die Inhaber der Schlüssel
sind, die nun an ihrer Statt verwaltet werden sollen, so müssen sie selbst die Berufung
ausführen, wie es auch der normale Vorgang und anderen vorzuziehen ist, oder aber
sie übertragen diese Gewalt an jemand anders , 1. Ptr
. 2, 9; Joh. 20, 21.22 .23; Matth. 18,18; Apg.
1,15-26; Apg. 14,23; Tit. 1,5. Die Verwaltung des heiligen Predigtamtes
erfordert ebenso eine festgelegte Herde, Apg. 20,28: „So habt nun Acht auf euch
selbst und auf die ganze Herde, unter welche euch der Heilige Geist gesetzt hat
zu Bischöfen, zu weiden die Gemeinde Gottes“; 1. Petr. 5,2: „Weidet die Herde
Christi, so euch befohlen ist, und sehet wohl zu“; 1. Thess. 5,12: „Erkennet,
die an euch arbeiten und euch vorstehen in dem HERRN und euch vermahnen“; Hebr.
13,17: „Gehorchet euern Lehrern und folget ihnen, denn sie wachen über eure
Seelen, als die da Rechenschaft dafür geben sollen“. Schließlich ist es auch
notwendig, Gemeinden zu bilden um den dritten Schritt in den Zuchtfällen
auszuüben, denn die zwei oder drei müssen es ja „der Gemeinde erzählen“.
Es mag eingeworfen werden, dass auch andere Gruppen als die Gemeinde eine
Schöpfung des Heiligen Geistes seien, wie etwa Synoden, Verbindungen,
Nationalkirchen usw. und daher auch göttliche Einrichtungen seien. Aber größere
Kirchenkörper hat es in der Apostelzeit nicht gegeben. Für die Bildung der
ersten Gemeinde durch das Werk des Heiligen Geistes haben wir die ausdrückliche Lehre in Apg. 2. Für die
göttliche Einrichtung irgendeines anderen Körpers haben wir kein Wort in der
Schrift. Und es ist nicht erlaubt, eine göttliche Einsetzung für etwas ohne ein
ausdrückliches Wort Gottes zu beanspruchen
Dann wird wieder der Einwurf vorgebracht,
dass auch andere Körper als die Ortskirche den großen Auftrag ausführen und von
Gott befohlene Funktionen ausfüllen. Das
ist richtig; aber diese Funktionen können erfüllt werden und sind auch erfüllt
worden ohne die Bildung oder die Existenz solcher größerer Gruppen. Die ersten
Christen haben die Arbeit des Reiches Gottes mit keiner Kirchenorganisation
ausgeführt, die größer war als die örtliche Gemeinde. Es besteht keine Notwendigkeit,
solche Körper zu haben, um die Anweisungen des HERRN auszuführen, wie es
dagegen etwa notwendig ist; örtliche Gemeinden zu bilden, um das heilige
Predigtamt aufzurichten, das Heilige Abendmahl zu verwalten und. Kirchenzucht
zu üben.
Das heißt nicht, dass örtliche Gemeinden
sich nicht in größeren Gruppen organisieren sollten. Im Gegenteil: Wenn sie
sehen, dass unter den gegebenen Umständen sie die Arbeit des HERRN besser
ausführen können, wenn sie sich zu größeren Organisationen verbinden, so müssen
sie das tun. Aber dies tun sie dann auf der Grundlage ihrer eigenen Weisheit
und ihres eigenen Urteils, nicht im Gehorsam gegenüber einem göttlichen Befehl3. Es ist vielmehr eine Sache der
christlichen Freiheit. Und solche größeren kirchlichen Körper dürfen sich nicht
Funktionen aneignen, die Gott der Ortskirche gegeben hat.
„302. Warum heißt das Amt der Schlüssel die
‚sonderbare’ oder besondere Kirchengewalt? Weil es nicht eine weltliche, sondern
eine geistliche Gewalt ist, die Christus seiner Kirche auf Erden, und zwar
jeder christliche Ortsgemeinde verliehen hat.“ Der Schwan’sche
Katechismus, mit dem Copyright versehen und veröffentlicht durch das Concordia
Publishing House, St. Louis 1912. S. 134, Frage 302.
„270. Wem hat Christus also diese Macht
gegeben? Christus hat diese Macht seiner Kirche auf Erden gegeben, insbesondere
jeder örtlichen Gemeinde.“ Luthers Kleiner Katechismus. Concordia Publishing
House. St. Louis 1943. Frage 270.
„Die Ortskirche ist eine göttliche
Einrichtung. Gott hat ihr das Schlüsselamt anvertraut, das ausgeübt wird durch
die Predigt des Wortes und die Verwaltung der Sakramente." The Doctrinal Position of the Norwegian Synod. 1927, S.
1.2. „Gott hat die örtliche Gemeinde eingesetzt.
Gott hat ihr das Schlüsselamt anvertraut. Kein
Einzelner und auch keine Gruppe von Einzelnen haben das Recht, Herrschaft über die
örtliche Gemeinde auszuüben. Gott hat nicht Synoden als solche eingesetzt. Wir
finden in der Schrift keine Spur einer solchen Organisation. Synoden sind vielmehr
dadurch entstanden, dass Gemeinden freiwillig übereingekommen sind, in solch
eine gegenseitige Beziehung einzutreten. Die Gemeinden werden dadurch befähigt,
leichter zusammenzuarbeiten, um Pastoren auszubilden, die Mission im eigenen
Land und in fremden Ländern zu treiben, christliche Wohltätigkeit usw. Die
Synode ist also damit nur ein Mittel, das es Gemeinden des gleichen Glaubens
ermöglicht, eifriger und wirkungsvoller in Sachen von gemeinsamem Interesse zu
arbeiten." The Doctrinal Position of the Norwegian
Synod. 1927.
Ist der Satz, dass die Schlüssel des
Himmelreichs jeder örtlichen Gemeinde anvertraut sind, der so oft aufgestellt
wurde, nicht nur in den hier zitierten Schriften, sondern in vielen Darlegungen
über diese Lehre, die über die Jahre
hinweg in den Kreisen der alten Synodalkonferenz veröffentlicht wurden: Ist
dieser Satz ein Satz, der durch die Lehre der Schrift eine Berechtigung hat? Ja,
dem ist so!
Das Amt der Schlüssel wurde von Christus,
unserem Herrn, seiner Kirche auf Erden anvertraut, das ist allen und jedem
wahrhaft gläubigen Christen. Das ist die klare und feste Lehre der Schrift, Joh.
20,22.23; Matth. 16,19; 1 Petr. 2, 5-9. Jeder Christ hat
diese Macht und das Recht, sie überall da zu gebrauchen, wo er ist. Er darf und
soll sie innerhalb und außerhalb der Gemeinde gebrauchen. Wenn aber die
Gläubigen die Schlüssel haben, dann hat sie auch die örtliche Gemeinde der
Gläubigen. Und Christus hat in seinem Wort der Ortskirche im besonderen den öffentlichen
gemeinsamen Gebrauch der Schlüssel übertragen und anvertraut.
Zum Beispiel:
Obwohl der einzelne Christ die Schlüssel in
ihrer vollen Macht und Gebrauch benützt, so darf er doch nicht, wenn er sich
dort befindet, wo Brüder sind, die die gleiche Macht haben, das Recht für sich
in Anspruch nehmen, ohne einer Berufung durch sie alle in ihren Zusammenkünften
aufzustehen und das Wort zu predigen. Auch darf er nicht für sich einen anderen
Mann berufen als öffentlichen Diener des Wortes, sondern er: hat sich mit den
übrigen in der Gemeinde zusammenzufinden, um einen Pastor zu berufen. Dass die
Gemeinde dieses Recht und die Gewalt hat, ist klar, da ja die Gläubigen die
Inhaber der Schlüssel sind, die durch das heilige Predigtamt verwaltet werden
sollen. Des weiteren zeigen alle
Beispiele in der Schrift von der mittelbaren Berufung, dass es die Ortskirche
ist, die diesen Ruf ausübt, Apg. 1,15-26; Apg. 13,1-3; 14,26.27; Apg. 14,23;
Tit. 1,5.
In Matth.
18,15-20 haben wir des HERRN Anweisung, wie wir mit einem Bruder umgehen
sollen, der in irgendeine Sünde gefallen ist und nun in der Gefahr steht, auf ewig
verdammt zu werden. Der Christ, der über die Sünde seines Bruders weiß, ist
verpflichtet, ihn zu ermahnen. Er hat die Macht der Schlüssel und er hat sie zu
gebrauchen. Wenn es ihm aber nicht möglich ist, den sündigenden Bruder zu
gewinnen, so soll er einen oder zwei andere hinzuziehen. Sie haben ihn zu
ermahnen; wenn aber der Sündigende dennoch nicht Buße tut, so müssen sie Zeugen
seiner Weigerung sein. Jeder von denen, die
mit dem Sünder handeln, hat das Amt der Schlüssel und damit die Pflicht,
dies zu gebrauchen. Wenn der offenbare und unbußfertige Sünder unerschüttert bleibt, so sollen sie ihm das Gesetz verkündigen, ihn warnen,
ja, ihm erklären, dass ihm seine Sünden so lange behalten werden, so lange er nicht Buße tut. Aber die Sache ist nicht
abgeschlossen, bis sie nicht vor die Kirche gebracht wurde und er sich auch
geweigert hat, die Kirche zu hören, und die Kirche gehandelt hat. Denn im Text
lesen wir: „Höret er die nicht , so sage es der Gemeinde.
Höret er die Gemeinde nicht, so halte ihn als einen Heiden und Zöllner.“ Jesus
sagt zu dem Christen, der um die Sünde seines Bruders weiß und ihn zuerst
ermahnt hat (denn er wendet sich an ihn). „Du hast noch nicht alles getan, was
du für den Bruder tun solltest, so lange
du die Sache noch nicht vor die Kirche gebracht hast und er deren Ermahnung
widerstrebt hat.“ Erst dann ist die Sache abgeschlossen. Erst dann ist der Sünder
öffentlich als ein Heide und Zöllner zu erklären und zu betrachten. Dass die
gesamte Gemeinde ihn als solches bezeichnen muss, ist offensichtlich, denn in
V. 18 haben wir einen Wechsel vom „du“ zum „ihr“, vom Singular zum Plural: „Was
ihr aber auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein; und was ihr
auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel los sein.“ Dass es die Kirche ist,
die handeln muss, zeigt auch 1. Kor. 5,4-5.13.
Walther und Hönecke
stellen fest, dass es „keines besonderen Beweises bedarf“ dass es „selbstverständlich“
ist, dass die Kirche, auf die in Matth. 18 Bezug
genommen wird, die sichtbare örtliche Gemeinde ist. Stimmt das? Die Kirche in
Matthäus 18 ist eine festgelegte Gruppe, die unterschieden ist von den zweien
oder dreien, die zuvor ermahnt haben, eine Gruppe, die in der Art angesprochen
werden kann: „sage es der Gemeinde“, und die gehört werden kann: „höret er die
Gemeinde nicht“, eine Gruppe also, die gefunden und erkannt werden kann. Weiter
wird auch von der Einzelperson, die die Ermahnung durchgeführt hat, angenommen,
dass sie weiß, was „die Gemeinde“ ist. Das kann nun aber nicht die Universalkirche
sein. In der Schrift aber heißt ekkleesia. entweder
die Una Sancta oder die
örtliche Gruppe von Gläubigen, die um das Wort und die Sakramente
zusammengekommen sind, oder, die regelmäßige Versammlung solch einer Gruppe.
Wenn es nicht die Una Sancta
ist, worauf sich Matth. 18 bezieht, so muss es die
örtliche Gemeinde sein. Wer immer das angreift ist verpflichtet, zu zeigen, wo
die Schrift das Wort ekkleesia in einem anderen Sinne
gebraucht. Natürlich kann man argumentieren, dass das Wort hier eine Bedeutung habe,
die sonst nirgends in der Schrift gefunden werde. Wir haben einen solchen, Fall, in Apg. 19, 41 (V. 40 bei Westcott und Hort und Nestle), wo ekkleesia
für eine Versammlung von Bürgern verwendet wird, ein im Neuen Testament
einmaliger Gebrauch. Wer aber ekkleesia in Matth. 18,17 in einer Bedeutung nehmen will, die
verschiedenen ist von denen, die es sonst im Neuen Testament hat, muss vom Text oder Kontext her zeigen,
dass es nicht heißen kann, was es sonst im Neuen en Testament bedeutet - und es
gibt nichts im Text, das die gewöhnliche Bedeutung ausschließt, nämlich dass es
sich um eine Gruppe von Christen an einem bestimmten Ort handelt, die
regelmäßig um das Wort und die Sakramente zusammenkommen. Wir sind daher
aufgefordert, ‚Kirche’ hier so zu verstehen, dass die örtliche christliche
Gemeinde gemeint ist. Walther und Hönecke haben recht, wenn sie sagen, dass dies selbstverständlich sei,
keines Beweises bedürfe
Weiter ist ja auch nur die Gemeinde, zu der
der Sünder gehört, in einer Lage, mit ihm über einen Zeitraum zu handeln, wie
es die christliche Liebe und die Anweisungen in Matth.
18, 15-17 erfordern. Einzig seine Gemeinde ist in der Lage, die Sache richtig
zu untersuchen und in ihr ein Urteil zu fällen. Einzig seine Gemeinde hat das
Recht, ihn auszuschließen und solch einen Ausschluss auch durchzuführen.
Zusätzlich zu diesen Beobachtungen werden
wir auch mit der Tatsache konfrontiert, dass die Schrift uns nur ein einziges
Beispiel gibt für die Ausübung von Matthäus 18. Es ist dies der Fall des
blutschänderischen Mannes in Korinth. Hier hat der Apostel Paulus sich nicht
angemaßt, den Mann auszuschließen, obwohl er ja wahrhaftig selbst auch die
Schlüssel besaß, sondern er hat die Gemeinde aufgefordert, den Mann
auszuschließen, und später, ihn wieder aufzunehmen. 1. Kor 5,13; 2. Kor. 2,5-11.
Es ist also die klare Lehre der Schrift,
dass die öffentliche Ausübung der Schlüssel der
örtlichen Gemeinde vom Herrn gegeben ist4,
1. Kor. 3,21-23; Matth. 18,18; Apg. 14,23; 6,1 ff.
Was die Gemeinden für sich machen können,
das könnten sie auch zusammen machen und sollen es auch, wenn sie dadurch in
der Lage sind, die Dinge wirkungsvoller auszuführen. In 2. Kor. 8,19.23 wird
uns ein Beispiel gegeben für solch eine Zusammenarbeit. Es zeigt uns auch, dass
Gemeinden Männer wählen können, die ihre Anweisungen ausführen und denen sie
Autorität übertragen. So wurden die Boten der Kirchen von ihnen erwählt, um die
Sammlung für die Heiligen in Jerusalem durchzuführen und sie ihnen zu bringen.
In V. 19 wird auf einen Mann Bezug genommen, der von einer Anzahl von Kirchen
gewählt wurde, um mit Paulus mit der Kollekte zu reisen. Die Gemeinde kann ja
selbst Hilfsämter aufrichten, die das Amt des öffentlichen Dienstes
unterstützen und ein Teil von ihm sind, wie wir aus Apg. 6 sehen.
Es liegt im Bereich der christlichen
Freiheit, wenn Gemeinden sich zu größeren Körpern
verbinden und bestimmte Aufgaben an diese Körper delegieren, wenn sie neue
Ämter als Zweige des heiligen Predigtamtes aufrichten, die es in seiner Arbeit
unterstützen, wenn sie solche Arbeit entweder für sich oder gemeinsam mit den
Schwestergemeinden machen, wenn sie auf Kommissionen und Ausschüsse, die von
ihnen oder ihren Vertretern gewählt wurden, Autorität übertragen. Wenn etwa
eine Missionskommission jemanden beruft, so macht sie dies aufgrund der
Autorität, die ihr gegeben wurde, übertragen nämlich von den Gemeinden durch
deren Delegierte5. Obwohl die Mitglieder
der Kommission, wie wir hoffen, wahre Christen sind, so berufen sie nicht kraft
ihres allgemeinen, eigenen Priestertums sondern weil sie gewählt wurden,
anstelle der Gemeinden, die sich zu einem größeren kirchlichen Körper
zusammengeschlossen haben, zu handeln. Wenn der Ruf ausgeübt würde kraft des
persönlichen Priestertums der Kommissionsmitglieder, so forderte dies
folgerichtig, dass jeder andere auch, den wir als einen christlichen Bruder anerkennen
müssten, dazukommen dürfte, um den Ruf
auszuüben, selbst wenn er nicht für die Kommission gewählt wurde. Aber selbstverständlich
wird keine Synode oder Kommission solch ein Vorgehen erlauben.
Wenn nun das Schlüsselamt der Gemeinde der
Gläubigen anvertraut wurde, was sollen wir nun sagen hinsichtlich der Heuchler,
die in der äußeren Gemeinschaft und vor den Menschen Glieder der der Ortskirche
sind (obwohl nicht tatsächlich und nicht vor Gott) und die selbst öffentlich die
Gnadenmittel an Gemeindestatt verwalten
dürfen? Die Schlüssel gehören den Heuchlern nicht. Wenn sie äußerlich an
ihrer Ausübung teilhaben oder sie gar selbst öffentlich verwalten, so bleiben
die Schlüssel doch gültig und wirksam, da sie verwaltet werden an Stelle jener,
denen sie gehören, nämlich den wahren Gliedern der Gemeinde, den wahren
Gliedern Christi [wobei ja auch die Gültigkeit und Kraft der Schlüssel nicht
von den Ausübenden abhängt, denn die Schlüssel haben ihre Kraft und Gültigkeit
von Gott, Anm. d. Übers.] Heuchler in
der sichtbaren Kirche sind wie Schmutz an einem Wagenrad. Der Schmutz ist nicht
ein Teil des Rades, hindert aber auch nicht, dass das Rad läuft.
Nun die
Zusammenfassung dessen was dargestellt wurde: Die örtliche Gemeinde ist nach
ihrem Wesen eine Gruppe von Christen die sich regelmäßig um die Gnadenmittel
versammeln. Heuchler sind dieser Gruppe zwar untergemengt, aber sie gehören
nicht wirklich dazu. Ihr [der örtlichen
Gemeinde, Anm. des Übers.] gehören der Name, die Titel, Rechte, Pflichten und
Schätze der Kirche. Gott hat die örtliche Gemeinde eingesetzt und ihr die
öffentliche Verwaltung der Schlüssel übertragen. Christliche Gemeinden haben
zwar ihre Brüder im Glauben überall anzuerkennen und mit ihnen
zusammenzuarbeiten, um das Reich Gottes voranzutreiben, aber sie sind nicht
verpflichtet, sich zu größeren Gruppen zu verbinden, was sie aber in
christlicher Freiheit selbstverständlich
tun dürfen denn Synoden und andere kirchliche Körper sind aus menschlicher,
nicht göttlicher Einsetzung.
(Zusatz
aus dem gleichen Heft von ‚The Faithful Word’, S. 15:
)
Im Jahr 1908 hörte die Synodalkonferenz den
Vortrag von Dr. Fr. Pieper, und nahm ihn auch mit Dank an, der diese Aussagen
enthielt:
„Wie bereits erwähnt ist es keine
göttliche Ordnung, dass örtliche
Gemeinden sich mit anderen örtlichen Gemeinden vereinigen, um größere
Kirchenkörper zu bilden, wie es etwa unsere Synoden sind. Diese Verbindungen
sind eine Sache der christlichen Freiheit. Die örtliche Gemeinde ist der
einzige göttlich eingesetzte Verein in der christlichen Kirche. Alle anderen
Vereine und Verbindungen sind nur menschliche Ordnungen. Wir lassen nicht zu,
dass die Synodalorganisation als eine göttliche Ordnung betrachtet wird. Es
gibt jedoch noch eine Sache, die göttliche Ordnung ist über den Verein der
örtlichen Gemeinde hinaus: Nämlich die, dass wir als Brüder im Glauben solche
Christen nur anerkennen und behandeln, die an anderen Orten den wahren Glauben
bekennen. Der Apostel Paulus schreibt an Timotheus (2. Tim. 1,8): „Darum, so schäme
dich nicht des Zeugnisses unsers HERRN noch meiner, der ich sein Gebundener
bin.“ Proceedings, S. 38. Es wird von keiner
Gegenstimme berichtet.
(Zusatz aus J.H.C. Fritz: Pastoral Theology. Fort Wayne 1945. S. 25 f:)
Ebenso beweist die göttliche Ordnung, dass
eine Gemeinde ihren eigenen Pastor oder ihre eigenen Pastoren
haben soll (in Ephesus: „unter welche
euch der Heilige Geist gesetzt
hat zu Bischöfen“, Apg. 20,17.28; Tit.1,5), dass die
Ortskirche eine göttliche Einrichtung ist und
dass daher die Gliedschaft in einer Ortskirche nicht der freien Wahl überlassen ist, sondern
göttlicher Befehl.
Gott hat das
Amt IN ABSTRACTO eingesetzt und allen Christen gegeben. Dieses Amt IN ABSTRACTO
sind die Gnadenmittel, Matth. 28,19. 20; Mark. 16,15;
Joh. 20,21-23.
Gott hat ebenso auch das Amt IN CONCRETO
eingesetzt, d.i.: Das Amt der öffentlichen Verwaltung der Gnadenmittel an Statt der Gemeinde [von Gemeinschaftswegen Anm. d. Übers.]
wurde durch den Sohn Gottes aufgerichtet, der die Apostel zum Amt der Predigt
des Evangeliums berief dem Amt der Sorge um die Seelen, Matth.
10; 28,18-20; Mark. 16,15.16; Joh. 21,15-17; und der ähnlich auch die Siebzig
berief Luk. 10,1-22. Dass der HERR, hier ein wirkliches Amt aufrichtete, ein
Amt und nicht nur gewisse Funktionen, das zeigt die Tatsache, dass dieses Amt
von der geistlichen Priesterschaft
[allgemeines Priestertum, Anm. d. Übers.] unterschieden ist, wenn es auch
auf ihr aufbaut und in ihr wurzelt. Denn ein Christ muss einen besonderen Beruf
zu diesem Amt haben, Röm. 10,15; 1. Kor. 12,29; 2. Kor. 5,20, im Gegensatz zu dem allgemeinen Beruf
und dem priesterlichen Amt, das allen Christen gehört. Die Schrift spricht
darum als von einem Amt, in das man berufen wird, Apg. 1,20: „Sein Bistum (episkopeen) empfangene ein anderer“. 1 Tim. 3,1: „So jemand
ein Bischofsamt (episkopees) begehrt, der begehrt ein
köstliches Amt.“ Röm. 1,5: „Wir haben empfangen Gnade und Apostelamt (apostolees).“ Eph. 3,6.7: „Das Evangelium, des ich ein Diener
(diakonos) geworden bin.“ Kol. 1,24.25: „Die
Gemeinde, welcher ich ein Diener (diakonos) geworden
bin, nach dem göttlichen Predigtamt (oikonomia) das mir gegeben ist unter euch, dass ich das
Wort Gottes reichlich predigen soll.“ 1. Tim. 1,12: „gesetzt in das Amt (themenos
eis diakonian)“. 1 Kor 4,1:
„Dafür halte uns jedermann, nämlich für Christi Diener (hypereetes)
und Haushalter (oikonomous) über Gottes Geheimnisse.“
Diese Ausdrücke episkopee, apostolee,
oikonomia: Amt eines oikonomos,
Haushalterschaft, Verwaltung, Einrichtung - oikonomos: Inhaber einer Haushaltung oder eines
Gutes, ein Verwalter, Haushalter; - hypereetes:
ein Diener, Begleiter, Amtsinhaber, gebraucht für einen Magistratsdiener vom
Beamten der Synogage oder des Synhedrin,
für Diener von Königen, von christlichen Amtsinhabern: Luk. 1,2; Apg. 13, 5;
26, 16; - diakonia: das Amt und die Arbeit
eines diakonos, Dienst, Amt; - diakonos:
Diener, Begleiter, Amtsinhaber; - auch leitourgos, Röm 15, 16: ein öffentlicher Diener, Amtsinhaber, Diensthaber: „dass ich soll sein ein leitourgos
Christi unter den Heiden, zu opfern das Evangelium Gottes“. - Diese Ausdrücke
also zeigen, dass der HERR nicht nur die Gnadenmittel der Kirche anvertraut hat
(das Amt in abstracto), sondern auch ein öffentliches
Amt eingesetzt hat, ein konkretes Amt des Dienstes, in das Männer berufen
werden müssen, um die Geheimnisse Gottes zu
verwalten, an Statt derjenigen, denen sie Gott
ursprünglich, gegeben hat.
Wir müssen unterscheiden zwischen den
besonderen Zügen des Apostelamtes - dem unmittelbaren, auf die gesamte Welt
gehenden Ruf und der besonderen Gabe der Inspiration, wie auch der Gabe der
Wunder als Zeichen und Bestätigung der Apostel - und dem Predigtamt, das den
Aposteln gegeben war. Erstere Dinge gehörten speziell den Aposteln und sind
vergangen. Das Amt aber, das mit der Berufung der Apostel aufgerichtet wurde,
soll bis zum Ende der Zeit weitergehen. Dabei sehen wir auch, dass die Apostel
diejenigen mit sich verbanden, die mittelbar (also durch Menschen) berufen
waren [also sich mit ihnen in ein Amt, auf eine Stufe stellten, Anm.d. Übers.], 1. Kor. 4,1; 1 Ptr.
5,1; Kol. 4,7; Phil. 2,25 und die Funktionen, Pflichten, Befähigungen,
Autorität, Verantwortung und Ehre des Amtes der Apostel und der mittelbar
berufenen Diener des Wortes sind gleich: 2. Kor. 5,20; Kol. 1,25; Apg. 6,2.4; 1.
Kor. 4,11; 3,5; 9,9-14; Gal. 6,6; 2. Kor. 4,5; Joh. 21,15-17; Apg. 20,17-25; 1.
Ptr. 5,14; Hbr. 13,17; 1
Tim. 3,1-17; Tit. 1,5-9; 1. Kor. 12,13, (Wenn wir die Autorität betrachten, so ist sie auch die gleiche: Während die
Apostel, wenn sie das Wort sagten, durch die Inspiration mit göttlicher
Autorität sprachen, so sprechen andere Diener des Wortes mit der gleichen
Autorität, wenn sie das Wort verkündigen, das sie in den Schriften der Apostel
und Propheten finden.)
Das den Aposteln übertragene Predigtamt
soll bis zum Ende der Zeit dauern, Matth. 28,20: „Und
siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende." Da die Kirche
das Evangelium bis zum Ende der Zeit verkündigen soll, so muss das öffentliche
Amt, das eingerichtet wurde zur Verkündigung des Evangeliums, von Dauer sein,
und die Kirche ist stets bis zum Ende daran gebunden. Daher dienten die
Apostel, so lange sie unter ihnen waren, den frühen Gemeinden selbst, wenn sie sie
aber verließen, so hatten sie Männer zum Predigtamt in ihrer Mitte berufen,
Apg. 14,23; Tit. 1,5; 1. Tim. 3,1 ff; Kol. 4, 17; 1. Thess,. 5,12.13, und lehrten, dass diese Inhaber des öffentlichen
Amtes aus göttlicher Berufung sind: Apg. 20,28; 1. Kor. 12,28; Tit. 1,7. Sie
gaben auch Anweisungen für die Weiterführung dieses Amtes: 2. Tim. 2,2; 1. Tim.
3,1-7; Tit. 1,5.
Dieses Amt ist die Vollmacht, im
öffentlichen Amt die allgemeinen Rechte der geistlichen Priesterschaft an deren
Statt zu verwalten: 1. Kor. 4,1; Joh. 21,15.16; 2.
Tim. 4,1-5; 2. Kor. 2,10. Da das von Christus eingesetzte Amt, das Amt der
Predigt und des Wortes ist, und da es die öffentliche Verwaltung der Schüssel
ist, so umfasst es alle Aufgaben der Kirche, alle Aufgaben, die das Wort in der
Kirche hervorbringt, so, wie auch die Schlüssel die gesamte Autorität der
Kirche [Kirchengewalt, Anm..d.. Übers.] umfassen. Dementsprechend werden die
Inhaber dieses Amtes in der Heiligen Schrift Älteste, Bischöfe, Leiter,
Haushalter genannt, ob sie nun Apostel waren oder nicht, während die Inhaber eines anderen Amtes
Diakone genannt wurden, also Diener, nicht nur Gottes sondern auch der Gemeinde
und des Bischofs; und über letztere wird angemerkt, dass sie die Gemeinde
versorgen müssen und über alle Seelen wachen, als solche, die Rechenschaft
ablegen müssen: 1. Tim. 3,1;5.7; 5,17; 1. Kor. 4,1; Tit. 1,7; Hbr. 13,17. „Mit dem Apostolat hat nämlich der HERR nur Ein
Amt in der Kirche aufgerichtet, welches alle Kirchenämter in sich begreift und
durch welches die Gemeinde Gottes in jeder Beziehung versorgt werden soll; das
höchste Amt ist das Predigtamt, mit welchem auch alle anderen Ämter zugleich
übergeben werden; jedes andere öffentliche Amt in der Kirche ist sonach ein
Teil desselben oder ein Hilfsamt.“ (Walthers
Ausführung der achten These in „Kirche und Amt“, 3. Aufl., 1875, S. 342-343; vgl.
Luther, St. Louis-Ausg., XVI, 2281, Par. 265;
X,1547-1549, Par. 23.24; X, 1592; Par.
75) Mit dem Amt der Predigt wurden Paulus 1. Kor. 1,17 Taufen und alle anderen
Aufgaben der Kirche übertragen, so dass er sie entweder selbst ausüben konnte
oder andern überlassen, wie wir 1. Kor. 1,14-16 sehen. Die Apostel übten
zunächst auch das Amt der Armenpfleger in Jerusalem aus. Erst als ihre Arbeit
zu sehr anwuchs, richtete die Gemeinde ein Hilfsamt
ein, so dass sie ihre Aufmerksamkeit auf
ihre Hauptarbeit legen konnten, das Amt des Wortes. Aber sie hörten damit nicht
auf, mit der Arbeit der Essensausteilung an die Armen etwas zu tun zu haben: „Welche
wir bestellen mögen zu dieser Notdurft.“ (Apg. 6,3)
Heute haben wir das Amt des
Gemeindeschullehrers. Das ist ein Hilfsamt, das
abgezweigt wurde vom Amt des Wortes. Der Lehrer dient also im Amt der Kirche.
Er hat ein göttliches Amt, das eine göttliche Berufung erfordert. Er hat somit
Teil an der Ehre, die der Arbeit im Amt zugesprochen ist, als einer, der berufen ist, das Wort Gottes den Kindern zu lehren. Aber
diese Arbeit [als ein besonderes Amt in concreto, das
einer besonderen Person zu übertragen wäre, Anm. d. Übers] ist nicht von Gott
eingesetzt. Es ist ein göttliches Amt, weil es ein Teil des Predigtamtes ist,
das Christus eingesetzt hat. Und der Inhaber, dieses öffentlichen Amtes
verliert nicht einen Teil seines Amtes, wenn ein Lehrer berufen wird, denn er
ist weiterhin verantwortlich für die geistliche Wohlfahrt der Kinder. „So habt
nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde“, Apg. 20,28. Weide meine
Lämmer, ... weide meine Schafe, Joh 21,15.16. Wenn
ein neuer Dienst eingerichtet wird, um dem Predigtamt zu helfen, so wird
dadurch das eine, von Christus in der Berufung der Apostel eingesetzte Amt
weder zerstört noch vermehrt.
Bis zum Ende der Zeit ist die Kirche allerdings
gebunden, das Amt der Verkündigung des Wortes und der Verwaltung der
Sakramente, das Amt, das auf die Seelen acht hat,
aufzurichten: „die ganze Herde“ (Apg, 20,28). Das ist
dasselbe Amt, das auch die Apostel hatten, mit dem Unterschied, dass sie eine
unmittelbare und universale Berufung hatten, während die späteren Inhaber des
Amtes mittelbar berufen werden von einer und zu einer bestimmten Herde, Apg.
20,28; 1. Petr. 5,2. Dass dasselbe öffentliche Amt, das durch die Berufung der
Apostel begründet wurde, fortgeführt werden soll, wird durch die Anweisungen
gezeigt, die in den Pastoralbriefen für die Arbeit des Amtes und die Sorge für
die Kirche gegeben werden, besonders in den Anweisungen, die für die
Aufrichtung des Amtes in 1. Tim. 3,1-7 gegeben werden (V. 5: „die Gemeinde
Gottes versorgen“; V. 2: „lehrhaftig sein“) und Tit.
1,5-9 (V. 7: „als ein Haushalter Gottes“; V. 9: „Und halte ob dem Wort, das
gewiss ist“).
Tit. 1,5 im besonderen
lehrt, dass „die Kirchen vor Gott nach göttlichem Recht schuldig [sind], ihnen [sich] selbst Pfarrherrn und
Kirchendiener zu ordinieren“, wie der Anhang zu den Schmalkaldischen Artikeln
erklärt [AS, Tract., 72]. „Derhalben ließ ich dich
in Kreta, dass du solltest vollends anrichten, da ich es gelassen habe und
besetzen die Städte hin und her mit Ältesten, wie ich dir befohlen habe.“ Es
ist behauptet worden, dass die Anweisungen, die Titus hier hinsichtlich der
Einrichtung des öffentlichen Amtes gegeben wurden, nur für die Kirche auf Kreta
zu jener Zeit aufgrund der besonderen dortigen Umstände gemeint wären. Aber
nichts im Text oder Kontext rechtfertigt eine solche Behauptung. Wir haben kein
Recht, die Aussagen der Schrift einzuschränken, indem wir sie nur auf eine
bestimmte Zeit oder einen bestimmten Ort anwenden, es sei denn, die Schrift
selbst macht solche Einschränkungen. Diese Dinge sind vielmehr in der Heiligen
Schrift durch Inspiration geschrieben worden für die Unterweisung der
Kirche zu allen Zeiten, Röm. 15,4; 1.
Kor. 10,6.11. Paulus gibt hier Anweisungen an Titus über die Einrichtung des
öffentlichen Amtes in den Gemeinden, die in den verschiedenen Orten Kretas
gebildet worden waren (kata polin;
das einteilende „kata“, Stadt bei Stadt; vgl. Apg.
14,23: kat eccleesian,
Kirche bei Kirche). Er stellt fest, dass etwas fehlt, wenn die Kirchen nicht
mit Dienern des Wortes versehen sind: „dass du solltest vollends ausrichten, da
ich es gelassen habe und besetzen die Städte hin und her mit Ältesten; in ta leiponta epidiorthoosee
kai katastasees kata polin presbyterous“.
Noch mehr, Paulus hat Titus auf gefordert, es ihm befohlen: hoos
ego soi dietaksameen . Diatasso bedeutet: anordnen, Befehle geben. Das
dazugehörende Hauptwort ist diatagee: Ordnung, Röm.
13,2 und diatagma: Verordnung, Gebot, Hbr. 11,23, wo es gebraucht wird für Pharaos Befehl, die
männlichen hebräischen Kinder umzubringen. Wenn wir bedenken, dass Paulus ja in
Dingen der christlichen Freiheit nichts befiehlt, so ist es offensichtlich,
dass der Gebrauch dieses starken Verbes dietaksameen,
ich ordne, ich befehle, das, worum es geht, außerhalb des Bereiches der
christlichen Freiheit setzt . Tit. 1,5 kann nicht einfach damit beiseite
gesetzt werden, dass er sich nur auf örtliche und zeitliche Umstände beziehe.
Luther sagt richtig: „Wer da glaubt, dass hier der Geist Christi in Paulus
redet und ordnet, der erkennet wohl, dass dies eine göttliche Einsetzung und
Ordnung sei, dass in einer jeglichen Stadt viel Bischöfe, oder aufs wenigste
Einer sei.“
In 1 Kor. 12,28.29 werden verschiedene
Ämter und Gaben erwähnt, die in den Apostelgemeinden vorhanden waren. Auch in
Eph. 4,11 und an anderen Stellen werden unterschiedliche Gaben und Ämter
erwähnt Einige haben von diesen Stellen her gegen die Lehre argumentiert, dass
Christus nur ein Amt in der Kirche eingesetzt hat, durch das die Kirche Gottes
in jeder Hinsicht zu versorgen ist und
das alle Ämter in der Kirche umfasst. So etwa die Romanisten und die alte Breslauer
Synode [Altlutheraner,, Anm. d. Ubers.] Aber diese Stellen leugnen keineswegs,
dass Christus nur ein Amt in der Kirche aufgerichtet hat. Sie sprechen vielmehr
von Ämtern, die von den frühen Christen eingesetzt wurden, um die Apostel und
die anderen Inhaber des Predigtamtes in ihrer Arbeit zu unterstützen. Dass
solche Ämter eingerichtet werden dürfen, ist gemäß Apg. 6 offensichtlich. Als
die Last der Arbeit, die auf den episkoopoi lag und
die Gaben, die anderen in der Kirche gegeben waren, anzeigten, dass es ratsam
sei, neue Ämter aufzurichten, führte die Kirche das aus. Ihre Inhaber stehen im
Amt der Kirche, vollbringen einen Teil der Arbeit des einen öffentlichen Amtes
und unterstützen die Inhaber des einen Amtes. Es sollte jedoch daran erinnert
werden, wie es Chemnitz aufgezeigt hat, dass die Einrichtung und Beibehaltung
solcher Ämter eine Sache der christlichen Freiheit ist, dass nicht alle
Apostelgemeinden die gleiche Anzahl oder Art von Hilfsämtern hatten und dass
diese Grade oder Unterschiede des Amtes menschlichen Ursprungs sind. Während
die Kirche einerseits ordentlicherweise an das
öffentliche Predigtamt gebunden ist bis zum Ende der Zeit, kann und darf sie
andererseits solche Hilfsämter einsetzen, beibebalten
oder aufheben, wie es die Umstände erfordern. Aber das Amt der öffentlichen
Verwaltung der Schlüssel an Statt der christlichen
Gemeinde ist eine direkte göttliche Einrichtung, eingesetzt in der Kirche von
Gott für alle Zeiten und Orte.
Ist die Lehre von Kirche und Amt wichtig?
Ist ein Irrtum in diesen Lehren trennend? Die Antwort ist, dass die Lehren von
Kirche und Amt klare Lehren der Heiligen Schrift sind. Folglich sind sie, wie
alle Lehren von Gottes Wort, auch wichtig. Und ein Irrtum in diesen Lehren, der
beharrlich festgehalten wird, trennt die Kirchengemeinschaft.
Ein Kirchenkörper, der die Lehrunterschiede
in diesem Bereich als nicht trennend ansähe, würde damit den Grundsatz
annehmen, dass einige Lehren der Bibel offene Fragen seien. Ob man nun eine
Lehre der Schrift als nichttrennend ansieht oder zwei oder zwanzig: der
Grundsatz ist und bleibt derselbe. Wo aber der Grundsatz einmal zugelassen
wurde, da wird auch die Anzahl der offenen Fragen, wie die Geschichte zeigt,
steigen.
Die Differenz zwischen Missouri
[Alt-Missouri, denn die LCMS hat 1961 die WELS-Lehre übernommen, Anm. d.
Übers.] und der Position Wisconsins bringt auch eine Differenz hinsichtlich des
Schriftprinzips, dem sola scriptura
[allein die Schrift, Anm. d. Übers.] mit sich. Denn hier gibt es einen
Unterschied im Umgang mit der Schrift. Wisconsin hat seine Position erlangt
durch einen Rückschluss aus der Etymologie und der Bedeutung des Wortes ‚ekkleesia’, nicht aber aus klaren Schriftstellen. Daher
wird behauptet, und zwar gegen die Schriftlehre, dass jede Gruppe von Christen
(oder doch zumindest jede Gruppe, die in des HERRN Namen versammelt ist) ekkleesia sei. Eine klare Schriftstelle, wie Titus l,5, wird mit der haltlosen Behauptung beiseite gestoßen,
dass sie sich nur auf örtliche, zeitliche Verhältnisse beziehe.
Es muss zu Verwirrung kommen in der
praktischen Arbeit der Kirche, wenn die Schriftlehre über Gemeinde und Synode
und den dritten Schritt in der Kirchenzucht nicht festgehalten wird. Dass wir
eine richtige Praxis hatten, verdanken wir der Tatsache, dass alle Synoden der
Synodalkonferenz, einschließlich Wisconsins, gemäß der Schriftlehre, die alle
ursprünglich hielten, geordnet waren. Dort aber, wo die göttliche Einsetzung
der örtlichen Gemeinde gegenüber Synoden und allen anderen menschlichen
kirchlichen Einrichtungen geleugnet wird, wird die Hierarchie kommen. Es ist ja
schon schwer genug, sie selbst da auszuschließen, wo die Lehre in Ordnung ist,
die menschliche Natur ist nun einmal wie sie ist.
Schließlich ist da eine sehr ernste
Anklage, die aber nicht gegen alle erhoben werden kann, die die wisconsinische Position innehaben, denn viele von ihnen
würden die dabei mit betroffene Position zurückweisen, eine Anklage aber, die
zu recht gegenüber einigen erhoben wird, die die wisconsinische
Position festhalten: nämlich dass sie einen gewissen Antinomismus
lehren. Sie widerstreben dem Anspruch eines mandatum Dei (eines Gebotes Gottes) für die örtliche Gemeinde und
das Predigtamt, und zwar aus der Grundhaltung heraus, dass dies ein
gesetzliches Element in das Neue Testament einführte, so, als ob Gott den
Christen keine Gebote gebe. Aber auch der Christ, soweit er noch den alten Adam
hat, braucht das Gesetz. Jedoch stellen die göttlichen Befehle, das Predigtamt
aufzurichten, die Sakramente zu verwalten usw. keine gesetzlichen Forderungen
dar, die Bedingungen für den Gehorsam aufstellen, sondern sie sind gnädige
Verordnungen zu unserem Heil. Ihr Wert liegt nicht in unseren Gehorsamstaten
gegenüber Gott, sondern darinnen, was er uns damit anbietet und gibt, nämlich
seine Gnade, zugeeignet durch Wort und Sakrament. Aber das macht sie nicht zu
Sachen der christlichen Freiheit.
Die Schriftlehre von Kirche und Amt muss aufrecht erhalten und jegliche Gegenlehre verworfen werden,
gerade so, wie es bei jeder anderen Lehre der Bibel ist. Matth.
28,19.20; 1 Petr. 4,11.
1 in der Lutherbibel wird ekkleesia fast durchgängig mit ‚Gemeinde’ übersetzt; Anm. d. Übers
2
das heißt, dass sie alle auf einer Ebene stünden,
alle in gleicher Weise von Gott gewollt seien (Anm. d. Übers.)
3
Genau das ist der entscheidende Punkt: Dass
örtliche Gemeinden gebildet werden, das ist Gottes Befehl, Apg. 1,4; 2,47, und
was sie ausüben, das üben sie aus göttlichem Befehl aus. Dass aber andere
Körper, etwa Synoden, gebildet werden, das geschieht aus menschlicher
Übereinkunft, nach menschlichem Recht; und die Funktionen, die sie haben, haben
sie nicht nach göttlichem Befehl, sondern menschlicher Übereinkunft.
4
Und nur der örtlichen Gemeinde, denn von keiner
anderen christlichen Versammlung wird dies ausgesagt, ist auch keine andere
christliche Versammlung von Gott eingesetzt als allein diese, die örtliche
Gemeinde, Apg. 1,4; 2,47; Tit. 1,5. (Anm. d. Übers.)
5
Sie haben also diese Gewalt nicht ursprünglich,
aus göttlichem Recht, sondern aus menschlicher Übertragung, nach menschlichem
Recht. (Anm. d. Übers.)