Einige Worte zur Kindertaufe
Von Gisle Johnson
Übersetzung der Ausgabe Christiania, Verl. Jacob Dybwad, 1857, mit deepL.
Originaltitel: Nogle Ord om Barnedaaben
Herausgegeben von Roland Sckerl, Durmersheim 2024
(Zwischenüberschriften ergänzt vom Herausgeber)
Was einen
norwegischen Theologen in unseren Tagen dazu bewegen kann, ein paar Worte über
die "Kindertaufe" in die Welt hinausgehen zu lassen, kann für jeden,
der mit den religiösen Bewegungen und kirchlichen Kämpfen der Zeit nicht völlig
unvertraut ist, kein Geheimnis sein. Seit einiger Zeit ist die Lehre von der
heiligen Taufe einer der Punkte, die nicht nur Gegenstand der Aufmerksamkeit
und des Nachdenkens waren, sondern auch Bewegung, Unruhe und Zwietracht unter
denen hervorgerufen haben, die in diesem Land gläubige Christen sind oder als
solche betrachtet werden. Wenn es auf der einen Seite diejenigen gab, die
glaubten, dass dieses Mittel der Ernährung von vielen der "Erweckten"
unserer Tage nicht voll genutzt wurde, und deshalb glaubten, dass sie den
vergessenen und verachteten Schatz fleißig aus seinem Versteck holen und seinen
Wert mit aller Kraft in das Herz der Gemeinde legen müssten, dann fehlte es auf
der anderen Seite nicht an denen die behaupteten, dass der Taufe auf diese
Weise mehr zugeschrieben wurde, als ihr nach dem Wort Gottes wirklich zusteht,
oder dass ihr Wert wenigstens in einer Weise behauptet wurde, die nichts
anderes bewirken konnte, als die Heilsordnung zu verwirren und zu stören und
die schlummernden Gewissen noch tiefer in ihre Vision des Schlafes zu stürzen.
Es würde zu weit führen, wenn ich mich hier auf eine eingehende Prüfung der
Berechtigung oder Nichtberechtigung der Ansprüche einließe, die sich in diesem
Streit gegenüberstanden; aber nicht zu diesem Zweck habe ich diese Tatsache
hier erwähnt, sondern nur, um zu zeigen, dass die Umstände seit langem jeden
ermutigen, der sich berufen fühlen mag, zu versuchen, etwas mehr Klarheit in
diese wichtige Angelegenheit zu bringen. Dieser Ruf ist nun aber in diesen
letzten Tagen dringender denn je geworden. Der besagte Streit hat nämlich
keineswegs die strittige Frage klarer beleuchtet und damit zu einer Versöhnung
oder Nivellierung der Differenzen geführt, sondern im Gegenteil eine der beiden
streitenden Parteien zumindest teilweise in eine Extremität getrieben, in der
ihre Abweichung von der Lehre der Kirche in dieser Frage offenkundig geworden
ist. Jeder weiß, dass ich mich auf den schweren Schlag beziehe, der unsere
Kirche im Laufe des letzten Jahres durch den Austritt mehrerer ihrer Mitglieder
und die Bildung von "apostolischen Freikirchen" getroffen hat, deren Auslöser
die Ablehnung der Kindertaufe war. Dieses Ereignis, wie auch immer man es
beurteilen mag, hat zweifellos mehr als alles andere gezeigt, wie groß die
Verwirrung unter uns in Bezug auf das wahre Wesen und die Bedeutung der Taufe
gewesen sein muss, wie allgemein das Bedürfnis in der Gemeinde nach einer
erneuten Diskussion dieser für den einzelnen Christen wie auch für die gesamte
Kirchengemeinschaft so wichtigen Frage sein muss, und wie dringend notwendig
ist es daher, dass jeder, der glaubt, etwas zur Linderung dieser Not beitragen
zu können, bereitwillig seinen Teil dazu beiträgt, ohne sich durch die vielen
Dinge davon abhalten zu lassen, die ihm unter anderen Umständen wohl als
Entschuldigung dienen könnten, wenn er das Schweigen dem Reden vorzöge.
So geht es
mir jedenfalls in diesem Augenblick, wenn ich im Namen Gottes, wenn auch nicht
ohne Furcht und Zittern, zur Feder greife, um "einige Worte über die
Kindertaufe" an die Gemeinde zu senden, der ich mich auch berufen fühle,
mit meinem Pfund zu dienen. Erst nach langem Zweifeln und Zögern habe ich mich
zu diesem Schritt entschließen können. Ich habe zwar nie einen Augenblick an
der Notwendigkeit eines Vortrages, wie ich ihn hier halten möchte, gezweifelt,
aber umso unsicherer war ich über meine Berufung zu einer solchen Arbeit. Wenn
es mir einerseits durch meine Stellung als theologischer Hochschullehrer
leichter als vielen anderen zu fallen scheint, mich zu der vorliegenden Frage
zu äußern, so konnte mich andererseits die Schwierigkeit der Aufgabe im
Verhältnis zu meinen in mehr als einer Hinsicht schwachen Kräften und vor allem
meine allzu natürliche Furcht, nicht die nötige Gabe zu besitzen, ganz klar und
verständlich zu denen zu sprechen, die in dieser Angelegenheit in erster Linie
Information und Anleitung zu brauchen schienen, von jedem Versuch in dieser
Richtung nur abhalten. Was aber schließlich meine Zweifel überwunden und alle
Bedenken zerstreut hat, ist vor allem der Umstand, dass ich in letzter Zeit von
verschiedenen Seiten ausdrücklich aufgefordert worden bin, meine Meinung zu den
beiden Fragen zu äußern, die im letzten Jahr so viele aufrichtige Herzen unter
uns in Aufruhr und Angst versetzt haben, nämlich der Austritt aus der
Staatskirche und die Kindertaufe. Ich habe solche Bitten nicht nur von Brüdern
erhalten, die in der Beantwortung dieser Fragen mit mir übereinstimmten und von
mir das ausgedrückt sehen wollten, was unsere gemeinsame Meinung und
Überzeugung war, sondern sie kamen auch von solchen, die noch im Ungewissen
waren, was sie glauben und tun sollten, und deshalb meine Meinung zu dem, was
sie bedrückte, hören wollten, um, wenn möglich, etwas mehr Licht in die Sache
zu bekommen. Vermutlich ist es die ausdrückliche Aufforderung der letzteren,
die mich veranlasst hat, das zu versuchen, wozu mir der Herr hier die Gnade
geben wird. Ich glaubte darin einen Schrei der Not zu hören, den ich um des
Gewissens willen nicht ungehört zu lassen wagte, wie sehr Fleisch und Blut auch
davor zurückschrecken mögen, ihm zu folgen.
Was mich
also wesentlich zu meinem Entschluss bewogen hat, ist in Verbindung mit der
Erwägung der mir im Augenblick zur Verfügung stehenden Zeit und Kraft auch der
bestimmende Faktor für die Art und Weise geworden, in der ich mich im Folgenden
bemühen werde, das unverdiente Vertrauen, mit dem mir bei dieser Gelegenheit so
viele bekannte und unbekannte Glaubensbrüder begegnet sind, nach bestem
Vermögen zu beantworten.
Dies ist
also der erste Grund, warum ich mich hier nur mit einer der beiden Fragen
befassen will, zu denen ich mich zu äußern aufgefordert worden bin. Wenn es
auch einige geben mag, denen die Frage des Austritts aus der Staatskirche am
nächsten, am wichtigsten und am dringlichsten erscheint, so muss ich doch nach
allem, was ich erlebt habe, davon ausgehen, dass es die andere Frage der
Kindertaufe ist, die gegenwärtig die Gewissen am meisten drückt und bedrückt, und
da eine auch nur einigermaßen befriedigende Antwort auf diese eine Frage
zweifellos alle Zeit und Energie erfordern wird, die ich für eine solche Arbeit
erübrigen kann, so bleibt mir im Augenblick nichts anderes übrig, als mich auf
das zu beschränken, was ich für das Notwendigste halten muss. Ob ich später
Gelegenheit haben werde, mich, wenn ich es wünsche, auch über die
"Resignation" zu äußern, liegt in der Hand des Herrn[1].
Das ist aber
auch der Grund, warum die folgenden "Worte zur Kindertaufe"
keineswegs den Anspruch erheben, als eine umfassende, erschöpfende Antwort auf
die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Kindertaufe angesehen zu werden. Mein
Gedanke und meine Absicht mit diesen Zeilen ist es, ein offenes und einfaches Zeugnis
dessen zu geben, was in diesem Stück mein Glaube und meine Lehre ist, von der
ich glaube, dass sie fest auf dem Wort Gottes beruht. Als ein solches Zeugnis
gehen sie unter den Brüdern weiter in seinem Namen, der Amen ist, der treue und
wahre Zeuge. Ihm sei das Zeugnis empfohlen, auf dass es zur Ehre seines Namens
und zur Ausbreitung seines Reiches diene.
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Ich bin nach
meiner Meinung zur Kindertaufe gefragt worden. Diese Frage ist, soweit ich
weiß, eigentlich eine doppelte Frage. Sie wollen zum einen wissen, was ich über
die Anwendung der Taufe auf kleine Kinder glaube und lehre, und zum anderen,
worauf ich diesen Glauben und diese Lehre stütze.
Die erste
dieser beiden Fragen könnte ich wirklich sehr kurz beantworten, indem ich
erkläre, dass ich in diesem Stück wie in jedem anderen mit aller Überzeugung
des Herzens den Glauben und das Bekenntnis der Kirche teile, der ich angehöre
und in deren Dienst ich arbeite. Ich bin durch die Gnade Gottes ein
evangelisch-lutherischer Christ und finde keinen Grund, das gute Bekenntnis
meiner Kirche in Bezug auf die Kindertaufe, wie auch in jedem anderen
Glaubensartikel, aufzugeben oder davon abzuweichen. Bei dieser einfachen und
geradlinigen Aussage könnte ich es belassen, wenn ich nicht zu befürchten
hätte, dass die Meinung, in der ich mich damit der Kirche und ihrem Bekenntnis
anschließe, von dem einen oder anderen missverstanden werden könnte, und auch annehmen
müsste, dass es eher notwendig wäre, dass mehr Menschen etwas genauer erklärt
und entwickelt bekommen, was die Lehre der lutherischen Kirche und damit auch
meine Lehre zur Kindertaufe ist.
Mir ist
nicht unbekannt, womit ich mich leicht bei einigen von denen exponiere, denen
dieses Zeugnis in erster Linie gegeben werden sollte, indem ich mich, wie ich
es hier getan habe, auf die Kirche beziehe und mir darüber hinaus ihr
Bekenntnis und ihre Lehre zu eigen mache. Es ist traurig, aber eine traurige
Wahrheit, dass zu viele in unseren Tagen, sei es im Glauben oder im Unglauben,
in törichtem Eifer oder in geistiger Unwissenheit, so von der Kirche, vom
Glauben an sie und von der Bekehrung zu ihr sprechen, dass es nur diejenigen
sehr gekränkt hat, die wissen, an wen sie als den Fels ihres Heils glauben, und
den Hirten und Aufseher der Seelen kennen, zu dem sie sich bekehrt haben,
sondern es hat auch bei vielen von ihnen das Wort "Kirche" in einen
heiligen Verruf gebracht, dass sie selbst es wie eine Plage meiden und es kaum
ertragen können, wenn es von anderen ausgesprochen wird, ohne dass sie sofort
von Verdacht und Furcht vor päpstlichem Sauerteig ergriffen werden. Unter
diesen Umständen muss ich natürlich darauf gefasst sein, dass die Aussage, die
ich oben über mein Verhältnis zur Kirche gemacht habe, denselben Verdacht gegen
mich erwecken und ein Vorurteil gegen dieses Zeugnis hervorrufen könnte, was
dazu führen würde, dass das Ganze ungelesen und ungeprüft bleibt. Diese
Möglichkeit veranlasst mich zwar nicht, ein Wort von dem, was ich gesagt habe,
zurückzunehmen, aber sie verpflichtet mich, die Bedeutung des Gesagten etwas
näher zu erläutern.
Wenn ich
hier also die Kirche erwähne, dann nur, weil es mir unsagbaren Trost und Freude
bereitet, zu wissen, dass ich mit meinem armseligen Zeugnis nicht allein auf
der Welt bin, sondern eine Vielzahl von Zeugen vor mir und um mich herum habe,
mit denen ich den Glauben meines Herzens und das Bekenntnis meines Mundes
teile. Ich weiß, dass es für den Menschen nicht gut ist, allein zu sein, denn
von Anfang an wurde er von Gott geschaffen, um nicht nur mit ihm, sondern auch
mit allen, die nach seinem Bild geschaffen sind, in Gemeinschaft zu sein. Ich
weiß aber auch, dass diese ursprüngliche Gemeinschaft, nachdem sie durch die
Sünde gestört worden war, nun von dem erneuert und wiederhergestellt worden
ist, der unser Friede ist und hat durch den Tod alle, die an ihn glauben, zu
einer Gemeinschaft mit Gott versöhnt hat. Deshalb kann ein Christ niemals
allein stehen, sondern alle, die durch den Geist Gemeinschaft mit dem Vater und
seinem Sohn Jesus Christus haben, müssen auch untereinander Gemeinschaft haben.
Jeder, der wirklich zum Herrn gehört und seinen Geist in seinem Herzen wohnen
hat, ist auch Glied eines heiligen Leibes, der in ihm sein himmlisches Haupt
hat, und dieser sein Leib auf Erden, diese Gemeinschaft derer, die in ihm ihren
einen Herrn und Heiland haben, die Gemeinde, die er durch seinen Geist beruft,
versammelt, erleuchtet, heiligt und erhält, und der er die Verwaltung der
Gnadenmittel anvertraut hat, durch die er alle Sünder seines Heils teilhaftig
machen will, diese "Versammlung der Heiligen oder Gläubigen, in der das
Evangelium recht gepredigt und die Sakramente recht verwaltet werden", ist
die Kirche, d.i. die Versammlung des Herrn. Wenn nun die Kirche ihrem
Wesen nach die Versammlung der Gläubigen ist, so hat und besitzt sie die selige
Wahrheit nicht nur im Wort, in dem Gott sie ein für allemal
geoffenbart und begründet hat, sondern auch in ihrem Glauben, in dem einer das,
was ihm so im Wort geoffenbart ist, angenommen und sich angeeignet hat, und in
seinem Glaubensbekenntnis, in dem er zum Lobe seines Herrn und zur Ausbreitung
seines Reiches wieder ausspricht, was er im Glauben erkannt hat. Solange er
aber in dieser Welt ist, hat er diesen Schatz in zerbrechlichen Gefäßen. Es
genügt nicht, dass ihr Verständnis der Wahrheit immer nur bruchstückhaft und
unvollkommen ist, so dass sie sich erst nach und nach, wenn sie immer tiefer in
das geoffenbarte Wort Gottes eindringt, dem Ziel, der Reife des Menschen, dem
Zeitalter der Fülle Christi, der vollen Einheit des Glaubens und der
Anerkennung des Gottessohnes nähern kann. Aber in diesem Wettlauf zum Ziel der
Vollkommenheit, in dieser schönen Erfahrung dessen, der das Haupt ist, wird sie
auch auf vielerlei Weise gestört und behindert durch die Sünde, die sie leicht
befällt, durch den Geist des Unglaubens, der Verblendung und der Falschheit,
der nicht nur in Heuchlern oder falschen Gliedern in die äußere Kirche
eindringen und sich Raum verschaffen kann, sondern der oft auch die wahren und
aufrichtigen Glieder der Kirche zum Teil blenden kann, so dass sie sich nicht,
wie es sich gehört, in allem der Wahrheit beugen und alle Gedanken unter den
Gehorsam Christi gefangen nehmen. Daraus folgt, dass die Kirche nicht, wie sie
sollte, in allen ihren guten Gliedern in der Erkenntnis der Wahrheit stetig von
Klarheit zu Klarheit fortgeschritten ist, sondern dass stattdessen die Reinheit
der Lehre in ihr sehr ungleich ist, je nach dem unterschiedlichen Gehorsam und
der unterschiedlichen Treue, mit der das Wort der Wahrheit von ihren Gliedern
zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten angenommen und bewahrt
worden ist. In unseren Tagen sehen wir sie infolgedessen in viele verschiedene
Kirchen oder Abteilungen von Kirchen geteilt, und wenn wir jemals vergessen
sollten, dass die Gnadenmittel des Herrn mächtig und wirksam für die Rettung
der Seelen sind, wo immer sie wirklich gebraucht werden, und dass er daher in
jeder dieser Kirchen die Seinen haben kann, dürfen
wir aber den Unterschied zwischen ihnen nicht mit Gleichgültigkeit betrachten,
sondern müssen im Gegenteil an derjenigen von ihnen festhalten, auf die uns der
Herr selbst durch seinen Geist und sein Wort hinweist, weil sie vor allen
anderen das Licht des reinen Wortes und die rechte Verwaltung der Sakramente
hat. Aus diesem Grund und in diesem Sinne bekenne ich mich zur
evangelisch-lutherischen Kirche. Durch das Wort und die. Sakramente hat mich
der Herr in seiner Barmherzigkeit zu dem gemacht, was ich bin, doch halte ich
nichts für wahr, weil ich es von ihr verkündet finde oder mit ihrem Bekenntnis
übereinstimme, sondern im Gegenteil halte ich sie für die wahre Kirche des
Herrn über alle anderen, weil ich finde, dass sie den größten Gehorsam in der
Beugung vor der in der Heiligen Schrift geoffenbarten Wahrheit und die größte
Treue in der Bewahrung derselben gezeigt hat und daher mehr als alle anderen
als "die rechte Säule der Wahrheit" oder als die Kirche bezeichnet
werden muss, "in der das Evangelium recht gepredigt und die Sakramente
recht verwaltet werden. "
Dass ich mit
einer solchen Sicht der evangelisch-lutherischen Kirche keinen papistischen
Götzendienst mit ihr betreibe, bedarf kaum eines weiteren Beweises. Aber noch
weniger ist der Mann, nach dem es üblich geworden ist, diese Kirche zu
benennen, "als ein Götze aufgestellt und angebetet, als ein Hindernis für
die volle Reformation und den Sieg der Wahrheit."[2]
Luther ist so wenig wie Paulus derjenige, der für uns gekreuzigt wurde und auf
dessen Namen wir getauft sind. Wie viel wir diesem großen Gottesmann auch zu
verdanken haben mögen, wir sehen in ihm nichts anderes als einen geretteten
Sünder, einen durch den Geist und das Wort Gottes erleuchteten Christen, der in
der Hand der Gnade Gottes ein mächtiges Werkzeug geworden ist, um die Kirche von
allem Irrtum und aller Falschheit zu reinigen, die zu seiner Zeit in ihr Fuß
gefasst und Halt gefunden hatten, zu reinigen und sie zu einer Einsicht in das
Wort Gottes und zu einer Erkenntnis der seligen Wahrheit zu führen, die an
Tiefe, Vollständigkeit und Klarheit seit dem Weggang der heiligen Apostel auf
Erden nicht mehr erreicht worden ist. Wenn sich unsere Kirche nach ihm
evangelisch-lutherisch nennt, so will sie sich keineswegs als eine neue, von
ihm erstmals gegründete Kirche bezeichnen. Sie ist im Gegenteil davon
überzeugt, dass sie die wahre christliche Kirche, die wahre Erbin und
Nachfolgerin der alten apostolischen Kirche ist, und würde daher gewiss jede
andere Bezeichnung für völlig überflüssig halten, wenn sie es nicht für nötig
hielte, sich dadurch von den vielen anderen christlichen Parteien zu
unterscheiden, die sich nicht wie sie dem Wort Gottes beugen wollten, die aber
mit all ihren mehr oder weniger großen Irrtümern so viel von der seligen
Wahrheit bewahrt haben, dass wir ihnen einen Kirchennamen nicht zu versagen
wagt. Wenn sie aber dann einen eigenen Namen haben muss, wird sie nicht daran
denken, sich den anzueignen, der zuerst nur ein von ihren Feinden erfundener
ketzerischer Name war, der sie aber jetzt noch an einen Mann erinnert, der zu
bescheiden war, um sich für einen Kirchenvater zu halten, der aber in Wahrheit
ein Führer war, der ihr das Wort Gottes verkündete, und dessen Glauben sie
deshalb nachzufolgen berufen ist (Hebr. 13,7).
Diese Kirche
also, die unser Herr Jesus Christus vor 1800 Jahren gegründet hat, als er am
Pfingsttag seinen Geist über die seinen Jünger ausgoss, die er seither treu
bewahrt und aufgebaut hat auf dem Fundament der Apostel und Propheten, während
er selbst der wichtigste Eckstein ist, und die er vor 300 Jahren durch Dr. Martin
Luther zur reinen und immer fließenden Quelle der Wahrheit zurückführen wollte.
Martin Luther gefiel es, sie zu der reinen und immer fließenden Quelle der
Wahrheit im apostolischen und prophetischen Wort zurückzuführen und sie dadurch
von dem Sauerteig der Falschheit zu reinigen, mit dem sie damals genährt wurde,
das ist die Evangelisch-Lutherische Kirche unseres Herrn Jesus Christus, deren
christlichen Glauben und Bekenntnis ich von ganzem Herzen teile, wie in allem
anderen, besonders auch in Bezug auf die Kindertaufe.
Wer nun
wissen will, was der Glaube und die Lehre unserer Kirche in dieser Sache ist,
der muss natürlich in erster Linie in ihrem öffentlichen und allgemeinen
Bekenntnis, wie es uns in ihren symbolischen Büchern oder Bekenntnisschriften
vorliegt, darüber Auskunft suchen.
Das Augsburger
Bekenntnis, oder das Bekenntnis, das die lutherische Kirche auf dem
Reichstag zu Augsburg im Jahre 1530 dem römischen Kaiser öffentlich vorgelegt
hat, erklärt in seinem zweiten Artikel, "dass nach dem Fall Adams alle
Menschen, die sich auf natürliche Weise fortpflanzen, mit Sünde, d.h. ohne
Gottesfurcht, ohne Gottvertrauen und mit bösen Begierden geboren werden, und dass
diese Krankheit oder angeborene Gebrochenheit in der Tat Sünde ist, die auch
jetzt noch diejenigen verdammt und mit dem ewigen Tod bestraft, die nicht durch
die Taufe und den Heiligen Geist wiedergeboren werden. "- Sodann lehrt
sie im neunten Artikel, dass die Taufe zum Heil notwendig ist, dass
Gottes Gnade in der Taufe angeboten wird und dass die Kinder getauft
werden sollen, die dann, nachdem sie Gott durch die Taufe anbefohlen wurden,
von ihm aus Gnade angenommen werden"; deshalb verurteilt sie auch
"diejenigen, die die Kindertaufe ablehnen und vorgeben, dass die Kinder
ohne die Taufe gesegnet sind." Schließlich lehrt sie im dreizehnten
Artikel über den rechten Gebrauch der Sakramente oder der Taufe und des
Abendmahls, "dass die Sakramente nicht nur als Zeichen des Bekenntnisses
unter den Menschen eingesetzt sind, sondern viel mehr als Zeichen und Zeugnisse
des Willens Gottes gegen uns, die den Glauben derer, die sie gebrauchen, wecken
und stärken sollen. Deshalb sollen die Sakramente so verwendet werden, dass der
Glaube zu denen kommt, die den Verheißungen glauben, die durch die Sakramente
gemacht und gezeigt werden." In diesem Zusammenhang werden auch diejenigen
verurteilt, "die lehren, dass die Sakramente durch die vollbrachten Werke
rechtfertigen, und nicht lehren, dass der Glaube für den Gebrauch der
Sakramente erforderlich ist, der glaubt, dass die Sünden vergeben werden."
Luthers Kleiner
Katechismus spricht nicht ausdrücklich darüber, wer getauft werden soll,
sondern lehrt über das Wesen der Taufe, "dass sie nicht bloß Wasser ist,
sondern Wasser, das in Gottes Gebot enthalten und mit Gottes Wort verbunden
ist", und über ihren Nutzen, dass sie "Vergebung der Sünden wirkt,
von Tod und Teufel befreit und ewiges Heil gibt allen, die daran glauben, nach
Gottes Wort und Verheißung."
Diese Lehre
des Bekenntnisses und des Katechismus über die Taufe finden wir auch in anderen
Bekenntnisschriften ausgedrückt, die zwar hierzulande keine Rechtsgültigkeit
haben, aber dennoch für uns als Zeugnis des gemeinsamen und einmütigen Glaubens
und Bekenntnisses der lutherischen Kirche immer von großer Bedeutung sein
müssen.
So heißt es
in der Apologie oder Verteidigung des Augsburger Bekenntnisses, die von
Luthers Mitarbeiter Melanchthon im Jahr 1530 verfasst wurde, "dass Kinder
getauft werden sollen und dass die Kindertaufe nicht ungültig oder unnütz,
sondern notwendig und wirksam zum Heil ist. Denn es ist wahr, dass die
Verheißung des Heils auch für kleine Kinder gilt. Nun gilt sie aber nicht für
die, die außerhalb der Kirche Christi sind, wo es weder Wort noch Sakrament
gibt; denn das Reich Christi ist nur da, wo Wort und Sakramente sind. Darum ist
es notwendig, die kleinen Kinder zu taufen, damit sie der Verheißung des Heils
teilhaftig werden, wie Christus es geboten hat (Matth.
28,19): Tauft alle Völker." Hier wird die Taufe, wie das Heil, allen
Männern und Frauen, Kindern und Säuglingen angeboten. Es ist also klar, dass
Säuglinge getauft werden sollten, denn in der Taufe wird ihnen das Heil
angeboten. Außerdem ist es offensichtlich, dass Gott sich an der Taufe von
Kindern erfreut. Er beweist dies dadurch, dass er denen, die so getauft werden,
den Heiligen Geist gibt. Denn wenn diese Taufe nichtig wäre, würde niemand den
Heiligen Geist empfangen, niemand würde gerettet werden, und es gäbe keine
Kirche."
Ähnlich
heißt es in den Schmalkaldischen Artikeln Luthers aus dem Jahr 1537:
"Von der Kindertaufe lehren wir, dass kleine Kinder getauft werden sollen;
denn auch sie gehören zu der verheißenen Erlösung durch Christus, und die
Kirche schuldet ihnen die Taufe und die Botschaft dieser Verheißung."
Die gleiche
Lehre wird in Luthers Großem Katechismus ausführlicher dargestellt. Hier
spricht er zuerst von der Natur und Würde der Taufe, oder was sie an sich ist;
dann von ihrem Zweck und ihrer seligmachenden Kraft, oder was sie nützt, gibt
und schafft; und schließlich von ihrem rechten Gebrauch, oder wer sie recht
empfängt, und an wem sie ihrem Zweck gemäß wirken und ihre seligmachende Kraft
wirklich ausüben kann. Seinem Wesen nach ist sie nicht bloßes Wasser, sondern
ein Wasser, das in das Wort und den Befehl Gottes eingeschlossen und dadurch
geheiligt ist, so dass es nichts anderes ist als ein Wasser Gottes; "es
ist nicht bloß natürliches Wasser, sondern ein göttliches, himmlisches,
heiliges und seliges Wasser, und das alles nur wegen des Wortes, das ein
himmlisches und heiliges Wort ist, das niemand zu sehr rühmen kann, weil es
alle Kraft und Macht Gottes in sich schließt." "Auf den Namen Gottes
getauft zu werden, heißt, nicht von Menschen, sondern von Gott selbst getauft
zu werden. Auch wenn es durch die Hand eines Menschen geschieht, so ist es doch
wahrhaftig Gottes eigenes Tun." Als ein solcher Akt Gottes hat die Taufe
also in sich selbst die Kraft, das zu vollbringen, wozu sie von Gott bestimmt
ist, nämlich "die Menschen selig zu machen"; selig zu sein aber
heißt, “von Sünde, Tod und Teufel erlöst zu werden, in das Reich Christi
einzugehen und für immer mit ihm zu leben". Diese erlösende Kraft liegt in
der Taufe selbst, in dem mit dem Wasser verbundenen Wort; was sie zu einem
solchen "göttlichen, unwandelbaren, fruchtbaren und gnädigen Bad", zu
einem solchen "Bad der Wiedergeburt" macht, ist nicht der Glaube des
Empfängers, sondern das vermittelnde Wort Gottes, denn es ist nicht unser,
sondern Gottes Werk." Es ist wahr, dass "die Taufe ohne Glauben
nichts nützt", denn "der Glaube allein ergreift den Schatz, den Gott
uns darin gibt". Aber "der Glaube muss etwas haben, woran er glauben
kann, woran er sich klammern und worauf er seinen Fuß fest setzen kann. So hängt
er hier am Wasser und glaubt, dass es eine Taufe ist, in der vollkommene
Seligkeit und Leben ist, nicht wegen des Wassers, sondern weil sie mit dem Wort
und Gebot Gottes verbunden ist und seinen Namen in sich hat", und dies zu
glauben ist nichts anderes, als "an Gott als denjenigen zu glauben, der
sein Wort in das Wasser gegeben und gelegt hat und uns nun dieses äußere Ding
vorlegt, in dem wir einen solchen Schatz ergreifen könnten." Wir müssen
also unterscheiden zwischen der seligmachenden Kraft, die Gott durch sein Wort
in die Taufe gelegt hat, und der seligmachenden Wirkung, die sie kraft dieses
Wortes auf uns ausübt, zwischen dem, was sie an sich ist, und dem, was sie
demjenigen nützt, der sie empfängt. Was ihr Wesen und ihre Kraft betrifft,
"so kommt es nicht darauf an, ob der Getaufte glaubt oder nicht; wenn das
Wort mit dem Wasser verbunden ist, ist es eine rechte Taufe, auch wenn der
Glaube nicht hinzutritt; denn mein Glaube bewirkt die Taufe nicht, sondern
empfängt sie." "Die Taufe wird nicht unrecht, weil sie falsch empfangen
oder gebraucht wird;" sie ist wie das Sakrament des Abendmahls, das auch
keinen Schaden erleidet, weil man in böser Absicht zu ihm geht; "wer
unwürdig zum Tisch des Herrn geht, empfängt das rechte Sakrament, auch wenn er
nicht glaubt." Was die seligmachende Wirkung der Taufe betrifft, so wird
gezeigt, dass "allein der Glaube den Menschen befähigt, das heilbringende,
göttliche Wasser mit Wohlgefallen zu empfangen; ohne den Glauben nützt die
Taufe nichts, obwohl sie an sich ein göttlicher, unschätzbarer Schatz
ist." Sie ist ein Akt Gottes, der den Glauben nicht ausschließt, sondern durch
ihn rettet;" sie ist kein Akt, den wir tun, sondern ein Schatz, den Gott
uns gibt und den der Glaube ergreift. An diesem Schatz mangelt es nicht, aber
es kommt darauf an, ihn zu ergreifen und festzuhalten. Darum gibt die Taufe
jedem Christen genug zu lernen und zu üben sein ganzes Leben lang; denn er muss
sich immer bemühen, voll und fest zu glauben, was sie hinzufügt und bringt,
nämlich den Sieg über den Teufel und den Tod, die Vergebung der Sünden, den
Ratschluss Gottes, Christus mit allen seinen Werken und den Heiligen Geist mit
allen seinen Gaben." Die heilbringende Wirkung der Taufe ist der Tod des
alten Adam und die Auferstehung des neuen Menschen, die sich beide in uns während
unseres ganzen Lebens vollziehen müssen, so dass das Leben eines Christen
nichts anderes ist als eine tägliche Taufe, die einmal begonnen wird, aber
immer praktiziert werden muss. Der alte Mensch folgt immer seiner Natur, wenn
er nicht durch die Kraft der Taufe gebändigt und gezähmt wird; wenn er aber
Christ geworden ist, sinkt er täglich, bis er ganz untergetaucht ist. Und es
ist richtig, in der Taufe untergetaucht zu werden und täglich wieder
aufzustehen. "Daher ist auch die Bekehrung oder die Buße für die Getauften
wirklich nichts anderes als die Taufe oder ihre beständige Ausübung. Denn was
ist Buße anderes, als den alten Menschen mit Ernst anzugreifen und in ein neues
Leben einzutreten? Wenn man also in der Buße lebt, wandelt man in der Taufe,
die ein solches neues Leben nicht nur bedeutet, sondern auch bewirkt. Die Taufe
bleibt allezeit; und wenn jemand abfällt und sündigt, so steht ihm immer der
Weg offen, dass er sich wieder mit dem alten Menschen unterwirft. Mit Wasser
aber soll er nicht mehr besprengt werden; denn wenn jemand hundertmal ins
Wasser getaucht wird, so gibt es doch nicht mehr als eine Taufe, sondern ihre
Wirkung und Bedeutung bleibt ewiglich. So ist denn die Bekehrung nichts anderes
als eine Wiederkehr und Rückkehr zur Taufe, so dass man wieder sucht und übt,
was man zuvor begonnen, aber wieder aufgegeben hat." Was also über die
Taufe im Allgemeinen gesagt worden ist, gilt nun auch für die Kindertaufe.
"Selbst wenn die Kinder nicht geglaubt haben, was nicht der Fall ist, war
ihre Taufe dennoch eine richtige Taufe, und sie sollten nicht noch einmal
getauft werden. Ich gehe nicht aufgrund meines Glaubens zur Kommunion, sondern
aufgrund des Wortes Christi. So machen wir es nun auch bei der Taufe eines
Kindes. Wir tragen das Kind im Glauben und in der Hoffnung, dass es glaubt, und
beten, dass Gott ihm den Glauben schenkt; aber wegen dieses Glaubens taufen wir
es nicht, sondern nur, weil Gott es befohlen hat. Warum ist das so? Weil wir
wissen, dass Gott nicht lügt. Ich und mein Nächster und alle Menschen mögen
irren und täuschen, aber das Wort Gottes kann nicht irren."
In
Übereinstimmung mit dieser Lehre von der Kindertaufe äußert sich auch die Konkordienformel[3],
die die Lehre der Täufer verwirft und verurteilt, dass "Kinder nicht
getauft werden dürfen, bis sie die Jahre und das Alter des Mannesalters
erreicht haben und selbst den guten Glauben bekennen können", und dass
"ungetaufte Kinder keine Sünder sind, sondern gerecht und unschuldig vor
Gott und in dieser guten Unschuld selig werden ohne die Taufe, die sie nicht begehren
können."
Dies ist
also die Lehre unserer Kirche über die Kindertaufe, wie sie in ihren
Bekenntnisschriften ausgedrückt ist. Mit ihr glaube und bekenne auch ich, und,
Gott sei gelobt, viele mit mir, dass die Taufe wegen der menschlichen Sünde und
der Anordnung und Verheißung Christi für das Heil aller Menschen, also auch für
die kleinen Kinder, notwendig ist. Von Natur aus sind alle Menschen ohne
Unterschied Sünder und der Macht des Todes unterworfen, und von dieser Erbsünde
oder angeborenen sündhaften Verderbtheit und dem daraus folgenden ewigen Tod
müssen sie daher alle gerettet werden. Solches Heil hat Christus ein für allemal für alle Menschen durch seinen Tod erkauft; was er
aber so für alle erkauft hat, das wird er auch jedem einzelnen von ihnen
schenken und mitteilen, und eines der äußeren, sichtbaren Mittel der Gnade, die
er uns verordnet und gegeben hat, ist die heilige Taufe. Denn diese Handlung
ist "nicht nur zum Zeichen des Bekenntnisses unter den Menschen, sondern
viel mehr zum Zeichen und Zeugnis des Willens Gottes gegen uns"
eingesetzt, nicht bloß ein sichtbares Zeichen seiner unsichtbaren Gnade oder
ein äußeres Abbild seiner inneren Gnade, sondern ein wirkliches Gnadenmittel,
das selbst wirkt und vollendet, was es bedeutet. Durch die Taufe macht uns
Christus seiner Erlösung teilhaftig, indem er uns seinen Geist schenkt und uns
zum ewigen Leben erneuert; wir sollen durch sie "erlöst werden von Sünde,
Tod und Teufel und eingehen in das Reich Christi und leben mit ihm in
Ewigkeit." Die äußere Handlung der Taufe ist nicht nur ein bildliches
Zeichen für die innere Veränderung, die in einem Menschen bei der Wiedergeburt
stattfindet, wenn die Verunreinigung der Sünde beseitigt wird, der alte Adam
stirbt und ein neuer Mensch entsteht, sondern auch ein Mittel, durch das Gott
diese Veränderung im Menschen kraftvoll wirkt und bewirkt, ein wirkliches
Mittel der Wiedergeburt. Das Wasser der Taufe ist nicht nur einfaches,
gewöhnliches Wasser, sondern Wasser, das mit dem allmächtigen Wort Gottes
verbunden ist, und daher ein "göttliches, himmlisches und seliges
Wasser". Aber obgleich die Taufe aufgrund des Befehls und der Verheißung
Christi ihre seligmachende oder wiedergebärende Kraft in sich selbst hat, so
kann sie doch ihre seligmachende Wirkung auf denjenigen nicht ausüben, der sie
nicht recht empfängt; wer sie im Unglauben empfängt, wird ebenso in Sünde und
Tod sterben wie derjenige, der sie im Unglauben ablehnt; "ohne Glauben
nützt sie nichts". Diesen empfangenden Glauben aber, den die Taufe so
voraussetzt, hat auch das Kindlein; "wir tragen es hinzu in der Meinung
und Hoffnung, dass es glaube, und beten, dass Gott ihm den Glauben
gewähre." So glauben wir denn, dass die kleinen Kinder nicht nur eine
rechte Taufe empfangen, sondern auch die Taufe recht empfangen und ihres Segens
teilhaftig werden; wir glauben, dass, wie sie wegen ihrer angeborenen Sünde der
Erlösung Christi durch die Wiedergeburt des Heiligen Geistes teilhaftig werden
müssen, so kann und wird er ihnen auch durch seine heilige Taufe
"Vergebung der Sünden geben, sie von Tod und Teufel erlösen und ihnen
ewiges Heil geben." Wir glauben, dass die Kinder von Eltern, die zur
Kirche Christi gehören - denn im Blick auf sie sprechen wir hier von der Taufe
- "getauft werden sollen, die dann durch die Taufe von Gott in die Gnade
aufgenommen werden."[4]
Wenn wir
also die Taufe als notwendig für die Errettung selbst kleiner Kinder
betrachten, so wollen wir ihr keineswegs eine absolute oder unbedingte
Notwendigkeit zuschreiben. Es ist nicht so zu verstehen, als ob es nicht in
Gottes Macht stünde, jemanden ohne die Taufe zu retten, als ob jemand, der
gestorben ist, ohne sie angenommen zu haben, deshalb notwendigerweise ewig
verloren sein müsste. Es geht nicht um die Frage, was Gott tun kann, sondern
darum, was wir nach seinem geoffenbarten Bild tun sollen. Da Christus in seiner
Barmherzigkeit und Weisheit uns die schöne Taufe als das Mittel der
Wiedergeburt gegeben hat, durch das wir alle in sein Reich eingehen sollen, ist
nicht er, sondern sind wir an dieses Mittel gebunden. Er hat uns durch sein
Gebot und seine Verheißung der Taufe ein Gesetz und eine Ordnung gegeben, die
wir nicht ungestraft verachten und übertreten könnten, aber er hat sich dadurch
nicht selbst die Hände gebunden, damit er nicht in seiner Weisheit und Macht
auf eine andere Weise, die es ihm nicht gefallen hat, uns zu offenbaren, denen
das ewige Leben schenkt, die gerne sein Heil annehmen und in sein Reich kommen
würden, aber wegen seiner eigenen Kontrolle über das Schicksal ihres Lebens
nicht mit seiner Taufe getauft werden können. Wir glauben also mit Luther,
"dass Gott sich nicht so an seine Sakramente gebunden hat, dass er nicht
anders, ohne Sakramente, wirken könnte", und deshalb hoffen wir auch mit
ihm, "dass der gute und barmherzige Gott etwas Gutes für totgeborene
Kinder im Sinn hat, die unverschuldet der Taufe beraubt werden", und dass
"wenn kleine Kinder unverschuldet der Taufe beraubt werden, der fromme und
barmherzige Gott ihrer freundlich gedenken wird", weshalb ihre Seelen in
den Händen und dem Willen ihres himmlischen Vaters belassen werden sollen.
"In einem anderen Sinne als diesem hat die lutherische Kirche niemals die
Notwendigkeit der Kindertaufe gelehrt. Wenn man das Gegenteil behauptet, wie es
Olaus Nielsen kürzlich bei uns getan
hat (Kirkelig Tidende. IX,
3.), beweist man nur, wie wenig man die Dinge kennt und versteht, die man zu
beurteilen unternimmt. Wenn das Augsburger Bekenntnis, wie wir gesehen haben,
"diejenigen verurteilt, die behaupten, dass Kinder ohne Taufe gerettet
werden", dann ist die "Behauptung", die es hier befürwortet und
zurückweist, natürlich nicht die Hoffnung, die Luther selbst in den oben
zitierten Worten ausdrückt, "dass Gott in seiner Barmherzigkeit der
kleinen Kinder freundlich gedenken wird, die ohne ihr Verschulden der Taufe
beraubt sind", sondern die Lehre der Täufer, dass Kinder überhaupt keine
Taufe brauchen, um gerettet zu werden. Die Frage nach dem Heil ungetaufter
Kinder wird weder vom Bekenntnis noch von einer der anderen Bekenntnisschriften
der Kirche beantwortet. Im Gegenteil, wir finden sie in der gleichen Weise wie
Luther beantwortet, und zwar nicht nur von allen bekannteren Lehrern unserer
Kirche, die alle darin übereinstimmen, den alten Satz aufrechtzuerhalten, dass
nicht das Fehlen der Taufe, sondern die Verachtung der Taufe verdammt,"[5]
sondern auch in einer kirchlichen Schrift, die zwar keine Bekenntnisschrift im
eigentlichen Sinne des Wortes ist, von der man aber sagen kann, dass sie das
Bekenntnis der Kirche ausdrückt, da sie den Gottesdienst auf der Grundlage des
Bekenntnisses gestaltet. Ich denke hier an unser Kirchenritual, in dem es (S.
47) heißt es: "Stirbt ein Kind im Mutterleib oder bevor es zur Taufe und
zum Christentum kommen kann, ohne dass die Eltern es in irgendeiner Weise
verschuldet oder vernachlässigt haben, so haben sie ein gutes Gewissen und
können sich versichern, dass es ein Kind Gottes ist und in Christo Jesu Gunst
bei Gott gefunden hat nach seiner eigenen Verheißung, womit er verheißen hat,
dass er nicht nur der Gott aller Gläubigen, sondern auch ihres Samens sein wird
(Gen 17,7; Apg 2,39). Denn wenn sie auch nach Gottes
unerforschlichem Willen nicht in den Genuss der rechtmäßig bestimmten und
geordneten Heilsmittel kommen konnte, so besteht doch kein Zweifel, dass Gott,
der nicht an Mittel gebunden ist, sie aus seiner unendlichen Gnade nach seiner
unbegreiflichen Weisheit auf eine andere ungewöhnliche Art und Weise zum Heil
angenommen hat."[6]
Dass diese
lutherische Lehre von der Kindertaufe offensichtliche Widersprüche enthalte,
wird zwar behauptet (Lammers, Forsvar, S. 20, 24,
30), aber nicht bewiesen. Wenn wir mit dem 9. Artikel unseres Augsburger
Bekenntnisses lehren, dass Kinder getauft werden sollen, die dann durch die
Taufe Gott übergeben wurden und von ihm zur Gnade angenommen werden", und
mit dem 13. Artikel desselben Bekenntnisses, dass wir behaupten, dass die
Sakramente so gebraucht werden sollen, dass der Glaube entsteht", und dass
deshalb, wie Luther hinzufügt, "niemand ohne seinen eigenen Glauben
getauft werden soll", dann machen wir uns keineswegs eines Widerspruchs
schuldig, solange wir mit Luther "das Kind in der Meinung und Hoffnung,
dass es glaubt, hinzubringen". Wir könnten auch keinen Widerspruch darin
sehen, dass wir einerseits mit Luther glauben, dass die Verbindung mit dem Wort
eine rechte Taufe ist, auch wenn der Glaube nicht kommt, und dass es darauf
ankommt, "ob der Getaufte glaubt oder nicht glaubt", und andererseits
aber auch feststehen, dass "die Taufe ohne Glauben nichts nützt;
"Denn wir stimmen mit Luther überein, dass das Wesen der Taufe und die
segensreiche oder seligmachende Wirkung der Taufe zwei ganz verschiedene Dinge
sind, die keineswegs verwechselt werden dürfen; wie die Sonne ist, was sie ist,
und hat und behält ihr Licht in sich, ob ich ihr meine Tür öffne oder schließe,
und kann doch nicht für mich scheinen, wenn ich nicht meine Tür ihrem Licht
offen halte, so ist und wird auch die Taufe eine rechte Taufe, ein mächtiges
Mittel der Wiedergeburt nach Gottes Willen und Anordnung, ob ich, der Getaufte,
sie im Glauben oder im Unglauben empfange; aber sie kann ihre Kraft nicht
ausüben und mir ihre Gnadengabe nicht schenken, wenn ich sie nicht im Glauben
annehme und mir aneigne. Dass dies und nichts anderes als dies Luthers Absicht
ist, wenn er, wo er vom Glauben in seiner Beziehung zur Taufe spricht, bald
sagt, dass er notwendig ist, und bald, dass er nicht notwendig ist, ist für
jeden sicher und klar, der bei der Lektüre von Luthers Schriften bedenkt, dass
jede solche Aussage nach dem Zusammenhang und der Verbindung, in der sie steht,
verstanden werden muss. Insbesondere ist zu bedenken, dass Luther hier die
wahre Lehre gegen zwei gegensätzliche falsche Richtungen darzustellen und zu
verteidigen hatte, nämlich gegen die Papisten, die in der Lehre vom rechten Gebrauch
der Taufe irrten, und gegen die Heiden, die ihr Wesen und ihre Kraft leugneten,
und dass er daher auch, da er es mit dem einen oder dem anderen dieser Gegner
zu tun hatte, im Kampf die eine Seite der Sache mit besonderem Nachdruck und
Nachdruck hervorheben konnte, ohne dass es deshalb im Geringsten seine Absicht
war, die andere Seite zu leugnen, die im Augenblick vielleicht weniger Grund
hatte, erwähnt zu werden.
So wie ich
keinen Unterschied zwischen Luthers und unserer Lehre von der Kindertaufe
feststellen kann, so wenig weiß davon, dass es jemals eine
Meinungsverschiedenheit in diesem Punkt zwischen den wahren Mitgliedern der
lutherischen Kirche gegeben hat, noch dass sie selbst als Kirche jemals, wenn
auch nur indirekt, die Meinung geäußert oder anerkannt hat, dass die Kindertaufe
an und für sich eine unvollständige Taufe ist. Johan Arndt und Johan Gerhard,
Heinrich Müller und Christian Scriver, Spener und Francke, Rambach und Fresenius, Jesper Brochmand und Beder Hersleb, Kingo und Brorson,
Pontoppidan und Mossin, und wie sie alle hießen, die
wir bisher gewohnt waren, als die obersten Zeugen der Wahrheit in unserer
Kirche zu betrachten und als unsere eigentlichen Führer auf dem Weg der
Wahrheit zum Heil zu gedenken, sie alle haben wie ein einziger die Lehre der
Kirche auch in diesem Stück geglaubt und bekannt, alle fanden Trost und Freude
in der Taufe ihrer Kinder, alle haben mit Freude und Kühnheit geholfen, die
kleinen Kinder zu taufen, die am Taufbecken vorgestellt wurden. Bei keinem von
ihnen war auch nur die Spur eines Zweifels an der vollen Rechtmäßigkeit und
Gültigkeit und Vollständigkeit der Kindertaufe als solcher zu entdecken. Als
sich mehrere von ihnen mit Wärme und Eifer für die Einführung der Konfirmation
einsetzten, wie wir sie jetzt in unserer Kirche haben, war das, was sie dazu
trieb, keineswegs ein solcher Gedanke, dass die Kindertaufe an und für sich nur
eine unvollkommene Taufe sei und deshalb später durch die Konfirmation des
getauften Kindes vollendet werden müsse, sondern allein die Erkenntnis, dass
Wort und Taufe nach der Ordnung und Einsetzung des Herrn so zusammengehören,
dass jedes getaufte Kind, wenn es das Jahr und Alter der Unterscheidung
erreicht hat, wie es in unserer Kirchenagende steht (S. 36), "in der
christlichen Lehre der Kindheit unterwiesen werden muss, damit es, wenn es
heranwächst, in Christus bleibe, wie es ihm in der Taufe geschenkt worden
ist." Erst in neuerer Zeit, als der Geist des Unglaubens und der
religiösen Gleichgültigkeit in unserer Kirche allgemein geworden war, und als
unter dem Einfluss dieses Geistes die Sakramentenlehre
der reformierten Kirche selbst bei einigen ihrer gläubigen Mitglieder Fuß zu
fassen begonnen hatte, erst dann war es, dass nicht nur die große tote und
unwissende Masse mehr und mehr begann, die Konfirmation auf Kosten der Taufe in
den Himmel zu heben, sondern auch einige Theologen mit der Lehre hervortraten,
dass die Kindertaufe nur in Verbindung mit der Konfirmation eine vollständige
Taufe sei. Diese Theologen haben aber gerade durch diese Lehre von der Taufe
selbst hinlänglich bewiesen, dass sie keine lutherischen Theologen sind, und so
können ihre Meinungen, die der lutherischen Kirche völlig fremd sind, wie
Lammers es getan hat (Verteidigung, S. 25), nicht als ein Beweis gegen die
völlige Einheit und Geschlossenheit dieser Kirche in dieser Sache angeführt
werden.
Aber unsere
lutherische Kirche ist nicht nur in völliger Übereinstimmung mit sich selbst,
was die Kindertaufe und ihre Rechtfertigung, Gültigkeit und Kraft betrifft,
sondern ihr Glaube und ihr Bekenntnis wird auch, mit wenigen Ausnahmen, von der
ganzen christlichen Kirche geteilt. Was die Lehre von der Kindertaufe betrifft,
so ist es wahr, dass sie, wie die Lehre vom Heil des Sünders insgesamt, bis
Luther nicht in ihrer vollen, vollständigen apostolischen Wahrheit und Reinheit
dargelegt wurde, aber Luther fand, dass die Kindertaufe selbst ein allgemein
anerkannter kirchlicher Brauch war, der seit den allerersten Tagen der Kirche
in Gebrauch gewesen war. Auch wenn wir anerkennen, dass es in den
neutestamentlichen Schriften keine Stelle gibt, die uns ausdrücklich und
definitiv sagt, dass Kinder in der apostolischen Zeit getauft wurden, so haben
wir doch aus der Zeit unmittelbar nach der Apostelzeit Belege für die
Kindertaufe, die nicht nur mit unzweifelhafter Sicherheit beweisen, dass ihre
Berechtigung damals allgemein anerkannt war, sondern es auch sehr
wahrscheinlich machen, dass sie bereits in Gebrauch war, als die Apostel selbst
noch die Kirche leiteten und regierten.
So finden
wir untrügliche Spuren der Säuglingstaufe bereits bei dem antiken Kirchenvater
Irenäus, der als geistiger Enkel des Apostels Johannes, als Schüler des
Apostelschülers Polykarp, in der letzten Hälfte des zweiten Jahrhunderts lebte
und wirkte (gestorben im Jahr 202). An einer Stelle sagt er, dass Christus
"gekommen ist, um alle durch sich selbst zu retten - alle, die durch
ihn zu Gott wiedergeboren sind, Säuglinge und Kinder und Knaben und
junge Männer und alte Männer. Darum ist er durch alle Zeitalter
hindurchgegangen und ist den Säuglingen ein Kind geworden und hat die
Säuglinge geheiligt; und den Jünglingen ein Kleines,
und hat sie geheiligt, die in jenem Alter waren, und hat sie zu einem Beispiel
der Frömmigkeit, der Rechtschaffenheit und des Gehorsams gemacht; und den
Jünglingen ein Kleines, und hat sie zu einem Beispiel
gemacht und sie dem Herrn geheiligt." Er lehrt also, dass Christus, indem
er durch alle verschiedenen Zeitalter des menschlichen Lebens hindurchging, sie
alle in seiner Person geheiligt hat, ihnen allen den Zugang zur Wiedergeburt
und damit zur Teilhabe an der Erlösung eröffnet hat, die in seiner Gesellschaft
zu finden ist. Aber mit dieser "Wiedergeburt", zu der auch die
Säuglinge denselben Zugang haben wie alle anderen Menschen, meint er hier
offensichtlich diejenige, die durch die Taufe bewirkt wird, nicht nur, weil es
für Säuglinge natürlich kein anderes Mittel der Wiedergeburt gibt,
sondern auch und vor allem, weil Frenæus die
Gewohnheit hat, die Taufe mit dem Begriff "Wiedergeburt" zu
bezeichnen; so sagt er z. B. an einer anderen Stelle: Christus gab seinen
Jüngern die Kraft der Wiedergeburt zu Gott und sagte: Gehet nun hin und
lehret alle Völker und taufet sie" usw.
Mit
ausdrücklichen Worten erwähnt Tertullian (gestorben 220) als nächstes
die Taufe des Kindes. Dieser Kirchenvater spricht sich zwar nicht für, sondern
gegen den Gebrauch der Kindertaufe aus, aber er tut dies in einer Weise, die
deutlich macht, dass sie zu seiner Zeit weder eine Seltenheit noch ein neuer
Brauch war. Wenn er rät, die Taufe nicht nur für Kinder, sondern auch für unverheiratete
Frauen, Jungfrauen und Witwen aufzuschieben, so hat er dafür nichts weiter als
seine persönliche Meinung darüber, was in dem einen wie in dem anderen Fall das
"Nützlichste" ist; "Denn er scheint von der schon damals
aufkommenden falschen Ansicht von der Taufe auszugehen, dass sie nur die vorher
begangenen Sünden tilge, und findet es daher im Ganzen ratsam, sie auf
eine Zeit zu verschieben, in der man mehr gestärkt und gegen Rückfall gesichert
werden kann. Von der Schrift, die er sonst ständig benutzt, hat er nichts
angeführt, um die Unrechtmäßigkeit der Kindertaufe zu beweisen, noch hat er
irgendeinen allgemeinen oder von ihm behaupteten kirchlichen Brauch, auf den er
sich stützen könnte; er erscheint hier keineswegs als einer, der etwas
Bestehendes verteidigen und behaupten will, sondern als ein Reformator, der
weiß, dass er die allgemeine Lehre und den Brauch in der Kirche gegen sich hat.
Und so wie die Kirche schon damals in diesem Punkt gegen ihn war, so war sie es
auch später. Mit seiner Ablehnung der Kindertaufe steht er unter den
Kirchenvätern der Antike ziemlich allein da.
Sein Schüler
Cyprian (gest. 258) war so weit davon entfernt, die Meinung seines sonst
hoch geachteten und bewunderten Lehrers in dieser Frage zu teilen, dass er sich
im Gegenteil, als Zweifel aufkamen, nicht ob es richtig sei, Kinder überhaupt
zu taufen, denn darüber waren sich alle einig, sondern ob sie sofort nach der
Geburt oder erst am achten Tag getauft werden sollten, an der Spitze einer
Kirchenversammlung in Karthago, die aus 66 Bischöfen bestand, entschieden für
Ersteres aussprach. Er schreibt: "Wir waren alle der Meinung, dass die
Gnade und Barmherzigkeit Gottes keinem Menschen versagt werden darf, der in die
Welt geboren wird. Denn wenn der Herr in seinem Evangelium sagt: 'Der
Menschensohn ist nicht gekommen, um die Seelen der Menschen zu verderben,
sondern um sie zu retten', dann sollte, soweit es uns angeht, möglichst keine
Seele verloren gehen. Wenn selbst die gröbsten Sünder, sobald sie glauben,
Vergebung der Sünden empfangen, und niemandem die Taufe und die Gnade
vorenthalten wird, wie viel weniger sollte dann ein Kind zurückgehalten
werden, das, neu geboren, nichts gesündigt hat, sondern nur durch seine
fleischliche Abstammung von Adam die Ansteckung des alten Todes mit sich
brachte!"
Einen
weiteren, ebenso eindeutigen Beweis dafür, dass die Kindertaufe in der ersten
Hälfte des dritten Jahrhunderts in der Kirche allgemein anerkannt und angewandt
wurde und damals schon so alt war, dass man keine andere Quelle dafür kannte
als die apostolische Verordnung selbst, liefert Cyprians etwas älterer
Zeitgenosse Origenes (gest. 254), der sich nicht nur oft auf diesen
"Kirchenbrauch" als Stütze der Erbsündenlehre beruft, sondern an
einer Stelle sogar ausdrücklich feststellt: "Die Kirche hat von den
Aposteln die Tradition erhalten, auch Säuglinge zu taufen. "[7]
Ein drittes bedeutsames
Zeugnis für die Kindertaufe, das ebenfalls auf den Beginn des dritten
Jahrhunderts zurückgeht, aber wahrscheinlich älter ist, haben wir schließlich
in einer Sammlung von Kirchengesetzen, die in der alten Kirche als apostolische
Überlieferung galt und deshalb "die apostolischen Konstitutionen"
genannt wurde. Zu den Gesetzen, die hier als apostolische Weisungen für die
Christen dargelegt werden, gehört auch dieses: "Tauft eure kleinen
Kinder und erzieht sie in der Zucht und Ermahnung des Herrn! Denn er sagt:
Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht".
Es ist also
sicher, so sicher wie alles andere aus dieser Zeit, dass am Ende des zweiten
und zu Beginn des dritten Jahrhunderts, also etwa 100 Jahre nach der
apostolischen Zeit, die Kindertaufe ein allgemein anerkannter kirchlicher
Brauch war. Niemand bezweifelt ihre Legitimität und Gültigkeit; Tertullian
bestreitet nur ihre Angemessenheit, und alle anderen, die sie erwähnen,
bezeichnen sie als etwas, das sie nicht einmal zu verteidigen gedenken, sondern
im Gegenteil als so fest etabliert und im allgemeinen kirchlichen Bewusstsein
verwurzelt voraussetzen, dass sie ihre Anerkennung sogar als festes Fundament
benutzen könnten, auf dem andere Lehren aufgebaut werden könnten. Wenn sie aber
schon zu dieser Zeit eine so feste Stellung in der Kirche einnimmt, so gibt es
doch allen Grund anzunehmen, dass Origenes recht hat, wenn er sie ohne Furcht
vor jedem Widerspruch und, soweit wir wissen, auch völlig unwidersprochen zu
einer Tradition erklärt, die die Kirche von den Aposteln erhalten hat. So wie
wir keinen Beschluss oder keine Verordnung der Kirche kennen, durch die die
Kindertaufe in sie eingeführt worden ist, so kennen wir auch keine Zeit, in der
dies geschehen ist. Dass die Taufe am Anfang nur als Taufe der Erwachsenen
vollzogen wurde, und dass diese dann durch die Kindertaufe ersetzt oder
verdrängt wurde, ist eine Behauptung, die jeder Grundlage in der Geschichte der
Kirche entbehrt. Im Gegenteil, nach ihrem Zeugnis müssen wir annehmen, dass es
in der Kirche nie eine Zeit gegeben hat, in der die Taufe, je nach den
Umständen, sowohl Erwachsenen als auch Kindern gespendet wurde; der Unterschied
zwischen den früheren und den späteren Zeiten besteht höchstens darin, dass je
nach den verschiedenen Umständen die eine Form der Taufe in der einen Zeit die
nächstliegende und üblichste war, die andere in der anderen. Die Tatsache, dass
weder die Apostel noch die Kirchenväter, die ihnen zeitlich am nächsten
standen, die Kindertaufe ausdrücklich erwähnen, kann niemanden überraschen, der
bedenkt, dass sie nach Auffassung der Kirche immer nur den Kindern von Eltern
oder in Familien, die bereits zu ihrer Gemeinschaft gehörten, gespendet werden
sollte und dass sie daher, selbst wenn sie in den Anfängen der Kirche neben der
Taufe der Älteren stattfand, notwendigerweise seltener als diese verwendet
werden musste, solange das Bestreben der Kirche vor allem darin bestand, das
Christentum unter den heidnischen Völkern zu verbreiten, unter denen sie
natürlich in erster Linie die Erwachsenen zu gewinnen suchen musste. Und so wie
das Schweigen der Apostel und der ältesten Kirchenväter über die Kindertaufe
nicht etwas gegen ihren apostolischen Ursprung beweisen kann, so kann man auch
aus der Tatsache, dass es bis ins vierte Jahrhundert hinein christliche Eltern
gab, die die Taufe ihrer Kinder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, nicht etwas
gegen ihre allgemeine kirchliche Anerkennung finden. Aus dieser Tatsache kann
man keineswegs den Schluss ziehen, dass es unter den damaligen
Kirchenmitgliedern mehr als eine Meinung über die Rechtmäßigkeit der
Kindertaufe an sich gab, denn davon ist heute so wenig zu spüren wie früher.
Der Grund für diesen Aufschub der Taufe war nichts anderes als dieselbe irrige
Auffassung von ihr, die wir schon bei Tertullian kennengelernt haben, die
daraus resultierende Furcht, dass die einmal verspielte Gnade der Taufe nicht
wiedergewonnen werden könnte, und der damit verbundene Wunsch, dieses Mittel
der Geburt für ein reiferes Alter aufzusparen. Die Kirchenväter, die diesen
Brauch erwähnen, bekämpfen ihn allein von dieser Seite her; so führt der
berühmte Augustinus (gest. 430) eben dieses Vorurteil als Grund an, warum seine
eigene Taufe auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wurde, wobei er sich
mühsam mit der Überlegung aufhält, wie viel besser es für ihn gewesen wäre, wie
viele Verirrungen ihm hätten erspart werden können, wenn er schon als Kind bei
der Taufe in die Obhut seines Heilands übergeben worden wäre.
Die völlige Ablehnung
der Kindertaufe in der alten Kirche, wie auch später im Mittelalter,
geschah nur durch solche, die die selige Wahrheit, die die Kirche inmitten
aller ihrer Verderbtheit dennoch in ihrem Schoß bewahrte, in einem solchen Maße
leugneten, dass wenigstens ein lutherischer Christ keinen Augenblick daran
zweifeln kann, was für ein Geist sich in ihnen offenbarte. Das gilt nicht nur
von den alten Gnostikern, die das Christentum mit den menschlichen Artefakten
und Lügen des Heidentums so vermengten, dass kaum eine Spur davon übrig blieb,
sondern auch von den verschiedenen Sekten, die im Laufe des Mittelalters aus
dieser giftigen Wurzel hervorgingen, wie z. B. die Paulikaner
Paulizianer, Bogomilen, Katharer. Gegner der
Kindertaufe finden sich in dieser Zeit nur unter denen, die sich nicht damit
begnügten, den in der Kirche herrschenden Verderbnissen
entgegenzutreten und sie von den in ihr wuchernden Verblendungen und
Missbräuchen zu reinigen, sondern die sie auch in ihrem tiefsten Inneren angriffen,
da sie es nicht in Erwägung zog, das zu leugnen oder zu entstellen, was sie von
Anfang an auf der Grundlage des Wortes als Weg der Wahrheit zum Heil
unerschütterlich behauptet hatte, und so vor allem ihre sichtbaren Gnadenmittel,
die Sakramente des Herrn, verwarfen oder zumindest verachteten. In der ganzen
alten Kirche finden wir niemanden, und nur im späteren Mittelalter sehr wenige,
die zu behaupten wagten, dass die Taufe nicht auch für Kinder bestimmt sei; die
Kindertaufe wurde in der Regel nur von denen abgelehnt, die von einer
Wassertaufe überhaupt nichts wissen wollten.
Als neuer
Spross dieser alten Wurzel traten in der Reformationszeit die Täufer
oder die Wiedertäufer auf. Ihre Ablehnung der Kindertaufe konnte Luther
nie in seiner Überzeugung von ihrer Rechtmäßigkeit erschüttern. Ihre ganze
Lehre und ihr Leben zeigten, wer sie waren, und rechtfertigten voll und ganz
das Urteil der Verwerfung, das er und mit ihm die lutherische Kirche nach der
Regel des Wortes Gottes über ihr ganzes und schwärzestes Wesen gefällt hat.
Ihre Ablehnung der Kindertaufe war nur ein einziger Ausdruck und eine
natürliche Frucht desselben falschen Verhaltens, in dem sie in Wort und Tat
ihre Verachtung für alle äußeren Ordnungen und Verordnungen Gottes zum Ausdruck
brachten, in dem sie nicht nur die äußeren Mittel der Kirche mit Hohn und Spott
überschütteten und die Heilige Schrift einen "toten Buchstaben"
nannten, sondern auch die Taufe einen "Spritzer Wasser" nannten. Die
Taufe ein "Wasserspritzer" oder ein "Hundebad",
das Abendmahl "Wein und vom Bäcker gebackenes Brot", verachteten aber
auch die von Gott eingesetzte Autorität und griffen nach ihrer Ehre, um mit ihr
in der Hand alles "Unkraut" der Welt zu entwurzeln und auszurotten. -
Ein Zweig dieser Wiedertäufer, der zwar von den gröbsten Verunreinigungen des
alten Stammes gereinigt wurde, aber seine Herkunft nicht ganz verleugnen
konnte, lebt noch in den sogenannten Mennoniten, die, in verschiedene uneinige
Parteien gespalten, hier und da in Holland, Deutschland und Nordamerika
verstreut zu finden sind.
Aber sie
sind nicht die einzigen, die in unseren Tagen die Kindertaufe ablehnen. Von
weitaus größerer Bedeutung sind in dieser Hinsicht einige der Sekten, die in
letzter Zeit aus der so genannten reformierten Kirche hervorgegangen
sind. Auch in dieser Kirche finden wir Spuren einer schweren Verachtung der
äußeren Gnadenmittel, wenngleich sie sich hier nicht in so grober Form wie bei
den Wiedertäufern äußert. Eine gewisse Ehrfurcht vor der Einsetzung Christi und
der Tradition seiner Kirche hat zwar die Mehrheit der Reformierten davon
abgehalten, die Kindertaufe abzulehnen, aber es ist nicht zu leugnen, dass sie
es sind, die durch ihre Sakramentenlehre die
Verachtung der Kindertaufe, die in unseren Tagen unter den Christen immer mehr
um sich zu greifen droht, herbeigeführt und daher auch zu verantworten haben.
Wo man, wie in der reformierten Kirche, die Sakramente nicht als wirkliche
Gnadenmittel anerkennt, sondern in ihnen nur bildliche Zeichen und sichtbare
Zeichen der Gnade Gottes sieht, wo man glaubt, die Taufe wirke nicht,
sondern bedeute und besiegle nur die Wiedergeburt des Sünders, da kann
man offenbar nicht viel von der Notwendigkeit oder Wichtigkeit dieses
Sakraments für Kinder halten, bei denen ja die Wiedergeburt ebenso wenig durch
das Unterpfand der Taufe besiegelt werden kann, wie sie durch die Verheißung
des Wortes an ihnen bewirkt werden kann. Es ist daher nicht verwunderlich, dass
viele Mitglieder dieser Kirche wirklich einen Schritt weiter gegangen sind als
die anderen und das, was sie nicht als ein von Gott verordnetes und
heilsnotwendiges Gnadenmittel anerkennen konnten, völlig abgelehnt haben. Am
weitesten gingen die Quäker, die von sichtbaren Mitteln der Gnade nichts wissen
wollten und deshalb sowohl die Taufe als auch das Abendmahl ablehnten. Weniger
ausschweifend, weniger offensichtlich irrend, aber deshalb nicht weniger
gefährlich ist eine andere reformierte Sekte, die sowohl im Hinblick auf das
christliche Leben, das sich trotz aller Verblendungen doch immer darin bewegt,
als auch wegen des Eifers und des Erfolgs, mit dem sie sich um die Verbreitung seiner
Grundsätze bemüht, als die eigentliche Fahnenträgerin der Gegner der
Kindertaufe in unseren Tagen bezeichnet werden kann, und das sind die
sogenannten Baptisten.
Während der
heftigen Bewegungen und Kämpfe, die zu Beginn des 17. Jahrhunderts die
reformierte Kirche Englands erschütterten und spalteten, gab es unter den so
genannten Puritanern oder denjenigen, die aufgrund ihrer besonderen Ansichten,
insbesondere über die Verfassung der Kirche, von der vorherrschenden
Episkopalkirche abwichen, nicht wenige, die glaubten, die Kindertaufe als unapostolisch ablehnen zu müssen, während sie ansonsten an
der puritanischen Lehre festhielten. Diese Baptisten schlossen sich dann
in ihren eigenen Gemeinden zusammen und verbreiteten sich allmählich nicht nur
in England, sondern vor allem in Nordamerika, wo sie gegenwärtig eine der
zahlreichsten und mächtigsten kirchlichen Parteien bilden und von wo aus sie
sich in jüngster Zeit auch nach Deutschland, Dänemark und Schweden auszubreiten
begonnen haben. Unter sich spalten sie sich wiederum in verschiedene Parteien;
es gibt einige von ihnen, die an eine ewige unbedingte Gnadenwahl glauben,
andere hingegen, die diese Lehre ablehnen und dem freien Willen des Menschen
einen gewissen Anteil an seiner Bekehrung zugestehen; während die meisten von
ihnen sehr eifrig für die Missionssache sind, gibt es einige von ihnen, die
nichts dafür tun würden, weil, wie sie glauben, das Schicksal des Menschen
durch Gottes ewigen Ratschluss bestimmt ist und daher durch keine menschliche
Tätigkeit geändert werden kann; einige von ihnen halten den Samstag statt des
Sonntags, andere finden die sechs Hauptprinzipien des Christentums in Hebr.
6,1.2, wieder andere meinen, das Christentum bestehe nur in gewissen Bewegungen
des Geistes, und lehnen daher alle gewisse kirchliche Lehre und Ordnung ab. Bei
all diesen gegenseitigen
Meinungsverschiedenheiten sind sie sich jedoch alle darin einig, die
Kindertaufe abzulehnen und die sogenannte "Kirche", in der sie
stattgefunden hat und noch stattfindet, als "monströsen ketzerischen
Pöbel" zu bezeichnen, der sich durch seinen Kampf gegen die "Kirche
Jesu" als "die Pforten der Hölle" erwiesen hat. Sie glauben,
dass die Taufe nur für diejenigen bestimmt ist, die durch Reue zur Wiedergeburt
und zum Glauben an Christus gekommen sind, und nicht für kleine, unreife
Kinder. Denn sie ist ihrer Meinung nach nicht ein Akt Gottes, ein Mittel, durch
das er den sündigen Menschen wiedergebiert, sondern ein Akt des bekehrten und
wiedergeborenen Sünders, durch den er seinen Gehorsam gegenüber dem Herrn
beweist und bekräftigt, dass er seine Hoffnung allein auf ihn setzt, also ein
äußeres Zeichen und ein Beweis seiner inneren Wiedergeburt und nur insofern
auch eine "Besiegelung" derselben, wie jedes Bekenntnis des
christlichen Glaubens eine belebende und stärkende Rückwirkung auf den Glauben
selbst hat. So ist also die Taufe für die Baptisten wirklich nichts anderes als
ein christliches Bekenntnis; in ihrer äußeren Form wird sie zu einer bloßen und
äußerlichen menschlichen Zeremonie ohne jede sakramentale Bedeutung. Ja, es
gibt unter ihnen solche, die offen und freimütig erklären, dass sie überhaupt
keine erneuernde Kraft hat und dass sie nicht wissen, wozu sie überhaupt gut
ist. Ein Beispiel dafür ist der Baptist Pengilly,
der auf die Frage, wozu die Taufe dienen soll, wenn sie uns weder von der Sünde
reinigt noch ein Recht auf den Himmel gibt, folgende seltsame Antwort gibt
"Was hat die Taufe unserem Herrn genützt? Sie konnte ihn nicht von der
Sünde reinigen; er war ohne Sünde. Sie konnte ihm nicht das Recht auf den
Himmel geben; er hatte alle Macht im Himmel. Und doch ging Jesus zum Jordan, um
sich taufen zu lassen, und sagte von sich selbst und von seinem Volk:
"So sollen wir alle Gerechtigkeit erfüllen." Da unser Herr und
Meister die Taufe nicht für überflüssig hielt, ist es ungehörig, wenn jemand
von uns anders als er über diese heilige Handlung denkt! Ich sage nicht,
dass die Taufe dich retten und selig machen wird; es genügt, dass Jesus sie
angenommen und seinen Jüngern feierlich befohlen hat. Was sie uns nützen
wird, weiß er am besten."
Wir sehen
also, dass es der Kindertaufe unter denen, die sich zum Glauben an den Namen
Christi bekennen, gewiss nicht an Gegnern gefehlt hat; aber wenn wir ihre
Stellung in der Kirche als Ganzes beschreiben wollen, können wir nicht anders
sagen, als dass ihre Ablehnung mit ihrer Anerkennung als seltene Ausnahme von
einer allgemeinen Regel zusammenhängt, und dass sie außerdem, wo immer sie sich
durchgesetzt hat, aus einer Auffassung von der Taufe im Allgemeinen resultiert,
die unserer evangelisch-lutherischen Kirche nicht nur völlig fremd ist, sondern
sich auch grundlegend von dem gesamten Glauben und Bekenntnis der alten Kirche
in dieser Sache unterscheidet. Die Kindertaufe ist von der Kirche anerkannt
worden, von der wir bekennen müssen, dass sie inmitten der größten Verderbtheit
immer das Wort und die Sakramente des Herrn bewahrt hat und durch den Gebrauch
und die Verwaltung dieser Mittel die Mutter der Gläubigen geworden ist. Sie
wurde von jenen abgelehnt, deren gesamte geistliche Ausrichtung, wie sie sich
nicht nur in ihrer Lehre, sondern mehr oder weniger auch in ihrem Leben
offenbart hat, so beschaffen ist, dass sie kaum geeignet ist, uns zu verführen,
in diesem Werk in ihre Fußstapfen zu treten.
So steht es
also um die Sache. Wenn wir als lutherische Christen glauben, "dass Kinder
getauft werden sollen, die dann durch die Taufe von Gott in Gnaden angenommen
werden", dann haben wir, von den wenigen genannten Ausnahmen abgesehen, die
ganze christliche Kirche von Anfang an auf unserer Seite. Und das ist für
uns keine kleine oder unwichtige Angelegenheit. Es gilt für uns in Bezug auf
die Taufe, was Luther über die Gegenwart des Leibes Christi im Abendmahl sagt:
"Dieser Artikel ist von Anfang an bis auf diese Stunde in aller Welt fest
geglaubt und gehalten worden, und dieses ganze Zeugnis der heiligen
christlichen Kirche muss, wenn wir sonst nichts hätten, uns genügen, bei diesem
Artikel zu bleiben. Denn es ist gefährlich und schrecklich, etwas gegen
das ganze Zeugnis, den Glauben und die Lehre der heiligen christlichen Kirche
zu hören oder zu glauben, die sie von Anfang an festgehalten hat. Nun ist
dieser Artikel von Anfang an und so weit die ganze
Christenheit geht, fest gehalten worden; wer nun daran zweifelt, der glaubt
keiner christlichen Kirche, und verdammt dadurch nicht allein die ganze heilige
christliche Kirche als einen verdammten Ketzer, sondern auch Christus selbst
mit allen Aposteln und Propheten, die diesen Artikel gegründet und mächtig
bezeugt haben: "Ich glaube eine heilige christliche Kirche." Wir
glauben mit Luther, dass es sehr gefährlich ist, zu denken, dass die Kirche so
viele Jahrhunderte hindurch, dass die ganze Christenheit nicht das wahre
Verständnis des Sakraments gehabt hat, da wir alle bekennen, dass die
Sakramente und das Wort in ihr geblieben sind, obwohl sie mit vielerlei Gräueln
bedeckt sind. Wir halten wie Luther die Kirche nicht für unfehlbar, aber wir
sind mit ihm gewiss, dass der Herr das Wort, das er einst seiner Gemeinde
gegeben hat, bei ihr zu sein alle Tage bis an das Ende der Welt, gedacht und
bewahrt hat, und in dieser Gewissheit fällt es uns schwer zu glauben, dass er,
der überdies seine schützende Hand über sie gehalten und inmitten ihrer
Schwachheit und ihres Elends noch eine "Säule und Grundfeste der
Wahrheit" in ihr bewahrt hat, dass er sie von Anfang an und bis auf diesen
Augenblick in einem so grundlegenden Punkt gewähren ließ, den wir aber richtig
halten müssen: bei der Verwaltung des Sakraments der Taufe, in dem Maße in die
Irre zu gehen, dass die große Mehrheit ihrer Mitglieder gelebt hat und
gestorben ist, ohne eine richtige Taufe angenommen zu haben. Dass viele dieser
Seelen, die keine andere Taufe als die Säuglingstaufe empfangen haben, wirklich
den Heiligen Geist empfangen haben und durch ihn zum ewigen Leben wiedergeboren
wurden, wagen nicht einmal die Gegner der Säuglingstaufe zu leugnen. Aber wenn
wir auch nicht leugnen könnten, dass der Herr auch ohne Taufe die Macht hat,
jeden wiederzugebären und zu segnen, der sich seinem
Geist nicht widersetzt, so könnten wir doch nicht so wenig von der Taufe
halten, die er selbst seiner Kirche als Bad der Wiedergeburt gegeben hat, dass
wir glauben könnten, er habe alle ihre Seelen auf andere Weise gerettet als
durch "Glauben und Taufe". " Wir wissen sehr wohl, dass die
große Mehrheit der äußeren Glieder der Kirche mehr als einmal vom Weg der
Wahrheit abgekommen ist, und dass deshalb alles, was hier und da für die Lehre
der Kirche veröffentlicht wurde, keineswegs die Wahrheit ist; aber wir wissen
auch, dass es etwas gibt, das von allen Christen zu allen Zeiten und an allen
Orten geglaubt und bekannt worden ist, und wir glauben, dass es eine sehr
gefährliche und fragwürdige Angelegenheit ist, das aufzugeben oder zu leugnen,
was die Kirche so von Anfang an bis zu dieser Stunde beharrlich als Wahrheit
zum Heil behauptet hat.
Aber so sehr
es uns in diesem Stück auch gefällt, das eindeutige Zeugnis der ganzen Kirche
vor uns zu haben, so sehr wir auch fürchten mögen, von dem abzuweichen, was wir
als den allgemeinen Glauben und das allgemeine Bekenntnis der Kirche anerkannt
haben, so ist dies doch keineswegs die Grundlage, auf der unser Glaube
und unsere Überzeugung von dem göttlichen Recht und der Gültigkeit der
Kindertaufe ruhen. Wir können, wie gesagt, die Kirche nicht für unfehlbar
halten, und deshalb können wir ihr Bekenntnis nicht für die grundlegende Quelle
und Regel der unverfälschten Wahrheitserkenntnis halten. Wir sind mit Luther
völlig einig, dass "Gewohnheit und lange Übung" keineswegs
ausreichen; wir sagen mit ihm: “Alle Menschen können irren und täuschen, aber
das Wort Gottes kann nicht irren." Wir glauben mit ihm, dass das Wort
Gottes die einzige sichere Regel ist, die nicht täuschen kann," und darum
glauben wir der Kirche nicht bedingungslos in ihrem Wort, sondern wo wir
finden, dass sie nach dem Wort Gottes gesetzt und beschlossen ist, da nehmen
wir sie auch an, "nicht um ihrer selbst willen, sondern um des Wortes
willen, auf das sie sich gründet und auf das sie uns verweist." Wir
glauben, was unsere lutherische Kirche in der Konkordienformel bekräftigt, dass
die Heilige Schrift allein der Richter, die Regel und der Maßstab ist, an dem
als einzigem Prüfstein alle Lehren zu prüfen und zu beurteilen sind, ob sie gut
oder schlecht, wahr oder falsch sind", und dass deshalb auch "die
Bekenntnisse der Kirche und alle anderen Schriften alter oder neuer Lehrer, von
denen Namen genannt werden können, nicht Richter sind, wie die Heilige Schrift,
sondern nur Zeugen des Glaubens, nicht der Heiligen Schrift gleichgestellt
sind, sondern ihr alle zusammen unterworfen sind und nicht anders angenommen
werden, als als Zeugnis von der Form und den Orten,
in denen die Lehre der Propheten und Apostel nach der Zeit der Apostel bewahrt
worden ist. " Wir glauben, dass Luther Recht hat, wenn er sie
"verrückte, teuflische Teufel" nennt, die die Schrift als ein totes
Wort verachten und deshalb etwas anderes an ihre Stelle setzen wollen, sei es
ihr eigener Herzenswunsch oder die Tradition der Kirche. Für uns ist die
Schrift "von Gott eingegeben" und darum auch ein Wort Gottes, lebendig
und mächtig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und ein Richter der
Gedanken und Ratschläge des Herzens" (Hebr. 4,12). Ein solcher Richter ist
es aber nicht nur über den Glauben eines jeden einzelnen Herzens, sondern auch
über das Bekenntnis der ganzen Kirche, das deshalb auch zu den Dingen gehört,
über die es notwendig ist, "die Schrift zu erforschen", um
"alles zu prüfen und das Gute zu bewahren" (Apg. 17,11; 1. Thess.
5,21). Dass die Kirche, soweit sie die Versammlung der Gläubigen" ist, im
guten Glauben auch die selige Wahrheit besitzt, ist gewiss; aber ebenso gewiss
ist es, dass sie nichts anderes glauben soll, als was ihr von Gott geoffenbart
worden ist, und was sie nach seinem Willen glauben soll, hat er nicht nur
einmal mündlich verkündet, damit es von da an in den gläubigen Herzen bewahrt
und durch das Glaubensbekenntnis von Generation zu Generation weitergegeben
werde, sondern er hat es auch in heiligen Schriften niederschreiben lassen,
damit die Kirche während ihres ganzen Weges hier in der Fremde in ihnen eine
Leuchte für ihren Fuß und ein Licht auf ihrem Pfad habe, eine immerwährende
Quelle der Wahrheit, an die sie sich stets wenden muss, um aus ihren reinen
Wassern neue, immer reichere, klarere und tiefere Erkenntnisse zu schöpfen,
eine unerschütterliche und unverrückbare Glaubensregel, der sie sich stets
unterwerfen muss und an der sie ihren Glauben und ihr gutes Bekenntnis, ihre
gute Lehre und ihr taugliches Leben stets prüfen muss. Deshalb kann die Kirche
in diesem Fall nicht unser höchster oder einziger Richter sein. Die Tatsache,
dass die Kindertaufe in ihr "Gewohnheit und lange Übung und Brauch"
ist, kann uns nicht in dem Sinne genügen, dass wir damit allein zufrieden sein
sollten, ohne uns darum zu kümmern, was der Heilige Geist darüber urteilen
könnte. Auch ist der Grund, auf den wir hier unseren Glauben bauen, kein
anderer als Gottes eigenes Wort, wie es uns in der Heiligen Schrift gegeben ist
"zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der
Gerechtigkeit". Wenn wir das Zeugnis der Kirche über die Taufe annehmen,
so tun wir es "nicht um seiner selbst willen, sondern um des Wortes
willen, auf das es sich gründet und auf das es uns verweist"; wir tun es,
weil wir es am rechten Prüfstein geprüft und gefunden haben, dass es auch in
diesem Teil fest in der Heiligen Schrift gegründet ist. Es steht also für uns
außer Zweifel, dass die Kirche die Wahrheit spricht, wenn sie lehrt, dass
"die Kinder getauft werden sollen"; "Wir sind aber auch von
Herzen bereit, uns mit Kühnheit und Ehrfurcht vor allen zu verteidigen, die von
uns Rechenschaft verlangen über die Hoffnung, die in uns ist, und wenn wir dann
sehen, dass unser Glaube und unser Bekenntnis von anderen als der Heiligen
Schrift widersprechend angegriffen werden, so scheuen wir uns nicht, durch ihr
Zeugnis zu beweisen, dass die Behauptung unserer Gegner unbegründet ist, dass
nicht sie, sondern wir das Wort Gottes für uns haben.
Wenn wir nun
untersuchen, was die Heilige Schrift über die Kindertaufe lehrt, ob es
nach ihr richtig oder falsch ist, Kinder zu taufen, müssen wir sofort zugeben,
dass die Schrift keine ausdrückliche Anweisung oder sogar ein Gebot enthält,
das wir als Stütze für die Lehre und Praxis der Kirche in dieser Angelegenheit
geltend machen könnten. Wir finden nirgendwo in der Schrift ein solches Gesetz
wie das, das wir oben (S. 10) in den apostolischen Konstitutionen gefunden
haben: "Tauft eure kleinen Kinder". Aber damit ist die Sache noch
lange nicht erledigt. Die Heilige Schrift enthält auch kein ausdrückliches
Verbot der Kindertaufe, und obwohl dies als entscheidender Beweis dafür
angeführt werden kann, dass sie mit dem Wort Gottes übereinstimmt, kann aus dem
Fehlen einer ausdrücklichen Anweisung in diesem Sinne ebenso gut geschlossen
werden, dass sie dem in der Heiligen Schrift offenbarten Willen Gottes
widerspricht. Die Kindertaufe ist nicht das Einzige in unserer Kirche, für das
sich keine solche spezifische biblische Vorschrift nachweisen lässt, und es ist
auch nicht unsere Kirche allein, die also sowohl in der schönen Lehre als auch
in den schönen Sitten viele Dinge hat, für die man in der Schrift keine
ausdrücklichen oder spezifischen Worte findet. Es hat wohl solche gegeben, die
meinten, alles solche müsse als unbiblisch, unapostolisch,
unchristlich verworfen werden; aber die Erfahrung hat hinlänglich bewiesen,
dass selbst diejenigen, die eine solche Behauptung als erste aufstellten, sie
nie im Leben zu verwirklichen vermochten. Einen Beweis dafür haben wir in der
Verwaltung unseres anderen Sakraments, des heiligen Abendmahls; denn es gibt
niemanden, der bezweifelt, dass es dem in der Schrift geoffenbarten Willen
Gottes entspricht, dass Frauen wie Männer am Abendmahl teilnehmen, und doch
gibt es in der ganzen Heiligen Schrift kein einziges Wort darüber, keinen
ausdrücklichen Befehl, dass dies geschehen soll, kein Zeugnis, dass so etwas in
der apostolischen Kirche wirklich stattgefunden hat. Aber die Meinung, dass nur
das wahrhaft apostolisches Christentum sei, was durch ausdrückliche Worte in
der Heiligen Schrift vorgeschrieben oder angeordnet ist, ist nicht nur
unmöglich zu verwirklichen, sondern auch in sich selbst völlig falsch. So wie
Christus nicht gekommen ist, um uns ein neues Gesetz anstelle des alten zu
geben, so ist auch die Schrift, die von ihm zeugt, kein Buch von Gesetzen, das
uns in jedem Fall buchstabengetreu vorschreibt, was wir tun und lassen sollen.
Was sie für uns sein soll und wird, ist ein lebendiges und kraftvolles Zeugnis
der in Christus geoffenbarten Gnade und Wahrheit, das wir uns im lebendigen
Glauben aneignen sollen, das uns dann aber auch den erleuchteten Verstand gibt,
um die Dinge, die durch den Glauben beurteilt werden müssen, richtig zu prüfen
und zu beurteilen und zu erkennen, was der gute und annehmbare und vollkommene
Wille Gottes ist (Eph. 1,17.18; 1. Kor. 2,14; Röm. 12,2). Wenn dies aber bei
der Heiligen Schrift der Fall ist, dann spricht natürlich nichts dagegen, dass
sie uns den Willen Gottes bezüglich der Kindertaufe offenbart, auch wenn sie
ihn nicht ausdrücklich erwähnt; nichts spricht dagegen, dass die Kindertaufe in
Gottes Wort gut begründet ist, auch wenn sie keine ausdrückliche Vorschrift
darüber enthält. Und so fragen wir weiter: Ist es nach Gottes Wort richtig,
Kinder zu taufen? Wer soll getauft werden? Für wen hat Gott selbst seine
heilige Taufe verordnet?
Die Antwort
auf diese Frage müssen wir gerade erwarten, an der Stelle in der Heiligen
Schrift zu finden, an der Christus selbst vor seinem Weggang seinen Jüngern den
Befehl und die Vollmacht zum Taufen gibt und die deshalb immer die Grundlage
unseres ganzen Glaubens und unserer Lehre von der Taufe sein muss, Matth. 28, 19.20. Die Worte des Herrn lauten hier:
"Macht alle Völker zu meinen Jüngern und tauft sie auf den Namen
des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu
befolgen, was ich euch befohlen habe."[8]
Mit diesen
Worten gibt er seinen Jüngern den Auftrag, durch Taufe und Lehre alle Völker
zu seinen Jüngern zu machen, soweit sie dazu in der Lage sind. Wie er ihnen
zuvor gesagt hatte, dass sein Evangelium allen Völkern gepredigt werden
soll (Matth. 24,14), und dass, wenn dieses Ziel
erreicht ist, alle Völker zu seinem Gericht versammelt werden sollen (Matth. 25,32). ), so erklärt er ihnen auch hier
abschließend, dass ihm alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist, dass alle
Völker der Erde ihm gehören und daher alle ihm, dem König der Macht
und Gnade, untertan sein sollen und alle durch Taufe und Unterweisung zu
seinen Jüngern gemacht werden sollen. Damit hat er nun auch gesagt, für wen
seine Taufe bestimmt ist; es ist nicht ein einziges auserwähltes Volk, für das
er diese Gabe vorgesehen hat, sondern alle Völker der Erde, nicht Israel
allein, sondern auch die Heiden. Nun kann aber ein Volk natürlich nur in
seinen einzelnen Gliedern getauft werden, und die Frage ist dann, wer von
diesen nach dem Urteil des Herrn an seiner Taufe teilhaben soll. Wenn er sagt,
sie sei für alle Menschen bestimmt, so scheint das zu bedeuten, dass sie nicht
einzelnen, hier und da nach eigenem Gutdünken ausgewählten Menschen zuteil werden soll, sondern jedem Volk als Volk, als
einer Gemeinschaft von Menschen in verschiedenen Lebensbereichen, verschiedenen
Geschlechts und verschiedenen Alters, d.h. allen, die zu einem solchen Volk
gehören, ohne Rücksicht auf alle Unterschiede, die in zeitlicher oder
natürlicher Hinsicht zwischen ihnen als Gliedern des großen Volkskörpers
bestehen mögen, hohen und niedrigen, reichen und armen, gelehrten und
ungelehrten, großen und kleinen, Männern und Frauen, Erwachsenen und Kindern.
So wenig der Herr irgendein Volk auf der Erde von der Gnade und dem Segen der
Taufe ausschließen möchte, so wenig möchte er sie im Voraus auf eine einzige
Klasse von Menschen oder eine bestimmte Auswahl von Menschen beschränken.
So verstehe
ich diese Worte des Herrn in der Apologie (Art. 10). Es ist möglich,
dass der eine oder andere meint, man finde in ihnen mehr, als wirklich in ihnen
ist; aber selbst wenn dies der Fall wäre, was ich nicht glaube, würde es nicht
viel bedeuten. Es geht hier nicht um diese oder irgendeine andere einzelne Schriftstelle;
es ist die Lehre der Schrift in ihrem Zusammenhang, die wir untersuchen müssen,
um unsere Frage beantwortet zu bekommen, und wenn wir das tun, wird die Antwort
sicher nicht zweifelhaft sein. Es stimmt, dass die Heilige Schrift nicht viel
darüber sagt, wer getauft oder nicht getauft werden soll, aber wir würden
dennoch alle notwendigen Informationen darüber finden, wenn wir darauf achten,
was sie uns über den Zweck und die Wirkung der Taufe lehrt; Wenn wir
zuerst wissen, was sie nach Gottes Willen wirken und vollbringen soll, dann
muss sie auch dem gegeben werden, für den sie von Gott bestimmt ist; denn das
kann nur der sein, der sie einerseits braucht und andererseits geeignet ist,
sie zu empfangen, und zwar in einem solchen Zustand, dass sie bei ihm ihr gutes
Werk tun und nach ihrem Zweck wirken kann. Denn wenn ich oben gesagt habe, dass
die Taufe nach dem Willen Christi für alle Menschen ohne Rücksicht auf alle zeitlichen
und natürlichen Unterschiede zwischen ihnen bestimmt ist, so folgt
daraus natürlich nicht, dass sie nun auch an alle ohne Rücksicht auf ihren
geistlichen Zustand ausgeteilt werden muss. Er, der nicht wollte, dass seine
Jünger das Heiligtum den Hunden gäben oder ihre Perlen vor die Säue würfen (Matth. 7,6), will gewiss nicht, dass seine heilige Taufe
solchen gegeben werde, von denen aus seinem Wort klar und deutlich hervorgeht,
dass sie nicht fähig sind, den Segen zu empfangen, den er gewiss bereit ist,
allen Menschen dadurch zu gewähren.
Wenn wir nun
die Schrift fragen, was die Taufe nach dem Willen und der Verheißung des Herrn
bewirken und vollbringen soll, so antwortet sie uns klar, dass sie ein Mittel
ist, durch das Gott die Sünder retten oder selig machen will. Denn wie
Christus verheißen hat: "Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig
werden" (Mark. 16,16), so bezeugt auch der Apostel Paulus, dass Gott uns
nicht um der Werke willen, die wir der Gerechtigkeit halber getan haben,
sondern nach seiner Barmherzigkeit durch das Bad der Wiedergeburt selig
gemacht hat (Tit. 3,5). ); ebenso sagt auch Petrus, dass die Taufe uns rettet,
und ist damit ein Bild des Wassers, durch das acht Seelen in der Arche in den
Tagen Noahs gerettet wurden (1. Petr. 3,20.21), wie er auch die durch seine
Rede erweckten Seelen ermahnte, Buße zu tun und sich gleich nach der Ausgießung
des Geistes am Pfingstfest taufen zu lassen, um so von dem bösen Geschlecht gerettet
zu werden (Apg. 2,38-40). Da nun die Taufe ein solches Mittel zur Errettung
ist, muss auch für sie gelten, was für die Errettung selbst allgemein gilt.
Wenn Gott sagt, dass alle Menschen gefallen sind, und will, dass niemand
verloren geht, der nicht selbst verloren gehen will (Hes.
28,32; 1. Tim. 2,4; 2. Petr. 3,9; Joh. 3,36. ), dann muss es sicher seine
Meinung sein, dass die Mittel der Errettung durch die Taufe keinem Sünder
verweigert oder vorenthalten werden sollen, der diese seine Gabe nicht selbst
verachtet und verschmäht oder, obwohl er sie begehrt, sich doch offensichtlich
unfähig zeigt, die Errettung zu empfangen, die sie bringen soll.
Was aber ist
dann dieses Heil? Was ist die rettende oder die wiedergebärende Wirkung der
Taufe? In welchem Sinne ist sie ein solches Mittel des Heils?
Jesus
Christus ist unser Heiland (2. Tim. 1,10; Tit. 1,4; 2,13; 3,6), und nicht nur
unser Heiland, sondern der Heiland der ganzen Welt (Joh. 4,42; 1. Joh. 4,14),
denn er wurde von seinem himmlischen Vater in die in Sünde und Tod verlorene
Welt gesandt und gebracht, damit sie durch ihn gerettet werde (Joh. 3,17;
12,47; Matth. 18,11; Luk. 19,10). Dieses Werk als
Retter der Welt hat er zum Teil schon hier auf Erden vollbracht. Als er am
Kreuz ausrief: "Es ist vollbracht", und dann sein Haupt beugte und
seinen Geist in die Hände seines Vaters übergab, war die Welt durch ihn
gerettet; er hatte ihre Sünde getragen und sie mit Gott versöhnt, als das Lamm
Gottes ohne Schuld und ohne Ärgernis (Joh. 1,29; 1. Petr. 1,19; 2. Kor. 5,19);
er, der keine Sünde kannte, wurde von Gott für sie zur Sünde gemacht und
dadurch zum Sühnopfer für alle ihre Sünden (2. Kor. 5,21; 1. Joh. 2,2); er hat
durch seinen vollkommenen Gehorsam im Leben und im Sterben die Handschrift, die
gegen sie war, ausgelöscht und weggenommen (Kol. 2,14), hat die Forderungen der
ewigen Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes an alle erfüllt, die durch die Sünde
dem Gesetz und seinem Fluch unterworfen waren, und hat so allen die Rettung vor
der ewigen Verdammnis ermöglicht. Doch damit hatte er nur einen Teil seines
Erlösungswerkes vollbracht. Zwar war damit der Zugang zum Heil für die ganze
Welt eröffnet, aber kein Sünder war wirklich gerettet, sondern es blieb noch
übrig, alle einzelnen Sünder an dem so erworbenen und für sie bereiteten
Heilsschatz teilhaben zu lassen. Darum glauben wir auch, dass Christus nicht
nur einmal geopfert wird, um die Sünden vieler wegzunehmen, sondern immer lebt,
um alle, die durch ihn zu Gott kommen, vollkommen zu retten (Hebr. 9, 28. 7,
25). Sein Heilswerk ist nicht mit seinem Abscheiden von der Erde beendet,
sondern er ist durch seinen Tod auferstanden als Fürst des Heils, als Quelle
des ewigen Heils für alle, die ihm gehorchen (Hebr. 2, 10. 5, 9 ), denn Gott
hat ihn zum Fürsten und Heiland zu seiner Rechten erhöht (Apg. 5, 31), wo er
jetzt, da der Tag des Heils noch nicht gekommen ist (2. Kor. 6, 2), nicht nur
als unser Fürsprecher und Hoherpriester, sondern auch
als Fürsprecher für alle Sünder beständig vor seinem Vater erscheint (Hebr. 6,
20. 7, 25. 8, 1. 9, 24. Röm. 8, 34. 1. Joh. 2, 1), sondern auch als König der
Barmherzigkeit sucht er sie alle durch seine Gnade zu sich zu ziehen (Joh. 12,
32), sie aus der Macht der Finsternis zu befreien und in sein Reich zu bringen
(Kol. 1,13) und sie dann in einer tauglichen Gesellschaft zu stärken und zu
bewahren (2. Thess. 2,17; 3,3. Joh. 10,28.29), bis er sie schließlich in seinem
himmlischen Reich erlösen kann (2. Tim. 4,18).
Als
Versöhnung der Welt mit Gott ist das Heil also etwas, das Christus hier auf
Erden ein für alle Mal vollbracht hat. Als vollkommene Erlösung einzelner
Sünder wird er sie in einer anderen Welt vollenden. Jetzt aber ist der Tag des
Heils (2. Kor. 6, 2); deshalb muss jeder, der das Heil ererben soll, das in der
letzten Zeit geoffenbart werden soll (Hebr. 1, 14; 1. Petr. 1, 5), schon hier
Christi teilhaftig geworden sein (Hebr. 3, 18), schon hier durch ihn gerettet
werden (Eph. 2, 5; 8; 2. Tim. 1, 9. Tit. 3, 5. 1 Petr. 3, 21.), und dieses
Heil, wodurch ein Sünder hier auf Erden Teilhaber des einst von Christus
vollbrachten Heils und damit auch Erbe des von ihm bereiteten Heils wird, ist
das, was allein gemeint ist, wenn wir von der Taufe als einem Mittel des Heils
sprechen.
Dieses Heil
hat, genauer betrachtet, zwei verschiedene Seiten. Es ist die Erlösung des
Sünders teils von der Schuld und Strafe der Sünde, teils von der Macht und
Herrschaft der Sünde. Die erste ist die Rechtfertigung des Sünders durch
das Wort Gottes; die zweite ist seine Lebenigmachung
oder Wiedergeburt.
Alle
Menschen sind von Natur aus Kinder des Zorns (Eph. 2,3). Sie sind alle unter
der Sünde und entbehren daher des Ruhms, den sie an Gott haben sollten (Röm. 3,9.23);
sie sind alle von Gottes heiligem Gesetz abgewichen und konnten daher Gott
nicht gefallen (Röm. 3,12, 8, 8), sondern stehen im Gegenteil, Gal. 3, alle
unter seinem Fluch (5. Mose 27,26.10.); sie sind alle schuldig vor dem Gericht
Gottes (Röm. 3,19.), und all ihr Elend in Zeit und Ewigkeit ist nichts anderes
als die Manifestation von Gottes Zorn und gerechtem Gericht, denn der Tod ist
der Lohn der Sünde (Röm. 6,23.). Daher ist Gottes Zorn und die Schuld und
Strafe der Sünde das, wovon der sündige Mensch in erster Linie gerettet werden
muss, und das geschieht dadurch, dass Gott in seiner Gnade dem Sünder die
vollkommene Genugtuung Christi für alle Sünden der Welt aufgrund des Sühnopfers
Christi zurechnet und zueignet und dann aufgrund dessen nicht mehr zurechnet,
sondern vergibt und verzeiht seine Sünde, spricht ihn von aller Schuld und
Strafe frei, hält ihn für völlig unschuldig und gerecht und nimmt ihn als Kind
und Erbe an (Röm. 4, 6.7.8.11; 8,17. Gal. 4, 8.). Wenn ein Sünder so Vergebung
der Sünden, Sohnschaft und Erbe bei Gott und Frieden mit ihm durch den Herrn
Jesus Christus (Apg. 26, 18; Gal. 4, 6; Röm. 5, 1) empfangen hat, so ist er
damit auch "ohne Verdienst gerechtfertigt durch die Gnade Gottes
durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist" (Röm. 3, 24), und insofern
dann auch gerettet.
Aber dieses
Heil, das dem Sünder in der Rechtfertigung zuteil wird,
ist doch nur der erste Teil des Heils, das er schon hier auf Erden erlangen
kann und muss. Er muss nicht nur von der Schuld und Strafe der Sünde befreit
werden, sondern auch von der Sünde selbst, von der Macht und Herrschaft, die
sie über ihn hat (Joh. 8,32. 36. Röm. 6,18. 22. 8,2. ); eben darum ist er ein
Kind des Zorns, das durch die Gnade Gottes gerechtfertigt werden muss, weil er
fleischlich, unter die Sünde verkauft, von Natur ein Sklave der Sünde ist, der
in allem, was er tut, nichts anderes tun kann als sündigen, und sich daher
nicht von den Banden und Ketten der Sünde befreien kann (Röm. 7,14; 6,17-20.
8,7.). Er ist tot in seiner Sünde (Eph. 2,1.5; 5,14. Kol. 2,13; Luk. 15,24.32.
1. Joh. 3,14. Offb. 3,1.); deshalb muss dieselbe rettende Gnade, die den
Ungerechten gerechtfertigt hat, auch den Toten lebendig machen (Eph. 2,5; Kol.
2,13.). Er ist ein fauler Baum, der keine gute Frucht bringen kann (Matth. 7,19); er wurde in Sünde gezeugt und in
Ungerechtigkeit geboren (Ps. 51,7), und was so aus dem Fleisch geboren wird,
ist und bleibt Fleisch (Joh. 3,6), bis es wiedergeboren oder aus dem Geist
geboren wird (Joh. 3,6), bis es wiedergeboren oder von neuem geboren wird (1.
Petr. 1,3.23; Tit. 3,5; Joh. 3,3.7), nicht aus Blut, noch aus dem Willen des
Fleisches, noch aus dem Willen des Menschen, sondern aus Gott (Joh. 1,13; 1.
Joh. 2,29; 3,9; 4,7; 5, 1.4.18; Joh. 1,18). Er ist von Natur nicht nur ein Kind
des Zorns, sondern auch des Teufels; denn wer Sünde tut und so der Sünde
verfallen ist, der ist des Teufels (1. Joh. 3,10.8. Joh. 8,34. ); deshalb kann
er nur dann als gerettet gelten, wenn er nicht nur durch Gottes rechtfertigende
Gnade den Charakter und die Rechte eines Kindes Gottes empfangen hat, sondern
auch durch seine erneuernde Gnade die Kraft erhalten hat, selbst ein Kind Gottes
zu werden (Joh. 1,12), oder wenn er verändert, verwandelt, umgewandelt worden
ist in ein wirkliches, lebendiges Kind Gottes (1. Joh. 3,1.2.10; 5,2). Wenn
aber ein Sünder auf diese Weise durch die Gnade Gottes wiedergeboren wird, dann
wird er auch vom Tod zum Leben hindurchgeführt, von der Macht der Finsternis
befreit und in das Reich des Sohnes Gottes gebracht (1. Joh. 3,14. Kol. 1,13.
); dann ist das Alte vergangen, und alles ist neu geworden; dann ist er eine
neue Kreatur (2. Korinther 5,17; Galater 6,15), ein neuer Mensch, geschaffen
nach dem Bilde Gottes (Eph. 4,24; Kol. 3,10), ein Mensch Gottes, vollkommen in
jedem guten Werk (1. Tim. 6,11; 2. Timotheus 3,17). Er ist nicht mehr ein
fleischlicher, sondern ein geistlicher Mensch (1. Korinther 2,15; 3,1; Galater
6,1; Röm. 8,9), denn er hat einen neuen Lebensgeist angenommen, der ihn von dem
Gesetz der Sünde und des Todes befreit hat, und nun drängt ihn das Gesetz
seines Geistes, Gott in der neuen Natur des Geistes zu dienen, in einer neuen
Lebensweise zu wandeln, nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist (Röm.
6,4. 7,6. 23. 8,1 ff. Gal. 5,16 ff.). Kraft dieses neuen Geistes sündigt der
Wiedergeborene nicht mehr, sondern bewahrt sich selbst, überwindet die Welt,
tut Gerechtigkeit, liebt seine Brüder (1. Joh. 2,29; 3,9.10; 4,7; 5,4.18; 1.
Petr. 1,22.23). Zwar ist die Sünde noch nicht gänzlich aus ihm getilgt (1.
Johannes 1,8); sie wohnt noch in seinem Fleisch, von wo aus sie stets mit
seinem Geist im Streit liegt und nicht nur seine besten Werke verunreinigt,
sondern auch leicht sein Herz in Sünden der Schwachheit verunreinigt und gefangen
nimmt (Röm. 7,15 ff. Gal. 5,17. Hebr. 12,1. 1. Johannes 2,1. 5. 16. Jakobus
3,2). Nun aber hat sie diese Macht nur noch über sein Fleisch, seinen alten,
äußeren Menschen, der zwar nicht ganz tot, aber zum Sterben gekreuzigt ist
(Röm. 6,6; Gal. 5,24; Kol. 3,9) und nur noch als ein altes Kleid zu betrachten
ist, das jeden Tag mehr und mehr abgenutzt und abgelegt wird (Eph. 4,22; Röm.
13,12; Kol. 3,8; 1. Petr. 2,1). Nach seinem neuen inneren Menschen begehrt er
das Gesetz Gottes, nach seinem Gemüt dient er ihm (Röm. 7,22. 25), und während
sein äußerer Mensch vergeht, wird sein Geist, sein innerer Mensch, Tag für Tag
erneuert und durch die Kraft der Gnade Gottes in ihm mächtig bestätigt (2. Kor.
4,16; Röm. 12,2; Eph. 3,6; 4,23, 24; Kol. 3,10). In diesem Kampf zwischen
Fleisch und Geist, zwischen dem Alten und dem Neuen, darf er dann, wenn er sich
und seine Schwachheit betrachtet, seufzen und klagen: "Ich bin
fleischlich, ich bin unter der Sünde. Ich elender Mensch, wer wird hat mich erlösen aus diesem Leib des Todes?" so hat er stets
allen Grund, hinzuzufügen: "Ich danke Gott durch Jesus Christus, unseren
Herrn. Gelobt sei der, der mich nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren
hat zu einer lebendigen Hoffnung, zu einem unvergänglichen, unbefleckten und
unverwelklichen Erbe, das im Himmel für mich aufbewahrt ist" (Röm.
7,14.24.25; 1. Petr. 1,3.4). In all seiner Schwachheit und seinem Elend hat er
jedoch, solange er im Kampf gegen das Böse nicht versagt und in die
Knechtschaft der Sünde zurückfällt, einen Samen Gottes in sich, der in dem
neuen Geist wohnt, den er bei der Wiedergeburt empfangen hat (1. Joh. 3,9),
einen geistigen, himmlischen Sauerteig, der nach und nach den ganzen Menschen
durchdringt (Matth. 13,33), ein Same des ewigen Lebens,
der unter der Obhut und Pflege der Gnade, deren Kraft sich in der Schwachheit
vervollkommnet, sein göttliches Wachstum entfaltet und in Geduld Frucht bringt
(1. Petr. 2,2; Eph. 4,15; Kol 2,19; Matth. 4,26 ff; Luk.
8,15).
Die
Wiedergeburt8A des Sünders ist also
etwas ganz anderes als seine Rechtfertigung. Durch diese wird er ein Geist für
Gott, dadurch ein Geist in sich selbst. Bei der Rechtfertigung findet eine
Veränderung im Urteil Gottes über den Menschen statt; sie vollzieht sich gleichsam
in Gottes eigenem Herzen im Himmel. Bei der Wiedergeburt hingegen ändert sich
der Zustand des Herzens des Menschen hier auf der Erde, wodurch er befähigt
wird, ein neues Leben zu führen. Doch so unterschiedlich diese beiden Elemente
des Heils auch sein mögen, so stehen sie doch in engster und innigster
Verbindung zueinander. Was dem Sünder die Kraft gibt, ein solches neues Leben
in heiliger Liebe zu führen, ist nichts anderes als die lebendige Erkenntnis
und gläubige Aneignung der Liebe Gottes zu ihm, die sich darin offenbart, dass
Gott zu seinem Heil seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat (1. Joh.
4,9.16). Erst wenn diese rettende Liebe Gottes zu den Sündern in seinem Herzen
ausgegossen ist (Röm. 5,5), erst wenn er das Zeugnis Gottes über seinen Sohn
und das ewige Leben, das er uns in ihm geschenkt hat, im Glauben angenommen hat
(1. Joh. 5,9 ff. ), und dadurch sein Herz mit dem Blute Jesu besprengt und von
dem bösen Gewissen und seiner Furcht vor Knechtschaft gereinigt worden ist, so
dass er in der vollen Gewissheit des Glaubens vor Gott treten kann, dass er ein
Kind Gottes ist und nicht mehr unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade steht
(Hebr. 9, 14. 10, 22. Röm. 6, 14. 8, 16.), dann erst ist er auch, als Christi
teuer erkauftes Eigentum, als von seiner Liebe überwunden und besiegt, von der
Sünde befreit, dass sie nicht mehr über ihn herrsche, und befähigt, für den
Heiland zu leben, der für ihn gestorben ist, den Gott zu lieben, der ihn zuerst
geliebt hat (Röm. 6, 14, 14, 7 ff. 1 Kor. 6, 20. 2 Kor. 5, 14 f. 1 Joh. 4, 19).
Das ganze neue Leben des Wiedergeborenen ist ein Leben des Glaubens an den Sohn
Gottes, der ihn geliebt und sich für ihn hingegeben hat (Gal. 2, 20); dieser
Glaube ist sein. (2. Kor. 10,15), denn er ist die Wurzel des Lebens; er ist
das, was durch die Liebe wirkt (Gal. 5,6); in ihm überwindet er die Welt (1.
Joh. 5,4 f.); in ihm hat er das ewige Leben (Joh. 3,15. 16. 36. 5,24), denn es
ist das ewige Leben, den allein wahren Gott zu erkennen und den, den er gesandt
hat, Jesus Christus (Joh. 17,3). Und wie sein ganzes Leben ein Glaubensleben
ist, so ist auch der Geist, den er bei der Wiedergeburt empfängt und aus dem
sein Leben entspringt, ein Geist des Lebens, weil er ein Geist des Glaubens ist
(2Kor 4,13), ein Geist der Erlösung (Röm 8,15), ein Geist, in dem er die Gnade
Gottes in Christus in der Gewissheit des Glaubens ergreift und die
Rechtfertigung oder Erlösung erlangt, die er ihm verschafft hat. Jeder, der
diesen Glauben hat, ist aus Gott geboren (1. Joh. 5,1).
Das neue
Leben, in dem sich der Glaube des Wiedergeborenen an die Gnade Gottes in
Christus offenbart, ist nun als heiliges Leben der Liebe wesentlich nichts
anderes als das Leben Christi, das ihm bei seiner Wiedergeburt mitgeteilt wurde
und nun in ihm lebt und sich entfaltet. Es ist nicht nur ein Abbild des Lebens
Christi, das ihm nachgebildet ist (Röm 8,29; 2 Kor 3,18), sondern es hat diese
Ähnlichkeit mit seinem Leben gerade deshalb, weil er selbst in den
Wiedergeborenen lebt (Gal 2,20). Er ist, wie die Wahrheit und der Weg, so auch
das Leben (Joh. 14,6); denn wie der Vater das Leben in sich selbst hat, so hat
er dem Sohn gegeben, das Leben in sich selbst zu haben (Joh. 5,26); in ihm
allein ist also das Leben zu finden für den in der Sünde toten Menschen (1. Joh.
5,11; 2 Tim 1,1). Die ganze neue Natur des wiedergeborenen Sünders entspringt
einer innigen Verbindung, einer geheimnisvollen Lebensgemeinschaft, in der er
mit Christus steht (1. Kor. 1,9; Hebr 3,14), indem er
in Christus ist und Christus in ihm. Durch seine Wiedergeburt hat er Christus
als ein neues geistliches Gewand angezogen; in ihm ist er, in ihm wandelt er,
in ihm steht er fest (Gal. 3:27, 28; Röm. 16,11; 1. Kor. 1,30; Kol. 2,6; Phil.
4,1; 1 Thess. 3,8). Er ist in Christus als Glied des Leibes, zu dem er gehört
(Röm. 12,5; 1. Kor. 12,12.27; Eph. 5,30), als Rebe in seinem Weinstock (Joh.
15,1 ff.); wie die Rebe keine Frucht bringen kann, wenn sie nicht im Weinstock
bleibt, so kann auch der Wiedergeborene nichts ohne Christus tun, wenn er nicht
in ihm bleibt (Joh. 15,4.5). Nur in ihm ist er eine neue Schöpfung (2. Kor.
5,17); nur in ihm ist er befreit von dem Gesetz der Sünde und des Todes durch
das Gesetz des Geistes des Lebens (Röm. 8,2). Wer also in Christus ist, der hat
auch Christus in sich (Johannes 6,56); Christus ist in ihm (Röm. 8,10; 2. Kor.
13,5; Kol. 1,27), wohnt in ihm (Eph. 3,17), lebt in ihm (Galater 2,20) und wird
immer mehr in ihm offenbar (Gal. 4,19); und nur wer Christus hat, hat das ewige
Leben in sich (1. Johannes 5,12). Wo aber Christus ist, da ist auch der
dreieinige Gott. Die Einheit des Wiedergeborenen ist mit dem Vater und mit
seinem Sohn Jesus Christus (1. Joh. 1,3), denn er hat sowohl den Vater als auch
den Sohn (2. Johannes 9); mit dem Sohn hat auch der Vater seine Wohnung bei ihm
gemacht (Johannes 14,23), denn der Sohn und der Vater sind eins, der eine in
diesem und der andere in jenem (Joh. 10,30.38; 14,10.11). Er ist also in Gott
und Gott in ihm (1. Joh. 3,24. 4,13. 15.), und seine Gemeinschaft mit Gott ist
so innig, so vollkommen, dass er in ihr sogar selbst der göttlichen Natur
teilhaftig ist (2. Petr. 1,4.), teilhaftig des heiligen Lebens Gottes (Hebr.
12,10.). Aber in dieser Gemeinschaft mit dem Wiedergeborenen stehen beide, der
Vater und der Sohn, nur im Heiligen Geist wieder, der von beiden ausgeht und in
das menschliche Herz eintritt. Wie niemand zum Vater kommen kann außer durch
den Sohn (Joh. 14,6), so kann auch niemand zum Sohn kommen außer durch den
Heiligen Geist (1. Kor. 12,3); daher kann man nur durch die Teilhabe am
Heiligen Geist (Hebr. 6,4) an Christus teilhaben und nur in der Gemeinschaft
des Heiligen Geistes (2. Kor. 13,13) Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn
haben. Es ist der Heilige Geist, in dem Christus und in ihm der Vater wohnt
(Röm. 8,9-11; 1. Kor. 3,16; 6,19; 2. Tim. 1,14), und in eben diesem Geist, den
Gott ihm durch Jesus Christus geschenkt hat (Röm. 5,5; Gal. 4,6; Tit. 3,6), hat
er deshalb auch ein Zeichen, dass Gott in ihm und er in Gott bleibt (1. Joh.
3,24; 4,13). Durch diesen Geist hat Gott seine Liebe in sein Herz ausgegossen
und ihm seine Sohnschaft zugesichert (Röm. 5,5; 8,16. Gal. 4,6. 1. Joh. 5,6.9-11.),
und derselbe Geist ist es, der ihn in alle Wahrheit leitet und zu jedem guten
Werk antreibt (Joh. 16,13. Röm. 8,14.). Durch den Heiligen Geist ist er alles,
was er ist, denn durch ihn ist er wiedergeboren (Joh. 3,5.6.8; Tit. 3,5).
Wir sehen
also, dass die Wiedergeburt des Sünders nach dem Wort Gottes dadurch zustande
kommt, dass der dreieinige Gott ihn in die Gemeinschaft aufnimmt und ihm sein
Leben schenkt, wenn der Vater durch seinen Sohn Jesus Christus den Heiligen
Geist in das Herz des gerechtfertigten Sünders sendet (Gal. 4,6). ) und ihm
durch diesen Geist des Sohnes einen neuen Geist des Glaubens und des Lebens
schenkt, in dem er dann ein neuer Mensch ist, der durch den Glauben befähigt
ist, die in Christus offenbarte väterliche Gnade Gottes anzunehmen und sich
anzueignen, und kraft dieses Glaubens ein neues geistiges, heiliges Leben in
Liebe zu dem zu führen, der die Liebe ist.
Wenn wir
nun, nachdem wir auf diese Weise erkannt haben, was es mit einem Heil auf sich
hat, das nach dem Wort Gottes in dieser Welt erlangt werden kann und muss, zur Taufe
zurückkehren und genauer untersuchen würden, was dasselbe Wort Gottes uns über
ihre wiedergebärende Wirkung lehrt, würden wir feststellen, dass die Wiedergeburt
des Sünders gerade das Heil ist, das sie bewirken soll.
Nach der
Heiligen Schrift ist die Taufe das Mittel, durch das der Sünder die Gabe des
Heiligen Geistes durch die Hand Gottes empfängt (Apg. 2,38; 9,17.18; 1. Kor.
12,13; vgl. Joh. 3,5; Titus 3,5.6), mit Christus bekleidet und in seinen Leib
aufgenommen wird (Gal. 3,27; 1. Kor. 12,13). Deshalb wird er auch durch sie
wiedergeboren (Tit. 3,5. Joh. 3,5.) oder zum Jünger Christi gemacht (Matth. 28,19.); durch sie wird er von einem bösen Gewissen
gereinigt durch den Erlass der Sünden (Apg. 2,38; 22,16; Eph. 5,26; Hebr. 10,22;
1. Petr. 3,21. ); darin wird er getötet und mit Christus begraben, aber auch zu
einem neuen Leben auferweckt; darin wird er seines alten Menschen entkleidet
und zieht einen neuen Menschen an (Röm. 6,3. 4. Kol. 2,11.12. vgl. Kol. 3,9.10.).
Wir werden einige dieser Aussagen über die
Gnadenwirkung der Taufe etwas genauer betrachten.
Als
diejenigen, denen die Rede des Petrus nach der Ausgießung des Geistes am
Pfingstfest wie ein Dorn im Herzen war, ängstlich fragten, was sie tun sollten,
um gerettet zu werden, antwortete der Apostel: "Tut Buße und jeder von
euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden, so
werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen" (Apg. 2,38). Diese
Worte sind offensichtlich von größter Bedeutung für uns; denn wir müssen
erwarten, in ihnen zumindest die Summe der apostolischen Lehre über den Weg zum
ewigen Leben ausgedrückt zu finden. Und was finden wir in ihnen? Wo ist der
Weg? Durch Buße und Taufe. Jeder reuige Sünder, der sich im Namen Jesu Christi,
im Glauben an Jesus Christus, wie er sich in Wort und Tat, in seinem Tod und in
seiner Auferstehung als Retter der Welt geoffenbart hat, zur Vergebung der
Sünden taufen lässt, in der Absicht, dadurch Vergebung aller seiner Sünden zu
erlangen, in herzlicher Sehnsucht und im Verlangen nach Frieden mit Gott, wird
dadurch gewiss sein Ziel erreicht, seine Sehnsucht erfüllt haben; Gott wird ihm
durch die Taufe Frieden mit Gott gewähren. Gott wird ihm durch die Taufe
denselben Heiligen Geist schenken, der durch unmittelbare Mitteilung über die
am Pfingstfest versammelten Jünger ausgegossen wurde, und mit dieser Gabe des
Geistes auch den Sündenerlass, den sein Herz begehrt; denn der Geist gießt die
Liebe Gottes in das Herz des Menschen aus, der Geist bringt den von Christus
errungenen Sündenerlass vom Himmel auf die Erde, vom Herzen Gottes in das Herz
des Sünders. Die Schrift kann nichts anderes meinen als diese Mitteilung des
Sündenerlasses durch den Heiligen Geist und die Adoption im Glauben, wenn sie
hier und an anderen Stellen (Apg. 22,16; Eph. 5,26) den "Sündenerlass"
oder die "Reinigung" des Sünders von der Verunreinigung durch die
Sündenschuld als die seligmachende Wirkung der Taufe darstellt. Die Erfüllung
selbst findet, wie wir bereits gesehen haben, nicht auf der Erde, sondern im
Himmel statt, nicht im Herzen des Menschen, sondern im Herzen Gottes. Was aber
so im Himmel zum Heil des Sünders gewirkt wird, soll er auch hier auf Erden
genießen; Gott hat sein himmlisches Freispruchsurteil
über den Sünder [in Christus] gesprochen, und so schenkt er ihm in der Taufe
seinen Geist, der ihm die gnädige Vergebung aller seiner Sünden verheißt und
ihm Kraft gibt, sich diese gnädige Verheißung im Glauben anzueignen. Diese
Ausgießung der Liebe und rechtfertigenden Gnade Gottes in das Herz des Sünders
durch den Heiligen Geist, die ihm zuteil wird, ist
aber wiederum nichts anderes als seine Wiedergeburt, und so haben wir schon in
diesen Worten des Petrus am Pfingstfest eine unzweifelhafte biblische Grundlage
für die Behauptung, dass die Taufe ein Mittel der Wiedergeburt ist.
In
ausdrücklichen Worten finden wir dies beim Apostel Paulus, wenn er sagt:
"Als die Barmherzigkeit und Liebe Gottes, unseres Retters, zu den Menschen
offenbar wurde, hat er uns gerettet, nicht um der Werke der Gerechtigkeit
willen, die wir getan haben, sondern nach seiner Barmherzigkeit, durch die
Waschung der Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes[9],
Diesen (Heiligen Geist) hat er reichlich auf uns ausgegossen durch Jesus
Christus, unseren Heiland, damit wir, gerechtfertigt durch seine Gnade, Erben
seien nach der Hoffnung auf das ewige Leben" (Tit. 3, 4-7.). Hier ist von
einem Bad die Rede, das Gott als Mittel zu unserer Rettung einsetzt, und dieses
rettende Bad wird dann wiederum seiner Wirkung nach ein "Bad der
Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes" genannt, ein Bad, durch
das der Sünder wiedergeboren oder, wie es weiter heißt, durch den ihm
mitgeteilten Heiligen Geist erneuert, in einen neuen Menschen verwandelt wird,
der im Glauben und in der Hoffnung die rechtfertigende Gnade Gottes und das
Erbe des ewigen Lebens ergriffen hat. Dieses Bad ist nach Meinung des Apostels
nichts anderes als das "Wasserbad", durch das Christus sein Volk
reinigt (Eph. 5,26), die "Taufe", in der Christus angezogen wird, der
alte Mensch stirbt und ein neuer Mensch geboren wird (Gal. 3,27. Röm. 6,3.4;
Kol. 2,11.12.). So muss es doch jedem klar sein, der nicht selbst seine Augen
vor dem Lichte der Wahrheit verschließt, und so haben wir hier die klaren Worte
des Apostels, dass die Taufe ein Mittel der Wiedergeburt ist, und ebenso ein
Mittel des Heils.
Diese Lehre
der Apostel über die seligmachende Wirkung der Taufe hat wiederum ihre feste
Grundlage in den eigenen Worten Christi.
Der Gedanke
kommt hier dem Gespräch des Herrn mit Nikodemus in Johannes 3 am nächsten, in
dem unsere gläubigen Väter seit den frühesten Zeiten der Kirche eine
Hauptstütze für ihren Glauben an die erneuernde Kraft der Taufe gefunden haben.
In letzter Zeit sind bei uns jedoch Zweifel aufgekommen, ob die Worte des Herrn
an dieser Stelle wirklich auf die Taufe der christlichen Kirche[10]
zutreffen, und es ist daher notwendig, diese Worte hier in ihrem Zusammenhang
genauer zu betrachten: - Der Herr liest im Herzen des Nikodemus, dass er zu
ihm, dem von Gott gesandten Lehrer, gekommen ist (V. 2), um ihn zu fragen, was
er tun muss, um in das Reich Gottes zu gelangen. Auf diese Frage seines
aufgewühlten Herzens antwortet Jesus nun: "Wahrlich, wahrlich, ich sage
dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht
sehen." (V. 3.). Für einen sündigen Menschen, wird er sagen, um am Reich
Gottes teilhaben zu können, ist es notwendig, dass er nicht etwas tut, sondern
dass er etwas wird, wiedergeboren wird, ein ganz neuer Mensch wird. Nikodemus
erschrickt, als er begreift, dass er, ein alter, also gelehrter und edler Mann,
noch einmal ganz von vorne anfangen und wiedergeboren werden müsste, und als er
nun ungläubig fragt, wie so etwas möglich sei (V. 4), antwortet ihm Jesus:
"Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht geboren werde aus
Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Was aus dem
Fleisch geboren ist, das ist Fleisch, und was aus dem Geist geboren ist, das
ist Geist" (V. 5, 6). Der Heiland wiederholt damit seine feierliche
Behauptung von der Notwendigkeit der Wiedergeburt, erklärt aber auch, dass er
nicht eine fleischliche, sondern eine geistliche Geburt meint. Der natürliche
Mensch, der aus dem Fleisch, aus der durch die Sünde verderbten menschlichen
Natur geboren ist, ist selbst Fleisch und nichts als Fleisch, ohne Geist (Judas
19); nur was aus dem Geist geboren ist, ist selbst Geist, und nur ein so aus
dem Geist Gottes wiedergeborener, geistiger Mensch kann in das Reich Gottes
eingehen. Nun sagt der Herr aber nicht: "Ohne aus dem Geist geboren zu
sein", sondern: "Ohne aus einem Wasser und einem Geist geboren
zu sein", und hier stellt sich die Frage: Was meint er mit diesem Bad, das
er so im Zusammenhang mit dem Geist als Quelle, Ursprung oder Ursprung der
Wiedergeburt nennt? Es ist einleuchtend, dass reformierte oder halbreformierte
Schriftgelehrte, wie die von Lammers (Verteidigung S. 41) zitierten,
dass Männer wie Calvin, Grotius, Lücke, Tholuck und Olshausen, die davon ausgehen, dass das Wasser der Taufe
nur ein Zeichen der inneren Reinigung ist, ebenso große Schwierigkeiten haben
müssen, zu glauben, dass die Rede hier von der Taufe handelt, wie der jüdische
Schriftgelehrte, zu erkennen, dass er wiedergeboren werden musste. Die
verschiedenen Versuche, die sie unternommen haben, um die Worte des Herrn über
etwas anderes als die Taufe zu erklären, sind jedoch bis zu diesem Zeitpunkt
nicht besonders erfolgreich gewesen. Sie scheinen alle von der großen
Schwierigkeit zu zeugen, in der sich ihre Verfasser hier befunden haben, und
gleichen in einem solchen Maße verzweifelten Ausflügen, dass sie mit Recht als
ein starker Beweis für die Wahrheit des alten christlichen Glaubens angeführt
werden können, dass der Herr hier gerade von seiner Taufe spricht, und dass wir
hier sein eigenes klares und ausdrückliches Wort vor uns haben, wenn wir die
Taufe als ein wirkliches Mittel der Wiedergeburt betrachten. Erstens ist es
klar, dass "Wasser" und "Geist" zwei ganz verschiedene
Dinge sind, so dass es nicht möglich ist, "Wasser" nur als einen
anderen bildlichen Ausdruck für den Heiligen Geist zu nehmen; "Wasser und
Geist" kann weder, wie Calvin will, ein "geistiges Wasser"
bedeuten, noch, wie Grotius meint, einen "Wassergeist", einen Geist
der Reinigung. Aber ebenso willkürlich und unglücklich ist Olshausens
Marotte, dass das Bad ein symbolischer Ausdruck der inneren Bekehrung oder der
durch die Bekehrung gereinigten und damit für die Wiedergeburt des Geistes
empfänglichen Seele sein soll; denn weder kann das Bad die Bekehrung der Seele
oder die bekehrte Seele bedeuten, noch ist hier die Rede von dem, was im Menschen
der Wiedergeburt vorausgehen muss, sondern offensichtlich von dem, was selbst
seine Wiedergeburt bewirkt. Das "Wasser" kann nichts anderes sein als
tatsächliches, reales Wasser, und die Frage kann nur lauten, welcher Art von Waschung
der Herr hier eine solche Wiedergeburtskraft zuschreibt. Nikodemus konnte Jesus
schon mit voller Ehre vorwerfen, dass er, ein Lehrer in Israel, nicht verstehen
konnte, wie ein Mensch aus Wasser und Geist wiedergeboren werden kann. hatte
die alttestamentlichen Schriften und darin nicht nur das allgemeine Zeugnis des
Herrn, der kommen würde, um sein Volk von allen Sünden zu reinigen (Jer. 33,8;
Mal 3,3), sondern auch solche Verheißungen wie diese: "An jenem Tag wird
für das Haus David und für die Bewohner Jerusalems ein offener Brunnen sein
gegen Sünde und Unreinheit" (Sach. 13,1), oder wie diese: Ich will reines
Wasser über euch sprengen, und ihr sollt rein sein; ich will euch reinigen
von all eurer Unreinheit und von allen euren Götzen; ich will euch ein neues
Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus
eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben; und ich will
meinen Geist in euch geben und will euch veranlassen, in meinen Satzungen zu
wandeln und meine Gebote zu halten und zu tun" (Hes..
36,25-27). Er kannte auch die Taufe des Johannes; ob er sie nun selbst
angenommen hatte oder ob er bis dahin zu den Pharisäern gehörte, die den
Ratschluss Gottes über sich selbst verachteten und sich nicht taufen ließen (Luk.
7,30), so muss er doch von dem gewusst haben, der in der Wüste mit Wasser zur
Buße taufte und sagte: "Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe
herbeigekommen" (Matth. 3,1 ff.). Aber
vielleicht war es gerade diese Taufe des Johannes, die der Herr mit diesen
Worten meinte, so dass er Nikodemus nur ermahnen wollte, diese Taufe zu
empfangen, die er bis dahin verachtet hatte? Johannes der Täufer selbst gibt
uns die Antwort auf diese Frage. Wenn es wirklich seine Taufe war, die der Herr
hier meinte, so würde daraus nur folgen, dass sie, wie die Taufe Christi, ein
wirkliches Mittel der Wiedergeburt war; denn es ist klar, dass hier von einem
Bad die Rede ist, das mit dem Heiligen Geist verbunden ist und in seiner Kraft
wirklich wieder einen Menschen gebären kann. Nun aber sagt Johannes selbst von
seiner Taufe: "Ich taufe euch mit Wasser zur Buße; der aber nach mir
kommt, ist stärker als ich, der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer
taufen" (Matth. 3,11; Mark. 1,8; Luk. 3,16; Joh.
1,26). Daraus ist ersichtlich, dass die Taufe des Johannes keine Taufe mit
"Wasser und Geist" war (vgl. Joh 7,39; Apg 1,5; 19,2 ff. ), und so musste Nikodemus, obwohl er
durch die Worte des Herrn an die Wassertaufe des Johannes erinnert wurde,
wissen, dass der Herr nicht diese meinte, sondern eine andere Wassertaufe, die
auch eine Taufe mit dem Heiligen Geist war und als solche mächtig, das zu
vollbringen, was er noch nicht zu tun vermochte. Er muss erkennen, dass der
Herr von einer Wassertaufe sprach, die er geben würde, durch die er die
Menschen zu einem neuen Leben erneuern und sie zu Bürgern des Reiches machen
würde, das er zu errichten gekommen war. Dass er vielleicht noch nicht in der
Lage war, die Worte des Herrn in ihrer vollen, vollständigen und tiefen
Bedeutung zu erfassen, kann daran nichts ändern; der Herr sagte auch seinen
engsten Jüngern viele Dinge, die sie noch nicht ganz verstanden, die sie aber
dennoch in ihren Herzen bewahren sollten wie ein Samenkorn, das zu gegebener
Zeit aufgehen und Frucht tragen würde. Auch kann uns der Umstand nicht daran
hindern, die Worte des Herrn über die Taufe als Bad der Wiedergeburt zu
verstehen, dass "die ganze folgende Rede und Entwicklung des Gesagten zu
Nikodemus den Glauben und das Anschauen des erhöhten Menschensohnes im Glauben
betrifft" (Lammers, Verteidigung, S. 42). Wenn Jesus, veranlasst durch den
Unglauben des Nikodemus, V. 11 ff. den Glauben als notwendige Bedingung für das
Heil des Sünders hervorhebt, will er damit nicht sagen, dass die Geburt des
Menschen aus Wasser und Geist nichts anderes ist als sein Glaube an ihn, und
dass Nikodemus nun einen Schlussstrich unter das "Wasser" ziehen und
nur an den Geist und den Glauben denken soll, sondern er will ihm nur zeigen,
wie eng und innig der Glaube mit seiner Geburt aus Wasser und Geist verbunden
ist; er ersetzt die Taufe nicht durch den Glauben, sondern fügt ihn im
Gegenteil hinzu, damit Nikodemus weiß: "Wer glaubt und getauft wird,
der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden" (Mark.
16,16.). Was aber so zu Nikodemus gesprochen wird, ist zu unserer Lehre
geschrieben (Röm. 15,4). Und was sollen wir nun daraus lernen? Die Worte des
Herrn sind klar und deutlich; seine Antwort an Nikodemus enthält, wie zu
erwarten, im Wesentlichen dasselbe wie die Antwort des Petrus an die
beunruhigten Juden (S. 61). Kein Mensch kann das Reich Gottes sehen oder es
betreten, ohne wiedergeboren zu werden, und diese Wiedergeburt, die für jeden
fleischlichen oder sündigen Menschen notwendig ist, wird durch Wasser und
Geist, durch die Wassertaufe bewirkt, die der Herr schon damals vorhatte, uns
zu schenken, und uns später tatsächlich als "Bad der Wiedergeburt und
Erneuerung des Heiligen Geistes" geschenkt hat. Wir haben hier eine
Verheißung aus dem Munde des Herrn, die er später erfüllt hat, und kraft dieser
Verheißung ist seine Taufe nicht bloßes Wasser, sondern ein Wasser, das mit
seinem Geiste vereinigt ist und in dieser feinen Vereinigung mit dem Heiligen
Geiste auch Kraft hat, den sündigen Menschen für das Reich Gottes zu erneuern.
- Wenn Lammers (Vorwort S. 42.) aus dem Ausdruck "aus Wasser und
Geist geboren" folgert, dass diese Verbindung auch vom Geist getrennt
werden können muss, so ist mir nicht klar, was er damit eigentlich meint. Dass
es in der Macht des Herrn steht, den Geist auf andere Weise als durch die Taufe
mitzuteilen, wird ebenso wenig geleugnet wie die Tatsache, dass es in der Macht
eines Sünders steht, dem Heiligen Geist zu widerstehen und ihn auszuschließen
und somit die Taufe zu empfangen, ohne dabei auch den Geist zu empfangen. Davon
ist aber an dieser Stelle gar nicht die Rede; weder das eine noch das andere
liegt in dem Ausdruck "aus Wasser und Geist". Das Wort
"und" wird aber gewöhnlich nicht gebraucht, um zu trennen, sondern im
Gegenteil, um zu verbinden und zu vereinigen; und was Gott vereinigt hat, das
kann kein Mensch trennen (Matth. 19,6). Wir glauben
nicht, dass Gott durch diese Vereinigung seine eigenen Hände gebunden hat, so
dass "jeder Mensch ohne Ausnahme, der nicht getauft war, gerettet werden
konnte"; aber er hat in der Tat durch dieses kleine "und" unsere
Hände gebunden, so dass wir weder mitmachen können noch wagen, "Wasser und
Geist" zu trennen.
Da wir nun
aber nach Gottes Wort an der wiedergebärenden Kraft der Taufe festhalten, ist
damit keineswegs gesagt, dass die Taufe das einzige Mittel der Wiedergeburt
ist. Wenn Lammers sagt, die Taufe sei nicht das einzige oder
eigentliche Mittel der Wiedergeburt" (Verteidigung E. 33.), dann
verbindet er, soweit ich das verstehe, zwei Dinge, die im Grunde ganz
verschieden sind und keinen notwendigen Zusammenhang miteinander haben. Warum
die Taufe nicht ein tatsächliches Mittel der Wiedergeburt im vollen Sinn des
Wortes sein soll, ohne deshalb das einzige zu sein, ist nicht leicht zu
verstehen. Aber was wir auch immer verstehen oder nicht verstehen, wir müssen
auch hier glauben, was uns die Schrift als Regel und Prüfstein unseres Glaubens
lehrt, und wenn wir in ihr suchen, werden wir finden, dass, wie Lammers
ihr Zeugnis gegen sich hat, wenn er glaubt, dass die Taufe kein eigentliches
Mittel der Wiedergeburt ist, so gibt sie ihm darin Recht, wenn er behauptet,
dass sie nicht das einzige ist. Die gegenteilige Behauptung, die Taufe
sei das einzig wahre Mittel der Wiedergeburt, ist nicht nur unserer Kirche
völlig fremd, sondern steht auch in offenkundigem Widerspruch zum klaren und
deutlichen Wort Gottes. Dieselbe Schrift, die uns lehrt, dass Gott uns nach
seiner Barmherzigkeit durch das Bad der Wiedergeburt und die Erneuerung des
Heiligen Geistes gerettet hat und dass niemand in das Reich Gottes eingehen
kann, ohne aus Wasser und Geist wiedergeboren zu sein, bezeugt mit gleicher
Festigkeit und Deutlichkeit, dass Gott uns durch das Wort der Wahrheit
gezeugt hat, damit wir die Erstlinge seiner Werke seien (Jak. 1,18), dass wir wiedergeboren
sind, nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, durch das
Wort Gottes, das lebt und bleibt in Ewigkeit (1. Petr. 1,23). Und über
das, was dieses Wort der Wahrheit Gottes ist, können wir nicht einen Augenblick
lang im Zweifel oder in Ungewissheit sein. So töricht und grundlos es wäre,
unter diesem "Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen
Geistes" etwas anderes zu verstehen als die Taufe, so wahnsinnig wäre es,
unter diesem wiedergebärenden "Wort der Wahrheit" etwas anderes zu
verstehen als "das Evangelium unseres Heils" (Eph. 1,13; Kol.
1,5). Gesteht Paulus den Christen in Korinth nicht zu, dass er sie in Christus
Jesus durch das Evangelium gezeugt hat (1. Kor 4,15)? Und erklärt Petrus
nicht ausdrücklich, dass dieses lebendige und ewige Wort Gottes, durch das wir
wiedergeboren werden, genau das Wort ist, das uns durch das Evangelium verkündet
wird (1 Petr 1,25)? Kommt die erneuernde Kraft dieses Wortes Gottes nicht auch
in jenen Stellen zum Ausdruck, die uns lehren, dass der Heilige Geist dem
Menschen durch die Predigt des Wortes mitgeteilt werden kann (Gal 3,2; Apg.
10,44), und dass dieses Wort daher auch der Same ist, der, wenn er in einem reinen
und guten Herzen angenommen und bewahrt wird, in Geduld Frucht bringt (Luk.
8,11.15)? Dann haben wir nach der Lehre der Heiligen Schrift nicht nur ein,
sondern zwei Mittel der Wiedergeburt, das Taufbad und
das Wort des Evangeliums. Es ist nicht so, dass das Wort das einzige wirkliche
Mittel der Wiedergeburt ist und die Taufe nur ein äußeres Zeichen, das
hinzugefügt werden muss, um die durch das Wort gewirkte Wiedergeburt zu
besiegeln; aber es ist auch nicht so, dass die Taufe allein das wiedergebärende,
belebende und erneuernde Mittel der neuen Geburt ist und das Wort nur ein
informatives Zeugnis, das hinzugefügt wird, um die Kraft und Wirkung der Taufe
zu erklären. Wenn die Schrift diesen beiden Gnadenmitteln dieselbe
seligmachende Kraft zuschreibt und damit beide völlig gleichstellt, sind wir nicht
berechtigt, das eine auf Kosten des anderen zu verherrlichen, wie das eine zu
wählen und das andere zu verwerfen. Wie wenig letzteres mit dem Sinn
übereinstimmen würde, in dem der Herr uns diese beiden Mittel der Wiedergeburt
geschenkt hat, zeigen deutlich die Worte, in denen wir seine eigene
ausdrückliche Anordnung und Einrichtung in dieser Hinsicht haben. Denn wenn er
an der Stelle, von der öfter die Rede ist, Matth. 28,
19. 20. seinen Jüngern befiehlt, alle Menschen zu seinen Jüngern zu machen,
indem sie sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes taufen
und sie lehren, alles zu halten, was er ihnen geboten hat, so hat
er damit offenbar nicht nur die Taufe und das Wort als wirkliche Mittel der
Wiedergeburt bezeichnet, sondern es auch zu seinem Willen erklärt, dass sie als
solche Mittel der Wiedergeburt beide in Verbindung gebraucht
werden sollen, nicht das eine unter Ausschluss oder Verdrängung des anderen.
Daraus sehen wir zunächst, dass Christus die Menschen nicht allein durch die
Taufe und auch nicht allein durch das Wort zu guten Jüngern machen und in sein
Reich aufnehmen lassen will, sondern durch die Taufe und das Wort zusammen, und
dass jeder, der nur eines dieser Mittel anwenden würde, gegen die eigene
Anordnung des Herrn verstoßen würde, indem er trennt, was er zusammengefügt
hat. Aber dieser klar ausgesprochene Wille und Erlass des Herrn über den
rechten Gebrauch dieser Mittel enthält auch den entsprechenden Erlass über ihre
Kraft und Wirkung. Nur wo sie nach seiner Eingebung gebraucht werden, können
sie auch nach seiner Verheißung wirken. Obwohl er uns beide als Mittel der
Wiedergeburt gegeben hat, hat er doch nicht versprochen, irgendeine Sünde durch
das eine oder das andere zu erneuern, sondern nur durch beide zusammen.
Wenn wir aber glauben sollen, dass die Wiedergeburt des Sünders nach der
eigenen Einsetzung des Herrn nicht eine Wirkung der Taufe allein oder des
Wortes allein ist, sondern eine Frucht des Zusammenwirkens dieser beiden
Mittel, dann müssen wir auch die Stellen betrachten, wo seine Apostel die
Wirkung der Gnade dem einen oder dem anderen von ihnen zuschreiben. Wenn also
Paulus sagt, dass Gott uns durch das Bad der Wiedergeburt gerettet hat, kann er
das Wort nicht ausschließen, als ob es keinen Anteil an unserer Wiedergeburt
hätte; ebenso wenig kann Petrus die Taufe ausschließen, wenn er sagt, dass wir
durch das lebendige Wort Gottes wiedergeboren werden. Welches dieser beiden
Mittel sie auch ausdrücklich erwähnen, ihre Meinung kann nur sein, dass die
Wiedergeburt durch beide zusammen bewirkt wird; Wo sie die Taufe
erwähnen, meinen sie die Taufe und das Wort, und wo sie das Wort
erwähnen, meinen sie das Wort und die Taufe; und dass sie so ohne Furcht vor
einem Missverständnis das eine erwähnen und das andere verschweigen konnten,
beweist nur, wie innig und unauflöslich die vom Herrn zwischen beiden Mitteln
hergestellte Verbindung sowohl für sie selbst als auch für ihre Leser, für die
Apostel des Herrn und für die ganze apostolische Kirche war.
Da aber die
Wiedergeburt die Frucht des Zusammenwirkens von Wort und Taufe ist, welchen
Anteil hat jedes dieser beiden Gnadenmittel an ihrer gemeinsamen Gnadenwirkung?
Wie trägt jedes von ihnen dazu bei, sie hervorzubringen? Diese Frage ist
sicherlich eine der schwierigsten in der Lehre von der Taufe, aber sie ist auch
von solcher Bedeutung für das richtige Verständnis der Taufe im Allgemeinen und
der Kindertaufe im Besonderen, dass es unbedingt notwendig ist, sie zumindest
hier zu berühren. Was ist nun damit? Was das erste Wort Gottes anbelangt, so
ist es ja seiner Natur nach dazu bestimmt, auf das Bewusstsein des Menschen
einzuwirken. Das Wort ist im Allgemeinen das Mittel, das bewusste oder
persönliche Wesen benutzen, um einander Gedanken mitzuteilen und dadurch einen
gewissen Einfluss auf das Erkennen, Wollen oder Fühlen des anderen auszuüben.
Das gilt für das Wort, das ein Mensch zu einem anderen spricht, es gilt aber
ebenso für das Wort, das Gott in seiner wunderbaren Gnade zu den
Menschenkindern zu sprechen sich herablässt; er offenbart ihnen darin die neugebärende
Wahrheit, um dadurch auf ihr Erkennen und durch dieses dann auch auf ihr Wollen
und Fühlen, mit einem Wort auf ihr Herz einzuwirken. - Eine solche Wirkung des
Wortes Gottes auf das Herz des Menschen muss nun zuallererst
seiner Wiedergeburt vorausgehen und sie vorbereiten. Denn wo, wie hier, von der
Wiedergeburt eines Menschen die Rede ist, der ins Bewusstsein getreten oder in
die Jahre und das Alter der Unterscheidung gekommen ist, hat diese
Gnadenwirkung ihren festen, bestimmten Platz in der Reihenfolge der
Seligsprechung. Damit Gott einen solchen Menschen neu gebären kann, muss er ihn
zuerst dafür empfänglich gemacht, seine Gnade auf ihn herabfallen lassen und
ihn dadurch aus seinem natürlichen Sündenschlaf erweckt und zu einer wahren
Reue, zu einer lebendigen, von Schmerz und Trauer begleiteten Sündenerkenntnis
und zu einer herzlichen, von der Sehnsucht nach Gnade und Erlösung begleiteten
Anerkennung der in Christus offenbarten Wahrheit gebracht haben; Gott kann nur
diejenigen mit seiner Gnade sättigen, die in solch einer gewirkten Reue und
Buße nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten (Matth.
5,6; Luk. 6,21.25); nur wer zum Herrn umkehrt, im Gehorsam des Glaubens sein
Wort annimmt und um seinen Heiligen Geist bittet, dem kann er diese Gabe
schenken, die die Welt nicht empfangen kann (Apg. 2,38; 5,32; Luk. 11,13; Hiob
14,17); nur wer Jesus im Glauben annimmt, dem kann er Kraft geben, ein Kind
Gottes zu werden (Joh. 1,12). Diese Veränderung, die also der eigentlichen
Wiedergeburt vorausgehen muss, kann aber der Natur der Sache nach im Wesentlichen
nur durch das Mittel des Wortes, durch Gesetz und Evangelium zusammen, bewirkt
werden; durch das Wort des Gesetzes wirkt Gott in uns die Erkenntnis der Sünde
(Röm. 3,20; 7,7), durch das Wort des Evangeliums ruft er uns zur Rettung in der
Heiligung des Geistes und im Glauben der Wahrheit (2. Thess. 2,13. 14). Dies
kann aber offensichtlich nicht das Einzige sein, was das Wort zur Wiedergeburt
des Sünders beiträgt. Es kann unmöglich so sein, wie ja nicht wenige in unseren
Tagen zu meinen scheinen, dass die Wiedergeburt nur
durch das Wort vorbereitet, aber durch die Taufe bewirkt wird; damit kämen wir
wieder zu der falschen Ansicht, dass das Wort kein wirkliches Mittel der
Wiedergeburt sei, denn die Wiedergeburt eines Menschen vorzubereiten ist etwas
ganz anderes als ihn zu erneuern. Ist das Wort nach der Lehre der Heiligen
Schrift ein wirkliches. ein Mittel der Wiedergeburt wie die Taufe, dann muss es
auch zur Wiedergeburt selbst beitragen und nicht nur zu ihrer
Vorbereitung. Dasselbe scheint mit Notwendigkeit aus dem zu folgen, was wir
zuvor als die Lehre der Schrift über das Wesen der Wiedergeburt anerkannt
haben. Demnach ist es die wesentliche Frucht und Wirkung der Wiedergeburt, dass
der Wiedergeborene in der Kraft des Heiligen Geistes, der sein Freund ist,
seine Rechtfertigung um Christi willen im lebendigen Glauben ergreift und sich
zu eigen macht; wie aber soll er den Glauben finden, von dem er nicht gehört
hat, und wie soll er den hören, der predigt (Röm 10,14)? Der Glaube kommt durch
das Hören des Wortes Gottes. (Röm. 10,17) und ist daher auch in erster Linie
eine betende Annahme des gehörten Wortes, der Glaube an das Zeugnis und die
Verkündigung des Wortes (1. Thess. 1,6; 2,13; 2. Thess. 1,10; 1. Tim. 1, 15. 4,
9. cf. Joh. 2,22; 3,39; 4,50; 17,8. Apg. 2,41. 8,12. 14. 11,1. 17,11.); dies
gilt nicht nur für den Glauben, der in der Sehnsucht des reuigen Sünders nach
der rechtfertigenden Gnade Gottes enthalten und doch gleichsam verborgen ist,
sondern auch für die gläubige Aneignung dieser Gnade durch den Wiedergeborenen.
Wenn dies aber so ist, dann ist es eine Selbstverständlichkeit, dass ein
Mensch, der die Jahre und das Alter der Unterscheidung erreicht hat, überhaupt
nicht wiedergeboren werden kann, außer durch die Mittel der Gnade. Dasselbe
Evangelium, das die Wiedergeburt eines Menschen vorbereitet hat, muss, sobald es
sein erstes Werk getan hat, auch seine Wiedergeburt bewirken; dieselbe
Botschaft von der Gnade Gottes in Christus, die den Hunger des reuigen Herzens
nach Gnade geweckt hat, ist auch allein imstande, ihn zu stillen.
Wenn aber
das Wort des Evangeliums an und für sich eine solche wiedergebärende Kraft hat,
welcher Raum bleibt dann neben ihm für die Taufe als Mittel der Wiedergeburt?
Dem menschlichen Verstand könnte es scheinen, als ob das Wort auf diese Weise
die Taufe völlig überflüssig machen müsse, als ob ein Mittel der Wiedergeburt
ausreichen müsse. Für den christlichen Glauben, der alles Denken dem Gehorsam
Christi unterwirft, ist es dagegen nach dem Wort Gottes gewiss, dass der Herr,
in dessen Haus es nichts Überflüssiges oder Unnützes gibt, selbst das Wort und
die Taufe als das Mittel eingesetzt hat, durch das er alle Menschen zu seinen
Jüngern machen will, und darf es dann auch in Demut erkennen, dass er hier vor
einem Geheimnis der Gnade steht, dessen Tiefe er hier im Staube niemals zu
ergründen vermag, so wird er es deshalb nicht unterlassen, es mit anbetendem
Staunen im Lichte des Wortes zu betrachten und mit dankbarer Freude jeden
erleuchtenden Strahl zu empfangen, der von ihm auf die Finsternis fallen mag.
Dass es in
Gottes Macht steht, einen Menschen allein durch das Wort ohne die Taufe neu zu gebären,
kann freilich niemand bestreiten, der überhaupt erkennt, dass er uns, und nicht
sich selbst, an gewisse bestimmte Mittel der Gnade gebunden hat. So wie es an
sich nicht leicht einzusehen ist, warum er nicht durch die Predigt des
Evangeliums einem reuigen Sünder den Heiligen Geist schenken und seine Liebe in
sein Herz ausgießen können sollte, so fehlt uns auch nicht das ausdrückliche
Zeugnis der Schrift, dass dies wirklich geschehen ist; ein Beispiel für eine
solche Mitteilung des Geistes allein durch das Wort haben wir in der Geschichte
des Kornelius (Apg. 10,44 ff. 11,15). Es ist aber aus allem ersichtlich, dass
dieses Ereignis nur als eine einzige Ausnahme von einer allgemeinen Regel
dasteht; wenn der Heilige Geist, dessen Mitteilung sonst überall[11]
mit dem Mittel der Taufe verbunden ist (Joh. 3,5; Apg. 2,38; 9,17; 18; 1. Kor.
12,13; Tit 3,5; 6), ohne die Taufe mitgeteilt wird, dann zeigt der ganze
Zusammenhang des Geschehens, dass dies etwas ganz Ungewöhnliches war, ein ganz
außergewöhnliches Mittel, zu dem der Herr greifen musste, um Petrus und die
anderen Judenchristen zu überzeugen, dass er, der keine Rücksicht auf Personen
nimmt, auch den Heiden die Bekehrung zum Leben und den Zugang zu seinem Reich
geben würde (Apg. 10, 34. 35. 11, 18.). Er hat uns damit gezeigt, was er tun
kann, wenn es ihm gefällt, aber keineswegs damit Auskunft darüber gegeben, wie
er die Sünder im Allgemeinen selig machen wird. Das sind, wie wir schon vorher
gesehen haben (S. 21), zwei ganz verschiedene Dinge. Was Gott in seiner
großen Macht an und für sich tun könnte, ist das eine, aber was er
angesichts unserer großen Schwachheit wirklich zu tun sich herablässt, ist
etwas ganz anderes. Und gerade in dieser unserer Schwachheit müssen wir den
Grund suchen, warum der Herr sich nicht damit begnügt hat, uns geeignete Worte
als Mittel zur Wiedergeburt zu geben, sondern auch eine schöne heilige Taufe
hinzugefügt hat. Er kannte unsere große Schwachheit und wusste, wie
träge wir im Herzen sind, alles zu glauben, was er gesagt hat, wie schwer es
uns fällt, das, was in seinem Wort zu allen im Allgemeinen gesprochen wird, in
fester Überzeugung aufzunehmen, und wie natürlich es daher ist, dass wir
gewisse sichtbare Zeichen, gewisse äußere Handlungen begehren, durch die er uns
seine unsichtbare Gnade auf eine äußerlich merkwürdige Weise schenkt. Gerade
dieser unserer Schwachheit, diesem unserem Verlangen hat er entsprochen, indem
er uns die schönen Sakramente gegeben hat, die eben solche äußerlichen,
sichtbaren Handlungen sind, durch die er jedem einzelnen in seiner Kirche das
schenkt und mitteilt, was er in seinem Wort verkündet und allen anbietet, damit
wir wissen, dass wir den großen Schatz wirklich bekommen haben, wissen, wann,
wo und wie wir ihn bekommen haben. Dies gilt sowohl für die Taufe als auch für
das Abendmahl. Unter diesem Gesichtspunkt sind beide "Zeichen und
Zeugnisse des Willens Gottes gegen uns", wie sichtbare Siegel oder
Unterpfänder der unsichtbaren Gnade Gottes, die er seinem Wort um unserer
Schwachheit willen beigefügt hat, um die Kraft zu vergrößern und zu verstärken,
die es schon in sich selbst hat, um den Glauben zu erwecken und zu stärken, um
den sündigen Menschen zu erneuern und den Wiedergeborenen in seinem Gnadenstand
zu erhalten und zu bestätigen. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Taufe vor
allem dazu bestimmt, jedem Menschen ein für allemal
die durch Christus erwirkte Vergebung der Sünden zu gewähren und ihn in den
neuen Bund aufzunehmen, den Gott in und durch ihn, den einen Mittler zwischen
Gott und den Menschen, mit dem ganzen Volk geschlossen hat. Aber das ist nur
die eine Seite der Sache. Wenn das Sakrament nichts anderes wäre als ein
solches sichtbares Zeichen der Gnade, wenn es nur dazu bestimmt wäre, den im
Wort eingeschlossenen Gnadenschatz äußerlich sichtbar zu bezeichnen und
darzustellen und es dadurch in seinem Wirken zu unterstützen, dann muss
offenbar auch für das Wort gelten, dass es seine Gabe nur dort mitteilen kann,
wo es die nötige geistige Aufnahmefähigkeit findet; dann hätten wohl diejenigen
recht, die meinen, dass ein ungläubiger Mensch in der Taufe nichts empfängt als
das bloße Wasser, und im Abendmahl nichts als das Brot und den Wein, aber dann
müsste man denen zustimmen, die behaupten, dass eine Taufe, die nicht im
Glauben angenommen wird, gar keine wirkliche Taufe ist und daher notwendig
wiederholt werden muss. Wenn unsere lutherische Kirche diese Auffassung von den
Sakramenten für falsch erklärt, kann sie sich, zumindest was das
Abendmahl betrifft, auf das klare und eindeutige Zeugnis der Heiligen Schrift
stützen. Nach den eigenen Worten des Herrn ist das, was er uns im Abendmahl zu
essen und zu trinken gibt, nicht nur Brot und Wein, sondern auch sein eigener
heiliger Leib und sein Blut, und nach der Erklärung des Apostels ist das
Abendmahlsbrot die Gemeinschaft des Leibes Christi und der Abendmahlswein die
Gemeinschaft des Blutes Christi in dem Sinne, dass jeder, der Brot und Wein
empfängt, damit auch den Leib und das Blut Christi annimmt. Daraus folgt, dass
derjenige, der dann unwürdig isst und trinkt, des Leibes und Blutes des Herrn
schuldig wird und sich selbst zum Gericht isst und trinkt, weil er keinen
Unterschied zwischen dem Leib des Herrn macht; es ist so weit, dass er nicht
nur Brot und Wein empfängt, sondern im Gegenteil sich selbst zum Gericht isst
und trinkt, weil es der Leib und das Blut des Herrn ist, das er ebenso missbraucht
und begehrt wie andere gewöhnliche Speisen und Getränke (1. Kor. 10,16;
11,27.29). Es ist also klar, dass das heilige Abendmahl dazu bestimmt ist, das
Wort zu unterstützen, nicht nur dadurch, dass es in sichtbarer, bildlicher
Weise die erhaltende und stärkende geistige Speise bezeichnet, die es enthält
und mitteilt, sondern auch dadurch, dass es in und mit jener irdischen Gabe,
dem Brot und dem Wein, eine besondere Bedeutung hat. Es vermittelt auch eine
besondere, göttliche, himmlische Gabe, den Leib und das Blut Christi, die von
jedem, der Brot und Wein genießt, angenommen wird, aber natürlich nur dort zur
Erhaltung und Festigung des christlichen Glaubens beitragen kann, wo dieser
Glaube im Empfänger wirklich vorhanden ist. Wenn dies aber für das Abendmahl
festgestellt wird, dann scheint aus dem Verhältnis, in dem Taufe und Abendmahl
in der Schrift zueinander stehen (1. Kor. 10,2-4; 12,13), zu folgen, dass
dasselbe auch für die Taufe gelten muss. Wenn sie wirklich ein Sakrament in
diesem Sinne sein soll, muss sie auch etwas mehr sein als ein bloßes Siegel
oder Unterpfand der Gnade, die das Wort bringt. Als Sakrament ist sie nicht nur
ein Wort, sondern eine Handlung des zur Rechten des Vaters erhobenen Erlösers;
sie ist nicht etwas, was er zu uns sagt, sondern etwas, was er an uns tut,
damit sie, wie das Wort, das er zu uns spricht, auf ihre Weise zu unserem Heil
beiträgt. Wenn es also in der Schrift ein Bad der Wiedergeburt genannt und als
Mittel der Wiedergeburt dargestellt wird, so kann dies nicht so verstanden
werden, dass es zur Wiedergeburt des Sünders insofern beiträgt, als es die innere
Veränderung, die das Wort bewirken soll, äußerlich und bildlich bezeichnet und
dadurch einen stärkeren und tieferen Eindruck auf das menschliche Herz machen
kann. Der Sinn hiervon ist offenbar, dass die Taufe dazu bestimmt ist, in einer
eigentümlichen Weise zusammen mit dem Wort für unsere Wiedergeburt zu wirken,
und die Eigentümlichkeit dieser Wirkungsweise kann dann nur darin bestehen, dass
sie, wie das Abendmahl, eine Wirkung auf den Menschen ausübt, die an sich ganz
unabhängig von seiner geistigen Aufnahmefähigkeit ist, wenn sie auch keine
seligmachende Gnadenwirkung in ihm werden kann, es sei denn, dass er wirklich
im Besitz der erforderlichen Aufnahmefähigkeit ist.
Die Taufe
hat also, wie das Abendmahl, eine doppelte Wirkung, eine seligmachende Gnadenwirkung,
die sie zwar auf jeden ausüben soll, der sich taufen lässt, die sie aber in
Wirklichkeit nur auf diejenigen ausüben kann, bei denen sie die nötige geistige
Aufnahmefähigkeit findet, und eine zweite, sakramentale Wirkung, die sie
unterschiedslos auf jeden ausübt, der sie annimmt, die aber deshalb auch dem
Getauften sowohl zum Gericht als auch zum Segen werden kann und daher nicht
untrennbar und unauflöslich mit der seligmachenden Wirkung der Gnade verbunden
sein kann, die nach Gottes Willen und Absicht wohl immer ihre Begleiterin sein
soll. Eine seligmachende Gnadenwirkung ist der Taufe und dem Wort gemeinsam,
nämlich die Wiedergeburt des Sünders; diese herbeizuführen ist Ziel und Zweck
beider Gnadenmittel, und zu diesem Zweck wirkt jedes von ihnen auf seine Weise,
das Wort durch seine Wirkung auf das menschliche Herz, die Taufe teils durch
den Eindruck, den auch sie als "sichtbares Wort", als sichtbare
Darstellung ihres Inhalts und ihrer das Wort begleitenden Kraft, auf das Herz zu
machen vermag, teils auch durch ihre eigentümliche sakramentale Wirkung. Worin
aber besteht diese? Was bewirkt die Taufe in jedem Getauften, ob er glaubt oder
nicht?
Wenn wir in
der Heiligen Schrift nach einer Antwort auf diese Frage suchen würden, würden
wir feststellen, dass sie nicht mit der gleichen Klarheit und Gewissheit davon
spricht wie von der entsprechenden sakramentalen Wirkung des Abendmahls. Dass
es der Leib und das Blut Jesu ist, das in und mit und unter Brot und Wein jedem
Gast am Tisch des Herrn mitgeteilt wird, wird in der Schrift mit so klaren und
deutlichen Worten gesagt, dass es schwer verständlich ist, wie jemand daran
zweifeln kann. Aber bei der Taufe ist das nicht ganz so. So viel die Schrift
auch von ihrer seligmachenden Gnadenwirkung spricht, so wenig wird uns doch mit
klaren und deutlichen Worten über ihre sakramentale Wirkung gesagt. Aber auch
darüber würden wir alle notwendigen Informationen finden, wenn wir sie nur mit
offenem, einfältigem Urteil suchen und uns nicht von vorgefassten Meinungen
helfen lassen würden, die so weit von jeder Grundlage in Gottes Wort entfernt
sind, dass sie im Gegenteil in offenkundigem Widerspruch zu seinem klaren
Zeugnis stehen.
Eine solche
Meinung haben wir in der, wie es scheint, in unseren Tagen recht verbreiteten
Auffassung, dass die Wiedergeburt selbst die sakramentale Wirkung der Taufe
sei, so dass jeder Getaufte ohne Unterschied auch wiedergeboren sei und als
solcher einen geistlichen Lebenskeim besitze, der zwar von der Sünde so
überwältigt und zurückgezogen ist, dass er für menschliche Augen völlig
unsichtbar ist, aber dennoch immer da ist und nur von dem hemmenden Einfluss
der Sünde befreit werden muss, um seine verborgene Lebenskraft zu entfalten.
Dass diese Ansicht der lutherischen Kirche, wie sie sich sowohl in den schönen
Bekenntnisschriften als auch durch alle Zeiten hindurch durch rechtgläubige,
allgemein anerkannte Kirchenlehrer geäußert hat, völlig fremd ist, ist wohl
bekannt und leicht zu beweisen; ich will hier nur daran erinnern, wie das
Augsburger Bekenntnis (Art. XII. ) ausdrücklich diejenigen verurteilt,
"die behaupten, dass diejenigen, die einmal gerechtfertigt sind, den
Heiligen Geist nicht verlieren können", ebenso wie es meines Wissens die
einhellige Lehre unserer älteren Kirchenlehrer ist, dass ein Mensch Schuldner
sein kann, ohne auch wiedergeboren zu werden, ob er nun durch Widerstand gegen
den Heiligen Geist seine Wiedergeburt zuerst verhindert oder durch Abfall
wieder verwirkt hat. Es ist aber nicht schwer zu zeigen, wie sich diese
Auffassung mit der Heiligen Schrift verhält. Es gibt sicherlich einige Stellen,
an denen sie eine gewisse Unterstützung zu finden scheint. Wenn es heißt, dass
alle, die auf Christus getauft sind, Christus angezogen haben (Gal 3,27), oder
dass wir alle durch einen Geist oder in einem Geist in einen Leib getauft sind
(1. Kor. 12,13), könnte man auf den ersten Blick annehmen, dass alle Getauften
wiedergeboren sind. Dass dies aber in Wirklichkeit gar nicht die Bedeutung
dieser Worte ist oder sein kann, ergibt sich schon aus dem Zusammenhang, in dem
sie an den genannten Stellen ausgesprochen werden, mehr aber noch aus der
ganzen Lehre der Schrift über die Wiedergeburt, wie sie oben (S. 19-25) kurz
dargestellt ist. Danach steht fest, dass Christus allein denen, die ihn [im
Glauben] annehmen, die Kraft geben kann, Kinder Gottes zu werden (Joh.
1,11.12), und dass die so zu Kindern Gottes gewordenen, zum ewigen Leben
Wiedergeborenen nun auch kraft dessen glauben, dass Jesus Christus ist, und
Gottes Zeugnis vom Leben in Christus in sich haben (1. Joh. 5,1.9-11). 5,1.9-11),
und in dieser Glaubensgewissheit die Welt überwinden (1. Joh. 5,4.), sich von
der Sünde fernhalten (1. Joh. 5,18; 3, 9), Gerechtigkeit tun (1. Joh. 2,29;
3,10), ihren Nächsten lieben (1. Joh. 4,7); keine andere Wiedergeburt als diese
ist dem Wort Gottes bekannt. Wenn es aber wirklich so ist, dass nach der Lehre
der Schrift die Wiedergeburt eine seligmachende Wirkung der Gnade ist, die
weder eintreten kann, ohne dass die notwendige geistige Empfänglichkeit
vorhanden ist, noch eingetreten ist, ohne dass sie auch ihre Kraft in einem
neuen Leben bewiesen hat, dann kann aber kein Zweifel daran bestehen, dass sie
dennoch nicht die sakramentale, notwendige und unentbehrliche Wirkung der Taufe
sein kann, obwohl anerkannt werden muss, dass ein Mensch sowohl Schuldner
werden kann, ohne die rechte Empfänglichkeit für die Gnade der Taufe zu
besitzen, als auch getauft werden kann, ohne ein geistliches Leben zu führen.
Die Taufe steht offensichtlich in derselben Beziehung zur Wiedergeburt oder zur
Erschaffung des neuen Lebens, wie das Abendmahl zur täglichen Erneuerung oder
zum Fortbestand und zum Wachstum des neuen Lebens; die Wiedergeburt ist die
Gnadenwirkung der Taufe, aber gerade deshalb nicht ihre sakramentale Wirkung.
Um
herauszufinden, worin diese besteht, müssen wir wieder zu den Worten
zurückkehren, mit denen der Herr das Sakrament der Taufe eingesetzt hat. Er
befiehlt seinen Jüngern, alle Völker zu taufen "auf den Namen des
Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes" (Matth.
28,19). Nun ist der "Name Gottes" klar und richtig das, was wir ihn
nennen; aber indem wir ihm einen Namen geben, drücken wir damit aus, was wir
von ihm glauben und wissen, und was wir auf diese Weise von ihm glauben und
wissen können, muss er selbst zuvor offenbart haben. Daher bedeutet der
"Name Gottes" in der Schrift dasselbe wie Gottes geoffenbartes Wesen,
Gott selbst, wie er uns sein Wesen in Wort und Tat offenbart hat, und der
"Name des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes" ist nichts
anderes als Gott selbst, wie er sich uns in und durch Christi Erlösung als
dreieiniger Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist, offenbart hat. Wenn es nun
heißt, dass wir auf den Namen dieses dreieinigen Gottes getauft werden sollen,
oder, wie es nach dem Grundtext eigentlich heißt, in den Namen dieses
dreieinigen Gottes, so ist damit gemeint, dass wir durch die Taufe zu ihm
gebracht, mit ihm in Verbindung gebracht, in seine Gesellschaft aufgenommen und
eingegliedert werden sollen. Die Taufe hat also den Zweck, den Täufling zu
einem Jünger Jesu oder zu einem Kind Gottes zu machen, indem sie ihn in
Verbindung oder Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott bringt; wie das erstere
ihre rettende Gnade ist, so ist das letztere ihre sakramentale Wirkung. Nicht
jeder, der getauft wird, wird dadurch ein Jünger Jesu oder ein Kind Gottes,
aber andererseits wird jeder durch die Taufe in eine Beziehung zum dreieinigen
Gott gestellt, die zwar nicht an und für sich eine selige Lebensgemeinschaft
ist, wie auch der Genuss des Leibes und Blutes Jesu im Abendmahl nicht an und für
sich selig macht, aber doch ein mächtiges Mittel ist, den Menschen in
die selige Gemeinschaft mit Gott zu bringen und ihn zum ewigen Leben zu
erneuern. Wer die Taufe mit bußfertigem und gläubigem Herzen empfängt, wird
dadurch nicht nur in diese gleichsam sakramentale Verbindung mit dem
dreieinigen Gott gestellt, sondern kraft der Taufe auch in die selige
Lebensgemeinschaft mit ihm aufgenommen, in der er Kind des Vaters, Bruder und
Miterbe des Sohnes, Wohnung und Werkstatt des Heiligen Geistes und damit auch
Teilhaber der göttlichen Natur ist, wiedergeboren zum ewigen Leben. Wer dagegen
die Taufe mit einem unheiligen und ungläubigen Herzen empfängt, den kann Gott
zwar nicht dadurch neu gebären, ebenso wenig wie er ihm seine Sünden vergeben
kann; aber dennoch stellt er ihn dadurch in jene sakramentale Verbindung mit
sich selbst, und darin hat er vom Augenblick der Taufe an gleichsam einen
rührenden Griff auf den Getauften, den er nicht loslässt, solange die
Gnadenzeit währt, und den er, sobald der Unbußfertige durch das Wort zur Buße
gebracht worden ist, als ebenso mächtiges Mittel benutzt, um das Wort in seiner
wiedergebärenden Tätigkeit zu unterstützen. So verliert die Taufe nicht ihre wiedergebärende
Kraft, auch wenn sie durch die geistige Unempfindlichkeit des Getauften
daran gehindert wird, ihr Werk der Wiedergeburt wirklich zu tun. Nicht nur der
in der Taufe geschlossene Bund bleibt also von Gott unerschüttert, nämlich als
Angebot der Gnade und des Heils, als Ruf der Gnade, den Er, der Treue und
Wahre, nicht bereut, als offene Tür, durch die der Getaufte, sobald er bereut,
immer in das Reich Gottes eintreten kann. Dasselbe gilt auch für die
sakramentale Verbindung, die durch die Taufe zwischen Gott und dem Getauften
hergestellt wird, und für die Kraft, die dieser Verbindung innewohnt, um die
Wiedergeburt des Sünders zu bewirken. Wenn ein Mensch, der entweder die Taufe
im Unglauben angenommen hat und dadurch nicht wiedergeboren wurde, oder wenn er
einmal in der Taufe wiedergeboren wurde, später aber wieder aus seinem Taufbund herausgefallen ist, - wenn ein solcher getaufter,
aber dennoch nicht wiedergeborener Mensch durch die kräftige Gnade Gottes zu
dem bekehrt wird, der der Hirte und Bischof der Seelen ist, und so von ihm die
Kraft erhält, ein Kind Gottes zu werden, oder wiedergeboren wird, dann
geschieht dies gewiss nicht ohne das Wort Gottes, aber auch nicht durch das
Wort allein, sondern durch das Wort und die Taufe in Verbindung. Wenn ein
solcher Mensch auch noch keine Anschauung von seiner Taufe und ihrer Kraft hat,
so ist es doch ganz gewiss, dass die geheime sakramentale Verbindung, in der er
von der Taufe an mit dem dreieinigen Gott steht, insgeheim dazu beiträgt, die
Gnadenwirkung hervorzubringen, die er nach seinem Gefühl für die Sache
ausschließlich den Gnadenmitteln des Wortes zuzuschreiben geneigt ist. - So
verstehe ich die Worte des Herrn über die Taufe "auf den Namen des Vaters,
des Sohnes und des Heiligen Geistes". Wenn mich jemand fragen sollte,
worin die sakramentale Verbindung zwischen dem dreieinigen Gott und dem
Getauften in diesen Worten eigentlich besteht, wenn sie etwas ganz anderes ist
als die vervollkommnende Lebensgemeinschaft mit Gott, in die man durch die
Wiedergeburt aufgenommen wird, so schäme ich mich nicht zu antworten, dass ich
es nicht weiß. Die heiligen Sakramente sind gewiss mehr als alles andere im
Christentum "Geheimnisse", die wir uns im Glauben aneignen müssen,
insofern sie uns im Wort geoffenbart werden, die sich uns aber erst dann
vollständig offenbaren können, wenn wir nicht mehr im Glauben, sondern im
Schauen wandeln, nicht mehr durch einen Spiegel, in dunkler Rede, sondern von
Angesicht zu Angesicht sehen (2. Kor 5,7; 1. Kor. 13,12). Vor allem aber könnte
dies auf das zutreffen, was ich die sakramentale Wirkung der Taufe genannt
habe, und deshalb muss ich mich hier nicht schämen, meine Unwissenheit über das
zu bekennen, was Gott in seinem Wort nicht gefallen hat, uns zu offenbaren, aber
weise zu sein in dem, was geschrieben steht (1. Kor 4,6).
Nachdem wir
so gesehen haben, was die Taufe nach dem Wort Gottes bewirken soll und auf
welche Weise sie ihr Werk vollbringt, wird es nun nicht mehr so schwer sein,
das zu finden, was wir eigentlich gesucht haben, nämlich die Antwort auf die
Frage: Für wen ist die Taufe bestimmt? Wer soll getauft werden? Ist es
besonders richtig, die kleinen Kinder zu taufen?
Wenn die
Taufe nach der Einsetzung und Verheißung des Herrn dazu bestimmt ist, zum
ewigen Leben zu erneuern, dann ist es selbstverständlich, dass sie generell für
alle bestimmt sein muss, die der Wiedergeburt durch sie bedürfen und sie
empfangen können, und die Frage lautet dann konkret, ob die kleinen Kinder auch
zu denen gehören, die sowohl der Wiedergeburt bedürfen als auch die notwendige Empfänglichkeit
für die Gnade dieser Taufe haben.
Das Bedürfnis
des Menschen nach Wiedergeburt ist, wie wir bereits gesehen haben (S. 16), im
Allgemeinen in und mit seiner Sünde gegeben; "alles, was Fleisch
ist", muss wieder geboren werden, um in das Reich Gottes zu gelangen (Joh.
3,3.5.6). Nun wissen wir aber, was "Fleisch" in diesem Sinne ist
Alles, was
"aus dem Fleisch geboren" ist (Joh. 3,6); wir wissen, dass
jeder natürliche Mensch "in Sünde gezeugt und in Ungerechtigkeit geboren"
ist (Ps. 51,7), dass sein "Herz von Jugend auf böse ist" (1.
Mose 8,21) und dass er deshalb von Natur aus ein Kind der Sünde ist
(Eph. 2,3). Die Sünde ist also nicht etwas, das erst mit den Jahren kommt oder
ihre Ursache im Missbrauch des freien Willens des Einzelnen hat, sondern sie
ist etwas, das jedem Menschen angeboren ist, das zur Natur des Menschen gehört,
wie sie ist11A, und das sich daher
auch beim Neugeborenen wie beim Erwachsenen findet. Wenn nun aber alle ohne
Unterschied der Macht der Sünde unterworfen sind, so scheint es sich von selbst
zu ergeben, dass alle ohne Unterschied, Kinder wie Erwachsene, neu geboren
werden müssen, um in das Reich Gottes zu gelangen. Dass dies, was die kleinen
Kinder betrifft, vom Herrn nicht ausdrücklich gesagt wird, da er im Gespräch
mit Nikodemus von der Notwendigkeit der Wiedergeburt und der Taufe spricht (Joh.
3,3.5.), kann an der Sache nichts ändern, obwohl er keine Gelegenheit oder
Aufforderung hatte, die kleinen Kinder ausdrücklich zu erwähnen. Dass seine
Worte an und für sich sie einschließen, kann niemand bestreiten. Seine
Ausdrücke sind so allgemein und umfassend wie möglich; zum Beispiel nicht:
"Ohne dich, Nikodemus", auch nicht: "Ohne einen erwachsenen Mann
wie dich", sondern ganz allgemein: "Wenn jemand", jeden
Menschen. Wenn man aber bestreiten kann, dass diese seine Worte (V. 3.
5.) sowohl von Säuglingen als auch von Erwachsenen verstanden werden können, so
finden wir in dem, was unmittelbar folgt (V. 6.), eine Aussage, aus der klar
hervorgeht, dass er die Notwendigkeit der Wiedergeburt und der Taufe wirklich
auf alle Menschen ohne Unterschied, ohne Ausnahme, ausgedehnt sehen will. Denn
was ist es, das “aus Fleisch geboren ist", also “Fleisch" ist und als
solches der Wiedergeburt bedarf? Ist es nicht alles, was aus Blut oder aus dem
Willen des Fleisches oder aus dem Willen des Menschen geboren ist (Joh. 1,13)?
Sind es nicht alle Menschen, die auf natürliche Weise in die Welt
geboren werden? - Wir sehen also, dass es nicht nur eine menschliche Schlussfolgerung
aus der allgemeinen Lehre von der Erbsünde in der Schrift ist, sondern das
klare Wort des Herrn selbst, wo er ausdrücklich von der Wiedergeburt spricht,
das uns zu der Überzeugung führt, dass es die Erbsünde ist, die die
Wiedergeburt für die Menschen notwendig macht, und dass sie daher für die
kleinen Kinder ebenso notwendig ist wie für die Erwachsenen. Nun ist aber die
Wiedergeburt, von der in der obigen Stelle die Rede ist, natürlich nichts
anderes als "die Geburt aus Wasser und Geist" (Joh. 3,5), und so
meinen wir, Gottes klares und deutliches Wort für uns zu haben, wenn wir
glauben, dass das Kind die Taufe ebenso nötig hat wie der Erwachsene. Ja, wir
müssen noch einen Schritt weiter gehen; wenn das Kind der Wiedergeburt bedarf
und Gott uns kein anderes Mittel zur Wiedergeburt gegeben hat als das Wort und
die Taufe, dann können wir wohl sagen, dass die Taufe für das Kind gewiss
notwendiger ist als für die Älteren, da sie das einzige dieser beiden Mittel
der Wiedergeburt ist, das der Säugling, das unbewusste Kind, empfangen kann.
Wie jemand
den Wunsch des Kindes nach der Taufe leugnen und dennoch an der Lehre der
Heiligen Schrift über die Erbsünde des Menschen und die Notwendigkeit der
Wiedergeburt festhalten kann, ist nicht leicht zu begreifen. Und doch hat das
Unbegreifliche Bestand. So hat nun unter uns besonders O. Nielsen
kürzlich (Kirkelig Tid. IX,
3.) die Behauptung aufgestellt, dass die Kindertaufe wegen der Erbsünde nicht
notwendig sei, und bei dieser Gelegenheit hat er nicht weniger als 14 Beweise
gesammelt, von denen seiner Meinung nach "jeder einzelne ausreicht, um
jeden Grund zu stürzen, auf dem die Lehre von der heiligen Notwendigkeit der
Kindertaufe errichtet worden ist." Aber man braucht nur einen Blick auf
diese "vierzehn Punkte" zu werfen, um zu sehen, wie er mit allen von
ihnen "wie einer, der den Wind schlägt" (1. Korinther 9,26),
umherfegt.
Erstens
stellt man fest, dass er seine Schläge zumeist gegen etwas richtet, das es gar
nicht gibt. Was er sich zur Aufgabe gemacht hat, ist, die Lehre der
lutherischen Kirche von der absoluten Notwendigkeit der Kindertaufe zu
bekämpfen, aber das ist, wie ich bereits gezeigt habe (S. 7), etwas, was die
lutherische Kirche nie gelehrt hat, und in dieser Hinsicht hat er sich eine
Unannehmlichkeit gemacht, die er sich hätte ersparen können. Die Frage ist, um
es immer wieder zu wiederholen, gar nicht, ob Gott die Kindlein ohne Taufe
selig machen kann, sondern allein, ob er uns einen anderen Weg gezeigt hat, auf
dem er sie in das Reich führen will; das eine ist die verborgene Macht der
Gnade Gottes, das andere sein geoffenbarter Gnadenwille, und nur von diesem ist
hier die Rede. Niemand behauptet hier, dass jedes Kind, das ohne Taufe stirbt,
deshalb verloren ist; was wir glauben und lehren, ist, dass der Säugling der
Taufe wegen der Erbsünde ebenso bedarf wie der erwachsene Mensch, oder dass die
Taufe für alle Menschen ohne Unterschied gleich notwendig ist. Wenn es also die
absolute Notwendigkeit der Kindertaufe wäre, die O. Nielsen bekämpfte, dann
hätten wir hier nichts mehr mit ihm zu tun, denn in diesem Punkt sind wir uns
nicht uneinig. Aber so ist es nun einmal; in Wirklichkeit leugnet er das
Bedürfnis des Kindes an der Taufe überhaupt, und deshalb ist es notwendig,
seine 14 Punkte etwas genauer zu prüfen. Sie sind in den folgenden Abschnitten
enthalten: Röm. 5, 6-8.18.19.21: Jes. 53,4.5; 2. Kor. 5,19; Eph. 1,4; Joh.
3,35; Luk. 10,22. Matth. 11,27; 28,18; Joh. 17,2; Ps.
2,8; 8,7; Hebr. 1,22.7. Gal. 3,15; Röm. 11, 32. Mt. 18, 11. 14. Was er an all
diesen Stellen feststellt, ist die Wahrheit, dass Christus durch seinen
Gehorsam bis zum Tod eine Erlösung bewirkt hat, die ausnahmslos für alle
Menschen gilt, auch für die Kinder; und aus dieser Wahrheit zieht er nun folgende
Schlussfolgerung: Wenn Christus die kleinen Kinder gerettet hat, sind sie
gerettet und brauchen daher nicht durch die Taufe gerettet zu werden. Dies ist,
kurz gesagt, der Inhalt der vierzehn Punkte; dies soll also der unumstößliche
Beweis für die Unnötigkeit der Kindertaufe sein. Es
ist schwer zu erkennen, was man glauben soll, wenn man so etwas liest. Ist es
wirklich so, dass derjenige, der durch Christus gerettet ist, nicht durch die
Taufe gerettet werden muss? Ist es wirklich der Fall, dass O. Nielsen Lehrer in
Israel werden will und doch nicht weiß, dass Heil und Errettung zwei Dinge
sind, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem Erwerb des Heils und dem
Erwerb des erworbenen Heils? Dass Christus durch sein Opfer und seine Erfüllung
ein für allemal die ganze Welt gerettet, eine für
alle Menschen geltende Erlösung bewirkt und damit allen den Zugang zum Reich
Gottes eröffnet hat, bestreitet natürlich niemand (s. o. S. 15). Aber folgt
daraus, dass alle Menschen nun auch darüber hinaus gerettet sind? Treten sie
dann alle ohne Unterschied in das Reich Gottes ein, zu dem Christus ihnen die
Tür geöffnet hat? Der Schatz des Heils ist für sie alle da, aber "muss er
nicht auch jedem von ihnen zu eigen gemacht werden? Muss nicht jeder Einzelne
für seine eigene Person Teilhaber dieses Heils werden, bevor er selbst als
gerettet gelten kann? Ist dies nicht die Teilhabe des Sünders an der Erlösung
Christi durch seine Rechtfertigung und Wiedergeburt? Muss nicht jeder
vernünftige Mensch wiedergeboren werden? Oder gilt das vielleicht nur für die
Unsrigen11B? Worin besteht dann
der Unterschied zwischen einem Kind und einem Erwachsenen? Wenn wir die
Erbsünde anerkennen, so besteht der Unterschied im Wesentlichen nur darin, dass
die Sünde beim Kinde noch eine unbewusste Neigung, ein heimliches Verlangen
nach dem Bösen ist, während sie sich beim Menschen, der die Jahre und das Alter
der Unterscheidung erreicht hat, offenkundig als das zeigt, was sie ist, als
eine Macht, die seinen ganzen Willen beherrscht und sich in bewusstem Handeln
in Gedanken, Worten und Taten offenbart. Das ist ein Unterschied, der gewiss
nicht gering zu schätzen ist; er zeigt sich besonders dort, wo wir von der
Heilsempfänglichkeit des Menschen sprechen, denn hier ist das Kind dem unsrigen
offenbar voraus, dass es sich nicht wie wir von Natur aus der Gnade des
Heiligen Geistes widersetzt. Aber wie groß der Unterschied auch sein mag, wenn
wir von der Heilsbedürftigkeit des Menschen sprechen, so muss für das Kind
offensichtlich dasselbe gelten wie für uns. Das Kind ist "aus dem Fleisch
geboren" und daher wie wir "fleischlich, unter die Sünde verkauft"
(Röm 7,14). Deshalb muss es ebenso wie wir der Erlösung teilhaftig werden, die
in Christus Jesus für es bereitet ist, um nicht nur von der Schuld und Strafe
der Sünde, sondern auch von ihrer Macht und Herrschaft gerettet zu werden, um
nicht nur gerechtfertigt um Christi willen, sondern auch wiedergeboren zu
werden durch den Geist Christi. Wenn es dem Heiligen Geist nicht widersteht, macht
er es lebendig; wenn es noch nicht bekehrt ist, muss es wiedergeboren werden.
Die Gabe des Geistes muss also mit ihm geteilt werden; es muss wiedergeboren
werden, ein neuer Mensch, eine neue Kreatur werden, und wie soll das geschehen,
wenn nicht durch die Taufe, die der Herr selbst eingesetzt und uns als Mittel
der Wiedergeburt geschenkt hat? - Wenn das Kind ein Sünder ist, braucht es
Erlösung; wenn es Erlösung braucht, braucht es Wiedergeburt; wenn es
Wiedergeburt braucht, braucht es die Taufe. Wenn irgendetwas fest und
unumstößlich im Wort Gottes verankert ist, dann ist es dies. Jeder, der die
Kindertaufe ablehnt, muss entweder leugnen, dass das Kind Sünde hat, oder er
muss leugnen, dass die Taufe ein Mittel der Wiedergeburt ist, und in beiden
Fällen hat er das klare Zeugnis von Gottes Wort gegen sich.
Dass die
Schrift also das Verlangen des Kindes nach Wiedergeburt und Taufe lehrt, ist so
offensichtlich, dass es niemandem in den Sinn käme, es zu leugnen oder zu
bezweifeln, wenn es nicht für nötig gehalten würde, dem Kind die notwendige
Empfänglichkeit für die Gabe der Taufgnade abzusprechen; es ist diese Leugnung,
die zur Leugnung dessen geführt und so bewirkt hat, dass man seine Augen vor
all dem verschließt, was in Gottes Wort so offensichtlich dafür spricht. Wenn
wir uns nun der zweiten Frage zuwenden, der Frage nach der Empfänglichkeit des
Kindes für die Taufe, so können wir sofort wissen, dass dies der Punkt ist, an
dem die Gegner der Kindertaufe wahrscheinlich einen guten Angriff machen
werden, dass dies der Punkt ist, an dem der Kampf wirklich geführt werden muss.
Denn es ist klar: Wenn das Kind wirklich, wie die Gegner behaupten, für die
gnadenhafte Wirkung der Taufe völlig unempfänglich ist, dann kann diese
Handlung wirklich nichts in ihm bewirken, wenn sie wirklich ohne jeden Sinn für
es ist, dann kann sie auch nicht von Gott für es gewollt sein; ein völlig sinn-
und zweckloser Gebrauch der heiligen Taufe kann unmöglich in Übereinstimmung
mit Gottes Willen sein.
Die Gegner
versuchen, ihre Behauptung über die Unempfänglichkeit des Kindes für die Taufe
zu rechtfertigen, indem sie darauf anwenden, was die Schrift über den Zustand
lehrt, in dem sich ein reifes menschliches Wesen befinden muss, um die Taufe
richtig zu empfangen und ihrer Gnade teilhaftig zu werden. Wir haben die Lehre
der Schrift zu diesem Thema bereits im Vorangegangenen kennengelernt. Wir haben
gesehen, dass ein Mensch, der die Jahre und das Alter der Unterscheidung
erreicht hat, nicht von Natur aus für die Wiedergeburt des Geistes empfänglich
ist, sondern dass er, um es zu werden, eine Veränderung durchmachen muss, die
wir Buße nennen (S. 22). Die Macht, die die Sünde über einen solchen Menschen
hat, zeigt sich vor allem darin, dass er von Natur aus nichts anderes tun kann,
als der rettenden Gnade Gottes zu widerstehen, wenn sie ihm begegnet, und
diesen natürlichen Widerstand gegen die Gnade zu brechen, zu durchbrechen und
zu überwinden, um sein Verlangen nach Erlösung zu wecken, Ihn in eine geistliche
Armut zu bringen, in der er, von allem Eigenen entkleidet, von ganzem Herzen
wünscht, Christus anzuziehen und den Greuel der
Verwüstung mit der vollkommenen Gerechtigkeit Gottes überdecken zu lassen, das
ist also der Zweck der vorbereitenden, eintretenden, demütigenden, umkehrenden
Tätigkeit der Gnade. Erst dann, wenn dies vollbracht ist, ist der Sünder für
die Gnaden des Heiligen Geistes und das neue Leben empfänglich geworden, erst
dann ist er tauffähig. Daher finden wir auch, dass, wie Petrus am Pfingstfest
den beunruhigten Seelen befahl, Buße zu tun und sich taufen zu lassen,
und ihnen nur unter dieser doppelten Bedingung die Gabe des Geistes versprach
(Apg. 2,38), so wurden bei dieser Gelegenheit wie auch später nur diejenigen
getauft, die das Wort des Evangeliums freudig annahmen
und dadurch ein reuiges und gnadenhungriges Herz offenbarten (Apg. 2,41;
8,12.27-38; 9,3-18; 16,14; 15,30-33; 18,8). Wenn man nun das, was also nach der
Schrift für unseren Herrn gilt, als eine allgemeine, alle Menschen ohne
Unterschied erfassende Regel aufstellt und damit von jedem Täufling
verlangt, dass er zuvor Buße getan und das Wort des Evangeliums angenommen
haben muss, wo man sogar davon ausgeht, dass "die Taufe weder davon noch dazu
tun vermag, ehe nicht zuvor die gesunde und bewusste Verkündigung des
Evangeliums stattgefunden und gewirkt hat" (Lammers, Forsvar, S. 40), nun, dann ist die Sache klar, es kann ja
kein Zweifel daran bestehen, dass die Taufe gar nicht für die kleinen Kinder
bestimmt ist, die freilich weder Buße tun noch das Wort annehmen können.
Wenn wir zu
dieser Schlussfolgerung nicht gelangen können, so liegt das einfach daran, dass
wir uns nicht für berechtigt halten könnten, von allen ohne Unterschied das zu
verlangen, was die Schrift von den Menschen verlangt, die zu den Jahren und dem
Alter Christi gekommen sind. Wir kennen kein ausdrückliches Wort Gottes, das
uns dazu berechtigen würde. Dass kein Mensch in das Reich Gottes eingehen kann,
ohne aus Wasser und Geist wiedergeboren zu sein, steht geschrieben Joh. 3,3.5.
Aber dass niemand aus Wasser und Geist wiedergeboren werden kann, ohne sich zu
bekehren, steht nirgends geschrieben. Auf der anderen Seite finden wir in der
Schrift einige Dinge, die ziemlich deutlich in die entgegengesetzte Richtung
weisen. Ich denke hier besonders an die Stellen, an denen von der
Empfänglichkeit des Kindes für das Reich Gottes die Rede ist.
Eine solche
Stelle haben wir vor allem in Matth. 18,3, wo der
Herr zu seinen Jüngern sagt: "Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die
Kinder, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen." Die Rede ist hier gerade
von dem, was notwendig ist, damit ein Mensch, wie die Jünger des Herrn, also
ein erwachsener Mensch, in das Himmelreich eingehen kann; aber während der Herr
darüber spricht, gibt er uns auch Auskunft über das Verhältnis, in dem die
kleinen Kinder zum Reich Gottes stehen, und den Unterschied, der in diesem
Abschnitt zwischen ihnen und den Unsrigen stattfindet. Wenn ein Erwachsener, um
in das Reich Gottes zu kommen, "Buße tun und werden muss wie ein Kind",
so ist damit gegeben, dass ein Kind schon als solches, was es [sonst] nur durch
Buße werden kann, tauglich ist, in das Reich Gottes zu kommen, dass es schon von
Natur aus, so wie es ist, für dasselbe empfänglich ist, was es nur
durch Buße erlangen kann.
Der Herr
lehrt uns im Wesentlichen dasselbe an einer anderen Stelle, wo er nicht nur
beiläufig, sondern direkt und ausdrücklich über die Beziehung der kleinen
Kinder zum Reich Gottes spricht. Die ersten drei Evangelien berichten, dass
kleine Kinder zu ihm gebracht wurden, damit er sie segne, dass die Jünger sie
bedrohten, dass er sie aber umarmte, ihnen die Hände auflegte und sie segnete
und zu den Jüngern entrüstet sagte: “Lasst die kleinen Kinder zu mir kommen und
wehrt ihnen nicht; denn solchen gehört das Reich Gottes. Wahrlich, ich sage
euch: Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein kleines Kind, der wird auch
nicht hineinkommen" (Mark. 10,13 ff; Luk. 18,15 ff; Matth.
19,13 ff). Im Gegensatz zu den Jüngern, die meinten, der Herr habe mit den
kleinen Kindern nichts zu tun, erklärt er hier, dass es sein Wille sei, dass
sie frei und ungehindert zu ihm kommen dürfen; er begründet dies damit, dass
das Reich Gottes ihnen und ihresgleichen gehöre, und er erklärt schließlich
seinen Sinn, indem er den Jüngern erklärt, dass jeder, der in das Reich Gottes
eingehen will, es annehmen muss, wie ein kleines Kind es annimmt. Diese Worte
lehren uns also zwei Dinge. Erstens sagen sie ganz allgemein, dass das Reich
Gottes nicht etwas ist, das der Mensch in sich hat oder aus eigener Kraft
erwerben kann oder soll, sondern ein Geschenk aus der Hand Gottes, das
man nur annehmen oder empfangen muss, wenn es angeboten und übergeben
wird. Zweitens lehren sie uns besonders auch über das Verhältnis der kleinen
Kinder zu dieser Gabe, dass es so weit geht, dass es nicht so ist, dass sie sie
nicht annehmen könnten, dass sie sie im Gegenteil in der richtigen Weise
annehmen und daher auch ein Recht darauf haben, das niemand berechtigt ist, sie
ihnen zu verweigern. Denn wenn es heißt, dass das Reich Gottes "ihnen
gehört", so zeigt der ganze Zusammenhang der Stelle, dass damit nicht
gemeint sein kann, dass sie die Gabe schon angenommen haben, schon in das Reich
eingegangen sind und daher nichts mehr zu tun brauchen, um hineinzukommen; ob
sie nun "aus der Macht der Finsternis befreit und in das Reich des Sohnes
Gottes gebracht" werden müssen (Kol. 1,13.), davon ist an dieser Stelle
überhaupt nicht die Rede. Die Bedeutung kann nur sein, dass die Gabe für sie
bestimmt ist, dass sie befähigt sind, zum Herrn zu kommen, sein Reich
anzunehmen und hineinzugehen; darum darf sie niemand daran hindern, zu Jesus zu
kommen, sondern im Gegenteil muss jeder von ihnen lernen, das Reich Gottes in
der rechten Weise anzunehmen. Dies wird aber nicht von Kindern gesagt, die
schon so weit an Jahren und Alter gekommen sind, dass von einer Bekehrung
oder bewussten Aneignung des Evangeliums vom Reich Gottes bei ihnen die
Rede sein kann, sondern von Kleinkindern[12],
und was der Herr seine Jünger mit diesen Worten lehren will, ist gerade das,
was, wie ihre Erfahrung zeigte, bisher vor ihren Augen verborgen war, dass
nämlich auch der unbewusste, ungeborene Säugling die notwendige Empfänglichkeit
für das Reich Gottes hat und daher auch dazu bestimmt ist, in dieses
aufgenommen zu werden. Diese Empfänglichkeit kann, wie wir gesehen haben, nur
durch eine Bekehrung erlangt werden, durch die seine natürliche
Unempfindlichkeit in Empfänglichkeit umgewandelt wird (Matth.
18,3). Ein ohnmächtiges Kind dagegen, das gar nicht umkehren kann und
folglich auch nicht umkehren muss, kann kein solches natürliches Hindernis
haben, das es zu bekämpfen und zu überwinden gilt, wie das unsere; es ist schon
als solches, schon von Natur aus empfänglich für das Reich Gottes. Daher
kann der Herr von allen solchen Kindern ohne Unterschied sagen, dass ihnen das
Reich Gottes gehöre, während er es andererseits, wenn er von Kindern spricht,
es ausdrücklich auf die Armen im Geiste beschränkt (Matth.
5,3; Luk. 6,20.24. ); denn die Kindlein sind von Natur aus, und daher auch, was
nur einige von uns durch Buße werden, arm im Geiste, frei von allem eigenen
geistlichen Reichtum, frei von allem, was uns hindert, "durch die enge
Pforte zu gehen" und uns in einem geistlichen Sinne zu einem
"Kamel" macht, das nur durch die Kraft der wiederkehrenden Gnade
Gottes tauglich gemacht werden kann, durch das "Nadelöhr" zu gehen,
das in das Reich Gottes führt (Matth. 7,14.19.24.26.).
Es ist also
nicht so, dass der Mensch ursprünglich, von Geburt an, für das Reich Gottes
unempfänglich oder gänzlich untauglich wäre. Zwar ist er von Geburt an von der
Sünde durchdrungen und beherrscht und daher, solange dies der Fall ist, noch
außerhalb der Reichweite Gottes, doch hat er eine Empfänglichkeit für sie, die
erst allmählich, wenn sich sein freier Wille entwickelt und, sich selbst
überlassen, immer mehr zum Sklaven der angeborenen Sünde wird, verschwindet und
jener Unempfänglichkeit Platz macht, zu deren Überwindung es eines besonderen
Einflusses der vorbereitenden Gnade bedarf. Das Kindlein ist zwar schon als
solches fleischlich, unter die Sünde verkauft und bedarf daher wirklich der
Befreiung aus der Macht der Finsternis und der Überführung in das Reich des
Gottessohnes, doch ist es, solange es noch "ein Kind im Verstande"
ist, auch "ein Kind in Bezug auf das Böse" (1. Kor. 14, 20) und als
solches geeignet, die Gabe der rettenden Gnade zu empfangen, nach der es sich
sehnt.
Die Art der
Empfänglichkeit dieses Kindes für das Reich Gottes ist nicht so schwer zu
verstehen, wenn wir uns nur mit den Hinweisen begnügen, die uns Gottes Wort
darüber gibt. Wenn das Hindernis des Älteren in dem Widerstand seines Herzens
gegen die Gnade des Heiligen Geistes besteht, so kann die Empfänglichkeit des
Kindes natürlich darin bestehen, dass es dem Geiste keinen solchen Widerstand
entgegensetzt, und dies, was bei dem bekehrten Kinde ein Werk der
vorbereitenden Gnade Gottes ist, beruht darauf, dass es noch kein Selbstbewusstsein
und keine freie Selbstbestimmung entwickelt hat, noch nicht "zwischen
rechts und links unterscheiden", noch nicht zwischen Gut und Böse wählen
kann. Dass damit ein gewisser Unterschied zwischen der Empfänglichkeit des
Kindes und der des unbekehrten Älteren besteht, ist klar. Das eine ist eine
unbewusste Empfänglichkeit, das andere eine bewusste Empfänglichkeit. Im reifen
Menschen muss sie sich als das bewusste Verlangen und die Suche des armen,
hungrigen, durch die lebendige Erkenntnis der Sünde entleerten Herzens nach der
Nahrung, die für das ewige Leben reicht, als die bewusste Sehnsucht des reuigen
Herzens nach Frieden mit Gott und ewigem Leben in seiner Gemeinschaft durch
Jesus Christus offenbaren. Beim unbewussten Kinde dagegen kann sie nur in einem
unbewussten Verlangen nach dem Reiche Gottes, einem unbewussten Verlangen nach
Erlösung, einem unbewussten Gebet und Flehen um Erbarmen, einem unbewussten
Hunger und Durst nach Gott bestehen, der ihm ebenso natürlich ist wie sein
unbewusster Hunger und Durst nach leiblicher Nahrung, weil er ihm ebenfalls von
dem eingepflanzt ist, durch den und für den es geschaffen wurde. So groß dieser
Unterschied auch zu sein scheint, so ist er doch nicht anders als der, der sich
zwischen einem Kind und einem zum Bewusstsein entwickelten Menschen besteht. Es
ist in der Tat das Bewusstsein, das den Menschen zum Menschen macht, denn auch
das unbewusste Kind ist ein Mensch, wenn auch nur ein menschliches Kind, und so
kann es nicht auf das Bewusstsein ankommen, wenn wir von der Empfänglichkeit
des Menschen für das Reich Gottes sprechen. Wie der Mensch nicht anders wird,
als er ist, indem er sich seiner selbst bewusst wird, so kann auch das
Verlangen nach Erlösung, das dem Menschen von Natur aus eingepflanzt ist und so
das unbewusste Kind für das Reich Gottes empfänglich macht, nicht dadurch etwas
wesentlich anderes werden, als es ist, dass der Mensch, wenn er die Jahre und
das Alter der Seele erreicht hat, durch den Einfluss der umkehrenden Gnade
"zu sich selbst kommt" (Luk. 15,17), aus seinem Schlaf erwacht und
sich des Verlangens bewusst wird, das von Anfang an im Grunde seines Herzens
ruhte. Deshalb wird sich bei näherer Betrachtung auch herausstellen, dass der
Unterschied nicht so groß ist, wie er auf den ersten Blick erscheinen mag. Das
unbewusste Kind kann gar nichts tun, um das ihm angebotene Gnadengeschenk zu
ergreifen; seine Empfänglichkeit dafür, sein unbewusstes Verlangen nach
Erlösung, zeigt sich eigentlich nur darin, dass es sich der Gnade mit völligem
Leiden aussetzt und sie ohne Widerstand wirken lässt, was sie will, einfach
annimmt, was sie gibt. Bei den Unsrigen kann das Ganze freilich nicht so still
und ruhig ablaufen; hier muss sich das Heilsverlangen in einem Kampf gegen die
Sünde offenbaren, in dem das Herz bewusst den Herrn "sucht", indem es
sich "von seinem Bösen abwendet" und "sich ernstlich bemüht,
durch die enge Pforte einzugehen" (Apg. 3,26. Luk. 13,24). Aber auch hier
gilt: "Nicht dem, der will, noch dem, der läuft, sondern Gott, der sich
erbarmt" (Röm. 9,16); auch hier ist und bleibt aber das Reich Gottes ein
Geschenk aus der Hand der Gnade, das nicht verdient oder erworben, sondern nur
"angenommen" wird, und das nur angenommen werden kann, wie es
"ein kleines Kind" annimmt. Wenn das aber so ist, dann kann auch das
Ringen der Buße mit all seinem Sehnen, Suchen und Streben nur dann zum rechten
Ziel führen, kann nur dann den Sünder ganz empfänglich machen für das Reich
Gottes, wenn er dadurch "wie ein kleines Kind" wird, so dass er weder
etwas von Gott fordert noch selbst etwas leisten oder erwerben will, sondern,
sich selbst verleugnend, alles, auch den feinsten Widerstand gegen die Gnade
und damit auch alle eigene Arbeit für das Heil aufgebend, nur "still"
ist für den, von dem er sein Heil erwartet (Ps. 62,2.6.), lässt ihn mit sich
machen, was er will, und nimmt so in kindlicher Einfalt einfach "an",
was er gibt.
Es ist
freilich nicht leicht, sich eine Vorstellung von dem zu machen, was sich in den
verborgenen Tiefen eines Kinderherzens regt; aber wenn aus Gottes Wort klar
hervorgeht, dass das Kind von Natur aus im Wesentlichen dieselbe
Empfänglichkeit für das Reich Gottes hat, wie wir sie durch Umkehr erlangen
können und müssen, so scheint es sich von selbst zu ergeben, dass wir uns
bemühen müssen, wie oben geschehen, diese Empfänglichkeit bei dem Kind in
derselben Weise zu denken, wie wir sie bei einem reifen Menschen finden
könnten. Daher können wir nicht zögern, sie mit demselben Namen zu bezeichnen,
mit dem wir sie nach der Weisung des Wortes Gottes zu bezeichnen pflegen. Wenn
wir die bewusste Sehnsucht des reuigen Herzens nach der Barmherzigkeit Gottes
und die vollkommene Hingabe an ihn in der Annahme seines Wortes
"Glaube" nennen, so sehen wir nicht, was uns daran hindern könnte,
diesen Ausdruck auch für die unbewusste Empfänglichkeit des Kinderherzens für
das Reich Gottes zu verwenden. Wir könnten zwar keine einzige Stelle in der
Schrift angeben, die mit ausdrücklichen Worten von einem solchen unbewussten
Kinderglauben spricht[13];
aber wenn die Schrift einerseits ganz allgemein und ohne jede Einschränkung
erklärt, dass es ohne Glauben unmöglich ist, Gott zu gefallen, und dass, wer
nicht glaubt, verdammt wird (Hebr. 11,6; Mark. 16,16 ), und dann andererseits
ebenso fest und ausdrücklich lehren, dass die kleinen Kinder freien Zugang zum
Reich Gottes haben und daher Gott gefallen und die Verdammnis vermeiden müssen,
scheint es über jeden Zweifel erhaben zu sein, dass wir volle Autorität im Wort
Gottes haben, wenn wir mit Luther unsere kleinen Kinder zur Taufe führen “in
der Meinung und Hoffnung, dass sie glauben," und uns versichern, dass sie
in diesem Glauben, so weit sie fähig sind, um die
Gabe der Taufe bitten und durch die geistliche Wiedergeburt Gottes ewige
Gnade begehren" (Kirkeritual. S. 30). Auf
den Namen kommt es uns aber nicht so sehr an, wenn nur die Tatsache feststeht,
dass das unbewusste Kind für das Reich Gottes empfänglich ist, und dass dieses
ihm ebenso bestimmt ist wie dem bekehrten Erwachsenen.
Wenn nur
dies feststeht, so ist uns auch gegeben, dass das Kind im Säuglingsalter
tauglich ist, wiedergeboren zu werden aus Wasser und Geist", tauglich, die
heilige Taufe zu empfangen, und in dieser Hinsicht müssen wir auch in den
obigen Worten des Herrn (Matth. 18,3; Mark. 10,14 f.)
eine Hauptstütze für unseren Glauben und unsere Lehre von der Richtigkeit und
Gültigkeit der Kindertaufe finden. Die Gegner der Kindertaufe haben oft Anstoß
genommen an der Art und Weise, wie die Kirche diese Worte des Herrn in Matth. 10,14 f. auf die Taufe der Kleinen anwendet. Sie
weisen darauf hin, dass der Herr hier weder von der Taufe spricht noch sich
selbst oder durch seine Jünger verpflichtet, die herbeigeführten Kinder zu
taufen. Sie behaupten daher, dass diese Worte so weit davon entfernt sind, ein
Zeugnis für die Kindertaufe zu enthalten, dass sie vielmehr dagegen sprechen,
und dass die Meinung des Herrn auf jeden Fall viel eher akzeptiert wird, wenn
man seinem Beispiel folgt und den kleinen Kindern die Hände auflegt und für sie
betet. Es ist jedoch nicht schwer zu erkennen, dass diese Behauptung völlig
unbegründet ist. Dass der Herr selbst die Kleinen, die zu ihm gebracht wurden,
nicht getauft hat, mag zumindest gegen die Kindertaufe sprechen; denn wir
wissen, dass er überhaupt nicht getauft hat (Joh. 4,2). Aber wir könnten daraus
immer noch schließen, dass er seinen Jüngern nicht befohlen hat, sie zu taufen;
denn die Taufe, die seine Jünger vor seiner Verherrlichung vollzogen, war, wie
die Taufe des Johannes (S. 20) nur eine "Bußtaufe"
und daher auch nur für solche bestimmt war, die Buße tun konnten, während die
Taufe mit Wasser und Geist, von der hier nur die Rede ist, vom Herrn erst am
Vorabend seiner Himmelfahrt (Matth. 28,19) eingesetzt
und daher von seinen Jüngern erst am darauf folgenden Pfingstfest vollzogen
wurde (Apg. 2,38.41). Dieser Umstand, dass die Taufe, die nach dem Willen des
Herrn den kleinen Kindern gespendet werden sollte, zu diesem Zeitpunkt noch
nicht einmal eingeführt war, muss wohl auch als Erklärung dafür ausreichen,
dass er auch bei dieser Gelegenheit nicht von der Taufe spricht. Es gibt auch
niemanden, der behauptet, dass wir hier eine ausdrückliche Anweisung über die
Anwendung der Taufe auf Kinder haben. Wenn wir diese Stelle zur Unterstützung
der Kindertaufe anführen, dann nur insofern, als sie uns klar und deutlich die
Empfänglichkeit der kleinen Kinder für das Reich Gottes lehrt. Nichts anderes
steht in den Worten, und deshalb wäre es niemandem in den Sinn gekommen, in
ihnen einen Beweis für die Kindertaufe zu finden, wenn wir nicht auch ein
anderes Wort Gottes hätten, auf das wir uns stützen könnten. Wenn wir aber hier
lesen, dass das Reich Gottes den kleinen Kindern gehört, dass sie mit Recht
geeignet sind, es anzunehmen und hineinzugehen, so finden wir an anderer Stelle
ebenso klar und ausdrücklich gesagt, dass niemand in das Reich Gottes eingehen
kann, wenn er nicht aus Wasser und Geist wiedergeboren wird, wie alles, was aus
Fleisch geboren ist, Fleisch ist, so scheint es uns von selbst zu folgen, dass
das Reich Gottes dem Kinde nicht gehören kann, ohne dass ihm auch die Taufe
gehört, dass es nicht empfänglich dafür sein kann, ohne auch fähig zu sein, es
anzunehmen. Wenn es das Reich Gottes annehmen kann, muss es auch fähig sein,
denjenigen anzunehmen, der der König dieses Reiches ist, und von ihm die Kraft
empfangen, ein Kind Gottes zu werden oder durch Wasser und Geist wiedergeboren
zu werden (Joh. 1,12; 3,5) – Als Jesus bei dieser Gelegenheit den kleinen
Kindern, die zu ihm gebracht wurden, die Hände auflegte und sie segnete, gab er
uns keineswegs ein Gebot, dies auch zu tun, oder ordnete das Handauflegen als
Mittel an, durch das die kleinen Kinder in sein Reich aufgenommen werden
sollten. Die Handauflegung ist auch hier nur eine bildliche Handlung, die die
Fürbitte begleitet und sichtbar anzeigt, dass derjenige, dem die Hände
aufgelegt werden, auch derjenige ist, für den gebetet wird, und dass die
Fürbitte tatsächlich ein Mittel ist, die Fürbitte ist zwar ein Mittel, durch
das wir nach dem Willen des Herrn sowohl die Kleinen als auch die Großen vor
seinen Gnadenthron bringen sollen, aber sie ist deshalb ebenso wenig ein Mittel
der Gnade im eigentlichen Sinne des Wortes, wie der Gutschein ein Mittel ist,
durch das der Gnadenkönig uns seine Gnade schenkt und mitteilt. Das eine ist
die offene, leere Hand, die der arme Sünder auf Erden ausstreckt, um die
himmlische Gabe zu empfangen, aber etwas anderes ist die volle Hand, die die
rettende Gnade vom Himmel zur Erde ausstreckt, um den Armen die Fülle ihres
Reichtums mitzuteilen, Und gerade eine solche himmlische Gnadenhand, ein
solches Gnaden- und Heilsmittel glauben wir in der Taufe zu haben, die der Herr
selbst eingesetzt hat, um allen Armen im Geiste den Geist der Gnade und der
Wahrheit mitzuteilen, sie zu einem ewigen Leben zu erneuern und ihnen Anteil an
dem ihnen zustehenden Besitz zu geben.
Wenn die
Gegner der Säuglingstaufe behaupten, das bewusstlose Kind sei nicht empfänglich
für die Gnade der Taufe, könne nicht aus Wasser und Geist wiedergeboren werden,
dann beruht diese Behauptung wohl meistens auf einem völligen Missverständnis
des Wesens der Wiedergeburt. Dem einen oder anderen mag es vielleicht so
vorkommen, als könne er sich zur Untermauerung seiner Behauptung auf einiges
von dem stützen, was im Vorangegangenen als biblische Lehre von der
Wiedergeburt dargelegt wurde (S. 16 ff.). Dass dem aber in Wirklichkeit nicht
so ist, wird jeder bald erkennen, der zu unterscheiden versteht zwischen dem,
was nach Gottes Wort das wahre Wesen der Wiedergeburt ist und daher bei allen
wiedergeborenen Sündern zu finden sein muss, und dem, was der Natur der Sache
nach allein für die Wiedergeburt von Erwachsenen oder für wiedergeborene Kinder
gelten kann. Wenn also die Schrift lehrt, dass jeder wiedergeborene Mensch im
bewussten Glauben eine gute Rechtfertigung um Christi willen erwirbt und kraft
dieses Glaubens als wahrer Jünger Jesu ein neues Leben in heiliger Liebe zu
seinem Gott und seinem Nächsten führt, dann ist klar, dass hier nur davon die
Rede ist, was die wesentlichen Wirkungen, Früchte und Merkmale der Wiedergeburt
bei jedem sind, der in bewusste Jahre und Alter gekommen ist, während
andererseits nichts darüber gesagt wird, worin die Wiedergeburt des Sünders
nach der Empfänglichkeit überhaupt besteht; Wenn wir dadurch gezwungen sind
zuzugeben, dass ein Geschöpf, in dem diese Merkmale überhaupt nicht vorhanden
sind, nicht wiedergeboren werden kann, so sind wir keineswegs berechtigt,
dasselbe von einem unbewussten Kind zu sagen, in dem ein solches bewusstes
Glaubensleben nicht vorhanden ist, weil es nach der Ordnung der Natur noch
nicht existieren kann. Die Wiedergeburt des Sünders besteht ja darin, dass der
dreieinige Gott ihn in die passende Gemeinschaft aufnimmt und ihm sein Leben
mitteilt, indem der Heilige Geist sich in seinem Herzen niederlässt und ihm
einen neuen Geist des Glaubens und des Lebens schenkt, kraft dessen er sich nun
im Glauben die Gnade Gottes aneignen und ein neues geistliches Leben führen
kann. Was in jedem wiedergeborenen Menschen ohne Unterschied vorhanden sein
muss, ist dieser neue Geist, diese neue geistige Lebenskraft oder Lebenskeim,
den der natürliche, nicht wiedergeborene Mensch nicht besitzt. Wo diese
Lebenskraft wirklich vorhanden ist, kann sie gewiss nie untätig sein, aber wie
sie wirksam wird, hängt immer in hohem Maße von der Natur des Wiedergeborenen
ab, die durch die Wiedergeburt nicht zerstört, sondern wiedergeboren, erneuert,
umgewandelt, gereinigt und geheiligt wird. Ein nicht unbeträchtlicher
Unterschied hinsichtlich der Form, in der sich das geistige Leben der
Wiedergeborenen offenbart, ist also schon aus dem Unterschied ersichtlich, der
sich von Natur aus zwischen ihnen in Bezug auf Geschlecht, Temperament,
Charakter usw. einstellen kann. Besonders aber muss der Unterschied in dieser
Hinsicht groß und auffallend sein zwischen dem Älteren, in dem das neue geistige
Leben immer so erscheinen muss, wie wir es in der Schrift geschildert finden,
und dem noch unbewussten Kinde, in dem es überhaupt nicht in irgendeiner für
menschliche Augen sichtbaren Form erscheinen kann. Sollten wir dann aber
leugnen, dass ein solches Kind in der Taufe wiedergeboren werden kann, weil wir
mit unseren Augen nicht dieselben Früchte der Wiedergeburt entdecken konnten,
die wir nach dem Wort Gottes von einem wiedergeborenen Kind verlangen können
müssen? Sollen wir also nur das glauben, was wir sehen? Ist denn der Glaube
eine feste Überzeugung von dem, was man nicht sieht, während es ein Zeichen des
Unglaubens ist, Zeichen und Gesichte zu begehren (Hebr. 11,1; Joh. 20,29; Matth. 12,39.)? Und haben wir hier nicht wirklich allen
Grund, den ungläubigen Verstand unter den Gehorsam des Glaubens gefangen zu
nehmen, wo wir nicht nur allgemein das ausdrückliche Zeugnis der Schrift über
die Empfänglichkeit des Kleinkindes für das Reich Gottes haben, sondern
besonders auch Gottes klares Wort, dass ein Kind schon im Mutterleib mit dem
Heiligen Geist erfüllt werden kann (Luk. 1,15)? Wenn Gott ein ungeborenes Kind
ohne Taufe mit dem Heiligen Geist erfüllen kann, muss er dazu auch in der Lage
sein, diesen Geist durch die Taufe in das Herz eines neugeborenen Kindes zu
gießen. Oder sollte das, was da unter dem alten Bund möglich war, hier unter
dem neuen Bund unmöglich sein?
In dieser
letzten Frage glauben wir auch alle notwendigen Antworten auf einen anderen
Einwand gegeben zu haben, der nicht selten gegen die Empfänglichkeit des Kindes
für die Taufe erhoben wird. Es wird daran erinnert, dass die Taufe dazu
bestimmt ist, einen Bund zwischen Gott und Mensch zu schließen, und es wird nun
behauptet, dass ein solcher Bund nicht mit einem bewusstlosen Kind geschlossen
werden kann. Wenn diese und ähnliche Behauptungen nur bedeuten, dass wir nicht
verstehen, wie so etwas möglich ist, dann haben wir dazu nichts zu sagen; es
gibt wohl viele Dinge, die wir nicht verstehen und doch glauben müssen. Wenn es
hingegen heißt, dass es an und für sich völlig unmöglich ist, dann müssen wir
in der Tat fragen: Warum? Die Tatsache, dass wir es mit unserem Verstand nicht
begreifen könnten, kann aber nicht entscheidend sein; die Frage muss wohl auch
hier bleiben: Was steht da geschrieben? Nun lesen wir in der Schrift, dass Gott
in alten Zeiten mit jedem israelitischen Knaben einen Bund schloss, als er acht
Tage alt war (1. Mose 17,10 ff. 1. Mose 3,12; Apg. 7,8). Warum sollte er dann
nicht jetzt durch die Taufe tun können, was er damals durch die Beschneidung
tun konnte? Ist sein Arm seit damals verkürzt worden? Aber wir wollen die Sache
etwas genauer betrachten und sehen, worin der Bund, von dem hier die Rede ist,
wirklich besteht. Dass durch die Taufe ein Bund zwischen Gott und dem Menschen
geschlossen wird, entspricht gewiss der Lehre der Schrift, auch wenn sie nicht
so sehr von dem "Taufbund" spricht, wie es
viele in unseren Tagen tun. Als Gott in Christus die Welt mit sich versöhnte,
schloss er auch einen Bund mit ihr, dass jeder Sünder, der ihn, der das Mittel
dieses neuen Bundes ist, im Glauben annimmt, nicht verloren gehen, sondern
ewiges Leben haben soll. Wenn er nun einen Sünder wahrhaftig der Erlösung
Christi teilhaftig macht, so schließt er ihn damit in diesen Bund ein, den er
in Christus ein für allemal mit der ganzen Welt
geschlossen hat; er schreibt ihm damit zu, was er in Christus allen reuigen und
gläubigen Sündern verheißen hat, dass er nicht verloren gehen, sondern das
ewige Leben haben soll. Aber all dies geschieht, wie wir wissen, durch die
Rechtfertigung und Wiedergeburt des Sünders. Dass Gott mit einem Menschen einen
Bund schließt, ist nur ein anderer Ausdruck dafür, dass er ihm um Christi
willen alle seine Sünden vergibt und ihn durch seinen Geist zu einem neuen und
ewigen Leben erneuert; und wenn er, wie wir zuvor gesehen haben, auf diese
Weise ein ohnmächtiges Kind rechtfertigen und erneuern kann, so kann ihn
natürlich nichts daran hindern, mit einem solchen einen Gnadenbund zu
schließen. Auch hier geht es eigentlich nur um die Frage, ob ein unbekehrtes
Kind ebenso wie ein bekehrter Erwachsener Christus annehmen und in sein Reich
eingehen kann, und die Antwort auf diese Frage hat uns Gottes Wort bereits in Matth. 18,3 und Mark. 10,15 gegeben.
Aber wir
könnten auch an einen anderen Einwand gegen die Empfänglichkeit des Kindes für
die Taufe denken. Man könnte seine Empfänglichkeit für die Gnadenwirkung der
Taufe zugeben und dennoch seine Empfänglichkeit für die Taufe selbst leugnen.
Man könnte meinen, dass Gott einem unbewussten Kind die Gabe des Heiligen
Geistes schenken und es dadurch in sein Reich aufnehmen kann, dass dies aber
durch die Taufe ebenso wenig geschehen kann wie durch das Wort, weil sie, wie
das Wort, nur auf diejenigen wirken kann, die bewusst aufnehmen können, was
dadurch angeboten und mitgeteilt wird. Unsere Antwort darauf ist bereits in dem
enthalten, was oben (S. 23 ff.) allgemein über das Wesen und die eigentümliche
Wirkungsweise der Taufe gesagt worden ist. Wenn es wirklich so wäre, wie viele
glauben, dass die Taufe nur insofern zur Wiedergeburt des Sünders beiträgt, als
sie ein "sichtbares Wort", ein Zeichen und Unterpfand der Gnade
Gottes ist, das als solches das Wort in seiner Wirkung auf das Herz des
Menschen unterstützt und es durch die gewirkte Wiedergeburt besiegelt, dann
käme seine Anwendung auf ein unreifes Kind, das noch nicht einmal die
Verheißung des Wortes annehmen und damit natürlich noch weniger das Unterpfand
der Taufe erwerben kann, sicher nicht in Frage. Wenn dagegen das Wort Gottes,
so wie ich es verstehe, klar lehrt, dass die Taufe auch zur Wiedergeburt des
Sünders beiträgt, indem sie ihn in eine besondere, geheimnisvolle Verbindung
mit dem dreieinigen Gott stellt, die als solche völlig unabhängig von seiner
geistlichen Empfänglichkeit für die Gnade der Wiedergeburt ist, dann sieht die
Sache anders aus. Dann müssen wir fragen: Wenn selbst ein reueloser und
ungläubiger Sünder, der sich hartnäckig gegen die wiedergebärende Gnade des
Heiligen Geistes sträubt, durch die Taufe in eine solche Verbindung mit Gott
eintreten kann, warum nicht auch ein unbewusstes Kind, das der Gnade keinen
Widerstand leistet und leisten kann und deshalb, was es mit all seinem
Bewusstsein und Verstand nicht ist, zum Eintritt in das Reich Gottes geeignet
ist? Dann müssen wir zugeben, dass das Kind, so wie es für die Gnade der Taufe
empfänglich ist, auch für die Taufe selbst empfänglich ist. Wenn es überhaupt
fähig ist, den Heiligen Geist zu empfangen, wiedergeboren zu werden und in das
Reich Gottes einzugehen, dann kann nichts verhindern, dass all dies in und
durch die Taufe geschieht, die nicht nur dazu bestimmt ist, dies zu bewirken,
sondern auch so wirkt, dass sie gleichermaßen geeignet ist, ihr Werk sowohl in
uns als auch in den Kindern zu vollbringen.
Wir sehen
also, dass der Säugling nach dem Wort Gottes sowohl die Taufe braucht als auch
geeignet ist, sie zu empfangen. Wenn uns das aber klar ist, dann können wir
natürlich keinen Augenblick an der Rechtmäßigkeit der Säuglingstaufe zweifeln,
dann können wir nicht im Zweifel darüber sein, was Gottes Wille für uns in
Bezug auf die Taufe und Wiedergeburt der jüngeren Kinder ist, dann kann es uns
nicht einfallen, um eine weitere Offenbarung darüber zu bitten, dann verstehen
wir auch, wie Gott es in seinem Wort unterlassen haben kann, uns eine solche zu
geben. Mit der Säuglingstaufe verhält es sich in der Tat ganz ebenso wie mit
der Frauenkommunion, für die wir, wie zuvor (S. 13 f.) bemerkt wurde, keine
ausdrückliche göttliche Anordnung haben, auf die wir uns stützen können; wie
letztere ohne besondere Offenbarung ganz natürlich und einfach aus dem folgt,
was uns die Schrift im allgemeinen über den Zweck des Abendmahls und die Beziehung
der Frau zum Reiche Gottes lehrt, so folgt sie ebenso einfach und natürlich aus
dem, was uns dieselbe Schrift über den Zweck der Taufe und die Beziehung des
ohnmächtigen Kindes zum Reiche Gottes lehrt. Wenn es im Wort Gottes begründet
ist, 1) dass das Kind ebenso wie wir selbst der Wiedergeburt bedarf, um in das
Reich Gottes zu gelangen, und ebenso wie jeder zu bekehrende Erwachsene für die
Gnade der Wiedergeburt empfänglich ist, und 2) dass wir in der Taufe ein
wirkliches Mittel der Wiedergeburt haben, das als solches ebenso fähig ist, an
dem Kind zu wirken wie an uns selbst: Dann haben wir auch ein festes und
untrügliches Fundament, auf das wir bauen können, wenn wir als lutherische
Christen glauben und bekennen, dass Kinder getauft werden sollen, die dann
durch die Taufe, die von Gott gegeben ist, von ihm zur Gnade genommen werden.
Das einzige,
was noch in Frage gestellt werden könnte, ist, ob es auch Gottes Wille ist, dass
die Taufe allen Kindern ohne Unterschied gespendet wird. Es könnte
scheinen, als ob das, was wir oben über die Empfänglichkeit des Kindes für die
Taufe erkannt haben, uns zwingen müsste, auch diese Frage zu bejahen. Wenn
diese Empfänglichkeit etwas Natürliches ist, dann muss sie auch etwas allen
Kindern Gemeinsames sein; wenn es in der Natur des Kindes liegt, dass es sich
der Gnade nicht widersetzen kann, dann kann dies natürlich ein Kind ebenso
wenig wie das andere, so dass das eine wie das andere die Taufe in der
richtigen Weise annehmen und an ihrem Segen teilhaben muss. Wenn es aber keinen
Unterschied zwischen den Kindern hinsichtlich ihrer Empfänglichkeit für die
Taufe gibt, könnte man meinen, dass es auch keinen Unterschied zwischen ihnen
hinsichtlich ihres Zugangs zur Taufe geben kann, dass sie für alle bestimmt
sein muss und folglich auch allen ohne Unterschied gespendet werden muss. Doch
damit ist die Sache nicht erledigt. Wenn wir auch bei der Taufe der Armen keine
unwürdige Annahme des Heiligen zu befürchten haben, wie bei unserer eigenen
Taufe, so müssen wir doch bedenken, dass es nicht nur um die Annahme der Gnade
geht, sondern auch um die Bewahrung des Angenommenen, und deshalb auch bei der
Verkündigung der Taufe an Kinder überlegen, ob wir hinreichenden Grund zu der
Hoffnung haben, dass der Lebenskeim, der ihnen dadurch eingepflanzt wird, auch
beim Heranwachsen erhalten, bewahrt und zu einem bewussten Glaubensleben
entwickelt wird, oder ob wir nicht im Gegenteil allen Grund haben, das
Gegenteil zu befürchten. Die Wiedergeburt als die Geburt eines solchen bewussten
Glaubenslebens ist eine Wirkung nicht der Taufe allein, sondern des Wortes und
der Taufe zusammen (S. 10 ff.); diese beiden Mittel der Ernährung werden durch
das ausdrückliche Gebot des Herrn (Matth. 28,19.20.)
in einen Zusammenhang gestellt, der für uns offenbar von größter Bedeutung sein
muss, wenn es um die Frage geht, wem die Taufe mit Recht mitgeteilt werden
soll. Das gilt sowohl für die Taufe von Erwachsenen als auch von Kindern. Es
kann nicht richtig sein, unsere Leute oder diejenigen, die das Wort annehmen
können und es deshalb auch wirklich annehmen müssen, um wiedergeboren zu
werden, zu taufen, ohne vorher zu versuchen, sie durch die Verkündigung des
Wortes darauf vorzubereiten und, soweit möglich, dafür zu sorgen, dass sie
wirklich empfänglich geworden sind - für die Gnadenwirkung der Taufe. Wo man es
dagegen mit Kindern zu tun hat, die weder das Wort annehmen können noch einer
solchen Vorbereitung auf die Taufe bedürfen, kann natürlich von einer Predigt
des Wortes vor derselben keine Rede sein. Aber dennoch muss auch hier die
Anordnung des Herrn über die Verbindung der Taufe mit dem Wort gelten und auch
hier zum Tragen kommen. Wenn das Wort nicht vor der Taufe kommen kann, so muss
es zu gegebener Zeit nach der Taufe kommen, damit die Getauften dadurch lernen,
"in der schönen Taufe zu wandeln."[14]
Nur für denjenigen, der das Wort noch gar nicht annehmen kann, kann die Taufe
allein genügen. Da im getauften Kinde das Bewusstsein wächst, muss es, wenn es
in demjenigen bleiben soll, dem es durch die Taufe eingepflanzt worden ist,
sich auch bewusst, im bewussten Glauben, das aneignen, was ihm in der Taufe
geschenkt worden ist, und ... zu einer solchen bewussten Aneignung der
Gnadengabe der Taufe kann es dann nur dadurch kommen, dass das Wort in das Herz
kommt und durch seine Wirkung auf das Herz seine schon durch die Taufe
mitgeteilte, aber bisher schlummernde Glaubenskraft zu bewusstem Glaubensleben
erweckt. Der geistige Lebenskeim, der dem unbewussten Kind bei der Taufe
eingepflanzt wurde, ist also schon von Anfang an dazu bestimmt, sich durch die
Wirkung des Wortes zu einem solchen bewussten Glaubensleben zu entwickeln; das
unbewusste Glaubensleben, das dem Kind eingepflanzt wurde, die unbewusste
Wiedergeburt, die durch die Taufe gewirkt wird, ist dazu bestimmt, zu gegebener
Zeit durch die Hilfe des Wortes zu einer bewussten Wiedergeburt zu werden, und
so muss dann auch von der Säuglingstaufe selbst gesagt werden, dass sie
prädestiniert ist, in Vereinigung mit dem Wort zu wirken, was nur eine Frucht
des gemeinsamen Wirkens dieser beiden Mittel sein kann. Wenn dies aber so ist,
dann kann es unmöglich dem Willen Gottes entsprechen, die Kindertaufe zu
verkünden, wenn keine Gewissheit besteht, dass auch das Wort zu seiner Zeit
kommen wird, um sein Werk zu vollbringen. Die Kirche kann nicht dazu verurteilt
sein, alle Kinder ohne Unterschied zu taufen, sondern nur solche, von denen sie
Grund zu der Hoffnung hat, dass sie, wenn sie in die Jahre und das Alter der Unterscheidung
kommen, auch “in der Zucht und Ermahnung des Herrn und "in der
christlichen Kinderlehre erzogen" werden, damit sie, wenn sie erwachsen
sind, in Christus bleiben können, wie sie ihm in der Taufe eingepfropft wurden.
"Und diese Hoffnung kann sie dann freilich wieder nur über solche Kinder
haben, die schon vor der Taufe, schon von Geburt an, in einem solchen
Verhältnis zu ihr stehen, das sie ihnen die nötige christliche Erziehung so
weit wie möglich sichern kann, also nur über solche, die als Kinder
christlicher Eltern oder Mitglieder christlicher Familien in einem gewissen
Sinne schon als heilig bezeichnet werden können." Dem Herrn geweiht, zu
ihm und seiner Kirche gehörend (1. Kor. 7,14). Nur solche Kinder meinen wir
also, wenn wir mit der Kirche glauben und bekennen, dass "die Kinder
getauft werden sollen". Die Kinder, die die Kirche nicht taufen kann, weil
sie nicht zu ihr gehören, müssen wir mit Luther “in die Hände und den Willen
des himmlischen Vaters legen", in der Hoffnung, dass der barmherzige Gott
derer, die so unverschuldet der Taufe beraubt sind, freundlich gedenkt und sie
auf einem Weg, den er uns nicht offenbart hat, in das himmlische Reich führt,
das solchen gehört (S. 6 f.). Die Kinder dagegen, die die Kirche als ihr
Eigentum betrachten kann und muss, ist sie auch nach Gottes Wort nicht nur
berechtigt, sondern auch verpflichtet, ihnen die Taufe zu spenden; über sie
müssen wir mit Luther und der lutherischen Kirche glauben und lehren, dass sie
so zu der verheißenen, durch Christus bewirkten Erlösung gehören, dass die
Kirche ihnen "die Taufe und die Botschaft ihrer Verheißung sendet"
(S. 5). Und wie wir deshalb anerkennen müssen, dass nicht die Säuglingstaufe,
sondern die Erwachsenentaufe die natürliche, richtige und regelmäßige Form des
Taufgebrauchs ist, wo es darum geht, die Kirche in Kreisen zu pflanzen oder zu
gründen, die bisher außerhalb ihrer Sphäre waren, so glauben wir auch, dass die
Säuglingstaufe überall dort die richtige Taufe ist und sein wird, wo es um den
Aufenthalt und die weitere Ausbreitung der Kirche in Kreisen geht, in denen sie
bereits festen Fuß gefasst hat. –
Ich glaube
also, nach meinen Fähigkeiten und Möglichkeiten bewiesen zu haben, was hier zu
beweisen war, nämlich dass die Lehre unserer lutherischen Kirche über die
Kindertaufe so weit davon entfernt ist, in irgendeinem Widerspruch zur Heiligen
Schrift zu stehen, dass sie im Gegenteil ihre feste, unerschütterliche und
unverrückbare Grundlage gerade in ihrer Lehre über die Bestimmung und den
richtigen Gebrauch der Taufe hat. Wir haben gesehen, dass die Heilige Schrift
weder ein ausdrückliches Gebot der Kindertaufe noch ein ausdrückliches Verbot
derselben enthält. Wir haben aber auch gesehen, dass ihre ganze Lehre über die
Bestimmung der Taufe einerseits und über die Beziehung des Säuglings zum Reich
Gottes andererseits mit einer Kraft, die zumindest für mich unwiderstehlich
ist, uns zu der Überzeugung führt, dass die Anwendung der Taufe auf die zur
Kirche gehörenden Personen ganz dem Willen Gottes entspricht, und dass daher
jeder, der ihnen dieses Gnadenmittel vorenthalten will, sich damit das
Missfallen des Herrn zuzieht, so wie es seine Jünger erfahren mussten, als sie
bei dieser Gelegenheit die Kinder nicht an ihn heranlassen wollten.
Da wir aber
so fest davon überzeugt sind, dass unsere lutherische Kirche Gottes Wort für
sich hat, wenn sie sowohl lehrt, dass Kinder getauft werden sollen, als auch
die Kleinen, die zu ihr gehören, tauft, so freuen wir uns von Herzen, zu sehen
wie sie sich auch in diesem Stück als "die Kirche des reinen Wortes und
des reinen Sakramentes" erweist, so ist es keineswegs unsere Absicht, mit
dieser "Reinheit" der Lehre die Unreinheit des Lebens schmücken,
zudecken oder entschuldigen zu wollen. Es ist eine Sache, die richtige
Erkenntnis der unverfälschten Wahrheit zu haben, aber es ist etwas anderes, die
erkannte Wahrheit in das Herz eindringen zu lassen und die befreiende Kraft im
Leben zu offenbaren, die vom Herzen ausgeht. Es ist eine Sache, die richtige
Taufe zu haben, eine andere, diese Taufe in der richtigen Weise zu gebrauchen,
und was dieses Zweite betrifft, so müssen wir mit Widerwillen bekennen, dass es
bei uns nicht annähernd so ist, wie man es von einer Kirche "mit reinem
Wort und reinem Sakrament" vernünftigerweise erwarten könnte.
Wenn die
Gegner der Kindertaufe uns fragen, "welchen Nutzen wir von unserer Taufe
gehabt haben", können wir nicht leugnen, dass sie mit dieser Frage unsere
Kirche dort angreifen, wo sie ihre schwache Seite, ihre schwache Stelle hat.
Gewiss müssen wir zugeben, dass, wie zerbrechlich das geistliche Leben in ihr
auch sein mag, dies nicht das Geringste gegen die Wahrheit ihrer Lehre von der
göttlichen Gültigkeit und der seligmachenden Kraft der Kindertaufe beweisen
kann. Wie wenige es auch sein mögen, die etwas über den Nutzen zu sagen haben,
den sie aus ihrer Taufe gezogen haben, so muss doch jedem klar sein, dass nicht
unsere Erfahrung oder das Fehlen von Erfahrung, sondern Gottes Wort entscheiden
muss, was Wahrheit ist, so muss auch in diesem Fall die Ursache eines solchen
Mangels an persönlicher Erfahrung mit der Kraft der Taufe nicht in der Taufe
selbst liegen, sondern sie muss ebenso bei denen liegen, die ihre Taufe nicht
richtig erhalten haben, die sie entweder nicht haben wirken lassen, was sie
konnte und sollte, oder die sich wenigstens nicht durch Gottes Wort über ihre
wahre Grundlage und Kraft richtig haben "unterrichten lassen". Aber
wie sehr wir auch durch diese Frage in unserer Überzeugung von der
Rechtmäßigkeit der auf Gottes Wort gegründeten Kindertaufe erschüttert werden
mögen, so behält sie doch ihren Nutzen für uns, solange wir zugeben müssen,
dass sie nicht annähernd die Frucht im Leben bringt, die sie bringen sollte.
Mit Dank an den Herrn, dessen reine Gnade unserer Kirche bis zu dieser Stunde
jeden Morgen neu geschenkt wird, wagen wir in der Tat zu hoffen, dass es unter
ihren Gliedern immer solche gibt, die auf eine solche Frage mit Wahrheit
antworten können, dass sie in ihrer kindlichen Geburt wirklich ein Bad der
Wiedergeburt gefunden haben, in und durch das Gott durch Jesus Christus seinen
Heiligen Geist in ihre Herzen ausgegossen, sie von einem bösen Gewissen
gereinigt und zu einer lebendigen Hoffnung wiedergeboren hat. Aber es ist nicht
zu leugnen, dass es unter den Getauften zu viele gibt, die nicht auf diese
Weise antworten können, zu viele, die ihre Taufe nicht richtig gebrauchen und
daher nicht den Nutzen aus ihr ziehen, den sie haben könnten und sollten, zu
viele, die nicht wissen, welchen Schatz sie ihnen geschenkt hat, zu viele,
denen sie zum Gericht statt zum Segen wird.
Auf der
einen Seite gibt es nicht wenige unter uns, die nicht nur getauft, sondern nach
menschlichem Ermessen auch wirklich durch die Taufe und das Wort zu einem bewussten
Glaubensleben wiedergeboren sind, die aber dennoch nicht ganz klar erkennen,
wie ihnen diese Gnade zuteil geworden ist, und daher vor allem die Kraft und
Bedeutung der Taufe nicht richtig einschätzen, sondern allein dem Wort
zuschreiben, das in Wirklichkeit eine Frucht des vereinten Wirkens von Taufe
und Wort ist. Nicht wenige, die deshalb auch den Segen der Taufe in erheblichem
Maße verfehlen, weil ihnen der feste Halt, der unerschütterliche Halt fehlt,
den die Taufe im Namen des dreieinigen Gottes für den ringenden und
schwankenden Glauben des reuigen Herzens sein soll, und so sind sie ausgesetzt,
ihre Heilshoffnung, wenn nicht auf ihre eigenen Bemühungen, so doch auf ihre
eigenen flüchtigen und unvollkommenen Irrtümer und wahrscheinlichen Erfahrungen
zu bauen, statt auf den Grund, der nicht versagt, Jesus Christus, wie er uns in
seinem Wort und Sakramenten gegeben ist, derselbe gestern und heute, auch in
Ewigkeit (Hebr. 13, 8.).
Andererseits
gibt es unter uns viele, die zwar mit der richtigen Taufe getauft sind, deren
ganzes Leben aber deutlich zeigt, dass sie durch ihre Untreue die in der Taufe
empfangene Gnadengabe vergeudet und später durch ihren hartnäckigen Widerstand
gegen die ihnen begegnende und wiederkehrende Gnade des Heiligen Geistes
verhindert haben, dass er durch die Taufe und das Wort wieder in ihre Herzen
einzieht und sie für das Reich Gottes erneuert, so viele, für die Christus
nicht nur gestorben ist, sondern denen er einst auch die Macht gegeben hat,
Kinder Gottes zu werden, von denen wir jetzt unter Tränen sagen müssen, dass
sie als Feinde des Kreuzes Christi wandeln und sich selbst den Sohn Gottes
kreuzigen, das Blut des Bundes verachten und den Geist der Gnade verachten
(Phil. 3,18; Hebr. 6,6; 10,29).
Das alles
können wir nicht leugnen, ohne uns selbst zu täuschen; das alles müssen wir
erkennen und bekennen, und zwar als eine Schuld, die nicht nur der Einzelne,
auf dem sie am meisten lastet, sondern wir alle, die ganze Kirche, zu tragen
haben.
Die Ursache
all dieses Elends liegt nicht in der Taufe Christi, denn sie ist gut genug,
sondern in unserem Missbrauch dieser guten Gabe des Herrn, und dieser Missbrauch
der Taufe besteht nicht so sehr darin, dass die Kirche tut, was sie nicht tun
sollte, sondern vielmehr darin, dass sie nicht tut, was sie tun sollte. Was sie
dabei versäumt und unterlässt, kann eigentlich alles in einem einzigen Wort
zusammengefasst werden, und dieses Wort ist "Züchtigung". Es
ist die erzieherische evangelische Züchtigung, ohne die ein christliches
Leben nicht möglich ist, ohne die der alte Mensch nicht abgelegt und der neue
Mensch nicht angezogen werden kann, die aber deshalb auch die Welt immer
gehasst hat und von der sie in diesen Tagen der Freiheit am wenigsten etwas
hören will. - Es ist diese Züchtigung der christlichen Liebe, die die Kirche in
ihrer Schwäche nicht so ausübt, wie sie sollte. Der Fehler liegt nicht darin,
dass sie die Kinder, die zu ihr gehören, tauft, sondern vor allem darin, dass
sie ihre mütterliche Pflicht gegenüber diesen kleinen Kindern Gottes, die ihr
himmlischer Vater ihrer Obhut anvertraut hat, nicht erfüllt, indem sie nicht,
wie es sich gehört, dafür sorgt, dass sie, wenn sie erwachsen werden, in
Christus bleiben können, so wie sie ihm in der Taufe eingepfropft wurden. Dass
es nicht in der Macht der Kirche liegt, jeden Getauften zu zwingen, in seinem Taufbund zu bleiben, weiß ich. Aber es ist ebenso wahr,
dass dieses traurige, dieses furchtbare Elend, das wir in unseren Tagen an
unseren Kindern sehen, dass Tausende und Abertausende von denen, die als
Säuglinge in der Taufe in Christus eingepfropft und zum ewigen Leben
wiedergeboren wurden, heranwachsen, nicht in der Erkenntnis des Glaubens und
der Aneignung des Gnadenschatzes, sondern in einer geistlichen Unwissenheit, in
einer Verstockung des Herzens, in der sie, wie andere Heiden, offenbar in der
Eitelkeit ihres Herzens wandeln, verfinstert im Verstand, fremd dem Leben
Gottes, ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt (Eph. 2, 12. 4, 17 ff.). - Dieses
Elend wäre nicht denkbar, wenn die erzieherische Zucht in der Kirche so wäre,
wie sie sein sollte, wenn die Kirche in allen ihren einzelnen Gliedern, denen
die Erziehung der getauften Kinder unmittelbar oder mittelbar obliegt, wirklich
ihre Pflicht in dieser Sache täte. Vor hundert oder mehr Jahren, wenn die
Geschichte stimmt, war es nicht so schwer, Christen zu finden, die durch die
Gnade Gottes vom Augenblick der Taufe an im Bund bewahrt worden waren. Aber wo
findet man solche in unseren Tagen? Und was ist der Grund dafür, dass es nur
noch wenige oder gar keine solchen mehr gibt? Liegt es nicht daran, dass das
Kind, anstatt in der Züchtigung und Ermahnung des Herrn im Haus, in der Schule
und in der Gemeinde erzogen zu werden, heute allzu oft entweder sich selbst
überlassen wird oder sogar durch falsche Lehren und ein böses Leben vom Herrn
weggetrieben wird? Liegt es nicht daran, dass jeder in der Gemeinde tut, was er
will, dass diejenigen, die die Kleinen züchtigen sollten, selbst in höchstem
Maße gezüchtigt werden, ohne das zu bekommen, was sie brauchen? Ich weiß sehr
wohl, dass es in unseren Tagen viele gibt, die eine gewisse ganz natürliche
Morbidität und Abneigung gegen alles haben, was auch nur im Entferntesten mit
der Züchtigung der Kirche zusammenhängt; aber deshalb ist und bleibt es ebenso
sicher und wahr, dass die Kirche die Züchtigung der Kinder nur durch eine
rechte Durchsetzung des Wortes Gottes ausführen kann. Die Kirche kann den
schrecklichen Missbrauch der Kindertaufe, der sich jetzt in ihr ausbreitet,
vermeiden und verhindern. So wie sie nur dadurch die christliche Keuschheit der
Kinder sichern kann, die als unabweisbare Forderung im Akt der Kindertaufe
selbst liegt, so kann sie auch nur dadurch vermeiden, in offenkundigen
Widerspruch zum Wort Gottes zu geraten, indem sie die Taufe denen spendet, für
die sie nicht bestimmt ist. Denn es ist klar: Wenn die Kirche berufen ist, die
Kinder zu taufen, die zu ihr gehören, dann ist es im Grunde ebenso
unvertretbar, wenn unsere Kirche die Kinder von Eltern tauft, die durch
offensichtliche Sünde und Verleugnung der Wahrheit zeigen, dass sie nicht zu
ihr in die Kirche gehören, und deshalb auch durch eine rechte Durchsetzung der
Kirchenzucht notwendig von ihr ausgeschlossen werden müssen, als dass sie wie
Missionare der römischen Kirche mit allerlei List heidnische Kinder zu taufen
suchen, die weiterhin der Erziehung ihrer heidnischen Eltern überlassen
bleiben.
So steht die
Sache für mich. Was man unserer Kirche vorwerfen kann, ist nicht, dass sie eine
falsche Lehre über die Taufe lehrt, sondern vielmehr, dass sie ihre wahre Lehre
über die Taufe nicht so im Leben offenbar werden lässt, wie sie es sollte. Die
Ursache ihres Elends und ihrer Erbärmlichkeit liegt nicht darin, dass sie
Kinder tauft, sondern darin, dass sie die christliche Zucht, die zur
Kindertaufe gehört und im Wort geboten wird, nicht ausübt, dass sie Kinder von
Eltern taufen lässt, die aus ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen werden sollten,
und dass sie nicht, wie es sich gehört, dafür sorgt, dass die getauften Kinder
in ihrer Gesellschaft die notwendige christliche Erziehung erhalten.
---------------
Dies ist
mein Zeugnis über die Taufe. Es ist ausführlicher geworden, als ich es
ursprünglich beabsichtigt hatte. Ich muss mich dafür entschuldigen, dass es
nicht möglich ist, die Lehre unserer lutherischen Kirche über die Kindertaufe
zu begründen, ohne etwas tiefer auf die Lehre der Heiligen Schrift über die
Taufe im Allgemeinen einzugehen, was im Übrigen hier umso notwendiger
erscheinen muss, je mehr ich befürchten musste, dass dieser wichtige Punkt
vielen meiner Leser weniger klar sein könnte. Dazu wage ich hinzuzufügen, dass
diese Zeilen während vieler und langer Unterbrechungen geschrieben wurden,
während eines Kampfes mit geistiger und körperlicher Gebrechlichkeit, von der
sie wohl auch viele andere Spuren tragen. Wenn ich hoffen könnte, dass die Zerbrechlichkeit
des menschlichen Zeugnisses der Verwirklichung der göttlichen Wahrheit kein
nennenswertes Hindernis in den Weg legt, wie es hier der Fall ist, dann wäre
dies eine volle Entschädigung für die Mühe, die diese Arbeit einer ungeübten
Hand und eines schweren Herzens gekostet hat.
Seinen
Glauben zu bekennen und ihn zu verteidigen, wo man zur Rechenschaft gezogen
wird, kann an und für sich nur dem eine Freude sein, der durch die Gnade Gottes
weiß, an wen er glaubt, und die Wahrheit erkannt hat, die den Sünder frei und
selig macht. Menschlich aber muss es wenigstens zugegeben werden, wenn das Herz
dabei ein wenig schwer wird bei der Betrachtung des Zustandes der Gemeinde, die
zwar an sich "die Kirche mit reinem Wort und reinem Sakrament" ist,
aber in menschlichen Augen jetzt mehr einem "zerbrochenen Rohr" und
einem "glimmenden Docht" gleicht, als einer "Säule und
Grundfeste der Wahrheit", einem "Licht der Heiden zum Heil bis an das
Ende der Erde. " Zumindest ist es mir so ergangen. Je mehr es mir gefallen
hat, zu erkennen, wie die erneute Prüfung dessen, was die Schrift über die
Taufe im Allgemeinen und ihre Anwendung auf die Kinder im Besonderen lehrt, nur
dazu beigetragen hat, mich in der Überzeugung zu bestätigen und zu stärken,
dass unsere lutherische Kirche auch in ihrer Lehre von der Kindertaufe in
vollem Einklang mit dem geoffenbarten Wort Gottes steht, desto schwerer ist es
mir auch gefallen zu sehen, wie wenig diese Wahrheit, zu der sich die Kirche
bekennt, in ihr Leben eingedrungen ist und in ihr eine lebensspendende Kraft
offenbart hat, wie wenige es sind, die sie sich recht angeeignet haben, wie
viele es gegen diejenigen gibt, die sie in Wort und Tat offenkundig leugnen und
lästern, wie sehr auch dies dazu beigetragen hat, unsere Kirche für viele ihrer
aufrichtigen Mitglieder, die den Schaden Josephs schmerzlich erkannten und
fühlten, zu einem Ärgernis zu machen, zu einem Spott für die Feinde der
Wahrheit, zu einem "Abschaum der Welt und Feind aller bis jetzt. "
Mit solchen
Gedanken ist dieses Zeugnis entstanden, und es ist durchaus möglich, dass es
auch in dieser Hinsicht Spuren und Zeichen seiner Entstehung trägt. Seinem
Zweck entsprechend sollte es aber keine Disputation sein, sondern nur ein
einfaches, geradliniges Bekenntnis meines Glaubens, ein Zeugnis für die
Wahrheit, die Gott mir in seinem Wort offenbart hat. Aber die Wahrheit ist ein
zweischneidiges Schwert. Wenn man die Wahrheit sagen will, dann muss man sich
bei allem Bemühen um "Wahrheitstreue in Liebe" auch bewusst sein,
dass das Schwert sowohl nach rechts als auch nach links schneiden kann. Mein
Zeugnis richtet sich nicht gegen Personen; doch wenn ich es nicht vermeiden
konnte, wenigstens am Rande die Männer zu berühren, die in letzter Zeit in
unserer Mitte als Gegner dessen aufgetreten sind, was ich als eine im Wort
Gottes begründete Wahrheit aufrechterhalten muss, so wage ich zu sagen, dass
dies in Liebe geschehen ist, nicht nur für die Wahrheit, die ich zu verteidigen
hatte, sondern auch für die Personen, gegen die ich sie verteidigen musste.
Ebenso muss ich über die Gegner der Kindertaufe in unserem Lande erklären, dass
ich nach meiner Bekanntschaft mit ihnen keinen Grund habe, an ihrer
christlichen Aufrichtigkeit, Ernsthaftigkeit und ihrem Eifer zu zweifeln, und
deshalb auch zutiefst bedauern muss, dass unsere Kirche solche Mitglieder
verlieren sollte. Ich schäme mich nicht, zu bekennen, dass die Last dieses
Zeugnisses für mich umso schwerer geworden ist, als ich damit gegen einen Mann
vorgehen musste, der mir wie kaum ein anderer am Herzen lag und trotz allem,
was uns trennt, noch liegt.
Wenn mein
Zeugnis, wie ich hoffe, vom Glauben der Kirche getragen ist, deren Glied und
Diener ich bin, dann wird das himmlische Haupt und der Herr dieser Kirche, der
keine Witwenschaft verachtet, sich auch dazu in dessen ganzer Zerbrechlichkeit
bekennen und es nach seinem Gutdünken als ein wenn auch noch so kleines Mittel
zur Erbauung und Stärkung seiner Gemeinde unter uns verwenden. Es geht darum,
dass wir festhalten, was wir haben, aber auch, dass wir daran denken, wovon wir
gefallen sind, dass wir umkehren und die ersten Werke tun, damit der Herr nicht
bald über uns kommt und unseren Leuchter von seinem Platz entfernt. Lasst uns
von ihm gezüchtigt werden, und lasst uns in Liebe fallen und uns ihm zuwenden.
Dann würde er sich wieder über uns erbarmen, das zerbrochene Rohr nicht
zertreten und den glimmenden Docht nicht auslöschen, sondern wieder den Tau der
Gnade über den trockenen Kirchhof gießen. Dann würden wir wieder mit Freude
singen: "Die Ströme des Flusses machen die Stadt Gottes froh. Gott ist in
ihrer Mitte, sie soll nicht erschüttert werden. Gott hilft ihr, wenn der Morgen
anbricht. Gott stärkt sie für immer."
[1] Ich kann hier nur ganz allgemein meine Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass der Austritt - nicht aus der evangelisch-lutherischen Kirche, sondern aus der norwegischen Staatskirche - ein Schritt ist, zu dem ich zwar durch die Kraft der Umstände gezwungen werden könnte, für den aber die Zeit noch nicht gekommen ist, solange unsere Staatskirche trotz aller Brüchigkeit und Not für mich noch als eine wahre evangelisch-lutherische Kirche mit reinem Wort und Sakrament dasteht, - ein Schritt, den ich unter allen Umständen als ein Unglück ansehen würde, von dem ich Gott bitten muss, dass er mich davor bewahrt, es durch mein eigenes Vergehen zu verursachen, und den ich daher natürlich niemals wagen könnte, ohne die ernsthafteste und gründlichste Erwägung der gegenwärtigen Umstände und der vielen verschiedenen Fragen, die dabei zu berücksichtigen wären, zu tun. - Der Austritt, der kürzlich unter uns stattgefunden hat, ist ein Austritt nicht nur aus der norwegischen Staatskirche, sondern auch aus der lutherischen Kirche im Allgemeinen; aber gerade deshalb ist er in meinen Augen doppelt bedauerlich, nicht nur für die Ausgetretenen selbst, sondern auch für die Gemeinschaft, die sie verlassen haben. Es ist durchaus möglich, dass es Menschen gibt, die dieses Ereignis mit Freude als eine Morgenröte des Heils für unsere Kirche begrüßt haben, als einen vielversprechenden Anfang zu ihrer vollständigen Reinigung von allen wimmelnden Geistern und aufgewühlten Köpfen. Ich für meinen Teil kann die Angelegenheit jedoch nicht in diesem Licht sehen. Für mich ist es ein großes Unglück für unsere Kirche, ja einer der schwersten Schläge, eine der schwersten Strafen, mit denen der Herr sie bisher für alle ihre Sünden, für ihre Untreue und Nachlässigkeit im Festhalten an dem, was sie hatte, geplagt hat. Möge seine gnädige Absicht in dieser schönen väterlichen Züchtigung verstanden und erfüllt werden! Möge sie uns zu "Eifer und Reue" (Offb 3,19) führen!
[2] Lammers, Forsvar for den frie apostolisk christelige Menighed. S. 6.
[3] Für diejenigen Leser, die mit der Kirchengeschichte weniger vertraut sind, sei darauf hingewiesen, dass die Konkordienformel oder Einigkeitsformel die letzte in der Reihe der Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche ist, ebenso wie sie auch die ausführlichste und gründlichste von allen ist. Sie ist etwa 50 Jahre jünger als das Augsburger Bekenntnis und enthält meist nur eine ausführlichere Erläuterung der Punkte dieses Bekenntnisses, die nach Luthers Tod Gegenstand von Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten innerhalb der von ihm reformierten Kirche waren.
[4] Wenn Lammers meint, dass er trotz seiner Ablehnung der Taufe dennoch "der lutherischen Auffassung von den Sakramenten Tribut zollt" (Verteidigung, S. 25), so fürchte ich, dass er sich irrt. Zu glauben, dass die Taufe kein "eigentliches Mittel der Wiedergeburt" ist, sondern nur dazu bestimmt ist, die Wiedergeburt zu "besiegeln", die bereits durch das im Glauben empfangene Wort bewirkt worden ist (Verteidigung, S. 33), ist sicherlich ebenso unlutherisch wie die Ablehnung der Kindertaufe. Die Sakramente sind zwar nach der Lehre der lutherischen Kirche dazu bestimmt, in denen, die sie gebrauchen, den Glauben zu wecken und zu stärken", aber daraus folgt keineswegs, dass die Taufe nur "zur Belebung und Stärkung des Glaubens dient" (Verteidigung S. 26). Wenn Lammers meint, diese Schlussfolgerung aus diesen Worten des Bekenntnisses ziehen zu können, scheint er zu übersehen, dass sie von beiden Sakramenten sprechen, also nicht nur von der Stärkung des Glaubens, was der Zweck des Abendmahls ist, sondern auch von der Erweckung des Glaubens, was der eigentliche Zweck der Taufe ist. Dass dieses letzte Sakrament nach der Lehre unserer Kirche ein "eigentliches Mittel der Wiedergeburt" ist, sehen wir besonders aus dem zweiten Artikel des Augsburger Bekenntnisses, wo es ausdrücklich heißt, dass die Erbsünde "den ewigen Tod denen zufügt, die nicht durch die Taufe und den Heiligen Geist wiedergeboren werden". Lammers' Auffassung von der Taufe ist, soweit ich weiß, nicht die lutherische, sondern die calvinistische.
[5] Dies ist auch der Fall in: E. Pontoppidan, Sandhed til Gudfrygtighed. Sp. 663. [d.i. Ponoppidans Katechismus „Wegweiser zur Gottseligkeit“]
[6] Dazu gehören auch die Worte, die Lammers (Forsvar S. 39) zur Unterstützung seines Verständnisses der Stelle Hr. 10, 13 ff. nach einem schwedischen Autor irrtümlich als Luthers Worte angegeben hat. Sie sind in der Tat, wie die auf S. 42 erwähnten, einer Erklärung des 29. Psalms entnommen, die zwar in Walchs Ausgabe von Luthers Schriften enthalten ist, aber nicht von ihm, sondern von Joh. Bugenhagen. Dieser Freund und Mitarbeiter Luthers spricht hier unter anderem davon, wie christliche Eltern ihre ungeborenen Kinder im Gebet zum Herrn bringen können und sollen und sicher sein, dass er sie annimmt, auch wenn sie vor der Geburt und damit ohne Taufe sterben sollten. Die wahre Bedeutung der von Lammers zitierten Worte wird schon durch diese Worte selbst hinreichend offenbart, aber vielleicht noch deutlicher durch eine andere Stelle in derselben Schrift, die wie folgt lautet: "Wir könnten unsere Kinder allein durch unser Gebet zu Christus bringen, bevor wir sie taufen könnten, was nicht genügen würde, wenn wir sie taufen könnten, denn dann sollten wir sie in der Taufe zu Christus bringen, wie er es angeordnet hat. Das nicht zu tun, wenn wir es könnten, wäre nichts anderes, als das Wort und die Verordnung Gottes zu verachten." Die Rede ist also nicht von denen, die kleine Kinder nicht taufen würden, weil sie es für falsch halten, sondern im Gegenteil von denen, die es gerne täten, es aber aus zwingender Notwendigkeit nicht tun können und sich deshalb damit begnügen müssen, die Kleinen allein im Gebet zum Herrn zu bringen. - Wie Joh. Bugenhagen über die Kindertaufe urteilt, hat er in diesen Worten hinreichendes Zeugnis hinterlassen: "Wir würden lieber sterben, als der Kindertaufe beraubt zu werden."
[7] Um das Gewicht dieses Zeugnisses abzuschwächen, sagt D. Nielsen (Kirk. Tidende IX, 9), Origenes sei "ein Heide von Geburt und Erziehung und auch ein heidnischer Gelehrter" gewesen, der als solcher nicht viel über den Ursprung der Kindertaufe wissen konnte. Bisher habe ich nichts Besseres gewusst, als dass dieser Mann nicht nur "der vornehmste christliche Schriftsteller seiner Zeit, der gelehrteste und gewiss einer der vornehmsten Lehrer der alten Kirche" war, sondern auch ein lebendiger Christ, der schon als Jugendlicher vor Sehnsucht brannte, das Martyrium mit seinem Vater zu teilen, von dem er in seiner späten Kindheit zum Herrn geführt worden war, und schließlich auch wirklich an den Qualen starb, mit denen die Heiden ihn vergeblich zur Verleugnung Christi zu zwingen versucht hatten (Guerickes Kirchengeschichte I. S. 154 f. Westermeiers Kirkehist. I. S. 149. 304.).
[8] In unserer gewöhnlichen Bibelübersetzung werden diese Worte bekanntlich wie folgt wiedergegeben: Lehrt alle Völker und tauft sie und lehrt sie, usw." Aber jeder, der die Sprache versteht, in der die neutestamentlichen Schriften verfasst sind, weiß auch, dass diese Übersetzung nicht ganz korrekt ist. Hier haben wir zweimal dasselbe Wort: "Lehrer"; der Grundtext hingegen hat an letzter Stelle ein Wort (didaskein), das "lernen, lehren" bedeutet, an erster Stelle aber ein ganz anderes Wort (matheteuein), das eigentlich nicht "lehren", sondern "einen Jünger machen" bedeutet (Apg 14,21; vgl. Joh 4,1). Außerdem heißt es im Grundtext nicht: "und taufen und lehren", sondern: "taufen und lehren", so dass offensichtlich gemeint ist, dass Taufe und Lehre oder Unterweisung die beiden Mittel sind, durch die nach dem Willen des Herrn alle Menschen zu seinen Jüngern gemacht werden sollen.
8A
Gisle Johnson gebraucht den Begriff „Wiedergeburt“ anders,
als Luther und andere alte lutherische Theologen, nämlich mit dem Blick auf das
neue Leben, das durch die Lebendigmachung, durch die
Rechtfertigung, hervorgebracht wird, während Luther ihn synonym mit
Rechtfertigung verwendet hat. (Anm. d. Hrsg.)
[9] In unserer gängigen Bibelübersetzung lauten diese Worte weniger genau: "Durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung durch den Heiligen Geist."
[10] So folgert Lammers (Verteidigung S. 41. 42): "Es ist (an dieser Stelle) vielleicht nicht einmal von der Taufe die Rede, sondern nur von der Wiedergeburt, von oben oder von neuer Geburt. Wenn von der Taufe die Rede ist, dann ist und kann nur von der Taufe des Johannes die Rede sein." Dass Lammers unsere christliche Taufe an dieser Stelle nicht erwähnt findet, scheint aus diesen Worten deutlich zu werden. Andererseits war es mir nicht möglich, mich damit abzufinden, wie er diese wichtige Stelle nun verstanden und erklärt haben will.
[11] Gal. 3,2 spricht zwar von denen, die den Geist durch "die Predigt des Glaubens", d. h. durch das Wort des Evangeliums, empfangen haben, aber das schließt natürlich die Taufe nicht aus, obwohl sie nicht ausdrücklich erwähnt wird (siehe S. 74).
11A Nicht, dass
die Sünde zur Substanz der Natur gehört, sondern sie durchzieht die Natur so
völlig, wie die Fäulnis einen faulen Apfel ganz und gar durchzieht. (Anm. d.
Hrsg.)
11B Mit
„Unsrigen“ meint Gisle Johnson hier die Erwachsenen,
zu denen er ja auch gehörte, im Unterschied zu den Kindern. (Anm. d. Hrsg.)
[12] Luk. 18,15 gibt es ein Wort (brephos) in der Wurzel, das "Fötus" bedeutet "neugeborenes Kind"," "Säugling"; an den anderen Stellen wird ein anderes Wort (paidion) verwendet, das allgemein ein "Kindlein" bezeichnet und damit zwar an sich eine unbestimmtere Bedeutung hat, nach dem Zusammenhang hier aber nur dasselbe bezeichnen kann wie der erstere Ausdruck.
[13] Matth. 18,6 wird oft als eine solche Stelle zitiert: "Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, beleidigt" usw. Aber hier ist die Rede von denen, die "beleidigt" werden könnten, wenn auch kaum von unbewussten Kindern.
[14] Dass diese Verwendung des Wortes zuerst nach der Taufe in keinem Widerspruch zu Mt. 28:19, 20 steht, scheint zumindest jedem klar zu sein, der diese Worte des Herrn im Grundtext lesen kann. In unserer gewöhnlichen Übersetzung ("lehret alle Völker und tauft") hat man zwar eine Stütze für die Behauptung finden wollen, dass das Wort notwendig der Taufe vorausgehen müsse, aber dass diese Übersetzung nicht ganz zutreffend ist, wurde bereits oben (S. 14 f.) dargelegt und ist heute allgemein anerkannt. Wenn Lammers, der dies ebenfalls einräumt, dennoch dieselbe Bedeutung in diesen Worten ausgedrückt findet (Forsvar, S. 32 f.), so beruht dies auf einem offensichtlichen Missverständnis derselben. Dass der Ausdruck “gaar hen" (etwa. "hinausgehen") nicht, wie die beiden folgenden "taufenden Lehrer", eine Art und Weise bezeichnen soll, in der, in, oder ein Mittel, durch das Menschen zu Jüngern Jesu gemacht werden sollen, ergibt sich aus der Tatsache, dass er 1) nicht parallel zu den beiden anderen steht (der erste steht im Aorist, die anderen im Präsens) und 2) nichts anderes bedeuten kann als "hinausgehen", schon gar nicht "hinausgehen und das Evangelium predigen". "Es steht hier genau so geschrieben wie an so vielen anderen Stellen (Matth. 2, 8; 9,13; 10,7; 11,4; 18,12; 22,15; 25,16; 26, 14; 27, 66; 28, 7. Mark. 16,10.15; Luk. 7,22; 9,12.13.52; 13, 32; 14,10; 15,15; 17,14; 22,8.), zu beginnen, die folgende Haupthandlung: "Macht alle Völker zu meinen Jüngern:" Als Mittel, wodurch dies geschehen soll, werden nur zwei genannt, die Taufe und das Wort, und da wir nun von diesen beiden hier die Taufe vor dem Wort, und Mark. 16,15.16 die Umkehrung des Wortes vor der Taufe finden, so glauben wir, auch abgesehen von dem, was die Schrift schon vorher und über die Anwendung der Taufe auf uns selbst und auf die Kinder gelehrt hat, in unserem guten Recht zu sein, sie, wie es die Umstände erfordern, sowohl vor dem Wort als nach demselben zu spenden. [Mark. 10,16 spricht nicht vom „zum Glauben kommen“, sondern vom „Glauben bis ans Ende“; Hrsg.]