Beständig in der Apostel
Lehre und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet! Apg. 2,42
DER BEKENNTNIS-
LUTHERANER
Lutherisches Blatt für Bibelchristentum.
Mit Zustimmung der Lutherischen Kirchen der Reformation (Lutheran
Churches of the Reformation, LCR) herausgegeben von Roland Sckerl, Leopoldstr. 1, D-76448 Durmersheim; Tel.:07245/83062; Fax: 07245/913886
e-mail: Sckerl@web.d
12. Jahrgang
2005 Heft
1/2005
UNTER LUTHERS KANZEL UND KATHEDER
SOLL MAN SICH „LUTHERISCH“ NENNEN?
WAS HEISST
„EVANGELISCH-LUTHERISCH“?
UNTERSCHEIDUNGSLEHREN ZUR RÖMISCH-KATHOLISCHEN
KIRCHE I
Vorwort
Dieses Heft
soll eine Reflektion sein über das, was eigentlich die evangelisch-lutherische
Kirche ausmacht, von ihrer Lehrhaltung, ihrem Bekenntnis her. Dies erscheint
umso wichtiger, als vielfach die Orientierung verloren gegangen ist und viele
gar nicht mehr wissen, was mit „lutherisch“ eigentlich gemeint ist. Das
Traurige ist ja, dass in vielen sich noch „lutherisch“ nennenden Kirchen
allerdings etwas völlig anderes gelehrt und praktiziert wird als das, was in
der Reformation durch die Schrift wieder erkannt wurde und, so zu sagen, da, wo
„lutherisch“ darauf steht, vielfach gar nicht mehr „lutherisch“ darinnen ist.
Ich sehe, dass eine gute Ermahnung not
ist, zu tun an die, so jetzt der Satan anfängt zu verfolgen; unter welchen
etliche sind, die meinen, sie wollen der Gefahr damit entlaufen, wenn man sie
angreift, dass sie sagen: Ich halt’s nicht mit dem Luther, noch mit jemand,
sondern mit dem heiligen Evangelium und mit der heiligen oder römischen Kirche;
so lasse man sie mit Frieden und behielten doch im Herzen meine Lehre für
evangelisch und blieben dabei. Wahrlich, solch Bekenntnis hilft ihnen nicht und
ist ebenso viel wie Christus verleugnen. Darum bitte ich, dieselben wollten
sich ja wohl vorsehen. Wahr ist’s, dass du ja bei Leib und Seel nicht sollst
sagen: Ich bin lutherisch oder päpstlich; denn derselben ist keiner für dich
gestorben, noch dein Meister, sondern allein Christus, und sollst dich einen
Christen bekennen. Aber wenn du es dafür hältst, dass des Luthers Lehre
evangelisch und des Papsts unevangelisch sei, so musst du den Luther nicht so
gar hinwerfen; du wirfst sonst seine Lehre auch mit hin, die du doch für
Christi Lehre erkennest. Sondern so musst du sagen: Der Luther sei ein Bube
oder Heiliger, da liegt mir nichts an; seine Lehre aber ist nicht sein, sondern
Christi selbst. Denn du siehest, dass die Tyrannen nicht damit umgehen, dass
sie nur den Luther umbringen, sondern die Lehre wollen sie vertilgen;
und von der Lehre wegen tasten sie dich billig an und fragen dich, ob du
lutherisch heißt. Hier musst du wahrlich nicht mit Rohrworten reden, sondern
frei Christus bekennen, es hab’ ihn Luther, Claus oder Georg gepredigt. Die
Person lass fahren, aber die Lehre musst du bekennen. Also schreibt auch St. Paulus
an Timotheus I. 1,8: ‚Schäme dich nicht des Zeugnisses unseres Herrn, noch
meiner, der ich um seinetwillen gebunden bin.’ Wenn hier Timotheus genug
gewesen wäre, dass er das Evangelium bekennte, hätte ich Paulus nicht geboten,
dass er sich sein auch nicht schämen sollte: nicht als der Person des Paulus,
sondern als der um des Evangeliums willen gebunden war. Wo nun Timotheus gesagt
hätte: Ich halte es nicht mit Paulus noch mit Petrus, sondern mit Christus, und
wusste doch, dass Petrus und Paulus Christus lehrten, hätte er doch Christus
selbst damit verleugnet. Denn Christus spricht Matthäus 10 von denen, die ihn
predigen: ‚Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf; wer auch verachtet, der
verachtet mich.’ Warum das? Darum, dass sie seine Boten (die sein Wort
bringen) also halten, darum ist’s gleich, als wenn er selbst und sein Wort also
gehalten würden.
(Luther: Von beiderlei Gestalt des Sakraments. 1522. Walch XX, 136 f, in: C.F.W. Walther: Amerikanisch-Lutherische Pastoraltheologie. St. Louis, Mo 1890. S. 50.51)
1. Wo die evangelisch-lutherische Kirche herkommt: Die
Reformation
Die in diesem Abschnitt
angeführten Zitate stützen sich auf die Walch-Ausgabe der Lutherwerke,
Nachdruck Groß Oesingen.
Von einer gesonderten
„evangelisch-lutherischen Kirche“ kann erst seit der Reformation Martin Luthers
gesprochen werden, die mit dem Thesenanschlag an die Tür der Schlosskirche zu
Wittenberg am 31. Oktober 1517 ihren Anfang nahm. Anlass für diese Aufforderung
zu einem theologischen Streitgespräch war der Ablasshandel, den der
Dominikanermönch Johann Tetzel im Kurbrandenburgischen im Auftrag des
Erzbischofs Albrecht von Mainz trieb. Das Geld sollte unter anderem dem Bau der
prunkvollen Peterskirche in Rom dienen. Auch Pfarrkinder Luthers kauften
Ablassbriefe und meinten dann, keiner Buße und Umkehr mehr zu bedürfen und der
Sündenstrafe entronnen zu sein, denn sie hätten ja bezahlt. Es war diese
schreckliche Verführung der Menschen durch solche, die Hirten sein sollten,
aber nur sich selbst weideten, die Luther veranlasste, in erster Linie gegen
die Ablasspraxis der Kirche vorzugehen. Daraus erwuchs, seit 1520, das Ziel,
die Kirche auf der Grundlage der Bibel an Haupt und Gliedern zu reformieren. Es
lag ihm fern, eine neue Kirchengemeinschaft zu gründen, er wollte vielmehr
zurück zur wahren christlichen apostolischen Kirche, gegründet allein auf das
Wort der Heiligen Schrift.
Aus diesem Grund hat sich
die lutherische Kirche nie als eine neue Kirche betrachtet, sondern als die
Fortsetzung der alten christlichen Kirche der Apostelzeit. Unter anderem auch
deshalb hat sie so viel wie möglich übernommen, seien es die altkirchlichen
Bekenntnisse, sei es die, gereinigte, Liturgie. „Ich habe zum Überfluss die drei
Symbola, die man so nennet, oder Bekenntnisse, zusammen wollen lassen deutsch
ausgehen, welche in der ganzen Kirche bisher gehalten, gelesen und gesungen
sind; damit ich abermals bezeuge, dass ich’s mit der rechten christlichen
Kirche halte, die solche Symbola oder Bekenntnisse bis daher hat gehalten.“ (W, X, Sp. 993 f.) Der lutherische Theologe Charles Porterfield Krauth
sprach deshalb auch von der „konservativen Reformation” (so auch sein Buch:
‘The Conservative Reformation and Its Theology’. Philadelphia 1871).
Wie aber konnte es sein,
dass die Reformation durch Martin Luther gelang, während doch Waldus, Wiclif,
Hus, Savonarola nicht zum Ziel kamen? Neben vielen äußeren Umständen, die Gott
lenkte, wie etwa die Erfindung der Buchdruckerkunst, die neue Entdeckung der
alten Sprachen, war es dies, dass Luther das Zentrum durch eigene Anfechtungen
und Nöte erfasst hatte, nämlich: Wie ein Sünder vor Gott gerecht sein kann –
und er erkannte aufgrund der Schrift (Römerbrief 1,16.17), dass Gott uns in
Christus seine Gerechtigkeit anbietet, darreicht, nämlich die Gerechtigkeit,
die Christus uns durch seinen Gehorsam, Leiden und Sterben erworben hat, und
dass der verzweifelte Sünder diese Gerechtigkeit im Glauben ergreift als ihm um
Christi willen zugerechnet. Das ist das Zentrum der Schrift, Christus, der
Gekreuzigte, für uns. So hat Luther es erkannt, darauf ist die gesamte
lutherische Theologie aufgebaut. Das hatten die sogenannten ‚Vorreformatoren’
nicht.
Die römisch-katholische
Kirche hat diese Erneuerung der Kirche zurückgewiesen, konnte sie nicht
annehmen, da die Grundpfeiler dieser auf Menschenlehre und –ordnung gegründeten
Kirche sonst ins Wanken gerieten: mit dem Ablass die Priesterherrschaft, die
Hierarchie, das Papsttum, die menschliche Autorität in der Kirche.
Diese Ablehnung zwang
Luther, sich immer mehr mit der römisch-katholischen Theologie
auseinanderzusetzen. Bereits 1517 und dann in der Heidelberger Disputation 1518
griff er die philosophischen Grundlagen der scholastischen Theologie an und
proklamierte die alleinige Autorität der Schrift sowie das abgrundtiefe
Verderben des Menschen, der allein aus Gnaden, allein durch den Glauben
gerettet werden kann: „4. Es ist darum die Wahrheit, dass der Mensch, der ein
böser Baum geworden ist, nur das Böse wollen und tun kann. 5. Es ist falsch,
dass das freie Begehren nach beiden Gegensätzen hin etwas vermag, ja, es ist
gar nicht frei, sondern gefangen.“ (W, XVIII, Sp. 20) „13. Der freie Wille nach dem Sündenfall ist ein bloßer Name, und was er
tut, soviel an ihm ist, sündigt er tötlich.“ (W, XVIII, 38) „18. Es ist gewiss,
dass der Mensch erst an sich völlig verzweifeln müsse, um fähig zu werden, die
Gnade Christi zu erlangen.“ (ebd.) „25. Nicht der ist gerecht, der tüchtig
wirkt, sondern der ohne viel Werke an Christus glaubt.“ (W, XVIII, 39) „26. Das
Gesetz spricht: ‚Tue das’, und niemals wird es getan; die Gnade spricht:
‚Glaube an diesen’, und alles ist schon getan.“ (ebd.)
Im gleichen Jahr kam es zur
entscheidenden Disputation mit Eck in Leipzig, in der Luther die Autorität des
Papstes und der Konzile in Frage stellte und damit die römisch-katholische
Kirche in ihren Grundfesten erschütterte. Stück für Stück löste sich Luther aus
den Irrungen Roms.
In den grundlegenden
Schriften jener frühen Jahre, wie „An den christlichen Adel deutscher Nation
von des christlichen Standes Besserung“, rief Luther die weltlichen Stände als
die vornehmsten Glieder der Kirche auf, aufgrund des allgemeinen Priestertums
die Kirche in ihren Gebieten zu reformieren. In der Schrift „Von der
babylonischen Gefangenschaft der Kirche“ stieß er die römische Sakramentslehre
um und erläuterte, dass allein Taufe und Abendmahl aufgrund der Einsetzung
durch Christus festzuhalten sind und nicht aufgrund des bloßen Vollzuges
wirken, sondern allein durch den Glauben das, was sie geben, wahrhaft ergriffen
wird. Ohne den Glauben sind die Sakramente zwar gültig, aber der Empfangende
hat den geistlichen Segen nicht.
Der Reichstag zu Worms 1521
war ein weiterer Höhepunkt, indem Luther vor Kaiser und Reich auf der Schrift,
der Bibel, als alleiniger Autorität beharrte und sich auf das an die Schrift
gebundene Gewissen berief. Hier tritt die vor Gott verantwortliche, auf die
Schrift gegründete Person heraus aus der durch menschliche Autoritäten
gebundenen Masse.
Während der Kaiser Luther in
Reichsacht erklärte, 25. Mai 1521 (der Papst hatte ihn schon am 03 Januar 1521
mit dem Bann belegt), suchte Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen ihn zu
schützen, indem er ihn auf die Wartburg bei Eisenach entführte. Die Frucht
dieser erzwungenen Ruhezeit war die Übersetzung des Neuen Testamentes aus dem
Griechischen ins Deutsche (Septembertestament), damit die Christen Gottes Wort
direkt, ohne Zwischenpersonen, lesen können. (Die römisch-katholische Kirche
erlaubte ihren Gliedern später zwar das Lesen der von ihr zugelassenen,
möglichst noch mit bischöflichen Erklärungen ausgestatteten katholischen
Bibeln, hat aber erst auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil ihnen das Bibellesen
empfohlen.) Dadurch sollten der persönliche Glaube und das allgemeine
Priestertum gestärkt werden.
Während Luthers Abwesenheit
kam es durch Karlstadt in Wittenberg zu bilderstürmerischen Unruhen. Karlstadt
wollte die Veränderung nicht durch das Wort allein, im Glauben ergriffen, das
die Herzen verändert und so auch die Formen erneuert, erreichen, sondern durch
Zwang und Gewalt. Gegen den Willen des Kurfürsten eilte Luther 1523 nach
Wittenberg zurück und stellte in den Invocavitpredigten die Ordnung wieder her:
Keine Änderung durch Vergewaltigung der Gewissen, achten auf die christliche
Freiheit – das Wort allein macht alles. (Auch hier wird der konservative
Charakter der lutherischen Reformation deutlich.)
Der Bauernkrieg bedeutete
eine Krise für die Reformation. Luther erkannte die sozialen Anliegen der
Bauern als berechtigt an und ermahnte die Fürsten, die nötige Abhilfe zu
schaffen. Er wandte sich aber entschieden dagegen, dass die Bauern ihre
politisch-sozialen Forderungen mit der biblischen Lehre vermengten und so die
beiden Reiche – Kirche und Staat – vermischten, wie dies besonders auch bei
Thomas Münzer und den Wiedertäufern geschah. Dringend warnte Luther die Bauern
vor Gewalt. Erst als sie dennoch durch Gewalt und Greueltaten ihre Ziele
erreichen wollten, rief der Reformator, der darin endzeitliche Anarchie sah,
die Obrigkeit auf, gegen den Aufruhr energisch vorzugehen. In einer dritten
Schrift ermahnte er aber zugleich die Herren, mit den überwundenen Bauern
barmherzig umzugehen – aber diese Schrift fruchtete nicht mehr.
Inmitten dieser Unruhen
setzte Luther durch seine Hochzeit mit der vormaligen Nonne Katharina von Bora
ein Zeichen gegen den Zwang des Zölibats und für die Ehe der Pfarrer und
begründete mit die Tradition des evangelischen Pfarrhauses, für Jahrhunderte
ein bedeutender kultureller und sozialer Segen.
In diese Zeit fällt auch der
endgültige und notwendige Bruch mit dem Humanismus. Der aus der Renaissance
kommende Humanismus war reformbereit, aber er ging vom Menschen aus, wollte die
Vernunft und die Fähigkeiten des Menschen hochhalten und proklamierte einen
freien Willen auch in geistlichen Dingen. Genau hier kam es dann zum
Zusammenstoß mit Erasmus von Rotterdam, dem bedeutendsten Humanisten, nämlich
über die Frage vom freien Willen. Erasmus gestand in seiner „Diatribe“ gerne
zu, dass Gott 98 oder 99 % durch die Gnade tue – aber ein Funken freier Wille
sei da, müsse nur angeregt werden, arbeite dann mit an der Erlösung. Luther hat
in seiner Schrift „Vom unfreien Willen“ (De servo arbitrio, 1525), die er als
seine Hauptschrift ansah, aus der Schrift sehr deutlich die abgrundtiefe
Verdorbenheit und völlige geistliche Unfreiheit, Blindheit des
nichtwiedergeborenen Menschen belegt und dass die Wiedergeburt oder Bekehrung
allein und vollständig Gottes Werk ist, allein aus Gnaden kommt, die Vergebung
allein durch den Glauben ergriffen wird als der Nehmehand. Luther bezeugt in
diesem Werk die Souveränität Gottes. Die Aussagen, die er hier gemacht hat,
sind grundlegend für das rechte Verständnis des Wirken des dreieinigen Gottes,
von Gnade und von Glauben. Gerade in diesem Bereich ist es bis in die heutige
Zeit immer wieder zu schwerwiegenden Abirrungen gekommen, die entweder den
Menschen ein Mitwirken am Heil zusprechen wollten (Osiander) oder an der
Bewahrung des Heils (Melanchthon, Major) oder dem menschlichen Willen in das
Werk der Bekehrung hineinnahmen (Melanchthon, Arminianismus, Methodismus,
Neupietismus, Entscheidungstheologie, Gemeindewachstumsbewegung).
Die Einführung der
Reformation hatte aber nicht mit einem Schlage bessere kirchliche Verhältnisse
zur Folge. Dazu bedurfte es eingehender Unterweisung der Gemeinde mit im
biblisch-reformatorischen Geist erzogenen Pfarrern. Aus diesem Grund schuf
Luther mit dem Großen und dem Kleinen Katechismus 1529 nach den entsetzlichen
Ergebnissen der Visitation die Grundlagen für den Unterricht und gab den
Gemeindegliedern eine Zusammenfassung der Kernsätze der biblischen Lehre in
Gesetz und Evangelium an die Hand.
Der für 1530 nach Augsburg
ausgeschriebene Reichstag sollte den kirchlichen Streit schlichten und die
Einheit der Kirche wieder herstellen. Um ihren Standpunkt darzulegen,
erarbeitete Melanchthon im Auftrag der evangelischen Stände, zum Teil auf der
Grundlage der Schwabacher Artikel, das Augsburgische Bekenntnis, das in seiner
ungeänderten Fassung zum Grundbekenntnis der evangelisch-lutherischen Kirche
geworden ist. In kurzen Artikeln wird die biblische Lehre bekannt und werden
die Missstände aufgeführt, die beseitigt werden sollten. Obwohl selbst
römisch-katholische Fürsten, wie Wilhelm von Bayern, sehr angetan waren,
verwarf Rom dieses Bekenntnis und antwortete mit der Confutatio, worauf
Melanchthon in der Apologie eine ausführliche Erklärung des Augsburgischen
Bekenntnisses schuf.
Immer wieder ist nach 1945
Luthers Stellung zu den Juden angegriffen worden. Manche Äußerungen sind heute,
nach dem Holocaust, für uns unverständlich, abstoßend. In dem geistlichen und
historischen Kontext aber waren sie zumindest verständlich und annehmbar.
Luther war kein Judenfeind. In seiner Schrift „Dass Jesus ein Jude war“, mahnte
er vielmehr, den Juden durch eine gute Behandlung zu zeigen, was der
christliche Glaube ist und hoffte, dass die Juden durch die erneuerte Kirche zu
Christus als ihrem Messias fänden. Er wurde aber darin bitter enttäuscht.
Vielmehr schlug ihm von vielen Juden Feindseligkeit entgegen. Das, was damals
aus dem Talmud bekannt wurde, erweckte den Eindruck eines schrecklichen und
verbohrten Christenhasses bei den Juden. Luther ging es Zeit seines Lebens
darum, dass die Juden von ihrer Werkgerechtigkeit heraus kämen und den Messias
fänden. Seine Schrift „Wider die Sabbather“ sowie, als Entgegnung auf jüdische
Angriffe auf diese Schrift und Schmähungen Jesu und Marias in diesen
Entgegnungen und darin enthaltenen Entstellungen von Bibelstellen, in „Wider
die Juden und ihre Lügen“ und „Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi“
setzt sich Luther einerseits mit der jüdischen Werkgerechtigkeit auseinander
und legt andererseits vom Alten Testament dar, dass Christus der Messias ist. Seine
drastischen, für uns heute nicht mehr nachvollziehbaren, Maßnahmen, die er
vorschlug, waren damals nichts Außergewöhnliches und sollten den Juden die
Möglichkeit nehmen, sich in ihrer falschen Richtung noch mehr fest zu setzen
und sollten sie in ihrem Elend öffnen für den Messias.
Leider haben manche auch in
der lutherischen Kirche später nur eine feindselige Haltung gegen die Juden
übernommen. Viele aber haben das Anliegen, den Juden den Messias zu
verkündigen, aufgegriffen. Es sei an Edzardi in Hamburg erinnert, den
Hebräischlehrer August Hermann Franckes, an das Insititum Judaicum, das Francke
für die Mission unter Israel in Halle gründete, an die Erneuerung dieses
Instituts durch Franz Delitzsch in Leipzig und die Gründung des
„Evangelisch-Lutherischen Zentralvereins für Mission unter den Juden“ sowie die
Judenmissionsvereine in den skandinavischen Ländern und das daraus entstandene
Caspari-Institut in Jerusalem.
2. Was die evangelisch-lutherische Kirche ausmacht
Die Zitate stammen aus den
Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, wie sie in der
„Concordia Triglotta“ aufgeführt sind (CA = Augsburgisches Bekenntnis; Apol. =
Apologie des Augsburgischen Bekenntnisses; AS = Schmalkaldische Artikel; Kl.
Kat. = Kleiner Katechismus; FC = Konkordienformel, Epit. = Kurze Darstellung,
SD = Ausführliche Darstellung). Im Teil über die lutherische Kirche als
liturgische Kirche wird auch zitiert aus: Vilmos Vajta: Die Theologie des
Gottesdienstes bei Luther. Göttingen 1959.
A) Die evangelisch-lutherische
Kirche ist BIBELKIRCHE, das heißt, sie bekennt: „Es gilt nicht, dass man
aus der heiligen Väter Werken oder Worten Artikel des Glaubens macht.... Es
heißt, Gottes Wort soll Artikel des Glaubens stellen und sonst niemand, auch
kein Engel.“ (AS, T. II, Art. II,15) Damit
bezeugt sie, dass es in der Kirche nur eine Autorität gibt und geben kann:
nämlich die Bibel, die klar ist und sich selbst auslegt und daher keiner
Auslegung durch Päpste oder Bischöfe bedarf, um verstanden zu werden. Darum
kann und muss alle Lehre der Kirche allein aus der Bibel kommen: „Wir glauben,
lehren und bekennen, dass die einzige Regel und Richtschnur, nach welcher
zugleich alle Lehren und Lehrer gerichtet und geurteilt werden sollen, sind
allein die prophetischen Schriften alten und neuen Testaments, wie geschrieben
stehet: ‚Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.’ Ps.
119,115. Und St. Paulus: ‚Wenn ein Engel vom Himmel käme und predigte anders,
der soll verflucht sein.’“ (FC, Epit., Summ. 1)
Keine Tradition, keine
Wissenschaft, keine Erfahrung oder Erleben dürfen sich als Autorität neben oder
gar über die Bibel stellen. Sie ist das vom Heiligen Geist vollkommen
eingehauchte, inspirierte und daher absolut irrtumslose Gotteswort (Plenar-,
Verbal- oder Wörterinspiration), wie es schon im Nizänischen Bekenntnis heißt
vom Heiligen Geist „welcher durch die Propheten geredet hat“. Auch die
Schmalkaldischen Artikel bekennen, dass der Heilige Geist durch die Schreiber
geredet hat (AS, T. III, Art. VIII, 13). Und die Apologie betont: „Meinen sie,
dass der Heilige Geist sein Wort nicht gewiss und bedächtig setze oder nicht
wisse, was er rede?“ (Apol. IV, 108)
Darum ist für die
evangelisch-lutherische Kirche die ganze Bibel ohne Einschränkung verbindlich,
was gerade im Blick auf das Feststellen von Kirchengemeinschaft wichtig ist.
Die evangelisch-lutherische
Kirche hat aber kein lineares Verständnis der Heiligen Schrift, so, als stünden
alle Lehrartikel gleichgewichtig nebeneinander. Sie bekennt, dass der Christus
für uns, die Rechtfertigung allein aus Gnaden, allein um Christi Verdienst
willen, allein durch den Glauben der Kern und Stern der Heiligen Schrift Alten
und Neuen Testaments ist: „Dieweil aber solcher Zank ist über dem höchsten,
vornehmsten Artikel der ganzen christlichen Lehre, also dass an diesem Artikel
ganz viel gelegen ist, welcher auch zu klarem, richtigem Verstande der ganzen
heiligen Schrift vornehmlich dienet und zu dem unaussprechlichen Schatz und der
rechten Erkenntnis Christi den Weg weist, auch in die ganze Bibel allein die
Tür auftut, ohne welchen Artikel kein armes Gewissen einen rechten beständigen
Trost haben oder die Reichtümer der Gnade Christi erkennen mag.“ (Apol. IV, 2)
Wer diesen Kern und Stern nicht recht erkennt, wird die Bibel falsch verstehen.
Zum rechten Verständnis der
Schrift ist als Licht aber auch nötig, dass Gesetz und Evangelium als die
beiden Weisen Gottes, mit uns zu handeln, recht unterschieden werden, damit die
Christen Natur und Gnade recht unterscheiden und nicht in Werkgerechtigkeit und
Gesetzlichkeit enden. „Nachdem der Unterschied des Gesetzes und Evangeliums ein
besonders herrliches Licht ist, welches dazu dienet, dass Gottes Wort recht
geteilet und der heiligen Propheten und Apostel Schriften eigentlich erkläret
und verstanden [werden], ist mit besonderem Fleiß über demselben zu halten,
damit diese zwei Lehren nicht untereinander vermischt oder aus dem Evangelium
ein Gesetz gemacht, dadurch das Verdienst Christi verdunkelt und die betrübten
Gewissen ihres Trostes beraubt [werden], den sie sonst in dem heiligen
Evangelium haben, wenn dasselbe lauter und rein gepredigt [wird], und sich in
ihren höchsten Anfechtungen wider das Schrecken des Gesetzes aufhalten können.“
(FC,
SD, V, 1)
B) Weil die
evangelisch-lutherische Kirche so klar Gesetz und Evangelium unterscheidet und
die Rechtfertigung allein aus Gnaden, allein um Christi Verdienst willen,
allein durch den Glauben als Kern und Stern der Bibel bekennt, darum ist sie
auch EVANGELIUMSKIRCHE. Wie schon in dem Zitat aus der Apologie oben
gezeigt, betont die lutherische Kirche, dass die ganze Bibel christozentrisch
ist, als auf Christus, den Heiland der Welt, das Lamm Gottes, das der Welt
Sünde trägt, hinweisend, und dass darum in Lehre und Verkündigung das
Evangelium dominieren muss. „Die Lehre vom Glauben ..., welche uns das
Evangelium mit großem Ernst vorhält und treibt hart darauf, dass man das
Verdienst Christi hoch und teuer achte und wisse, dass glauben an Christus hoch
und weit über alle Werke zu setzen sei.“ (CA, XXVI, 4) Darum besteht die
lutherische Kirche darauf, dass wir gerechtfertigt werden, freigesprochen
werden im Jüngsten Gericht, in den Himmel kommen nicht aus eigenen Werken oder
Leistungen, auch nicht durch menschliches Mitwirken, etwa aus einer
„eingegossenen Gnade“ bewirkt, sondern allein aus Gnaden durch den Glauben, der
die fremde Gerechtigkeit, die außerhalb von uns ist, die Christus uns durch
seinen Gehorsam, Leiden und Sterben erworben hat, ergreift. „Derhalben hat St.
Paulus heftig wider das Gesetz Moses und menschliche Tradition gefochten, dass
wir lernen sollen, dass wir vor Gott nicht fromm werden aus unseren Werken,
sondern allein durch den Glauben an Christus, dass wir Gnade erlangen um Christus
willen.“ (CA, XXVI, 5) Darum bekennt die evangelisch-lutherische Kirche auch,
dass mit diesem Artikel die Kirche steht und fällt: „Von diesem Artikel kann
man nicht weichen oder nachgeben, es falle Himmel und Erde, oder man nicht
bleiben will.“ (AS, T. II, Art. I, 5)
Das Evangelium von Christus
als dem Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt, als dem Heiland der Welt, kann
aber nur unverfälscht bleiben, wenn es gelehrt und verkündigt wird auf dem
Hintergrund der abgrundtiefen Verdorbenheit des natürlichen Menschen und der
Tatsache, dass er daher in geistlichen Dingen keinen freien Willen mehr hat,
sondern geistlich tot ist, sich auch gar nicht von sich aus für Christus
entscheiden kann, sondern auch Vernunft und Willen bekehrt werden müssen. Der
natürliche Mensch ist „von Mutterleib an voll böser Lust und Neigung und kann
keine wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott von Natur haben“. (CA,
II) „Ohne Gnade, Hilfe und Wirkung des Heiligen Geistes vermag der Mensch Gott
nicht gefällig [zu] werden, Gott herzlich zu fürchten oder zu glauben oder die
angeborne böse Lust aus dem Herzen zu werfen, sondern solches geschieht durch
den heiligen Geist, welcher durch Gottes Wort gegeben wird. Denn Paulus spricht
1. Kor. 2,14: ‚Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geist Gottes.’“ (CA,
XVIII, 1-3)
Darum bekennt die
evangelisch-lutherische Kirche auch, dass die Bekehrung, Wiedergeburt des
Menschen allein des Heiligen Geistes Werk durch das Evangelium ist: „Ich
glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus,
meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat
mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten
Glauben geheiliget und erhalten; gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden beruft,
sammelt, erleuchtet, heiligt und bei Jesus Christus erhält im rechten einigen
Glauben; in welcher Christenheit er mir und allen Gläubigen täglich alle Sünden
reichlich vergibt und am Jüngsten Tag mich und alle Toten auferwecken wird und
mir samt allen Gläubigen in Christus ein ewiges Leben geben wird. Das ist
gewisslich wahr.“ (Kl. Kat, 2. Hauptst., Erkl. des 3. Glaubensart.)
„Desgleichen glauben, lehren und bekennen wir, dass des Menschen
unwiedergeborner Wille nicht allein von Gott abgewandt, sondern auch ein Feind
Gottes geworden ist, dass er nur Lust und Willen hat zum Bösen und nur Gott
zuwider ... Ja, so wenig ein toter Leib sich selbst lebendig machen kann zum
leiblichen, irdischen Leben, so wenig kann ein Mensch, so durch die Sünde
geistlich tot ist, sich selbst zum geistlichen Leben aufrichten... Die
Bekehrung aber wirkt Gott der Heilige Geist nicht ohne Mittel, sondern
gebraucht dazu die Predigt und das Gehör Gottes Wortes, wie geschrieben steht:
‚Das Evangelium ist eine Kraft Gottes, selig zu machen.’ Röm. 1, ebenso: ‚Der
Glaube kommt aus dem Gehör Gottes Wortes.’ Röm. 10.... Mit welchen kurzen
Worten er dem freien Willen seine Kräfte abspricht und alles der Gnade Gottes
zuschreibt, damit sich niemand vor Gott rühmen könnte. 1. Kor. 9,1“ (FC, Epit. II, 2-6) „Aber zuvor und ehe der Mensch durch den
Heiligen Geist erleuchtet, bekehrt, wiedergeboren, erneuert und gezogen wird,
kann er für sich selbst und aus seinen eigenen natürlichen Kräften in
geistlichen Sachen und seiner eigenen Bekehrung oder Wiedergeburt etwas
anfangen, wirken oder mitwirken gleich so wenig wie ein Stein oder Block oder
Ton... Wie denn ... die Heilige Schrift die Bekehrung, den Glauben an Christus,
die Wiedergeburt, Erneuerung und alles, was zu derselben wirklichen Anfang und
Vollziehung gehört, nicht den menschlichen Kräften des natürlichen freien
Willens, weder zum ganzen noch zum halben noch zu einigem, dem wenigsten oder
geringsten Teil zulegt, sondern in solidum, das ist, ganz und gar, allein der
göttlichen Wirkung und dem Heiligen Geist zuschreibt.“ (FC, SD, II, 24-25)
Dabei ist auch das
Verständnis von Wiedergeburt oder Bekehrung im reformatorischen Luthertum ein
anderes als etwa im Pietismus, schon bei Spener angefangen, oder den
Evangelikalen. Die Rechtfertigung im biblisch-reformatorischen Sinne ist eine
unbedingte, nicht an vorher zu erfüllende Bedingungen gebundene. Wohl führt das
Gesetz zur Erleuchtung über den eigenen Zustand, zur Sündenerkenntnis, erweckt
den bis dahin schlafenden Sünder, bewirkt also mit der Sündenerkenntnis auch
eine Abscheu vor der Sünde, ein die Sünde Lassen wollen, eine Betrübnis
darüber, gesündigt zu haben – aber das sind keine Werke, die der Sünder Gott
bringen muss, das sind Werke des Heiligen Geistes im Sünder, der dann, wenn er
unter der Wucht der Sünde zu verzweifeln droht, den längst in Christus
geschehenen Freispruch, die auf Golgatha geschehene Versöhnung Gottes durch
Christus, bestätigt durch die Auferweckung Christi, die durch Christus
erworbene Vergebung der Sünden ergreift. „... dass also die Gerechtigkeit des
Glaubens sei Vergebung der Sünden, Versöhnung mit Gott, und dass wir zu Kindern
Gottes angenommen werden um des einigen Gehorsams Christi willen, welcher
allein durch den Glauben, aus lauter Gnade, allen wahrhaft Gläubigen zugerechnet
wird und sie um desselben willen von aller ihrer Ungerechtigkeit absolviert
werden.“ (FC, SD, III, 4) Nicht die gläubige Annahme des Wortes im Herzen
schafft Raum für die Wirkung des Wortes, sondern umgekehrt: Das Wort selbst hat
die Kraft und wirkt alles. Die Rechtfertigung ist völlig, nicht nur zu einem
Teil, ein rein juristischer Zuspruch, keine Änderung der Natur des Menschen,
keine Umwandlung; sie ist nicht ein Vorgang im Menschen, sondern Zuspruch von
außen aufgrund eines fremden, Christi, Verdienstes. Der Sünder, der Gottlose,
der die bedingungslose, freie Gnade in Christus ergreift, dem wird sein Glaube
gerechnet zur Gerechtigkeit. „Von der Gerechtigkeit vor Gott glauben, lehren
und bekennen wir einhellig vermöge hievorgesetzten summarischen Begriffs unsers
christlichen Glaubens und Bekenntnisses, dass ein armer, sündiger Mensch vor
Gott gerechtfertigt, das ist, absolviert, los und ledig gesprochen werde von
allen seinen Sünden und von dem Urteil der wohlverdienten Verdammnis, auch
angenommen werde zur Kindschaft und Erbschaft des ewigen Lebens, ohne einig
unser Verdienst oder Würdigkeit, auch ohne alle vorhergehenden, gegenwärtigen
oder auch folgenden Werke, aus lauter Gnade, allein um des einigen Verdienstes,
des ganzen Gehorsams, bitteren Leidens, Sterbens und Auferstehung unsern Herrn
Christi willen, des Gehorsam uns zur Gerechtigkeit zugerechnet wird. Welche
Güter uns in der Verheißung des heiligen Evangelii durch den Heiligen Geist
vorgetragen werden, und ist allein der Glaube das einige Mittel, dadurch wir
sie ergreifen, annehmen und uns applizieren und zueignen; welcher ist eine Gabe
Gottes, dadurch wir Christum, unsern Erlöser, im Wort des Evangelii recht
erkennen und auf ihn vertrauen, dass wir allein um seines Gehorsams willen, aus
Gnaden, Vergebung der Sünden haben, für fromm und gerecht vor Gott dem Vater
gehalten und ewig selig werden.“ (FC, SD, III, 9-11) Die Erneuerung ist wohl
Folge der Rechtfertigung und muss folgen, aber sie ist nicht Bedingung der
Rechtfertigung, ist auch nie vollkommen. (Luther: Fides sola iustificat, sed
numquam est sola. Der Glaube allein rechtfertigt, ist aber niemals allein.) Der
Sünder wird auch nicht immer vollkommener, sondern bedarf, gerade auch wenn er
bewusst in der Heiligung leben will, täglich der Buße, der Umkehr, der
Vergebung der Sünden. Der Lebensbereich des lutherischen Christen, der sich als
Gerechtfertigter und Sünder zugleich weiß (simul iustus et peccator), ist und
bleibt die Rechtfertigung. Das Sündersein wird nur im Glauben, nicht in der
Natur aufgehoben. Umkehr, Glaube und Heiligung bilden keinen Dreischritt, der
aufeinander folgt, die Rechtfertigung also ein vergangenes Stadium sein lässt,
sondern sind im Christenleben ständig ineinander verwoben. „Wenn wir aber
lehren, dass durch die Wirkung des Heiligen Geistes wir neugeboren und gerecht
werden, so hat es nicht die Meinung, dass den Gerechtfertigten und
Wiedergebornen keine Ungerechtigkeit nach der Wiedergeburt im Wesen und Leben
mehr sollte anhangen, sondern dass Christus mit seinem vollkommenen Gehorsam
alle ihre Sünden zudeckt, die doch in der Natur in diesem Leben noch stecken.
Aber solches unangesehen, werden sie durch den Glauben und um des Gehorsams
Christi willen (den Christus dem Vater von seiner Geburt an bis in den allerschmählichsten
Tod des Kreuzes für uns geleistet hat) für fromm und gerecht gesprochen und
gehalten, ob sie gleich ihrer verderbten Natur halber noch Sünder sind und
bleiben bis ins Grab.... Also ist ein wahrer, seligmachender Glaube nicht in
denen, so ohne Reue und Leid sind und einen bösen Vorsatz haben, in Sünden zu
bleiben und zu beharren, sondern wahre Reue geht vorher, und rechter Glaube ist
in oder bei wahrer Buße.“ (FC, SD, III, 22.26) „Demnach verwerfen und verdammen
wir einhellig … dass der Glaube nicht allein ansehe den Gehorsam Christi,
sondern seine göttliche Natur, wie dieselbe in uns wohnt und wirkt und durch
solche Einwohnung unsere Sünden vor Gott zugedeckt werden.“ (FC, SD, III, 63)
C) Die
evangelisch-lutherische Kirche bekennt sich, wie schon dargelegt, zur Bibel,
und zwar zur ganzen Bibel, als der einzigen Autorität in der Kirche, das heißt,
sie beharrt darauf, dass die gesamte unteilbare Wahrheit, die Lehre der Bibel,
auch gelehrt wird. Sie ist deshalb BEKENNTNISKIRCHE, denn es ist ihr
nicht nur wichtig, dass Menschen glauben, sondern auch, was sie glauben, denn
Glaube ist kein Gefühl, kein Erlebnis, sondern herzliches Vertrauen aufgrund
des Wortes Gottes. Bekenntniskirche heißt einmal, dass die lutherische Kirche
aufgrund der Lehrauseinandersetzungen Bekenntnisschriften hat, in denen sie die
Lehre der Bibel in den strittigen Punkten bezeugt, weshalb diese
Bekenntnisschriften von der Bibel normierte Lehre sind, und, weil sie sich ohne
wenn und aber zur gesamten Lehre der Bibel bekennt und keine Irrlehre duldet,
keine Gemeinschaft mit falscher Lehre akzeptiert. In der Augsburgischen
Konfession bekennt sie: „Es wird gelehrt, dass allezeit müsse eine heilige
christliche Kirche sein und bleiben, welche ist die Versammlung aller
Gläubigen, bei welchen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen
Sakramente laut des Evangeliums gereicht werden. Denn dies ist genug zu wahrer
Einigkeit der christlichen Kirche, dass da einträchtiglich nach reinem Verstand
das Evangelium gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort gemäß gereicht
werden.“ (CA, VII, 1.2) Die evangelisch-lutherische Kirche versteht sich daher
als Kirche des reinen Wortes und der unverfälschten Sakramente. Denn sie
spricht mit Luther: „Die Lehre ist nicht unser, sondern Gottes, dessen berufene
Diener wir sind. Darum können wir auch nicht einmal ein Tüttelchen derselben
nachlassesn oder ändern.“ (W, IX, Sp. 644)
Daher lehnt die lutherische
Kirche jede Vermischung der Konfessionen und Religionen ab, auch die Union
konfessionsverschiedener Kirchen, wie auch die Gemeinschaft von Christen
unterschiedlicher, sich widersprechender Bekenntnisse.
Weil für die lutherische
Kirche die biblische Lehre eine eminente Bedeutung hat, war und ist für sie die
kirchliche Unterweisung, und zwar schon der Kinder, immer eine wichtige Aufgabe
gewesen, weshalb sie überall, wo sie hinkam, Schulen und Hochschulen gegründet
hat.
Weil sie Bekenntniskirche
ist, darum ist sie auch BEKENNENDE KIRCHE, nämlich eine Kirche, die das
Wort auch nach außen trägt, in Volksmission und Völkermission. (Leider ist
Letzteres nicht immer der Fall gewesen; aber seit der Zeit der
Dänisch-Halleschen Mission und insbesondere seit der Erweckung und Erneuerung
im 19. Jahrhundert ist die lutherische Kirche auch missionierende Kirche.)
D) Die
evangelisch-lutherische Kirche ist, im Gegensatz zu den meisten evangelikalen
Kirchen, eine LITURGISCHE KIRCHE: Was heißt das? Dies besagt nicht, dass
die lutherische Kirche der Ansicht wäre, es gäbe eine von Gott eingesetzte und
daher genau zu befolgende Liturgie; die lutherische Kirche hat darinnen
vielmehr eine große Freiheit. Es heißt auch nicht, dass sie der Liturgie eine
magische Kraft beimesse. Aber warum ist sie dann liturgische Kirche? Sie ist
liturgische Kirche um des unverfälschten Evangeliums Christi willen, das Gott
uns nicht anders als in der Fülle seiner Gnadenmittel, dem Evangelium in Wort,
Taufe, Absolution und Abendmahl anbietet, darreicht, zueignet.
Die lutherische Liturgie stellt den Gottesdienstteilnehmer bewusst in
die Gegenwart des dreieinigen Gottes, auf den er getauft ist, ruft ihn auf, als
schwacher Mensch den dreieinigen Gott um sein Erbarmen anzuflehen und als
elender Sünder seine Schuld zu bekennen und um Vergebung zu flehen. Sie leitet
auch an zu Anbetung, Lobgesang, zur Bitte und Fürbitte. Vor allem aber, und das
ist das Zentrum, der evangelisch-lutherische Gottesdienst gibt dem Wirken
Gottes Raum in Predigt und Sakrament. Denn nach lutherischer Lehre bringt nicht der Mensch im
Gottesdienst Gott etwas, sondern ist die Hauptsache und das Zentrum dies, dass
Gott uns dient durch Gesetz und Evangelium in Wort und Sakrament, um so
Sündenerkenntnis, Umkehr, Glauben, christliches Leben zu wirken. Der Mensch
kann nicht zu Gott kommen – darum kommt Gott zum Menschen in seinem Wort, in
der Taufe und im Abendmahl, wobei auch in Taufe und Abendmahl das Wort das
Entscheidende ist. „So aber die Zeremonien sollen darum gehalten werden, dass
die Leute die Schrift und Gottes Wort lernen und dadurch zu Gottesfurcht kommen
und Trost erlangen und also recht leben, denn darum sind Zeremonien
eingesetzt.“ (Apol. XXIV, 3) Der Glaube und seine Frucht leben aus dem in Wort
und Sakrament handelnden Gott.
Der Gottesdienst und
insbesondere die „Predigt ist eine Kampfhandlung Christi, die den
Versöhnungskampf gegen alle Feinde in der Gewissheit des Sieges fortführt“
(Vajta, S. 141 f.).
Der evangelisch-lutherische
Gottesdienst ist dabei in erster Linie Gemeindegottesdienst, das ist,
Gottesdienst für Christen oder solche, die schon im fortgeschrittenen
Katechumenat stehen. Er ist nicht in erster Linie Missionsveranstaltung,
sondern soll Unterweisung im Wort und Vergewisserung in der Gnade sein, denn
„im Gottesdienst soll unter Christen alles um des Wortes und der Sakramente
willen geschehen“ (W, X, 257).
Die Liturgie, die in der
lutherischen Kirche gebraucht wird, zeigt auch wieder den konservativen,
bewahrenden Grundcharakter der lutherischen Kirche, denn sie hat diejenige
Liturgie übernommen, die über 15 Jahrhunderte in der christlichen Kirche
entfaltet wurde und in ihrem Grundgerüst auf den alttestamentlichen
Synagogengottesdienst zurück geht.
Neben diesem
Gemeindegottesdienst kennt die lutherische Kirche allerdings auch verschiedene
Einrichtungen, die auch für noch Außenstehende geeignet sind, insbesondere die
Katechismusstunden und die Bibelstunden; als besondere Einrichtung für
Interessierte den Katechumenat, wo sie mit der biblischen Geschichte und der
biblischen Lehre bekannt werden.
3. Was Lutheraner glauben und lehren
Der nachfolgende Text
gründet hauptsächlich auf der
Übersetzung einer von der Evangelical Lutheran Church of England unter dem
Titel „What Lutherans Believe and Teach“ herausgegebenen Darlegung. Der
Abschnitt über „Taufwiedergeburt“ ist eine Ergänzung des Verfassers des
gesamten Artikels.
Wir glauben und lehren, dass
die Heilige Schrift, Altes und Neues Testament, in allen ihren Worten das
inspirierte Gotteswort ist und daher wahr und glaubwürdig; dass sie die einzige
Quelle ist für die Verkündigung des Evangeliums, durch das der Heilige Geist
den Glauben an Jesus Christus wirkt; und dass sie so klar in ihrer Anklage der
Sünde und in ihrem Angebot der Erlösung ist, dass jeder, der an Christus
glaubt, sie lesen und verstehen kann.
2. Petr. 1,21; 2. Tim. 3,15-17;
1. Kor. 2,13; Gal. 1,7-9; Joh. 20,31; 2. Petr. 1,19; Psalm 119,105.130.
Lutheraner glauben und
lehren, dass diejenige Kenntnis von Gott, die wir Menschen von Natur aus haben,
fehlerhaft und für die Erlösung ungenügend ist; dass sichere und rettende
Erkenntnis Gottes nur durch die Heilige Schrift erlangt werden kann, in welcher
Gott sich deutlich offenbart hat als die Heilige Dreieinigkeit, Vater, Sohn und
Heiliger Geist, drei gleichrangige Personen in einem Wesen; und dass jeglicher
andere Gott, der durch Menschen verehrt wird, ein Götze ist.
Röm. 1,19-20; 2,14-15; 5. Mose 6,4; Matth. 28,19; Joh. 5,23; 1. Kor. 8,4-6.
Lutheraner glauben und lehren, dass der Mensch durch Gott in Gottes
Ebenbild geschaffen wurde; dass dieses Ebenbild Gottes, das in der
Vollkommenheit und Heiligkeit des Menschen bestand, verloren ging, als wir
Menschen in Sünde fielen; und dass durch diesen Fall alle Menschen Sünder
wurden, völlig verdorben und ohne jegliche Möglichkeit, sich aus eigener Kraft
selbst aus der Sünde zu retten.
1. Mose 2,7; 3,1-16; 1,27;
5,3; Psalm 53,3; Röm. 5,12; Psalm 143,2; Jes. 64,6.
Lutheraner glauben und
lehren, dass richtig und falsch nur im Hinblick auf Gottes heiliges Gesetz
festgelegt werden kann; dass jeglicher Gedanke, Wort oder Tat, die gegen Seinen
Willen sind, falsch und damit Sünde ist; dass jegliche Sünde, Erbsünde oder
Tatsünde, Rebellion gegen Gott ist; dass die Sünde die Wurzel allen Übels in
der Welt ist; und dass jeder Mensch um der Sünde willen von seiner Geburt an
dem Tod und der ewigen Verdammnis verfallen ist.
Hes. 18,30; Röm. 8,7; 1.
Joh. 3,4; 1. Mose 8,21; Sach. 8,17; Röm. 6,23.
Lutheraner glauben und
lehren, dass Jesus Christus Gott-Mensch ist; dass er als Gottes Sohn von
Ewigkeit her ist und in jeglicher Hinsicht gleichrangig mit dem Vater und dem
Heiligen Geist; dass er als der Menschensohn geboren wurde von einer Mutter,
die noch Jungfrau war, und dass er vollkommen sündlos war, aber sonst in jeder
Hinsicht ein wahrer Mensch; dass der das Gesetz Gottes für alle Menschen
erfüllte und dann die Strafe bezahlte für die Schuld aller Menschen durch sein
Leiden und Sterben am Kreuz; dass durch sein Opfer die Welt erlöst und mit Gott
versöhnt wurde; dass durch seine Höllenfahrt er seinen Triumph über seine
Feinde zeigte und dass er durch seine Auferstehung von den Toten zum
allgenügsamen Erlöser erklärt wurde; und dass er sichtbar zur Erde wiederkommen
wird am Jüngsten Tag, um alle Menschen zu richten, die lebendigen und die
toten.
Joh. 1,1; Matth. 1,18-25; 1. Petr. 2,22; 2. Kor. 5,19; 1. Joh. 2,2; Kol. 2,15; Röm. 1,14; Apg.
10,42.
Lutheraner glauben und
lehren, dass die Bekehrung Buße und Glauben umfasst; dass sie nicht nur eine
moralische Erneuerung ist oder ein feierlich Entschluss, sein Leben zu
verbessern, sondern eine völliger Austausch des Herzens, eine geistliche
Neugeburt des Sünders, eine wunderbare Neuschöpfung, bewirkt durch die Kraft
des Heiligen Geistes, der durch das Evangelium wirkt; und dass in der Bekehrung
Gott im bußfertigen Herzen den Glauben schafft.
2. Mose 11,19; Jer. 31,18; Joh. 1,12-13; Röm. 10,17; Apg. 11,21.
Lutheraner glauben
und lehren, dass der rettende Glaube nicht nur eine vernunftmäßige Zustimmung
zu Schriftaussagen ist, sondern einzig das Vertrauen des bußfertigen Sünders in
Gottes Vergebung, die ihm in Christi Namen angeboten wird; dass solch ein
Glaube nicht ein Akt des Gehorsams ist oder ein eigenes Werk des menschlichen
Willens, sondern vollständig ein Akt der Gnade Gottes durch den Heiligen Geist
mittels des Evangeliums; und wenn der Mensch nicht dieses schlichte Vertrauen
zu Christus hat, dass er dann nicht gerettet werden kann.
Jak. 2,19; Jes. 55,6-7; Mark. 1,15; Joh. 1,12.16; 1. Kor. 12,3; Röm. 10,17;
Apg. 16,31; Joh. 3,36.
Lutheraner glauben und
lehren, dass die Kirche nicht eine äußere Organisation ist, sondern die
Gemeinschaft der Heiligen, die von all denen gebildet wird, unabhängig von
Denomination, Sprache oder Hautfarbe, die in ihrem Herzen Jesus als ihren Gott
und Heiland annehmen; dass diese Kirche, die überall da gefunden werden kann,
wo das Evangelium von Christus gepredigt wird, Gott bekannt ist, aber verborgen
für den Menschen, da es den Menschen unmöglich ist festzustellen, wer von
denjenigen, die angeben, Christen zu sein, den wahren Glauben in ihren Herzen
haben; und dass kein Kirchenkörper das Recht hat von sich zu behaupten, die
„allein seligmachende Kirche“ zu sein, außerhalb von der es keine Rettung gäbe.
Lutheraner glauben und
lehren, dass es eine sichtbare (empirische) christliche Kirche gibt, die aus
denjenigen besteht, die den christlichen Glauben bekennen und Gottes Wort
gebrauchen, unter denen es aber Heuchler gibt und solche Lehrer, die
schriftwidrige Lehre bringen; und dass es die Pflicht eines jeden ernsthaft
Gläubigen ist, sich denjenigem Kirchenkörper anzuschließen, der die Bibel
vollständig und rein lehrt und geistliche Gemeinschaft mit denjenigen zu
meiden, die von Gottes Wort abweichen.
Joh. 18,36; Eph. 1,22-23; Jes. 55,10.11; Luk. 17,20-21; 2. Tim. 2,19; Matth.
13,47-48; 15,9; Röm. 16,17; 2. Thess.
3,6.14; 2. Kor. 6,14-18.
Lutheraner glauben und
lehren, dass das christliche Predigtamt ein Amt ist, das Gott eingesetzt hat,
damit Sein Wort und Sakrament öffentlich verwaltet werden, und nicht eine
besondere Ordnung wie das alttestamentliche Priestertum; dass es die Berufung
durch die Gemeinde ist und nicht der nachfolgende Akt der Ordination (die
kirchliche Ordnung ist, aber nicht Gottes Befehl hat), was zum Prediger macht;
dass die Lehre, dass eine Ordination „in apostolischer Sukzession“ besondere
Gaben mitteile keinen Schriftgrund hat; dass die neutestamentlichen Begriffe
‚Bischof’, ‚Ältester’, ‚Hirte’ ein und dasselbe Amt beschreiben; und dass der
Dienst des Predigtamtes nicht an Frauen gegeben werden darf.
Hebr. 10,12.14.18; 1. Tim.
2,5; Apg. 6,2; 1. Petr. 2,9; Tit. 1,5.7; Apg. 20,17.28; 1. Kor. 14,34; 1. Tim. 2,11.
Lutheraner glauben und
lehren, dass das Sakrament der Heiligen Taufe durch Jesus Christus als ein
Gnadenmittel eingesetzt wurde, durch das der Heilige Geist Vergebung der Sünden
und die Verheißung des ewigen Lebens anbietet; dass durch das Wort Gottes in
der Taufe Säuglinge Kinder Gottes werden und Erwachsene ihrer Annahme durch den
Glauben an Christus vergewissert werden; und dass die Taufe ausgeführt werden
kann durch Besprengen, Begießen oder Untertauchen, so lange nur Wasser
verwendet wird im Namen des dreieinigen Gottes gemäß Christi Befehl.
Matth. 28,19; Tit. 3,5; Mark. 10,14; 7,4 (vgl. die verschiedenen
Bedeutungen des ursprünglichen Wortes ‚baptizein’, hier übersetzt als
‚waschen’); Mark. 16,16; Apg. 22,16.
Lutheraner glauben und
lehren, dass in dem anderen Sakrament, dem heiligen Abendmahl, der Herr Jesus
Christus, gemäß Seinem eigenen klaren Wort, uns Seinen Leib und Sein Blut zur
Vergebung der Sünden gibt; dass der lutherische Glaube, auch „Realpräsenz“
genannt, nicht beinhaltet, sei es durch Verwandlung (Transsubstantiation) oder
Dabeisein (Konsubstantiation), dass die irdischen Elemente irgendwie verändert
würden; dass das Brot Brot bleibt und der Wein Wein bleibt; dass aber aufgrund
der Einsetzungsworte Jesu dieses Brot Sein Leib und dieser Wein Sein Blut ist;
dass alle, die am Tisch des Herrn essen und trinken Seinen Leib und Sein Blut
in, mit und unter Brot und Wein empfangen; dass solche, die glauben, es
empfangen zur Stärkung ihres Glaubens, diejenigen aber, die nicht glauben, zu
ihrer Verdammnis; und dass daher das Sakrament denen nicht gereicht werden
darf, die nicht in der Lage sind, sich in ihrem christlichen Glauben selbst zu
prüfen.
Matth. 26,26-28; Mark.
14,24; 1. Kor. 11,24-25.26-28; Matth. 7,6; 1. Kor. 11,29.
Lutheraner glauben und lehren, dass am Jüngsten Tag die Körper aller
Menschen, die getrennt sind von ihrer Seele, auferweckt und mit ihrer Seele
vereinigt werden; dass in dem folgenden Gericht durch Christus, das alle
Menschen einschließen wird, der bestimmende Faktor nicht Moral, sondern der
Glaube an Christi Erlösungswerk sein wird; dass alle Gläubigen wie Christus
auffahren werden, um mit Gott für immer im Himmel (in der Gottesgemeinschaft)
zu leben, während alle Ungläubigen zur ewigen Strafe in die Hölle (die
Gottesferne) geschickt werden.
Joh. 5,28-29; Apg. 10,42; 1. Kor. 15,51-52; Röm. 8,18; Matth. 10,28; Jes. 66,24.
Der lutherische Gottesdienst
ist ein einfacher liturgischer Gottesdienst für die Gemeinde.
Der Gottesdienst ist eine
Handlung des Volkes Gottes, das in Seiner Gegenwart zusammenkommt, um Ihn um
Seine Gnade zu bitten, sie zu empfangen und Ihm dafür zu danken. Da Gott Seine
rettende Gnade durch Sein Wort und Sakrament mitteilt, stehen im Mittelpunkt
des lutherischen Gottesdienstes diese Gnadenmittel. Nach lutherischer Ansicht
ist jeder Gottesdienst, in dem das Evangelium rein verkündigt und die
Sakramente schriftgemäß verwaltet werden, Gott wohlgefällig.
1) Wie steht die lutherische Kirche zur Taufwiedergeburt?
Diese Frage ist nicht pauschal zu
beantworten, da es wichtig ist zu klären, was denn unter „Taufwiedergeburt“
verstanden wird. Heute wird vielfach, leider unterstützt durch das Verhalten in
verschiedenen Kirchen, die Meinung vertreten, dass der Mensch mit der Taufe,
die an ihm vollzogen sei, um des Vollzuges willen, gerettet sei und ihm nun
nichts mehr passieren könne, er sozusagen einen „Freifahrtschein in den Himmel“
hat. Das hat aber die evangelisch-lutherische Kirche nie gelehrt.
Die lutherische Kirche bekennt
allerdings mit den einschlägigen Bibelstellen aus Joh. 3, Apg. 2; 22; Röm. 6;
Gal. 3; Eph. 5; Tit. 3, dass die Taufe kein menschlicher Akt ist, kein
Gehorsamsakt, den wir Gott bringen, auch kein bloßes Zeichen für etwas, was
völlig unabhängig davon sich vollzieht, sondern dass sie ein Wirken, Geben
durch den lebendigen Gott ist, der darinnen dem Täufling darreicht und anbietet
die Wiedergeburt, den Tod des alten Menschen, das Auferstehen des neuen
Menschen, die Vergebung der Sünden. Der Täufling aber hat all diese Gaben
einzig und allein durch den Glauben an Jesus Christus, nicht aus einem bloßen
Vollzug des Taufaktes. Die evangelisch-lutherische Kirche glaubt allerdings,
dass gemäß Matth. 18 und Mark. 10 auch die kleinen Kinder und Säuglinge glauben
können, nämlich vertrauen, und dass der Heilige Geist durch das Wort in der
Taufe in den nicht widerstrebenden Herzen der Säuglinge den Glauben weckt.
Die lutherische Kirche bekennt,
dass zum Jüngermachen gemäß Matth. 28 die Taufe und das Lehren gehören und dass
daher nur dann an den Säuglingen die Taufe vollzogen werden darf, wenn
menschlich gesehen die Voraussetzung zu einer bibeltreuen christlichen
Unterweisung gegeben ist. Sie bekennt weiter, dass jeder, auch der als Säugling
Getaufte, wenn es bei ihm zum Erwachen des Bewusstseins kommt, dann auch zu
einer klaren Erkenntnis seiner Sündenverdorbenheit und seiner Verlorenheit ohne
Jesus Christus und zu einer lebendigen Erkenntnis Christi als seines
persönlichen Heilandes kommen muss, also zu einem bewussten Glauben – sonst
geht der Mensch verloren. Die lutherische Kirche weiß, dass viele, die als
Säuglinge getauft wurden, später wieder aus dem Glauben fallen und daher
unbedingt der Bekehrung bedürfen. Von Gottes Seite her bleibt das Angebot der
Taufgnade erhalten. Die lutherische Kirche sieht daher gerade auch für die
volksmissionarische Arbeit eine große Möglichkeit, bei der Taufe, ihrem
Geschenk und ihrer Verpflichtung anzuknüpfen, um zur Umkehr zu rufen. Viele der
Erweckungsprediger des 19. Jahrhunderts haben die lutherische Tauflehre vertreten,
z.B. Emil Wacker (Nordschleswig), Claus Harms (Schleswig-Holstein), Remmer
Janßen (Ostfriesland), Louis Harms (Lüneburger Heide), Johann Hinrich Volkening
und Theodor Schmalenbach (Minden-Ravensberg), Gustav Knak
(Brandenburg-Pommern), Friedrich Brunn (Nassau), Wilhelm Löhe (Franken), Henric
Schartau und Carl Olof Rosenius (Schweden), Gisle Johnson (Norwegen), Friedrich
Theodor Horning (Elsaß).
4. Wo lutherische Kirchen heute weltweit stehen
Die bisherige Darstellung
der evangelisch-lutherischen Kirche gibt das wieder, was sie aufgrund ihrer
Bekenntnisse und Dogmatik sein sollte. Aber nur ein Bruchteil der Kirchen und
Gemeinden, die sich lutherisch nennen, stimmt auch nur annähernd damit überein.
Das ist die große Tragödie des heutigen Luthertums, besonders im
deutschsprachigen Raum und in Europa. Im folgenden soll versucht werden, die
Hauptströmungen im heutigen Luthertum darzustellen; erschöpfend kann diese
Beschreibung nicht sein. Anhaltspunkt sollen zunächst die drei nebeneinander
bestehenden Weltbünde sein.
a) Lutherischer Weltbund:
Der Lutherische Weltbund
(LWB) nimmt für sich in Anspruch, mit seinen ca. 66 Mio Mitgliedern etwa 95 %
des Weltluthertums zu repräsentieren. Von Anfang an hat der LWB darauf verzichtet,
die Geltung der Heiligen Schrift und der lutherischen Bekenntnisse für
unbedingt verbindlich zu erklären, so dass die dem Bekenntnisluthertum
zuzurechnenden Kirchen von Beginn an eine Mitgliedschaft ablehnten. Von seiner
Grundhaltung her ist der LWB liberal und sehr stark ökumenisch und hat mit der
„Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ den Boden der
biblisch-reformatorischen Lehre des Luthertums auch im Zentrum endgültig
verlassen. Allerdings haben nicht alle Mitgliedskirchen des LWB diese Erklärung
angenommen (so etwa die Ev.-Luth. Kirche in Baden; die Madegassische Ev.-Luth.
Kirche, die Ev.-Luth. Kirche in Nigeria, die Lutherische Kirche Koreas) und es
gibt etliche eher konservative Kirchen, die noch Mitglied im LWB sind (so z.B.
die Ev.-Luth. Kirche Lettlands, die Ev.-Luth. Kirche im Ingermanland, die
Lutherische Kirche Koreas, die Ev.-Luth. Kirche Kenias). In der Bundesrepublik
gehören zum LWB alle sich lutherisch nennenden Landeskirchen sowie diejenigen
in Württemberg und Pommern, die Ev.-Luth. Kirche Badens und die Lutherische
Klasse der Lippeschen Landeskirche sowie mit Gaststatus die Ev. Landeskirche
Badens.
b) Internationaler
Lutherischer Rat:
Im Internationalen
Lutherischen Rat (ILR) mit etwa 3,5 Mio Mitgliedern sind die mit der Lutherischen
Kirche – Missouri-Synode (LKMS) verbundenen lutherischen Kirchen
zusammengeschlossen. Ursprünglich, bis etwa 1938, war die LKMS die
orthodoxe, erweckliche, missionarische lutherische Kirche. Seither ist sie
immer mehr von Gottes Wort abgewichen, wenn es auch noch recht starke bibel-
und bekenntnistreue Gruppen in der LKMS gibt. Nach einer gewissen
Konsolidierung in den 1970er und der zweiten Hälfte der 1990er Jahre hat sie in
der letzten Zeit (seit 2001) einen erschreckenden Abwärtskurs genommen.
Die Mitgliedskirchen im ILR
sind sehr unterschiedlich ausgerichtet. Viele sind noch relativ bibel- und
bekenntnistreu oder zumindest sehr konservativ, wie die Ev.-Luth. Kirche
Brasiliens, die Ev.-Luth. Kirche – Synode von Frankreich, die Dänische Ev.-Luth.
Freikirche, die Ev.-Luth. Kirche Portugals, die Ev.-Luth. Kirche Englands, die
Indische Ev.-Luth. Kirche, die Luth. Kirche Koreas, die Luth. Kirche –
Hongkong-Synode, die Freie Ev.-Luth. Synode in Südafrika und die
(schwarzafrikanische) Luth. Kirche im Südl. Afrika. Andere dagegen haben der
Bibelkritik weiten Raum gegeben und sind auch auf einem ökumenischen Kurs. Dazu
gehört neben der Luth. Kirche Australiens u.a. auch die deutsche Selbst.
Ev.-Luth. Kirche, wenn es auch in ihr noch kleine konservative Kreise gibt.
c) Konfessionelle
Evangelisch-Lutherische Konferenz:
In der Konfessionellen
Evangelisch-Lutherischen Konferenz (KELK, ca. 600.000 Mitglieder) sind die mit
der Evangelisch-Lutherischen Wisconsin-Synode (WELS) in Gemeinschaft stehenden
Kirchen verbunden. Die KELK bekennt sich ohne Einschränkungen zur Verbalinspiration
und Irrtumslosigkeit der Schrift und der Verbindlichkeit der lutherischen
Bekenntnisse. Problematisch ist allerdings ihre Stellung in der Kirchen- und
Amtslehre, die auch schon zu Trennungen geführt hat. In der Bundesrepublik
gehört die Ev.-Luth. Freikirche zur KELK; weitere europäische Mitgliedskirchen
sind die Luth. Bekenntniskirche in Schweden und Norwegen, die Ev.-Luth.
Bekenntniskirche Finnlands, die Konfessionelle Luth. Kirche Lettlands, die
Ukrainische Luth. Kirche, die Konf. Ev.-Luth. Kirche Russlands, die Luth.
Kirche Bulgariens sowie die Ev.-Luth. Missionsgemeinden in Tschechien.
d) Unabhängige
lutherische Kirchen und Gemeinden:
Neben den in den Weltbünden
zusammengeschlossenen Kirchen gibt es, besonders in den USA, aber vermehrt auch
in Europa, lutherische Kirchen und Gemeinden, die keiner dieser Vereinigungen
angehören. In der Bundesrepublik sind dies vor allem die drei unabhängigen
lutherischen Gemeinden in Steeden, Jüterbog und Bahren/Annaberg, die die bibel-
und bekenntnistreue Linie der früheren Missouri-Synode fortführen und in
Gemeinschaft stehen mit der Finnischen Konf. Ev.-Luth. Kirche und deren
Schwesterkirchen in Weißrussland und der Ukraine. Ähnlich ausgerichtete Kirchen
gibt es in Australien (Orth. Ev. Luth. Church; Austr. Ev. Luth Church, Ev. Luth. Congr.
of the Reformation) und den USA (Luth. Churches of the Reformation, Concordia
Luth. Conference, Fellowship of Luth. Congr.)
Sehr konservativ sind auch die Ev.-Luth. Bekenntniskirche in Schweden und
Norwegen sowie die Luth. Konkordienkirche in Schweden und die Church of the
Luth. Confession in den USA.
e) Geistliche Strömungen:
Geistlich betrachtet lassen
sich etwa folgende Richtungen feststellen:
1) Das bibel- und
bekenntnistreue Luthertum, das fest an Bibel und Bekenntnis halten will.
Hierher gehören etwa die unabhängigen Gemeinden in der BRD und die mit ihnen
verbundenen Kirchen sowie die ähnlich ausgerichteten in den USA und Australien.
Auch die KELK ist von ihrem Ansatz her mit hierher zu zählen. Das erweckliche
Luthertum, das auch die evangelistische und missionarische Arbeit auf der
Grundlage der lutherischen Bekenntnisse betont und die Heils- oder
Gnadenordnung Gottes in seinem Heilshandeln an den Menschen herausstellt (siehe
Schartau, Brastberger, Wacker, Bo Giertz) und sich dabei deutlich von der
arminianischen evangelikalen Evangelisation unterscheidet, ist teilweise hier
dazu zu zählen, teilweise, etwa die skandinavischen Kreise, mehr zum
konservativen Luthertum.
2) Das konservative
Luthertum, das die Bekenntnisschriften hoch hält, auch sonst relativ
positiv ist, aber in der Schriftlehre oft nicht eindeutig steht. In diesen
Bereich sind wohl viele Kreise innerhalb der Bekenntnisbewegungen in der
Bundesrepublik zu zählen, soweit sie lutherisch sind (Kirchl. Sammlung) und die
Bekenntnisbewegungen in Skandinavien und die konservativeren Kirchen im LWB.
Auch die Kirchen des ILR sind hier einzureihen, wobei sicher etliche eher zum
bibel- und bekenntnistreuen Luthertum tendieren.
3) Das pietistische
Luthertum ist oft stärker vom Pietismus als vom Luthertum geprägt und
zuweilen nur noch äußerlich mit der lutherischen Kirche verbunden, ohne aber
konsequent reformatorische und bekenntnismäßige Theologie zu betreiben. In der
Bundesrepublik zählt der Verfasser die Evangelisch-Lutherischen
Gebetsgemeinschaften, den Evangelischen Gebetsverein I und die Evangelische
Bundesgemeinschaft (allesamt aus Ostpreußen stammende Gemeinschaften) sowie den
Luth. Missionsverein in Schleswig-Holstein und die Ev. (-Luth.) Brüdergemeinden
der Russlanddeutschen dazu, wobei die russlanddeutschen Gemeinden allerdings
oft eine ganz andere Prägung haben als die anderen. Eine etwas andere Richtung
nimmt die „Arbeitsgemeinschaft: Bekennende Gemeinde“ ein, die mit dem Luth.
Gemeinschaftsdienst in Berlin verbunden ist. Hier laufen reformatorische und
pietistische Strömungen zusammen, die theologische Arbeit ist stärker
ausgeprägt.
Ganz eigene Richtungen in
diesem Bereich haben die Association of Free Luth. Congregations (AFLC) und die
Church of Luth. Brethren (CLB). Die AFLC
ist theologisch relativ konservativ und sehr stark missionarisch ausgerichtet,
hängt aber der ‚Entscheidungstheologie’ an. Noch weiter vom reformatorischen
Luthertum entfernt ist die CLB, die ebenfalls der Entscheidungstheologie
huldigt und sich als „nichtliturgisch“ versteht, fast evangelikalen Charakter
hat. Sie ist sehr missionarisch. In den Bereich dieser Kirchen gehört auch die
„Apostolische Luth. Kirche Amerikas“, die auch Laienpredigt hat neben den
Pastoren, und die persönliche Frömmigkeit sehr stark betont.
4) Das liberale Luthertum
stellt keine einheitliche Große dar, ist aber dadurch gekennzeichnet, dass hier
die Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Bibel abgelehnt wird und auch
sonst die Bibelkritik in einem sehr weiten Maße die Herrschaft hat und dem
ökumenischen Zeitgeist gehuldigt wird, die lutherischen Bekenntnisse kaum noch
Geltung besitzen. Dazu sind leider die sich lutherisch nennenden Landeskirchen
in der BRD zu rechnen, absehen von den konservativen Kreisen in ihnen, sowie der
größte Teil des LWB und bedauerlicherweise auch Teile der SELK und der
Ev.-Luth. Kirche in Baden.
Zusammengestellt
von Roland Sckerl
Die Ereignisse um den Tod von Johannes Paul II./Karol Woytila und die
Wahl von Josef Ratzinger zum neuen
Papst machen deutlich, wie wichtig es ist, dass wir klar erkennen, worin die
Unterschiede liegen zwischen einem biblisch-reformatorischen Christentum und
der römisch-katholischen Kirche. Die Zitate für die römisch-katholische Lehre
sind allesamt entnommen dem „Katechismus der Katholischen Kirche. München,
Wien, Leipzig, Freiburg, Linz 1993.“ Abgeküzrt: KKK.
1. Die Lehre von der Heiligen Schrift und der
Autorität in der Kirche
Die Römisch-katholische
Kirche behauptet, Gottes Wort nicht nur in der Heiligen Schrift zu haben,
sondern auch in „Überlieferungen“ (Traditionen), die mündlich überkommen seien,
wie es im KKK heißt:
76 „Dem Willen des Herrn entsprechend geschah die Weitergabe des Evangeliums auf zwei Weisen:
- mündlich „durch
die Apostel, die in mündlicher Predigt, durch Beispiel und Einrichtungen das
weitergaben, was sie entweder aus Christi Mund, im Umgang mit ihm und durch
seine Werke empfangen oder unter der Eingebung des Heiligen Geistes gelernt
hatten“;
- schriftlich
„durch jene Apostel und apostolischen Männer, die unter der Inspiration
desselben Heiligen Geistes die Botschaft vom Heil niederschrieben.“ (DV 7)
77 „Damit aber das
Evangelium in der Kirche stets unversehrt und lebendig bewahrt werde, haben die
Apostel als ihre Nachfolger Bischöfe zurückgelasen, denen sie ihr eigenes
Lehramt übergaben“ (DV 7) ...
78 Diese lebendige
Wietergabe, die im Heiligen Geist geschieht, wird – als von der Heiligen
Schrift verschieden, aber doch eng mit ihr verbunden – „Überlieferung“ genannt.
80 „Die Heilige
Überlieferung und die Heilige Schrift sind eng miteinander verbunden und haben
aneinander Anteil. Demselben göttlichen Quell entspringend, fließen beide
gewissermaßen in eins zusammen und streben demselben Ziel zu“ (DV 9).
82 „So ergibt sich, dass
die Kirche“, der die Weitergabe und Auslegung der Offenbarung anvertraut ist,
„ihre Gewissheit über alles Geoffenbarte nicht aus der Heiligen Schrift allein
schöpft. Daher sind beide mit dem gleichen Gefühl der Dankbarkeit und der
gleichen Ehrfurcht anzunehmen und zu verehren“ (DV 9).
Diese Aussage widerspricht
der Bindung an die Schrift, die wir in 2. Timotheusbrief 3,14-17; Römerbrief
15,4 und vor allem Johannesbrief 17,17 und Offenbarung 22,18.19 haben, da die
„mündlichen Überlieferungen“ einer wirklichen Überprüfung nicht standhalten.
2. Timotheusbrief 3,14-17: Du
aber bleibe in dem, was du gelernt hast und dir vertrauet ist, denn du weißt,
von wem du gelernt hast. Und weil du von Kind auf die heilige Schrift weißt,
kann dich dieselbe unterweisen zur Seligkeit durch den Glauben an Christus
Jesus. Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Strafe,
zur Besserung, zur Züchtigung in der Gerechtigkeit, dass ein Mensch Gottes sei
vollkommen, zu allem guten Werk geschickt.
Römerbrief 15,4: Was aber
zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, auf dass wir durch
Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben.
Johannesevangelium 17,17: Heilige
sie in der Wahrheit, dein Wort ist die Wahrheit.
Offenbarung 22,18.19: Ich
bezeuge allen, die da hören die Worte der Weissagung in diesem Buch: So jemand
dazusetzt, so wird Gott zusetzen auf ihn die Plagen, die in diesem Buch
geschrieben stehen. Und so jemand davon tut von den Worten des Buchs dieser
Weissagung, so wird Gott abtun sein Teil vomHolz des Lebens und von der
heiligen Stadt, davon in diesem Buch geschrieben ist.
Neben der Heiligen Schrift
und der neben sie gestellten Tradition gilt als Autorität in der Kirche außerdem
der Papst mit dem Bischofskollegium bei der Feststellung dessen, was die
Schrift aussagt, außerdem verbunden mit den Theologen und den Gemeinden
(„Volksfrömmigkeit“). Das Schwergewicht liegt dabei eindeutig auf dem Papst,
der „ex cathedra“, das ist, aus dem Lehrstuhl, gewissensverbindliche Dogmen
beschließen kann, selbst dann, wenn sie keinerlei Schriftgrund haben (z.B. das
Domga der Unfehlbarkeit des Papstes von 1870; der Himmelfahrt Marias von 1951).
Auch damit wird die Bibel als wahres Fundament der Kirche umgestoßen, gegen
Epheserbrief 2,19-22, nach dem die Kirche erbaut ist auf dem Grund der Apostel
und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist. Im KKK schreibt Rom dazu:
85 „Die Aufgabe aber, das geschriebene oder überlieferte Wort Gottes authentisch auszulegen, ist allein dem lebendigen Lehramt der Kirche“ – das heißt den Bischöfen in Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri, dem Bischof von Rom – „anvertraut, dessen Vollmacht im Namen Jesu Christi ausgeübt wird“ (DV 10).
91-93 ... hängt das Volk
Gottes mit der Leitung des heiligen Lehramtes ... dem einmal den Heiligen
übergebenen Glauben unwiderruflich an.
Alles steht also unter der Autorität des „Lehramtes“, das heißt der Bischöfe,
besonders dem Papst.
Die Bibel aber sagt:
Epheserbrief 2,19-22: So seid ihr nun nicht mehr Gäste und
Fremdlinge, sondern Bürger mit den Heiligen und GOttes Hausgenossen, erbauet auf den Grund der Apostel und
Propheten, da JEsus Christus der Eckstein ist
auf welchem der ganze Bau, ineinandergefüget, wächset zu, einem heiligen
Tempel in dem HErrn, auf welchem auch
ihr mit erbauet werdet zu einer Behausung GOttes. im Geist.
Außerdem ruft Gottes Wort die
Gläubigen auf, alles an der Bibel zu prüfen und stellt uns die Beröer als
Vorbild hin:
Apostelgeschichte 17,11: Die
nahmen das Wort auf ganz williglich und forschten täglich in der Schrift ob
sich’s so verhielte.
Dadurch,
dass die Heilige Schrift als absolute Autorität in der Kirche vom Thron
gestoßen ist, ist die römisch-katholische Kirche tatsächlich unreformierbar
geworden.
Die Autorität und Kraft der
Heiligen Schrift wird von Rom weiterhin dadurch eingeschränkt, dass Rom das
rechte Verständnis der Schrift dem Papst, den Bischöfen und ihren Theologen
zuspricht und die Gemeinden daran bindet und ihnen somit das unmittelbare
Verständnis des Wortes Gottes verweigert und damit die Klarheit der Heiligen
Schrift gegen Psalm 119,105 leugnet.
95 „Es zeigt sich also, dass die Heilige Überlieferung, die Heilige Schrift und das Lehramt der Kirche gemäß dem überaus weisen Ratschluss Gottes so miteinander verknüpft und einander zugesellt sind, dass das eine nicht ohne die anderen besteht und alle zusammen, jedes auf seine Weise, durch das Tätigsein des Heiligen Geistes wirksam zum Heil der Seelen beitragen“ (DV 10,3).
Dagegen sagt die Bibel:
Psalm 119,105: Dein
Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.
Johannesevangelium 8,31.32:
Jesus Christus spricht: So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr
meine rechten Jnünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird
euch frei machen.
Die Kraft der Schrift, des
Wortes Gottes, wird weiterhin herabgesetzt dadurch, dass behauptet wird, die
Fülle des Heils könne nicht durch das Wort allein empfangen werden, sondern nur
durch die Eucharistie.
1324 Die Eucharistie ist „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“ (LG 11). „Mit der Eucharistie stehen die übrigen Sakramente im Zusammenhang; auf die Eucharistie sind sie hingeordnet; das gilt auch für die kirchlichen Dienste und für die Apostolatswerke. Die heiligste Eucharistie enhält ja das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fülle, Christus selbst, unser Opferlamm“ (PO 5).
Dies widerspricht eindeutig
Römerbrief 1,16.17; 1. Petrusbrief 1,23 und der gesamten Aussage von Psalm 119.
Römerbrief 1,16: Ich
schäme mich des Evangeliums von Christus nicht; denn es ist eine Kraft Gottes,
die da selig machet alle, die daran glauben.
1. Petrusbrief 1,23: Als
die da wiedergeboren sind, nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem
Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da ewiglich bleibet.
Während Rom bis weit in das
20. Jahrhundert hinein offiziell die Lehre von der Verbalinspiration und
Irrtumslosigkeit der Schrift formal festgehalten hatte (was allerdings
praktisch keinerlei Auswirkungen hatte), haben sich seither die
römisch-katholischen Theologen weit der Bibelkritik geöffnet (so auch im KKK
über die Schöpfung: 289 Unter allen Aussagen der Heiligen Schrift über die
Schöpfung nehmen die drei ersten Kapitel des Buches Genesis einen einzigartigen
Platz ein Literarisch können diese Texte verschiedene Quellen haben. Die
inspirierten Autoren haben sie an den Anfang der Schrift gestellt. Die
Schöpfungstage werden nicht mehr als wirkliche Tage aufgefasst, sondern
„sinnbildlich“: 337 Die Schrift stellt das Schöpfungswerk sinnbildlich als
eine Reihe von sechs göttlichen „Arbeitstagen“ dar...) und leugnen somit
tatsächlich gegen 2. Timotheusbrief 3,14-17 und Johannesevangelium 10,39 die
Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift, wenn diese auch offiziell
noch im KKK gelehrt werden, aber zugleich untergraben dadurch, dass „die
Schrift „in der lebendigen Überlieferung der Gesamtkirche“ zu lesen ist
(KKK 113).
DV = Dogmatische Konstitution
über die göttliche Offenbarung „Dei Verbum“
2. Die Lehre vom Papsttum, dem Amt und der Kirche
Mit dieser sehr
eingeschränkten Autorität der Schrift engstens verbunden ist die
römisch-katholische Lehre vom Papsttum, vom Amt, der Hierarchie und der Kirche.
Unter falscher Auslegung von Matthäusevangelium 16,18 behauptet Rom gegen die
Selbstauslegung der Schrift 1. Korintherbrief 3,11 und Epheserbrief 2,19-22,
dass die christliche Kirche auf Petrus gegründet sei und die römischen Bischöfe
die Nachfolger Petri seien und daher in dessen Autorität und Amt. Sie maßen
sich dabei an, absolute Herrscher zu sein, die „unfehlbar“ seien, wenn sie „ex
cathedra“ redeten, also Lehrentscheidungen träfen, und die keiner irdischen
Gerichtsbarkeit unterworfen seien, ihrerseits aber alle Gerichtsentscheidungen
an sich ziehen könnten. Dies widerspricht eindeutig den Aussagen Jesu
Matthäusevangelium 20,24-28 und 1. Korintherbrief 3,21-23 sowie 1. Petrusbrief
5,1-3.
881 Der Herr hat einzig
Simon, dem er den Namen Petrus gab, zum Felsen seiner Kirche gemacht. Er hat
Petrus die Schlüssel der Kirche übergeben und ihn zum Hirten der ganzen Herde
bestellt. „Es steht aber fest, dass jenes Amt des Bindens und Lösens, das
Petrus gegeben wurde, auch dem mit seinem Haupt verbundenen Apostelkollegium
zugeteilt worden ist.“ (LG 22). Dieses Hirtenamt des Petrus und der anderen
Apostel gehört zu den Grundlagen der Kirche. Es wird unter dem Primat des
Papstes von den Bischöfen weitergeführt.
882 Der Papst, der Bischof
von Rom und Nachfolger des hl. Petrus, ist „das immerwährende und sichtbare Prinzip
und Fundament für die Einheit der Vielheit sowohl von Bischöfen als auch von
Gläubigen“ (LG 23). „Der Römische Bischof hat kraft seines Amtes, nämlich des
Stellvertreters Christi und des Hirten der ganzen Kirche, die volle, höchste
und allgemeine Vollmacht über die Kirche, die er immer frei ausüben kann“ (LG
22).
937 Der Papst „besitzt ...
aufgrund göttlicher Einsetzung die höchste, volle, unmittelbare und unversale
Seelsorgsgewalt“ (CD 2).
Dagegen legt der Heilige
Geist selbst die Stelle vom Felsen aus:
1. Korintherbrief 3,11: Einen
anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus
Christus.
Die Apostel werden um ihres
durch den Heiligen Geist inspirierten Wortes, nämlich der Heiligen Schrift
Neuen Testaments, ebenso wie die Propheten des Alten Testaments, auch als
Grundstein der Kirche bezeichnet, aber eben nur in dieser Beziehung:
Johannesevangelium 17,20: Ich
bitte aber nicht alleine für sie [die Apostel], sondern auch für die, so
durch ihr Wort an mich glauben werden.
Epheserbrief 2,19-22: So
seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Bürger mit den Heiligen
und Gottes Hausgenossen, erbauet auf den Grund der Apostel und Propheten, da
Jesus Christus der Eckstein ist, auf welchem der ganze Bau, ineinandergefüget,
wächset zu einem heiligen Tempel in dem Herrn, auf welchem auch ihr mit erbauet
werdet zu einer Behausung Gottes im Geist.
Die Bibel Gottes kennt weder
ein Papstamt – Paulus nennt als „Säulen der Gemeinde“ im Galaterbrief „Jakobus
und Kephas und Johannes“ und stellt sich als Apostel unter den Heiden
gleichwewrtig neben Petrus, den Apostel unter den Juden – noch eine von Gott
geordnete Hierarchie:
1. Korintherbrief 1,21-23: Darum
rühme sich niemand eines Menschen! Es ist alles euer, es sei Paulus oder
Apollos, es sei Kephas oder die Welt, es sei das Leben oder der Tod, es sei das
Gegenwärtige oder das Zukünftige: Alles ist euer. Ihr aber seid Christi;
Christus aber ist Gottes.
Matthäusevangelium 20,25-28: Aber
Jesus rief sie zu sich und sprach: Ihr wisset, dass die weltlichen Fürsten
herrschen, und die Oberherren haben Gewalt. So soll es nicht sein unter euch,
sondern so jemand will unter euch gewaltig sein, der sei euer Diener; und wer
da will der Vornehmste ssein, der sei euer Knecht, gleichwie des Menschen Sohn
ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe
sein Leben zu einer Erlösung für viele.
1. Petrusbrief 5,1-3: Die
Ältesten, so unter euch sind, ermahne ich, der Mitälteste und Zeuge der Leiden,
die in Christus sind [Petrus stellt also die Gemeindeältesten auf eine
Stufe mit ihm; er ist ihr Mitältester!], und teilhaftig der Herrlichkeit,
die offenbaret werden soll: Weidet die Herde Christi, so euch befohlen ist, und
sehet wohl zu, nicht gezwungen, sondern williglich, nicht um schändlichen
Gewinns willen, sondern von Herzensgrund, nicht als die über das Volk
herrschen, sondern werdet Vorbilder der Herde.
Weiter behauptet die
römisch-katholische Kirche, dass die in ihr bestehende Hierarchie eine
göttliche Ordnung sei.
889 Durch den
„übernatürlichen Glaubenssinn“ hält das Gottesvolk unter der Leitung des
lebendigen Lehramtes der Kirche den Glauben unverlierbar fest.
890 Das Lehramt muss das
Volk vor Verirrungen und Glaubensschwäche schützen und ihm die objektive
Möglichkeit gewährleisten, den ursprünglichen Glauben irrtumsfrei zu
bekennen.... Zur Erfüllung dieses Dienstes hat Christus den Hirten das Charisma
der Unfehlbarkeit in Fragen des Glaubens und der Sitte verliehen. [Es werden keinerlei Bibelstellen dazu angeführt,
weil es keine gibt; Anm. d. Hrsg.]
891 „Dieser Unfehlbarkeit
... erfreut sich der Römische Bischof, das Haupt des Kollegiums der Bischöfe,
kraft seines Amtes, wenn er als oberster Hirt und Lehrer aller Christgläubigen,
der seine Brüder im Glauben stärkt, eine Lehre über den Glauben oder die Sitten
in einem endgültigen Akt verkündet... Wenn die Kirche durch ihr oberstes
Lehramt etwas „als von Gott geoffenbart“ und als Lehre Christi „zu glauben
vorlegt“ (DV 10), müssen die Gläubigen „solchen Definitionen mit
Glaubensgehorsam anhangen“ (LG 25).
934 „Kraft göttlicher
Weisung gibt es in der Kirche unter den Gläubigen geistliche Amtsträger, die im
Recht auch Kleriker genannt werden; die übrigen dagegen heißen auch Laien.
1592 Das Amtspriestertum
ist vom gemeinsamen Priestertum dem Wesen nach verschieden.
1593 Von Anfang an wurde
das geweihte Amt in den drei Stufen der Bischöfe, Priester und Diakone
übertragen und ausgeübt. Die durch die Weihe übertragenen Ämter sind für die
organische Struktur der Kirche unersetzlich. Ohne den Bischof, die Presbyter
und die Diakone kann man nicht von Kirche sprechen. [Hier wird der Begriff der Kirche – gegen Lukas
17,21– völlig veräußerlicht und vom Glauben gelöst, was die Kirche im
eigentlichen Sinne angeht, und von den Gnadenmitteln, was die Kirche als äußere
Versammlung eben um die Gnadenmittel, angeht, und alles an ein Amt gebunden,
das in dieser Hierarchie in der Bibel nicht geboten ist und vor allem nicht die
Kirche ausmacht und auch nicht dem Wesen nach vom Priestertum aller Gläubigen
verschieden ist.]
Es wird deutlich, wie die
Christen in der römisch-katholischen Kirche damit in einer völlig unbiblischen
Unmündigkeit gehalten werden, ihnen ihr christliches Urteil allein auf der
Grundlage der Bibel verwehrt wird und wie das Papsttum sich an die Stelle
Gottes setzt und neue Offenbarungen behauptet zu verkünden, obwohl die
Offenbarung mit Jesus Christus und seinen Aposteln abgeschlossen ist
Die Heilige Schrift kennt im
Neuen Testament aber überhaupt keine neutestamentliche Gemeinde- oder
Kirchenverfassung, noch weniger eine göttlich legitimierte Hierarchie. Vielmehr
ist die gesamte Kirchengewalt (Schlüsselgewalt) den Gläubigen gegeben,
Johannesevangelium 20,21-23; Matthäusevangelium 18,15-18; 1. Korintherbrief
3,21-23 und Jesus Christus verwirft jegliche Herrschaftsordnung in der Kirche,
Matthäusevangelium 20,25-28.
Matthäusevangelium 18,15-18: Sündiget aber dein Bruder an dir, so
gehe hin und strafe ihn zwischen dir und ihm allein. Höret er dich, so hast du
deinen Bruder gewonnen. Höret er dich nicht, so nimm noch einen oder zwei zu
dir, auf daß alle Sache bestehe auf zweier oder dreier Zeugen Mund. Höret er die nicht, so sage es der
Gemeinde. Höret er die Gemeinde nicht, so halt ihn als einen Heiden und
Zöllner. Wahrlich, ich sage euch: Was
ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf
Erden lösen werdet, soll auch im Himmel los sein.
Johannesevangelium 20,21-23:
Da sprach JEsus abermal zu ihnen: Friede sei mit euch! Gleichwie mich der
Vater gesandt hat, so sende ich euch.
Und da er das sagte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmet hin
den Heiligen Geist! Welchen ihr die
Sünden erlasset, denen sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denen
sind sie behalten.
Johannesevangelium 10,5: Einem
Fremden aber folgen sie nicht nach, sondern fliehen von ihm; denn sie kennen
der Fremden Stimme nicht.
Matthäusevangelium 7,15: Sehet
euch vor vor den falschen Propheten, die in Schaftskleidern zu euch kommen!
Inwendig aber sind sie reißende Wölfe.
Lukasevangelium 17,20.21: Das
Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichenGebärden. Man wird auch nicht sagen:
Siehe, hier oder da ist es! Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch.
Es ist also deutlich, dass
Christus der Gemeinde das Recht und die Vollmacht gegeben hat, die Lehrer
anhand der Schrift zu prüfen und zu beurteilen, nötigenfalls abzusetzen.
Das römisch-katholische
Priestertum entspricht nicht dem heiligen Predigtamt in der Gemeinde nach dem
Neuen Testament, denn Rom versteht es nicht in erster Linie als ein durch die
Gemeinde übertragenes Amt des Wortes, sondern als ein an das Alte Testament
angelehntes Opferamt, in dessen Zentrum nicht die Verkündigung des Wortes
Gottes, sondern das „unblutige“ Opfer (Eucharistie) stehe. Dies widerspricht
allen Aussagen über das Ende des Alten Bundes, Prophet Jeremia 31,31 f.,
Hebräerbrief 8,8; Kolosserbrief 3,16-23 und über das neutestamentliche
Hirtenamt, 2. Korintherbrief 3,6 ff.; 5,16-21; Apostelgeschichte 6,2-4. Das
römisch-katholische Priestertum tritt auch gegen die Bibel an durch den
Zölibat, die erzwungene Ehelosigkeit, obwohl doch Petrus (!) selbst verheiratet
war, denn er hatte eine Schwiegermutter, Matthäusevangeliium 8,14, und Paulus
in seinen Briefen immer davon ausgeht, dass der Pfarrer oder Bischof
verheiratet ist, 1. Timotheusbrief 3,2. 1. Timotheusbrief 4,3 nennt den Zölibat
ein Zeichen der verführerischen Geister und Lehren der Teufel.
1541 Die Liturgie der Kirche erblickt jedoch im Priestertum Aarons und im Dienst der Leviten sowie in der Einsetzung der siebzig „Ältesten“ Vorzeichen des geweihten Priestertums des Neuen Bundes.
1548 „Es ist der gleiche
Priester, Christus Jesus, dessen heilige Person sein berufener Diener vertritt.
Durch die Priesterweihe dem Hohenpriester angeglichen, besitzt er die
Vollmacht, in der Kraft und an die Stelle der Person Christi selbst zu handeln
(Pius XII., Enz. „Mediator Dei“).
[Die Bibel aber kennt diese „Weihe“ als göttliche Ordnung überhaupt nicht im
Neuen Testament, noch weniger eine „Angleichung“ des Priesters an Christus.]
1553 „Im Namen der ganzen
Kirche“ will nicht besagen, dass die Priester die Delegierten der Gemeinschaft
seien. [Damit wird die Vollmacht der
Gemeinde geleugnet, von Gemeinschaftswegen in das Amt des Wortes zu berufen.]
1566 „Ihr heiliges Amt
aber üben sie am meisten in der eucharistischen Feier oder Zusammenkunft aus,
bei der sie in der Person Christi handeln und sein Mysterium verkünden, die
Gebete der Gläubigen mit dem Opfer ihres Hauptes verbinden und das einzige
Opfer des Neuen Bundes, Christi nämloich, der sich ein für allemal dem Vater
als unbeflecktge Opfergabe darbrachte, im Opfer der Messe bis zur Ankunft des
Herrn vergegenwärtigen und zuwenden“ (LG 28).
1576 Da das Sakrament der
Weihe das Sakrament des apostolischen Dienstes ist, kommt den bischöfen als
Nachfolgern der Apostel die Vollmacht zu, „die geistliche Gabe“ (LG 21), die
„apostolische Saat“ (LG 20) weiterzugeben. Die gültig geweihten, das heißt die
in der apostolischen Sukzession stehenden Bischöfe, sind die gültigen Spender
der drei Stufen des Weihesakramentes.
[Hier wird die Gültigkeit und Vollmacht des Priesteramtes an die „Weihe“ durch
einen in „apostolischer Sukzession stehenden Bischof“ gebunden, was die Schrift
Gottes nicht kennt. Damit wird der Gemeinde alle Vollmacht, werden ihr die
Schlüssel genommen.]
1599 In der lateinischen Kirche wird die Weihe zum Presbyterat normalerweise nur solchen Kandidaten gespendet, die bereit sind, freiwillig den Zölibat auf sich zu nehmen.
Hebräerbrief 8,8: Siehe,
es kommen die Tage, spricht der Herr, dass ich über das Haus Israel und über
das Haus Juda einen neuen Bund machen will.
Apostelgeschichte
6,4: Wir aber wollen anhalten am Gebet und am Amt des Wortes.
2. Korintherbrief
5,18: Aber das alles von Gott, der uns mit ihm selber versöhnet hat durch
Jesus Christus und das Amt gegeben, das die Versöhnung prediget.
1. Korintherbrief 9,5: Haben
wir nicht auch Macht, eine Schwester zur Frau mit umherzuführen wie die andern
Apostel und des Herrn Brüder und Kephas?
1. Timotheusbrief 4,1-3: Der Geist aber sagt
deutlich, daß in den letzten Zeiten werden etliche von dem Glauben abtreten und
anhangen den verführerischen Geistern und Lehren der Teufel durch die, so in Gleisnerei Lügenredner sind
und Brandmal in ihrem Gewissen haben
und verbieten, ehelich zu werden und zu meiden die Speisen, die Gott
geschaffen hat, zu nehmen mit Danksagung, den Gläubigen und denen, die die
Wahrheit erkennen.
Weiterhin widerspricht das
römisch-katholische Priestertum dem neutestamentlichen Hirtenamt deshalb, weil
es sich eine Macht und Autorität über die Gemeinde anmaßt, die über die Kraft
des Wortes hinausgeht, nämlich in sofern, als behauptet wird, nur der
ordinierte Priester könne die Eucharistie austeilen und recht verwalten, da nur
er die (tatsächlich gar nicht stattfindende) „Wandlung“ (Transsubstantiation)
vollbringen könne aufgrund des ihm in der Weihe eingegossenen „unverlierbaren
Charakters“. Da zugleich behauptet wird, dass nur die Eucharistie das volle
Heil bringe, so wird der Heilsempfang damit kategorisch an einen Menschen, den
Priester, gebunden und somit das unmittelbare Verhältnis des Menschen zum
dreieinigen Gott zerstört, inbesondere auch die Tatsache, dass es nur einen
Mittler gibt, Jesus Christus, 1. Timotheusbrief 2,5.
1581 Durch eine besondere
Gnades des Heiligen Geistes gleicht dieses Sakrament den Empfänger Christus an,
damit er als Werkzeug Christi seiner Kirche diene. Die Weihe ermächtigt ihn,
als Vertreter Christi, des Haputes, in dessen dreifacher Funktion als Priester,
Prophet und König zu handeln.
1582 Wie bei der Taufe und
der Firmung wird diese Teilhabe am Amt Christi ein für allemal gewährt. Auch
das Weihesakrament verleiht ein unauslöschliches geistliches Zeichen und kann
weder wiederholt noch auf Zeit gespendet werden. [Auch hier werden keinerlei Bibelstellen angeführt –
es gibt keine, denn die Bibel kennt solch eine Weihe nicht.]
1324 Die heiligste Eucharistie
enthält ja das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fülle, Christus selbst,
unser Osterlamm (PO 5).
1362 Die Eucharistie ist
das Gedächtnis des Pascha Christi, die sakramentale Vergegenwärtigung und
Darbringung seines einzigen Opfers in der Liturgie seines Leibes, der Kirche.
1366 Die Eucharistie ist
also ein Opfer, denn sie stellt das Opfer des Kreuzes dar (und macht es dadurch
gegenwärtig), ist dessen Gedächtnis und wendet dessen Frucht zu: Christus „hat
... ein sichtbares (wie es die Natur des Menschen erfordert) Opfer
hinterlassen, durch das jenes blutige [Opfer], das einmal am Kreuz dargebracht
werden sollte, vergegenwärtigt werden ... sollte“ (K. v. Trient: DS 1740).
1367 Das Opfer Christi und
das Opfer der Eucharistie sind ein einziges Opfer. „Denn die Opfergabe ist ein
und dieselbe; derselbe, der sich selbst damals am Kreuz opfeerte, opfert jetzt
durch den Dienst der Priester; allein die Weise des Opferns ist verschieden“.
„In diesem göttlichen Opfer, das in der Messe vollzogen wird, [ist] jener selbe
Christus enthalten und [wird] unblutig geopfert ... der auf dem Altar des
Kreuzes ein für allemal sich selbst blutig opferte“ (K. v. Trient: DS 1743).
1410 Ebenso ist es
Christus selbst, der beim eucharistischen Opfer die Opfergabe ist.
1411 Nur gültig geweihte
Priester können der Eucharistiefeier vorstehen und Brot und Wein konsekrieren,
damit diese Leib und Blut des Herrn werden.
Dagegen bekennt die Schrift
hinsichtlich des Opfers Christi:
Hebräerbrief 10,12-18: Dieser aber, da er hat ein Opfer für die
Sünden geopfert, das ewiglich gilt, sitzt er nun zur Rechten GOttes und wartet
hinfort, bis daß seine Feinde zum Schemel seiner Füße gelegt werden. Denn mit einem Opfer hat er in Ewigkeit
vollendet, die geheiliget werden. Es
bezeuget uns aber das auch der Heilige Geist. Denn nachdem er zuvor gesagt
hatte: Das ist das Testament, das ich
ihnen machen will nach diesen Tagen, spricht der HErr: Ich will mein Gesetz in
ihr Herz geben, und in ihre Sinne will ich es schreiben, und ihrer Sünden und ihrer Ungerechtigkeit
will ich nicht mehr gedenken. Wo aber
derselbigen Vergebung ist, da ist nicht mehr Opfer für die Sünde.
Nirgends in der Schrift wird
gelehrt, dass das heilige Abendmahl nur durch einen „gültig geweihten Priester“
verwaltet werden dürfe. Aufgrund der Schlüsselgewalt, die die Gemeinde hat,
kann sie, in Abstimmung mit ihrem oder ihren Pastoren, dazu Männer berufen und
einsetzen. Die Kraft und Gültigkeit der Gnadenmittel hängt nicht an den
Menschen, die sie einteilen, sondern ist gebunden an Christi Ordnung und
Befehl. Die Fülle des Heils ist auch im Evangelium im Wort enthalten, denn kein
Gnadenmittel gibt anderes als das andere, jedes das volle Heil.
Römerbrief 1,16.17: Denn ich schäme mich des
Evangeliums von Christo nicht; denn es ist eine Kraft GOttes, die da selig
machet alle, die daran glauben, die Juden vornehmlich und auch die Griechen, da
darinnen offenbaret wird die Gerechtigkeit, die vor GOtt gilt, welche kommt aus
Glauben in Glauben; wie denn geschrieben stehet: Der Gerechte wird seines
Glaubens leben.
Aufgrund ihrer Ansichten
behauptet die römisch-katholische Kirche von sich, dass ihr äußerer
Kirchenapparat die von Gott gegebene wahre Kirche sei, die Kirche im
eigentlichen Sinne, und stellt sich damit gegen Lukasevangelium 17,20.21, wo
Jesus Christus sagt, dass das Reich Gottes nicht äußerlich ist, sondern
inwendig in uns, und Johannesevangelium 18,36, dass es nicht von dieser Welt
ist und gegen Apostelgeschichte 5,14, dass es durch den Glauben, nicht durch
menschliche Ordnungen, Hierarchien und Ämter konstituiert wird. Letztlich
stellt sich Rom als die einzig legitime Kirche dar und kann daher Ökumene nur
als Rückkehr-Ökumene verstehen, ja, bedroht alle, die ihr nicht angehören, mit
der ewigen Verdammnis.
771 „Der einzige Mittler
Christus hat seine heilige Kirche, die Gemeinschaft des Glaubens, der Hoffnung
und der Liebe, hier auf Erden als sichtbares Gefüge verfasst und erhält sie als
solches unablässig; so gießt er durch sie Wahrheit und Gnade auf alle aus“ (LG
8). Die Kirche ist gleichzeitig:
- „die mit hierarchischen
Organen ausgestattete Gesellschaft und der geheimnisvolle Leib Christi,
- die sichtbare
Versammlung und die geistliche Gemeinschaft
816 „Die einzige Kirche
Christi ... zu weiden, hat unser Erlöser nach seiner Auferstehung dem Petrus
übertragen, ihm und den übrigen Aposteln hat er ihre Ausbreitung und Leitung
anvertraut. ... Diese Kirche, in dieser Welt als Gesellschaft verfasst und
geordnet, ist verwirklicht in [subsistit in] der katholischen Kirche, die vom Nachfolger
des Petrus und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird“ (LG 8).
Das Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils über den
Ökumenismus erklärt: „Nur durch die katholische Kirche Christi, die die
allgemeine Hilfe zum Heil ist, kann man die ganze Fülle der Heilsmittel
erlangen. Denn einzig dem Apostelkollegium, dem Petrus vorsteht, hat der Herr,
so glauben wir, alle Güter des Neuen Bundes anvertraut, um den einen Leib
Christi auf Erden zu bilden, dem alle völlig einverleibt werden müssen, die
schon auf irgendeine Weise zum Volke Gottes gehören“ (UR 3).
846 Darum können jene
Menschen nicht gerettet werden, die sehr wissen, dass die katholische Kirche
von Gott durch Jesus Christus als eine notwendige gegründet wurde, jedoch nicht
in sie eintreten oder in ihr ausharren wollen (LG 14).
Diese Aussagen zeigen, dass
Rom die Kirche als die verborgene Gemeinschaft des Glaubens und als die äußere
Versammlung um Wort und Sakrament einfach gleichsetzt, obwohl sie deutlich
unterschieden werden müssen und nur der Glaube die Kirche ausmacht, Apg. 5,14;
außerdem, dass Rom das Heil an die Kirche bindet und nicht an die Gnadenmittel
allein, durch die Menschen der Kirche als der verborgenen Gemeinschaft
einverleibt werden, Röm. 10,14-17, denn die Kirche selbst ist nicht
Gnadenmittel, sondern, als äußere Versammlung, nur Heilsanstalt, in der die
Gnadenmittel verwaltet werden. Die äußere Versammlung der Gläubigen ist
allerdings Christi Wille, denn dazu hat er die Gnadenmittel gegeben und das
heilige Predigtamt eingesetzt, aber es gibt keine von Christus vorgeschriebene
Gemeinde- oder Kirchenverfassung, nur die örtliche Gemeinde kann für sich ein
Mandat Gottes in Anspruch nehmen. Eine weitere Organisation kennt die Bibel
nicht, verwirft sie aber auch nicht, sie steht in der christlichen Freiheit,
ist aber darum nicht Gottes Ordnung, wiewohl Gemeindeverbände göttliche
Aufgaben wahrnehmen können, übertragen durch die Christen in den örtlichen
Gemeinden.
Apostelgeschichte 5,14: Es
wurden aber je mehr hinzugetan, die da glaubten an den Herrn.
Lukasevangelium 17,20.21: Das
Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichenGebärden. Man wird auch nicht sagen:
Siehe, hier oder da ist es! Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch.
Johannesevangelium 18,36: Mein
Reich ist nicht von dieser Welt.
Römerbrief
10,14-17: Wie sollen sie aber anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen
sie aber glauben, von dem sie nichts gehöret haben? Wie sollen sie aber hören
ohne Prediger? Wie sollen sie aber predigen, wo sie nicht gesandt werden? wie
denn geschrieben stehet: Wie lieblich sind die Füße derer, die den Frieden
verkündigen, die das Gute verkündigen! Aber sie sind nicht alle dem Evangelium
gehorsam. Denn Jesaja spricht: HErr, wer glaubet unserm Predigen? So kommt der
Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort GOttes.
Diese äußere Kirche setzt
Rom über das Wort, setzt sie dem Wort voraus, weshalb sie auch vom Wort her
nicht mehr reformiert werden kann, während sie gemäß der Schrift, Epheserbrief
2,19-22, aus dem Wort erwächst, unter dem Wort steht, vom Wort korrigiert,
reformiert wird.
Zugleich hat Rom eine
Tendenz zur Allversöhnung, indem es neben Christus als dem Heiland der Welt
noch andere Heilswege offen hält:
847 „Wer nämlich das Evangelium Christi und seine Kirche ohne Schuld nicht kennt, Gott jedoch aufrichtigen Herzens sucht und seinen durch den Anruf des Gewissens erkannten Willen unter dem Einfluss der Gnade in den Taten zu erfüllen sucht, kann das ewige Heil erlangen“ (LG 16).
Auch behauptet sie, dass die
Muslime mit den Christen den gleichen Gott anbeten würden:
841 „Die Heilsabsicht umfasst aber auch die, welche den Schöpfer anerkennen, unter ihnen besonders die Muslime, die sich zum Festhalten am Glauben Abrahams bekennen und mit uns den einzigen Gott anbeten...“ (LG 16).
(wird fortgesetzt)