Beständig in der Apostel
Lehre und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet! Apg. 2,42
DER
BEKENNTNIS-
LUTHERANER
Lutherisches Blatt für Bibelchristentum.
Mit Zustimmung der Lutherischen Kirchen der Reformation (Lutheran
Churches of the Reformation, LCR) herausgegeben von Roland Sckerl, Leopoldstr. 1, D-76448 Durmersheim; Tel.:07245/83062; Fax: 07245/913886
e-mail: Sckerl@web.de; Internet:
www.lutherische-bekenntnisgemeinde.de
19. Jahrgang 2011 Heft 1/2011
Inhaltsverzeichnis
UNTER
LUTHERS KANZEL UND KATHEDER
Von
der Taufe, in Auseinandersetzung mit den Wiedertäufern
Taufe
und Bekehrung bei Bo Giertz
Das
rechte Verständnis von Erweckung, damit gesundes geistliches Leben erwächst
BLUTZEUGEN
DES CHRISTLICHEN GLAUBENS
26. Dezember 1933 – 21. März 2011
Der
langjähriges Administrator (so viel wie Präses) der Lutheran Churches of the
Reformation in den USA und Pastor von Christ Lutheran Church in Fort Wayne,
Indiana, und St. Paul’s Lutheran Church in Muncie, Indiana, wurde vom
dreieinigen Gott, dem HERRN über Leben und Tod, nach langer Krankheit am 21.
März 2011 in die ewige Herrlichkeit abberufen.
Kenneth K.
Miller wurde in Cleveland, Ohio, als Sohn deutscher Einwanderer geboren und
erfuhr seine erste geistliche Prägung in der lutherischen Missouri-Synode durch
Pastor Georg Naumann in der dortigen Gemeinde. Durch ihn bekam er auch den
Impuls zum Dienst im öffentlichen Predigtamt. Mit 14 Jahren kam er deshalb auf
die Concordia Lutheran High School der Missouri-Synode in Fort Wayne und
studierte später lutherische Theologie am Concordia Lutheran Seminary in St.
Louis, Missouri. Dies war, in den 1950er Jahren, zu einer Zeit, als dieses
Seminar mehr und mehr von bibelkritischen Theologen übernommen und die
Missouri-Synode in eine tiefe geistliche Krise gestürzt wurde, von der sie sich
bis heute nicht wieder erholt hat.
Kenneth K.
Miller hat dies selbst zu spüren bekommen, als er sich dafür interessierte zu
promovieren, und zwar über der Dreieinigkeit im Alten Testament. Das war aber
ein Thema, das für Bibelkritiker völlig unannehmbar war. Kenneth K. Miller
verzichtete daher darauf zu promovieren, hat aber dann, nach Abschluss seines
Studiums, die immer mehr von Bibelkritik und unbiblischen Lehren geschüttelte Missouri-Synode
verlassen und schloss sich den 1964 gegründeten Lutheran Churches of the Reformation
an, für die er zunächst Gemeinden in Indianapolis, Indiana, und in Kanada
betreute und später die Gemeinde in Muncie, Indiana, gründete und dann,
zusammen mit dem Ehepaar Dr. Robert und Elizabeth Taylor und einem Bibelkreis,
der aus bibeltreuen Lutheranern aus der Missouri-Synode entstanden war, Christ
Lutheran Church in Fort Wayne, Indiana, 1968.
Seit jener
Zeit hat er sonntäglich in beiden Gemeinden, die etwa 120 km auseinander
liegen, Gottesdienst gehalten, ausgenommen in Zeiten der Jahresversammlung der
LCR oder wenn er, was auch etliche Jahre vorkam, einmal monatlich die damals
vakante Emmaus Lutheran Church in Hudson, Michigan, betreute oder in den
östlichen Staaten der USA unterwegs war, um dort lebende Gemeindeglieder zu
besuchen und ihnen mit Gottes Wort und Sakrament zu dienen.
Zeitlebens
hat P. Miller geeifert für die biblisch-lutherische Lehre und ist ohne
Abstriche für sie eingestanden, was auch bedeutete, dass er einige Jahre mit
seiner Gemeinde von der LCR unabhängig war, nach den Wirren, die P. Harold W. Romoser
verursacht hatte, bis die LCR lehrmäßig wieder klar gekommen war. Insbesondere
hat er am Alten Testament gearbeitet.
Über viele
Jahre unterrichtete er am Martin Luther Institute for Sacred Studies (MLISS) in
Decatur, Indiana, dem theologischen Seminar der LCR.
Er
veröffentliche 15 Bücher und zehn Kleinschriften und war in sieben Sprachen zu
Hause. Mit ihm hat die LCR ihren führenden und prägenden Theologen verloren.
Er
hinterlässt neben seiner Witwe sechs erwachsene Kinder, 21 Enkel und drei
Urenkel.
Von Roland Sckerl
Einer der Ausgangspunkte in der
Argumentation der Wiedertäufer war, dass die (Kinder-)Taufe ja vom Papsttum
übernommen sei. Darum könne sie nicht richtig sein. Diese Haltung aber ist
grundverkehrt. Denn nach dieser Logik müssten sie auch die Bibel verwerfen, die
schließlich auch vom Papsttum übernommen wurde, ja, auch den Katechismus, das
Abendmahl, das Vaterunser und vieles mehr. Es kann ja auch gar nicht sein, denn
vom Antichristen wird ja gesagt, dass er im Tempel, in der Gemeinde Gottes,
sitzt. Also muss er ja auch Bibel, Taufe, Abendmahl, die Schlüssel noch haben,
wenn auch durch seine Zusätze verunstaltet (vgl. Von der Wiedertaufe an zwei
Pfarrherrn. 1528. in: Luther Deutsch. Bd. 4. 4. Aufl. Göttingen 1990. S.
95-97).
Eine andere Behauptung ist die, die Taufe
könne ja dem Kind nichts nützen, da es ja seine Taufe gar nicht mitbekommen
habe, gar nichts wisse von der Taufe. Aber was folgt daraus, wenn man alles das
verwerfen will, was man nicht selbst gesehen und gehört hat? Da bleibt kein
Glaube mehr, keine Liebe, nicht Vater und Mutter, nicht Geschwister und
Verwandte, auch keine Heilige Schrift, kein Christus, keine Apostel, schlicht,
alles, im Geistlichen wie im Weltlichen, was wir von Menschen übermittelt
bekommen. Es ist aber völlig falsch, dies alles einfach als „Menschenlehre“ zu
bezeichnen, nur weil wir es durch Menschen übermittelt bekommen haben. Denn
das, was Menschen von Gott nach der Bibel sagen, ist nicht Menschen-, sondern
Gotteslehre. „Darum, wenn du hörst, dass
man Menschen nicht glauben solle, so musst du es so verstehen, dass da kein
Wort noch Werk Gottes angezeigt noch erwiesen wird, sondern es ist eine reine
Menschenerdichtung, auf dass du einfältig (wie die Worte lauten) Menschen zu
glauben davon unterscheidest, Gott zu glauben.“ (Luther Deutsch, a.a.O., S.
100) Gottes Werke, wie z.B. Geburt, geschehen normalerweise öffentlich, also
unter Zeugen. „Siehe, solchen Leuten muss
man wahrlich glauben. Denn sie bezeugen das Werk Gottes, nämlich deine Geburt,
und beweisen, dass es von deinen Eltern komme. Dazu nimmt sich deiner niemand
an als deine Eltern, es streitet und müht sich auch niemand für dich außer
ihnen allein. Und so gehen Gottes Werke so öffentlich (vor sich), dass ihnen
niemand widerspricht, auch kein Teufel noch Mensch, sondern jedermann weiß und
bekennet sie so gewiss, wie er bekennet, dass du lebest. Siehe, das heißt nicht
Menschen, sondern Gott glauben, denn man bezeugt dir Gottes Werke.“ (Luther
Deutsch, a.a.O., S. 100 f.) Durch Gottes Werke haben wir notwendigerweise
Eltern, Obrigkeit und dergleichen (vgl. Luther Deutsch, a.a.O., S. 102). Der
Papst dagegen ist nicht der rechte Herr – und das ist auch deutlich erwiesen,
weil Gottes Wort nichts vom Papsttum sagt. „Weil
aber die Schrift nichts vom Papst oder seinem Regiment gebietet, so ist auch
kein Papsttum, das ein göttliches Werk sei, da die Schrift von Gottes Werken
Zeugnis gibt. Darum habe ich droben gesagt: Menschen soll man glauben, wo sie
nicht ihre Erdichtung oder Werk, sondern Gottes Wort oder Werk bezeugen und
zeigen. Denn ehe man mich lehret, w e
r der Papst sei, muss man mich zuvor
gewiss machen, da s s ein Papst aus göttlichem Recht sei. Wenn er
es aber nicht sein kann, so fragt man nicht danach, wer er sei.“ (Luther
Deutsch, a.a.O., s. 103)
Die Taufe nun ist Gottes Werk, uns von Gott
im Evangelium befohlen. So gibt es dann auch Zeugen der jeweiligen Taufe und
dürfen ja nur solche Personen zum Abendmahl zugelassen werden, die auch getauft
sind. „Die Taufe ist ein Werk Gottes, das
kein Mensch erdichtet, sondern Gott im Evangelium befohlen und bezeuget hat.
Zum zweiten sind Leute, die solches von dir bezeugen, dass du getauft seiest,
und niemand widerspricht dem noch beweist das Gegenteil. Zum dritten folgt das
Werk, dass man dich in der Christen Zahl rechnet, lässt dich zum Sakrament und
allem christlichen Recht kommen und des alles gebrauchen; welches man nicht
täte, wo du nicht getauft wärest und nicht jedermann solches gewiss wäre.
Welches alles auch eitel Zeugnis deiner Taufe ist.“ (Luther Deutsch,
a.a.O., S. 104)
Das Hauptargument der Wiedertäufer aber ist
ja, dass doch nach Markus 16,16 nur der getauft werden sollte, der auch glaubt.
Da aber erhebt sich sogleich die Frage: Wie können sie denn bei denen, die sie
taufen, beweisen, dass sie glauben? Wie
wollen sie darüber wirklich gewiss sein? Können sie denn dem anderen ins Herz
sehen? Nun, sie berufen sich dann auf das Bekenntnis des anderen. Also gründet
ihre Taufe tatsächlich gar nicht auf dem Glauben, sondern auf dem Bekenntnis.
Nur – das stimmt dann nicht mit dem Wort überein, das sie anführen und von dem
sie meinen, auf den Glauben hin sei zu taufen. Denn Gewissheit über den Glauben
haben sie auch durch das Bekenntnis nicht.
„Darum, wer die Taufe auf den Glauben der Täuflinge gründen will, der darf
nimmermehr einen Menschen taufen. Denn wenn du gleich einen Menschen einen Tag
hundertmal taufest, dennoch weißt du keinmal, ob er glaube. Was treibest du
denn mit deinem Wiedertaufen, weil du wider dich selbst handelst und taufest,
da du keinen Glauben mit Sicherheit weißt, und lehrest doch, der Glaube müsse
gewiss da sein. Also stehet dieser Spruch: ‚Wer da glaubet’ gar stark wider
ihre Wiedertaufe, weil der Spruch vom gewissen Glauben redet, und sie gründen
ihre Wiedertaufe auf ungewissen Glauben und handeln nicht einen Buchstaben nach
dem Spruch.“ (Luther Deutsch, a.a.O., S. 105 f.)
Auch der Täufling, wenn er sich seiner
Taufe trösten will und gründet ihre Gültigkeit auf seinen Glauben, hat keinen
gewissen Grund. Denn sein Glaube kann angefochten werden – was ist dann? Wird
er sich dann nicht fragen, ob sein Glaube recht war? Und wenn er meint, erst
jetzt den rechten Glauben zu haben – muss er sich dann nochmals taufen, und
immer so fort, bei den Anfechtungen oder wenn er in Sünde fällt? Darum ist die
Taufe nicht auf den Glauben zu gründen, sondern auf Gottes Wort! „Denn es kommt, ja es gehet so mit dem
Glauben zu, dass oft der, der da meint, er glaube, nichts überhaupt glaube und
umgekehrt, der da meint, er glaube nichts, sondern verzweifele, am allermeisten
glaube. So zwinget dieser Spruch: ‚Wer da glaubet’, uns nicht, zu wissen, wer
da glaube oder nicht. Sondern er stellts jedermann in sein Gewissen anheim,
wolle er selig werden, so müsse er glauben und nicht heucheln, als wollte er an
der Taufe genug haben, dass er Christ sei.“ (Luther Deutsch, a.a.O., S.
107)
Darum hat die Behauptung, auf Glauben zu
taufen, einen ganz ungewissen Grund.
Da nun die Wiedertäufer die Kindertaufe
aufheben wollen, so müssen sie beweisen, dass diese gegen Gottes Wort sei (vgl.
Luther Deutsch, a.a.O., S. 107).
Da führen sie nun an, die Kinder könnten
nicht glauben, deshalb dürften sie nicht getauft werden. Aber womit beweisen
sie das? Sie können es aus der Bibel nicht beweisen, ja, die Bibel sagt das
Gegenteil. „Und Christus sagt Matth.
19,14, das Himmelreich sei der Kindlein; und Johannes im Mutterleibe war ein
Kind (Luk. 1,41), ich meine aber ja, dass er glauben konnte.“ (Luther
Deutsch, a.a.O., S. 108) Zu behaupten, es sei völlig unmöglich, dass Säuglinge
glauben, ist damit schon abgetan. Und wenn sie sagen, dass Johannes der Täufer
doch ein Sonderfall gewesen sei, so zeigt dies aber doch, dass auch ein
Säugling glauben kann. Aber es ist ja dies auch nicht die einzige Stelle dafür.
Denn wir müssen weiter bedenken, dass Christus in der Taufe gegenwärtig ist und
handelt. „Weil er denn da gegenwärtig
ist, selbst redet und tauft, warum sollte nicht auf der Glaube und Geist durch
sein Reden und Taufen ebenso wohl in das Kind kommen wie er dort in Johannes
kam? Ists doch einerlei Redner und Täter, dort und hier. Und zuvoraus, weil er
durch Jesaja (55,11) sagt, sein Wort solle nicht leer wiederkommen: Nun bringe
du auch einen einzigen Spruch, der da beweise, dass die Kinder in der Taufe
nicht glauben können, weil ich so viel aufbringe, dass sie glauben können, und
verdientermaßen zu meinen sei, dass sie glauben, obwohl uns unbewusst ist, wie
sie glauben, oder wie der Glaube beschaffen sei. Darauf kommt es auch nicht
an.“ (Luther Deutsch, a.a.O., S. 109) Luther verweist auch darauf, dass
Christus Matth. 19,14 den Kindlein das Himmelreich zuspricht und sie dazu noch
uns als Vorbild hinstellt. Wie aber sollte dies möglich sein, wenn sie nicht
glauben? Und Mark. 10,13-16; Luk. 18,16 machen ja klar, dass der Kinder das
Himmelreich ist, die zu Christus kamen bzw. gebracht wurden. Deshalb ist die
Kindertaufe allerdings die sicherste Taufe, bei allen älteren ist der Glaube
ungewisser. „Ich meine noch, wie ich in
der Postille auch geschrieben habe, dass die allersicherste Taufe der Kinder
Taufe sei. Denn ein alter Mensch mag betrügen und als ein Judas zu Christus
kommen und sich taufen lassen, aber ein Kind kann nicht betrügen und kommt zu
Christus in der Taufe, wie Johannes zu ihm kam. Und wie die Kindlein zu ihm
gebracht wurden, dass sein Wort und Werk über sie gehe, (sie an)rühre, und sie
so heilig mache, weil sein Wort und Werk nicht umsonst gehen kann; und (es
gehet doch hier allein aufs Kind.“ (Luther Deutsch, a.a.O., S. 110) Auch
verweist Luther mit Recht darauf, dass Gott der HERR ja auch die Kinder in der
Beschneidung angenommen und zu seinem Volk dazugetan hat. Wenn er das im Alten
Bund machte – warum dann nicht im Neuen Bund mit dem parallelen Sakrament, der
Taufe? „Hilft dort die Beschneidung der
Knäblein beiden, Knäblein und Mägdlein, dass sie Gottes Volk werden, um
Abrahams Glaubens willen, von dem sie kommen: Wie viel mehr soll hier die Taufe
eines jeglichen besonders helfen, dass sie Gottes Volk werden, um Christi
Verdienst willen, zu dem sie gebracht und von dem sie gesegnet werden.“ (Luther
Deutsch, a.a.O., S. 111)
Nun wird ja auch immer wieder angeführt,
Christus habe doch gar nicht befohlen, die Kinder zu taufen. Aber er hat auch
nicht ausdrücklich befohlen, die Erwachsenen zu taufen! Er hat vielmehr
befohlen, alle Heiden dadurch zu Jüngern zu machen, dass sie getauft und
gelehrt werden. Zu alle Heiden aber gehören allerdings auch die Kinder
dazu, Matth. 28,19. Und wir finden in der Apostelgeschichte und bei Paulus,
dass ganze Häuser getauft wurden, Apg. 10,48; 16,15.33; 1. Kor. 1,16. Wer will
da ausschließen, dass auch Kinder dabei waren? (vgl. Luther Deutsch, a.a.O., S.
111-112)
Es ist also völlig unbeweisbar, dass die
Säuglinge in der Taufe nicht glauben. Aber selbst, einmal theoretisch
angenommen, es wäre so, wie die Wiedertäufer behaupten, sie würden nicht
glauben. Wäre denn dann die Taufe unrecht und zu wiederholen? Nein! Die Taufe
ist recht, nur ihr Empfang war nicht recht. So ist es wichtig, dass nun auch
der rechte Empfang dazu kommt. So kommen ja auch nicht alle durch eine Predigt
zum glauben. Ist darum die Predigt, ist das Evangelium unrecht, ungültig? Nein,
sondern die Hörer. Denn, wenn durch den Nichtglauben die Taufe unrecht wäre,
wie steht es dann mit dem getauften Christen, wenn er in Sünden fällt, wieder
abkommt vom Glauben? Muss er dann jedes Mal, wenn er umkehrt, nochmals getauft
werden? „Kann nun die Taufe recht und
genug bleiben, ob der Christ tausendmal im Jahr vom Glauben abfiele oder
sündigte, und ist es genug, dass er selbst sich wieder zurecht kehre und
gläubig werde und nicht so oft wieder getauft werden muss: Warum sollte nicht
auch die erste Taufe genug und recht sein, wenn der Christ hernach recht und
gläubig wird? … Das sage ich darum: Wenn die Täufer gleich ihre Sache beweisen
könnten, dass Kinder ohne Glauben sind (wie sie nicht können), so hätten sie
doch damit nichts mehr erstritten, als dass die rechte Taufe, die von Gott
eingesetzt ist, nicht recht, sondern im Missbrauch empfangen ist. Wer aber
nicht mehr als Missbrauch beweiset, der beweiset auch nicht mehr, als dass der
Missbrauch und nicht des Dinges Wesen zu ändern sei. Denn Missbrauch ändert
keines Dinges Wesen. Gold wird deshalb nicht Stroh, weils ein Dieb stiehlt und
missbraucht; Silber wird deshalb nicht Papier, weils ein Wucherer fälschlich
gewinnt. Weil denn die Wiedertäufer allein den Missbrauch der Taufe anzeigen,
so handeln sie wider Gott, Natur und Vernunft, dass sie auch die Taufe samt dem
Missbrauch erneuern und ändern, gleichwie alle Ketzer auch am Evangelium tun.“
(Luther Deutsch, a.a.O., S. 115 f.)
Die Gefahr bei den Wiedertäufern läuft ja
dahin, dass sie letztlich die Menschen wieder auf ihre Werke vertrauen lassen,
nämlich dass die Taufe auf ihren Glauben gegründet sei und sie so eine rechte
Taufe hätten. (Luther Deutsch, a.a.O.,
S. 1166) Sie haben ja aus der Taufe nun allerdings ein Werk, eine menschliche
Handlung, einen Bekenntnisakt gemacht und somit völlig umgekehrt.
Dann haben sie die Gültigkeit der Taufe vom
Glauben des Täufers abhängig gemacht und, wie die Donatisten, behauptet, nur
der dürfe taufen und könne recht taufen, der auch glaube. Damit aber wird auch
jede Taufe ungewiss, weil der Glaube des Täufers auch nicht bewiesen werden
kann und somit ein unsicheres, ungewisses Ding bleibt. Damit gründen sie die
Taufe auch wieder auf menschliche Größen, nicht auf Gottes Wort und Gebot. Sie
bedenken dabei nicht, dass Gott durch Bileam gesprochen hat, auch durch
Kaiphas, ja, dass auch die Pharisäer auf Moses Stuhl saßen und gemäß Christi
Worten ihrer Lehre, soweit sie recht war, zu folgen war (vgl. Luther Deutsch,
a.a.O., S. 118-119).
Darum
ist das der rechte Grund, wenn wir unsere Taufe allein auf Gottes Wort gründen,
wir also taufen, weil Gott es geboten hat.
„So ist nun unserer Taufe Grund
der allerstärkste und sicherste, dass Gott einen Bund mit aller Welt gemacht
hat, der Heiden Gott in aller Welt zu sein, wie das Evangelium sagt, dass
Christus befohlen hat, in aller Welt das Evangelium zu predigen, wie auch die
Propheten mannigfältig verkündigt haben. Und zum Zeichen dieses Bundes hat er
die Taufe unter alle Heiden eingesetzt, geboten und befohlen, wie Matth. 28,19
stehet: ‚Gehet hin, und machet zu Jüngern alle Völker, taufet sie auf den Namen
des Vaters’ usw., gleichwie er mit Abraham und seinem Samen einen Bund machte,
ihr Gott zu sein, und zum Zeichen des Bundes die Beschneidung gab (1. Mose
17,7.11). Hier steht unser gewisser Grund und Feste: Nämlich dass wir uns nicht
deshalb taufen lassen, weil ich des Glaubens gewiss bin, sondern weil Gott es
geboten hat und haben will. Denn ob ich gleich keines Glaubens nimmermehr
gewiss würde, so bin ich dennoch des Gebots gewiss, da Gott die Taufe gebietet,
weil er’s öffentlich vor aller Welt hat ausgehen lassen. Hier kann ich nicht
fehlgehen, denn Gottes Gebot kann nicht trügen. … Wenn nun gleich ein alter
Mensch getauft werden sollte und spräche: Herr, ich will mich taufen lassen.
Dann fragst du: Glaubst du denn auch? wie Philippus den Kämmerer Apg. 8,37 und
wie wir täglich die Täuflinge fragen. Dann wird er mir nicht so herfahren und
sagen: Ja, ich will wohl Berge versetzen durch meinen Glauben, sondern so: Ja,
Herr, ich glaube, aber auf solchen Glauben baue ich nicht, er möchte mir zu
schwach oder ungewiss sein. Ich will getauft sein auf Gottes Gebot, der es von
mir haben will, auf solch Gebot wage ich’s, mit der Zeit mag mein Glaube
werden, wie er kann. Wenn ich auf sein Gebot getauft bin, so weiß ich, dass ich
getauft bin. Wenn ich auf meinen Glauben getauft würde, sollte ich morgen wohl
ungetauft gefunden werden, wenn mir der Glaube entfliehe oder ich angefochten
würde, als hätte ich gestern nicht recht geglaubt.“ (Luther Deutsch,
a.a.O., S. 120.121)
Gewiss: Der Glaube muss unbedingt dazu
kommen, will man den Nutzen der Taufe haben; ohne den Glauben nutzt dir deine
Taufe gar nichts. Aber der Glaube ist nicht der Grund der Taufe; der Glaube
macht die Taufe nicht zur Taufe, er empfängt sie nur. Er ist außerdem sehr
unterschiedlich, mal stärker, mal schwächer, muss aber immer wachsen. Wer sich
auf seinen Glauben hin taufen lässt, der vertraut letztlich auf das Seine, auf
sich selbst, nicht auf Christus, sein Wort, seine Gerechtigkeit. „Denn er vertrauet und bauet auf das Seine,
nämlich auf eine Gabe, die ihm Gott gegeben hat und nicht auf Gottes Wort
alleine, gleichwie ein anderer auf seine Stärke, Reichtum, Gewalt, Weisheit,
Heiligkeit bauet und vertrauet, welches doch auch Gaben sind, ihm von Gott
gegeben. Welcher aber auf Gottes Wort und Gebot getauft wird: Wenn da gleich
kein Glaube wäre, wäre die Taufe dennoch recht und sicher, denn sie geschieht,
wie sie Gott geboten hat. Von Nutzen ist sie dem ungläubigen Täufling wohl
nicht, um seines Unglaubens willen, aber darum ist sie nicht unrecht, unsicher
oder nichts.“ (Luther Deutsch, a.a.O., S. 120 f.)
Die Wiedertäufer, das ist ganz deutlich,
können nicht beweisen, dass die Säuglinge gewiss nicht glauben können. Wir
haben zwar keinen „Beweis“, dass die Säuglinge glauben, aber wir haben aufgrund
der Aussagen der Bibel eine hinreichende Grundlage dafür, dass sie dies tun.
Warum also halten wir an der Kindertaufe fest? Luther führt sechs Argumente an,
von denen das letzte das stärkste und grundlegende ist: 1) Die Kindertaufe
kommt von den Aposteln her. Niemand hat beweisen können anhand der Schrift,
dass sie Unrecht ist, weil ja die Taufe an sich recht ist (vgl. Luther Deutsch,
a.a.O., S. 122). 2) Gott hat sie so lange bestehen lassen, ohne dass er
eingegriffen hat (vgl. Luther Deutsch, a.a.O., s. 123). 3) Viele, die als
Kinder getauft wurden, haben wunderbare Gaben von Gott bekommen, sind heilige
Männer gewesen, wie etwa Jan Hus. 4) Wenn die Kindertaufe Unrecht wäre, dann
hätte es über 1000 Jahre keine rechte Christenheit gegeben, was aber völlig
unmöglich und gegen Gottes Wort ist (vgl. Luther Deutsch, a.a.O., S. 125). 5)
Vom Antichristen heißt es, dass er im Tempel Gottes sitzt, also in der Kirche,
2. Thess. 2,4. So muss ja rechte Christenheit da sein, wo sollte er sonst
sitzen? Außerdem aber: Christus hat befohlen, dass man die Kindlein zu ihm
bringen soll, er hat ihnen das Himmelreich bestätigt, was nur der Glauben hat;
gemäß dem Neuen Testament sind ganze Häuser getauft worden, wozu wohl auch
Kinder gehört haben. 6) Gott will seinen Bund durch das Evangelium mit allen
Völkern machen, wie er Matth. 28,19 klar dargelegt hat. Dazu hat er auch die
Taufe eingesetzt. Auf dieses sein Wort hin ist es sicher und gewiss, dass wir
taufen – und zu den Völkern gehören allerdings ganz gewiss auch die Kinder, die
Säuglinge (vgl. Luther Deutsch, a.a.O., S. 126) „Ich setze aber gleich, dass die erste Taufe ohne Glauben sei. Sage
mir, welches unter den zweien das Größte und Vornehmste sei: Gottes Wort oder
der Glaube? Ist’s nicht wahr, Gottes Wort ist größer und vornehmer als der
Glaube, da sich Gottes Wort nicht auf den Glauben, sondern der Glaube auf
Gottes Wort bauet und gründet. Dazu ist der Glaube wankelbar und wandelbar,
aber Gottes Wort bleibt ewiglich.“ (Luther Deutsch, a.a.O., S. 130)
Roland Sckerl
Taufe
und Bekehrung spielen in der Theologie des inzwischen heimgegangenen ehemaligen
Göteborger Bischofs Bo Giertz eine große Rolle, wie sich in seinen Büchern,
etwa „Die große Lüge und die große Wahrheit“ (hier zitiert: LW), „Mit der
Kirche leben“ (hier zitiert: Kirche) oder „Evangelisch glauben“ (hier zitiert:
Evangelisch …) zeigt. Dabei hebt er hervor, dass die Bedeutung der Taufe weit
über den Tauftag hinaus geht und unser gesamtes christliches Leben umspannt,
eine Auffassung, die sich eng anschließt an den vierten Teil im Hauptstück über
die Taufe in Luthers Kleinem Katechismus.
Die folgende Darlegung will versuchen, einige der wichtigen Linien in
der Theologie von Bo Giertz im Blick auf Taufe und Bekehrung herauszustellen.
Der Autor hält sie für eine bibeltreue erweckliche lutherische Theologie für
sehr hilfreich und wichtig. Dabei ist der Ausgangspunkt des Wirkens von Bo
Giertz die lutherische Volkskirche in Schweden, wo also, zumindest zu seiner
Zeit, die ganz überwiegende Zahl der Menschen als Säuglinge getauft wurden.
Dennoch aber können seine Aussagen auch für die Missionssituation, wie wir sie
heute vielerorts haben, angewendet werden, da das, was Gott in der Taufe gibt,
zueignet, stets dasselbe ist, er gibt es nun einem Säugling oder einem
Erwachsenen. Und das Leben aus der Taufe betrifft Menschen aller Altersstufen
gleichermaßen. Hinsichtlich der Bekehrungsverkündigung besteht allerdings ein
Unterschied in sofern, als Bo Giertz noch an der Taufe anknüpfen und Bekehrung
als Rückkehr zur Taufe darlegen konnte. In der heutigen Missionssituation
dagegen ist der Ruf zur Umkehr (Bekehrung) ein Ruf weg von den (modernen)
Götzen, hin zu dem lebendigen Gott – und damit auch hin zu dem, was Gott in der
Taufe schenkt.
1.
Die Taufe – Gottes Gnadenmittel
Die Grundlage der Lehre von der Taufe ist
auch für Bo Giertz, dass Gott es ist, der in der Taufe wirkt, dass sie ein
Gnadenmittel Gottes ist, und Gott wirkt durch die Gnadenmittel, also das
Evangelium in Wort, Taufe und Abendmahl. Und was wirkt er dadurch, was wirkt er
durch die Taufe? Er wirkt die Wiedergeburt zum Leben in Jesus Christus. „Die Taufe ist eine Wiedergeburt zum Leben
in Christus. Alle werden wir mit Sünde geboren, und alle müssen wir
wiedergeboren werden. In der Taufe ziehen wir Christus an und empfangen Anteil
an seiner Gerechtigkeit, ohne die niemand Kind Gottes sein kann. Die
Rechtfertigung erfolgt immer völlig unverdient, bei Kindern wie bei
Erwachsenen.“ (LW, S. 176) „Die Taufe
ist also eine Tat Gottes. Luther sagt: ‚Im Namen Gotts getauft zu werden, ist
nicht von Menschen, sondern von Gott selbst getauft zu werden, und wiewohl es
durch die Hand eines Menschen geschieht, ist die Taufe in der Tat Gottes
eigenes Werk.’“ (Evangelisch …, S. 113) Das, was da in der Taufe geschieht,
bleibt ein Wunder, wie alles Wirken Gottes zu unserem Heil. Jede Bekehrung,
jede Entzündung des Glaubens im Herzen eines Menschen ist und bleibt ein
Wunder, es geschehe nun an einem Kind oder einem Erwachsenen (vgl. LW, S. 118).
Und dieser Bund, den Gott der HERR in der Taufe mit uns Menschen eingeht, der
bleibt von Gottes Seite bestehen, auch wenn wir untreu werden. „Die Sünden der Menschen können die Taufe
nicht ungültig machen.“ (Evangelisch …, ebd.) Gott ruft den untreu
gewordenen Menschen auf, ihn zu suchen, denn er will sich von ihm finden
lassen, ruft den abgefallenen Menschen zur Umkehr. (vgl. LW, S. 19) „Vor Gott jedoch besteht der Taufbund weiter.
Deshalb gibt es die Möglichkeit der Rückkehr. Das ist die Bekehrung …“ (Evangelisch
…, S. 118) So lange es noch ‚heute’ heißt, so lange ist auch noch die
Möglichkeit der Umkehr gegeben; erst für den, der trotz seiner einstigen Taufe
im Unglauben stirbt, wird der Taufbund ungültig und seine einstige Taufe zur
Anklage im Jüngsten Gericht.
In der Taufe weiht Gott einen Menschen zum
Christen – und verpflichtet ihn damit zugleich, wie wir noch weiter unten
ausführen werden, als Christ zu leben. Besonders Römer 6 hebt dies hervor (vgl.
LW, S. 119).
Wenn die Taufe Gottes Werk ist, was
geschieht dann in der Taufe? Die Taufe ist, gemäß Römer 6, Taufe in Christi
Tod. In der Taufe geht damit das Gericht über den sündigen Menschen. Nun aber
hat Jesus Christus die Strafe, die dem Sünder gilt, schon auf sich genommen und
vollständig bezahlt. Darum schenkt die Taufe Anteil an der Gerechtigkeit, die
Christus uns durch seinen Gehorsam, Leiden und Sterben erworben hat. Die Taufe
ist damit Taufe zur Auferstehung, und zwar einerseits zur geistlichen Auferstehung,
die durch die Wiedergeburt geschieht, zum anderen aber auch zur leiblichen
Auferstehung, weil wir durch die Wiedergeburt auch die Gewissheit des ewigen
Lebens in der Herrlichkeit mit dem dreieinigen Gott bekommen (vgl. LW, S. 211).
„Was wir in der Taufe empfangen, lässt
sich mit einem Wort ausdrücken: Erlösung. Man bekommt Anteil am Leben Christi,
das Vergebung der Sünden und ewiges Leben schenkt.“ (Evangelisch …, S. 114)
Durch die Taufe werden wir also Christi
teilhaftig, nämlich seiner uns erworbenen Gerechtigkeit, seines Lebens. Die
Taufe ist also, wenn wir es so sagen wollen, ein direktes persönliches
Eingreifen Gottes. „Die Taufe bedeutet
ein persönliches Eingreifen Gottes, mit dem er – ebenso unverdient wie allezeit
– einem Menschen Teil an der Erlösung gibt, das will heißen: Teil an Christus,
seiner Gerechtigkeit und seinem Reich. Darum heißt Taufe, wie die Schrift uns
lehrt, dass wir in Jesu Christi Tod getauft werden. … Gott selbst hat uns zu
Christen gemacht.“ (LW, S. 117 f.) Was Christus für uns durch seinen Tod
getan hat, das gibt, schenkt eignet er uns zu in der Taufe. Und das heißt: Seit
unserem Tauftag sind wir zu Christi Eigentum geweiht, berufen zu einem Leben
mit Christus und für Christus.
Getauft sein heißt damit also: „Christus hat seine Wohnung in mir genommen.
Er hat mich in sein Reich versetzt und mein ganzes Leben zu einem Leben mit ihm
und für ihn geweiht.“ (LW, S. 134) In der Taufe sterbe ich der Sünde, werde
mit Christus begraben, werde ich mit Christi Kleid der Gerechtigkeit bekleidet
und stehe dann in einem neuen Leben (vgl. LW, S. 134 f.) Dies alles aber, was
Jesus Christus mir in der Taufe dargereicht, geschenkt, zugeeignet hat, das
gilt es nun auch im Glauben zu empfangen, anzueignen – denn allein durch den Glauben
habe ich all das, allein durch den Glauben bin ich des neuen Reiches
teilhaftig. Ohne den Glauben nutzt mir all das, was Christus mir in der Taufe
zugeeignet hat, noch nichts (vgl. LW, S. 136).
2.
Die Kindertaufe
Ist es recht, Kinder, Säuglinge zu taufen?
Viele in der Christenheit lehnen dies ja ab, weil sie sagen, ein Säugling könne
nicht glauben. Die Frage, die aber ganz eng damit zusammenhängt, ist diejenige,
was denn die Taufe ist. Und da haben wir ja gesehen, dass die Taufe ein Gnadenmittel
Gottes ist, dass durch die Taufe also Gott aus Gnaden die Erlösung anbietet,
darreicht, zueignet, schenkt. Gnade, das ist wichtig, Gnade ist immer
unverdient, sonst wäre sie ja keine Gnade. Und bei wem wird dies deutlicher als
beim Säugling, der wirklich gar nichts als Vorleistung bringen kann? Ja, wir
dürfen und sollen Säuglinge taufen. Ein Kind muss nicht erst erwachsen werden,
um die Taufe empfangen zu können. Vielmehr fordert Jesus Christus die
Erwachsenen auf, wie Kinder zu werden, um arm zu sein im Geist, um recht
glauben zu können. „Gerade deshalb, weil
wir an die unverdiente Gnade glauben, glauben wir an die Kindertaufe. Nach der
Lehre der Bibel müssen die Kinder nicht erst erwachsen sein, um erlöst werden
zu können. Im Gegenteil, die Erwachsenen müssen werden wie die Kinder. Sie
müssen arm im Geist, alles Selbstwollens entblößt, bis zu dem Punkt geführt
werden, wo sie nichts verstehen und nichts vermögen. Dann können sie in Gottes
Reich eingehen, denn das Himmelreich gehört den Kindern und den geistlich
Armen, gerade der Sorte Menschen, die nichts Eigenes vorzuweisen haben und die
gerade darum der völlig unverdienten Gnade in Christus teilhaftig werden
können. Für sie hängt alles von Jesus ab.“ (LW, S. 176 f.)
Aber wie ist es mit dem Glauben bei den
Säuglingen? Es ist falsch, wenn behauptet wird, ein Säugling könne nicht
glauben, denn Jesus Christus spricht den Kleinstkindern, die auf Armen zu ihm
gebracht werden mussten, das Himmelreich zu, das ja allein durch den Glauben
erlangt wird. Aber, das ist richtig, es ist noch kein bewusster Glaube, er ist
noch unbewusst. Aber wie ist es bei dem Erwachsenen? Ist da der Glaube immer
bewusst? Wie steht es während des Schlafens? Wie, wenn jemand bewusstlos ist
oder im Koma liegt? Hört da der Glaube auf? Oder wenn er dement ist? „Ein jeder, der in Christus ist, lebt auch
das Leben des Glaubens. Er tut es nicht immer bewusst. Auch ein Erwachsener hat
keinen bewussten Glauben, wenn er schläft und wenn seine Gedanken ganz intensiv
mit einer Arbeit beschäftigt sind. Doch kann er die ganze Zeit in der vollen
Vereinigung des Glaubens mit dem Erlöser leben als ein Glied an seinem Leibe,
teilhaftig seiner ganzen Erlösung. Das Kind bekommt dies als eine Gabe von Gott
in der Taufe. Es empfängt es unbewusst, so wie es alles andere empfängt, ohne
etwas davon zu wissen. Hält man sich nur klar vor Augen, dass das Wesen des
Glaubens ist, mit Jesus vereint zu sein und Teil an Christi Gerechtigkeit zu
haben, so versteht man, warum die Alten geradezu sagen konnten, dass auch die
kleinen Kinder glauben können. Sie meinten selbstverständlich nicht, dass die
kleinen Kinder über die Wahrheiten des Glaubens nachdenken oder Betrachtungen
anstellen könnten, sie verstanden darunter ganz einfach, dass sie Jesus
Christus und seine Gnade empfangen könnten.“ (LW, S. 119)
Die Taufe ist einer Adoption vergleichbar,
bei der ja das Adoptivkind auch das Erbrecht bekommt. Aber dieses Erbe muss es
dann auch eines Tages antreten. Ähnlich steht es mir der Gotteskindschaft, die
wir in der Taufe empfangen haben, als eine Gabe Gottes. Wenn nun der Mensch
heran wächst und sein Bewusstsein erwacht, dann muss er auch diese Gabe für
sich persönlich ergreifen, aneignen und verwenden (vgl. Evangelisch …, S. 116
f.).
3.
Aus der Taufe leben – in der Bekehrung leben
Durch die Taufe werden wir dazu geweiht, in
täglicher Bekehrung, in täglichem Kampf gegen die Sünde, in täglicher Umkehr,
in täglicher Buße mit Reue und Ergreifen der Vergebung zu leben. „Er [ein evangelischer Christ] ist durch seine Taufe dazu geweiht, in
täglicher Bekehrung zu leben. Ist er von seiner Taufe abgefallen, so muss er
dahin zurückkehren durch eine rechte Bekehrung.“ (LW, S. 177) „Wir sind – um wieder ein Bild des Apostels
Paulus zu verwenden – in seinen Tod getauft. Er übernimmt die Verantwortung für
unsere Schuld, und gleichzeitig erkennen wir, dass all das, was ihn ans Kreuz
brachte, auch in uns selbst gerichtet und getötet werden soll. Wir wurden auch
getauft, um ‚in einem neuen Leben zu wandeln’, nämlich das Leben in der
Gemeinschaft mit dem Auferstandenen zu führen. In uns soll etwas erstickt und
getötet werden, nämlich der alte Mensch mit seinem Egoismus. … Wer so lebt, der
lebt, wie wir sagen, ‚in seiner Taufe’ bzw. ‚übt seine Taufe’. Das ist das
gleiche wie ‚in täglicher Buße’ zu leben.“ (Evangelisch …, S. 115)
Gerade dieser Aspekt ist für die Lehre von
der Taufe und für das christliche Leben von ungeheurer Wichtigkeit. Luther hat
dies klar erkannt, denn sein „Sermon von der Taufe“ behandelt gerade dies ausführlich.
Leider ist dieses wichtige Thema dann immer mehr in den Hintergrund getreten,
ja, völlig in Vergessenheit geraten und völlig einseitig von der Taufe gelehrt
worden als dem Bad der Wiedergeburt ohne die Verpflichtung, die aus der Taufe
erwächst und ohne die Gefahr, dass ohne ein Leben aus der Taufe, ein Leben in
täglicher Bekehrung der Mensch aus der Gnade zu fallen droht oder sogar schon
gefallen ist. In der Erweckung in den skandinavischen Ländern hat gerade dieser
Bereich, das Leben aus der Taufe, dagegen eine wichtige Rolle gespielt. Es ist
sehr wertvoll, dass dieser Aspekt neu in unser Gedächtnis gerufen wurde.
Die Taufe als das, was sie ist, wirklich
ernst nehmen, das heißt, aus der Taufe, mit der Taufe leben, nämlich die
Berufung annehmen und ernst nehmen, täglich ein Nein zur Welt, ihrer Gesinnung,
ihrer Haltung, ihrem Handeln zu sagen. „Sie
[die Taufe] ist eine Berufung,
täglich ein kräftiges Nein zur Welt und all ihren Versuchungen zu sagen. Darum
soll ich am Wort bleiben. Es ist das tägliche Brot meines Geistes, ohne das ich
verdorren und sterben muss. Darum soll ich zum Abendmahl gehen, so oft es
ausgeteilt wird. Es ist der Treffpunkt, an dem ich bekräftigt bekomme, dass der
Erlöser noch heute mit den Sündern zu Tische sitzt und sie in seine
Gemeinschaft aufnimmt.“ (LW, S. 179) Es geht dabei also um ein Leben aus
den Gnadenmitteln, weil Gott allein durch sie an uns wirkt und weil wir allein
so zu täglicher Sündenerkenntnis geführt und täglich von den Sünden durch
Christi Blut in der Vergebung der Sünden gereinigt werden und damit der Glaube
erhalten und gestärkt werden kann. „Für
die evangelische Christenheit ist nichts wichtiger, als dass Gottes Wort
regelmäßig gepredigt werde, dass es recht gepredigt werde und dass es Gottes
Wort sei und keine geistliche Zerstreuung, dass die Bibel in jedem Haus
vorhanden sei und dass das Abendmahl oft und regelmäßig ausgeteilt werde. … Ein
evangelischer Christ ist ein Gnadenmittelchrist.“ (LW, S. 180)
Es geht also darum, mit dem Taufbund ernst
zu machen. „In der Taufe bist du zum
allgemeinen Priestertum geweiht: ‚Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, die
königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr
verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis
zu seinem wunderbaren Licht’ (1. Petr. 2,9). ‚So ermahne ich euch nun durch die
Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber hingebt als ein Opfer, das
lebendig, heilig und Gott wohlgefällig ist. Das sei euer vernünftiger
Gottesdienst’ (Röm. 12,1). Das ist in zwei Bibelsprüchen das ganze Programm für
den, der mit seinem Taufbund Ernst machen, als ein Glied am Leibe Christi leben
und wirken und in der Kirche Christi das amt ausüben will, zu dem er getauft
ist.
Das bedeutet zum ersten: Wir müssen alle unser tägliches Gebetsopfer
bringen. Das ist ein heiliger priesterlicher Dienst, zu dem wir alle geweiht
sind. … Ernst zu machen mit seiner Weihe zum allgemeinen Priestertum bedeutet
zum zweiten, täglich im Heiligtum des Wortes Dienst zu tun, sich selbst Gott
als Opfer darzubringen, damit er durch sein machtvolles Wort mein Leben formen
und umgestalten kann. Die Bibel hervor – und dazu das Losungsbuch oder ein
anderes Andachtsbuch, das der täglichen Bibellese das feste Gerüst gibt. … In
diesem allgemeinen Priestertum sind wir auch zum heiligen Dienst in der Kirche
geweiht. Alle zusammen sind wir dafür verantwortlich, dass der Gottesdienst zu
Gottes Ehre und nicht zu seiner Unehre gefeiert wird. … Endlich: Wir sind
geweiht, Seelen zu gewinnen. … Was an der alten Kirche immer wieder am
stärksten fasziniert, die das ganze Römische Reich durchsäuerte und eroberte
und sich weit über seine Grenzen ausbreitete, ist die wunderbare Tatsache, dass
sie nach dem Tod der Apostel dieses Riesenwerk ohne jede organisierte Mission
durchführte. Das Feuer sprang von Mensch zu Mensch.“ (Kirche, S. 211-218)
Mit der Taufe, aus der Taufe leben, das
heißt, „in dem vergehenden Zeitalter“,
in einer untergehenden Welt „als ein
Bürger des zukünftigen Reiches“, des Reiches Gottes, leben. Und das heißt: „sich nicht in das Wesen dieser Zeit
schicken, sondern seinen alten Menschen bekämpfen, kreuzigen“ gemäß dem
Gelöbnis in der Taufe, und so dem vorgesteckten Ziel nachjagen (LW, S. 211). „Hier drunten leben seine Getreuen im Fleisch
in einem täglichen Kampf mit der Sünde, durch die Sündenverderbnis von innen
bedrängt und durch die gottfeindliche Welt von außen. Hier leben sie im Glauben
und nicht im Schauen, in Schwachheit und nicht in Kraft, im Leiden und nicht in
Seligkeit.“ (LW, S. 212)
Die Taufe betrifft also nicht nur, wie so
oft gedacht wird, den Tauftag, sondern ist vielmehr auf die Zukunft angelegt,
eben darauf, die Taufe zu üben, aus der Taufe, in der Bekehrung zu leben. Und
das heißt dann: Im täglichen Kampf mit der Sünde, der auch täglich Niederlagen
einschließt, immer wieder die Zuflucht bei Jesus Christus zu suchen, täglich
aus seiner Vergebung zu leben. „Die Taufe
ist ein Tod mit Christus und eine Auferstehung mit ihm. Das bedeutet, dass der
alte Mensch dort sein Todesurteil empfängt. Der alte Mensch ist all das, was
mit der Sündenverderbnis meiner Natur zusammenhängt. Das ist meine ganze
natürliche Selbstsucht, Leichtfertigkeit, Unreinheit und Eitelkeit. All dies
wird in der Taufe ‚gekreuzigt mit Christus, auf dass der sündliche Leib
aufhöre’. Das bedeutet nicht, dass der alte Mensch tatsächlich in der Taufe
getötet [ausgelöscht] wird. Dazu ist
er viel zu zählebig. Er stirbt nicht einmal an Altersschwäche. Erst wenn mein
Leib im Grabe verwest, ist es auch mit meinem alten Menschen und meinem
sündigen Fleisch endgültig aus. In der Taufe geschieht nur, dass der alte
Mensch sein Todesurteil empfängt und gekreuzigt wird. Dieses Todesurteil soll
hernach Tag für Tag bestätigt und erneuert werden. Tag für Tag soll der alte
Mensch zum Schafott geschleift und am Kreuz festgenagelt werden. Er hört
niemals auf zu protestieren, und er versucht jeden Tag aufs neue auszuweichen.
Darum steht ein Christ, der in seiner Taufe leben will, in einem ständigen
Kampf.“ (LW, S. 124 f.)
Es
geht also darum, dass wir dahin kommen, ein bewusstes Glaubensleben zu führen.
Dieser tägliche Kampf kann nicht unbewusst geführt werden, er fordert uns
vielmehr heraus, der Sünde entschieden entgegen zu treten, damit wir in der
Taufgnade verbleiben. Denn der Unglaube scheidet von Gott (vgl. LW, S. 120) Der
Glaube aber kann dann nicht bleiben, wenn wir in bewusster Sünde verharren.
Damit aber der Glaube leben kann, ist es wichtig, an Gottes Wort und dem Gebet
zu bleiben. „Nun ist es freilich wahr,
dass der Glaube nicht mit bewusster und absichtlicher Sünde zusammenleben kann.
Ebenso wahr ist, dass der Glaube auch nicht ohne Gottes Wort und Gebet leben
kann. Darum muss der Glaube sterben, wenn ein Mensch Gottes Wort und das Gebet
verachtet, Lust an der Welt gewinnt und sich der Sünde verschreibt. Das gilt
auch von einem Kinde. Ein getauftes Kind, das nicht beten lernt und nicht durch
Gottes Wort erzogen wird oder das seine christliche Erziehung nicht achtet,
wird früher oder später in Verachtung der Gnade und feineren oder größeren
Werksünden enden. Dann ist auch der Taufbund gebrochen.“ (LW, S. 121) In
der Taufe haben wir Gott Treue gelobt und das Kreuz der Nachfolge Jesu Christi
auf uns genommen. Gott der HERR wird diese Verpflichtung einfordern.
Wie kann ein Mensch feststellen, ob er noch
in der Taufgnade, ob er noch im Taufbund steht? Nun, das zeigt sich unter
anderem, wie es um sein Gebetsleben steht, um seine Sündenerkenntnis, sein
Leben aus dem Wort Gottes. „Wie soll man
nun wissen können, ob man noch in seinem Taufbund steht oder nicht? Im
Allgemeinen ist das schon ein gutes Zeichen, dass man es wissen will. Das
zeigt, dass man sich wenigstens etwas um seine Seele sorgt. Man kann dann
zuerst untersuchen, ob man betet. Wer nicht täglich betet, ist sicherlich in
großer geistlicher Gefahr, und wer niemals betet, ist mit ziemlicher großer
Gewissheit geistlich tot.
Man kann weiter prüfen, ob man um die Vergebung seiner Sünden betet und
was man mit diesem Gebet meint. Wo es geistliches Leben gibt, da gibt es auch
mit Sicherheit Sündenerkenntnis und ein ernst gemeintes Gebet um Vergebung der
Sünden. Das ist kennzeichnend sowohl für Kinder der Welt wie für unechte
Christen, dass sie aufgehört haben, um Vergebung der Sünden zu beten, oder dass
sie dieses Gebet nicht mehr ernst nehmen.
Schließlich soll man auch prüfen, ob man Gottes Wort hört oder liest.
Was das Essen für den Leib bedeutet, das bedeutet das Wort Gottes für die
Seele. Hört man auf zu essen, so ist der Tod nahe. Befasst man sich niemals mit
Gottes Wort, so gibt es auch keine Hoffnung für das geistliche Leben.“ (LW, S. 121 f.)
Was aber ist dann zu tun, wenn der Taufbund
gebrochen wurde? Die Bibel beschreibt es mit einem einzigen Wort: Buße! Im
Taufbund leben oder in den Taufbund zurückkriechen heißt, in täglicher Buße, in
täglicher Bekehrung zu leben. Bekehrung heißt dann nichts anderes als Rückkehr
zu dem Taufbund, zu dem Leben, das wir in der Taufe empfangen haben (vgl. LW,
S. 122).
Was heißt es also nun, aus der Taufe zu
leben? Es ist zunächst einmal ein Leben im Aufblick auf Christus, Kol. 3,1-3,
ein Leben in der Heiligung und täglichen Reinigung. „Aus der Taufe folgt also die Forderung nach Heiligung. Die Taufe ist
nicht die Krönung einer Besserung, die man bereits vollbracht hat, sondern die
Weihe zu einem neuen Leben in einer Besserung, die täglich erneuert werden
soll.“ (LW, S. 137) In der Taufe sind wir Gott geweiht worden, damit wir
ihm leben, ihm nachfolgen. Das heißt dann konkret: den alten Menschen täglich
ablegen, täglich in den Tod geben, täglich gegen die Sünde kämpfen, täglich den
neuen Menschen anziehen. Die Taufe ist also der Anfang eines
Erneuerungsprozesses. Das alte Leben steht dabei unter dem Todesurteil und muss
täglich unterdrückt und gekreuzigt werden. Täglich mehr soll Christus in uns
Gestalt gewinnen.
Diesen Weg können wir nur im Glauben gehen,
der dann auch gute Werke zur Folge hat. „Es
gehört zum Wesen des Glaubens, dass er sagt: Ich kann nicht ohne dich sein,
HERR. Man kann niemals die Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben
verstehen, wenn man nicht bedenkt, dass der Glaube, von dem hier die Rede ist,
nicht eine Ansicht oder Meinung ist, sondern ein Glaube an Christus, den
Lebendigen und Auferstandenen, der immer selbst gegenwärtig ist, wo es Glauben
gibt.“ (LW, S. 138)
Das Glaubensleben ist ein Leben des
Kampfes, des geistlichen Kampfes gegen die Sünde, damit nicht der alte Mensch
wieder hochkommt, sondern der neue Mensch herrscht, der Gott zur Ehre leben
will. „Zu einer täglichen Glaubensübung
gehört es, dass man sich im Glauben an den HERRN schließt, mit dem man in der
Taufe vereint wurde. Das Losungswort für dieses neue Leben im Zeichen der Taufe
hat Paulus im Römerbrief im 6. Kapitel an der Stelle gegeben, wo er vom Inhalt
der Taufe spricht: Denn was er gestorben ist, das ist der Sünde gestorben zu
einem Mal, was er aber lebt, das lebt er Gott.“ (LW, S. 139) In der Taufe
empfange ich ja frei, umsonst die Gnade Gottes über die Sünde, die Vergebung
der Sünde, und soll diese jeden Tag neu im Glauben mir aneignen, wie ich ja
jeden Tag neu auch mich durch Christi Blut reinigen lassen soll von den Sünden,
die mir anhaften, die ich getan habe (vgl. LW, S. 140). Denn die Sünde ist da,
es wird nie ein Zustand, eine Zeit in dieser Welt kommen, wo wir als Christen
sündlos, vollkommen, ohne Versuchung sind. Darum wird auch der Kampf gegen die
Sünde nie aufhören – und auch nicht die Niederlage, dass die Sünde uns
überwindet, wir fallen und darum täglich auch der Gnade, der Vergebung der
Sünden durch Christus bedürftig sind. „Die
Sünden können ebenso offenbar wie aufdringlich sein. Aber es herrscht ein
unablässiger Kampf gegen sie. Und trotz alles Misslingens kann ein solcher
Mensch niemals von Jesus loskommen. Das Ergebnis des Kampfes kann sehr verschiedenartig
werden, aber unter den Wechselfällen des Kampfes wird er Jesus nur immer
dringender brauchen. So binden auch Schwächen und Niederlagen einen solchen
Menschen nur fester an den Erlöser.“ (LW, S. 141) Das heißt: Gerade wenn du
fällst, gerade wenn Anfechtungen, Verzweiflung dich niederziehen will, gerade
dann ist es besonders nötig, dass du zu deinem Heiland fliehst und dich an ihn
hältst, dass er deinen Glauben stärkt und festigt und bewährt.
Dieser Weg des Glaubens ist ein Weg des
Kreuzes, ist ein Weg des täglichen Sterbens des alten Ich, das nämlich gerne
ganz anders reagierte, das gerne der Versuchung nachgäbe, gerne der Lust der
Sünde wieder Raum gäbe und nicht täglich den Kampf kämpfen will. Es ist auch
der tägliche Tod des frommen Ich, das selbst groß sein will, das selbst siegen
will – und immer wieder feststellen muss, dass dies unmöglich ist, dass wir nur
stark sein können in der Macht seiner
Stärke, Eph. 6,10.
Was heißt das nun für unser Christenleben
als einem Leben aus der Taufe? Es heißt dies, dass unser Christenleben ein
Leben in der Bekehrung ist, der täglichen Buße oder Bekehrung. Wo dies nicht
mehr geschieht, da steht der Mensch in einer falschen Sicherheit. Tägliche
Bekehrung heißt, täglich das Nein zur Sünde erneuern, täglich die Sünde ablegen
unter dem Kreuz, täglich sich reinigen lassen von seinem Erlöser, täglich neu
die Vergebung ergreifen. „Aber kann die
Taufe nicht ein Ruhekissen für die falsche Sicherheit werden?
Das kann sie freilich – aber nur, wenn man eine unrichtige Auffassung
von der Erlösung hat, so dass man glaubt, man könne ein für allemal erlöst
werden. Da wird die Taufe ein ebenso gefährliches Ruhekissen wie die Bekehrung.
Gleichwie man die tägliche Bekehrung versäumen kann, weil man glaubt, dass man
an einem bestimmten Tag ‚gläubig’ wurde, so kann man die Bekehrung versäumen,
wenn man sich einbildet, dass man durch seine Taufe ‚Christ’ ist. In beiden
Fällen vergisst man, dass das christliche Leben hier auf Erden immer zu einem
Leben in der Bekehrung wird, in dem ein Sünder in Reue und Glauben zu seinem
Erlöser flüchtet. Der Christ bleibt Zeit seines Lebens ‚gerecht und Sünder
zugleich’, wie Luther es formuliert hat. Gerade dieses Leben in der
Bekehrung wird in der Taufe begonnen. Eine rechte Bekehrung führt den
Menschen nur zu einem solchen Leben zurück. Wenn er richtig aufs neue gelernt
hat, an Jesus allein zu glauben, entwächst er niemals dem Sündenbekenntnis. Er
entgeht dem Kampf mit dem Fleisch nicht, und er bleibt das ganze Leben ein
wirklicher Sünder, der in unverfälschter Reue zu Jesus kommen muss, um volle
Vergebung zu empfangen.“ (LW, S. 142
f.)
Das heißt: Gerade in der Versuchung, auf
dann, wenn wir fallen, an der Taufe, an Jesus Christus festhalten, dem Kampf
immer neu aufnehmen – und immer neu fliehen unter das Kreuz als unserem
eigentlichen Zufluchtsort. „In den
schlimmsten Stunden der Versuchung gibt es kein besseres Kampfmittel, als sich
auf seine Taufe zu besinnen und zu bedenken, dass man mit Leib und Seele Gott
gehört, und dass gerade dieser elende Leib mit allen seinen Begierden Gott
übergeben ist und ihm dienen soll. Wenn Unlust und Leichtfertigkeit, schlechte
Laune und gekränkter Hochmut den Willen erlahmen lassen wollen, erhebt ein
Christ sein Haupt und sagt sich, dass er getauft ist, um all dies zu bekämpfen,
und dass es also seine christliche Ritterpflicht ist, nun noch einmal seinen
alten Menschen in Christi Namen zu kreuzigen.“ (LW, S. 143 f.)
4.
Die grundsätzliche Bekehrung
Wir haben unter den Abschnitten zur Taufe
den Begriff „Bekehrung“ häufig verwendet, nämlich im Sinne der täglichen
Bekehrung oder täglichen Umkehr, täglichen Buße. Davon zu unterscheiden ist
aber die grundsätzliche Bekehrung, womit gemeint ist, dass ein Mensch durch das
Evangelium wiedergeboren wird, dass der rettende Glauben an Jesus Christus als
dem Heiland der Welt in einem Menschen entzündet wird. Diese Unterscheidung ist
wichtig. Es kann keine tägliche Bekehrung geben, wenn es nicht zuvor eine
grundsätzliche Bekehrung gegeben hat, weil sonst nur an den Symptomen
herumgedoktert wird, ohne dass die böse Wurzel angepackt würde. Umgekehrt aber
muss der grundsätzlichen Bekehrung die tägliche Bekehrung folgen, wenn nicht
anders die Frucht der Bekehrung, der neue Mensch, wieder sterben soll, weil er
wieder unter die Herrschaft der Sünde gerät.
Hier nun soll also von der grundsätzlichen
Bekehrung gesprochen werden. Durch sie bewirkt der Heilige Geist durch das
Evangelium, die Gnadenmittel, dass ein Mensch zum rettenden Glauben an Jesus
Christus kommt und damit ein Glied an seinem Leib wird, teilhaftig wird der
Vergebung der Sünden, des ewigen Lebens. „Was
ist Bekehrung? Sie heißt das gleiche, wie zum Glauben an Jesus kommen. Bekehrt
ist jeder Mensch, der an Jesus glaubt und darum an Jesus teilhat.“ (LW, S.
117) „Bekehrung heißt: zu Gott
zurückkehren. Das entsprechende Wort im Alten Testament bedeutet: auf der
stelle kehrt machen und in die entgegen gesetzte Richtung gehen.“
(Evangelisch …, S. 120) Die Bekehrung, das ist wichtig, hier anzumerken, muss
dabei als eingebettet gesehen werden in das Heilswirken Gottes insgesamt, die
Heils- oder Gnadenordnung, mit Berufung, Erweckung, Buße und Bekehrung,
Rechtfertigung und Heilsgewissheit, Einwohnung der Dreieinigkeit im Gläubigen,
Heiligung. Auf diese Gnadenordnung kann hier aber nicht im Einzelnen
eingegangen werden. Es sei dazu als ergänzend verwiesen auf das Heft des
Verfassers: „Die Heilsordnung bei Bo Giertz“.
Was bewirkt nun die Bekehrung? Sie bewirkt
eine neue Stellung zu Gott, dadurch auch eine neue Stellung zur Welt, ein neues
Denken, neue (biblische) Werte, neue Ziele. „Was
ist also im Leben eines Menschen durch die Bekehrung verwandelt worden?
Antwort: In erster Linie seine Stellung zu Gott. Zuvor stand er unter
dem Gesetz und unter dem Zorn. Jetzt steht er als Gottes Kind unter der Gnade.
Es ist ferner seine Stellung zur Welt. Zuvor war diese Welt sein Leben
und sein Gott. Die Freudenanlässe der Welt waren seine Freudenanlässe. Er
fürchtete die Urteile der Welt und lebte für den Ruhm der Welt. Er fürchtete
nicht Gott, sondern nur Schande und Schaden. Jetzt lebt er in der Welt, aber nicht
von der Welt. Er hat eine andere Wertskala und ein anderes Ziel bekommen. Er
wird sich vielleicht an vielen Orten als ein Fremder fühlen, wo er früher
zuhause war. Aber er hat gleichzeitig eine neue Heimat in der Kirche Jesu
Christi und ein neues Bürgerrecht im Himmel empfangen.“ (LW, S. 127 f.)
Mit der Bekehrung ist aber der alte Mensch,
der Mensch der Sünde, nicht ausgelöscht. Er ist noch da und muss täglich
bekämpft werden. So muss der grundsätzlichen Bekehrung die tägliche Bekehrung
folgen (vgl. LW, S. 128). Darum wäre es falsch, die Bekehrung nur als ein
Ereignis der Vergangenheit zu begreifen (was die grundsätzliche Bekehrung ja
zunächst einmal ist), sondern sie ist vielmehr eine Art zu leben, ja, die christliche Art zu leben. „Da die Bekehrung nicht nur ein Ereignis in
der Vergangenheit ist, sondern eine Art zu leben, eine ständige Erneuerung des
Glaubens des Herzens, kann niemand anders als Gott die Grenze zwischen
Bekehrten und Unbekehrten ziehen.“ (LW, S. 130).
Die Gemeinde nun als die äußere Versammlung
um Wort und Sakrament besteht nicht nur aus Bekehrten, sondern hat daneben
unter anderem auch Erweckte, also Menschen, die zwar unter das Wort Gottes
kommen, vielleicht auch in der Bibel lesen, unter Umständen auch versuchen,
gegen die Sünde zu kämpfen und in gewissen äußeren Bereichen dabei sogar
Erfolge haben, die aber dennoch noch nicht bekehrt sind, also noch nicht die
Wurzel der Sünde, ihre Sündenverdorbenheit und –verlorenheit erkannt und daher
auch noch nicht Jesus Christus als ihren Heiland im Glauben ergriffen haben
(vgl. LW, S. 131). Schlimmer steht es um die selbstsicheren Sünder, auch wenn
sie äußerlich noch so anständig leben, weil sie noch gar nicht erkannt haben,
was Sünde ist (vgl. LW, S. 131 f.).
Kann ein Mensch denn wissen, ob er bekehrt
ist, ob er errettet ist? Das heißt also: Kann ein Mensch seines Heils gewiss
sein? „Aber wie soll man dann wissen
können, ob man bekehrt und begnadet ist?
Auf die Frage ist zu antworten, dass es nicht der Sinn der Sache ist,
dass man das so sicher wissen soll, dass man sich zur Ruhe begeben kann. Man
soll statt dessen die Gewissheit Tag für Tag suchen. Die Antwort findet man
nur, wenn man zu Christus als ein Sünder kommt, der im Glauben dessen Zusagen
ergreift. Die Antwort findet man, wenn man seine Taufe betrachtet, wenn man das
Wort der Vergebung hört, wenn man seinem Erlöser am Abendmahlstisch begegnet,
wenn man dem Wort lauscht und wenn man vor seiner Bibel sitzt und Gottes
Zusagen nachsinnt.“ (LW, S. 133) Der
Grund der Heilsgewissheit ist also nicht etwas in uns, nicht ein Erlebnis,
nicht eine Erfahrung, sind auch nicht gute Werke, nein, der Grund unseres Heils
und darum auch der Gewissheit unseres Heils liegt außerhalb von uns, nämlich in
Christi vollbrachtem Erlösungswerk, uns dargelegt in der Bibel, verkündigt im
puren Wort wie im Wort in der Taufe und im Wort im Abendmahl. Und an dieses
Wort hält sich der Glaube, gerade auch in Anfechtungen. Es bleibt dabei eine
Spannung, denn Heilsgewissheit ist etwas anderes als Heilssicherheit. Letzteres
meint eine Haltung, dass mir nichts mehr passieren kann im Blick auf mein Heil,
was auch immer ich tue. Das wäre falsch. Denn durch Sünde kann ich mich
allerdings von meinem Heiland losreißen. Heilsgewissheit aber ist gebunden an
Wort und Sakrament und allein im Glauben vorhanden.
Diese grundsätzliche Bekehrung betrifft
sowohl Menschen, die als Kinder, Säuglinge, getauft wurden (s.a. oben unter
2.), wie auch solche, die nicht als Säuglinge getauft wurden. Wer als Säugling
getauft wurde, der muss, wenn er aufwächst und zu seinem Bewusstsein kommt,
dann auch durch das Wort dahin geführt werden, dass er erkennt, warum er
getauft wurde, dass er zu einer lebendigen Sündenerkenntnis kommt, einem
lebendigen Erkennen, dass er aufgrund seines natürlichen Lebens eigentlich
abgrundtief verdorben und darum in Ewigkeit verloren ist. Und dann muss er auch
zu einer lebendigen Christuserkenntnis kommen, nämlich dass Jesus Christus für
die ganze Welt und darum auch für ihn stellvertretend das Gesetz Gottes erfüllt,
stellvertretend die Sünden getragen und für sie vollständig bezahlt hat – und
so Gott mit der Welt, und so auch mit ihm, versöhnt und so der Welt, und auch
ihm, die Vergebung der Sünden, damit den Freispruch im Jüngsten Gericht und das
ewige Leben erworben hat und ihm nun anbietet, darreicht, schenkt, zueignet im
Evangelium in der Taufe, im Wort und im Abendmahl – und er dies allein im
Glauben ergreifen kann. Das heißt: Wem dies als Säugling in der Taufe
zugeeignet wurde, der muss es dann auch für sich persönlich im Glauben
aneignen. Da kann es nun sein, dass er nie aus der Taufgnade gefallen ist und
so der unbewusste Glaube unter dem Wort Gottes zu einem bewussten Glauben wird,
er auch zu einer lebendigen Heilsgewissheit kommt. Es kann aber auch sein, und
das ist bei den allermeisten der Fall, dass sie im Laufe ihres Lebens durch die
Sünde, die mächtig geworden ist, aus der Taufgnade gefallen sind, wie der
verlorene Sohn, und dann wieder bekehrt werden müssen – und das heißt dann:
zurückkehren zur Taufgnade. Und dann, als erneut bekehrte Sünder, den Glauben
lebendig erhalten durch Wort, Sakrament und Gebet. „Bekehrung heißt ja nichts anderes als Rückkehr zu dem Leben, das man
in der Taufe empfangen hat. Dieses Leben ist ein Leben im Glauben an Jesus. Der
Glaube also muss wieder zum Leben erweckt werden.
Lebt man wieder im Glauben, so muss der Glaube lebendig erhalten werden.
Die Mittel sind in beiden Fällen die gleichen: Wort, Sakrament und Gebet. Darum
hat man ganz den gleichen Weg zu gehen, wenn man zum ersten Male zu Christus
hinstrebt, wie wenn man es zum hundertsten Male tut. Die erste Bekehrung und
die tägliche Bekehrung haben völlig den gleichen Inhalt: Reue über die Sünde
und Glaube an den Erlöser.“ (LW, S.
122)
Bo Giertz geht in seiner Darlegung aus von
der Situation in der schwedischen Volkskirche zu seiner Zeit, als noch der
allergrößte Teil der Bevölkerung getauft und formal Glied dieser Kirche war.
Dabei wusste er, dass die Mehrheit ihrer Glieder dem Evangelium entfremdet ist.
Deshalb definiert er Bekehrung gerade auch als Rückkehr zur Taufe. Aber
grundsätzlich gilt diese Aussage auch da, wo diese volkskirchliche Situation
nicht mehr gegeben ist, nur dass dann die Definition etwas grundsätzlicher
lauten muss. Bekehrung ist dann nicht mehr Rückkehr zur Taufe, sondern ist dann
Versetztwerden aus der Herrschaft der Sünde, des Teufels, in das Reich Christi,
ist damit auch Hinführen zur Taufgnade, die das festmacht, was in der
Bekehrung, Wiedergeburt schon geschehen ist und stärkt und ruft zu einem Leben
aus der Taufgnade.
Dann aber, wenn ein Mensch als Säugling
getauft wurde und auf seinem weiteren Lebensweg von der Taufe abgefallen ist,
dann ist eine erneute Bekehrung notwendig.
Je weiter nun ein Mensch von Gott weg ist,
je tiefer er in der Sünde steckt, desto länger kann der Rückweg sein, desto
länger kann es dauern, bis der Mensch zur rechten Sünden- und
Christuserkenntnis kommt. Es geht dabei ja darum, dass der Mensch zum rechten
Glauben geführt wird, nicht zu eigenen Werken. Es darf hier nicht
Erwecktsein mit Bekehrtsein verwechselt werden. Jemand der erweckt ist, mag
wohl eine „Entscheidung“ getroffen haben, dass er mit dem HERRN Jesus leben
will, dass er die Bibel lesen, dass er unter Gottes Wort leben will, gegen die
Sünde kämpfen. Aber darum muss er noch lange keine wirklich grundlegende
Sünden- und Christuserkenntnis haben, noch nicht persönlich sich als
verdorbenen und verlorenen Sünder und Jesus Christus als seinen Retter, Heiland
erkannt und ergriffen haben. Und so lange das ihm nicht widerfahren ist, so
lange darf er nicht als ein Bekehrter angesehen werden. Diese Unterscheidung
fehlt leider gerade in evangelikalen Kreisen sehr häufig, die jemanden als
einen Bekehrten behandeln, der tatsächlich bestenfalls erweckt ist. Dadurch
kommen häufig so viele Erweckte nicht zum Durchbruch der Sünden- und
Christuserkenntnis, finden sich so viele bei Evangelisationen Erweckte später
in keiner Gemeinde wieder. „Einen solchen
Glauben gibt man sich nicht selber. Im Gegenteil: Ein Christ bekennt, wie das
in der Erklärung des 3. Artikels steht, dass er nicht an Jesus Christus, seinen
Erlöser, glauben oder zu ihm kommen kann. Das muss der Heilige Geist
ausrichten.“ (LW, S. 123 f.) „Aber
dann hat Gottes Ruf ihn erreicht. Er hat seine Wahl getroffen. Nun weiß er,
dass eer ein Christ sein will.
In dieser Lage glaubt der Mensch häufig, dass alles zwischen ihm und
Gott klar sei. Er hat sich ja ehrlich ‚für Gott entschieden’, hat erkannt, dass
es Dinge in seinem Leben gab, die nicht so gewesen sind, wie sie hätten sein
sollen. Er kann wieder beten. Er nimmt am gottesdienstlichen Leben teil und ist
jetzt vielleicht in irgendeiner christlichen Initiative, in einem Gemeindekreis
aktiv. … Er fühlt sich glücklich; das Leben ist unendlich viel reicher als
vorher. Da muss er doch wohl ein Christ sein?
Tatsächlich ist er gerade erst auf den Weg gelangt, der ihn zu einem
wirklichen Christentum führen kann. Der erste Akt der Handlung – die
Berufung – ist glücklich überstanden. Das erste Hindernis ist weggeräumt. Jetzt
kann Gott eigentlich zu wirken anfangen. Nun folgt der zweite Akt: Das
Erkennen, der schwerste Schritt auf dem Wege zu Gott.“ (Kirche, S. 28 f.)
Wie nun kommt er Mensch zum Glauben, was
ist dazu nötig? Wir haben keinerlei Verheißung, dass der Heilige Geist
unmittelbar an einem Menschen wirkt, sondern Gott der HERR hat uns gebunden an
seine Gnadenmittel, vor allem, dass wir sein Wort hören und die Bibel lesen.
Außerdem sollen wir beten darum, dass Gott der HERR uns den rechten Glauben durch
seine Gnadenmittel schenkt. „Der Glaube
kommt von der Predigt, sagt Paulus. Der Glaube an Christus ist undenkbar ohne
das Evangelium von Christus. Das bedeutet nicht nur, dass man etwas von
Christus wissen muss, um an ihn glauben zu können. Das bedeutet auch, dass das
Wort die geheimnisvolle Macht besitzt, Glauben bei einem Menschen zu wecken.
Das gilt in erster Linie von dem lebendigen, recht verkündigten Wort in der
Kirche. Das erste, was man tun kann und soll, um ein lebendiger Christ zu
werden, ist, an den Gottesdiensten der Kirche teilzunehmen und dort die
Verkündigung zu hören. Das zweite, was getan werden sollte, ist, Gott um
Glauben zu bitten. Das dritte, was zu tun bleibt, ist, seine Bibel und gute
biblische Erbauungsbücher zu lesen.“ (LW; S. 124) Wichtig dabei ist, auch
schon im Blick auf das Erwecktwerden: Nicht wir Menschen machen uns auf zu
Gott, sondern Gott macht sich auf zu uns, ja, hat es schon immer wieder getan
seit dem Sündenfall unserer Ureltern Adam und Eva. „Wie findet der Mensch den Weg zu Gott?
Zu allererst müssen wir uns klar machen, dass nicht der Mensch den Weg
zu Gott findet, indem er sich allmählich zu ihm aufmacht. Es ist im Gegenteil
Gott, der sich Zugang zu menschlichen Herzen sucht.
Gott beginnt früh, schon in der Taufe. Wir können nicht hoch genug über
unsere Taufe denken. In der Taufe wurde ich Christ, denn in diesem Augenblick
erreichte mich Gottes Erwählung. … Gott hat in der Taufe in die Geschichte auch
meines Lebens eingegriffen, mir Anteil am Leben Christi geschenkt, einen Bund
mit mir besiegelt.“ (Kirche, S. 19)
Wer erweckt ist, bei dem wirkt der Heilige
Geist auch mehr und mehr Sündenerkenntnis, zunächst in der Hinsicht, dass er
einzelne Handlungen, einzelne Einstellungen, Denkweisen als Sünde erkennt. Und
er wird dann anfangen, gegen diese Sünden zu kämpfen. Das ist auch richtig und
notwendig. Und je intensiver dann dieser Kampf geführt wird, umso deutlicher
wird dann Stück für Stück die Wurzel der Sünde, das böse Herz, wird damit die
abgrundtiefe Sündenverdorbenheit, das Erbverderben, die Erbsünde. So werden
dann, wenn der Erweckte nicht dem Wirken des Heiligen Geistes widerstrebt,
Stück für Stück alles Eigene, alle Selbstgerechtigkeit zerstört werden, der
alte Mensch in den Tod gegeben. Alles, worauf der natürliche Mensch sich
stützt, auch alle scheinbar so frommen, aber selbstgebastelten, Stützen müssen
zerbrochen werden. Das ist grundsätzlich schon einmal in der Taufe geschehen,
will nun aber auch im täglichen Leben vollzogen werden. „Eine solche Bekehrung pflegt nicht an einem Tag zu geschehen. Berufen
kann man an einem Tag werden. Sich für Gott entscheiden kann man im Laufe einer
Minute. Aber dann muss Gottes Geist das Werk vollenden, indem er all das bei
uns zerbricht, worauf wir lieber bauen möchten als auf Jesus allein. Er nimmt
von uns all unsere falschen Sicherheitsgründe: unsere Siege, unsre Gefühle,
unsere stolze Kraft, all unser Vertrauen auf unseren eigenen Willen und unsere
eigene Entscheidung. Schließlich bleibt nichts übrig außer der unausrottbaren
Sündenverderbnis, die trotz aller Gebete und trotz allen guten Willens uns
hindert, Gott über alle Dinge zu lieben und unseren Nächsten wie uns selbst.
Dann ist der Mensch zu der geistlichen Armut gekommen, in der allein er zu
einer lebendigen Hoffnung durch den Glauben an Jesus wiedergeboren werden
kann.“ (LW, S. 177) „Wenn alles
Eigene niedergerissen wurde, pflegt endlich Raum für Christus zu werden, den
wirklichen Versöhner, der gewisslich ein voll ausreichender Erlöser ist, auch
für die allerverderbtesten Sünder. Nun kann Christus sagen, was er am
allerliebsten sagt: Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid.
Selig sind, die da geistlich arm sind, denn ihrer ist das Himmelreich. Nun
heißt es nicht: Ringet darnach, dass ihr durch die enge Pforte eingehet,
sondern jetzt heißt es: Kommt her, denn es ist alles bereit!“ (LW, S. 126)
Dass es dazu kommt, ist also zunächst die
Erleuchtung durch das Gesetz notwendig und dann die Erleuchtung durch das
Evangelium. „Das Erkennen besteht nun aus
zwei Teilen. Zum ersten geschieht es durch das Gesetz, das den Menschen
verstehen lehrt, wie er sein sollte und wie er tatsächlich ist. … Aber die
Erkenntnis erfolgt auch durch das Evangelium, das ein neues Licht auf das Werk
des Erlösers fällt, wie es der Mensch vorher vielleicht mit dem Munde bejaht,
aber mit dem Herzen niemals richtig erfasst hatte.“ (Kirche, S. 29)
Die Erleuchtung durch das Gesetz führt
dabei zunächst zur Erkenntnis einzelner Sünden, die der erweckte Mensch
versucht zu überwinden. Sündenerkenntnis heißt, Dinge wirklich als Sünde zu
erkennen – und sie zu bereuen. Rechte Reue ist unerlässlich für rechte
Sündenerkenntnis und rechte Bekehrung. „Reue
ist stets wirkliche Traurigkeit darüber, dass ich Gott entgegen gehandelt habe.
Es ist aber wichtig, sich bewusst zu werden, dass die Betrübnis über die Sünde
bei verschiedenen Menschen ganz unterschiedliche Gestalt hat.“ (Kirche, S.
31) Rechte Reue heißt, dass einem die Sünden leid tun und man sie gerne los
haben möchte. Sie ist dabei auch gepaart mit dem aufrichtigen Verlangen, die
Gelegenheiten zur Sünde zu meiden. Ist dieses Verlangen nicht da oder nur
spärlich ausgeprägt, so ist die Liebe zur Sünde noch stark.
Gerade dieses Ringen dann gegen die Sünde
führt zur Erkenntnis der Wurzel der Sünde, nämlich dass ich sie nicht loswerde,
weil sie im Herzen sitzt (vgl. Kirche, S. 32 ff.) Das ist ja das Ziel des
Gesetzes: rechte Sündenerkenntnis, Erkenntnis der abgrundtiefen Verdorbenheit
und Verlorenheit, Erkenntnis, dass ich durch eigenes Bemühen vor Gott nie
gerecht werden kann, dass mir das Entscheidende fehlt. Damit treibt das Gesetz
zu Christus.
Dann aber ist der Mensch reif für das große
„aber“ Gottes – das „Aber“ des Heils allein aus Gnaden, allein um Christi
Verdienst willen, allein durch den Glauben. Dazu aber muss Gott der HERR einen
Menschen dahin führen, dass er über die Macht der Sünde verzweifelt, dass er
erkennt, dass er aus eigener Kraft gegen die Sünde nichts tun kann. „Das einzige, was uns in dieser Not helfen
kann, ist nämlich eine Aufklärung durch das Evangelium selbst, diese Botschaft
Gottes, die mir entgegen allem gesunden Menschenverstand sagt, dass Gott mich
mit meiner Sünde dennoch liebt, dass meine Schuld von meinem Herrn Christus
gesühnt ist und dass ich an seine völlig unverdiente Liebe glauben soll.
Es ist die Botschaft von der Treue des Erlösers, die durch all meine Untreue
nicht um Haaresbreite von ihrem Platz gerückt wird. Auf Jesus allein und auf
nichts anderes gründe ich mein Heil.“ (Kirche, S. 41 f.) Und dann ist es
grundlegend wichtig, diese frohe Botschaft nicht nur als die allgemeine
Rechtfertigung zu begreifen, sondern sie auf sich ganz persönlich zu beziehen. „Ich beginne langsam, das große Wort auf
mich zu beziehen: Für dich. Je mehr ich mich in die unverdiente Liebe
vertiefe, die mir in Jesu Erlösungswerk entgegenströmt, desto gewisser wird das
Wort für mich. Und eines Tages merke ich, dass die Gewissheit da ist, die große
sichere Gewissheit, dass das Werk des Erlösers mir gilt und mir gelten soll, als
ob ich der einzige Mensch auf Erden sei.
Dann ist die Bekehrung vollendet. Ich habe den Glauben, zu dem mich Gott
vielleicht während langer Jahre führen wollte.“ (Kirche, S. 46 f.) Es ist dabei nicht notwendig, den
Zeitpunkt zu kennen, an dem es dazu kam. Das ist auch nicht das Entscheidende.
Denn der Christ soll ja nicht auf sich sehen, sondern auf Christus und sein
Werk für ihn. Was sind dabei Kennzeichen dieses Glaubens? „Er ist Glaube an Christus er sehnt sich nach ihm und bedarf seiner.
Das ist, was wir das ‚Verlangen’ des Glaubens nennen. Man kann ohne Christus
nicht sein. Man braucht ihn. Zum Glauben gehört auch das ‚Vertrauen’ des
Glaubens, das Wagnis, um Christi willen sich daran zu halten: Ich bin ein Kind
Gottes.“ (Evangelisch …, S. 126 f.)
Mit der Bekehrung aber hat das Leben in der
Nachfolge Jesu Christi als rechter Christ erst begonnen, mit dem täglichen
Kampf, der täglichen Bekehrung, wie oben unter 3. beschrieben.
Roland Sckerl
Der Begriff der „Erweckung“ ist durchaus
weit verbreitet, nicht zuletzt in evangelikalen Kreisen, aber auch in manchen
lutherischen, die in Kontakt zu den lutherischen Erweckungen in Skandinavien
stehen oder aus dem Hermannsburger Umfeld kommen. Der Begriff „Erweckung“ hat
auch, denken wir an Epheser 5,14, einen biblischen Hintergrund. Die Frage ist
nur: Was wird unter „Erweckung“ verstanden? Wie wird mit einem „Erweckten“
umgegangen? Wie wird überhaupt der geistliche Stand eines „Erweckten“
beurteilt? Und hier scheint dem Autor doch ein sehr großer Unterschied
vorzuliegen zwischen den vom arminianisch-angelsächsischen Denken und der damit
verbundenen Entscheidungstheologie geprägten Kreisen und denen, die in der
lutherisch-erwecklichen Lehre von der Heilsordnung gegründet sind.
Erstere Kreise neigen sehr viel stärker
dazu, in einem erweckten Menschen schon einen bekehrten, wiedergebornen
Christen zu sehen; sie sprechen ihm oftmals ein geistliches Leben zu, das noch
gar nicht vorhanden ist. Sie unterscheiden nicht zwischen „Erweckung“ als dem
Aufbrechen eines religiösen Interesses oder, wenn die Erweckung schon tiefer
geht, eines ersten Aufwachens des Gewissens und der wirklichen tiefgreifenden
Erleuchtung durch das Gesetz mit dem Durchbruch der Sünden- und
Verlorenheitserkenntnis und der tiefgreifenden Erleuchtung durch das Evangelium
mit der lebendigen persönlichen Christuserkenntnis, also dem Entzünden des
rechtfertigenden Glaubens im bis dahin unbekehrten Menschen. Das hat zur Folge,
dass viele Menschen, bei denen der Heilige Geist angefangen hat zu wirken,
geistlich dann nicht mehr in der rechten Weise gefördert werden und so zu
geistlichen Krüppeln werden oder überhaupt geistlich im Tod bleiben, anstatt je
zum wahren Leben aus Gott zu kommen.
Diese Gefahr wird im modernen Evangelikalismus,
der ja nur eine neuere Ausprägung des alten Arminianismus ist, noch gefördert.
Der Arminianismus, der ja von einem zumindest ansatzweise vorhandenen freien
Willen des noch unbekehrten Menschen in geistlichen Dingen ausgeht, ist von
seinem Grundansatz her anthropozentrisch, also auf den Menschen, seinen Willen,
sein Wollen, sein Handeln ausgerichtet. Dies hat zur Folge, dass
evangelistisches Handeln darauf abzielt, den Willen des Menschen mit dem Ziel
zu beeinflussen, dass er „sich bekehrt“, „sich Jesus Christus übergibt“, „sich
für Jesus entscheidet“ – und das gilt dann als Wiedergeburt. Unterschieden sind
dann nur die Mittel, die eingesetzt werden, beeinflusst dabei jeweils stark vom
Zeitgeist, vom kulturellen Umfeld, in dem solch eine Bewegung wirkt. Das hat
nicht zuletzt in den letzten Jahrzehnten zu einem immer stärkeren Gefälle
geführt, bei dem heute unbeliebte Themen wie Buße, Umkehr, Sterben des alten
Menschen, Heiligung, Heiligkeit Gottes, Gericht mehr und mehr in den
Hintergrund gedrängt werden. Die schon früher nicht tiefgreifend ausgeprägte
Unterscheidung von Gesetz und Evangelium fällt so völlig dahin, das Gesetz
tritt weit in den Hintergrund.
Wie sieht dagegen der biblisch-lutherische
Ansatz der erwecklichen evangelistischen Arbeit aus? Entscheidend für die evangelistische Arbeit ist die Weckung des
Gewissens. (vgl. Hallesby: Vom Gewissen. 2. Aufl. Wuppertal 1988. (R.
Brockhaus Taschenbuch. Bd. 714.) S. 43) Dies kann nur geschehen, wenn das
biblische göttliche Gesetz in all seiner Schärfe, in all seiner Tiefe und
Breite unverkürzt verkündigt wird. Denn das menschliche Gewissen, das doch Teil
der natürlichen Gotteserkenntnis ist, ist seit dem Sündenfall deformiert und
geht ohne die göttliche Leitung in die Irre (siehe Röm. 1,18 ff.) (vgl.
Hallesby, a.a.O., S. 28).
Was heißt dann, in diesem Zusammenhang,
„Erweckung“? Wir sprechen von einem „erweckten Menschen“, wenn sein Gewissen,
das bis dahin geschlummert hat oder einfach deformiert war, nun durch das
göttliche Gesetz getroffen und aufgeweckt wurde, dass es wieder gemäß dem
göttlichen Gesetz ermahnt, anklagt, verurteilt, kurz: den Menschen wieder in
rechter Weise im Blick auf sein Tun und Lassen, sein Denken, Reden, Handeln,
Unterlassen, ja, sein ganzes Sein, vor das Angesicht des heiligen dreieinigen
Gottes stellt (vgl. Hallesby, a.a.O., S. 43).
Solch eine Erweckung geschieht nun nicht
aus menschlicher Vorbereitung, sondern ist allein Gottes Wirken, kommt aus
göttlichem Eingreifen mittels seines Wortes und bewirkt, dass sich das Gewissen
wieder meldet (Jesaja 66,2; Psalm 76,8) (vgl. Hallesby, a.a.O., s. 44 f.)
Erweckung, und das ist ganz wichtig, ist also nicht ein Stimmungsumschwung, ist
nicht eine seelische Erschütterung („Nervenerweckung“), sondern geschieht im
Gewissen und ruft dadurch Seelennot, Sündennot hervor. Mit solch einer
Erweckung sind unweigerlich auch innere Kämpfe verbunden, die bei dem einen
früher, bei dem anderen später kommen (vgl. Hallesby, a.a.O., S. 46 f.)
Da in der Erweckung also das Gewissen angesprochen
wird, wird der Sünder konfrontiert mit dem Willen Gottes und wird ihm seine
Sünde vor Augen gestellt. Zumeist ist dies zunächst einmal die äußere Sünde, je
nach Erkenntnisstand; dann, nach einiger Zeit, mit wachsender biblischer
Erkenntnis, bemerkt der Sünder auch die inneren Sünden, Sünden in Gedanken,
Wünschen, Phantasie. Dann lernt er auch, dass auch dies Sünde ist, was er an
Gutem zu tun unterlässt. Schließlich aber muss er erkennen, dass sein Herz,
dass seine ganze Person durch und durch sündig ist, dass also die ganze Wurzel
seiner Person von Sünde durchzogen und zerfressen ist und dass daraus alle
Einzelsünden erwachsen. Er erkennt damit, dass es nicht nur um die Tat geht,
sondern noch viel mehr um die Haltung, das Motiv, aus dem heraus etwas getan
oder unterlassen wird (vgl. Hallesby, a.a.O., S. 47 f.).
Was aber ist das Ziel, worauf läuft die
Erleuchtung durch das Gesetz hinaus? Es ist dies nichts anderes als die mortificatio, der Tod des alten Ich, des
alten Menschen. Dazu muss das Gesetz führen, sonst ist seine Wirkung zuvor
abgebrochen worden und droht das, was an geistlichem Leben aufkommt, krankhaft
zu sein, denn die Gnade dringt dann nur bis zum Kopf, nicht ins Herz. Anhand
des Gesetzes aber mit all seiner Schärfe muss die eigene völlige Hilflosigkeit
nach Matth. 5,3 erkannt werden, dem Sünder klar werden, dass er Gott gar
nichts, zu keinem Zeitpunkt, bringen kann (Römer 3,20; 1. Sam. 2,6; Luk. 17,33;
Gal. 2,19; Röm. 7,9). Da, wo diese Erkenntnis zu vollem, lebendigem Durchbruch
gekommen ist, da stirbt der alte Mensch – etwas, was aber nicht nur einmal,
grundsätzlich, im Zusammenhang mit der Wiedergeburt geschehen muss, sondern
auch in unser tägliches Leben hinein gehört, da zwar mit der Wiedergeburt das
Erbverderben überwunden ist, nicht aber die Erbsünde. Es gilt, durch das Gesetz
dem Gesetz zu sterben (Gal. 2,19). Diese Erleuchtung durch das Gesetz ist die
Voraussetzung für eine rechte Erleuchtung durch das Evangelium, die freie Gnade
um Christi Verdienst willen (vgl. Hallesby, a.a.O., S. 50-52).
In der Praxis kann dies durchaus dazu
führen, dass der Erweckte, nachdem er nun Schritt für Schritt gewachsen ist in
der Sündenerkenntnis, über seinen eigenen geistlichen Zustand immer mehr
verzweifelt, obwohl er doch in der biblischen Erkenntnis der Gnade ebenso
gewachsen sein mag. Vielfach ist es dem Sünder aber schwer, die freie Gnade
Gottes um Christi willen auf sich zu beziehen, da er an sich, seinem sündhaften
Zustand, der ihm so lebhaft vor Augen steht, immer mehr verzweifelt. Er erkennt
die ganze Herzenshärtigkeit bei sich, die Kälte, die Gleichgültigkeit, auch
Leichtfertigkeit, die in seinem Herzen herrscht. Ja, es muss dahin kommen, dass
er sogar zugeben muss, dass alle Buße und Reue, so wichtig und auch von Gott
gewollt und gewirkt sie sind, dennoch unfertig, unvollkommen, von Sünde
durchzogen sind. Das ist ganz wichtig. Denn auch Buße und Reue sind keinerlei
Verdienste, mit denen wir vor Gott auftreten könnten. Sie verdienen uns nichts
bei Gott, sind keine Vorbedingungen, die wir unsererseits leisten müssten,
damit dann Gott uns gnädig sei (wie das vielfach in evangelikalen Kreisen
anklingt) (vgl. Hallesby, a.a.O., S. 54 f.).
Dieses tötende Werk des Gesetzes ist
absolut notwendig, damit nicht nur alle Selbstsucht und Eigensinn, sondern
überhaupt alles geistliche Eigenleben dahinfallen, wirklich alle Mauern der
Selbstgerechtigkeit zusammenstürzen, alles Vertrauen auf das eigene geistliche
Urteil, den eigenen guten Willen, die eigene Frömmigkeit und Sittlichkeit dahin
fallen. Wie sehr alles, was er meint zu haben, tatsächlich nichts ist, merkt
der Sünder nicht klarer, als wenn er erkennt, dass er die Liebe zu Gott, aus
der doch alles fließen soll, nicht machen kann – und so zu dem Punkt geführt
wird, dass er wirklich glauben kann, dass Gott den Gottlosen gerecht spricht,
den Sünder, der nicht einmal die rechte Reue hat, sondern in all seinem Elend
nur sein herzliches Verlangen auf Christus und seine Gnade setzt. Dann ist er
bereits bekehrt, auch wenn er dies, unter dem Schrecken des Gesetzes und der
Sünden- und Verlorenheitserkenntnis, noch nicht bewusst weiß (vgl. Hallesby,
a.a.O., S. 58-63).
Das heißt aber auch: Erkennen und zugeben,
dass das alte Ich nicht gebessert, nicht erneuert werden kann, sondern dass es
wahrhaft einer Geburt von oben, einer Wiedergeburt, einer Schöpfung aus dem
Nichts durch Gott bedarf (siehe Psalm 51,12; 1. Joh. 5,3). Das alte Ich, der
alte Mensch ist böse und bleibt böse und muss daher täglich bekämpft werden, so
lange wir leben (siehe Gal. 5,16 ff.), was nicht besser geschieht, als dass wir
ihn täglich züchtigen und unters Kreuz bringen und die Vergebung begehren und
in Anspruch nehmen (vgl. Hallesby, a.a.O., S. 65).
Auch der Glaube, das ist wichtig, ist kein
Werk, mit dem wir Sünder an unserer Erlösung mitwirken, sondern erlöst nur
instrumental, als die Nehmehand, die frei, umsonst ergreift, empfängt, was Gott
aus Gnaden um Christi Verdienst willen darreicht. Dieser rechtfertigende Glaube
aber ist nicht ein Glaube an einen „Christus in uns“ (ein Gefühl etwa der
Gnade), sondern an den Christus für uns, den Christus, der außerhalb von uns
ist, Ergreifen der fremden Gerechtigkeit, die uns unverdienterweise zugerechnet
wird (vgl. Hallesby, a.a.O., S. 77.79 f. 82).
Welche Aufgabe hat das Gesetz aber, wenn
ein Mensch zum Glauben gekommen ist, also in der Heiligung? Zunächst allerdings
und unbedingt ist es wichtig, die Sündenerkenntnis wach zu halten, Röm. 3,20,
damit so auch der Hunger und Durst nach dem Frieden mit Gott durch Jesus
Christus erhalten bleibt. Auch für den Christen muss also das Gesetz
Zuchtmeister auf Christus sein, Gal. 3,24 (vgl. Hallesby, a.a.O., S. 91).
Aber das ist nicht die einzige Aufgabe in
der Heiligung. Das Gesetz soll uns auch vor Selbsttäuschung bewahren – denn der
alte Mensch, das alte Ich will gerne betrogen werden, betrügt sich selbst
gerne. Die größte Gefahr dabei ist die eines „toten Glaubens“ oder eines
„Scheinglaubens“, dass man die Gnade auf sich beziehen will – aber ohne
Bekehrung, ohne den Tod des alten Ich. Das führt dann zu einem oberflächlichen
Christentum, das nur das Evangelium im Auge hat, aber kein Ringen gegen die
Sünde, gegen die alten Gewohnheiten, ein Christsein ohne Selbstverleugnung und
Opfer. Gerade in unserer heutigen Zeit ist diese Gefahr besonders groß (vgl.
Hallesby, a.a.O., S. 92 f.)
Darum brauchen wir auch die tägliche Strafe
durch das Gesetz. Es ist ganz wichtig, dass das Gesetz immer wieder den Maßstab
Christi, den Maßstab der göttlichen Vollkommenheit, Matth. 5,48, an uns anlegt.
Denn auch in den besten Werken liegt noch viel Sünde, viel Unvollkommenheit
darin. Nur wenn wir dies durch den Maßstab des Gesetzes erkennen, bleiben wir
in der geistlichen Armut, Matth. 5,3 (vgl. Hallesby, a.a.O., S. 93.95).
Heiligung heißt damit gerade auch Kampf
gegen die Sünde, Ringen, mit der Sünde im Inneren zu brechen. Dies geschieht
dann, wenn wir wirklich deshalb gegen die Sünde kämpfen, weil sie gegen den
Willen Gottes ist und wir unbedingt und entschieden den Willen Gottes tun
wollen, 1. Mose 39,9 (vgl. Hallesby, a.a.O., S. 97 f.)
Die Heiligung soll ja dahin führen, dass
immer mehr Christi Sinn den ganzen Menschen nach Geist, Seele und Leib
bestimmt, 1. Thess. 5,23. Dazu muss das Gewissen uns täglich den Willen Gottes
vorhalten (vgl. Hallesby, a.a.O., S. 100).
[Dass
sich diese Abhandlung an Ausführungen von Ole Hallesby anlehnt, der hier in
vielem genau dem folgt, was etwa Bo Giertz in „Mit der Kirche leben“ über die
Heilsordnung geschrieben hat, heißt nicht, dass der Autor in allem mit Hallesby
übereinstimmt. Ich lehne die Auffassung Hallesbys, dass durch das erweckende
Handeln Gottes der Sünder die Freiheit bekäme, sich frei für oder gegen
Christus zu entscheiden, als absolut falsch und der Bibel widersprechend ab, Sie
widerspricht besonders den Aussagen, die vom geistlichen Tod des
nichtwiedergeborenen Menschen sprechen, wie Eph. 2,1-3, und den Aussagen, die
die Bekehrung als eine geistliche Totenauferweckung, eine geistliche
Lebendigmachung beschreiben, wie Eph. 2,4-9; Kol. 2,11 ff. Auch sind manche
Ausführungen Hallesbys über den Menschen, solange er noch im geistlichen Ringen
steht, zu optimistisch, weil er zuweilen auch solchen den Glauben zuspricht,
die tatsächlich das Verlangen nach der Gnade für sich noch nicht haben.
Insbesondere teile ich seine chiliastischen Auffassungen nicht, die völlig der
Schrift zuwider laufen, sowie mancherlei Aussagen zum Alten Testament, in denen
er „neo-orthodoxe“ Ansichten vertritt, die tatsächlich überhaupt nicht orthodox
sind, sondern Entlehnungen aus der Bibelkritik. Viele Ausführungen aber, die
Hallesby hier zur Erweckung gemacht hat, sind gut, hilfreich und wegweisend und
es ist nur zu raten, dass sie wieder beachtet werden, damit gesundes
geistliches Leben erwachsen kann.]
(+ 28. Februar 1528)
Patrick Hamilton war der erste lutherische
Märtyrer auf britischem Boden. Ein Enkel des Herzogs von Albany und Urenkel
Jakobs II., stammte Hamilton aus königlichem Geschlecht und gehörte einer der
ersten Familien Schottlands an, hatte doch sein Vater, Sir Patrick Hamilton,
unter der Gunst des Königs den Reichtum und politischen Einfluss des Hauses
begründet. Um 1504 wurde er in Stanehouse bei Hamilton geboren und früh für den
Dienst der Kirche bestimmt, da Titel und Rechte des Hauses seinem älteren
Bruder zufielen. Dreizehnjährig erhielt er ohne Vorbereitung und Verdienst die
Abtei von Ferne überwiesen, deren Einkünfte ihm die Mittel zu einer
Bildungsreise ins Ausland gewähren sollten. In Paris legte er an der Sorbonne
unter dem Einfluss des Humanisten Major den Grund zu seiner altklassischen
Bildung. Nach Alesius fand er in dem Studium der Systeme des Aristoteles und
Platon die Reize einer neu entdeckten Welt, die ihn zu einem heftigen Feind der
Sophistik machten. Hier eröffnete ihm
aber auch die Bekanntschaft mit Luthers Gedanken – zahlreiche Drucke über
Luthers Leipziger Disputation 1519 waren hierher gelangt – eine neue
Gedankenwelt, die seine lebhafte Natur fortan beherrschte. Nach Schottland
zurückgekehrt, trat er nach einem kurzen Besuch bei seiner Mutter in die
Universität von St. Andrews ein und vertiefte er sich zu Füßen des am gleichen
Tage an die Hochschule zurückgekehrten Major weiter in biblische Forschungen, indem
er anhand des erasmischen Neuen Testaments die scholastische Theologie in ihren
Hauptlinien einer Kritik durch die Quellenschriften unterzog. Diese Studien führten ihn über seinen Meister
Major hinaus. Als das Neue Testament in der Übersetzung Tyndales von den
Niederlanden aus nach Schottland kam, war Hamilton einer der ersten, die offen
für die „ketzerischen“ Gedanken Luthers eintraten. Der Primas, James Beaton,
wagte zunächst aus Furcht vor der mächtigen Sippe der Hamiltons nicht, gegen
den jungen Lutheraner vorzugehen.
Eine Reise nach Deutschland 1527 brachte
ihm die Bekanntschaft Luthers, Melanchthons und anderer deutscher Theologen.
Der Marburger Professor Lambert veranlasste ihn zur Abfassung seiner Loci
communes, einem gelehrten Werk, in dessen Mittelpunkt Luthers Lehre von der
Rechtfertigung stand und in dem er von dem Gegensatz von Gesetz und Evangelium
sowie Glauben und Werken ausgeht und die lutherische Rechtfertigungslehre im
engen, meist wörtlichen, Anschluss an das Neue Testament darlegte. Es atmet den
reinen Geist des Evangeliums und wurde in der Folgezeit der Eckstein der
protestantischen Theologie in Schottland und England.
Der Wunsch, seinen Landsleuten mit den ihm
gewordenen Erkenntnissen zu dienen, trieb ihn noch in demselben Jahr nach
Schottland zurück. Das Bemühen seiner deutschen und englischen Freunde, ihn
zurückzuhalten, war vergeblich. In Schottland sammelte er zunächst kleine
Kreise um sich auf Schloss Kinceval, heiratete 1528, von denselben Beweggründen
wie Luther drei Jahre zuvor geleitet, und zu diesem Bekenntnis der Tat fügte
er, unbekümmert um den aus Hass und Drohung der kirchlichen Gewalthaber von
ferne aufsteigenden Scheiterhaufen, in furchtloser Predigt die Verkündigung
seiner evangelischen Überzeugungen. Der Gegenstoß erfolgte sofort. Ein
lutherischer Prophet, aus königlichem Stamme und von der ganzen Macht einer der
ersten Familien des Landes getragen, an der Hochschule und in der Gemeinde die
„verfluchten Irrtümer“ verkündend, schien eine schlimmere Gefahr als der ferne
Luther.
Im Januar 1528 wurde Hamilton vor ein
geistliches Gericht gerufen. Die Bemühungen eines Dominikaners, ihn zum
Widerruf zu bringen, schlugen fehl; ein anderer Gegner, A. Alesius, kam unter
den Verhandlungen zur evangelischen Erkenntnis. Die noch einmal gebotene
Gelegenheit, den brennenden Boden des Vaterlandes zu verlassen, ließ Hamilton
vorübergehen. Ende Februar hatte er sich über einige seiner in den Loci
communes niedergelegten Lehrsätze zu verantworten. Darunter waren die folgenden:
der Mensch hat keinen freien Willen, dass es kein Fegefeuer gibt; dass der
rechte Christ seines Heils gewiss ist; dass nur die Erwählten gerettet werden;
dass die Ohrenbeichte nicht heilsnotwendig ist; der Mensch wird vor Gott gerecht aus Glauben, nicht aus Werken;
Glaube, Hoffnung, Liebe wachsen aus einem Stamme, so dass, wer die eine hat,
sie alle hat; gute Werke machen nicht einen guten Mann, sondern ein guter Mann
tut gute Werke. Bilder zu verehren und zu Heiligen zu beten, ist wider das Wort
Gottes; der Papst steht nicht über den einfachen Priestern; das Papsttum ist
der Antichrist; es ist das Recht
aller Menschen, die Seelen haben, Gottes Wort zu lesen, denn sie sind fähig, es
zu verstehen, sonderlich das Testament Jesu Christi.
Obige und andere Sätze wurden als
ketzerisch erklärt und Hamilton dem weltlichen Arm zur sofortigen Vollstreckung
des Urteils übergeben. In furchtbaren sechs Stunden und während heldenmütig
ertragener Qualen ging Hamilton, noch nicht dreißigjährig, in den Frieden Gottes
aus.
(aus: Otto Michaelis: Protestantisches Märtyrerbuch. 2., erw. Aufl.
Stuttgart 1927. S. 124 f. (basierend auf: RE3 7, 386 f.); ergänzt
aus RE3 7,386 f. und http://www.thereformation.info)
(+ 05. März 1687)
Andreas von Keczer, ein Märtyrer der
ungarischen Kirche, fiel mit anderen 19 angesehenen lutherischen Bürgern und
Adeligen als angebliche Hochverräter einem Blutgericht zum Opfer, das der
kaiserliche General Anton Caraffa, ein Italiener, in Eperies veranstaltete.
Nachdem man ihn gefoltert hatte, hieb man ihm die rechte Hand und dann den Kopf
ab.
Ein Augenzeuge, Johann Rezik, einst
Professor der schönen Wissenschaften an dem evangelisch-lutherischen Kollegium
in Eperies, berichtet:
Der 64 Jahre alte ehrwürdige Andreas von
Keczer, ein Mann von altem Adel, hatte vor seinem schrecklichen Tode folgendes
Bekenntnis abgelegt: „Ich bekenne mit Seufzen und aufrichtigem Schmerz, dass
ich mit viel Sünden befleckt bin. Alle Gebote des heiligsten Wesens habe ich
mutwillig übertreten, indem ich mehr dem Fleische, mehr der trügerischen,
vergänglichen Eitelkeit als den heilsamen Geboten Gottes Raum gab. Ich bitte
dich, gütiger, himmlischer Vater, lass deinen Zorn nicht über mich entbrennen,
räche nicht die deinem Namen leichtsinnig durch mich zugefügte Schmach. Sei
gegen meine Seele barmherzig, o Vater, siehe nicht auf die Größe meiner Sünden,
sondern auf deine dem Sünder offene Barmherzigkeit. Schenke mir einen Platz in
den Wohnungen, welche mein Heiland Christus den an ihn Glaubenden bereitet hat.
Du wirst, ich hoffe es, mein Bekenntnis erhören, du wirst mich, der ich zu dir
komme, nicht von dir ausschließen, und wenn mir wegen meiner vielen Sünden die
Hölle gebührt, so schenke mir aus deiner Gnade allein, um meines Jesu Wunden
willen, das ewige Leben.“ Sodann erklärte er unter Anrufung Gottes und seiner
Engel feierlich, dass er das ihm zur Last gelegte Verbrechen nicht begangen
habe. „Ihr, die ihr jetzt mich zum letzten Mal reden hört, ihr werdet an jenem
letzten, aber furchtbaren Tage des Gerichtes die Zeugen meiner Unschuld sein.“
(aus: Otto Michaelis: Protestantisches Märtyrerbuch. 2., erw. Aufl.
Stuttgart 1927. S. 211 f. (basierend auf: Borbis: Ev.-Luth. Kirche Ungarns. Nördlingen
1861. S. 76 f.))
Aktuelles: Verbrauchende Embryonenforschung, PID und Klonen: Was wird unter „verbrauchender Embryonenforschung“
verstanden? Die verbrauchende
Embryonenforschung, die parallel läuft zur Forschung an embryonalen
Stammzellen, meint die Forschung an angeblich „überzähligen“ Embryonen, also
tatsächlich Menschenversuche. Diese „überflüssigen“ Embryonen stammen aus der
In vitro Fertilisation (IvF), also der künstlichen Befruchtung im Reagenzglas,
wodurch mehr Embryonen entstehen, als tatsächlich eingepflanzt werden. Solche
übrig bleibenden Embryonen sollen zu Forschungszwecken verwendet und dabei
letztlich getötet, vernichtet werden bzw. sie werden als ‚Organplantagen’
herangezogen. Diese verbrauchende Embryonenforschung ist von Interesse vor
allem für die Forschung an embryonalen Stammzellen. Tatsächlich wird hier die
Person des Kindes mißachtet, das Kind zu fremden Zwecken mißbraucht und schließlich
getötet.
Zu
dieser Forschung und Verwendung embryonaler Stammzellen gäbe es durchaus die
Alternative mit adulten Stammzellen, die zudem nicht die Gefahr der Abstoßung
in sich bergen oder der Tumorbildung bei Transplantationen. (Deshalb ist die
Arbeit an embryonalen Stammzellen immer, wenn man auf dem eingeschlagenen Weg
weitergeht, der Übergang zum Klonen). Eine weitere Alternative sind die
Nabelschnurblutzellen.
Die
„überzähligen“ Embryonen sollten zur Adoption freigegeben werden.
Die verbrauchende Embryonenforschung und mit ihr
verbundene Forschung an embryonalen Stammzellen ist daher mit dem 5. Gebot und
der Würde des Menschen als Gottes Geschöpf unvereinbar.
Was
ist mit PID gemeint? PID meint
„Prä-Implantations-Diagnostik“ und beschreibt den Vorgang, dass bei der
künstlichen Befruchtung die im Reagenzglas gezeugten Embryonen vor der
Einpflanzung untersucht werden sollen, ob genetische Schäden vorliegen oder
nicht – erst danach soll die Mutter entscheiden, ob der Embryo in der
Gebärmutter eingepflanzt werden soll. Hier wird also ein Menschenleben erzeugt
– und dann wird selektiert, mit der Freiheit zum Töten.
PID stellt daher einen Angriff auf das Leben des
Kindes sowie auf seine Person dar und verstößt so gegen das fünfte Gebot.
Was
meint Klonen? Klonen meint die
künstliche „Herstellung“ eines gleichgenetischen Menschen. Das Klonen zu
therapeutischen Zwecken (therapeutisches Klonen) zielt auf solch eine
„Herstellung“ allein zu dem Zweck, bestimmte Stammzellen zu gewinnen, ist also
unweigerlich mit dem darauffolgenden Tod des Kindes verbunden. Klonen hat
bisher in 95% zum Tod der so erzeugten Individuen geführt, bei den restlichen
5% sind bei einem er-heblichen Teil Missbildungen vorgekommen; sie neigen
außerdem zu vorzeitigem Altern.
Wie
ist Klonen zu bewerten? Klonen hebt
die Unantastbarkeit und geschöpfliche Einmaligkeit der Person auf und zerstört
somit Person und Individualität. Beim therapeutischen Klonen kommt noch dazu,
dass es unweigerlich zum Mord führt.
Wir müssen daher als Christen zu allen Formen
den Klonens unbedingt Nein sagen.
Was
ist von den angestrebten Genmanipulationen zu halten? Sie bergen große Risiken in sich: die Gefahr des
„machbaren Menschen“, eine Art „humanbiologische Planwirtschaft“. Die Frage
steht ja im Raum: Was soll erreicht werden? Wer gibt die Kriterien für die
Genmanipulationen vor? Was ist Krankheit? Was ist Leid? Vor allem aber: Selbst
die rein therapeutischen Genmanipulationen setzen die verbrauchende
Embryonenforschung voraus, also Mord, und sind daher unakzeptabel.
Welche
Geisteshaltung steckt hinter all diesen Versuchen? Neben vielem anderen haben wir es hier wohl auch mit
einer ‚Bioideologie der totalen Gesundheit’ zu tun, die versucht, das Leid, die
Krankheit, wenn möglich sogar den Tod, abzuschaffen. Sie führt unweigerlich zu
einer aggressiven Haltung gegenüber denen, deren Leiden nicht aufgehoben werden
kann, z.B. chronisch Kranken, alten Menschen. Außerdem verkennt sie den Charakter
der gefallenen Schöpfung.
Was
soll unsere Haltung als Christen angesichts des Leides sein? Es ist wichtig, dass wir erkennen, dass alles Leid,
aller Schmerz, Krankheit, Tod seine letzte und eigentliche Ursache in der Sünde
hat, ohne dass daher eine bestimmte Krankheit immer auf eine bestimmte Sünde
zurückzuführen ist. Daher ist in dieser gefallenen Schöpfung der Zustand niemals
erreichbar, dass wir ohne solche Nöte sein werden. Soweit es ethisch vertretbar
ist, sollen wir uns dafür einsetzen, dass Schmerzen gelindert, Krankheiten
geheilt werden (Diakonie), vor allem aber sollen wir all denen, die betroffen
sind, seelsorgerlich beistehen, damit sie dazu finden, ihre Not aus der Hand
Gottes zu nehmen und aus seiner Kraft zu tragen.
Aus dem Luthertum:
In der ELKiB ist
erste „Pastorin“ berufen worden: Wie
im Gemeindebrief April/Mai 2011 der Freiburger Gemeinde der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Baden steht, hat die Gemeindevertretung die
„Pfarrerin“ Cornelia Hübner in die zweite Pfarrstelle berufen. Vor dieser
Berufung fand ein Treffen mir Frau Hübner statt, während dessen sie die Predigt
in einem Abendmahlsgottesdienst in Freiburg hielt. Sie kommt aus der
württembergischen Landeskirche und hat viele Jahre in der nun durch Fusion mit
den Reformierten untergegangenen Evangelisch-Lutherischen Kirche in den
Niederlanden als „Pfarrerin“ gearbeitet und ist stark ökumenistisch
ausgerichtet. Die ELKiB steht mit der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen
Kirche (SELK) in Gemeinschaft, die zwar offiziell die Frauenordination ablehnt,
tatsächlich aber, ähnlich wie die römisch-katholische Kirche, gegen die Bibel
Frauen alles, einschließlich predigen und Gemeindeleitung, erlaubt, nur nicht
die Konsekration der Elemente im Abendmahl. Ob die Berufung einer „Pfarrerin“
durch die Gemeinde in Freiburg zu weitergehenden Reaktionen in der SELK führen
wird, ist sehr fraglich, da seit Jahren die Diskussion über die
Frauenordination in diesem Kirchenverband läuft, ohne dass gegen die Irrlehre
von der Frauenordination vorgegangen wird, vielmehr den Vertretern derselben
von allen Kreisen zugestanden wird, auf dem Boden der Bibel zu stehen – gegen
1. Kor. 14,34 ff.; 1. Tim. 2,8 ff.
Erneuerung in
der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland? Mit August Kruse hat die Evangelisch-Lutherische
Kirche in Russland und anderen Staaten (ELKRAS) erstmals seit ihrer
(Wieder-)Gründung 1988 einen Russlanddeutschen mit russischem Pass als
Erzbischof an der Spitze des Kirchenverbandes. Alle vorigen Leiter waren, bis
auf den Gründervater, Harald Kalnins, der Lette war, ausnahmslos Westler aus
der Bundesrepublik Deutschland, die, leider, auch die westlichen Irrlehren der
Bibelkritik und besonders auch die Frauenordination importiert und so, wie
Erzbischof Kruse betont, „die alte russische evangelisch-lutherische Kirche
zerstört“ haben. August Kruse kommt dagegen aus der brüderschaftlichen Richtung
unter den Lutheranern. Er will, wie er sich ausdrückte, seine Kirche vom
„deutschen Diktat“ befreien, ist aber, leider, immer noch auf finanzielle und
personelle Hilfe angewiesen. Ein besonderes Problem sind Kruse in der von den Westlern
eingeführten Frauenordination. (nach: Brüdern-Rundbrief, 61. Jg., Nr. 3, S.
16-18) Es bleibt nur zu hoffen, dass Gott der HERR ihn seiner Kirche lange
erhält und er konsequent und unbeirrt einen biblischen Kurs fährt und dabei vor
allem die bibelkritische Theologie und die Frauenordination, die daraus kommt,
beseitigt. Er wird auch die Außenorientierung der ELKRAS überdenken müssen,
nämlich wo sie sich Hilfe sucht, und sich vielleicht mehr auf die lutherischen
Brüdergemeinden in der Bundesrepublik sowie konservative lutherische Kirche
stützen.
Lebensrecht:
Bundesärztekammer öffnet Tür zur
Euthanasie: Die Bundesärztekammer hat
nach einem Bericht von Welt online vom 19.02.2011 neue Grundsätze zur
„ärztlichen Sterbebegleitung“ vorgelegt, in denen unter anderem erstmals Ärzten
die Möglichkeit eröffnet wird, Beihilfe zum Selbstmord zu leisten. „Wenn Ärzte
mit sich selbst im Reinen sind, dann brechen wir nicht den Stab über sie“, wird
der Präsident der Bundesärztekammer, Hoppe, zitiert. Bisher galt dies als mit
dem ärztlichen Standesethos als unvereinbar. Jetzt heißt es nur noch, dass „die
Mitwirkung bei der Selbsttötung keine ärztliche Aufgabe“ sei. Damit hat die
Standesorganisation der Ärzte ihre Standesethik faktisch auf den Kopf gestellt.
Dies zeigt eine weitere Erosion der einst im biblisch-christlichen Denken
verankerten ethischen Grundordnung im deutschsprachigen Raum. Je mehr
Gleichgültigkeit gegenüber Gott und seinem Wort um sich greift, umso mehr meint
der Mensch, er sei Herr über alle Dinge. Gerade hier kommt die Ursünde, das
Sein wollen wie Gott, ganz deutlich heraus.
Europaparlament für „Recht auf
Abtreibung“: In einer „Entschließung
zum Abbau gesundheitlicher Ungleichheit in der EU“ heißt es in Punkt 78 unter
anderem, dass Frauen „Ein Recht auf sicheren Schwangerschaftsabbruch“ hätten,
der in einer Linie mit anderen Weisen der Empfängnisverhütung gesehen wird.
(nach: ALfA-newsletter 10/11 vom 12.03.2011) Damit erklärt das Europaparlament
die Ermordung von Kindern im Mutterleib als nicht nur rechtens, sondern gar als
ein Anrecht. Gott wird sich nicht spotten lassen. Er wird diesen
ungeheuerlichen Angriff auf seine Geschöpfe nicht ungestraft lassen.
Ethikrat für Präimplantationsdiagnostik: Mit einer knappen Mehrheit hat sich der „Deutsche
Ethikrat“ für eine begrenzte Zulassung von Gentests
(Präimplantationsdiagnostik) ausgesprochen, nämlich wenn anzunehmen sei, dass
aufgrund die Vererbung beim Kind zu einer schwere Krankheit oder Behinderung
führen könnten, weshalb eine Abtreibung möglich wäre. Elf Mitglieder allerdings
sprachen sich eindeutig gegen PID aus. (nach: prokompakt 10/2011) Wo Gottes
Ordnung nicht mehr absolut gültiger Maßstab ist, da gilt auch das menschliche
Leben nicht mehr als Gottes Gabe, sondern steht zur Disposition. Seit der
„Aufklärung“ ist die geistige Haltung mehr und mehr die des Nihilismus, nämlich
dass es keine von Gott vorgegebenen absoluten Maßstäbe, Werte, Ordnungen mehr
geben soll.
Religionsfreiheit,
politisch-ideologische Tendenzen, Schulen:
Was hat es wirklich mit der
Klimaveränderung auf sich?
Klimaveränderung, Erderwärumg ist seit Jahren eines der global bestimmenden
Thema – besonders unter der Linie, dass es eine von Menschen durch CO2-Ausstoß
verursachte Erderwärmung gebe, die dramatische Züge annähme und gegen die
deshalb weltweit, durch weltweite Verpflichtungen, die weltweit überwacht
werden müssten, zu handeln sei. Nicht zuletzt wird, neben der Finanzkrise,
dieses Thema auch verwendet, eine „Weltinnenpolitik“ oder gar Grundstrukturen
einer „Weltregierung“, etwa über Einrichtungen der UNO, zu propagieren. Wie
aber steht es um diese Klimaveränderung? Tatsache ist, dass es
Klimaveränderungen, sowohl in Richtung auf Erderwärmung als auch auf
Erdabkühlung, schon immer gegeben hat, und zwar auch in größerem Umfang. Ob sie
jetzt tatsächlich schneller ablaufen als früher, ist keineswegs
wissenschaftlich belegt. Tatsache ist auch, dass noch vor vier bis fünf
Jahrzehnten man nicht von einer drohenden Erderwärmung sprach, sondern von
einer auf uns zukommenden neuen Eiszeit. Es ist in sofern nicht uninteressant,
sich zu fragen, wie es zu dieser völligen Umkehrung gekommen ist.
Russische
Wissenschaftler etwa, wie Prof. Dr. rer.nat. Oleg Sorochtin, meinen, die
Klimaerwärmung habe schon ihren Höhepunkt überschritten und es käme eine
Kaltzeit auf uns zu (er meint von etwa 2012 bis 2040). Als Grund gibt es eine
abnehmende Sonnenaktivität an, wobei er für Schwankungen in der Sonnenaktivität
einen 200-Jahre-Zyklus ausgemacht haben will (auf Grundlagen von Forschungen es
Weltraumforschungslabors Pulkowo).
Was
nun die Behauptung der Klimaerwärmung angeht, ist sie trotz gegenteiliger
Behauptungen bisher mit wirklich festen, nachprüfbaren wissenschaftlichen
Forschungen nicht zu belegen. Der neuseeländische Wissenschaftler Dr. Vincent
Gray, der etliche Jahre für den Intergovermental Panel on Climate Change (IPCC,
Ausschuss der Regierungen zur Klimaänderung, kurz: Weltklimarat) unter dem Dach
der UNO arbeitete, schied aus diesem Gremium aus, als er feststellen musste,
dass systematischen Erkenntnisse, die auf eine ganz natürliche Klimaveränderung
schließen lassen, unterdrückt und aus den Berichten gestrichen wurden. Und das
nicht grundlos: Der Weltklimarat ist schließlich mit dem Ziel gegründet worden,
zu „beweisen“, dass die Welt einer Klimakatastrophe entgegen gehe und der
Mensch dafür verantwortlich sei. Selbst Politiker wie der Altbundeskanzler
Helmut Schmidt halten die ganze Debatte für „hysterisch, überhitzt“.
Die
Frage, die dann auftauchen muss, ist: Wem nützt das dann? Wer hat ein Interesse
daran, und mit welchem Ziel, dass von einer menschenverursachten Klimaerwärmung
ausgegangen werden soll? Laut Aussagen von Maurice Strong, dem Organisator des
Klimagipfels von Rio de Janeiro 1992, soll es so etwas wie eine
„Geheimgesellschaft“ von „Weltführern“ geben, die über dieses Thema
Klimaveränderung eine zentralistische, sozialistische Welt-Planwirtschaft
einführen wollen. Dies ist zumindest ja in der Hinsicht nicht ausgeschlossen,
als ja viele einflussreiche Politiker der „Grünen“ aus dem kommunistischen
Umfeld kommen. Auch Maurice Strong bezeichnet sich selbst als Kommunist. Auch
viele führende Grüne in der Bundesrepublik Deutschland kommen aus diesem
Bereich (Bütikofer, Trittin, Fischer). Stehen also eventuell solche Ziele
hinter der Thematik „Klimaveränderung, Erderwärmung“? (nach: Topic, 1/2011, S.
5 f.)
Wenn
wir außerdem die Offenbarung Jesu Christi an Johannes uns ansehen, die uns
gerade für die letzte, die „Kleine Zeit“ (Offenb. 20,7-9) ein letztes Aufbäumen
Satans gegen die Gemeinde des HERRN vorhersagt, und damit auch ein letztes
Aufbäumen der antichristlichen Mächte, sowohl der geistlichen (Papsttum, Islam)
wie auch der weltlichen (Staaten), so passt das durchaus zusammen, dass hier
ein politisch-geistiges Antichristentum gezimmert werden soll.
Heftige Reaktion auf Kritik an der
„Gender-Mainstream-Ideologie“: Ein
Vortrag des Stuttgarter Professors Rainer Mayer zur
Gender-Mainstream-Ideologie, den er im Rahmen einer Veranstaltung der
Studentenmission in Deutschland (SMD) in der Unterkirche der Dresdener
Frauenkirche hielt, löste heftigste Kritik, unter anderem von der parteilosen
„Gleichstellungsbeauftragten“ der Stadt Dresden, Frau Kristine Winkler, die im
Blick auf die kritischen Äußerungen von Herrn Prof. Mayer von einem
„rufschädigenden Ereignis“ sprach und im Blick auf Gender Mainstream von einer
„weltweit anerkannten politischen Strategie“, und rückte die Kritiker in die
Nähe der rechtsextremistischen NPD. (nach: Informationsbrief der
Bekenntnisbewegung ‚Kein anderes Evangelium’. Nr. 264, S. 29.) Richtig ist
wohl, dass die UNO diese Ideologie weltweit durchsetzen will; Tatsache aber ist
wohl auch, dass sich viele asiatische und afrikanische Staaten, von den
islamischen ganz abgesehen, dieser Ideologie keineswegs angeschlossen haben und
so die durch den Marxismus in die Irre geführten westlichen Staaten ziemlich
alleine stehen. Die Kritik wie auch die Art, wie sie vorgebracht wurde, zeigen,
mit welch totalitären Mitteln mehr und mehr versucht wird, gottlose
Staatsideologien durchzusetzen.
„Sexuelle Identität“ soll
verfassungsrechtlich geschützt werden:
Der saarländische Landtag hat einstimmig (also auch mit den Stimmen der
CDU-Fraktion) in erster Lesung eine Änderung der Landesverfassung angenommen,
in der zukünftig auch die sogenannte „sexuelle Identität“ geschützt werden
soll. (nach: www.medrum.de vom 25.02.2011)
Das heißt, dass Greuelsünden wie Homosexualität, Bisexualität, Polygamie damit
als „schützenswert“ gelten. Das macht einmal mehr deutlich, wie verrottet und
verkommen die Bundesrepublik Deutschland bereits ist, wie geistlich in weiten
Kreisen tot, ja, in offener Rebellion gegen den lebendigen Gott. So etwas fordert
geradezu das Gericht Gottes heraus. Und der lebendige, heilige Gott hat gesagt,
dass er sich nicht spotten lassen wird: Wer auf das Fleisch sät, der wird vom
Fleisch das verderben ernten (Gal. 6,8).
Linke Parteien stören sich am Kreuz in
Fraktionssälen: Sowohl in Brandenburg
als auch in Sachsen ist es zu Streit unter den Parteien gekommen, weil
Kommunisten und Sozialdemokraten bei gemeinsamen Veranstaltungen der Parteien
nicht in Sälen zusammenkommen wollten, in denen ein Kreuz an der Wand hängt
(wie in den Räumen der CDU). (nach: prokompakt 10/2011, S. 6) Das zeigt, wie
weit verbreitet das Antichristentum auch in der Öffentlichkeit bereits ist –
und sich immer mehr durchsetzt.
EuGHM lässt Kreuz in Klassenzimmern
hängen: Nach einem Urteil des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dürfen Kreuze in Klassenzimmern
bleiben (es ging um Italien) (nach: prokompakt 12/2011, S. 7) – allerdings
deshalb, weil es keinerlei Aussage habe, sondern eine Art „Folklore“ sei (so
nach einem Kommentar im Deutschlandradio). Immerhin ist es damit gerichtlich
erlaubt, dass Kreuze in den Klassenzimmern bleiben dürfen – und ist damit gegen
die Einschränkungen, die das Bundesverfassungsgericht gesetzt hatte, das
zugelassen hatte, dass die Minderheit von einer Person (!) die Entfernung des
Kreuzes hätte verlangen können. Mit diesem Urteil ist also kein Signal für eine
Rechristianisierung Europas gegeben, im Gegenteil. Nur durch eine umfassende
bibeltreue Evangelisations- und Missionsarbeit in den europäischen Staaten kann
es zu einer wirklichen Umkehr kommen. Allerdings hat die Vorstellung eines
„christlichen Abendlandes“ nichts mit neutestamentlichen Aussagen zu tun, in
denen die Gemeinde Christi keine „gesellschaftliche“ oder gar „politische“
Macht darstellt, sondern eine Minderheit darstellt, ja, verfolgt wurde (wie in
vielen Weltgegenden). Darauf muss die Gemeinde Christi sich anstellen.
Christenverfolgung in China: Während China wirtschaftlich dabei ist, in die
Weltspitze vorzudringen, bewegt es sich im Hinblick auf Religions- und
Meinungsfreiheit so gut wie gar nicht. So wurde der nicht registrierten
Shaowang-Gemeinde in Peking zunächst der Versammlungsraum entzogen, dann, als
sie ihren Gottesdienst öffentlich abhalten wollte, wurden sowohl am 09. wie
auch am 16. April 2011 jeweils eine Vielzahl der Gottesdienstbesucher
festgenommen. (nach Nachrichten im Deutschlandradio an beiden Sonntagen) Schon
seit einigen Monaten ist zu beobachten, dass die Regierung in Peking, nachdem
es zeitweilig so aussah, als würden viele Hausgemeinden stillschweigend
geduldet, nun verstärkt und sehr massiv gegen diese Gemeinden vorgeht, die
nicht unter staatlicher Kontrolle stehen und so dem kommunistischen
„Harmonie“-Begriff nicht entsprechen.
Drogenmafia verfolgt evangelikale
Christen in Mexiko: Schon seit Jahren
sind evangelikale Christen in etlichen lateinamerikanischen Staaten, besonders
Mexiko, massiver Verfolgung ausgesetzt. Sie geht vielfach von kriminellen oder
brutalkapitalistischen Kreisen aus, die durch die Bekehrung der Menschen ihr
Potential für Drogenhandel und Ausbeutung schwinden sehen. Immer wieder ist es
zu Überfällen auf Gemeinden gekommen, wurden einzelne Christen entführt,
umgebracht. In letzter Zeit hat es die Drogenmafia in Mexiko besonders auf die
Pastoren abgesehen, denen sie Todesdrohungen zukommen lässt, sie entführt oder
ermordet. (nach: idea newsletter vom 18.04.2011 sowie Open Doors)
Islam
und islamische Welt:
Türkei: Erkenntnisse über die Morde in
Malatya: Wie in FAZ.net vom 23.01.2011
berichtet wurde, hat das „European Stability Institute“ (ESI), eine Denkfabrik
in Berlin, bei ihren Recherchen und intensiven Beobachtungen des Prozesses
gegen die Mörder der drei Christen herausgefunden, dass es sich bei den Tätern
nicht um irgendwelche „irregeleitete Fanatiker“ handelt, sondern dass sie
vielmehr in enger Verbindung standen zu dem, was in der Türkei als der „tiefe
Staat“ bezeichnet wird, Sondereinheiten der Polizei, Gendarmerie-Geheimdienst
und andere ultranationalistische, antichristliche Kreise. Der Kopf der Mordgruppe
hatte Kontakt zu dem Polizeichef von Malatya, ein Mitwisser ebenfalls vor den
Morden mehr als 1400 Telefonkontakte zu diesem Polizeichef. Auch der Mord an
dem armenischen Schriftsteller Hrant Dink im Januar 2007 (die Morde in Malatya
geschahen im April 2007) ist aus dem Umfeld des „tiefen Staates“ geschehen.
Extremer Nationalismus und Islamismus gehen vielfach in der Türkei ineinander
über. Die derzeit herrschende islamistische Partei AKP ist durchaus auch
nationalistisch und am alten Osmanischen Reich orientiert, allerdings noch
stärker islamisch geprägt als Gruppierungen, die aus dem kemalistischen Lager
kommen und den extremen Nationalismus an die erste setzen und dann den Islam.
Für beide aber ist letztlich nur eine islamische Türkei denkbar, kann ein Türke
nur Moslem sein.
Was
sich allerdings gegenüber früher geändert hat ist, dass bisher in dem Prozess
die Machenschaften des „tiefen Staates“ durchaus ans Licht gebracht wurden,
während sie früher im Dunkel geblieben
wären. Dies hängt auch damit zusammen, dass die islamistische Regierung ihre
Richtung mit ihren Gefolgsleuten in allen einflussreichen Positionen
durchsetzen will, während der „tiefe Staat“ eher mit Gruppierungen wie der
ultranationalistischen MHP zusammenhängt.
Malaysia: Christsein bedeutet: Leben auf
der Flucht: Für Malaien ist in
Malaysia der Islam Staatsreligion. Ein Religionswechsel weg vom Islam ist ihnen
staatsrechtlich verboten. Wer diesen Schritt doch unternimmt, steht damit in
Lebensgefahr und muss ständig mit seiner Verhaftung durch die Religionspolizei,
mit Folter und Terror rechnen. Wer diesen Weg gehen will, muss, um einer
Verhaftung zu entgehen, ständig seinen Wohnort und Arbeitsplatz wechseln, wie
es „Hilfsaktion Märtyrerkirche“ 02/2011, S. 8 f. von einem malaiischen Christen
berichtet. Dennoch: Die Gemeinde Jesu Christi wächst, auch in Malaysia, trotz
Folter, trotz Umerziehungslagern.
Iran: Verschärfung der
Christenverfolgung: Im Iran hat die
Bedrängung und Verfolgung von Christen weiter zugenommen. Das betrifft sowohl
die traditionellen Kirchen der ethischen Minderheiten als auch solche Menschen,
die aus dem Islam heraus Christen wurden. (nach: Open Doors,
Weltverfolgungsindex 2011, S. 4)
Irak: Systematische Verfolgung hat
zugenommen: Seit dem Beginn der
US-Aggression gegen den Irak 1991 haben etwa 60 % der Christen das Land
verlassen. Lebten früher fast eine Million Christen im Zweistromland, so sind
es jetzt etwa noch 334.000. Besonders nachdem Überfall der USA auf den Irak
unter George W. Bush und dem Sturz Saddam Husseins ist es zunehmend zu
systematischer Verfolgung gekommen, die das Ziel hat, die Christen vollständig
aus dem Land zu treiben. In diesem Zusammenhang sind zahlreiche Morde,
Bedrohungen und Diskriminierungen zu verzeichnen. Im Mai 2010 kam es zu einem
Anschlag auf christliche Studenten, die in Mossul auf dem Weg zur Universität
waren; die Folge: drei Tote und 180 Verletzte. Bei der Geiselnahme in einer
Kirche in Bagdad Ende Oktober 2010 wurden 58 Menschen, hauptsächlich
Gottesdienstbesucher, ermordet. (nach: Open Doors, Weltverfolgungsindex 2011,
S. 4)
Islamischer Antisemitismus: „Einige arabische Medien verbreiten judenfeindliche
Pauschalurteile, die das antisemitische Verhalten unter arabischen Jugendlichen
in europäischen Ländern wie Frankreich, Niederlande, Belgien und Großbritannien
fördern.“ Das ist das Ergebnis einer Studie der Historikerin Juliane Wetzel und
des Soziologen Werner Bergmann vom Berliner „Zentrum für Antisemitismus“ aus
dem Jahr 2003. Diese Studie wurde von der Europäischen Union (EU) unter
Verschluss gehalten, woraufhin der Europaabgeordnete Cohn-Bendit, der Jüdische
Weltkongress und einige internationale Presseorgane sie im Internet zugänglich
machten. Verschwörungstheorien gegen Juden sind in der islamischen Welt
allgemein verbreitet; für alle Übel, wie Materialismus, Sexismus, Zerstörung
der Familie werden „die Juden“ verantwortlich gemacht. Die „Protokolle der
Weisen von Zion“, ein infames Machwerk des zaristischen Geheimdienstes Ochrana
gegen die Juden, wird in 60 verschiedenen Ausgaben in arabischer Sprache
verbreitet, in Syrien sogar mit dem offiziellen Stempel der Regierung. Dieses
Machwerk ist in Akademikerkreisen der arabischen Welt fest verankert. Nicht
wenige SS-Führer waren nach dem Krieg in Ägypten im dortigen Geheimdienst
beschäftigt. (nach: Israel-Report 1/2011, S. 8 f.)
Wie
dieser islamische Antisemitismus auch in Europa auftritt, das zeigt unter
anderem Aye Sharuz Shalicar in seinem Buch „Ein nasser Hund ist besser als ein
trockener Jude“, der mit seinen Eltern aus Jude einst aus dem Iran nach Berlin
flüchtete, um dann, als sie in den Bezirk Wedding umzogen, erneut dem
islamischen Terror ausgesetzt zu sein. Wedding ist momentan fest in
muslimischer Hand. Nachdem seinen (islamischen) Freunden bekannt geworden war,
dass er Jude ist, wandten sie sich ab von ihm, demütigten ihn. Erst aufgrund
der Freundschaft mit einem allgemein anerkannten Kurden wurde er wieder
akzeptiert. Heute lebt er als zionistischer Jude in Israel. (nach: Israel-Report
1/2011, S. 14)
Türkei sucht Schulterschluss mit dem
Orient: Während die Türkei einerseits
versucht, in die EU zu kommen, um damit der islamischen Invasion nach Europa
die Tore weit aufzustoßen, sucht sie andererseits anzuknüpfen an die
Jahrhunderte lange gemeinsame Geschichte mit dem Orient, um eine „politische,
wirtschaftliche und kulturelle Union“ zu erreichen, wie es Erdogan erklärte,
der auch gegenüber den Arabern sagte „Wir sind Angehörige derselben
Zivilisation“ und „Die Araber sind unsere Brüder und Schwestern.“ Ziel der
Türkei ist es, zur Führungsmacht in der Welt des sunnitischen Islam
aufzusteigen, faktisch auch als Schutzmacht gegenüber dem schiitischen Iran.
Sowohl beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos Ende 2009 als auch mit der unter
türkischem Kommando fahrenden sogenannten „Gaza-Hilfsflotte“ zeigte die heutige
Türkei ihre anti-israelische Haltung, die in dem leider auch in bundesdeutschen
Kinos ausgestrahlten antisemitischen Hetzfilm „Tal der Wölfe – Palästina“ einen
neuen Höhepunkt erreicht hat. (nach: Israel-Report 1/2011, S. 15)
Türkei: Islamisierungskurs geht weiter: Wie der türkische Historiker Taner Akcam erklärt hat,
ist die moderne Türkei aufgebaut auf dem Morde an den armenischen, griechischen
und syrischen Christen. (Film: Wie tolerant ist der Islam? Drei Linden Film.
Siehe auch: Z für Zukunft. Ausg. 3, S. 45) So gab es z.B. 1923 noch 11.000
Immobilien im Besitz der griechisch-orthodoxen Kirche in Istanbul – heute noch
490. Über 10.000 Gebäude wurden vom Staat enteignet, weggenommen, kirchliche
Gebäude geschändet, indem sie zu Vergnügungszwecken missbraucht werden. 1960
lebten in Istanbul noch 120.000 griechische Christen, heute nur noch 3.000.
1969 wurde das Theologische Seminar der Armenier geschlossen. Seit einiger Zeit
versuchen umliegende islamische Orte, sich durch Prozesse in den Besitz des
Klosters Mor Gabriel und seiner Ländereien im Tur Abdin zu bringen, einer noch
zu Beginn des 20. Jahrhunderts christlichen Gegend. In diesem Zusammenhang
steht wohl auch die versuchte Entführung eines 14-jährigen Aramäers im Oktober
2010 in Mzizah im Tur Abdin. Der Entführer konnte identifiziert und
festgenommen werden. Anscheinend hatte er zuvor versucht, Menschen aus dem
Kloster zu entführen. (nach: Z für Zukunft, ebd.) Diese Vorgehensweise ist
nicht neu, sondern entspricht genau dem Vorgehen des Islam in dem von ihm
besetzten Gebieten seit Jahrhunderten, nämlich dass er durch Druck,
Steuerlasten, Benachteiligungen, aber auch massive Gewalt versucht,
Andersgläubige zum Übertritt zum Islam zu bewegen oder aber, sie aus dem Land
zu vertreiben. Man bedenke, dass die Bevölkerung auf dem Boden der heutigen
Türkei zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch zu 33 % aus Christen bestand, heute
sind es kaum 1 %, eine Folge des Holocausts an den armenischen, aramäischen,
syrischen und nestorianischen Christen sowie der Vertreibung eines Großteils
der Griechen (Konstantinopel, das heute Istanbul, hatte um 1900 noch eine
Bevölkerung, die zu etwa 40 % aus Griechen bestand). Mit ähnlicher brutaler
Gewalt ist die Türkei ja auch in Nordzypern vorgegangen, nachdem sie dieses
Land besetzt hatte.
Ägypten: Lage der Christen verschlechtert
sich: Von Januar bis März 2011 sind in
Ägypten 39 koptische Christen ermordet sowie drei Kirchen zerstört worden.
(nach: idea newsletter vom 09.03.2011) Auch wenn es durchaus sein mag, dass
hinter einigen der Angriffe der ägyptische Geheimdienst steckt (wie aus Akten
hervorgehen soll, die nach der Erstürmung des Gebäudes des Geheimdienstes
gefunden wurden), so zeigen diese Angriffe andererseits, wie tief der Hass
gegen die Christen in Ägypten verwurzelt ist. Das ist auch nicht verwunderlich:
Laut einer Umfrage des amerikanischen Meinungsforschungsinstitutes PEW Research
Center vom Dezember 2010 wünschen sich 59 % der Ägypter einen streng islamischen
Staat, 85 % wollen sogar die Todesstrafe für solche, die den Islam verlassen.
Es ist daher auch nicht verwunderlich, warum die totalitäre Moslem-Bruderschaft
in Ägypten durchaus stark vertreten ist. Sie strebt ja genau das an, einen
Staat, in dem die Rechte für Nichtmoslems massiv eingeschränkt sind,
Diskriminierungen und Verfolgungen mit eingeschlossen. Christliche Mission soll
untersagt sein, neue Kirchen und Synagogen dürfen nicht gebaut werden, die
Gleichwertigkeit von Mann und Frau wird entschieden abgelehnt, Vielweiberei auf
der Grundlage des Islam möglich. Die Moslem-Bruderschaft lehnt die westliche
Form der Demokratie ab, da Allah die alleinige Herrschaft zukommen soll.
„Islamische Demokratie“ hat mit der westlichen Demokratie nichts zu tun, da die
Scharia Grundlage des Rechtssystems ist. (nach: Eberhard Kleina: Die
Muslim-Bruderschaft. Lübbecke 02/2011.)
Nach
einem Bericht des koptischen Bischofs Anba Damian bei der „Arbeitsgemeinschaft
Christlicher Kirchen“ in Lippe ist die Lage der Christen in der arabischen
Welt, auch in Ägypten, sehr schwierig. Die Islamisten, das machte er deutlich,
wollen die Christen nicht dulden. Er vermutet hinter dem Anschlag auf die
koptische Kirche in Alexandria in der Neujahrsnacht Teile des ägyptischen
Militärs. Daraufhin würde deuten, dass die Wachmannschaften eine Stunde vor der
Anschlag abgezogen wurden. Der vom ägyptischen Militär propagandistisch
angekündigte Wiederaufbau einer anderen zerstörten Kirche findet tatsächlich
nicht statt. Das Gerüst war nur für die Presse aufgebaut worden; nach dem
Pressetermin wurde es wieder abgebaut. (nach: selk-news vom
19.03.2011)