Darlegung schrift- und bekenntnisgem


Darlegung schrift- und bekenntnismäßiger Grundsätze (A Statement of Scriptural and Confessional Principles)

(angenommen von der Lutheran Church – Missouri Synod 1972)

Inhaltsverzeichnis

I. CHRISTUS ALS HEILAND UND HERR

II. GESETZ UND EVANGELIUM

III. DER AUFTRAG DER KIRCHE

IV. DIE HEILIGE SCHRIFT

A. Die Inspiration der Schrift

B. Der Zweck der Schrift

C. Das Evangelium und die Heilige Schrift

D. Die Autorität der Schrift

E. Der kanonische Text der Schrift

F. Die Unfehlbarkeit der Schrift

G. Die Einheit der Schrift

H. Alttestamentliche Prophetie

I. Historische Methoden der Bibelauslegung

V. ERBSÜNDE

VI. DIE UNTERSCHRIFT UNTER DIE BEKENNTNISSE

I. CHRISTUS ALS HEILAND UND HERR

    Wir glauben, lehren und bekennen, daß Jesus Christus unser Heiland und Herr ist, und daß durch den Glauben an ihn wir Vergebung der Sünden, ewiges Leben und Erlösung empfangen. Wir bekennen, „daß unsere Werke nicht mögen mit Gott versöhnen, sondern solches geschieht allein durch den Glauben, so man glaubt, daß uns um Christus willen die Sünden vergeben werden, welcher allein der Mittler ist, den Vater zu versöhnen. 1 Tim. 2,5.“ (Augsb. Bek. 20,9) Wir glauben, daß Jesus Christus der einzige Weg zum Himmel ist und daß alle, die ohne Glauben an ihn sterben, ewig verdammt sind. Wir glauben, daß diejenigen, die an Christus glauben, sich einer gesegneten Gemeinschaft mit ihm erfreuen in der Zeit zwischen ihrem Tod und seinem zweiten Kommen und daß am Jüngsten Tag ihre Leiber auferweckt werden.

    Wir verwerfen daher das Folgende:

1. Daß wir von der Annahme ausgehen dürften, daß es andere Wege der Erlösung geben könnte als allein durch den Glauben an Jesus Christus;

2. Daß etliche Personen, denen der Glaube an Christus fehlt, als „anonyme Christen“ angesehen werden könnten;

3. Daß es keine ewige Hölle für Ungläubige und gottlose Menschen gebe.

II. GESETZ UND EVANGELIUM

    Wir glauben, daß die beiden Hauptlehren der Heiligen Schrift, Gesetz und Evangelium, dauernd und sorgfältig in der Kirche Gottes bis zum Ende der Welt verkündigt werden müssen, aber in gewissenhafter Unterscheidung  (Konkordienf., Gründl. Darl., 5, 24). Das Gesetz als Ausdruck von Gottes unwandelbarem Willen muß von der Kirche dazu verwendet werden, Menschen zur Erkenntnis ihrer Sünde zu bringen, wie auch dazu, Christen über die guten Werke zu unterweisen (Konkordienf., Gründl. Darl., 5, 17-18). Auf dem Evangelium aber liegt das Schwergewicht im Amt des Neuen Testamentes, denn es ist die Botschaft, daß „Gott ihnen alle ihre Sünden vergibt durch Christus, sie um seinetwillen annimmt als Gottes Kinder, aus lauter Gnade, ohne irgendein Verdienst von ihrer Seite, sie rechtfertigt und rettet.“ (Konkordienf., Gründl. Darl., 5, 25)

    Wir verwerfen daher das Folgende:

1. Daß das Evangelium irgendeine Botschaft oder Handlung sei, die gute Nachrichten in eine schlechte Lage bringe;

2. Daß das Evangelium eine Norm oder Standard für das christliche Leben sei, oder daß das Evangelium in Wirklichkeit dem Christen ein neues Gesetz auferlege;

3. Daß das, was Gottes Wort zur Sünde erklärt (zum Beispiel Ehebruch oder Diebstahl) nicht in allen Zeiten und Lagen als Sünde anzusehen sei;

4. Daß Christen, als solche Menschen, die vom Fluch des Gesetzes befreit sind, nicht länger die Unterweisung durch das Gesetz bedürften, um zu wissen, was Gottes Wille für ihr Leben und ihr Verhalten ist.

III. DER AUFTRAG DER KIRCHE

    Wir glauben, lehren und bekennen, daß es der vorrangige Auftrag der Kirche ist, Jünger aus allen Völkern zu machen durch das Zeugnis von Jesus Christus mittels des Predigens des Evangeliums und der Verwaltung der Sakramente. Andere notwendige Aktivitäten der Kirche, wie diejenige, den leiblichen Bedürfnissen der Men-schen zu dienen, müssen dem vorrangigen Auftrag der Kirche dienen und ihrem Ziel, daß Menschen an Jesus Christus als ihren Herrn und Heiland glauben und ihn bekennen.

    Wir verwerfen daher jegliche Sicht der Aufgabe der Kirche, die beinhaltet:

Daß ein angemessenes oder vollständiges Zeugnis von Jesus Christus abgelegt werden kann ohne das Evangelium zu verkündigen oder auszudrücken.

IV. DIE HEILIGE SCHRIFT

A. Die Inspiration der Schrift

    Wir glauben, lehren und bekennen, daß alle Schrift durch Inspiration (Eingebung) durch Gott den Heiligen Geist gegeben ist und daß daher Gott der wahre Autor jedes Wortes der Schrift ist. Wir erkennen daher, daß es einen qualitativen Unterschied gibt zwischen dem eingegebenen Zeugnis der Heiligen Schrift in allen ihren Teilen und Wörtern und dem Zeugnis von jeder anderen Weise menschlichen Ausdrucks, weshalb die Bibel ein einzigartiges Buch ist.

    Wir verwerfen daher die folgenden Ansichten:

1. Daß die Heilige Schrift nur in dem Sinne inspiriert sei, wie alle Christen „inspiriert“ seien, um zu bekennen, daß Jesus Christus Herr ist.

2. Daß der Heilige Geist nicht die tatsächlichen Wörter den biblischen Autoren eingegeben hätte, sondern sie nur mit besonderer Führung ausstattete.

3. Daß nur solche Sachen in der Schrift durch den Heiligen Geist eingegeben seien, die sich direkt auf Jesus Christus und des Menschen Erlösung beziehen.

4. Daß nichtkanonische Schriften der christlichen Tradition als „eingegeben“ im gleichen Sinne wie die Heilige Schrift angesehen werden könnten.

5. Daß Teile des neutestamentlichen Zeugnisses von Jesus Christus erfundene Zusätze enthielten, die ihren Ursprung in der frühen christlichen Gemeinschaft hätten und nicht wirkliche Tatsachen darstellten.

B. Der Zweck der Schrift

    Wir glauben, daß alle Schrift Zeugnis von Jesus Christus gibt und daß ihr vorrangiger Zweck ist, Menschen weise zu machen zur Erlösung durch den Glauben an Jesus Christus. Wir bekräftigen daher nachdrücklich, daß die Schrift nur dann richtig gebraucht wird, wenn sie vom Gesichtspunkt der Rechtfertigung durch den Glauben und mit der rechten Unterscheidung von Gesetz und Evangelium gelesen wird. Da das Rettungswerk Jesu Christi erfüllt wurde durch seinen persönlichen Eintritt in unsere Geschichte und sein echtes historisches Leben, Sterben und Auferstehen, bestätigen wir, daß die Anerkennung des erlösenden (soteriologischen) Zweckes der Schrift es uns in keiner Weise erlaubt, die Historizität und Faktizität der Dinge, die in der Bibel berichtet werden, in Frage zu stellen oder zu leugnen.

    Wir verwerfen daher folgende Ansichten:

1. Daß es ein angemessenes Herangehen an die Heilige Schrift darstelle, die Fakten und Daten, die in der Schrift dargelegt werden, zu kennen, ohne sie auf Jesus Christi und sein Erlösungswerk zu beziehen.

2. Daß das Alte Testament, in seinen eigenen Begriffen gelesen, Jesus Christus nicht bezeuge.

3. Daß es zulässig sei, die Historizität von Begebenheiten oder das Stattfinden von Wundern, wovon in der Schrift berichtet wird, zu verwerfen, so lange Gesetz und Evangelium nicht vermengt würden.

4. Daß die Anerkennung des vorrangigen Zweckes der Schrift es gleichgültig mache, ob solche Fragen nach Fakten wie die folgenden bestätigend beantwortet werden: Waren Adam und Eva tatsächliche histo-rische Individuen? Durchquerte Israel das Rote Meer auf trockenem Land? Hat das Wunder mit der eher-nen Schlange tatsächlich stattgefunden? Wurde Jesus wirklich von einer Jungfrau geboren? Hat Jesus all die Wunder, die ihm zugeschrieben werden, vollbracht? Hat Jesu Auferstehung tatsächlich eingeschlos-sen, daß sein toter Körper zum Leben zurückkehrte?

C. Das Evangelium und die Heilige Schrift

Material- und Formalprinzip)

    Wir glauben, lehren und bekennen, daß das Evangelium der gnädigen Rechtfertigung des Sünders durch den Glauben an Jesus Christus nicht nur die Hauptlehre der Heiligen Schrift und eine grundlegende Voraussetzung für die Auslegung der Schrift ist, sondern das Herz und die Mitte unseres christlichen Glaubens und der Theologie (Materialprinzip). Wir glauben, lehren und bekennen auch, daß „allein Gottes Wort stellt Artikel des Glaubens“ (Schmalkald. Art.. II,2,15) und „daß die einzige Regel und Richtschnur, nach welcher zugleich alle Lehren und Lehrer gerichtet und geurteilt werden sollen, sind allein die prophetischen und apostolischen Schriften Alten und Neuen Testaments“ (Konk.Formel, Kurze Darl., Zusammenf., 1) (Formalprinzip). Das Evangelium, das das Zentrum unserer Theologie ist, ist das Evangelium, wovon die Schrift zeugt, wie auch die Schrift, aus der wir unsere Theologie ziehen, uns ständig zum Evangelium Jesu Christi weist.

    Wir verwerfen die folgenden Verfälschungen der Beziehung zwischen dem Evangelium und der Bibel (dem Material- und Formalprinzip):

1. Daß die Annahme der Bibel an sich, anstatt des Evangeliums, das Herz und die Mitte des christlichen Glaubens und der Theologie und der Weg zur ewigen Erlösung sei.

2. Daß das Evangelium, nicht die Schrift, die Norm sei, alle Lehre und Lehrer zu bewerten und zu beur-teilen (so z.B., wenn eine Entscheidung über die Zulassung, Frauen zum Predigtamt zu ordinieren, auf der Grundlage des „Evangeliums“ anstatt der Lehre der Schrift selbst gefällt wird).

3. Daß die Geschichtlichkeit bestimmter biblischer Berichte (wie die Sintflut oder der Sündenfall) in Frage gestellt werden dürfte, wenn das nicht dem Evangelium schade.

4. Daß Christen nicht Dinge akzeptieren müßten, die zwar in der Schrift gelehrt werden, aber nicht Teil des „Evangeliums“ seien.

D. Die Autorität der Schrift

    Wir glauben, lehren und bekennen, daß die Schrift, weil sie Gott zu ihrem Autor hat, sowohl die göttliche Ge-walt besitzt, Menschen weise zu machen zur Erlösung durch den Glauben an Jesus Christus (kausative Autori-tät), als auch die göttliche Autorität, der Kirche als einzige Regel der Lehre und des Lebens zu dienen (normative Autorität). Wir anerkennen, daß die Autorität der Schrift nur angenommen werden kann durch den Glauben und nicht durch ein bloß rationales Bezeugen. Als Menschen des Glaubens bekräftigen wir nicht nur, daß die Heilige Schrift kraftvoll und wirksam ist, sondern auch, daß sie ist „der einzige Richter, Regel und Richtschnur, nach welcher als dem einzigen Probierstein sollen und müssen alle Lehren erkannt und geurteilt werden, ob sie gut oder böse, recht oder unrecht seien“ (Konk.Formel, Kurze Darl., Zusammenf. 7).

    Wir verwerfen daher die folgenden Ansichten:

1. Daß die Autorität der Schrift beschränkt sei auf ihre Wirksamkeit, Menschen zur Erlösung durch Jesus Christus zu bringen.

2. Daß sich die Autorität der Schrift nur darauf beziehe, was die Schrift tue (als Gnadenmittel), nicht aber auf das, was sie ist (als inspiriertes Wort Gottes).

3. Daß die Schrift bestimmend (autoritativ) für die Lehre und das Leben der Kirche sei nicht aufgrund ihres Wesens als des inspirierten und irrtumslosen Wortes Gottes, sondern weil sie die älteste erreichbare schriftliche Quelle der Geschichte des alten Israel und für das Leben und die Botschaft von Jesus Christus sei, oder weil sie von gewählten und ernannten Führern Israels und der frühen Kirche geschrieben sei, oder weil die Kirche sie für kanonisch erklärt habe.

4. Daß die christliche Gemeinschaft in jedem Zeitalter direkt vom Heiligen Geist inspiriert sei und daher frei sei, über die Lehre der Propheten und Apostel hinauszugehen, wenn sie bestimmte Inhalte ihres Glau-bens und Zeugnisses festlegt.

E. Der kanonische Text der Schrift

    Wir glauben, lehren und bekennen, daß das verbindliche (autoritative) Wort für die Kirche heute das kanoni-sche Wort ist, nicht vorkanonische Quellen, Formen oder Traditionen – wie brauchbar die Erforschung dieser Möglichkeiten unter Umständen auch sein mag für ein klareres Verständnis darüber, was der kanonische Text aussagen will.

    Wir verwerfen daher die folgenden Ansichten:

1. Daß es verschiedene „Bedeutungen“ eines biblischen Textes oder Abschnittes gebe, die an verschiede-nen Punkten seiner vorkanonischen Geschichte entdeckt werden könnten; oder daß die Aussage, die ein kanonischer Text heute hat sich unterscheiden könne von der Bedeutung, die er hatte, als er geschrieben wurde.

2. Daß biblische Materialien, die als „authentisch“ beurteilt werden (zum Beispiel „authentische“ Je-susworte, „authentische“ Bücher von Paulus oder „authentische“ Gedanken Moses) eine größere Autorität hätten als „nicht-authentische“ biblische Aussagen.

3. Daß bestimmte Abschnitte oder Teile in dem kanonischen Text der Schrift als schöpferische Zusätze der biblischen Schreiber oder der frühen christlichen Gemeinschaft anzusehen seien und daher nicht als voll verbindlich angenommen werden müßten.

4. Daß außerkanonische Quellen auf solch eine Weise verwendet werden dürften, daß sie die klare Aussa-ge des kanonischen Textes in Frage stellen.

5. Daß die wesentlichen theologischen Angaben der biblischen Theologie in der vorkanonischen Ge-schichte des biblischen Textes zu finden seien.

6. Daß bestimmte kanonische Materialien eine größere Autorität hätten als andere kanonische Materialien aufgrund ihres höheren Alters oder weil sie angeblich „ursprünglicher“ oder „authentischer“ seien.

7. Daß verschiedene Aussagen Jesu, die in den Evangelien berichtet werden, tatsächlich nicht von Jesus stammten und daher historischer Faktizität oder des vollen Maßes seiner Autorität ermangelten.

F. Die Unfehlbarkeit der Schrift

    Mit Luther bekennen wir, daß „Gottes Wort nicht irren kann“. Wir glauben, lehren und bekennen daher, daß, weil die Heilige Schrift das Wort Gottes ist, sie keine Irrtümer oder Widersprüche enthält, sondern daß sie in allen ihren Teilen und Wörtern die unfehlbare Wahrheit ist. Wir halten dafür, daß die Meinung, die Schrift enthalte Irrtümer, dem Grundsatz ‚allein die Schrift’ Gewalt antut, denn sie beruht auf der Annahme von irgendeiner Norm oder Kriterium für die Wahrheit über der Schrift Wir anerkennen, daß es scheinbare Widersprüche oder Diskrepanzen und Probleme gibt, die herrühren aufgrund der Unsicherheit über den ursprünglichen Text.

    Wir verwerfen daher die folgenden Ansichten:

1. Daß die Schrift theologische wie auch tatsächliche Widersprüche und Irrtümer enthalte.

2. Daß die Schrift irrtumslos nur in Sachen sei, die direkt die Evangeliumsbotschaft und Erlösung ent-hielten.

3. Daß die Schrift nur funktional irrtumslos wäre, daß also die Schrift „irrtumslos“ wäre nur in dem Sinne, daß sie ihr Ziel erreiche, das Evangelium von der Erlösung den Menschen zu bringen.

4. Daß die biblischen Schreiber sich darin anpaßten, daß sie die irrtümlichen Ansichten ihrer Tage ver-wendeten und wiederholten (z.B. die Behauptung, daß Pauli Aussage zur Rolle der Frau in der Gemeinde heute nicht bindend sei, da sie das kulturell bedingte Ergebnis dessen sei, daß der Apostel die Ansichten des damaligen Judentums als ein Kind seiner Zeit teilte).

5. Daß Aussagen Jesu und der neutestamentlichen Schreiber hinsichtlich der menschlichen Autorschaft von Teilen des Alten Testamentes oder der Geschichtlichkeit von bestimmten alttestamentlichen Personen und Ereignissen nicht als wahr [richtig] angenommen werden müßten (z.B. Davids Autorschaft von Psalm 110, die Geschichtlichkeit Jonas oder der Sündenfall Adams und Evas).

6. Daß nur diejenigen Aspekte einer biblischen Aussage als wahr betrachtet werden müßten, die mit der angeblichen Intention des Abschnittes übereinstimme (zum Beispiel, daß des Paulus Aussage über Adam und Eva in Röm. 5 und 1 Kor. 11 nicht die Historizität von Adam und Eva beweise, da das nicht die be-sondere Absicht des Apostels gewesen wäre; oder daß die Jungfrauengeburt des Herrn geleugnet werden dürfe, da die Kindheitsge-schichten bei Matthäus und Lukas nicht die besondere Absicht hätten, ein bio-logisches Wunder zu diskutieren).

7. Daß Jesus einige der Aussagen nicht gemacht und einige der Taten nicht vollbracht hätte, die ihm in den Evangelien zugeschrieben werden, sondern daß sie tatsächlich erfunden oder von der frühen christ-lichen Gemeinschaft oder den Evangelisten geschaffen wurden um ihrer besonderen Absichten willen.

8. Daß die biblischen Schreiber manchmal Menschen Aussagen in den Mund gelegt hätten, die sie tat-sächlich nicht gemacht hätten (zum Beispiel die Behauptung, daß der „Deuteronomist“ Salomo eine Rede in den Mund lege, die Salomo tatsächlich nie gehalten habe), oder daß sie von Ereignissen als tatsächlich stattgefunden berichten würden, die tatsächlich nicht passiert seien (zum Beispiel der Fall Adams und Evas, die Durchquerung des Roten Meeres auf trockenem Land, die Geschichte mit der ehernen Schlan-ge; Jesu Verfluchung des Feigenbaumes, die Erfahrungen Johannes des Täufers in der Wüste, Jesu Ver-wandlung des Wassers in Wein, Jesu Wandel auf dem Wasser, oder selbst Jesu leibliche Auferstehung von den Toten oder die Tatsache des leeren Grabes).

9. Daß die Verwendung bestimmter „literarischer Formen“ notwendig die Historizität von dem Beschrie-benen in Frage stelle (zum Beispiel, daß die angebliche Midrash-Form der Kindheitserzählungen bei Mat-thäus und Lukas andeute, daß tatsächlich keine Jungfrauengeburt stattgefunden habe, oder daß die literari-sche Form von 1 Mose 3 gegen die Historizität des Sündenfalles spreche).

G. Die Einheit der Schrift

    Wir glauben, lehren und bekennen, daß, weil derselbe Gott in der gesamten Heiligen Schrift spricht, es eine organische Einheit sowohl innerhalb als auch zwischen dem Alten und dem Neuen Testament gibt. Während wir auf der einen Seite anerkennen, daß es eine reiche Vielheit an Sprache und Stil in der Schrift gibt, und fest-stellen, daß es Unterschiede im Schwerpunkt in den verschiedenen Berichten ein- und desselben Ereignisses oder Themas gibt, so bestätigen wir nichtsdestoweniger, daß dieselbe Lehre des Evangeliums in all seinen Artikeln in der gesamten Schrift dargeboten wird.

    Wir verwerfen die Ansicht, daß die Heilige Schrift uns innerhalb und zwischen den verschiedenen Büchern und Schreibern widersprüchliche oder widersprechende Lehren und Theologien darböte. Wir betrachten diese Sichtweise nicht nur als etwas, welches dem Selbstverständnis der Schrift Gewalt antut, sondern auch als etwas, das es der Kirche unmöglich macht eine einheitliche theologische Position zu haben und zu bekennen, die wahrhaft biblisch und evangelisch ist.

H. Alttestamentliche Prophetie

    Da das Neue Testament der Schlußpunkt der geschriebenen Offenbarung Gottes ist, so erklären wir mit Nachdruck, daß es entscheidend ist dafür, die Beziehung zwischen den beiden Testamenten und die Aussage der alttestamentlichen Prophetien im einzelnen festzulegen, da die Aussage einer Prophetie völlig erst von ihrer Er-füllung her erkannt werden kann. Mit den lutherischen Bekenntnissen erkennen wir, daß es messianische Weis-sagungen über Jesus Christus im ganzen Alten Testament gibt. Dementsprechend erkennen wir, daß das Alte Te-stament „verheißt den zukünftigen Christus und bietet ewigen Segen, Benedeiung, ewiges Heil, Gerechtigkeit und ewiges Leben durch ihn an“ (Apol. 4,5) und daß die Patriarchen und ihre Nachkommen sich getröstet haben mit solchen messianischen Verheißungen (vgl. Konk. Formel, Ausf. Darl. 5,23)

    Daher verwerfen wir folgende Ansichten:

1. Daß die neutestamentlichen Aussagen über alttestamentliche Texte und Ereignisse nicht ihre Bedeu-tung feststellen würden (zum Beispiel die Behauptung, daß Jesu Bezug auf Psalm 110 in Matthäus 22,53-44 weder die Schreiberschaft Davids noch den weissagenden messianischen Charakter begründeten).

2. Daß alttestamentliche Weissagungen als messianische Weissagungen nicht in dem Sinne zu betrachten seien, daß sie wesensmäßig vorhersagend wären, sondern nur in dem Sinne, daß das Neue Testament sie später auf neutestamentliche Ereignisse bezieht.

3. Daß die alttestamentlichen Propheten nie erkannten, daß ihre Weissagungen über ihre eigene Zeit hin-aus zur Zeit Christi reichten.

I. Historische Methoden der Bibelauslegung

    Da Gott der Herr der Geschichte ist und sich durch Taten in der Geschichte geoffenbart hat und in der Person seines Sohn tatsächlich in die Geschichte der Menschen hineingekommen ist, so anerkennen wir, daß der histori-sche Rahmen, in den die evangelische Botschaft in der Schrift gesetzt ist, ein wesentlicher Teil des Wortes ist. Weiterhin erkennen wir, daß die inspirierte Schrift ein historisches Dokument ist, geschrieben zu verschiedenen Zeiten, Orten und unter verschiedenen Umständen. Wir glauben daher, daß die Schrift einlädt zu historischer Forschung und als historisches Dokument ernstgenommen werden will. Wir bestätigen jedoch nachdrücklich, daß der christliche Ausleger der Schrift nicht unkritisch die Vorgaben und Grenzen des weltlichen Historikers übernehmen kann, sondern daß er bei seinem Gebrauch historischer Techniken geleitet sein wird von den Vorga-ben seines Glaubens an den Herrn der Geschichte, der sich in der Heiligen Schrift offenbart als derjenige, der unsere Geschichte schafft, unterhält und selbst in sie eintritt, um sie zu seinem Ende zu führen.

    Wir verwerfen daher die folgenden Ansichten:

1. Daß die Frage, ob bestimmte in der Schrift beschriebene Ereignisse tatsächlich stattgefunden hätten unwichtig seien im Blick auf den Zweck und die Aufgabe der Heiligen Schrift.

2. Daß Methoden, die auf weltlichen und naturalistischen Vorstellungen der Geschichte basieren, wie die folgenden, eine berechtigte Rolle in der Schriftauslegung haben können:

    a. Daß das Universum gegenüber dem Eingriffen Gottes oder irgendwelcher übernatürliche Kräfte ge-schlossen sei.

    b. Daß Wunder wenn irgend möglich auf natürliche Weise zu erklären seien.

    c. Daß der Grundsatz der Wunderökonomie uns dazu führen kann, bestimmte in der Schrift berichtete Wunder zu leugnen.

    d. Daß die Lehren der Heiligen Schrift das Ergebnis einer natürlichen Entwicklung oder einer Ent-wicklung der Ideen und Erfahrungen in Israel und der frühen Kirche seien.

    e. Daß die Botschaft der Schrift angemessen erkannt werden kann durch Gesetzmäßigeiten, die aus-schließlich von empirischen Daten und rationaler Beobachtung abgeleitet sind.

    f. Daß die Unmöglichkeit des Menschen, die Zukunft vorherzuwisssen, wesensmäßig vorhersagende Prophetie unmöglich macht.

3. Daß das Hauptanliegen in der Schriftauslegung nicht sei, die Aussage der ursprünglichen Quellen, nämlich der kanonischen Schrift, auf der Grundlage eben dieser Quellen selbst zu erklären.

4. Daß, wenn der Gebrauch historischer Methoden zu Schlußfolgerungen führt, die von der offensichtli-chen Aussage des Bibeltextes abweichen, solche Schlußfolgerungen angenommen werden können, ohne der lutherischen Sicht der Schrift oder unserer Stellung zu den lutherischen Bekenntnissen Gewalt anzutun (zum Beispiel die Behauptung, es sei zulässig, die Existenz von Engeln oder eines personalen Teufels zu leugnen aufgrund literarischer, historischer oder theologischer Betrachtungen).

V. ERBSÜNDE

    Wir glauben, lehren und bekennen, daß Gott, durch die allmächtige Kraft seines Wortes, alle Dinge erschaffen hat. Wir glauben auch, daß der Mensch, als das vornehmste Geschöpf Gottes, besonders als Ebenbild Gottes er-schaffen wurde, also in einem Zustand von Gerechtigkeit, Unschuld und Segen. Wir bekräftigen, daß Adam und Eva wirkliche historische Menschen waren, die ersten beiden Menschen auf Erden, und daß ihr Fall ein histori-sches Ereignis war, das die Sünde in die Welt brachte, so „daß nach Adams Fall alle Menschen, so natürlich ge-boren [gezeugt] werden, in Sünden empfangen und geboren werden“ (Augsb. Bek., 2,1). Wir bekennen, daß der Fall des Menschen das gnädige Erlösungswerk Jesu Christi notwendig machte und daß die einzige Hoffnung des gefallenen Menschen auf Rettung von seinen Sünden in Jesus Christus liegt, seinem Erlöser und Herrn.

    Wir verwerfen daher das folgende:

1. Alle Weltanschauungen, philosophischen Theorien und exegetischen Auslegungen, die diese biblische Lehren verdrehen und dadurch das Evangelium verdunkeln.

2. Die Behauptung, daß der Mensch nicht ins Dasein gerufen wurde durch den direkten Schöpfungsakt Gottes, sondern durch einen Evolutionsprozeß aus niederen Lebensformen, das sich entwickelte aus einem Stoff, der entweder ewig, selbstregierend oder selbsterzeugend ist.

3. Die Meinung, daß die Gottebenbildlichkeit, in der Adam und Eva erschaffen wurden, nicht in aner-schaffener Gerechtigkeit, also vollkommener Beziehung zu Gott, bestand.

4. Die Behauptung, Adam und Eva seien keine wirklichen historischen Personen gewesen und daß ihr Fall nicht ein wirkliches historisches Ereignis gewesen sei, das Sünde und Tod in die Welt brachte.

5. Die Meinung, daß die Erbsünde die Menschen nicht aller geistlichen Kraft beraube und sie es ihnen nicht unmöglich mache, in der rechten Beziehung zu Gott zu stehen abseits des Glaubens an Jesus Christus.

VI. DIE UNTERSCHRIFT UNTER DIE BEKENNTNISSE

    Wir bekräftigen erneut, daß wir die Schrift annehmen als das insprierte und irrtumslose Wort Gottes und daß wir bedingungslos unterschreiben „alle symbolischen Bücher der Evangelisch-Lutherischen Kirche als eine wah-re und unveränderte Darlegung und Darbietung des Wortes Gottes“. (Verfassung, Art. 2; vgl. auch Zusatz 4.21). Wir nehmen die Bekenntnisschriften an, weil sie aus Gottes Wort genommen sind und betrachten deshalb ihren Lehrgehalt aus einen wahre und bindende Darbietung der Heiligen Schrift und als bindend für unsere Arbeit als Diener Jesu Christi und Diener der Lutherische Kirche – Missouri- Synode.

    Wir nehmen die folgende Verdeutlichung des Wesens unserer Unterschrift unter die Bekenntnisse an:

1. Wir anerkennen, daß der Lehrgehalt der lutherischen Bekenntnisse nicht nur diejenigen Lehren der Heiligen Schrift beinhaltet, die ausdrücklich in den Bekenntnissen behandelt werden, sondern auch solche biblische Lehren, die irgendwie indirekt oder gelegentlich nur gestreift werden, wie die Lehren von der Heiligen Schrift, der Schöpfung, dem Heiligen Geist und den Letzten Dingen.

2. Mit den Vätern geben wir zu, daß nicht alles in den lutherischen Bekenntnissen Teil ihres Lehrgehaltes sind, aber wir verwerfen alle Versuche, den Raum dieses Lehrgehaltes in willkürlicher oder subjektiver Weise zu verkleinern. Wir geben zum Beispiel zu, daß die Unterschrift unter die lutherischen Bekenn-tnisse uns nicht an jeden einzelnen exegetischen Punkt in den Bekenntnissen bindet oder auch an den bekenntnismäßigen Gebrauch bestimmter Bibelstellen, um eine bestimmte Lehrerklärung zu unter-streichen. Da jedoch die Bekenntnisse als biblische Darlegungen verstanden werden wollen, so verwerfen wir die Meinung, daß wir durch unsere Unterschrift unter die Bekenntnisse nicht gebunden seien an die Darlegung der Schrift in den Bekenntnissen oder an den Lehrgehalt, den die Bekenntnisse aus einzelnen biblischen Abschnitten ziehen.

3. Wir geben zu, daß die Bekenntnisse gelesen und studiert werden müssen mit Blick auf die historischen Situationen, in denen sie geschrieben wurden, aber wir verwerfen die Ansicht, daß unsere Unterschrift unter die Bekenntnisse nur bedeute, daß wir die Bekenntnisse als eine historisch richtige Antwort betrach-ten auf die Probleme, die die Kirche beschäftigte, als die Bekenntnisse geschrieben wurden.

4. Wir erklären, daß der Lehrgehalt der Bekenntnisse im Zentrum Jesus Christus hat und das Evangelium von unserer Rechtfertigung aus Gnaden durch den Glauben, aber wir verwerfen die Ansicht, daß der Lehrgehalt der Bekenntnisse nur solche Bekenntnisdarlegungen einschließe, die ausdrücklich und direkt von dem Evangelium von Jesus Christus handeln. Demgemäß anerkennen wir auch nicht den Gedanken, daß unsere Unterschrift unter die lutherischen Bekenntnisse es uns erlaube, solche Bekenntnispositionen zu verwerfen wie die Existenz des Teufels und der Engel oder daß Adam und Eva wirkliche historische Personen waren, deren Sündenfall ein wirk-liches historisches Ereignis war.

5. Wir anerkennen, daß die lutherischen Bekenntnisse keinen besonderen Artikel über die Heilige Schrift und ihre Auslegung enthalten, aber wir bestätigen und nehmen an das bekenntnisgemäße Verständnis des Wesens der Heiligen Schrift und der rechten theologischen Grundsätze für ihre Auslegung.

6. Wir anerkennen die lutherischen Bekenntnisse als eine wahre Darlegung der Heiligen Schrift und ver-werfen daher die Meinung, daß unsere Unterschrift unter die lutherischen Bekenntnisse es uns frei lasse, irgendeine Lehraussage der Bekenntnisse zu verwerfen, von der wir meinen, dazu gäbe es keine erkenn-bare biblische Unterstützung.

7. Wir anerkennen, daß unsere Unterschrift unter die lutherischen Bekenntnisse uns verpflichtet, in Über-einstimmung mit der gesamten Heiligen Schrift zu predigen und zu lehren. Wir verwerfen daher die Mei-nung, daß alle diejenigen biblischen Dinge, die nicht ausdrücklich in den lutherischen Bekenntnissen be-handelt seien, offene Fragen seien.

8. Wir bekennen, daß die Heilige Schrift die einzige Regel und Richtschnur ist für Lehre und Leben, und daß andere Schriften „mit der Heiligen Schrift nicht auf eine Stufe gestellt werden sollten“ (Konk.Formel, Kurze Darl., 1-2). Wir verwerfen daher die Ansicht, daß es legitim sei, die Lehrfolgerungen der Bekennt-nisse festzuhalten, ohne ihre biblische Grundlage anzunehmen; oder die formale Unterschrift unter die Bekenntnisse als einen angemessenen Schutz gegen unsaubere exegetische Schlüsse anzusehen.

9. Schließlich bekräftigen wir, daß unsere Annahme der lutherischen Bekenntnisse nicht nur bedeutet, daß wir den Lehrgehalt der lutherischen Bekenntnisse als eine lebensfähige Möglichkeit für lutherische Chri-sten heute tolerieren, sondern daß wir tatsächlich predigen, lehren und bekennen den Lehrgehalt der lu-therischen Bekenntnisse als unseren eigenen.